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Infrastruktur und Lebensraum
Erhaltung der Umwelt
Im Frühjahr wurden die Volksinitiativen für eine „wirksame Klimapolitik“ und für „menschenfreundliche Fahrzeuge“ lanciert. – Die Räte verabschiedeten im März das Mineralölsteuergesetz; Erd-, Flüssig- und Biogas werden steuerlich begünstigt. – Im November begann der Rückbau der Sondermülldeponie in Kölliken (AG). – Das Weinbaugebiet Lavaux (VD) wurde in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. – Im August wurde die Schweiz von heftigen Unwettern heimgesucht.
Allgemeine Umweltpolitik
Im Frühjahr wurde ein dreiteiliger Bericht des Weltklimarates (IPCC) veröffentlicht. Der erste Teil behandelt den Klimawandel an sich, der zweite seine Folgen und im dritten geht es um mögliche Massnahmen. Als Bergland ist die Schweiz vom Klimawandel überdurchschnittlich betroffen. Es ist mit heisseren Sommern und milderen Wintern zu rechnen, was zu einem Rückzug der Gletscher führt. Diese Entwicklung wirkt sich vor allem auf den Tourismus und die Wasserwirtschaft nachteilig aus. Gemäss dem Bericht sind weltweit genügend Geld und Technologie vorhanden, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch zu verhindern. Damit die globale Erderwärmung aber nicht über den gefährlichen Wert von 2 Grad steigt, muss sich der Ausstoss von Treibhausgasen bis 2015 stabilisieren. Die gegenwärtig unternommen Anstrengungen genügen jedoch nicht, um dieses Ziel zu erreichen [1].
Im Berichtsjahr wurden ferner die Ergebnisse mehrerer auf die Schweiz bezogener Untersuchungen zum Klimawandel und zur Klimapolitik publik gemacht.
Im Januar publizierte der Bundesrat den Evaluationsbericht zur Strategie „Nachhaltige Entwicklung 2002“, die im Vorfeld des Weltgipfels von Johannesburg vom Bundesrat verabschiedet worden war. Die externen Experten gelangten zu einem ernüchternden Fazit über die schweizerische Nachhaltigkeitspolitik. Sie kritisierten insbesondere die fehlende Verbindlichkeit der Strategie sowie die Dominanz einer Nachhaltigkeitsdimension – meistens die Wirtschaft – über die anderen Dimensionen [2].
Im März legte das beratende Organ des Bundes für Fragen der Klimaänderung (OcCC) ein Klimaszenario vor. Die darin aufgestellten Prognosen zeigen, dass sich in der Schweiz bereits bis ins Jahr 2050 vieles klimabedingt verändern wird. Beispielsweise wird die Fläche der Gletscher bis dahin um Dreiviertel abnehmen und die mittlere Schneefallgrenze von 830 auf 1200 Meter über Meer ansteigen. Das OcCC geht von der Erhöhung der Durchschnittstemperatur von rund 2 Grad im Herbst, Winter und Frühling aus. Gar 3 Grad wärmer dürfte es im Sommer werden. Bei den Niederschlägen prognostizieren die Forscher eine Zunahme im Winter und eine Abnahme im Sommer. Insgesamt müsse vermehrt mit extremen Niederschlägen gerechnet werden [3].
Ebenfalls im Frühjahr 2007 präsentierte die OECD die Ergebnisse ihres zweiten Umweltprüfungsberichtes zur Schweiz. Gelobt wurde insbesondere die internationale Spitzenposition der Schweiz bei der Reduktion von Luftschadstoffen. Beachtliche Fortschritte wurden ihr auch in einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und beim Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente attestiert. Die Experten der OECD empfahlen der Schweiz verstärkte Anstrengungen zur Verminderung von Ozon und Feinpartikel und zur Renaturierung von Fliessgewässern zu unternehmen sowie eine nationale Biodiversitätsstrategie zu verabschieden [4].
Einen Gesamtüberblick über den Umweltzustand der Schweiz vermittelt ferner der ebenfalls 2007 veröffentlichte Bericht „Umwelt Schweiz 2007“. Die Verfasser bewerteten insbesondere die Fortschritte bei der Wasserqualität, der Abfallentsorgung und bei einzelnen Luftschadstoffen als positiv. Sie bemängelten dagegen, dass sich der Gesamtzustand seit dem letzten Bericht im Jahr 2002 kaum verbessert habe. Zwar konnte der Verbrauch von Naturgütern und die Belastung der Umwelt mittels Technik vermindert werden, gleichzeitig stieg der Verzehr von Naturkapital durch die Zunahme der Bevölkerung sowie des Konsums pro Kopf aber an [5].
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Im Frühjahr wurden gleich zwei klimapolitische Volksinitiativen lanciert: Zum einen die Initiative für „menschenfreundlichere Fahrzeuge“, die den Bund verpflichten möchte, Vorschriften zur Reduktion der negativen Auswirkungen von Motorfahrzeugen zu erlassen, insbesondere der Unfallfolgen und Umweltbelastung durch Personenwagen. Sie nimmt in erster Linie Offroader ins Visier, von denen 70% verboten würden. Aber auch andere Fahrzeugtypen wären betroffen. 24% der Sportwagen, 19% der hubraumstarken Limousinen und 4% der Mittelklassewagen würden die Emissionsgrenzwerte ebenfalls überschreiten [6].
Die zweite Initiative will eine „wirksame Klimapolitik“ und fordert, die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2020 im Vergleich zum Stand von 1990 um 30% zu reduzieren. Der Initiativtext geht damit über das von der EU ebenfalls im März angekündigte Ziel, die Klimagase bis 2020 um 20% zu reduzieren, hinaus. Konkrete Mittel, um diese Reduktion zu erreichen, sind nicht vorgegeben. Es wird lediglich festgehalten, die Ausführungsgesetzgebung solle den Schwerpunkt auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien legen [7].
Die Klima- und Energiepolitik beschäftigte im Berichtsjahr auch den Nationalrat, im Rahmen einer fünfstündigen Sondersitzung, am 21. März behandelte er 77 Vorstösse [8].
Mit 90 zu 86 Stimmen hiess die grosse Kammer die Motion Studer (evp, AG) gut, welche dem Bundesrat den Auftrag erteilt, eine Vorlage zur ökologischen Steuerreform auszuarbeiten. Alle nicht erneuerbaren Energien sollen vom Bund mit einer Lenkungsabgabe belastet werden. Ebenfalls Zustimmung fand das Postulat Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zur Erarbeitung eines Strategieberichts für eine ökologische Steuerreform [9].
Weiter gab der Rat der Motion Recordon (gp, VD) statt, welche die Autosteuern umfassend ökologisch ausrichten will, und verabschiedete eine Motion von Donzé (evp, BE), welche vom Bund Massnahmen fordert, um die Kantone zur Erhebung verbrauchsabhängiger Motorfahrzeugsteuern zu motivieren. Ebenfalls angenommen wurden die Postulate von Heim (sp, SO) zur Förderung verbrauchsarmer Motorfahrzeuge sowie von Nordmann (sp, VD) für strengere Normen bei Zweitaktmotoren [10].
