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Parteien, Verbände und Interessengruppen
Parteien
Die Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung blieb ein wichtiges Diskussionsthema. – Praktisch alle Parteien benutzen Initiativen als Wahlkampfinstrument und lancierten im Berichtsjahr Volksbegehren, mit denen sie im Wahljahr mobilisieren wollen. – Bei den kantonalen Wahlen konnten die CVP, die FDP und die SP die Exekutivsitze mehrheitlich verteidigen, alle drei Parteien mussten aber Verluste in den kantonalen Parlamenten hinnehmen. – Die SVP verliert in Glarus und Bern Sitze an die BDP, aber weniger als erwartet. – Die BDP gewinnt vor allem auf Kosten von FDP und CVP.
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene sowie zu den Frauenanteilen vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie Anhang (anhang_2010.pdf). Zu den Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabellen parolen2010.pdf am Ende dieses Kapitels. Siehe dazu auch die verschiedenen Sachkapitel.
Im Nationalrat wurden – auch aufgrund der Diskussionen nach den Abstimmungskampagnen einiger eidgenössischer Initiativen – erneut Vorstösse diskutiert, die mehr Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung verlangen. Alle drei von Links-Grün eingereichten parlamentarischen Initiativen (Pa. Iv. sozialdemokratische Fraktion, Pa. Iv. Hodgers, gp, GE und Pa. Iv. Gross, sp, ZH) wurden in ein und derselben Sitzung von der rechts-bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Insbesondere die Idee der Offenlegung der Parteispenden und Spendernamen war bereits in der staatspolitischen Kommission auf Widerstand gestossen. Eine solche scheint nach wie vor politisch nicht mehrheitsfähig [1].
Allerdings stösst die Idee von transparenten Parteifinanzen nicht auf grundsätzlichen Widerwillen. Dies zeigte sich im Berichtsjahr auch im vom Ständerat nur relativ knapp abgelehnten (18 zu 11 Stimmen) Minderheitsantrag, eine Petition der Jugendsession von 2008 zum Thema Parteienfinanzierung an die Staatspolitische Kommission zu überweisen. Die Petition hätte die Offenlegung von Parteifinanzen und Spenden zum Ziel gehabt [2].
Ab dem 1. Januar 2011 können Spenden bis zu 10 000 Fr. von den Steuern abgezogen werden. Die Stadtberner FDP sorgte im Mai für Schlagzeilen, nachdem sie ankündigte, in Zukunft die Namen von Grossspendern offenzulegen, die der Partei mehr als 5000 Franken zukommen lassen. Die Kantonalzürcher FDP und die Jungfreisinnigen wollen in Zukunft Spenden zwar nicht nach Namen, aber nach Kategorien (Private und Unternehmen) und Branchen ausweisen. Die meisten kantonalen und die nationale Mutterpartei machten aber klar, dass sie eine solche Handhabung nicht übernehmen werden [3]. Bei der Veröffentlichung des Korruptionswahrnehmungsindex rügte Transparency International die Schweiz als einziges demokratisches Land, das keine Regelungen zur Parteienfinanzierung kenne [4].
In der Presse war Ende des Berichtsjahrs eine Schätzung der Wahlkampfbudgets der Parteien nachzulesen, die aufgrund der ebenfalls geschätzten Ausgaben bei den Wahlen 2007 sowie einigen Antworten auf entsprechende Anfragen bei den Generalsekretariaten beruhten. Dass Geld für den Wahlerfolg eine Rolle spiele, sei unbestritten. Die Wahlkampfbudgets seien jedoch sehr ungleich. Mit Abstand am meisten Mittel zur Verfügung habe die SVP (15 Mio.), gefolgt von der CVP (3 Mio.), der FDP (2.6 Mio.) und der SP (1.5 Mio.). Die kleineren Parteien (GP, GLP, BDP) hätten weniger als eine Viertelmillion zur Verfügung [5].
Eine am IDHEAP durchgeführte Studie zeigt auf, dass die Parteienlandschaft nirgends in Europa derart polarisiert ist, wie in der Schweiz. Noch in den 1990er Jahren galt das Parteiensystem in der Schweiz als relativ stabil und nur wenig polarisiert. Die Studie macht aber aufgrund von Professionalisierung und verstärkter Themenorientierung in den letzten Jahren eine massive Zunahme der Polarisierung aus. Sie begründet diese Entwicklung mit den Eigenheiten des Proporzwahlsystems und der Konkordanz. Beide Institutionen machten es möglich, dass auch Regierungsparteien starke Positionen einnehmen können und nicht auf Koalitionen oder ihre Mehrheitsfähigkeit Rücksicht nehmen müssen. Die Studie vergleicht die grossen Schweizer Parteien mit den europäischen Schwesterparteien und streicht die im Vergleich auffallend radikale Politisierung der SVP und der SP heraus. Demgegenüber lassen sich die CVP, die FDP und die Grünen gut mit ihren europäischen Pendants vergleichen [6].
Die Mitteparteien CVP, FDP und BDP diskutierten im Berichtjahr eine Strategie-Allianz, um sich gegen die Polparteien SP und SVP besser zur Wehr setzen zu können. Die vorerst geheimen Absprachen gelangten aufgrund einer Indiskretion an die Sonntagspresse. Die drei Parteien dementierten die vermuteten strategischen Absprachen zur Rettung der Bundesratssitze und betonten, dass es bei den Sitzungen lediglich um die zukünftige Zusammenarbeit bei Sachthemen gegangen sei [7].
