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Sozialpolitik
Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Die Stimmberechtigten nahmen das Bundesgesetz über die Spitalkostenfinanzierung deutlich an. – Das neue Transplantationsmedizingesetz fand die Zustimmung des Nationalrates. – Das Parlament genehmigte das Stammzellenforschungsgesetz. – Der Nationalrat weigerte sich, auf die Revision des Betäubungsmittelgesetzes einzutreten.
Gesundheitspolitik
Der Nationalrat nahm ein Postulat seiner SGK an, mit welchem der Bundesrat eingeladen wird, die Prozesse der Umsetzung komplexer Reformvorhaben im Gesundheitswesen zu analysieren und Vorschläge zu unterbreiten, wie künftig eine kohärentere Vorbereitung und Umsetzung der Reformen unter Einbezug der Partner im Gesundheitswesen sichergestellt werden kann [1].
Die nationalrätliche SGK vertrat die Auffassung, dass im Rahmen der Aufhebung des Kontrahierungszwangs und der kantonsweisen Festlegung des medizinischen Bedarfs (siehe unten, Medizinalpersonen) eine zuverlässige Statistik zur medizinischen Demographie unerlässlich wird, die aber nicht auf kantonaler, sondern auf nationaler Ebene erfolgen sollte, weshalb sie den Bundesrat in einem überwiesenen Postulat ersuchte, eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben [2].
Bund und Kantone schlossen eine Vereinbarung zur nationalen Gesundheitspolitik, die eine engere Zusammenarbeit aller involvierter Kreise anstrebt. Es soll ein regelmässiger Informationsaustausch stattfinden, die gemeinsamen gesundheitspolitischen Felder sollen abgesteckt, Grundlagen-, Vorbereitungs- und Entwicklungsarbeiten festgelegt und gemeinsame Stellungnahmen und Empfehlungen verabschiedet werden. An dem Dialog, der mehrmals jährlich stattfinden wird, beteiligen sich der Vorsteher des EDI und die Vertreter der verantwortlichen Bundesstellen sowie der Vorstand der Gesundheitsdirektorenkonferenz und deren Zentralsekretär [3].
Im Dezember nahm die neu gegründete Stiftung für Patientensicherheit ihre Arbeit auf. Sie versteht sich als Antwort auf die nationale und internationale Diskussion über die Patientensicherheit in der stationären und ambulanten medizinischen Versorgung. Die Tätigkeit der Stiftung stützt sich auf die Vorschläge der vom EDI eingesetzten Expertengruppe „Patientensicherheit“ ab. Diese hatte die folgenden Massnahmen empfohlen: Erarbeitung einer Datenbasis zu medizinischen Fehlern, Analyse der Ursachen und Risikofaktoren, Entwicklung von Sicherheitsstrategien und -instrumenten, Kommunikation sowie Wissenstransfer und Unterstützung der von schwerwiegenden Zwischenfällen betroffenen Patientinnen und Patienten und des beteiligten Personals [4].
Wie eine Studie in mehreren europäischen Ländern zeigte, ist in der Schweiz die Sterbehilfe ein weit verbreitetes Phänomen. Rund 50% aller hiesigen Todesfälle werden von Sterbehilfe-Entscheiden begleitet; bei einem Drittel kommt der Tod so plötzlich und unerwartet, dass sich die Frage nach Sterbehilfe gar nicht erst stellt, beim verbleibenden Sechstel wird der Tod zwar erwartet, doch ist Sterbehilfe kein Thema. Am häufigsten (28%) wird die passive Sterbehilfe praktiziert, bei der lebenserhaltende Massnahmen bei todkranken Patienten abgebrochen oder gar nicht erst eingeleitet werden. Indirekt aktive Sterbehilfe – darunter fallen Behandlungen, die das Leiden mildern, gleichzeitig aber auch die Überlebenszeit verkürzen können – fanden die Wissenschafter bei 22% der Todesfälle. Suizidbeihilfe führte in 0,4% zum Tod, und die einzige in der Schweiz strafbare Form der Sterbehilfe, die aktive Sterbehilfe, in 0,7% der Fälle. Eigentliche Sterbehilfeorganisationen, wie „Exit“ und „Dignitas“, scheint es lediglich in der Schweiz zu geben, was damit zusammenhängen mag, dass in anderen Ländern jede Sterbehilfe strafbar ist (insbesondere in Südeuropa), oder aber völlig straffrei (wie in den Niederlanden und Belgien), weshalb es dort keine Grauzone gibt [5].
Ausgehend von mehreren Vorstössen hatte sich der Nationalrat bereits 2001 intensiv mit dem Thema der Sterbehilfe befasst, ohne allerdings eindeutig Stellung zu beziehen. Er hatte lediglich eine Motion überwiesen, die den Bundesrat beauftragte, Gesetzeslücken bei der passiven und der indirekt aktiven Sterbehilfe im Sinn der Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) zu schliessen und zu prüfen, wie die Palliativmedizin speziell gefördert werden könne. Der Ständerat war der Ansicht, der Verweis auf die SAMW sei zu eng gefasst und die Aufforderung zur Unterstützung der palliativen Behandlungsmöglichkeiten zu wenig verbindlich formuliert, weshalb er die nationalrätliche Motion lediglich als Postulat beider Räte verabschiedete, stattdessen aber im Einverständnis mit dem Bundesrat eine analoge Motion seiner Rechtskommission guthiess; diese beauftragt die Regierung in einer offeneren Formulierung, Vorschläge für eine gesetzliche Regelung der indirekten aktiven und passiven Sterbehilfe zu unterbreiten sowie Massnahmen zur Förderung der Palliativmedizin zu treffen [6].
Mit 152 zu 9 Stimmen gab der Nationalrat klar einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, TG) für die Einführung eines einheitlich ausgestalteten Patiententestaments Folge. Der Persönlichkeitsschutz gemäss Zivilgesetzbuch soll durch eine Bestimmung ergänzt werden, wonach schriftlichen Weisungen von Patienten und Patientinnen bezüglich medizinischer Behandlungsmassnahmen und des Rechts auf einen würdevollen Tod gesetzlich verbindliche Wirkung zukommt, soweit diese nicht im Widerspruch mit der Rechtsordnung stehen und zum Zeitpunkt des Todes dem aktuellen oder mutmasslichen Willen der Betroffenen noch entsprechen [7].
Erstmals wurden – wenn auch in mehr journalistischer denn wissenschaftlicher Form – die Folgekosten des Suizidgeschehens in der Schweiz beziffert. Die rund 1300 Selbsttötungen des Jahres 1998 verursachten pro Fall rund 4000 Fr. Kosten bei Polizei und Rechtsmedizin. Die versicherungsrechtlichen Suizidfolgekosten (Witwen- und Waisenrenten sowie Leistungen aus Lebensversicherungen) wurden auf 65 Mio Fr. veranschlagt. Weit kostspieliger als erfolgreiche Selbsttötungen sind Suizidversuche mit gesundheitlichen Folgen (rund die Hälfte der geschätzten 30 000 Fälle). Die Untersuchung schätzte die jährlichen Kosten des gesamten Suizidgeschehens auf 2,3 Mia Fr., wovon ungefähr 2 Mia Fr. allein durch das Entstehen von rund 500 neuen lebenslangen Pflegefällen ausgelöst werden [8].
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Die Statistiker des BFS werteten alles verfügbare Zahlenmaterial zur Entwicklung der schweizerischen Gesundheitskosten von 1960 bis 2000 aus. Dabei relativierten sie das von Politikern gerne verwendete dramatische Bild der „Kostenexplosion“: Die Kostenentwicklung sei kein Vulkanausbruch jüngeren Datums, sondern ein seit 40 Jahren stetig verlaufendes Phänomen. In den 90er Jahren, als die Politik sich mit neuer Intensität dem Gesundheitswesen zuwandte, war die teuerungsbereinigte Kostenzunahme mit jährlich 2,3% sogar geringer als in den untersuchten Jahrzehnten zuvor: Zwischen 1960 und 1990 belief sie sich auf 3,9%. Die Gesundheitskosten stiegen losgelöst von Wirtschaftszyklen, aber auch weitgehend unbeeinflusst vom seit 1996 geltenden KVG. Gemäss BFS beruht der Kostenanstieg auf einem komplexen Geflecht von Ursachen. Erwähnt wurden auf der Angebotsseite die wachsende Spezialisierung und Technisierung, die steigende Zahl von Ärzten in freier Praxis und die Entwicklung neuer, kostspieliger Medikamente. Auf der Nachfrageseite verwiesen die Statistiker auf den (dank KVG) verbesserten Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hoch stehender Versorgung, die gestiegene Anspruchshaltung und andere Merkmale des gesellschaftlichen Wandels.
Der Gesellschaftswandel spiegelt sich anschaulich in der Kostenentwicklung der stationären Versorgung. Der Anteil der Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Behinderteninstitutionen, sozialpsychiatrischen Einrichtungen und Suchtbehandlungsstellen an den Gesamtkosten stieg von 39,7% im Jahr 1960 auf 51,8% im Jahr 2000. Das BFS erklärte diesen Trend mit der Alterung der Bevölkerung, mit loser gewordenen familiären und nachbarschaftlichen Solidaritätsnetzen, höheren Komfortansprüchen und sozialen Ausgrenzungserscheinungen. Die teilweise Übernahme der Pflegekosten durch das KVG wirkte sich gemäss Statistik hingegen kaum aus; der grösste Schub in diesem Bereich fand schon vor 1996 statt, insbesondere zwischen 1960 und 1971. Das neue Zahlenwerk beleuchtete neben dem Kostenwachstum auch die Verteilung der Finanzierungslast und damit das zweite grosse Problem des schweizerischen Gesundheitssystems: Der Anteil der öffentlichen Hand sank zwischen 1960 und 2000 von 31,4% auf 25,3%. Im Gegenzug stieg die Belastung der Haushalte immer weiter, von 55,4% (1971) auf 68,2% (2000). Das erklärt sich im Wesentlichen mit den proportional gesunkenen Kantonssubventionen für die Spitäler [9].
