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Wirtschaft
Geld, Währung und Kredit
Der Bundesrat legte seine Botschaft für die Totalrevision des Nationalbankgesetzes vor. – Die EU forderte von der Schweiz weiterhin eine Lockerung des Bankgeheimnisses zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. – Die eidgenössische Bankenkommission gab strengere Massnahmen zur Verhinderung von Geldwäscherei in die Vernehmlassung.
Geld- und Währungspolitik
Das Ausbleiben einer konjunkturellen Belebung, aber auch der anhaltende Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken und das Absinken der Inflationsrate unter die Einprozentmarke veranlasste die Nationalbank, ihre expansive Geldpolitik weiter zu führen. Sie reduzierte in zwei Schritten (Mai und Juli) das Zielleitband für den Dreimonats-Libor von 1,25%-2,25% auf 0,25%-1,25% [1].
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Der reale exportgewichtete Kurs des Schweizerfrankens nahm 2002 im Jahresmittel um 4,1% zu. Markant war die Verbesserung des Frankens gegenüber dem US-Dollar (nominell 12,7%) und dem japanischen Yen (9,1%), während der Wertgewinn gegenüber dem Euro nur geringfügig war (0,4%) [2].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Verlängerung der Teilnahme an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen des Internationalen Währungsfonds von Ende 2003 bis Ende 2008 mit einer Darlehenszusage von rund 2 Mia Fr. Dieses Sicherheitsdispositiv für schwere Währungskrisen ist 1998 zum letzten Mal beansprucht worden. Zusammen mit diesem Beschluss schlug die Regierung vor, dass in Zukunft sie und nicht mehr das Parlament für derartige Verlängerungsbeschlüsse zuständig sein soll. Eine analoge Regelung besteht bereits für die Verlängerungsbeschlüsse betreffend die Neuen Kreditvereinbarungen des IWF, an welchen die Schweiz seit 1998 teilnimmt [3]. Der von der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats in Motionsform eingebrachte Wunsch, dass sich der Bundesrat für einen stärkeren Einbezug der nationalen Parlamente in die Politik der Bretton Woods-Institutionen (Weltbank und IWF) einsetzen soll, wurde von diesem als Grundprinzip geteilt. Für die Weltbank bestehe seit zwei Jahren ein aus Vertretern nationaler Parlamente gebildetes Gremium zur Pflege des Kontakts zu deren Organen. Der Bundesrat gab allerdings auch zu bedenken, dass insbesondere von den Regierungen der Entwicklungsländer grosse Widerstände gegen die Schaffung einer institutionalisierten Parlamentsvertretung angemeldet werden, da sie davon Machteinbussen befürchten. Nachdem der Bundesrat zugesagt hatte, das Anliegen zu unterstützen, überwies der Nationalrat den Vorstoss als Postulat [4].
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Die Geldmarktsätze reduzierten sich im Berichtsjahr relativ kontinuierlich weiter. Da in den ersten Monaten die langfristigen Zinssätze stabil blieben, öffnete sich die Zinsschere zwischen kurz- und langfristigen Anlagen weiter. Ab Juni kamen dann auch die Renditen der langfristigen Anlagen ins Rutschen. Der Hypothekarzins sank bei einzelnen Banken auf 3,375%, was den niedrigsten Wert seit dem Ende des 2. Weltkriegs bedeutete. Die Ursache für diese Entwicklung auf dem Kapitalmarkt lag einerseits in einer Anpassung an die Entwicklungen auf dem Geldmarkt und andererseits in der erhöhten Nachfrage nach Obligationen infolge der wenig attraktiven Verfassung der Aktienmärkte. Der als Hauptindikator für die Kursentwicklung an der schweizerischen Börse geltende Swiss Performance Index (SPI) büsste im Berichtsjahr fast 26% ein; der New Market Index, der schweizerische Titel aus den Bereichen Telekommunikation, Bio- und Informationstechnologie umfasst, verlor gar 52% seines Wertes. Die Nettobeanspruchung des schweizerischen Kapitalmarktes stieg trotz der widrigen Umstände auf den Aktienmärkten an. Sie belief sich auf rund 17 Mia Fr. (2001: 13 Mia Fr.). Ursache für diese gesteigerte Nachfrage war die starke Zunahme der Neuausgabe von Frankenanleihen ausländischer Schuldner [5].