Ferner überwies der Rat eine Motion Wyss (sp, BE), mit der der Bundesrat aufgefordert werden soll, dem Parlament ein Konzept für die Klimapolitik nach dem Kyoto-Stichdatum 2012 vorzulegen sowie die Postulate der Grünen Fraktion für einen nationalen Klimabericht und von Riklin (cvp, ZH) zu einer kohärenten Klimapolitik im Rahmen eines nationalen Klimaprogramms [11].
Er lehnte dagegen zwei Vorstösse zum Klimarappen ab: Die Motion Lustenberger (cvp, LU), mit welcher gefordert wurde, den Klimarappen nicht zu exportieren und die Motion der sozialdemokratischen Fraktion zur Legalisierung des Klimarappens [12].
Ebenfalls verworfen wurden zwei Motioen der grünen Fraktion für eine Klimaschutzstrategie 2050 und für eine Klimaverträglichkeitsprüfung, eine Motion Teuscher (gp, BE) für eine Lenkungsabgabe auf dem Energieverbrauch, eine Motion Allemann (sp, BE) zur klima- und gesundheitsschädigenden Wirkung fossiler Treibstoffe, eine Motion Recordon (gp, VD) zur Installation von Treibstoffverbrauchsmessgeräten in allen Fahrzeugen sowie eine Motion Donzé (evp, BE) für eine Sensibilisierungskampagne zur Verringerung des Benzinverbrauchs [13].
In der Sommersession hiess die grosse Kammer ein Postulat von Graf (gp, BL) zur Anpassung der schweizerischen Anforderungen an Chemikalien an diejenigen der neuen EU-Chemikalienverordnung gut [14].
Im Nationalrat folgte die Umweltpolitik in der letzten Legislaturperiode weitgehend den parteipolitischen Linien. Dies ergab die Auswertung von 22 Abstimmungen zu den Themen Klima, Naturräume, Atom- und Gentechnologie sowie Verkehr. Fast durchgehend für Umweltschutzanliegen stimmten die Grünen (94%) und die SP (92%), während die SVP in den meisten Fällen eine entgegengesetzte Position vertrat. Ein deutlicher Unterschied zeigte sich bei den beiden Mitteparteien. Die CVP hat Umweltanliegen zu 51% und die FDP zu 22% gutgeheissen [15].
Obwohl mittlerweile bei den meisten Verantwortungsträgern unbestritten ist, dass Massnahmen gegen den Klimawandel notwendig sind, besteht noch wenig Einigkeit darüber, wie weit die Schweiz selber spürbare Anstrengungen zur Klimagasreduktion leisten oder eher verstärkt mit der Unterstützung von Klimaprojekten im Ausland ihre Pflicht erfüllen soll. Moritz Leuenberger präsentierte im Sommer seine Pläne zur langfristigen Energiepolitik. Ab 2012 – nach Ablauf des Kyoto-Protokolls – möchte er die Klimagase mittels einer umfassenden Lenkungs- und Förderabgabe jährlich um 1,5% vermindern. Die Vorschläge von Leuenberger stiessen auf breite Kritik: Die Umweltorganisationen bemängelten, die Reduktionsziele genügten nicht, um den Klimawandel ausreichend zu bremsen. Wirtschaftsorganisationen und Automobilverbände forderten dagegen, dass die Schweiz ihre Klimagase mittels Kauf von Emissionszertifikaten mehrheitlich im Ausland reduzieren soll [16].
Weit stärker als Moritz Leuenberger wollte auch Doris Leuthard einen internationalen Ansatz ins Zentrum der Klimapolitik stellen. Ihrer Ansicht nach könnten die CO2-Emissionen mittels Zertifikatehandel und Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern effizienter gesenkt werden als mit Massnahmen im Inland [17].
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Im Dezember läutete die Uno-Klimakonferenz in Bali die Verhandlungen über ein neues weltweites Klimaabkommen ein. Es soll 2013 in Kraft treten und das Kyoto-Protokoll von 1997 ersetzen, das 2012 ausläuft. Das Verhandlungsmandat der Schweiz lehnte sich stark an die Position der EU an, der Bundesrat hatte sich aber formell noch nicht definitiv auf ein Reduktionsziel festgelegt und auch nicht auf den Anteil der Massnahmen im Inland und Ausland. Die EU hatte angekündigt, sie wolle ihre Emissionen bis 2020 gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 20% verringern oder gar um 30% falls andere Länder dabei mitziehen [18].
Die Staaten konnten sich an der Klimakonferenz nicht darauf einigen, konkrete Reduktionsziele für Treibhausgase im Verhandlungsmandat festzuschreiben. Sie legten aber einen verbindlichen Zeitplan fest, der bis 2009 zu einem neuen globalen Klimaabkommen führen soll. Als besonderer Erfolg galt die Integration der Länder USA, China und Brasilien, die bei Kyoto nicht dabei gewesen sind [19].
Der Friedensnobelpreis von 2007 wurde an den Klimamahner Al Gore und an den Weltklimarat (IPCC), eine Unterorganisation der Uno verliehen. Damit wurde der drohende Klimawandel mit dem Weltfrieden in Verbindung gebracht. Denn durch das Ansteigen des Meeresspiegels und die Verknappung des Wassers drohen neue kriegerische Auseinandersetzungen [20].
Das Parlament genehmigte im Berichtsjahr einen Beitrag von gut 109 Mio Fr. zur Beteiligung der Schweiz am globalen Umweltfonds, am multilateralen Ozonfonds sowie an verschiedenen Fonds der Klimakonvention. Dieser neue Rahmenkredit für vier Jahre wurde gegenüber früheren Beiträgen um gut 10% gekürzt. Eine weitere Kürzung, wie sie die SVP beantragte, wurde im Nationalrat abgelehnt [21].
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Luftreinhaltung
Der Bund will auf das Jahr 2010 die Energie-Etikette für Autos zu einer Umwelt-Etikette weiterentwickeln. Damit sollen künftig umweltfreundliche Fahrzeuge tiefer besteuert werden als Dreckschleudern. Anfang Juli wurde den Kantonen, Verbänden und der Verwaltung ein Prototyp der Kriterien zur Verfügung gestellt, um deren Tauglichkeit zu erproben. Der Kriterienkatalog umfasst die Aspekte Klima, Luftschadstoffe, Lärm und Treibstoffherstellung. Die Emissionen werden unabhängig von Fahrzeuggrösse und Gewicht bewertet. Bis Ende 2008 sollen die definitiven Kriterien für die neue Umwelt-Etikette vorliegen [22].