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Mit etwas über 77% Ja nahmen die Stimmberechtigten am 9. Februar das im Vorjahr im Dringlichkeitsverfahren erlassene Bundesgesetz über die Spitalkostenfinanzierung deutlich an. Dieses war nach einem Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts von 2001 notwendig geworden. Gegen den Beschluss, der die Kantone verpflichtet, ab 2002 stufenweise den Sockelbeitrag für die stationäre Behandlung in einem öffentlichen oder öffentlich-subventionierten Spital auch für jene Patientinnen und Patienten zu übernehmen, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, war von der Krankenkasse Assura, die geltend machte, der EVG-Entscheid sei bereits 2002 vollumfänglich anzuwenden, das Referendum eingereicht worden. Der Bundesrat, die Kantone, alle namhaften Parteien sowie mit Ausnahme von Assura und Supra sämtliche Krankenversicherer warben für ein Ja zum Bundesbeschluss, da es bei einer Ablehnung zu endlosen Rechtsstreitigkeiten und voraussichtlich zu Steuererhöhungen in den Kantonen gekommen wäre. Da dem Ansinnen der Assura von Anfang an keine Chancen eingeräumt wurden, warf die Abstimmungskampagne keine hohen Wellen. Am deutlichsten wurde das Bundesgesetz in den Kantonen Genf, Neuenburg, Basel-Stadt, Luzern und Graubünden angenommen, die Ja-Mehrheiten von über 80% auswiesen. Die geringste Ablehnung (gut 30% Nein-Stimmen) erfolgte im Kanton Waadt, in dem die Assura als Krankenversicherer besonders präsent ist [10].
Bundesgesetz über die Anpassung der kantonalen Beiträge für die innerkantonalen stationären Behandlungen nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung
Abstimmung vom 9. Februar 2003

Beteiligung: 28,7%
Ja: 1 028 673 (77,3%)
Nein: 301 128 (22,7%)
Parolen:
Ja: CVP, EVP, FDP, GP, Lega, LP, SD, SP, SVP (2*); SGB, Travail Suisse, SBV, SGV, Santésuisse, SDK.
Nein: FP, EDU.
Stimmfreigabe: PdA; SAGV.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen.
Einen Hauptbestandteil der 2. KVG-Revision (siehe unten, Teil I, 7c, Krankenversicherung) bildete die Überführung dieser Regelung in geltendes Recht, d.h. der definitive Übergang zu leistungsbezogenen Pauschalen und zu einer dual-fixen Spitalfinanzierung, bei der Kantone und Versicherer zu gleichen Teilen für die Investitions- und Betriebskosten der öffentlichen und privaten Listenspitäler aufkommen. Im Ständerat, der die Vorlage als Erstrat behandelte, wollte eine Minderheit Stähelin (cvp, TG) bereits in dieser Revisionsetappe zur monistischen Finanzierung übergehen, bei der es nur noch eine Zahlstelle (Kassen) gibt und die kantonalen Subventionen nicht mehr an die Leistungserbringer, sondern an die Zahlstelle fliessen. Obgleich Einigkeit darüber herrschte, dass die monistische Finanzierung dereinst kommen soll, war der Ständerat doch der Ansicht, dieser Systemwechsel wäre im heutigen Zeitpunkt zu abrupt, weshalb er den Antrag mit 22 zu 16 Stimmen ablehnte. Der Nationalrat stimmte der Neuregelung diskussionslos zu. Da die KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig [11].
Der Nationalrat stimmte einem Postulat Rossini (sp, VS) zu, welches den Bundesrat ersucht, die Erarbeitung von Kriterien zu veranlassen, auf deren Grundlage die optimale Grösse von Akutspitälern festgelegt werden kann, sowie fundierte Modelle für eine echte, zwischen dem Bund und den Kantonen abgestimmte Spitalplanung zu entwickeln. Er hiess ebenfalls ein Postulat Wirz-von Planta (lp, BS) gut, das den Bundesrat beauftragt, im Bereich der Planung der stationären Versorgung die Bildung von Versorgungsregionen zu prüfen [12].
Gegen den Willen des Bundesrates, der Umwandlung in ein Postulat beantragt hatte, nahm der Nationalrat mit 137 zu 5 Stimmen eine Motion seiner SGK an, die verlangt, den entsprechenden Artikel der KV-Verordnung so zu ändern, dass allein stehende Personen – in Bezug auf die finanzielle Belastung – gegenüber Personen, die mit anderen Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben, nicht benachteiligt werden. Heute müssen die Versicherten neben Selbstbehalt und Franchise einen nach der finanziellen Belastung der Familie abgestuften Beitrag an die Kosten eines Spitalaufenthalts bezahlen. Die Verordnung setzt diesen Beitrag für allein stehende Personen auf 10 Fr. pro Tag fest, da davon ausgegangen wird, dass ihnen während dieser Zeit keine Kosten für Mahlzeiten entstehen, während die Aufwendungen in mehrköpfigen Haushalten weiterlaufen [13].
Bis Ende 2002 mussten die Krankenkassen lediglich einen Beitrag an die in Pflegeheimen und im Spitexbereich erbrachten Leistungen der Grundpflege bezahlen. Durch eine Verordnungsänderung wurden die Leistungen der Versicherer per Anfang 2003 insofern ausgeweitet, als sie verpflichtet wurden, die tatsächlichen Pflegekosten zu übernehmen. Die Krankenkassen schätzten, dass ihnen dies Mehrkosten von rund einer Mia Fr. bescheren würde, was die Prämien entsprechend ansteigen liesse. Bei der Beratung der 2. KVG-Revision wollte der Ständerat den Versicherern insofern entgegen kommen, als er eine Bestimmung ins Gesetz einfügte, die es dem Bundesrat erlaubt hätte, umgehend wieder den Status quo ante herzustellen resp. die Belastung der Versicherer auf dem Stand von Anfang 2003 einzufrieren. Auch der Nationalrat war der Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht, sprach sich aber gegen die vom Ständerat gewählte, die künftige Entwicklung präjudizierende Formulierung aus. Er beschloss im Sommer, die Klärung dieser Frage auf die 3. KVG-Revision resp. auf eine separate Vorlage zu verschieben [14].
Nach umfangreichen Hearings beantragte die Kommission des Ständerates dem Plenum, die Pflegefinanzierung nicht mit der laufenden Revision zu ändern, um nicht die gesamte Vorlage wegen dieser Frage scheitern zu lassen. Sie legte aber eine Motion vor, welche den Bundesrat beauftragte, dem Parlament bereits 2004 die Botschaft zu einer neuen Finanzierung der Krankenpflege in Koordination mit der Leistungspflicht anderer Sozialversicherungen einschliesslich der Ergänzungsleistungen zur AHV zu unterbreiten. Die Motion wurde vom Ständerat angenommen, vom Nationalrat aber abgelehnt, weil sie das heutige Finanzierungsvolumen der Krankenversicherer festschreiben wollte. Stattdessen überwies der Nationalrat eine Motion seiner SGK mit gleichem Wortlaut, allerdings ohne Einfrieren der Tarife [15].
Ältere, pflegebedürftige Patienten erhalten oft nicht jene medizinische Behandlung, die ihrem Zustand angemessen wäre. Gemäss internationalen Studien ist bei einer grossen Zahl von alten Menschen, die in Heimen betreut werden, die Schmerztherapie ungenügend, die Rehabilitation unzureichend und die medikamentöse Behandlung inadäquat. Heutzutage stellt nicht mehr die Überbehandlung älterer Menschen ein Problem dar, sondern die Unterbehandlung. Kostendruck, Fallpauschalen und gesellschaftliche Vorurteile dem hohen Alter gegenüber verstärken diese Tendenzen. Als Reaktion darauf verabschiedete die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Richtlinien und Empfehlungen zur «Behandlung und Betreuung älterer pflegebedürftiger Menschen». Die Richtlinien wurden von einer Expertengruppe mit Vertretenden der Ärzteschaft, der Pflege, der Heime, der Seniorenverbände, der Rechtswissenschaft und der Ethik entwickelt. Erstmals wurde damit auf nationaler Ebene ein Dokument vorgelegt, das die Rechte von älteren pflegebedürftigen Personen klärt. Zentrale Punkte der Richtlinien betreffen die Kontinuität und Qualität der Betreuung, die Entscheidungsprozesse bei fehlender Urteilsfähigkeit, die Anwendung freiheitsbeschränkender Massnahmen, Fragen zu Sterben, Palliation und Beihilfe zum Suizid sowie die Forderung nach adäquater Aus-, Weiter- und Fortbildung des Fachpersonals [16].
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Bundesrätin Dreifuss hatte den starren Vertragszwang im ambulanten Bereich nur mittelfristig aufheben wollen. Ihr Nachfolger im EDI, Bundespräsident Couchepin, machte hingegen gleich nach seinem Amtsantritt Dampf in dieser Sache. Anstatt einer generellen Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Ärzteschaft und Versicherern brachte er ein neues Modell in die Diskussion, das von der vorberatenden Kommission des Ständerates noch verfeinert wurde. Demnach sollten die Kantone festlegen, wie viele Leistungserbringende der einzelnen Sparten es unter Berücksichtigung des Angebots in den Nachbarkantonen auf ihrem Gebiet braucht. Die Krankenversicherer sollten lediglich noch verpflichtet sein, mit mindestens dieser Zahl von Leistungserbringern zusammenzuarbeiten, und zwar mittels Verträgen von jeweils vier Jahren und einer Kündigungsfrist von 18 Monaten vor Auslaufen des Vertrags. Bereits zu Lasten der sozialen Krankenversicherung praktizierende Ärztinnen und Ärzte sollten bei Inkrafttreten der Gesetzesrevision Anrecht auf einen ersten Vertrag von vier Jahren haben. Alte Patientinnen und Patienten mit einer langjährigen Arztbeziehung und einem schweren Leiden sollten ihren Arzt aber auf jeden Fall behalten können. Ärzte, die sich in einem kostengünstigen Netzwerk mit Budgetverantwortung zusammenschliessen, sollten beim Abschluss eines Vertrages von den Versicherern bevorzugt werden. Die Kommission wollte den Übertritt der Versicherten in die Netzwerke dadurch fördern, dass für diese der Selbstbehalt bei 10% belassen, für alle anderen Versicherten auf 20% angehoben werden sollte. Das Plenum des Ständerates, das sich bereits 2001 grundsätzlich für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen hatte, stimmte dem neuen Modell oppositionslos zu [17].
Der Nationalrat, der im Vorjahr eine Aufhebung des Vertragszwangs noch abgelehnt hatte, sagte nun mit 153 zu 18 Stimmen Ja zum neuen Modell, schwächte die Lockerung allerdings noch etwas ab. Er entschied, dass chronisch Kranke ihren Arzt behalten dürfen, auch wenn dieser mit ihrer Kasse keinen Vertrag mehr hat. Ärztenetze mit Budgetverantwortung sollten von den Kassen nicht nur bevorzugt, sondern automatisch mit einem Vertrag versehen werden. Auf Antrag der SVP, die argumentierte, damit würde die freie Arztwahl „bestraft“, verzichtete er aber mit 134 zu 23 Stimmen auf eine Anhebung des Selbstbehaltes für die Versicherten in traditionellen Versicherungsformen [18].