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Ende Juni legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Totalrevision des Nationalbankgesetzes vor. Bei der in der Vernehmlassung heftig umstrittenen Konkretisierung der in der neuen Bundesverfassung festgeschriebenen Zieldefinition („Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes“) kam der Bundesrat der Linken einen Schritt entgegen. Diese wollte neben der Preisstabilität auch andere wirtschaftspolitische Ziele wie die Vollbeschäftigung verankert haben. Der Entwurf des Bundesrates sieht vor, das die Nationalbank die Aufgabe hat, die Preisstabilität zu gewährleisten, dabei aber die konjunkturelle Entwicklung beachten muss. Der in die neue Verfassung aufgenommene Grundsatz der Unabhängigkeit der Nationalbank wird im Gesetzesentwurf mit der Bestimmung konkretisiert, dass es der Nationalbank und ihren Organen untersagt ist, Weisungen von der Regierung, dem Parlament oder anderen Stellen entgegenzunehmen. Im neuen Gesetz sollen im weiteren die Hauptaufgaben der Nationalbank, welche in der neuen Bundesverfassung nicht mehr aufgeführt sind, einzeln aufgezählt werden (z.B. Bargeldversorgung), hingegen nicht mehr die erlaubten geschäftlichen Tätigkeiten. In der Frage der Rückstellungen und damit implizit der Höhe des an die Kantone und den Bund abzuliefernden Gewinns konnte sich die Nationalbank, welche hier für grösstmögliche Autonomie plädiert hatte, nicht durchsetzen. Zwar obliegt es ihr, den Umfang der für die Währungspolitik benötigten Reserven und die dazu erforderlichen Rückstellungen festzulegen. Diese Entscheide müssen jedoch vom Bankrat, der von den Aktionären und dem Bundesrat gewählt wird, genehmigt werden. Dieser Bankrat soll gemäss Antrag des Bundesrats von 40 auf 11 Mitglieder verkleinert werden. Im Rahmen einer Straffung der Organisation sollen zudem einige Gremien (Bankausschuss, Lokalkomitees und Lokaldirektionen) abgeschafft werden [6].
Die Auseinandersetzung über die Frage, ob mit dem Erlös aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Goldbestände der Nationalbank eine Solidaritätsstiftung gegründet werden soll, fand im Berichtsjahr ihren Abschluss. Volk und Stände lehnten die von Bundesrat und Parlament vorgeschlagene Drittelslösung (je ein Drittel der Erträge eines aus den Goldverkäufen alimentierten Fonds an eine Solidaritätsstiftung, an die AHV und an die Kantone) ab. Sie sprachen sich aber auch gegen die von der SVP mit einer Volksinitiative geforderte Zuweisung der gesamten Verkaufserträge an die AHV aus. Wir informieren über diesen Abstimmungskampf an anderer Stelle (oben, Teil I, 1a, Grundsatzfragen).
Nach dem Scheitern der Solidaritätsstiftung in der Volksabstimmung begann sofort der Wettbewerb der Vorschläge, wie die Erträge aus den Goldverkäufen der Nationalbank denn sonst zu verteilen und zu verwenden seien. Dabei tauchte die Idee einer Neuauflage der Solidaritätsstiftung nicht mehr auf. Die FDP, und nach einigem Zögern auch die CVP sprachen sich für die Anwendung der normalen Verteilungsformel für Nationalbankgewinne aus (zwei Drittel Kantone, ein Drittel Bund). Diese Position machte sich auch die Konferenz der Kantonsregierungen zu eigen und wurde von den Kantonen Jura, Obwalden und Solothurn mit Standesinitiativen bekräftigt. Nach Ansicht des Eidg. Finanzdepartements bräuchte es aber auch dazu einen speziellen referendumsfähigen Beschluss, da es sich um aussergewöhnliche Erträge handle. Im Parlament wurden in Bezug auf die Verwendung der Mittel verschiedene Vorstösse deponiert. So verlangten die Freisinnigen Merz (AR) und Favre (VD) in gleichlautenden Motionen in den beiden Räten, dass die Erträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssen. Ein weiterer Freisinniger (Dupraz, GE) schlug hingegen mit einer parlamentarischen Initiative eine analoge Verteilung wie das eben abgelehnte Gegenprojekt vor, nur dass anstelle einer Solidaritätsstiftung ein Forschungsfonds alimentiert werden soll. Ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative forderte der Christlichsoziale Fasel (FR) die vollumfängliche Verwendung der Erträge durch den Bund für die Erhöhung der Kinderzulagen. Die SVP hielt an ihrer ursprünglichen Idee fest, primär die AHV zu begünstigen. Sie reichte eine parlamentarische Initiative ein, welche einen Drittel der Erträge den Kantonen und zwei Drittel der AHV zukommen lassen will. Eine identische Verteilung schlug der Genfer Nationalrat Grobet (alliance de gauche) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative vor. Die SP hat sich noch nicht definitiv festgelegt; bevorzugt aber Lösungen, welche neben der AHV auch Forschung und Bildung von den Erträgen profitieren lassen. Schliesslich konnte ein vor allem von SP-Politikern getragenes Komitee, das in der Endphase der Unterschriftensammlung aktive Unterstützung durch die SP erhalten hatte, seine Volksinitiative für eine Zuweisung der ordentlichen Jahresgewinne der Nationalbank an die AHV (abzüglich eines Betrags von 1 Mia. Fr. für die Kantone) einreichen [7].