Der Bundesrat hatte im Jahr 2006 einen Aktionsplan zur Bekämpfung der hohen Feinstaubbelastung verabschiedet, im Berichtsjahr begann nun die konkrete Umsetzung. Seit Juni gilt eine Filterpflicht für Dieselmotoren bei gewerbsmässig eingesetzten Schiffen. Alle neuen Schiffe müssen obligatorisch mit einem Partikelfilter ausgestattet werden. Zudem wurden die Grenzwerte für Holzfeuerungen verschärft. Für grosse automatische Anlagen legte der Bundesrat besonders strenge Staubgrenzwerte und damit eine faktische Filterpflicht fest. Sie sollen schrittweise bis 2012 in Kraft treten. Für neue kleinere Holzofen und offene Cheminées gelten ab Januar 2008 rigidere Bestimmungen. Bestehende Holzfeuerungen dieser Leistungsstufe müssen aber nicht ersetzt oder nachgerüstet werden. Industrielle Grossanlagen unterstehen bereits seit Inkrafttreten der geänderten Luftreinhalteverordnung im September den strengen Vorschriften und brauchen ein Filtersystem. Deutlich tiefere Grenzwerte als bisher gelten auch für Anlagen in Zementwerken, der chemischen und holzverarbeitenden Industrie sowie in der Maschinenindustrie oder in Sägereien [23].
Im Aktionsplan war auch vorgesehen, den Euro-5-Russgrenzwert für neue leichte Dieselfahrzeuge 2007 einzuführen. Aufgrund der ablehnenden Stellungnahmen der EU sowie der WTO-Mitglieder Japan und Korea beschloss der Bundesrat die tieferen Emissionsgrenzwerte erst 2009 in Kraft zu setzen. Zu diesem Zeitpunkt sollen sie auch in der EU schrittweise eingeführt werden. Kleinroller und Minimotorräder ohne Tempobegrenzer werden dagegen ab Januar 2008 nur noch zugelassen, wenn sie die Abgasnorm Euro 03 erfüllen. Dies obwohl die EU selbst die Einführung dieser Abgasnorm auf 2010 verschoben hat [24].
Ende 2007 wurde überdies die schrittweise Einführung von strengeren Russgrenzwerten für Baumaschinen in die Vernehmlassung geschickt [25].
In der Frühjahrssession überwies der Ständerat eine von Jenny (svp, GL) 2005 eingereichte und vom Nationalrat in der Junisession 2006 abgeänderte Motion. Sie fordert den Bundesrat dazu auf, für einen einheitlichen Vollzug der Luftreinhaltevorschriften auf Baustellen, namentlich mittels Partikelfilter, zu sorgen. Damit sollen unter anderem Wettbewerbsverzerrungen zwischen den kantonalen Märkten verhindert werden [26].
Gegen den Antrag des Bundesrates genehmigte das Parlament eine Motion der Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission des Nationalrats zur Senkung der Emissionen von in der Schweiz neu immatrikulierten Personenwagen. Ab 2012 sollen für neu immatrikulierte Autos die Abgasnormen der EU übernommen werden [27] .
In der Sommersession gab der Ständerat der Motion Jenny (svp, GL) statt, welche fordert, alle Dieselmotoren bis 2010 mit den besten verfügbaren Technologien zur Minderung der Emissionen von Feinstaub und Stickoxiden auszurüsten. Der Nationalrat stimmte der Motion in der Herbstsession in geänderter Form zu. Gemäss dem neuen Wortlaut soll das Ziel EU-kompatibel und mit praxistauglichen Übergangsvorschriften und Anreizsystemen bis zum Jahr 2013 realisiert werden. Der Ständerat wird sich daher 2008 nochmals mit dem Vorstoss befassen müssen [28].
Eine Motion Donzé (evp, BE) zur Förderung alternativer Fahrzeugantriebe, wie beispielsweise Wasserstoff, wurde in der Frühjahrssession vom Nationalrat gutgeheissen. Der Ständerat lehnte den Vorstoss in der Herbstsession jedoch ab [29].
Der Nationalrat überwies zudem eine Motion der Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission des Ständerates. Mit dem Vorstoss wird der Bundesrat beauftragt, regelmässige Lärmtests für Motorräder und Motorfahrräder einzuführen und eine zuverlässige Umweltetikette für diese Fahrzeuge zu entwickeln [30].
Klar Verworfen wurde eine parlamentarische Initiative Teuscher (gp, BE) für eine Begrenzung der Zulassung von schweren Geländewagen [31].
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Im März hiess das Parlament nach langen Beratungen die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen gut. Im Juni stimmte der Bundesrat dem Vorschlag des Parlaments zu und passte die CO2-Verordnung entsprechend an [32].
Die Räte hatten die Abgabe unter der Bedingung verabschiedet, dass sie vom Bundesrat abhängig von der schrittweisen Zielerreichung bei der Verminderung der CO2-Emissionen in drei Stufen eingeführt wird. Weil die im Juni veröffentlichten CO2-Statistiken zeigten, dass die Schweiz 2006 das fixierte Reduktionsziel von 6% nicht erreicht hatte, wird ab Januar 2008 eine Abgabe von 12 Franken pro Tonne Kohlendioxid-Emissionen erhoben. Das entspricht 3 Rappen pro Liter Heizöl und 2,5 Rappen pro Kubikmeter Gas. Falls die Reduktionsziele auch in Zukunft verfehlt werden, wird die Abgabe 2009 verdoppelt und 2010 verdreifacht. Der Ertrag wird an die Haushalte und Unternehmen zurückerstattet [33].
Unternehmen mit hohem Energiebedarf können eine Befreiung von der Abgabe beantragen, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dazu müssen sie mit dem Bund eine formelle Verpflichtung zur Emissionsreduktion abschliessen. 970 Unternehmen haben beim Bundesamt für Umwelt um eine Abgabebefreiung für 2008 ersucht. Für die befreiten Unternehmen kann 2008 auch der nationale Handel mit Emissionsgutschriften beginnen. Wenn sie weniger CO2 ausstossen als in den Reduktionsverpflichtungen festgelegt, können sie Emissionsgutschriften verkaufen, wenn sie dagegen mehr emittieren, müssen sie Gutschriften erwerben. Sämtliche Käufe und Verkäufe von Gutschriften werden in einem nationalen Register erfasst [34].
Die Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission des Nationalrats arbeitete im Berichtsjahr einen Vorschlag aus, um die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen teilweise in eine Steuer umzuwandeln und bis zu 200 Mio Fr. jährlich zur Förderung von Gebäudesanierungen einzusetzen. Gegenwärtig ist sie als reine Lenkungsabgabe ausgestaltet und wird vollständig an die Bevölkerung und Wirtschaft zurückerstattet; das Ratsplenum hatte eine Zweckbindung 2006 abgelehnt. Der Entwurf war Ende 2007 noch bei den Kantonen, Parteien und Verbänden in der Vernehmlassung [35].