Da er den Anreiz für einen Wechsel zu den besonderen Versicherungsformen unbedingt aufrechterhalten wollte, beschloss der Ständerat mit 24 zu 10 Stimmen Festhalten. Er signalisierte aber zuhanden der sich abzeichnenden Einigungskonferenz gleichzeitig seine Bereitschaft, die Verdoppelung des Selbstbehalts nicht im Gesetz zu verankern, sondern nur festzuschreiben, dass eine Differenzierung erfolgen muss, deren Ausmass aber der Kompetenz des Bundesrates zu überlassen. Diese Lösung setzte sich in der Einigungskonferenz dann auch durch. Da die 2. KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig [19].
Die stufenweise Einführung der neuen, einheitlichen Tarifstruktur TarMed – 1.5.2003 für den Invaliden-, Militär- und Unfallversicherungsbereich und 1.1.2004 für den Krankenversicherungsbereich – verlief harzig und war von Misstönen begleitet. Insbesondere die Vereinigung der invasiv und operativ tätigen Ärzteschaft (FMS) gab ihren grundsätzlichen Widerstand gegen das neue Tarifwerk, welches die intellektuelle Leistung der Ärzte etwas höher, die technischen und operativen Massnahmen dafür etwas tiefer bewertet, nicht auf. Nach einer ersten Weigerung, den TarMed anzuwenden, reichte sie Ende Jahr zwei Klagen ein. Die eine richtet sich gegen die beiden Vertragsparteien FHM und Santésuisse und verlangt eine Neuaushandlung des gesamten TarMed, die andere betrifft die SUVA und fordert einen Anwendungsstopp im Unfallversicherungsbereich [20].
Eine weitere Querele – diesmal zwischen dem Branchenverband der Schweizer Spitäler H+ und Santésuisse – betraf den Taxpunktwert (TPW) für ambulante Leistungen der Spitäler. Bundesrat und Preisüberwacher hatten im Vorfeld der Verhandlungen die Empfehlung abgegeben, zur Wahrung der angestrebten Kostenneutralität der TarMed-Einführung sollten die TWP die Obergrenze von einem Franken nicht überschreiten. H+ stimmte dem für die öffentlichen Spitäler zu, weshalb Ende Jahr in 16 Kantonen die Verträge abgeschlossen werden konnten, verlangte aber für die nicht subventionierten Privatkliniken TWP, die deutlich darüber lagen. H+ argumentierte, im Mittel würden die TWP der öffentlichen und der privaten Spitäler immer noch knapp unter einem Franken liegen, Santésuisse weigerte sich aber, im Einzelfall über die postulierte Obergrenze hinauszugehen. Als Santésuisse die Verhandlungen für gescheitert erklärte und die Kantone aufforderte, TPW zu verordnen, reichte H+ eine Klage gegen die Versicherer ein, die Ende Jahr noch hängig war. Eine Einigung über die TWP konnte Santésuisse hingegen mit sämtlichen kantonalen Ärztegesellschaften erzielen; diese werden für die 18-monatige Einführungsphase von TarMed zwischen 78 Rp. (Wallis) und 98 Rp. (Genf) liegen [21].
Der Bundesrat unterstützte die Forderung von Preisüberwachung und Konsumentinnenorganisationen, wonach die Zahnarzttarife offen gelegt werden müssen. Seiner Auffassung nach haben Patientinnen und Patienten ein berechtigtes Interesse daran, über die Preise für eine zahnärztliche Dienstleistung vor der Behandlung informiert zu werden. Er erliess deshalb im Oktober eine entsprechende Änderung der Preisbekanntgabeverordnung [22].
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In der zweiten Runde der KVG-Revision stimmte der Ständerat mit 21 zu 8 Stimmen einem Antrag der Kommission zu, wonach im Sinn der Kostendämpfung bei gleicher Eignung das preisgünstigere Medikament zu verabreichen sei. Schiesser (fdp, GL) versuchte vergebens, dies zu verhindern. Er machte geltend, dies würde einem „Zwang“ gleichkommen, Generika abzugeben. Auch Bundespräsident Couchepin sprach sich gegen eine derartige Verpflichtung für die Ärzte und Apotheker aus, mit dem Argument, der Spareffekt durch Generika sei derart gering (rund 80 Mio Fr. pro Jahr), dass es sich nicht lohne, dafür die therapeutische Freiheit der Ärzte zu beschneiden [23]. Der Nationalrat ergänzte den Beschluss der kleinen Kammer mit der Bestimmung, dass Apotheken auch bei Verschreibung eines Originalpräparats dieses durch ein Generikum ersetzen können, falls der Arzt nicht ausdrücklich die Abgabe des Originals verlangt. Im Vorjahr hatte er noch knapp einen Antrag Goll (sp, ZH) angenommen, wonach die Ärzte nur noch Wirkstoffe hätten verschreiben dürfen, worauf dann die Apotheken bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abzugeben hätten. Goll reichte ihren Antrag erneut ein, scheiterte aber mit 100 zu 56 Stimmen deutlich. Da die KVG-Revision vom Nationalrat letztlich abgelehnt wurde, sind diese Bestimmungen hinfällig [24].
Im Juni kündigte Santésuisse einseitig den LOA-Vertrag mit den Apothekern per Ende 2003. Dieser Vertrag regelt die Entschädigung der Apotheken für die Abgabe von Medikamenten aus der Grundversicherung. Erst Mitte November wurde eine Einigung erzielt, die verhinderte, dass die Patientinnen und Patienten ab Anfang 2004 das Geld für ärztlich verschriebene Medikamente hätten vorstrecken und selber mit den Krankenkassen abrechnen müssen. Für 2005 soll aber ein neuer Vertrag ausgehandelt werden [25].
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Als erster behandelte der Nationalrat in der Wintersession den Vorschlag des Bundesrates zu einem Transplantationsgesetz, welches unter anderem den Bundesbeschluss von 1999 über Blut, Blutprodukte und Transplantate in ordentliches Recht überführt. Das Gesetz regelt den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen menschlichen und tierischen Ursprungs und verbietet deren Handel. Voraussetzung für die Organspende ist die Zustimmung des Spenders oder, wenn dieser vor seinem Tod keinen Willen geäussert hat, jene seiner nächsten Angehörigen (erweiterte Zustimmungslösung). Der Rat trat oppositionslos auf die Vorlage ein. In der Detailberatung gab vor allem das von den Grünen beantragte Verbot der Xenotransplantation zu reden, resp. der Antrag der SP auf ein zehnjähriges Moratorium für die (einer Bewilligungspflicht unterstellten) Übertragung tierischer Organe, Gewebe und Zellen auf den Menschen. Der Antrag Graf (gp, BL) wurde mit 108 zu 25 Stimmen klar abgelehnt, die Moratoriumsanträge der SP im Verhältnis 3:2. Unbestritten war die von der Kommission vorgenommene Verschärfung bei den Bestimmungen für die Lebendspende bei urteilsunfähigen Personen, ebenso die eingefügte Sicherstellung eines obligatorischen Versicherungsschutzes des Spenders. Lebhaft diskutiert wurde hingegen die bei der Organentnahme bei Verstorbenen wichtige Frage des Todeskriteriums. Eine Mehrheit folgte dem Bundesrat und definierte erstmals in einem Schweizer Gesetz den Tod. Demnach gilt ein Mensch als „tot, wenn die Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind“. Ebenfalls nicht unumstritten war der Antrag der Kommission, dass bei gleicher medizinischer Dringlichkeit Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz in der Schweiz bei der Organzuteilung Vorrang vor im Ausland ansässigen Personen haben sollen. Trotz Opposition von Linken und Grünen wurde diese Bestimmung mit 80 zu 69 Stimmen angenommen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz mit 133 zu 5 Stimmen gutgeheissen [26].
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Der Ständerat behandelte in der Frühjahrssession als erster das Embryonenforschungsgesetz (EFG), mit dem der Bundesrat bis zum Vorliegen des geplanten Gesetzes über die Forschung am Menschen sowohl die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen als auch die Forschung an embryonalen Stammzellen sowie an überzähligen Embryonen regeln wollte. Er begründete den Einbezug der Embryonenforschung mit dem sachlichen Zusammenhang: Sowohl für die Forschung an Embryonen als auch für die Gewinnung embryonaler Stammzellen werden Embryonen verwendet, die im Rahmen der medizinisch assistierten Fortpflanzung als überzählig anfallen und deshalb keine Entwicklungschance haben. Der Ständerat erachtete diesen Zusammenhang aber nicht als zwingend gegeben und beschloss, den Geltungsbereich des Gesetzes auf die Gewinnung von embryonalen Stammzellen und deren Erforschung zu beschränken, die Regelung der gemäss Kommissionssprecher „moralisch und rechtlich heiklen und deswegen besonders begründungsbedürftigen Forschung an überzähligen Embryonen“ hingegen dem künftigen Gesetz zuzuweisen. Sinngemäss wurde gleich zu Beginn der Detailberatung das Gesetz in Stammzellenforschungsgesetz (SFG) umbenannt. Gegen die Abspaltung der Embryonenforschung sprachen sich lediglich die Vertreter der FDP aus.
Für den Bereich der Stammzellenforschung setzte die kleine Kammer wie der Bundesrat enge Grenzen. Die Verwendung von Embryonen bedarf der Zustimmung der Eltern. Forschungsprojekte müssen wesentlichen Erkenntnissen dienen, die nicht auf anderem Weg gewonnen werden können; sie müssen von einer Ethikkommission beurteilt und vom BAG bewilligt werden. Mit 26 gegen neun Stimmen wurde ein Antrag Fünfschilling (fdp, BL) abgelehnt, die Gewinnung von embryonalen Stammzellen auch dann zuzulassen, wenn kein konkretes Projekt vorliegt. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis scheiterte David (cvp, SG) mit seinem Antrag, auf die Entschädigung der Aufwendungen für Gewinnung, Bearbeitung, Aufbewahrung oder Weitergabe von embryonalen Stammzellen zu verzichten. Der Handel allerdings ist verboten. Im Patentgesetz wurde zudem die Patentierbarkeit unveränderter Stammzellen sowie von Verfahren zum Klonen von Menschen, zur Herstellung von Mischformen Mensch/Tier und zur Genmanipulation in der menschlichen Keimbahn verboten.
Eine nennenswerte Kontroverse entstand lediglich bei der Frage, ob die rund 1000 altrechtlichen Embryonen, die vor dem Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMG) (1.1.2001) angefallen sind und eingefroren wurden, und die laut FMG bis Ende 2003 vernichtet werden sollten, weiter für die Stammzellenforschung verwendet werden dürfen. Die Mehrheit entschied sich auch hier mit 22 zu 12 Stimmen für eine restriktive Linie. Die Frist wurde nicht verlängert. Der Forschung sollten somit nur überzählige Embryonen zugeführt werden, die in der Fortpflanzungsmedizin neu entstehen. Beerli (fdp, BE) setzte sich vergebens dafür ein, die Frist bis zum Inkrafttreten des SFG zu verlängern, da in der Praxis die Meinungen auseinandergehen, wie viele Embryonen für die Forschung nötig sind [27].