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Sozialdemokratische Partei (SP)
Der Rücktritt von Bundesrat Moritz Leuenberger kam für die meisten Beobachter überraschend, war doch erwartet worden, dass der SP-Magistrat 2011 noch ein weiteres Jahr als Bundespräsident amtieren würde. Die SVP kündigte sofort an, den SP-Sitz attackieren zu wollen. In der SP positionierten sich vier Frauen als potentielle Nachfolgerinnen. Der Baselstädter Regierungsrätin Eva Herzog und der St. Galler Nationalrätin Hildegard Fässler wurden lediglich Aussenseiterchancen eingeräumt. Schliesslich nominierte die SP-Fraktion Anfang September ein Zweierticket bestehend aus Nationalrätin Jacqueline Fehr (ZH) und Ständerätin Simonetta Sommaruga (BE). Bei den Bundesratsersatzwahlen setzte sich Simonetta Sommaruga im dritten Wahlgang gegen Jacqueline Fehr und im vierten Wahlgang gegen den SVP-Herausforderer Jean-François Rime durch. Einziger Wermutstropfen der Wahl der Berner Ständerätin war der drohende Verlust des Ständeratssitzes ihrer Partei [8].
Für einen Eklat sorgte SP-Präsident Christian Levrat, der – unzufrieden mit der Departementsverteilung nach den Bundesratsersatzwahlen – den Präsidenten der FDP Fulvio Pelli der Lüge bezichtigte. Die FDP hätte versprochen, dass sie einen Departementswechsel der Bundesräte Maurer und Widmer-Schlumpf verhindern würde und einer Sitzverteilung nach dem Anciennitätsprinzip nicht entgegenstehen würde, unter der Bedingung, dass die SP den FDP-Bundesratssitz unterstützte. Beide Versprechen hätten die Freisinnigen nicht eingehalten. Die grosse Rochade bei der Departementsverteilung hatte zur Folge, dass die SP nicht nur das Uvek an die CVP abgeben musste, sondern auch, dass Bundesrätin Sommaruga als Konsumentenschützerin nicht das Volkswirtschaftsdepartement erhielt, sondern als Nichtjuristin das EJPD übernehmen musste. Pelli seinerseits kündigte eine Verleumdungsklage gegen Levrat an. Die Causa Levrat-Pelli beschäftigte die Presse einige Tage lang, bevor der Streit Mitte Oktober mit einer dürren Medienmitteilung beigelegt wurde [9].
Die Sozialdemokraten konnten den Solothurner Ständeratssitz, der nach dem Tod von Ernst Leuenberger vakant war, gegen die Angriffe von CVP und SVP verteidigen. Roberto Zanetti wurde im zweiten Wahlgang mit grossem Vorsprung gewählt [10]. Bei den im Berichtsjahr in acht Kantonen (AI, BE, GL, GR, JU, NW, OW und ZG) abgehaltenen kantonalen Regierungswahlen konnte die SP Teilerfolge verbuchen. In allen Kantonen, in denen die Partei an der Regierung beteiligt war, konnte sie ihre Sitze verteidigen. Im Kanton Jura vermochte sie zudem auf Kosten der CSP einen zweiten Sitz zu erobern. Allerdings schaffte es die SP im Kanton Zug nicht, den vor vier Jahren an die ‚Alternative – die Grünen‘ verlorenen Sitz zurückzuerobern. In den Kantonen Nidwalden und Obwalden war die SP gar nicht erst zu den Regierungswahlen angetreten. In den letzgenannten drei Kantonen sowie in Appenzell Innerrhoden haben die Sozialdemokraten damit keine Regierungsbeteiligung [11].
Den Abwärtstrend bei den kantonalen Parlamentswahlen konnten die Sozialdemokraten anlässlich der Neubesetzung der Legislativen in den Kantonen BE, GL, GR, JU, NW, OW und ZG nicht stoppen. In allen Kantonen – mit Ausnahme des Kantons Jura – mussten sie Wählerverluste hinnehmen. In Bern sank der Wähleranteil um 5.2 Prozentpunkte. Weniger als ein Fünftel der Bernerinnen und Berner wählten die SP (18.9% Wähleranteil). Auch in Obwalden (-2.2 Prozentpunkte), Glarus (-0.8 Prozentpunkte) und Nidwalden (-1.0) büsste die SP Wähler ein. Im Kanton Zug stagnierte sie bei 9.1% Wähleranteil. Einzig im Kanton Jura war ein Aufwärtstrend zu verzeichnen: hier legte die SP um 1.3 Prozentpunkte zu (neu: 21.2% Wähleranteil). Dieser Zuwachs wirkte sich denn auch in einem Sitzgewinn im Jurassischen Parlament aus. Schweizweit verlor die Partei damit im Berichtsjahr zwölf kantonale Mandate. Sie konnte ihre Parlamentssitze zwar in Obwalden (6), Nidwalden (1) und Zug (8) halten, verlor aber Mandate in Bern (-7 Sitze / neu: 35 Sitze), Glarus (-4 / 8) und Graubünden (-2 / 12). Die SP scheint dabei insbesondere Wähler an die Grünen, aber auch an die BDP und die GLP verloren zu haben [12].