Das Parlament überwies im Berichtsjahr die Motion Lustenberger (cvp, LU), welche den Bundesrat auffordert, darauf hinzuwirken, dass verbautes Holz im Rahmen des Kyoto Protokolls als CO2-Senke anrechenbar wird [36].
Die Stiftung Klimarappen teilte dem Uvek im Juni verbindlich mit, dass sie ihre CO2-Reduktions-Ziele erreichen werde. Sie hatte sich zu einer Senkung um 9 Mio Tonnen CO2 im Zeitraum von 2008 bis 2012 verpflichtet und kann nun mit Programmen im Inland und mit dem Kauf von so genannten Kyoto-Zertifikaten sogar 12,8 Mio Tonnen einsparen. Davon entfallen 2,6 Mio Tonnen auf die Schweiz und 10,2 Mio Tonnen aufs Ausland. Dieser definitive Massnahmenplan löste gemischte Reaktionen aus. Die Wirtschaftsverbände, der Verband des Strassenverkehrs und die Erdölindustrie bezeichneten den Klimarappen als hervorragendes Beispiel für einen effizienten Klimaschutz. SP, Grüne und Umweltverbände hielten dagegen, dass der Klimarappen die steigenden Verkehrsemissionen nicht reduzieren könne und forderten die Einführung einer CO2-Abgabe auf Treibstoffen [37].
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In der Frühjahrssession bereinigten die Räte das Mineralölsteuergesetz. Treibstoff, der die Umwelt weniger stark belastet, wird künftig steuerlich begünstigt. Auf Erd- und Flüssiggas sinkt die Belastung um 40 Rappen pro Liter und Treibstoffe aus erneuerbaren Energiequellen werden ganz von der Steuer befreit. Der Ertragsausfall wird mit einer Steuererhöhung auf Benzin kompensiert.
Der Nationalrat beschloss in der Differenzbereinigung mit 95 zu 58 Stimmen an der steuerlichen Gleichbehandlung von Erd- und Flüssiggas festzuhalten. Er sprach sich ferner dagegen aus, eine Mindestquote für die Beimischung von Treibstoffen aus erneuerbaren Energien zu Benzin und Diesel festzulegen und die steuerliche Begünstigung von Biotreibstoffen von sozial annehmbaren Produktionsbedingungen abhängig machen. Ein Antrag der Grünen Fraktion, sich in diesen beiden Punkten der kleinen Kammer anzuschliessen, wurde mit 103 zu 70 Stimmen verworfen. Das Geschäft ging zurück an den Ständerat. Dieser schloss sich bei der Besteuerung von Erd- und Flüssiggas dem Nationalrat an und strich auch die Bestimmung, wonach der Bundesrat die Kompetenz erhalten soll, eine Mindestbeimischung von Biotreibstoffen in fossile Treibstoffe festzulegen. Bei der letzten verbleibenden Differenz – der Verknüpfung der Steuerbefreiung von Treibstoffen aus erneuerbaren Energien mit dem Erfordernis sozial annehmbaren Produktionsbedingungen – akzeptierte der Nationalrat schliesslich den Beschluss der kleinen Kammer [38].
Im August unterbreitete der Bundesrat den Verordnungsentwurf zum revidierten Mineralölsteuergesetz. Die Ökoklausel wurde dahingehend interpretiert, dass die ökologische Gesamtbilanz als positiv gilt, wenn die Treibstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen vom Anbau bis zum Verbrauch mindestens 40% weniger Treibhausgasemissionen verursachen und die Umwelt nicht erheblich mehr belasten als fossiles Benzin. Überdies wird davon ausgegangen, dass alle Treibstoffe, die aus biogenen Abfällen, aus Gras, aus Zuckerrüben und aus Raps gewonnen werden, diese Anforderung von vornherein erfüllen. Die vom Gesetz verlangte Voraussetzung von sozial annehmbaren Produktionsbedingungen und die Bevorzugung von inländischen gegenüber ausländischen Treibstoffen aus Biomasse wurden im Verordnungsentwurf nicht umgesetzt [39].
Der Ständerat hiess in der Sommersession ein Postulat Büttiker (fdp, SO) gut, welches mehr Transparenz bei den Biotreibstoffen fordert. Der Bundesrat soll verpflichtet werden, periodisch über die effektive Beimischung von Treibstoffen aus erneuerbaren Rohstoffen und die Entwicklung des inländischen Angebotes an Biotreibstoffen zu berichten [40].
Eine Untersuchung der Forschungsanstalt EMPA zur Ökobilanz von Biotreibstoffen zeigte, dass diese nicht immer umweltfreundlicher sind als fossile Treibstoffe. Zwar kann gemäss der Studie mit praktisch allen Biotreibstoffen der Ausstoss von Treibhausgasen deutlich gesenkt werden. Der Anbau und die Verarbeitung der Rohstoffe können aber gravierende andere Umweltbelastungen bewirken, z.B. indem durch die Brandrodung von Regenwald grosse Mengen CO2 freigesetzt werden. Beim Anbau in gemässigten Zonen sind vor allem der grosse Düngereinsatz und die mechanische Bearbeitung des Bodens problematisch. Die ökologische Gesamtbilanz wurde nur bei Biotreibstoffen aus Abfällen, wie Jauche, Altspeiseöl und Grünabfälle besser bewertet als diejenige fossiler Treibstoffe [41].
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Gewässerschutz
Das Bundesamt für Umwelt hat 2007 erstmals eine nationale Bestandesaufnahme über die Wasserentnahme- und Wasserrückgabestellen entlang von Schweizer Flüssen veröffentlicht. Auf dieser so genannten Restwasserkarte wurden all jene fest installierten Entnahmen aufgeführt, die mehr als 20% des durchschnittlichen natürlichen Abflusses eines Fliessgewässers bei Niederwasser benutzen. Der Hauptanteil der Entnahmen dient zur Wasserkraftnutzung, in wenigen Fällen wird das Wasser für andere Zwecke wie z.B. zur Kühlung von Kernkraft- oder Industrieanlagen, zur Bewässerung, zur Trinkwasserversorgung oder zum Betrieb von Beschneiungsanlagen entnommen. Bei knapp 90% der Wasserkraftwerke überschreitet die zurückgehaltene Menge 50% der mittleren Niederwasserabflussmenge eines Fliessgewässers [42].
Der Bundesrat empfahl die Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Er befürchtet, das Begehren könnte sich negativ auf die Nutzung der Wasserkraft auswirken und zu einer Beschwerdeflut bei den Behörden von Bund und Kantonen führen. Umweltminister Leuenberger wollte einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ausarbeiten und warf in diesem Zusammenhang die Idee eines Renaturierungsfonds auf: Durch die Erhöhung des Wasserzinses, welchen Kantone und Gemeinden für die Nutzung des Wassers bei den Kraftwerkbetreibern erheben können, sollten jährlich rund 100 Mio Fr. Mehreinnahmen generiert werden. Leuenberger konnte sich mit seiner Idee im Bundesrat allerdings nicht durchsetzen [43].