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Banken
Während des ganzen Jahres verhandelte die Schweiz mit der EU über den Themenkomplex „gleichwertige Massnahmen“ von wichtigen Nicht-EU-Mitgliedern zur Verhinderung der Steuerhinterziehung. Für die EU bedeutete dies – zumindest war dies ihre Verhandlungsposition – die Übernahme des für die EU beschlossenen gegenseitigen Informationsaustausches der Steuerbehörden durch die Schweiz, wobei sich diese Auskunftspflicht auf alle bei Banken geführten Konten von in der EU ansässigen natürlichen Personen erstrecken würde. Dabei schreckten die Finanzminister der EU und der für die Verhandlungen zuständige Kommissar Bolkenstein auch nicht vor Sanktionsdrohungen gegen die Schweiz zurück. Der Bundesrat seinerseits hielt am Grundsatz fest, dass von der Schweiz bei blosser Steuerhinterziehung (im Gegensatz zum Steuerbetrug) keine Rechtshilfe (und schon gar keine rechtlich nicht anfechtbare Amtshilfe) geleistet wird. Er offerierte als seiner Ansicht nach gleichwertiges und sogar effizienteres Mittel zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiterhin die Einführung einer Quellensteuer von bis zu 35% für Personen mit Wohnsitz in der EU nach dem Zahlstellenprinzip, an deren Erträgen die Wohnsitzstaaten partizipieren könnten. Die Verhandlungen, welche auch innerhalb der EU verschiedene Interessen zutage treten liessen, konnten im Berichtsjahr noch nicht abgeschlossen werden [8].
Die Verhandlungsführung des Bundesrats wurde von den bürgerlichen Regierungsparteien voll unterstützt. Die SVP-Fraktion reichte im Nationalrat eine parlamentarische Initiative ein, um das „Bankkundengeheimnis“ in der Bundesverfassung zu verankern. Vor allem mit dem Argument, dem Bundesrat für seine Verhandlungen mit der EU den Rücken zu stärken, beschloss die WAK des Nationalrats, dem Plenum diesen Vorstoss zur Annahme zu empfehlen. Analoge Standesinitiativen, zu denen die SVP in den kantonalen Parlamenten den Anstoss gegeben hatte, deponierten die Kantone Aargau, Genf und Tessin. Die SP, welche das Bankgeheimnis seit langem bekämpft, stellte sich hinter die Forderungen der EU; Nationalrat Tillmanns (sp, VD) reichte dazu eine entsprechende Motion ein [9] .
Die Thurgauer Stimmberechtigten lehnten die Umwandlung ihrer Kantonalbank in eine Aktiengesellschaft, bei welcher der Kanton über eine Anteilsmehrheit verfügt hätte, mit einem Nein-Stimmenanteil von 56% ab. Für diese Teilprivatisierung hatten sich nicht nur die drei grossen bürgerlichen Parteien, sondern auch die SP ausgesprochen [10].