Dem Nationalrat lagen zu Beginn seiner Beratungen in der Herbstsession ein Nichteintretensantrag sowie zwei Rückweisungsanträge vor, die von linken, grünen und christlich orientierten Abgeordneten unterstützt wurden, doch hatten sie alle keine Chance. Eintreten wurde mit 91 zu 45 Stimmen beschlossen. Die Beschränkung auf die Stammzellenforschung wurde stillschweigend gutgeheissen. Aber auch die radikalen Verfechter der Forschungsfreiheit – Gutzwiller (fdp, ZH) und Kommissionssprecher Randegger (fdp, BS) – konnten sich in der Detailberatung nicht durchsetzen. Mit 60 zu 57 Stimmen verbot der Nationalrat zusätzlich zum Ständerat die Entwicklung von Parthenoten (Organismen, die sich aus einer unbefruchteten Zellteilung entwickeln), um daraus Stammzellen zu gewinnen. Auch die verschärften Auflagen für die Forschung (Erlaubnis zur Entnahme von Stammzellen nur, wenn keine geeigneten Zellen im Inland vorhanden sind) resp. die Zustimmung zum Ständerat (Forschung nur zugelassen, wenn kein anderes Verfahren gleichwertige Erkenntnisse ermöglicht), die Gutzwiller als „Gefängnis für die Forschenden“ bezeichnete, wurden, wenn auch knapp mit 80 zu 69 resp. 75 zu 72 Stimmen angenommen. Forschungsfreundlicher zeigte sich der Rat in der Frage der Patentierbarkeit veränderter Stammzellen. Mit 81 zu 73 Stimmen folgte er einem Minderheitsantrag Gutzwiller und stimmte dem Ständerat zu, lediglich die Patentierbarkeit von unveränderten Stammzellen zu verbieten. Die Mehrheit der Kommission hatte beantragt, auch die veränderten Stammzellen und die Stammzellinien von der Patentierbarkeit auszuschliessen.
Bei der Frage des Umgangs mit den vor 2001 entstandenen altrechtlichen Embryonen, setzte sich der Antrag der Kommission durch. Mit 90 gegen 38 beschloss die grosse Kammer, die Frist für deren Vernichtung bis Ende 2005 für die Fortpflanzungsmedizin und bis Ende 2008 für Forschungszwecke zu verlängern; dazu bedarf es allerdings der schriftlichen Einwilligung des betroffenen Paares [28]. Der Ständerat stimmte dieser Regelung zu, worauf das Fortpflanzungsmedizingesetz in diesem Punkt mit Dringlichkeitsrecht revidiert wurde, um die Vernichtung der altrechtlichen Embryonen per Ende 2003 zu verhindern [29]. Beim Stammzellenforschungsgesetz stimmte der Ständerat bei der einzigen wesentlichen Differenz (Verbot der Parthenoten) dem Nationalrat zu, verlangte aber, dass diese Frage im Rahmen der kommenden Gesetzgebung über die Forschung am Menschen nochmals eingehend geprüft wird. In der Schlussabstimmung wurde das SFG vom Ständerat mit 35 zu 1 Stimmen angenommen, vom Nationalrat mit 103 zu 57 Stimmen bei 25 Enthaltungen; die Nein-Stimmen stammten von den geschlossenen GP- und EVP/EDU-Fraktionen, von einer Mehrheit der SP- (die auch das Gros der Enthaltungen stellte) und einer starken Minderheit der CVP-Fraktion. Gegen das neue Gesetz wurde vom Basler Appell gegen Gentechnologie das Referendum ergriffen; dass das Referendum von Organisationen im Bereich des Lebensschutzes unterstützt werden würde, hatte Studer (evp, AG) bereits bei der Schlussabstimmung im Nationalrat angekündigt [30].
Im Anschluss an seine erste Beratung des Gesetzes überwies der Ständerat diskussionslos und im Einverständnis mit dem Bundesrat eine Motion seiner WBK, die den Bundesrat beauftragt, eine Verfassungsbestimmung zur Forschung am Menschen vorzubereiten. Damit soll der Bund eine ausdrückliche gesetzgeberische Zuständigkeit für das gesamte Gebiet der Forschung am Menschen erhalten. Zudem sollen unter Beachtung des Grundrechtes der Wissenschaftsfreiheit wesentliche Grundsätze für die Forschung am Menschen verankert werden, mit denen die Menschenwürde, die Persönlichkeit und die Gesundheit geschützt werden. Der Nationalrat nahm die Motion ebenfalls an [31].
Nachdem eine obskure Sekte Ende 2002 verkündet hatte, mit ihrer Hilfe sei erstmals das Klonen eines Menschen gelungen, wurde der Bundesrat zu seiner Haltung in dieser Frage befragt. In Beantwortung einer von weiteren 29 Abgeordneten unterzeichneten Interpellation von Ständerätin Berger (fdp, NE) erklärte er, er lehne das reproduktive Klonen von Menschen als grundlegenden Verstoss gegen die Menschenwürde strikt ab und unterstütze deshalb auch auf internationaler Ebene sämtliche Bemühungen, die auf ein verbindliches Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen abzielen. In der UNO habe sich die Schweiz formell für eine rasche Aushandlung einer Konvention über das weltweite Verbot des reproduktiven Klonens menschlicher Lebewesen engagiert. Dabei habe sie den Vorschlag Frankreichs und Deutschlands, welcher ein sofortiges Verbot des reproduktiven Klonens bezweckt, vollumfänglich unterstützt, und sie werde für dieses Anliegen auch in den weiteren Verhandlungen aktiv einstehen [32].
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Suchtmittel
Seit 1986 untersucht die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) alle vier Jahre die Trends im Konsum von psychoaktiven Substanzen durch Schüler. Das Ergebnis der repräsentativen Erhebung 2002 zeigte, dass Jugendliche nach wie vor sehr früh zur Zigarette greifen und sich gegenüber vorgängigen Untersuchungen markant häufiger mit Alkohol und illegalen Drogen berauschen. Rund ein Viertel der 15- bis 16-Jährigen raucht mindestens einmal wöchentlich, jeder sechste Jugendliche dieser Altersgruppe sogar täglich. Dies entspricht den Zahlen von 1998. Der Tabakkonsum hat sich somit auf hohem Niveau stabilisiert. Der Konsum von Alkohol hat gegenüber früheren Erhebungen hingegen massiv zugenommen. Etwa 40% der männlichen und rund 26% der weiblichen Jugendlichen trinken mindestens einmal pro Woche ein alkoholisches Getränk (1986: 25 resp. 10%). Die Mädchen neigen zu den gesüssten Alcopops, die Jungen bevorzugen nach wie vor Bier. Als problematisch bezeichnete die SFA die Tendenz unter Jugendlichen, sich mit dem Konsum von Spirituosen gezielt zu betrinken. Rund 50% der befragten Schülerinnen und Schüler gaben an, mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert zu haben (1990: knapp ein Viertel). Besorgniserregend ist gemäss SFA, dass auch die Zahl der mehrmals Konsumierenden stark angestiegen ist [33].
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Nach langem Seilziehen einigten sich die 192 Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf eine Rahmenkonvention gegen das Rauchen, das erste internationale Abkommen überhaupt, das die WHO je ausgehandelt hat. Sie tritt in Kraft, wenn 40 Staaten sie ratifiziert haben. Gemäss der Konvention sollen Vertragsstaaten Werbung und Sponsoring verbieten oder zumindest erheblich einschränken, wenn ein Verbot mit ihrer Verfassung nicht zu vereinbaren ist. Der relativierende Zusatz war nötig, um verfassungsrechtliche Bedenken Deutschlands und der USA auszuräumen. Das Verbot gilt auch für grenzüberschreitende Werbung. Bezeichnungen wie „mild“ oder „light“, die verharmlosend wirken, sollen auf Zigarettenpackungen ganz verschwinden. Hinweise auf die Schädlichkeit des Rauchens müssen in Zukunft mindestens die halbe Oberfläche einer Schachtel einnehmen. Der Verkauf von Zigaretten an Minderjährige soll untersagt, die Besteuerung von Tabakwaren drastisch erhöht und der Schmuggel unterbunden werden [34].
Das erste Tabakmonitoring des BAG bestätigte die Vermutung, dass international verglichen die Schweizer viel rauchen. Knapp ein Drittel der 14- bis 65-Jährigen konsumiert täglich Tabak. Männer (37%) rauchen mehr als Frauen (29%). Bei den Jugendlichen ist dies nicht so ausgeprägt. Die Differenz zwischen jungen Frauen (27%) und jungen Männern (30%) wurde von der Studie als nicht relevant bezeichnet. Frauen rauchen zwar gesamthaft weniger, haben aber mehr Mühe, davon wegzukommen. In der Alterskategorie der über 35-Jährigen waren 39% der Männer, aber nur 20% der Frauen Exraucher und Exraucherinnen. Auch punkto Bildung, Region und Nichtraucher-Wunsch lieferte die Studie interessante Daten. Personen mit einer tieferen Schulbildung rauchen häufiger täglich (31%) als höher Ausgebildete (20%). In der Deutschschweiz gibt es – vor allem verglichen mit dem Tessin – signifikant weniger täglich Rauchende. Über die Hälfte der Tabakkonsumenten möchte von ihrer Abhängigkeit loskommen [35].
In der Frühjahrssession bereinigten die Räte die Differenzen beim Bundesgesetz über die Tabakbesteuerung. Umstritten war, ob dem Bundesrat die Ermächtigung zur Erhöhung der Steuersätze um bis 50% oder um bis 80% erteilt und ob aus den Mitteln der Tabaksteuer ein Präventionsfonds geschaffen werden soll. In der ersten Runde der Differenzbereinigung hielt der Nationalrat mit 95 zu 75 Stimmen an der Erhöhungskompetenz bis 80% fest, ebenso (mit 102 zu 65 Stimmen) an der Errichtung eines Präventionsfonds. Der Ständerat schloss sich bei der Erhöhungskompetenz dem Nationalrat an, beharrte aber, vorab aus verfassungsrechtlichen Bedenken, mit 22 zu 14 Stimmen auf seiner Ablehnung des Fonds. In der zweiten Runde bekräftigen beide Kammern mit praktisch dem gleichen Stimmenverhältnis (101 zu 64 resp. 18 zu 16 Stimmen) ihre Position. In der Einigungskonferenz obsiegte die Haltung des Nationalrates, worauf der Ständerat zustimmte, dass 2,6 Rappen pro Zigarettenpackung den Präventionsfonds alimentieren. Von dieser Abgabe werden jährlich rund 18 Mio Fr. erwartet. Die Organisation des Fonds obliegt dem BAG und dem BASPO gemeinsam [36].