In die gleiche Richtung wie der Vorschlag von Leuenberger zielt auch die von den Räten 2007 überwiesene Motion Epiney (cvp, VS), welche ebenfalls einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative verlangt. Es wird gefordert, bei der Übertragung von Strom auf Hochspannungsnetzen einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunde zu erheben. Aus dem Ertrag soll die Renaturierung von Flüssen und Bächen finanziert werden [44].
Die Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission des Ständerates wurde im November tätig und begann mit der Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags. Die Kommission möchte eine Vorlage die sowohl den Interessen der Wassernutzung als auch denjenigen des Gewässerschutzes ausreichend Rechnung trägt. Bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs sollen Gesetzesbestimmungen in verschiedenen Bereichen geprüft werden. Konkret sind das die Revitalisierung der Gewässer, die Verminderung der negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk unterhalb von Speicherkraftwerken, Ausnahmen von Mindestrestwassermengen bei Gewässerabschnitten mit geringem ökologischem Potential sowie die Gewährleistung der Wasserqualität durch ausreichende Restwassermengen und Reaktivierung des Geschiebehaushalts. Zudem soll ein Vorschlag zur Finanzierung entsprechender Massnahmen erarbeitet werden [45].
Im Berichtsjahr wurde im zürcherischen Regensdorf eine Pilotanlage zur Abwasserreinigung in Betrieb genommen. In der Schweiz hat sich dank dem guten Ausbaustandard der Kläranlagen der Zustand von Seen, Bächen und Flüssen in den letzten 30 Jahren stark verbessert. Problematisch sind heute aber so genannte Mikroverunreinigungen durch Hormone, Arzneimittelrückstände und Pestizide, die mit den herkömmlichen Reinigungsverfahren nur unzureichend eliminiert werden können. Im Rahmen dieses Pilotversuchs soll nun erprobt werden, ob sich Mikroverunreinigungen besser entfernen lassen, wenn die herkömmlichen Abwasserreinigungsverfahren mit Ozonierung ergänzt werden. Der Versuch dient dazu, die Effizienz des Verfahrens, die technischen und betrieblichen Voraussetzungen sowie die damit verbunden Kosten abzuklären [46].
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Abfälle
Der Bundesrat setzte im Juli die geänderte Abfallverordnung in Kraft. Die Neuerungen betreffen die Standortanforderungen für Deponien und die Vorschriften über verglaste Rückstände aus der Abfallbehandlung. Durch letztere Änderung werden zweckmässige Rahmenbedingungen und Anreize für neue Verfahren geschaffen, die brennbare Abfälle bei hohen Temperaturen in glasartige Rückstände verwandeln. Die geänderte Verordnung erlaubt es, diese Rückstände kostengünstig auf Inertstoffdeponien abzulagern [47].
Der Nationalrat überwies im Berichtsjahr eine Motion von Schmid-Sutter (cvp, AI), welche den Bundesrat beauftragt, das Staatsmonopol bei der Entsorgung von Gewerbekehricht abzuschaffen. Die Ratsmehrheit war der Meinung, das bisherige Monopol durch die gemeindeeigene Müllabfuhr bewähre sich zwar für Siedlungsabfälle, sei aber bei Betriebsabfällen nicht zweckmässig. Die kleine Kammer hatte die Motion bereits 2006 gutgeheissen [48].
Verworfen wurde dagegen eine Motion von Fetz (sp, BS), die eine schweizerische Gesamtstrategie gegen Littering sowie die Einführung eines Pfandes zur Förderung der Rückgabe von kleinen Pet-Getränkeflaschen verlangte. Eine Mehrheit des Ständerates war der Ansicht, Massnahmen gegen das unordentliche Wegwerfen von Abfällen sei Sache der Kantone und Gemeinden [49].
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Der Pharmakonzern Novartis gründete im Berichtsjahr eine Stiftung zur Sanierung von Chemiemülldeponien in der Region Basel. Sie wurde mit einem Kapital von 200 Mio Fr. dotiert [50].
Im November begann der Rückbau der Sondermülldeponie in Kölliken (AG). Über 500 000 Tonnen Sondermüll müssen unter grössten Sicherheitsvorkehrungen ausgegraben und entsorgt werden. Die Sanierung kostet gegen eine halbe Mia Fr. [51].
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Lärmschutz
Der Bundesrat revidierte 2007 die Schall- und Laserverordnung. Durch die neuen Bestimmungen werden Veranstalter, die ihr Publikum mit mehr als einem Stundenmittel von 93 Dezibel beschallen wollen, von der Bewilligungspflicht befreit. Sie müssen ihren Anlass den Behörden nur noch melden. Zum Schutz der Gäste sind sie aber verpflichtet die maximale Lautstärke zu deklarieren, gratis Gehörschutzmittel abzugeben und den Schallpegel ständig zu kontrollieren. Veranstalter die mehr als drei Stunden lang über 96 Dezibel gehen wollen, müssen dem Publikum zusätzlich eine Ausgleichszone zur Verfügung stellen und den Schallpegel während der ganzen Zeit elektronisch aufzeichnen. Das Stundenmittel von 100 Dezibel darf wie bisher in keinem Fall überschritten werden [52].
Die Landesregierung erliess ausserdem eine Verordnung zum Schutz vor Lärm durch Geräte und Maschinen im Freien. Die neuen Bestimmungen betreffen in erster Linie Baumaschinen, erfassen aber auch Laubbläser und andere Gartengeräte. Ab Ende 2009 muss der vom Gerät oder von der Maschine verursachte Lärm deklariert werden. Zusätzlich werden für gewisse Geräte Lärmgrenzwerte eingeführt. Sie dürfen in der Schweiz nur noch in den Handel gebracht werden, wenn sie diese Anforderungen einhalten [53].
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Natur- und Heimatschutz
Das Weinbaugebiet Lavaux am Genfersee (VD) wurde in das Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen. Die 898 ha grosse Fläche besteht aus teilweise sehr steilen Weinbergen. Zistensermönche begannen bereits im 12. Jahrhundert die Hänge für den Weinbau zu terrassieren, seither wurde das Gebiet nach und nach zu einer wunderschönen Kulturlandschaft geformt. Die Unesco hiess gleichzeitig auch die Ausweitung des 2001 aufgenommenen Gebiets Aletsch-Jungfrau-Bietschhorn (BE, VS) um mehr als 50%, auf 539 Quadratkilometer gut [54].