Anlässlich der Medienkonferenz am Dreikönigstag verkündete Parteipräsident Levrat, dass das Jahr 2010 für die SP im Zeichen der Sozialpolitik stehen werde. Wohl auch im Hinblick auf die Wahlen wurden eine Reihe von entsprechenden Initiativen angekündigt: Im Februar lancierten die Sozialdemokraten die 2009 an einem ausserordentlichen Parteitag beschlossene Cleantech-Initiative, die mit Hilfe eines Ausbaus der Investitionen in alternative Energien neue Arbeitsplätze schaffen will. Zusammen mit den Gewerkschaften wurde zudem eine Mindestlohninitiative ausgearbeitet, deren Unterschriftensammlung im Januar 2011 begann. Im Mai hatten die Delegierten beschlossen, dass ein Mindeststundenlohn von 22 Franken in der Bundesverfassung festgeschrieben werden soll. Zudem wurde im Berichtsjahr ein neuer Anlauf in Richtung Einheitskrankenkasse genommen. Die entsprechende Unterschriftensammlung begann ebenfalls zu Beginn des Wahljahrs 2011. Ein ähnliches Begehren war erst 2007 an der Urne deutlich abgelehnt worden. Im neuen Vorstoss wurde auf einkommensabhängige Prämien verzichtet. Die JUSO hatten bereits im Herbst 2009 ihre 1:12-Initiative lanciert, mit der sie Maximallöhne in einem Betrieb auf das Zwölffache des Mindestlohnes beschränken will. Im September reichte die SP zudem die gültigen Unterschriften für die Initiative „Für eine starke Post“ ein. Mit dem Begehren soll der Liberalisierung des Postmarktes Einhalt geboten werden [13].
Auch den Sachvorlagen, welche die Sozialdemokraten im Berichtsjahr an die Urne brachten, war wenig Erfolg beschieden. Die Partei feierte zwar im März die Ablehnung der Anpassung des BVG-Umwandlungssatzes, gegen welche die SP zusammen mit Gewerkschaften das Referendum lanciert hatte. Das deutliche Nein wurde von Parteipräsident Levrat als Motivationsspritze für die Wahlen 2011 betrachtet, denn seit sechs Jahren, also seit dem gewonnenen Urnengang zur 11. AHV-Revision, hatte die SP keinen Referendumserfolg mehr feiern können. Dieses Ergebnis sollte allerdings im Berichtsjahr die Ausnahme bleiben: Die SP scheiterte mit ihrem Referendum zur 4. Revision der Arbeitslosenversicherung, das sie Ende Februar, also noch vor Abschluss der Parlamentsdebatte, an der Delegiertenversammlung einstimmig beschlossen hatte. Ebenfalls keine Chance hatte die Partei mit der Steuergerechtigkeitsinitiative. Gleich nach der Abstimmungsniederlage kündigte die SP die Planung einer nationalen Erbschaftssteuerinitiative an [14].
Viel zu reden gab das neue Parteiprogramm. Das alte war im November 1982 verabschiedet worden und galt in den Worten von Generalsekretär Thomas Christen als „nicht mehr zeitgemäss, ja hoffnungslos veraltet“. Allerdings stelle ein SP-Parteiprogramm immer einen Generationenauftrag dar und nicht ein kurzlebiges Bild aktueller Forderungen. Mit der Umsetzung der wissenschaftlichen Beiträge und der Resultate der Diskussionen mit der Basis wurde Hans-Jürg Fehr (SH) beauftragt. Dieser hatte bereits 2004 bei seinem Amtsantritt als Parteipräsident (bis 2008) auf die Dringlichkeit eines neuen Programms hingewiesen. Anfang April wurde ein erster Entwurf den Medien vorgestellt. Neben visionären Entwürfen für eine neue, demokratische Wirtschaftsordnung, – in den Medien als Aufruf zur Überwindung des Kapitalismus verbreitet – umfasste der Vorschlag auch konkrete Forderungen nach Mindestlöhnen, progressiven Steuern, der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht oder einer Aufstockung der Bildungsausgaben. Darüber hinaus wollen die Sozialdemokraten ein Verfassungsgericht einführen und Kantonsfusionen fördern. Festgehalten wird am Ziel eines EU-Beitritts. In der anschliessenden Vernehmlassung zum Programm, die bis Ende Juli dauerte, wurde einige Kritik laut. Über 1000 Anträge wurden schliesslich eingereicht. Die Basis störte sich insbesondere an der nicht ganz zeitgemässen Sprache und der Länge des Textes. Gefordert wurden konkretere Positionen. Diskussionsbedarf bestand insbesondere zum Konzept der demokratischen Marktwirtschaft (Kapitalismus überwinden, zähmen oder tolerieren), zur Armee (abbauen, umbauen oder abschaffen), und zur Gewichtung des Ziels eines EU-Beitritts. Einzig die JUSO forderten eine noch stärkere ideologische Auseinandersetzung.