Entgegen dem Antrag der vorberatenden Kommission wurde einer parlamentarischen Initiative Grobet (-, GE), die insbesondere ein Verbot der Tabakwerbung sowie Massnahmen für den Konsumentenschutz verlangte, mit 92 zu 85 Stimmen knapp keine Folge gegeben. Die von Gewerbeverbandsdirektor Triponez (fdp, BE) angeführten Gegner machten geltend, Werbeverbote würden Grundrechte verletzen [37].
Bezüglich einer Motion Sommaruga (sp, BE) für eine rauchfreie Wandelhalle vor dem Nationalratssaal beantragte das Büro dem Plenum zwar erfolgreich Umwandlung in ein Postulat, versprach aber gleichzeitig, die verlangte Massnahme umzusetzen [38].
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Eine im Auftrag des BAG durchgeführte Studie unternahm den Versuch, neben den materiellen Kosten wie ärztlicher Behandlung und Produktionsverlusten, die der Alkoholmissbrauch in der Schweiz verursacht, auch die immateriellen Kosten zu beziffern. Das menschliche Leid der Betroffenen und der Angehörigen sowie der Verlust an Lebensqualität (familiäre Spannungen, finanzielle Probleme, Gewalt und Kontrollverlust durch Alkohol) erwiesen sich mit 4,3 Mia Fr. als deutlich höher als die materiellen Kosten von 2,2 Mia Fr [39].
Nach dem Ständerat genehmigte auch der Nationalrat die Verordnung der Bundesversammlung über die Promillegrenzen im Strassenverkehr. Ein Nichteintretensantrag Föhn (svp, SZ), der einerseits eine höhere Fremdgefährdung bei Fahren mit einem Blutalkoholwert von zwischen 0,05% und 0,08% bestritt und sich andererseits für die freie (Gast-)Wirtschaft einsetzte, wurde nach einer längeren, teils emotional geführten Debatte mit 110 zu 63 Stimmen abgelehnt. In der Detailberatung erfolgte eine ganze Kaskade von Anträgen, welche die einfache Angetrunkenheit zwischen 0,02% (Gutzwiller, fdp, ZH) und 0,08% (Triponez, fdp, BE) ansetzen wollten, jene für qualifizierte Angetrunkenheit zwischen 0,05% (Wiederkehr, -, ZH) und 0,081% (Triponez). Schliesslich schloss sich der Rat mit 113 zu 42 dem Antrag der Kommission an, dem Ständerat zu folgen. Damit betragen die Limiten künftig 0,5 und 0,8 Gewichtspromille. In der Schlussabstimmung wurde die Verordnung im Ständerat mit 29 zu 5 Stimmen angenommen, im Nationalrat mit 111 zu 74 Stimmen [40].
Der Nationalrat überwies ein Postulat Simoneschi (cvp, TI), welches den Bundesrat ersucht, die notwendigen Massnahmen zu treffen, um die langfristige finanzielle Sicherstellung der Aktion „Nez rouge“ und ähnlicher Projekte zu ermöglichen. In dieser Aktion bieten Freiwillige an, nicht mehr fahrtüchtige Festbesucher mitsamt deren Auto sicher nach Hause zu fahren, was besonders in ländlichen Regionen von grosser Bedeutung ist. 2000 hatte der Bund entschieden, seine Beiträge an den Fonds für Verkehrssicherheit, der die Aktivitäten von „Nez rouge“ weitgehend bezahlte, drastisch zu reduzieren, weshalb die Finanzierung nicht mehr gewährleistet ist [41].
Im Ständerat, der die Vorlage als erster behandelte, meldete nur Büttiker (fdp, SO) Kritik an der vom Bundesrat im Sinn des Jugendschutzes beantragten Einführung einer gegenüber bisher vervierfachten Sondersteuer auf sogenannten Alcopop-Getränken an (mit Limonade gesüsste Spirituosen, die vorwiegend von Jugendlichen konsumiert werden, denen Bier oder Wein zu bitter sind). Ohne weitere Diskussion stimmte die kleine Kammer der Steuererhöhung mit 38 zu 1 Stimme zu [42]. Im Nationalrat hatte die Vorlage einen viel härteren Stand. Die SVP-Fraktion sowie der Direktor des Gewerbeverbandes (Triponez, fdp, BE) beantragten Nichteintreten. Die SVP führte fiskalpolitische Gründe an: dem Bundesrat gehe es nicht um Jugendschutz, sondern bloss um Mehreinnahmen. Triponez bezeichnete die Sondersteuer als krass diskriminierend, da einzig mit Spirituosen angereicherte Getränke davon erfasst würden, nicht aber auf Wein oder Bier basierende Produkte. Schliesslich setzte sich aber die Einsicht durch, dass im Sinn der Prävention das Instrument einer Sondersteuer gerechtfertigt sei. Eintreten wurde mit 129 zu 36 Stimmen beschlossen. In der Detailberatung wurde ein Minderheitsantrag Tschuppert (fdp, LU), die Steuer lediglich um 100% zu erhöhen, mit ähnlichem Stimmenverhältnis abgelehnt. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat die Sondersteuer einstimmig und der Nationalrat mit 141 zu 44 Stimmen an [43].
Seit 1908 bestand in der Verfassung ein Absinthverbot. Bei der Totalrevision der Bundesverfassung wurde dieses Verbot nicht mehr ins Grundgesetz aufgenommen, doch verblieb es auf Gesetzes- und Verordnungsebene. Dagegen reichte Ständerat Cornu (fdp, FR) im Interesse der Wirtschaft des Val-de-Travers (NE), wo die „fée verte“ all die Jahre – wenn auch illegal – produziert wurde, eine parlamentarische Initiative ein, der von der kleinen Kammer diskussionslos Folge gegeben wurde [44].
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Gemäss einer Untersuchung des Bundesamtes für Statistik nahm in den neunziger Jahren der Konsum von Cannabis markant zu. Die Zahl der polizeilichen Verzeigungen stieg von 12 000 im Jahr 1990 auf 30 000 Fälle im Jahr 2001, was einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung um 8% entspricht. Die Zahl der verzeigten Minderjährigen verfünffachte sich in diesem Zeitraum von 1250 auf 6150, was das BFS zu der Aussage bewog, Cannabis sei heute die Modedroge der Jugendlichen. Im Gegensatz dazu scheint der Handel und Konsum von anderen illegalen Drogen rückläufig zu sein. So sank die Zahl von Verzeigungen wegen Handels oder Konsums von Heroin von 27 000 (1993) auf 12 000 (2001). Bei Kokain und Crack wurde der Höchststand 1998/99 erreicht (14 000 Fälle), bei anderen Substanzen wie Ecstasy oder Halluzinogenen erreichte man den Spitzenwert von 5000 Fällen im Jahr 1996. Je nach Regionen oder Kantonen scheinen die Verzeigungsraten höchst unterschiedlich zu sein. Insbesondere Kantone mit urbanen Zentren weisen höhere Raten auf als ländliche Gegenden. Durchschnittlich lag die Verzeigungsrate in den Jahren 1999 bis 2001 bei sechs Fällen pro 1000 Einwohner. Die Untersuchung machte auch deutlich, dass eine strafrechtliche Verurteilung kaum Auswirkungen auf das Konsumverhalten hat. So kommen 57% der Verurteilten innerhalb von zehn Jahren erneut mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt, die Hälfte von ihnen sogar innerhalb von zwei Jahren nach einer Verurteilung [45].
Der Nationalrat tat sich sichtlich schwer mit der Revision des Betäubungsmittelgesetzes, welche der Ständerat bereits Ende 2001 verabschiedet hatte. Ziel der Gesetzesänderung war die definitive gesetzliche Verankerung des Vier-Säulen-Modells mit der kontrollierten Heroinabgabe sowie die Einführung der Straffreiheit für den Konsum von Cannabis und eine Aufhebung der Strafverfolgungspflicht bei Anbau und Handel sowie deren staatliche Regulierung. In der vorberatenden Kommission waren diese beiden Stossrichtungen nicht bestritten; die Kommission ging noch einen Schritt weiter als der Ständerat und setzte die Alterslimite für den straffreien Cannabis-Konsum wieder auf 16 Jahre herab, wie dies auch der Bundesrat vorgeschlagen hatte; die kleine Kammer hatte sich für 18 Jahre ausgesprochen. Überraschend beschloss die Kommission mit 12 zu drei Stimmen eine vorher nie zur Diskussion gestandene Lenkungsabgabe auf Cannabis. Je nach Stärke des THC-Gehalts sollte eine Steuer zwischen acht und 15 Franken erhoben werden. Die Abgabe sollte schätzungsweise rund 300 Mio Fr. einbringen und je zur Hälfte der AHV und der Suchtprävention zugute kommen. Anbau, Produktion und Handel sollten gemäss der Mehrheit der Kommission zwar reglementiert, dafür aber toleriert werden. Im Gegensatz zum Ständerat entschied sich die Kommission auch beim Konsum von harten Drogen für das Opportunitätsprinzip, so wie dies der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Demnach sollte der Konsum harter Drogen zwar verboten, aber nicht strafrechtlich verfolgt werden [46].
Ursprünglich für die Maisession vorgesehen, wurde die Beratung der Vorlage im Plenum mit dem offiziellen Motiv des Zeitmangels auf die Junisession verschoben und dann noch einmal auf die Septembersession. Die sichtbare Unlust des Nationalrats, das heisse Eisen anzufassen, erklärten Beobachter mit den bevorstehenden eidgenössischen Wahlen. Insbesondere FDP- und CVP-Vertreter aus der Westschweiz und den ländlichen Gebieten der Deutschschweiz hätten gerne zur Wahrung ihrer Wahlchancen bis nach den Wahlen Gras über die ganze Angelegenheit wachsen lassen [47].
Zu Beginn der Eintretensdebatte lagen dem Plenum nicht weniger als sechs Nichteintretensanträge von vehementen Gegners jeglicher Liberalisierung vor (Fraktionen der LP und der SVP; Schenk, svp, BE; Waber, edu, BE; Guisan, fdp, VD; Maitre, cvp, GE), ein Rückweisungsantrag (Neyrink, cvp, VD) an die Kommission sowie zwei Rückweisungsanträge (Studer, evp, AG; Wasserfallen, fdp, BE) an den Bundesrat. Von Befürworterseite hatte nur Leuthard (cvp, AG), um eine nüchternere Beurteilung der Vorlage nach den Wahlen zu ermöglichen, einen Antrag deponiert, und zwar auf Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, noch offene Fragen (Opportunitätsprinzip, Lenkungsabgabe, Prävention und Jugendschutz) zu klären. In der eigentlichen Eintretensdebatte geisselte Ruey (lp, VD), dass auf Abstinenz verzichtet werde und erklärte, die Jugend brauche Autorität. Waber warnte in biblischer Sprache vor einer Politik der Verführung, welche die Jugend in den „Drogensumpf“ stürze und dem „Bösen“ ausliefere.