Im September besuchten zwei Experten die Glarner Hauptüberschiebung, um die Kandidatur für das Unesco-Welterbe vor Ort zu beurteilen. Im Zentrum der Beurteilung dieses geologischen Phänomens im Grenzgebiet der Kantone St. Gallen, Glarus und Graubünden stehen die weltweite Einzigartigkeit sowie der Managementplan. Die Prüfung dauert bis im Frühjahr 2008 und die Glarner Hauptüberschiebung kann daher frühestens im Sommer 2008 in das Unesco-Welterbe aufgenommen werden [55].
Im Berichtsjahr wurde zudem die Kandidatur von La Chaux-de-Fonds und Le Locle (NE) für eine Aufnahme ins Weltkulturerbe der Unesco eingereicht. Gleichzeitig kündigte das Bundesamt für Kultur an, die Schweiz plane, 2009 für einen Sitz im Welterbekomitee zu kandidieren. Gegenwärtig verfügt sie lediglich über einen Beobachterstatus. Falls sie gewählt würde, könnte sie an den Welterbeversammlungen der Jahre 2010 bis 2014 als Komiteemitglied teilnehmen [56].
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Im Herbst 2006 hatte der Bundesrat bekannt gegeben, dass er die Volksinitiative „Verbandsbeschwerderecht: Schluss mit den Verhinderungspolitik – Mehr Wachstum für die Schweiz“ ablehne. Er unterstützte damals die Gesetzesrevision, mit der das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung gestrafft wurde, um möglichen Missbräuchen entgegenzuwirken. Die entsprechende Vorlage des Parlaments wurde mit geringfügigen Änderungen bereinigt. Gleichwohl stiess der Bundesrat im Berichtsjahr seinen Entscheid um, und empfahl die Initiative zur Annahme. Seinen Entscheid begründete er damit, dass ihm die beschlossene Gesetzesrevision zu wenig weit gehe. Umweltorganisationen sollten seiner Ansicht nach nicht berechtigt sein, durch Parlament und Volk legitimierte Projekte gerichtlich anzufechten. Diese Kehrtwende der Landesregierung wurde von den Umweltverbänden scharf kritisiert [57].
Der Ständerat beschloss in der Wintersession die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Er bemängelte insbesondere die unklare Formulierung des Initiativtextes und den Eingriff in kantonales Verfahrensrecht. Mit 23 zu 9 Stimmen verwarf die kleine Kammer einen Antrag von Frick (cvp, SZ), der die Vorlage an die Rechtskommission zurückweisen und diese mit der Prüfung eines indirekten Gegenvorschlags beauftragen wollte. Mit allfälligen Gesetzesänderungen sollte das Spannungsfeld zwischen demokratisch gefällten Entscheiden und Verbänden, die diese Entscheide in Frage stellten, geklärt werden. Fricks Antrag umfasste neben Verfahrensfragen auch materielle Änderungen des Umweltrechts, wie beispielsweise eine verbesserte Koordination von Raumplanungs- und Umweltschutzinteressen [58].
Ständerat Hofmann (svp, ZH) zog in der Sommersession eine Motion zurück, durch welche der Bundesrat aufgefordert werden sollte, die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung den im Dezember 2006 beschlossenen Änderungen des Umweltschutzgesetzes (USG) anzupassen, und die beiden geänderten Erlasse gleichzeitig in Kraft zu setzen. Dies, weil die Landesregierung beabsichtigte, die Änderungen des USG im Juli 2007 in Kraft zu setzen und es nicht möglich war, die Verordnungen bis zu diesem Zeitpunkt auszuarbeiten. Gleichzeitig reichte er eine neue, abgeänderte Motion ein, die die Regierung verpflichtet die Umweltverträglichkeitsprüfung möglichst rasch anzupassen und schrittweise bis spätestens im Juni 2008 in Kraft zu setzen [59].
Im Dezember eröffnete das Uvek die Anhörung zu den entsprechenden Anpassungen der Verordnungen zu Verbandsbeschwerderecht und Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Schwelle für die Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht soll bei Parkieranlagen von 300 auf 500 Parkplätze heraufgesetzt und bei Einkaufszentren und Fachmärkten von 4000 auf 7500 Quadratmeter Verkaufsfläche erhöht werden. Völlig überarbeitet wurde der Bereich Abfallanlagen. Hier sollen die Schwellenwerte entsprechend den unterschiedlichen Behandlungsarten differenziert und deutlich angehoben werden. Änderungen sind ferner bei der Verordnung über die Bezeichnung der im Bereich des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes beschwerdeberechtigten Organisationen geplant. Im Zentrum steht dabei die Konkretisierung der unter den neuen gesetzlichen Vorgaben noch zulässigen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Umweltorganisationen. Der Verordnungsentwurf will beschwerdeberechtigte Organisationen zudem verpflichten, die Öffentlichkeit jährlich über ihre Einsprache- und Beschwerdetätigkeit zu informieren [60].
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Das Uvek hat im Frühjahr eine Verordnung zum besseren Schutz von Trockenwiesen in die Vernehmlassung geschickt. Diese Flächen sind in der Schweiz zunehmend gefährdet, seit dem 2. Weltkrieg sind 90% der Trockenwiesen verschwunden. Dadurch sind viele der dort festgestellten Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Ein gesamtschweizerisches Inventar listet nun insgesamt 3128 Objekte von nationaler Bedeutung auf. Die neue Bestimmung verpflichtet die Kantone insbesondere den genauen Grenzverlauf der Objekte zu bestimmen und rechtzeitig die zweckmässigen Schutz- und Unterhaltsmassnahmen zu treffen [61].
Im Misox (GR) wurde im Oktober das grösste Naturwaldreservoir ausserhalb des Nationalparks geschaffen. Die Standortgemeinden, Pro Natura und der Kanton Graubünden unterzeichneten gemeinsam einen Schutzvertrag. In diesem Gebiet von 1500 Hektaren Wald wird nun während 50 Jahren auf Holzschlag und Beweidung verzichtet. Erlaubt bleiben das Wandern, die Jagd sowie das Sammeln von Pilzen und Beeren. Für den Verzicht auf die Bewirtschaftung werden die Standortgemeinden von Pro Natura und dem Kanton Graubünden mit insgesamt 470 000 Fr. entschädigt [62].
Im Berichtsjahr wurden die Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogramms „Landschaften und Lebensräume der Alpen“ veröffentlicht. Während 8 Jahren hatten sich zahlreiche Forscher im Rahmen von 35 Einzelprojekten mit diesem Thema befasst. Die Forscher gelangten unter anderem zum Fazit, dass heute im selben Landschaftsraum kaum alle denkbaren Nutzungen verwirklicht werden können. Sie empfahlen daher den Entscheidungsträgern, unter Berücksichtigung der Eigenschaft einer Landschaft zu bestimmen, wie sie sich künftig entwickeln soll und wie sie sie gestalten möchten. Entsprechend solle ein Leistungsauftrag formuliert werden, der Transferleistungen der öffentlichen Hand mit genau definierten Landschaftsleistungen verknüpft [63].