Nach zweitägiger Debatte am Parteitag in Lausanne, gab sich die SP schliesslich ein neues Programm. Gegen den Antrag der Parteileitung, die sich für den Begriff der Wirtschaftsdemokratie ausgesprochen hatte, blieben der demokratische Sozialismus und die Überwindung des Kapitalismus als Zielsetzungen bestehen. Ebenfalls gegen den Willen der Geschäftsleitung wurde beschlossen, die Abschaffung der Armee und das erwerbslose Grundeinkommen als Ziele ins Programm aufzunehmen. Nur knapp abgelehnt wurde die Idee einer Volkspension und der Abschaffung der zweiten Säule. Obwohl es viele kritische Stimmen gab, wurde auch am Ziel des EU-Beitritts letztlich nicht gerüttelt. Das Programm wurde mit 420 zu 5 Stimmen bei 15 Enthaltungen angenommen. Die Parteileitung muss künftig über den Umsetzungstand des Programms periodisch Rechenschaft ablegen. In der Presse wurde ausserordentlich lange über das neue Programm berichtet. Dass dieses nicht überall auf Wohlwollen stiess, zeigte der Rückkommensantrag zweier Berner Sektionen [15].
Zu Beginn des Berichtsjahrs hatte die SP angedroht, den Staatsvertrag mit der USA zum UBS-Deal zu torpedieren, wenn nicht flankierende Massnahmen insbesondere in Form von Bankenregulierungen oder einer Boni-Steuer geschaffen würden. Nachdem die SVP entgegen ihrer ursprünglichen Absicht umschwenkte und im Mai signalisierte, dem Staatsvertrag zuzustimmen, hatten die Sozialdemokraten jedoch mit ihrer Forderung im Parlament keine Chance. Demonstrativ trat die SP zusammen mit den Grünen und den Gewerkschaften nach der Annahme des Staatsvertrages am Ende der Sommersession vor die Medien. Mit scharfer Rhetorik wurde der Entscheid kritisiert: Die Finanzkrise verkomme zur Demokratiekrise und man sehe sich gezwungen, die demokratischen Verhältnisse mit Hilfe des Initiativrechts wiederherzustellen. Parteipräsident Levrat machte dabei Werbung für die im November anstehende Steuergerechtigkeitsinitiative und die 1:12-Initiative der JUSO. SP und Gewerkschaften dachten zudem laut über ein Volksbegehren zur Offenlegung von Parteispenden oder über eine eigene Abzockerinitiative nach [16].
In der Ablehnung der Ausschaffungsinitiative waren sich die Sozialdemokraten grundsätzlich eins. Uneinigkeit bestand aber darüber, ob der Gegenvorschlag zur Annahme empfehlen werden sollte oder nicht. Die Parteileitung hatte zuerst die Ablehnung des Gegenentwurfs empfohlen, was einige National- und Ständeräte – federführend Andy Tschümperlin (SZ) und auch die spätere Bundesrätin Simonetta Sommaruga – als strategischen Fehler betrachteten. Am Parteitag von Ende Oktober in Lausanne entschieden die Delegierten mit einer Zweidrittelmehrheit, auch den Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Ein linkes Pro-Komitee machte sich in der Folge trotzdem für die Annahme des Gegenentwurfs stark. Die Befürchtung, mit einem doppelten Nein der Initiative zum Durchbruch zu verhelfen, spiegelte sich auch in den abweichenden Parolen von nicht weniger als zehn Kantonalsektionen wieder [17].
Ihre Position zum Islam in der Schweiz umriss die SP-Bundeshausfraktion in einem Papier, das sie im Juli verabschiedete. Gefordert wurde beidseitige religiöse Toleranz, was die Bildung von Parallelgesellschaften verhindern helfe und Hasspredigern die Gefolgschaft entziehe. Ein explizites Verbot von Burka oder Kopftuch lehnt die SP ab, hält aber fest, dass die Ganzkörperverhüllung aus westlicher Sicht eine Menschenrechtsverletzung darstelle, dass das religiös begründete Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst nicht angebracht sei, und dass die Dispensierung von Schulkindern für einzelne Stunden oder Veranstaltungen aus religiösen Gründen unerwünscht seien [18].
Für Kritik sorgte der Bruch zwischen der SP und dem ersten dunkelhäutigen Nationalrat Ricardo Lumengo. Nachdem dieser in erster Instanz durch ein Bieler Gericht wegen Wahlfälschung verurteilt worden war, forderte die SP Bern den sofortigen Rücktritt des Politikers aus dem Nationalrat. Dieser wollte den Entscheid weiterziehen und das Urteil des bernischen Obergerichts abwarten. Die heftige Kritik bewog Lumengo dann aber zum Austritt aus der SP und der Partei ging so ein Nationalratssitz verloren. Der Partei wurde vorgeworfen, vorschnell gehandelt zu haben. Im Mai 2011 wurde Lumengo vom Vorwurf der Wahlfälschung freigesprochen [19].
Eine Debatte innerhalb der Bundeshausfraktion löste das Verwaltungsratsmandat von Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger bei der Baufirma Implenia aus. Als Verkehrsminister hatte Leuenberger die NEAT zu betreuen, an deren Erstellung die Implenia massgeblichen Anteil hatte. Während dem Ex-Magistraten auf der einen Seite mangelndes Fingerspitzengefühl, mangelnde Sensibilität und sogar Unanständigkeit vorgeworfen wurde, wollte sich die andere Seite nicht in die persönlichen Angelegenheiten des Ex-Ministers einmischen. Die Fraktion beschloss schliesslich Leuenberger zu rügen und ihn zu einem Verzicht aufzufordern [20].