Die Befürworter hingegen erinnerten an die Nutzlosigkeit der seit 1975 praktizierten Repressionspolitik. Diese führe bei Justiz und Polizei zu einer Ressourcenverschleuderung und schaffe als Folge der von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Strafverfolgungspraxis Rechtsungleichheit. Zudem sei es schwierig, wirkungsvolle Präventionsarbeit zu leisten, solange der Hanfkonsum strafbar ist, sich also die Konsumenten verstecken müssen. Mit der Entkriminalisierung des Konsums und der Regulierung von Anbau und Handel lasse sich die Szene aus dem Dunstkreis der organisierten Kriminalität lösen. Bundespräsident Couchepin sprach sich in einer engagierten Rede, seiner ersten zu diesem Thema, ebenfalls für die Revision aus. Er bekannte sich zu einer in den letzten Jahren gewonnenen liberalen Haltung und bat die Gegner, es ihm gleichzutun. Auch er wolle unbedingt, dass weniger Drogen konsumiert werden, aber er halte es für falsch, Staat, Justiz und Polizei mit der Lösung des Problems zu betrauen. Vielmehr gelte es, ein Gesetz zu schaffen, das der Realität Rechnung trage. Er empfahl seinen „compatriotes romands“, das Thema weniger emotional zu behandeln und sich ein Beispiel am Deutschschweizer Pragmatismus zu nehmen, der sich mehr ans Konkrete halte, statt grosse Prinzipien zu verkünden. Aber der eloquente Aufruf Couchepins fruchtete nichts. Nach einer insgesamt gehässigen Debatte beschloss der Nationalrat mit 96 zu 89 Stimmen bei vier Enthaltungen, auf die Vorlage nicht einzutreten. Für Nichteintreten sprach sich (mit Ausnahme von Gadient, GR) die geschlossene SVP-Fraktion aus, ebenso LP, EDU und EVP (ausser dem parteilosen Wiederkehr, ZH), 26 von 35 CVP-Abgeordneten sowie eine starke Minderheit der FDP. Der drogenpolitische „Röstigraben“ spielte einmal mehr stark: die Mehrheit der Neinstimmen aus FDP und CVP stammten aus der Romandie, ebenfalls die zwei Enthaltungen der SP. Mit diesem Entscheid war die brisante Frage der Entkriminalisierung von Cannabis rechtzeitig vor den Wahlen auf Eis gelegt [48].
Der geltende Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin an schwer Drogenkranke ist bis zum Inkrafttreten der Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), längstens aber bis zum 31. Dezember 2004 befristet. Wegen der Verzögerungen bei den Beratungen im Nationalrat erschien es immer wahrscheinlicher, dass das revidierte BetmG am 1. Januar 2005 noch nicht in Kraft sein wird und ab diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Basis mehr für diese Therapieform besteht. In diesem Fall müssten die Behandlungszentren geschlossen werden und die Patientinnen und Patienten ihre Therapie, die ihnen die Führung eines möglichst normalen Lebens erlaubt, abrupt abbrechen. Um dies zu verhindern, hatte der Bundesrat dem Parlament im Vorjahr beantragt, den Bundesbeschluss um fünf Jahre, längstens jedoch bis zum Inkrafttreten des revidierten BetmG zu verlängern. Mit Unterstützung einer Mehrheit der SVP-Fraktion bekämpfte Waber (edu, BE) die Verlängerung mit der Behauptung, es sei noch kein einziger Abhängiger durch das Programm vom Heroin weggekommen. Die Vertreter von CVP, FDP und SP wiesen darauf hin, dass es sich lediglich um eine Verlängerung und nicht um eine Veränderung handle, weshalb hier nicht der Ort sei, um eine Grundsatzdebatte zur Drogenpolitik zu führen. Ziel der Heroinprogramme sei nie allgemeine Abstinenz gewesen, sondern vielmehr die Möglichkeiten für die Abhängigen, trotz ihrer Heroinsucht ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Die Verlängerung wurde schliesslich mit 110 zu 42 Stimmen angenommen. Der Ständerat stimmte diskussionslos und einstimmig zu [49].
Mit 25 zu 17 Stimmen lehnte der Ständerat eine im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion für eine Aufhebung der Krankenkassenpflicht der heroingestützten Behandlung ab. Die Befürworter der Motion aus CVP und SVP machten erneut geltend, die medizinisch kontrollierte Heroinabgabe sei weniger eine medizinische denn eine sozialpolitische Massnahme, weshalb sie über allgemeine Steuern zu bezahlen sei, die Gegner konterten, Opiatsucht sei eine international anerkannte Krankheit und deren Behandlung, in welcher Form auch immer, deshalb kassenpflichtig [50].
Der Kanton Tessin wandelte sich innert Jahresfrist vom freizügigsten Kanton in Fragen Cannabis-Konsum zum repressivsten Landesteil. In zahlreichen Razzien wurden sämtliche Indoor-Plantagen und Hanfläden dicht gemacht und gegen deren Betreiber Anklage erhoben. Das kompromisslose Vorgehen der Tessiner Behörden gegen Hanfanbauer und Ladenbesitzer soll in der ganzen Schweiz Schule machen. Im Mai einigten sich Staatsanwälte, Richter und Polizisten aus zehn Schweizer Kantonen (AG, BS, BE, FR, GR, SZ, TI, VD, VS und ZH) anlässlich einer Tagung in Bellinzona auf eine gemeinsame Nulltoleranzstrategie bei Anbau und Handel [51].
Unter dem Druck der Realität schien hingegen die traditionell repressive Westschweizer Hardliner-Front im Umgang mit den Konsumentinnen und Konsumenten von harten Drogen zu bröckeln. Nach Genf (2001) bekundete auch die Stadt Lausanne ihre Absicht, ein so genanntes Fixerstübli einzurichten, wollte jedoch nicht ohne Zustimmung des Kantons vorgehen. Aber sowohl der Waadtländer Staats- wie der Kantonsrat verweigerten ihre Zustimmung [52].
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Sozialhilfe
Das Bundesamt für Sozialversicherung lud am 23. Mai zu einer Nationalen Armutskonferenz ein. Gesucht wurden Wege und Handlungsstrategien gegen Armut und soziale Ausgrenzung. An der Konferenz trat auch Bundespräsident Couchepin auf, der aber keine neuen Ideen vorstellte, sondern die subsidiäre Aufgabe des Staates unterstrich und der Einführung eines generellen Mindestlohnes einmal mehr eine Absage erteilte. Die Forderung nach einer ständigen Kommission zur Ausarbeitung und Umsetzung einer kohärenten nationalen Politik zur Bekämpfung der Armut nahm er nicht auf. In Anwesenheit von in- und ausländischen Wissenschaftern und Wissenschafterinnen, Vertretern und Vertreterinnen von Hilfswerken, den Sozialpartnern sowie von Bundes- und Kantonsbehörden wurde insbesondere über die statistische Messung sozialer Phänomene, den Zugang zu materieller Hilfe, die Auswirkungen von Armut auf die Gesundheit, Armut als Folge von Migration sowie Bildung und Arbeit als Mittel gegen Armut diskutiert. Ergebnis der Tagung war die Forderung nach Erstellung eines nationalen Aktionsplans, ähnlich den Ländern der EU, mit welchem der Bundesrat alle Bürgerinnen und Bürger zur Bekämpfung der Armut mobilisieren soll [53].
Wer ein niedriges Einkommen hat, verfügt nach Abzug von Steuern, Mietzins, allfälligen Kosten für Kinderkrippe, Krankenkassenprämien und nach möglichen Sozialtransfers wie Kinderzulagen, Verbilligung von Krankenkassenprämien, Alimentenbevorschussung usw. je nach Wohnort (verglichen wurden die Kantonshauptstädte) über ein sehr unterschiedlich hohes Einkommen, wie eine im Auftrag der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) verfasste Studie deutlich machte. Entscheidend für die Differenzen sind vor allem die Krippenkosten und die Ausgestaltung der Alimentenbevorschussung. Die enormen kantonalen Unterschiede und Disfunktionalitäten, die beispielsweise dazu führen können, dass ein erhöhter Arbeitseinsatz letztlich ein niedrigeres Einkommen auslöst, verlangen nach Ansicht der SKOS nach einem eidgenössischen Rahmengesetz zur Existenzsicherung [54].
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Die vom Bundesrat vorgeschlagene Totalrevision des Opferhilfegesetzes (OHG) wurde in der Vernehmlassung prinzipiell befürwortet. Umstritten war aber die Höhe der Genugtuungszahlungen. Laut Revisionsentwurf entsprechen diese dem Bedürfnis der Opfer nach sozialer Anerkennung und sollten beibehalten, aber limitiert werden. Diese Begrenzung wurde mehrheitlich begrüsst. Der bundesrätliche Vorschlag einer Limite von zwei Dritteln des maximal versicherten Jahresgehalts nach Versicherungsgesetz (rund 70 000 Fr.) stiess hingegen auf weniger Akzeptanz. Die SVP zeigte sich mit dieser Limite einverstanden, warnte aber vor Kostensteigerungen und setzte sich für strenge Vergabekriterien ein. Die FDP verlangte die ersatzlose Streichung der Genugtuungen, die CVP wollte höhere Limiten und die SP sowie die Grünen sprachen sich dafür aus, keine Begrenzung vorzunehmen. Umstritten war auch, ob Einwohner der Schweiz, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden sind, Anspruch auf Leistungen haben. Einzig die SVP sprach sich für diesen Fall generell gegen Leistungen nach OHG aus. Die Mehrzahl der an der Vernehmlassung beteiligten Organisationen befürworteten die kostenlose Unterstützung durch die Beratungsstellen, nicht aber Entschädigungen und Genugtuungen. SKOS, SP, Grüne und der Verband der Schweizer Frauenorganisationen, Alliance F, möchten hingegen alle Fälle abdecken. Mit Unterstützung der SODK verlangten diese Kreise zudem neue Regelungen für Opfer von häuslicher Gewalt und von Menschenhandel [55].
Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Nationalrätin Leutenegger Oberholzer (sp, BL) erreichen, dass die Verfahrensrechte der Opfer im OHG in dem Sinn ausgedehnt werden, dass Opfer von Straftaten Entscheide nicht nur anfechten können, wenn sie zivilrechtliche, sondern auch wenn sie öffentlich-rechtliche Ansprüche betreffen, die Taten also von Behörden oder Beamten in Ausübung ihrer amtlichen Autorität begangen wurden. Auf Antrag der Rechtskommission des Nationalrats, die argumentierte, dies werde ohnehin in den meisten Kantonen so gehandhabt, und es sei sinnvoller, diese Frage bei den anstehenden Revisionen des OHG und des Strafprozessrechts zu behandeln, wurde der Initiative mit 100 zu 66 Stimmen keine Folge gegeben [56].