2007 wurde die erste Erfolgskontrolle zu den inventarisierten Mooren und Moorlandschaften von nationaler Bedeutung veröffentlicht. Gemäss den Erhebungen war der Moorschutz vor allem in quantitativer Hinsicht erfolgreich. Die Fläche der Hoch- und Flachmoore hat seit 2002 nur um 1% abgenommen. Wesentlich verschlechtert hat sich dagegen die Qualität der geschützten Moore: Über ein Viertel sind trockener geworden, in einem Viertel hat die Nährstoffversorgung zugenommen und fast ein Drittel ist von Verbuschung und Einwaldung betroffen, weil die Biotope nicht mehr genutzt werden oder austrocknen. Um die Situation zu verbessern, will das Bundesamt für Umwelt Massnahmen zur Regeneration der Moore und zur Verringerung des Nährstoffeintags ergreifen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft zentral, weil der Nährstoffeintrag nur durch ausreichend breite Pufferzonen wirksam verhindert werden kann [64].
Im Dezember setzte der Bundesrat die vom Parlament 2006 verabschiedete Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes sowie die dazugehörige Pärkeverordnung in Kraft. Die beiden Erlasse legen die Rahmenbedingungen für Nationalpärke, Regionale Naturpärke und Naturerlebnispärke von nationaler Bedeutung fest. Mittelfristig wird der Bund die Förderung von Pärken mit jährlich 10 Mio Fr. unterstützen. Die Regionen in der Schweiz, die Pärke von nationaler Bedeutung errichten wollen, können künftig beim Bundesamt für Umwelt um ein Parklabel sowie um Finanzhilfen ersuchen [65].
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Gegen den Antrag seiner Kommission hiess der Nationalrat eine Motion der Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission des Ständerates gut. Mit diesem Vorstoss wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Sonderbotschaft über die Leistungen des Bundes an die Kosten der Kantone im Zusammenhang mit den Unwetterschäden vom August 2005 zu unterbreiten. Der Ständerat hatte der Motion im Vorjahr zugestimmt [66].
Der Bundesrat verabschiedete im Berichtsjahr ein Massnahmenpaket, um die Alarmierung bei Naturgefahren zu verbessern und Schäden zu vermindern. Dabei stehen die personelle Verstärkung bei betroffenen Fachstellen sowie Verbesserungen bei den Vorhersagemodellen und der Information der Bevölkerung im Vordergrund. Die Nationale Alarmzentrale wird zu einem gesamtschweizerischen Melde- und Lagebeurteilungszentrum ausgebaut. Sie soll bei Umweltereignissen die Gesamtlage erfassen, alle Partner vernetzen, Warnungen rasch und sicher verbreiten und Schwergewichtsbildungen bei der Hilfe ermöglichen [67].
Die Schweiz wurde im August von den heftigsten Unwettern seit 2 Jahren heimgesucht. Besonders betroffen waren die Kantone Aargau, Jura und Waadt, aber auch die Kantone Bern, Baselland, Zürich sowie die Zentral- und Ostschweiz litten unter dem Hochwasser. Dabei wurden mindestens 8 Menschen verletzt und mehrere hundert Personen mussten evakuiert werden [68].
Nach den Überschwemmungen warf der Aargau dem Kanton Bern vor, das Berner Wasserwirtschaftsamt habe mehr Wasser aus dem Bielersee in die Aare abfliessen lassen, als dies gemäss der interkantonalen Vereinbarung zulässig gewesen wäre. Die Berner wehrten sich gegen die Vorwürfe und begründeten die zu hohen Wassermengen mit den unpräzisen Abflussprognosen des Bundes [69].
Aufgrund dieser Auseinandersetzungen trafen sich die Kantone Aargau, Bern, Solothurn, Freiburg, Waadt und Neuenburg, das Bundesamt für Umwelt und das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie zu einer Aussprache. Dabei beschlossen sie, das Krisenmanagement zu verbessern und in kritischen Situationen künftig institutionalisierte Konferenzgespräche durchzuführen. Ausserdem soll die Regulierung des Hochwasserabflusses der Aare unter Federführung des Bundesamtes für Umwelt analysiert und optimiert werden [70].
Seit Juni bietet Meteo Schweiz im Internet eine zusätzliche Entscheidungshilfe für Bund, Kantone und Einsatzkräfte. Im Rahmen eines internationalen meteorologischen Forschungsprojekts analysierten Wissenschafter während den letzten 12 Jahren Prozesse, die zu extremen Wettersituationen führen. Die Ergebnisse wurden nun auf eine Internetplattform übertragen, die von Warndiensten, Gemeindestäben und Feuerwehren zur Ausgabe von Hochwasseralarm genutzt werden kann. Die Plattform wird gegenwärtig von gut zwei Duzend Endnutzern erprobt. Falls diese Testphase zufrieden stellend verläuft, wird sie später weiteren Fachinteressenten geöffnet, nicht aber dem breiten Publikum [71].
Weil infolge der Klimaerwärmung mit mehr Unwettern und Extremereignissen gerechnet werden muss, erhöhte der Bundesrat die im Rahmen des Neuen Finanzausgleichs (NFA) für die Naturgefahrenprävention vorgesehenen Bundesmittel. In der NFA-Periode 2008 bis 2011 sollen die Mittel für den Hochwasserschutz um 156 Mio auf 400 Mio Fr. und diejenigen für Schutzbauten gegen Lawinen und Rutschungen um 24 Mio auf 160 Mio Fr. erhöht werden. 240 Mio Fr., 32 Mio Fr. mehr als in der bisherigen Finanzplanung vorgesehen, wurden für die Schutzwaldpflege reserviert. Ferner will der Bundesrat eine alternative Finanzierung für die Naturgefahrenvorsorge prüfen, die spätestens ab der NFA-Verpflichtungsperiode 2011 bis 2015 den ordentlichen Bundeshaushalt weitgehend entlasten soll [72].
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Weiterführende Literatur
Bundesamt für Umwelt und Bundesamt für Statistik (Hg.), Umwelt Schweiz 2007, Bern 2007.
Comité interdépartemental pour le développement durable (éd.), La Suisse sur la voie du developpement durable : points de repères, Berne (Office fédéral du développement territorial) 2007.
Die Volkswirtschaft, 2007, Nr. 9, S. 3-33 (Monatsthema: Emmissionshandel: Ein viel versprechendens Instrument der Klimapolitik).
Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege, Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz, Zürich 2007.
Knoepfel, Peter e.a., Environmental policy analyses : learning from the past for the future – 25 years of research, Berlin 2007.
Knoepfel, Peter / Nahrath, Stéphane / Savary, Jérôme, Analyse des politiques de l'environnement, Chavannes-près-Renens (IDHEAP) 2007.
Müller, Hansruedi, Tourismus und Ökologie: Wechselwirkungen und Handlungsfelder, München 2007 (3., überarb. Aufl.).