Die SP des Kantons Zürich, die mit Christine Goll und Andreas Gross (beide seit 1991) und Anita Thanei (seit 1995) drei der dienstältesten Parlamentarierinnen nach Bern schickt, beschloss Ende November, ihren Delegierten mehr Mitbestimmungsrecht bei der Bestellung der Nationalratsliste zu geben. Künftig sollen diese den Kandidierenden die Listenplätze zuweisen. Zudem sollen National- und Ständeräte mit mehr als zwölf Amtsjahren nur dann wieder zur Wahl aufgestellt werden, wenn sie eine Zweidrittelmehrheit erhalten [21].
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Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
Bereits im März des Berichtsjahrs wurde über den Rücktritt von Bundesrat Hans-Rudolf Merz spekuliert, den dieser dann am 6. August ankündigte. Die FDP betonte ihren Anspruch auf den frei werdenden Bunderatssitz und warnte die anderen Parteien vor einem Spiel mit dem Feuer. Im Gegensatz zur Nachfolgeregelung bei Pascal Couchepin 2009 wirkte die FDP gut vorbereitet. Die Parteispitzen kündigten sofort an, nicht zu kandidieren. Als Kronfavoriten kristallisierten sich die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter und der Berner Nationalrat Johann Schneider-Ammann heraus, die Anfang September von der Bundeshausfraktion auch offiziell nominiert wurden. Ruedi Noser (ZH), Peter Malama (BS) und Ignazio Cassis (TI) scheiterten in der parteiinternen Ausmarchung. Bei den Wahlen vom 22. September setzte sich Johann Schneider-Amann gegen Keller-Sutter und vor allem gegen den SVP-Sprengkandidaten Jean-François Rime durch. An der Delegiertenversammlung Mitte Oktober in Herisau wurde Hans-Rudolf Merz mit stehenden Ovationen verabschiedet. Parteipräsident Pelli würdigte ihn als „erfolgreichsten Finanzminister Europas“, weil der Bund unter seiner Amtsführung die Schulden beträchtlich reduziert hat [22].
Mit dem erst 30-jährigen Raphaël Comte konnte die FDP den aufgrund der Wahl von Didier Burkhalter in den Bundesrat frei gewordenen Neuenburger Ständeratssitz bei den Ersatzwahlen vom Januar 2010 verteidigen [23].
Bei den kantonalen Exekutivwahlen, die im Berichtsjahr in den Kantonen AI, BE, GL, GR, JU, NW, OW und ZG durchgeführt wurden, vermochte die FDP all ihre Sitze zu halten. Auch bei den Ersatzwahlen in Neuenburg konnte die FDP ihren vor einem Jahr gewonnen Regierungssitz verteidigen. Die Ersatzwahl war nötig geworden, weil der FDP-Regierungsrat Frédéric Hainard nach dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs zurücktreten musste. Die Affäre schein der FDP allerdings nicht geschadet zu haben [24].
Weniger erfreulich fielen für den Freisinn hingegen die kantonalen Parlamentswahlen aus. In sechs der sieben Kantone, in denen im Berichtsjahr Legislativwahlen durchgeführt wurden (BE, GL, GR, JU, NW, OW, ZG), musste die Partei teilweise herbe Verluste hinnehmen. So verlor sie etwa in Glarus 9.2 Prozentpunkte an Wähleranteil (neu: 20.3%). In Bern sank der Wähleranteil um 6 Prozentpunkte (neu: 10.3%) und im Kanton Jura um 4.7 Prozentpunkte (neu: 14.5%). Im jüngsten Kanton hat die FDP damit innerhalb von 20 Jahren die Hälfte der Wähler (von 29% 1986 zu 14.5% 2010) und die Hälfte der Sitze verloren (1986: 16 Sitze; 2010: 8 Sitze). In Obwalden wurde die FDP von der SVP überholt und ist nunmehr drittstärkste Kraft im Parlament (-3.0 Prozentpunkte, neu: 17.9%). Per Saldo hat die FDP in den sieben Kantonen, in denen im Berichtsjahr Parlamentswahlen stattfanden, 17 Mandate verloren. Einzig im Kanton Graubünden konnten die Freisinnigen einen deutlichen Sieg erringen. Sie gewannen fünf Sitze und wurden stärkste Fraktion im kantonalen Parlament. Im Gegensatz zu allen anderen Kantonen ist in Graubünden die Konkurrenz der SVP gering. Die GLP und die BDP, die der FDP in den meisten Kantonen in der Mitte Sitze abzujagen vermochten, spielen in Graubünden im Kampf um die Machtverteilung in der kantonalen Legislative andere Rollen. Während die GLP hier noch in den Startlöchern steht, kann die BDP bereits als saturierte Partei betrachtet werden [25].