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Sport
Die Vereinten Nationen riefen das Jahr 2005 zum „UNO-Jahr des Sports“ aus. Die Generalversammlung nahm eine diesbezügliche Resolution an, die massgeblich von alt Bundesrat Adolf Ogi, dem Sonderbeauftragten des UNO-Generalsekretärs für Sport, initiiert wurde, dessen Bericht über die friedensfördernde Wirkung des Sports die Grundlage für die Resolution bildete [57]. Ebenfalls auf Initiative Ogis und unter Federführung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und des Bundesamts für Sport (BASPO) wurde Mitte Februar im nationalen Sportzentrum Magglingen (BE) die erste Internationale Konferenz über Sport und Entwicklung abgehalten. Am Ende der Tagung, an der rund 300 Regierungsvertreter und Vorsteher wichtiger Verbände teilnahmen, wurde eine gemeinsame „Magglingen-Deklaration“ verabschiedet, die unter anderem betonte, der Sport könne helfen, Barrieren in Sache Religion, Rasse, Geschlecht und soziale Herkunft abzutragen [58].
Der Bundesrat hiess die Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls zur Europakonvention gegen Doping im Sport gut. Dieses regelt insbesondere die gegenseitige Anerkennung von Kontrollresultaten. Zudem können Staaten Dopingtests an ausländischen Sportlern, die sich auf ihrem Territorium befinden, durchführen. Die Welt-Antidoping-Agentur Wada darf Kontrollen in den Unterzeichnerländern vornehmen [59].
Das Schweizer Sportparlament, die Legislative des Dachverbands Swiss Olympic, die sich aus Delegierten der dort angeschlossenen Fachverbände zusammensetzt, fällte den Grundsatzentscheid, sich um die Austragung der olympischen Winterspiele 2014 zu bewerben. Zudem stimmte es einer Statutenänderung zu, welche die Kompetenz des Exekutivkomitees in der Olympia-Evaluation stärkt. Diese soll nach verschärften Kriterien vorgenommen werden. Zu diesen gehören etwa Budgetvorgaben und die Zustimmung der Stimmbürger jenes Kantons, in dem die so genannte Host City liegt. Mögliche Kandidaten sind die Regionen Wallis, Graubünden und Zürich [60].
Eine parlamentarische Initiative Maspoli (lega, TI) zur finanziellen Unterstützung des Spitzensports in den Bereichen Fussball, Eishockey und Basketball wurde auf einhelligen Antrag der Kommission, die wettbewerbsverzerrende Effekte befürchtete, vom Nationalrat diskussionslos abgelehnt [61].
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Weiterführende Literatur
Caritas Schweiz (Hg.), Gesundheit – eine soziale Frage, Sozialalmanach 2003, Luzern 2003.
Eugster, Gebhard, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, Bern (Haupt) 2003.
Fuhrer, Bruno et al., Pflegefinanzierung und Pflegebedarf: Schätzung der zukünftigen Entwicklung, Bern (BSV) 2003 (Zusammenfassung in CHSS, 2003, S. 292-295).
Gerber, Yves-Alain, Kosten des Gesundheitswesens: detaillierte Ergebnisse 2001 und Entwicklung seit 1996, Neuenburg (BFS) 2003.
Heller, Geneviève / Jeanmonod, Gilles / Gasser, Jacques, Rejetées, rebelles, mal adaptées, débats sur l’eugénisme et les pratiques de la stérilisation non volontaire en Suisse romande au XXe siècle, Genève 2003.
Hollenstein, Peter, Der Preis der Verzweiflung. Über die Kostenfolgen des Suizidgeschehens in der Schweiz, Forch (ZH) (SGEMKO) 2003.
Höpflinger, François / Hugentobler, Valérie, Pflegebedürftigkeit in der Schweiz. Prognosen und Szenarien für das 21. Jahrhundert, Bern 2003.
Huonker, Thomas, Diagnose: „moralisch defekt“. Kastration, Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890-1970, Zürich 2003.
Pärli, Kurt / Müller Kucera, Karin, Aids, Recht und Geld, Chur 2003.
Psychische Gesundheit in der Schweiz. Monitoring, Neuenburg (Schweizerisches Gesundheitsobservatorium) 2003.
Vatter, Adrian / Rüefli, Christian, „Do political factors matter for health care expenditure? A comparative study of Swiss cantons“, in Journal of Public Policy, 2003, S. 301-323.
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Wälti, Sonja / Kübler, Daniel, „’New governance’ and associative pluralism: the case of the drug policy in Swiss cities“, in Policy Studies Journal, 2003, S. 499-525.
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CHSS, 2003, Nr. 4, S. 181-204 (Schwerpunktthema Armut in der Schweiz).
Nationale Armutskonferenz: Wege und Handlungsstrategien gegen Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen, Bern (BSV) 2003.
Wyss, Kurt / Knupfer, Caroline, Existenzsicherung im Föderalismus der Schweiz, Bern (SKOS) 2003, zusammengefasst in: Knöpfel, Carlo, „Existenzsicherung im Föderalismus der Schweiz“, in CHSS, 2003, S. 87-93.
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[1] AB NR, 2003, S. 1899. Zur Rochade der Abteilung Kranken- und Unfallversicherung vom BSV ins BAG, um ein eigentliches gesundheitspolitisches Kompetenzzentrum zu realisieren, siehe unten, Teil I, 7c (Allgemeine Fragen).
[2] AB NR, 2003, S. 1139.
[3] Presse vom 6.12.03.
[4] CHSS, 2004, S. 4. Unter den Gründern der Stiftung sind die SAMW, die Eidgenossenschaft (vertreten durch BAG und BaV) sowie die FMH. Siehe SPJ 2001, S. 177.
[5] Presse vom 19.6.03. Die Studie beruhte lediglich auf Daten aus der Deutschschweiz, weshalb bei einer Extrapolation auf die Westschweiz und das Tessin Vorsicht geboten sein dürfte; aber auch in der Romandie wird das Thema zunehmend diskutiert: LT, 9.2. und 6.3.03; 24h, 24.2.03. Zu Sterbehilfe und Palliativmedizin siehe auch TA, 23.1.03; NZZ, 18.6., 19.6., 12.7., 13.7. und 12.8.03. Vgl. SPJ 2002, S. 193.
[6] AB SR, 2003, S. 616 ff. Siehe dazu auch eine Interpellation Gross (sp, TG) in AB NR, 2003, Beilagen V, S. 391 ff. Vgl. SPJ 2001, S. 176 f.
[7] AB NR, 2003, S. 171 ff.
[8] Lit. Hollenstein; Presse vom 12.9.03. Siehe dazu auch eine vom SR dem BR zur Kenntnisnahme übermittelte Petition des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und des Instituts für Sozialethik mit dem Titel „Für eine wirksame Suizidverhütung“ (AB SR, 2003, S. 1242). Vgl. SPJ 2002, S. 193 f.
[9] Presse vom 23.7.03.
[10] BBl, 2003, S. 3111 ff.; Presse vom 10.1.-10.2.03. Siehe SPJ 2002, S. 194 f.
[11] AB SR, 2003, S. 195 ff.; AB NR, 2003, S. 1059 ff. und 1072 ff. Der NR hiess zwei Postulate seiner SGK gut, welche den BR ersuchen, zusammen mit der Vorlage zur monistischen Spitalfinanzierung einen Bericht über die Vertragsfreiheit für die ambulante und stationäre Pflege vorzulegen sowie neben dem monistischen Modell auch eines auszuarbeiten, welches auf einem durchgehend dual-fixen Prinzip (Pflegeheime inklusive) beruhen würde (AB NR, 2003, S. 1899). Siehe auch ein überwiesenes Postulat Zisyadis (pda, VD) für einen Bericht zur monistischen Finanzierung: a.a.O., S. 504.
[12] AB NR, 2003, S. 504 und 1226. Vgl. SPJ 2002, S. 196.
[13] AB NR, 2003, S. 1899 und Beilagen V, S. 136.
[14] AB SR, 2003, S. 208 ff.; AB NR, 2003, S. 1075 ff. Siehe SPJ 2002, S. 196.
[15] AB SR, 2003, S. 734 ff., 1096 ff. und 1104; AB NR, 2003, S. 1898; NZZ, 23.10.03. Zur Forderung nach Zusatzprämien für Alterspflegekosten siehe NLZ, 16.5.03; BZ, 27.6.03. Vgl. SPJ 2002, S. 196 f.
[16] Presse vom 12.6.03.
[17] AB SR, 2003, S. 213 f.; NLZ, 26.2.03 und NZZ, 14.3.03 (Interviews Couchepin). Siehe SPJ 2001, S. 179.
[18] AB NR, 2003, S. 1118 ff. Noch bevor die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen waren, beschloss die Ärztekammer der FMH, wegen der Lockerung des Vertragszwangs das Referendum zu ergreifen (NZZ, 3.5. und 24.10.03; Presse vom 13.10.03).
[19] AB SR, 2003, S. 744. Siehe dazu unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
[20] LT, 9.5., 16.5. und 28.5.03; TA, 15.5.03; NLZ, 17.6.03; BZ, 24.6.03; NZZ, 14.7., 27.8., 6.11. und 20.11.03. Zu den Auswirkungen des TarMed auf das Einkommen der verschiedenen Ärztegruppen siehe BaZ, 21.5.03.
[21] Presse vom 11.7. und 13.12.03; NZZ, 12.8. und 4.9.03; TA, 13.9.03. Das Gericht wies die Klage von H+ im Januar 2004 aus formalen Gründen ab. Es hielt sich nicht für zuständig, da der TarMed-Rahmenvertrag nicht einen Tarifvertrag, sondern eine Einigung über die Tarifstruktur darstelle; diese sei bereits im Herbst 2002 vom Bundesrat genehmigt worden (Presse vom 13.1.04). Zur Einführung des TarMed siehe auch die Antwort des BR auf eine Frage Sommaruga (sp, BE) in AB NR, 2003, S. 149. Zu Bedenken des Eidg. Datenschutzbeauftragten gegenüber der Weitergabe von sensiblen Personendaten auf den neuen TarMed-Rechnungsformularen siehe NZZ, 5.12.03. Vgl. SPJ 2001, S. 177.
[22] Presse vom 16.1., 23.4. und 16.10.03. Siehe SPJ 2002, S. 199.
[23] AB SR, 2003, S. 223 f.
[24] AB NR, 2003, S. 1075 ff. Vgl. SPJ 2002, S. 200. Eine Motion Joder (svp, BE), welche verlangte, dass die Aufnahme eines Medikaments auf die Spezialitätenliste auch vom Nachweis der Abgabe in kleinen und therapiegerechten Verpackungsgrössen abhängig gemacht werden soll, wurde auf Antrag des BR, der darauf verwies, dass die Überprüfung (allerdings nicht als Bedingung) ohnehin erfolge, lediglich als Postulat angenommen (AB NR, 2003, S. 1900). Zu den weiteren Punkten der 2. KVG-Revision siehe oben (Medizinalpersonen) sowie unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung). Für die Zunahme der Generikaverkäufe siehe Presse vom 2.3.04.