Roche, Philippe, La nature passionnément. Entretiens avec Philippe, Lausanne 2007.
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[1] BZ, 3.2. und 7.4.07; NZZ, 24.2.07; BaZ, 3.4. und 5.5.07.
[2] BaZ, LT und NZZ, 18.1.07. Vgl. SPJ 2002, S. 172 f.
[3] AZ, NZZ und SGT, 15.3.07.
[4] AZ, Bund und TG, 12.5.07.
[5] Presse vom 2.6.07. Vgl. SPJ 2002, S. 171 f.
[6] Bund, LT und NZZ, 13.2.07; BBl, 2007, S. 1541 ff.
[7] NZZ, SGT und TG, 13.3.07; BBl, 2007, S. 3667 ff.
[8] AB NR, 2007, S. 463 ff. Vgl. auch unter Luftreinhaltung in diesem Kapitel sowie oben, Teil I, 6a.
[9] AB NR, 2007, S. 500 (Motion Studer) und 497 (Postulat Leutenegger Oberholzer).
[10] AB NR, 2007, S. 495 (Motion Recordon), 500 (Motion Donzé), 498 (Postulat Heim) und 496 (Postulat Nordmann).
[11] AB NR, 2007, S. 501 (Motion Wyss), 502 (Postulat Grüne Fraktion) und 503 (Postulat Riklin).
[12] AB NR, 2007, S. 493 (Motion Lustenberger) und 494 (Motion SP).
[13] AB NR, 2007, S. 502 und 504 (Motionen Grüne Fraktion), 502 (Motion Teuscher), 500 (Motion Allemann), 498 (Motion Recordon) und 500 (Motion Donzé).
[14] AB NR, 2007, S. 1144.
[15] AZ, BaZ und Lib., 27.6.07.
[16] Lib., 17.8.07; AZ und TG, 18.8.07.
[17] NZZ, 8.9.07; BZ und SGT, 20.9.07.
[18] Bund und NZZ, 22.11.07; AZ, 29.11.07.
[19] BaZ, Bund und TG, 17.12.07.
[20] BZ, 13.10.07; BaZ und 24h, 17.10.07.
[21] AB NR, 2007, S. 522 ff.; AB SR, 2007, S. 612 ff.; BBl, 2007, S. 4957.
[22] NZZ und TG, 23.7.07.
[23] BaZ, 3.5.07 (Schiffsmotoren); NZZ, 5.7.07; BaZ und Bund, 29.10.07 (Holzfeuerungen, Zementwerke, Maschinenindustrie und Sägereien). Vgl. SPJ 2006, S. 166 f.
[24] AZ, 27.3.07; NZZ, 31.5.07 (Dieselfahrzeuge); TG, 11.9.07; TA, 13.9.07 (Kleinroller).
[25] NZZ, 1.12.07.
[26] AB SR, 2007, S. 66 f. Vgl. SPJ 2006, S. 167 f.
[27] AB NR, 2007, S. 505; AB SR, 2007, S. 930 f.
[28] AB SR, 2007, S. 620; AB NR, 2007, S. 1839.
[29] AB NR, 2007, S. 500; AB SR, 2007, S. 931.
[30] AB NR, 2007, S. 1558 f. Vgl. SPJ 2006, S. 168.
[31] AB NR, 2007, S. 2037.
[32] AB NR, 2007, S. 594; AB SR, 2007, S. 308 f.; BBl, 2007, S. 3377. Über die stufenweise Einführung der CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen hatten sich die Räte bereits 2006 geeinigt, vgl. SPJ 2006, S. 168 f. In der Differenzbereinigung während der Frühjahrssession 2007 wurde nur noch über die klimapolitischen Auflagen für Gaskombikraftwerke debattiert, vgl. oben, Teil I, 6a (Erdöl und Erdgas). BBl, 2007, S. 3377 (Beschluss des BR).
[33] Lib., SGT und TA, 29.6.07.
[34] AZ, NZZ und TA, 20.11.07.
[35] NZZ, 14.11.07.
[36] AB NR, 2007, S. 495; AB SR, 2007, S. 931.
[37] NZZ, 29.6. und 30.6.07; AZ und TA, 30.6.07.
[38] AB NR, 2007, S. 58 ff., 308 und 598; AB SR, 2007, S. 120 ff. und 311. Vgl. SPJ 2006, S. 170.
[39] BaZ, 29.8., 30.8. und 15.11.07.
[40] AB SR, 2007, S. 547 f.
[41] AZ, BZ und SGT, 23.5.07.
[42] NZZ, 26.7.07.
[43] BBl, 2007, S. 5511 ff.; NZZ, 1.6.07; Bund und TA, 9.6.07. Vgl. SPJ 2006, S. 171 f.
[44] AB SR, 2007, S. 933 ff.; AB NR, 2007, S. 1829 ff.
[45] NZZ, 24.11.07.
[46] NZZ, 10.7.07.
[47] NZZ, 12.6.07.
[48] AB NR, 2007, S. 1556 ff. Vgl. SPJ 2006, S. 172.
[49] AB SR, 2007, S. 936 ff.
[50] NZZ, 29.9.07.
[51] AZ, 27.7. und 6.11.07; BaZ, 10.8.07; NZZ, 24.8. und 6.11.07.
[52] TA, 2.3.07; NZZ, 14.3.07.
[53] NZZ, 22.6.07; TG, 22.7.07. Vgl. SPJ 2006, S. 173.
[54] AZ, Lib. und 24h, 29.6.07. Vgl. SPJ 2001, S. 163.
[55] SGT, 5.9.07. Vgl. SPJ 2006, S. 173.
[56] NZZ, 18.12. und 22.12.07; LT und 24h, 18.12.07.
[57] BBl, 2007, S. 4347 ff.; NZZ, 3.5. und 9.6.07; BaZ und BZ, 9.6.07. Vgl. SPJ 2006, S. 173 f.
[58] AB SR, 2007, S. 1197 ff.
[59] AB SR, 2007, S. 614 f.; Mo 07.3418 (neu eingereichte Motion). Vgl. SPJ 2006, S. 174.
[60] BaZ und TA, 29.12.07.
[61] NZZ und TA, 2.3.07.
[62] BaZ, SGT und TA, 19.10.07.
[63] BZ, 30.5.07; NZZ, 5.9.07.
[64] Bund und NZZ, 23.11.07.
[65] AZ, 8.11.07. Vgl. SPJ 2006, S. 174 f.
[66] AB NR, 2007, S. 1003 f. Vgl. SPJ 2006, S. 176.
[67] NZZ, 31.5.07.
[68] NZZ und TA, 10.8.07.
[69] BZ, 11.8.07; Bund, 13.8.07.
[70] Bund, BZ und NZZ, 18.8.07.
[71] Bund, 30.8.07; NZZ, 7.7. und 30.8.07.
[72] Bund, SGT und TG, 29.9.07.
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