Die FDP hat sich bisher nicht als eifrige Nutzerin der Volksinitiative erwiesen. Im Frühjahr 2009 kündigte die Partei aber an, den Wahlkampf ihrerseits mit einem Volksbegehren auffrischen zu wollen. Dabei ging es ihr insbesondere um eine verbesserte Positionierung und Profilierung im Wahlkampfgeschehen. Die Suche nach einem Thema verlief allerdings schleppend. Verschiedene Projekte wurden diskutiert und wieder verworfen; so etwa eine AHV-Schuldenbremse, die Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer oder eine Vereinfachung des Steuersystems. An der Delegiertenversammlung vom 26. Juni wurde schliesslich die Lancierung der Bürokratie-Stopp-Initiative beschlossen. Das Begehren will den Anspruch auf einfache und verständliche Gesetze und auf unbürokratische Verfahren in der Verfassung festhalten. An der Delegiertenversammlung vom 11. September wurde die Initiative offiziell lanciert. Die Idee zum Volksbegehren war bereits im Januar in der Kantonalzürcher Sektion geboren worden. Dabei hatte die FDP des Kantons Zürich einen „Gahts no!“Preis für das absurdeste Erlebnis mit Verwaltungsangestellten oder unsinnigen Vorschriften ausgesetzt [26].
Ihren Wahlkampf 2011 läutete die FDP Anfang Dezember mit Inseraten in der Sonntagspresse ein. Mit dem Slogan „Aus Liebe zur Schweiz – mit Mut und Verstand“ versuche die FDP, sich „von den beiden S-Parteien abzugrenzen“, so Generalsekretär Brupbacher. Parteipräsident Pelli kündigte zudem an, man wolle die beiden Bundesräte aktiv in den Wahlkampf einbinden [27].
Anfang Februar zog der neue FDP-Bundesrat Didier Burkhalter seine 100-Tage-Bilanz. Er hob hervor, dass er die steigenden Gesundheitskosten in den Griff bekommen wolle. Die Presse lobte die bisherige Arbeit des Innenministers, kritisierte aber seine Personalpolitik: Einige seiner neu ernannten Mitarbeiter seien stark mit der Pharmabranche verbunden [28].
Die Präsidentin der FDP-Frauen, Jacqueline de Quattro (VD) trat im Juni aufgrund ihres Regierungsamtes zurück. Ihre Nachfolge wurde im Herbst an einer ausserordentlichen Generalversammlung geregelt. Carmen Walker Späh, die Zürcher Kantonsrätin als Präsidentin und die Landrätin des Kantons Basel-Landschaft, Petra Studer als Vizepräsidentin waren unbestritten [29].
An ihrer Versammlung vom 23. Januar in Bern diskutierten die Delegierten über die Gesundheitspolitik. Eine Arbeitsgruppe präsentierte ein Arbeitspapier, in welchem unter anderem die Einsetzung einer unabhängigen Rating-Agentur vorgeschlagen wird, welche die Qualität des Gesundheitssystems beurteilen und die Resultate ihrer Arbeit veröffentlichen soll. Es fand sich zudem ein breiter Konsens für das sogenannte ManagedCareKonzept. Mit tieferen Prämien sollen entsprechende Modelle attraktiv gemacht werden. Als wichtig wurde zudem die Vertragsfreiheit zwischen Versicherern und Leistungserbringern hervorgehoben. Die Delegierten sprachen sich auch für eine Aufhebung des geltenden Ärztestopps aus [30].
Ein Jahr nach der Volksabstimmung über die Erweiterung der Personenfreizügigkeit mit der EU legte die FDP eine Zwischenbilanz vor. Sie bilanzierte, dass die Einwanderung zwar zugenommen habe, die Negativfolgen aber nicht eingetreten seien wie es die Gegner prophezeit hätten. Weder hätte die Arbeitslosigkeit zugenommen, noch sei das Lohnniveau gesunken. Auch eine Zunahme von Kriminalität und Sozialtourismus sei nicht zu beobachten [31].
Die UBS-Affäre beschäftigte auch die FDP. Die Partei, die sich als „Helferin des Finanzplatzes Schweiz“ (Pelli) betrachtet, bekundete aber Mühe, sich deutlich von den Grossbanken zu distanzieren. Der Unmut gegenüber der UBS wuchs auch in der Wirtschaftspartei. Insbesondere Nationalrat Philipp Müller (AG) schoss scharf gegen die Bank und dachte laut über einen Bruch der FDP mit den Grossbanken nach. Daraufhin trat der frühere UBS-Chef Peter Wuffli als Präsident der Freunde der FDP zurück, einem Sponsorenverein, welcher der Partei jährlich mehrere 100 000 Fr. zukommen lässt. Wuffli begründete seinen Rücktritt damit, dass er die FDP in der Vorwahlphase nicht belasten wolle. Der Streit innerhalb der FDP weitete sich aus, nachdem die Parteileitung die Parlamentarier angehalten hatte, sich in Bezug auf die Finanzplatzstrategie des Bundes an die Parteilinie zu halten. Mit der Idee einer Weissgeldstrategie hatte sich der Unternehmerflügel um die Nationalräte Otto Ineichen (LU), Philipp Müller (AG), Tarzisius Caviezel (GR) und Werner Messmer (TG) den Unmut der Parteileitung zugezogen. Allerdings schwenkte dann aber auch die offizielle Partei von der Verteidigung des Bankgeheimnisses ab. An einer Medienkonferenz demonstrierte sie einen Schulterschluss und präsentierte eine Weiterentwicklung der schweizerischen Finanzmarktstrategie. In der Folge wurde eine Strategiegruppe unter Führung von Rolf Schweiger (ZG) eingesetzt, die an der Delegiertenversammlung vom 24. April einen Bericht vorlegte. Die ursprüngliche Weissgeldidee war bereits im Vorfeld der Versammlung von den kantonalen Parteipräsidenten abgeschwächt worden, nachdem mehrere Kantonalsektionen Widerstand angekündigt hatten. Anstelle einer Belegpflicht wurde eine Selbstdeklaration für ausländische Bankkunden gefordert und statt der Einführung der schweren Steuerhinterziehung als Strafdelikt wurden eine Steuerrechtsrevision und Verhaltensregeln für Banken vorgeschlagen. Nach einer heftigen Diskussion wurde das Papier von den Delegierten knapp angenommen [32].