[25] Presse vom 1.7. und 14.11.03.
[26] AB NR, 2003, S. 2055 ff. und 2062 ff.; Presse vom 1.11. (Kommission) und 18.12.03; NZZ, 21.11.03. Vgl. SPJ 2001, S. 182.
[27] BBl, 2003, S. 1163 ff.; AB SR, 2003, S. 165 ff.; NZZ, 17.1., 1.2. und 7.4.03; TA, 11.3.03; Presse vom 12.3. und 13.3.03. Vgl. SPJ 2002, S. 201 f. Zu Unklarheiten über die Zahl der jährlich neu anfallenden überzähligen Embryonen siehe NZZ, 3.4. und 15.4.03. Für einen internationalen Vergleich der Regeln in der Reproduktionsmedizin vgl. NZZ, 13.8.03.
[28] AB NR, 2003, S. 1347 ff., 1363 ff, 1370 ff. und 1390 ff. Bereits 2001 hatte Dormann (cvp, LU) eine pa.Iv. eingereicht, welche bis zum Vorliegen des Gesetzes über Forschung am Menschen ein Moratorium für die verbrauchende Embryonenforschung verlangte; dieses wurde nun mit 91:75 Stimmen abgelehnt (AB NR, 2003, S. 183 ff.). Zur Vernichtung der altrechtlichen Embryonen siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Randegger (fdp, BS): a.a.O., Beilagen III, S. 503 f.
[29] AB SR, 2003, S. 998 f., 1017 und 1035; AB NR, 2003, S. 1655 und 1751; AS, 2003, S. 3681 f. Zur Frage von importierten embryonalen Stammzellen siehe die Antwort des BR auf eine Interpellation Sommaruga (sp, BE) in AB NR, 2003, Beilagen II, S. 377 ff.
[30] AB SR, 2003, S. 1115 ff. und 1247; AB NR, 2003, S. 2130 f.; BBl, 2003, S. 8211 ff.; Presse vom 24.12.03 (Referendum).
[31] AB SR, 2003, S. 190; AB NR, 2003, S. 1389.
[32] AB SR, 2003, Beilagen II, S. 101. Zu den allfälligen strafrechtlichen Folgen eines menschlichen Klonversuchs in der Schweiz siehe die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Guisan (fdp, VD) in AB NR, 2003, Beilagen III, S. 284 ff.
[33] Presse vom 25.4.03. Siehe SPJ 1999, S. 255.
[34] Presse vom 22.5.03; TA, 17.6.03. Für eine Einfache Anfrage Wyss (sp, BE) zum Beitritt der Schweiz zur Tabakrahmenkonvention der WHO vgl. AB NR, 2003, Beilagen IV, S. 269. Zur Vernehmlassung zur neuen Tabakverordnung, welche erste Elemente der Rahmenkonvention umsetzen will, siehe NZZ, 29.9.03; TA, 4.11.03.
[35] Presse vom 25.6.03. Für eine BAG-Umfrage zum Passivrauchen siehe NZZ, 29.10.03.
[36] AB NR, 2003, S. 187 ff., 370 ff., 455 und 519; AB SR, 2003, S. 230 ff., 292 f., 338 und 370. Siehe SPJ 2002, S. 203 f. Eine Motion Genner (gp, BL), welche den BR verpflichten wollte, bis 2005 eine Erhöhung des Preises des Zigarettenpäckchens um 80 Rp. vorzunehmen, wurde von Polla (lp, GE) bekämpft und die Beratung deshalb ausgesetzt (AB NR, 2003, S. 1724). Im Rahmen des Entlastungsprogramms hatte der BR vorgeschlagen, die Mittel des BAG in den Jahren 2004-2006 um 15 Mio Fr. zu beschneiden; auf Antrag der CVP, welche die Gelder lieber für die Bildung verwenden wollte, stimmte das Parlament einer weiteren Kürzung um 15 Mio Fr. zu; Hauptbetroffene wird das Programm zur Tabakprävention 2001-2005 sein: AB SR, 2003, S. 805; AB NR, 2003, S. 1634 ff.; WoZ, 11.9.03.
[37] AB NR, 2003, S. 2033 f. Eine Motion Wyss (sp, BE) zum Verbot der Tabakwerbung wurde von Scherer (svp, ZG) bekämpft und deshalb vorerst der Behandlung im NR entzogen (a.a.O., S. 501).
[38] AB NR, 2003, S. 2120.
[39] Presse vom 27.10.03. Zu einer analogen Studie über die Kosten des Tabakkonsums siehe SPJ 1998, S. 245 f.
[40] Die 74 Nein-Stimmen im NR stammten aus der beinahe geschlossenen SVP- und einer Mehrheit der FDP-Fraktion: AB NR, 2003, S. 121 ff., 128 ff. und 520; AB SR, 2003, S. 371.
[41] AB NR, 2003, S. 506.
[42] BBl, 2003, S. 2170 ff.; AB SR, 2003, S. 672 ff. und 1036. In seiner Botschaft machte der BR die alarmierende Zunahme des Konsums von Alcopops deutlich: 2002 wurden 40 Mio Fläschchen getrunken, 12 Mio mehr als 2001 und 38 Mio mehr als 2000. Er verwies darauf, dass in Frankreich, wo die Sondersteuer bereits 1996 eingeführt wurde, der Konsum seither fast auf null gesunken ist (Presse vom 27.2.03). Zu einer Kontroverse zwischen der Eidg. Alkoholverwaltung und den Spirituosenimporteuren über die Schädlichkeit der Alcopos siehe Presse vom 1.3. und 28.5.03.
[43] AB NR, 2003, S. 1543 ff. und 1753; AB SR, 2003, S. 1036.
[44] AB SR, 2003, S. 930 f.; LT, 12.7. und 29.8.03; NZZ, 22.9.03. In den Medien wurde mit einiger Verwunderung vermerkt, dass fast zeitgleich der SR einen der härtesten Schnäpse „rehabilitierte“ und der NR die Entkriminalisierung der „weichen“ Droge Cannabis ablehnte (siehe unten): Presse vom 26.9.03.
[45] Presse vom 14.1.04.
[46] Presse vom 24.1., 25.1., 22.2., 25.3. und 29.3.02. Zu Referendumsdrohungen bereits im Vorfeld der Debatte im NR siehe NLZ, 31.5.03; Bund, 6.6.03; 24h, 13.9.03. Vgl. SPJ 2001, S. 184 f. Zu widersprüchlichen Aussagen des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer zur Entkriminalisierung des Cannabiskonsums siehe NZZ, 23.1.03 und NLZ, 17.10.03.
[47] Presse vom 14.6. und 17.6.03; BZ, 22.9.93.
[48] AB NR, 2003, S. 562, 994 f., 1031 ff., 1276 f., 1490 ff. und 1517 ff. Das Scheitern der Vorlage zeichnete sich bereits im Frühsommer ab. Vom Magazin Facts befragt, gaben 83 Abgeordnete an, gegen die Strafbefreiung von Cannabis zu sein. Nur 69 waren dafür, 48 unentschlossen. Besonders FDP und CVP zeigten sich gespalten (NLZ, 5.6.03).
[49] AB NR, 2003, S. 2 ff. und 1246; AB SR, 2003, S. 427 und 718. Siehe SPJ 2002, S. 204.
[50] AB SR, 2003, S. 112 ff. Vgl. SPJ 2002, S. 205.
[51] Auch hier wurde die Verhärtung mehrheitlich mit den anstehenden Wahlen im Kanton TI erklärt: NZZ, 14.3., 22.3., 11.4., 13.5., 26.6. und 16.9.03. Vgl. SPJ 2002, S. 205 f. Zu einer Einfachen Anfrage Wyss (sp, BE) bezüglich der unterschiedlichen Praxis in den Kantonen, siehe AB NR, 2003, Beilagen IV, S. 295.
[52] TA, 20.1.03; Lib., 6.6. und 18.9.03.
[53] Lit. Nationale Armutskonferenz; Presse vom 24.5.04; CHSS, 2003, S. 186-188. NR Rechsteiner (sp, SG) wollte den BR mit einer Motion beauftragen, einen Aktionsplan auszuarbeiten; der Vorstoss wurde aber von Bortoluzzi (svp, ZH) bekämpft und deshalb vorderhand der Beratung entzogen (AB NR, 2003, S. 1722). Zu genaueren Statistiken bezüglich der Lebenshaltungskosten, siehe die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Jossen (sp, VS) in AB NR, 2003, Beilagen I, S. 117 f. Zu den ersten Ergebnissen eines Nationalfondsprojekts zum Thema Working Poor siehe NZZ, 15.2.03.
[54] Lit. Wyss / Knupfer; Presse vom 14.2.03. Zu den Zahlen der Sozialhilfebezüger, die angesichts der nach wie vor lahmenden Konjunktur weiter zunehmen, siehe NZZ, 3.6. 9.7.03 und 11.1.04; TA, 4.9.03. Zu einer Ip. Rossini (sp, VS) zur künftigen Ausgestaltung der Sozialhilfe und der Antwort des BR siehe AB NR, 2003, Beilagen IV, S. 554 f.
[55] Presse vom 22.4.03. Siehe SPJ 2002, S. 207 f. Zur Bekämpfung der Gewalt in Ehe und Partnerschaft siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
[56] AB NR, 2003, S. 2000 ff.
[57] BZ, 26.6., 2.7. und 11.9.03; TA, 20.2.03; NZZ, 26.10.03; Presse vom 4.11.03; Bund, 22.11.03.
[58] SGT, 14.2.03; Presse vom 14.1. und 17.2.-19.2.03.
[59] Presse vom 30.10.03. Siehe SPJ 2002, S. 209 f.
[60] TA, 25.6. und 9.7.03; BüZ, 3.1., 24.1., 15.2. und 3.7.03; NZZ, 1.11.03; Presse vom 6.11.03. Vgl. SPJ 2002, S. 208 f. Im Februar fanden in St. Moritz (GR) die Alpinen Ski-Weltmeisterschaften statt: NZZ, 25.1.03; Presse vom 1.2.-17.2.03; BüZ, 6.3.und 4.9.03. Siehe SPJ 2002, S. 209. Zu einer Interpellation Bezzola (fdp, GR), die eine vermehrte Unterstützung von sportlichen Grossanlässen anregte, vgl. AB NR, 2003, Beilagen III, S. 469 f.
[61] AB NR, 2003, S. 1961. Siehe zum Spitzensport auch eine Einfache Anfrage Galli (cvp, BE) (a.a.O., Beilagen IV, S. 306 f.).
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