Die Bankenkommission gab einen Entwurf für eine Verordnung in die Vernehmlassung, welche die bisher in Rundschreiben festgehaltenen Richtlinien für den Vollzug des Geldwäschereigesetzes expliziter ins Recht fassen soll. Dabei sind – vor dem Hintergrund der Suche nach finanziellen Transaktionen im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und nach den neuesten Fällen von Konten ausländischer Politiker (Abacha, Montesinos) bei Schweizer Banken – auch einige Verschärfungen und Präzisierungen vorgesehen. So sollen die Banken verpflichtet werden, ihre Kundenbeziehungen und Transaktionen in Risikokategorien zu unterteilen, und die als riskant eingestuften mit einem automatisierten Kontrollsystem zu überwachen. Für Kunden mit erhöhtem Risiko müssen zudem persönliche Kundenkontakte gepflegt werden. Um zu verhindern, dass ein Kunde, den eine Bank als zu riskant einschätzte, problemlos zu einer anderen Bank wechseln kann, soll letztere Erkundigungen über die Gründe für die Beendigung der früheren Geschäftsbeziehung einholen dürfen [11].
Der Vorschlag einer Expertenkommission für Verfahrensverbesserungen bei Bankinsolvenzen war in der im Vorjahr durchgeführten Vernehmlassung grundsätzlich positiv aufgenommen worden. Gegen Jahresende beantragte der Bundesrat, diese Neuerungen in das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen aufzunehmen. Hauptelemente der Gesetzesrevision bilden die Übertragung der Leitung einer Banksanierung, und falls erforderlich einer Liquidation, an die Eidg. Bankenkommission und der verbesserte Schutz der Kleinanleger. Zu letzterem gehört insbesondere das Konkursprivileg für Bankenverpflichtungen jeglicher Art (d.h. nicht nur Sparkonten) bis zu 30 000 Fr. und die vorrangige und möglichst sofortige Bedienung von Kleinstgläubigern mit Einlagen von bis zu 5000 Fr. Für die Sicherung dieser Guthaben wird eine von den Banken selbst verwaltete, aber im Gegensatz zu heute obligatorische und von der EBK überwachte Einlagenversicherung vorgeschrieben [12].
Der Zusammenbruch der Fluggesellschaft Swissair hatte gezeigt, dass Einlagen von Betriebsangehörigen in eine von ihrer Firma geführte Depositenkasse im Konkursfall schlecht geschützt sind. Diese Sparkassen sind nicht dem Bankengesetz mit seinen Vorschriften über den Gläubigerschutz unterstellt, und sie werden daher auch nicht von der Bankenkommission beaufsichtigt. Der Ständerat überwies eine Empfehlung Spoerry (fdp, ZH), welche verlangt, dass die diesbezügliche Ausnahmeklausel der Bankenverordnung aufgehoben wird. Bundesrat Villiger teilte die Ansicht, dass der Gläubigerschutz bei diesen Institutionen unbefriedigend ist. Er machte aber darauf aufmerksam, dass die verlangten Verbesserungen sehr wohl das Aus für diese betrieblichen Sparkassen bedeuten könnten. Da sie als nicht unabhängige Einrichtungen grundsätzlich keinen Bankenstatus haben können, ist es nicht möglich, sie dem Bankengesetz und der Bankenaufsicht zu unterstellen [13].
Die im Jahr 2000 eröffnete Vernehmlassung über eine gesetzliche Regelung für den Umgang mit nachrichtenlosen Vermögen hatte ein vorwiegend kritisches Echo ausgelöst. Die SP forderte, dass diesem Gesetz nicht nur die Banken, sondern analog zum Geldwäschereigesetz auch der Parabankenbereich (Treuhänder etc.) unterstellt werden soll. Der Bundesrat lehnte dies ab, da eine derart weit gefasste Regelung in der Realität kaum praktikabel wäre. Mehr Erfolg hatte die von der FDP und der SVP unterstützte Forderung, die gesetzlichen Vorschriften weniger detailliert zu formulieren, und mehr der Selbstregulierung der Banken zu überlassen. Der Bundesrat beauftragte im Berichtsjahr eine Expertenkommission, bis Ende 2003 einen neuen Vorentwurf auszuarbeiten, der die Schaffung einer zentrale Meldestelle für nachrichtenlose Vermögen beinhaltet und die Rahmenbedingungen für eine Selbstregulierung durch die Banken festlegt [14].