Dass die Partei die Geduld mit den Banken verliert, zeigte sich auch wenige Tage nach der Weissgeld-Diskussion. Der Parteivorstand empfahl den Aktionären der Grossbank Crédit Suisse, den Vergütungsbericht an der Generalversammlung abzulehnen. Damit sollte ein Zeichen gegen die hohen Boni gesetzt werden [33].
In einem im Mai präsentierten Positionspapier setzte sich die FDP mit der Sicherheitspolitik auseinander. Darin fordert sie eine Verschärfung des Strafrechts, die Schaffung einheitlicher Rechtsgrundlagen für die Videoüberwachung und ein härteres Durchgreifen der Ordnungsmächte bei Demonstrationen. Eine von den beiden Regierungsrätinnen Jacqueline de Quattro (VD) und Karin Keller-Sutter (SG) angeführte Arbeitsgruppe soll konkrete Massnahmen vorschlagen, wie der Zunahme der Gewalt in der Schweiz vorgebeugt werden kann [34].
An der Delegiertenversammlung im Juni wurde ein Massnahmenpapier zur Energiepolitik verabschiedet. Darin wird die Steigerung der Energieeffizienz in Altbauten und die vermehrte Installation von thermischen Sonnenkollektoren auf geeigneten Dächern gefordert [35].
In einem Positionspapier zur Aussenpolitik korrigierte die FDP das 1995 eher zufällig gefasste strategische Ziel eines EU-Beitritts. Der offizielle Europakurs der Partei sei der Bilateralismus, erinnerte Pelli die Delegierten am Parteitag vom 16. Oktober in Herisau. Weder ein Alleingang noch ein EU- oder EWR-Beitritt seien valable Alternativen zum bilateralen Weg. Die Delegierten sprachen sich in der Folge für die Streichung des 1995 gefassten Beschlusses aus. Der Antrag aus der französischen Schweiz, die Möglichkeit eines Voll- oder Teilbeitritts, allenfalls eines Rahmenabkommens, regelmässig neu zu beurteilen, wurde mit 172 zu 53 Stimmen abgelehnt. Im schliesslich verabschiedeten Positionspapier sprachen sich die Freisinnigen deutlich für den gezielten Ausbau des bilateralen Wegs aus. Insbesondere eine Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik soll angedacht werden [36].
Die 2008 beschlossene Fusion zwischen der nationalen FDP und der nationalen LP ist bis anhin noch nicht in allen Kantonalsektionen vollzogen worden. Im Berichtsjahr vertieften die Liberalen und die FDP in den Kantonen Genf und Waadt ihre Fusionspläne. Kein Thema ist ein Zusammengehen vorderhand im Kanton Basel-Stadt, wo die Liberale Partei im Berichtsjahr mit der Rückkehr zur Bezeichnung Liberaldemokraten, ihren alten Namen wieder annahm [37].
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Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
Nicht alle Parlamentarier der CVP waren einverstanden mit der Strategie der Parteispitze, bei den Bundesratsersatzwahlen den frei werdenden FDP-Bundesratssitz nicht anzugreifen. Nachdem die Kampfkandidatur Schwaller für die Nachfolge von Bundesrat Couchepin im Jahr 2009 gescheitert war, wollte man sich nicht auf eine neuerliche Herausforderung der FDP einlassen. Da Ständerat Bruno Frick (SZ) befürchtete, dass mit der Wahl von Schneider-Ammann der CVP auf längere Zeit die erneute Besetzung eines zweiten Sitzes verwehrt bleiben wird, schlug er eine Fusion mit der BDP vor. Eine Idee, die bei diversen Exponenten seiner Partei durchaus Beachtung fand [38].
Die CVP verlor bei den Ersatzwahlen für Hansruedi Stadler ihren Urner Ständeratssitz an den Parteilosen Markus Stadler. Dieser trat später der GLP bei. Die Nichtwahl der Urner Regierungsrätin Heidi Z’graggen und die Wählerverluste in Ob- und Nidwalden veranlassten die Partei zu einer Krisensitzung, an der eine Strategie zur Sicherung des Wahlerfolgs in den Stammlanden diskutiert und aufgegleist werden sollte [39].
Bei den kantonalen Regierungswahlen, die 2010 in acht Kantonen durchgeführt wurden (AI, BE, GL, GR, JU, NW, OW, ZG), konnte die CVP ihre Sitze mit Ausnahme der Exekutivmandate im Kanton Nidwalden halten. Dort verlor sie einen Sitz an die SVP. Im Kanton Appenzell Innerrhoden stellt sie neu die gesamte Regierung [40].