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Börsen
Ein Bundesgerichtsurteil vom 15. April 2002 deckte eine Unklarheit bei der Auslegung der Insiderstrafnorm, welche das Ausnutzen von Geschäftsgeheimnissen zum Erzielen von Börsengewinnen sanktioniert, auf. Während für die Bankenkommission auch Geschäfte darunter fallen, die aufgrund von Insiderinformationen über bevorstehende Warnungen vor Gewinneinbrüchen getätigt werden (z.B. Verkäufe zum Vermeiden von Verlusten), hielt das Bundesgericht fest, dass dieser Fall vom Gesetz nicht abgedeckt sei. Der Nationalrat überwies diskussionslos eine Motion Jossen (sp, VS), welche diese Gesetzeslücke schliessen will. Die Bankenkommission hatte zuvor auch weitere infolge von Bundesgerichtsurteilen zutage getretene Schwachpunkte bei der Handhabung der Insiderstrafnorm bemängelt. Angesprochen war damit insbesondere die Erschwerung der Amtshilfeleistung an die Aufsichtsgremien ausländischer Börsen durch im internationalen Vergleich zu stark ausgebaute Rekursmöglichkeiten und durch die vom Bundesgericht verlangte Nichtöffentlichkeit von Verfahren. Nach Ansicht der EBK liegt eine entsprechende Gesetzesrevision nicht zuletzt auch im Interesse des Finanzplatzes Schweiz, welcher auf eine konfliktfreie Zusammenarbeit mit anderen Börsen und deren Aufsichtsorganen angewiesen ist [15].
Die als Konsequenz der Kurseinbrüche auf dem Aktienmarkt aufgetretenen Probleme der vom Finanzier Martin Ebner geschaffenen Investmentgesellschaften (v.a. BZ-Visionen) führten zur Forderung nach einem besseren Schutz der Anleger. Derartige Gesellschaften bieten zwar ihre Aktien als Anlageinstrument öffentlich an, sind aber bloss dem Aktienrecht-, nicht aber dem Anlagefonds- oder dem Bankengesetz unterstellt. Der Nationalrat überwies ein Postulat Walker (cvp, SG) für eine verschärfte Aufsicht über diese Gesellschaften resp. deren Einbezug in das neue Finanzmarktaufsichtsgesetz, das von einer Ende 2001 eingesetzten Expertenkommission ausgearbeitet wird [16]. Der Bundesrat hatte das EFD zu Jahresbeginn beauftragt, eine Expertenkommission einzusetzen, welche eine Anpassung des schweizerischen Anlagefondsgesetzes an die neuen EU-Richtlinien vorbereiten soll. Gleichzeitig soll auch eine Unterstellung der Investmentgesellschaften unter dieses Gesetz überprüft werden [17].
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Versicherungen
Die massiven Kurseinbrüche an den Aktienmärkten brachten die grossen Versicherungsgesellschaften, welche sich in den letzten Jahren zu Finanzgesellschaften entwickelt hatten, in grosse Schwierigkeiten. Davon blieben auch die oft von Versicherungsgesellschaften geführten Träger der beruflichen Vorsorge (z.B. Sammelstiftungen) nicht verschont, was eine rege politische Debatte über eine Verbesserung der staatlichen Aufsicht über diese Institutionen zur Folge hatte. Wir berichten darüber an anderer Stelle (unten, Teil I, 7c, Berufliche Vorsorge).
Einen besseren Schutz der Kunden, welche eine Lebensversicherungen abschliessen, bei der sie am Gewinn der Versicherungsgesellschaft partizipieren, verlangte Nationalrat Baumann (svp, TG) mit einer als Postulat überwiesenen Motion. Demnach sollen Versicherungsgesellschaften, welche diesen Überschussbonus als Verkaufsargument einsetzen, gesetzlich verpflichtet werden, ihre Kunden detailliert über den Geschäftsgang zu informieren und die Höhe des ausgeschütteten Bonus zu begründen [18].
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Weiterführende Literatur
Fischer, Andreas, „Fluctuations in the Swiss franc: What has changed since the Euro introduction?“, in Journal of public policy, 2002, S. 143-59.
Lombardini, Carlo, Droit bancaire suisse, Zurich 2002.
Nobel, Peter, Swiss finance law and international standards, Berne 2002.
Ungern-Sternberg, Thomas von, Überlegungen zur Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank, Lausanne (HEC) 2002.
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[1] Schweizerische Nationalbank, 95. Geschäftsbericht 2002, S. 42 ff.; Presse vom 3.5. und 27.7.02.
[2] Schweizerische Nationalbank, 95. Geschäftsbericht 2002, S. 16.
[3] BBl, 2003, S. 645 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 119.
[4] AB NR, 2002, S. 457. Das Parlamentarier-Netzwerk des IWF hielt im Berichtsjahr in Bern eine Konferenz ab (NZZ, 11.5.02). Der NR überwies gleichzeitig in Postulatsform eine analoge Motion zum Einbezug der nationalen Parlamente in die Politik der WTO (AB NR, 2002, S. 259).
[5] Schweizerische Nationalbank, 95. Geschäftsbericht 2002, S. 32 ff. Zum Hypothekarzins siehe auch LT, 27.11. und 28.11.02.
[6] BBl, 2002, S. 6097 ff.; Presse vom 17.1.02. Vgl. SPJ 2001, S. 84 f.
[7] 24h, 24.9.02 (EFD); LT, 24.9.02; NZZ, 17.10.02; AZ, 17.10.02 (CVP); TA, 9.11. und 10.12.02 (SP); NZZ, 13.11. (Kantone) und 29.11.02 sowie SZ, 19.12.02 (Standesinitiativen); BaZ, 7.12.02. Im Berichtsjahr noch nicht behandelte parlamentarische Vorstösse: Merz (02.3452), Favre (02.3451), Dupraz (02.447), Fasel (02.445), SVP (02.449) und Grobet (02.446). Volksinitiative: BBl, 2002, S. 7328 f.; LT, 5.10.02. Vgl. SPJ 2001, S. 15.
[8] TA, 25.3.02; Presse vom 25.4.02 (Position der Banken zu den Forderungen der EU), 4.12. und 12.12.02; AZ, 4.5.02; NZZ, 9.10., 25.10. und 23.11.02. Siehe dazu auch BR Villiger in NZZ, 14.12.02. Vgl. auch oben, Teil I, 2 (Europe: UE) sowie SPJ 2001, S. 52 f. Allgemein zur Einschätzung der Bedeutung des Finanzmarktes für die schweizerische Volkswirtschaft durch den BR siehe AB NR, 2002, V, Beilagen, S. 223 ff. (Interpellation der SP-Fraktion).
[9] SVP: Pa.Iv. 02.432; LT, 24.4.02; NZZ, 19.11.02 (WAK-NR). Standesinitiativen: Kt.Iv.02.311 (AG), Kt.Iv. 02.312 (TI) und Kt.Iv. 02.315 (GE). Motion Tillmanns: Mo 02.3662.
[10] SGT, 3.6.02.
[11] NZZ, 18.5., 10.7. und 8.8.02. Im Fall Abacha hatte die UBS mit zweijähriger Verspätung entdeckt, dass ein Konto eines langjährigen englischen Kunden via Vollmachten Verbindungen zu Familienmitgliedern des ehemaligen nigerianischen Staatschefs Abacha aufwies (TA, 21.2.02; NZZ, 16.7. und 6.8.02; Presse vom 2.8.02). Dank eines Vergleichs des nigerianischen Staates mit der Abacha-Familie soll Nigeria die auf Bankkonten im Ausland (davon etwa die Hälfte in der Schweiz) blockierten Guthaben im Wert von 1,9 Mia Fr. auch ohne Durchführung von zeitaufwändigen Prozessen gegen den Abacha-Clan erhalten (TA, 18.4. und 25.9.02; vgl. SPJ 1999, S. 137). Ein Teil der blockierten Vermögenswerte von Montesinos konnte an Peru erstattet werden (TA, 21.8.02). Zu den neuen strafrechtlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
[12] BBl, 2002, S. 8060 ff.; Presse vom 21.11.02. Vgl. SPJ 2001, S. 85.
[13] AB SR, 2002, S. 88 f.
[14] NZZ, 16.5.02. Vgl. SPJ 2000, S. 104.
[15] AB NR, 2002, S. 1686; AZ und NZZ, 26.4.02. Siehe auch EBK-Direktor Daniel Zuberbühler in TA, 25.1.02.
[16] AB NR, 2002, S. 2161. Zur Expertenkommission siehe SPJ 2001, S. 85 und AB NR, 2002, I, Beilagen, S. 244 f. (Einfache Anfrage Strahm, sp, BE). Zu den Investmentgesellschaften von M. Ebner siehe BaZ, 19.1.02 und NZZ, 6.7.02.
[17] TA, 17.1.02.
[18] AB NR, 2002, S. 2158.
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