In allen sieben Kantonen, in denen im Berichtsjahr Parlamentswahlen durchgeführt wurden (BE, GL, GR, JU, NW, OW, ZG) musste die CVP bei den Wähleranteilen Verluste hinnehmen. Die grössten Niederlagen verbuchte die Partei in Glarus (-3.3% Punkte; neuer Wähleranteil 10.7%), in Nidwalden (-3.2% Punkte / neu 31.1%) und in Zug (-2.1% Punkte / neu 26.5%). Die Verluste liessen sich durch die Konkurrenz von BDP und GLP erklären. Trotz insgesamt 16 Sitzverlusten in sieben kantonalen Wahlgängen, blieb die CVP stärkste politische Kraft in den Kantonen Nidwalden, Obwalden, Zug und Jura [41].
Zu Beginn des Berichtsjahrs kündigte die CVP an, im Gegensatz zu allen anderen Parteien keine Initiative zu planen. Konkordanz sei wichtiger als Veto und Blockade und man stehe dem zunehmenden Gebrauch von Initiativen als Wahlkampfinstrument eher skeptisch gegenüber. Ende 2010 kam die Partei allerdings auf diesen Entscheid zurück und gab bekannt, ebenfalls ein Volksbegehren zu planen. 2011 wurden unter dem Motto „Familien stärken“ dann gleich zwei Initiativen lanciert, welche die Steuerbefreiung von Kinder- und Ausbildungszulagen sowie die Abschaffung der Heiratsstrafe (finanzielle steuerliche Benachteiligung von verheirateten Doppelverdienern) fordern [42].
In einem im März präsentierten Positionspapier verdeutlichte die CVP ihre Migrationspolitik. Sie spricht sich gegen die Abkehr von der Personenfreizügigkeit aus, stellt sich aber auch gegen eine weitere Öffnung der Schweiz. Die Zuwanderung aus nicht EU-Staaten möchte die CVP restriktiv handhaben. Als Bedingungen für Einbürgerungen werden ein erfolgreicher Sprachtest und die Akzeptanz der grundlegenden Schweizer Werte genannt, die Antragstellende mit der Unterzeichnung einer Charta zu bekräftigen hätten [43].
In einem Bildungspapier fordert die CVP eine Rückbesinnung auf die Vermittlung von Grundkompetenzen (Lesen, Schreiben, Rechnen). Die Partei bekennt sich zum Harmos-Konkordat und wünscht eine landesweite Vereinheitlichung der Lernstandards auf Gymnasialstufe. Sie will sich überdies für Leistungslöhne bei Lehrerinnen und Lehrern sowie für obligatorische Elternabende einsetzen. Der „Verakademisierung der Kindergartenlehrerinnenausbildung“ steht die Partei skeptisch gegenüber. In Bezug auf die Hochschulpolitik verlangt sie höhere Semestergebühren für ausländische Studierende, die sich in immer grösserer Zahl an Schweizer Universitäten immatrikulieren, sowie die Abschaffung des Numerus Clausus für das Medizinstudium [44].
Im März entwarf die CVP unter Federführung von Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (SG) eine Umfrage, mit der eine Diskussion zum C im Namen angeregt werden sollte. Die Ergebnisse wurden im Dezember in einem Papier veröffentlicht. Die Studienverantwortlichen hielten fest, dass das C nicht für christliche Politik, sondern für eine auf dem christlichen Menschenbild bzw. auf christlichen Werten beruhende Politik stehe. Entsprechend repräsentiere die CVP eine den Menschen achtende und sich für seine Würde einsetzende Haltung [45].
Im April stellte die CVP einen 6-Punkte-Plan zum Gesundheitswesen vor, der Massnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung vorschlägt. Zu diskutieren seien die Einschränkung lebensverlängernder Therapien bei todkranken Menschen und eine generelle Kosten-Nutzenabwägung aller therapeutischen Massnahmen. Zur effizienteren Spitalplanung soll die Schweiz in fünf zentral organisierte Gesundheitsregionen eingeteilt werden. Im Weiteren seien die Kostenschlüssel für stationäre und ambulante Spitalbehandlungen zu vereinheitlichen. In beiden Fällen sollen die Kantone 30% und die Krankenkassen 70% der Behandlungskosten übernehmen. Ergänzt wurde das Papier mit der Forderung zur Abschaffung von Krankenkassenprämien für Kinder. Es wurde an der Delegiertenversammlung im April in Chur als Resolution verabschiedet. An dieser Versammlung beschloss die Partei zudem einstimmig die Unterstützung der Initiative „Ja zur Hausarztmedizin“ [46].
Im Parteitag vom 22. August in Cham stand die Wirtschaftspolitik im Zentrum. Die Delegierten nahmen den Jahresbericht 2009 an, in welchem sich die Partei als treibende Kraft hinter der erfolgreichen Schweizer Wirtschaftspolitik lobt. Ebenfalls verabschiedet wurde eine Wirtschaftsresolution, in der die CVP die Too-big-to-fail-Debatte mit den an die Banken gerichteten Forderungen nach der Erhöhung der Eigenmittel und nach der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital ergänzt. Weiter fordert das Papier bessere steuerliche Rahmenbedingungen in den Kantonen für KMU, eine erleichterte Zulassung von Nicht-EU-Ausländern mit Schweizer Hochschulabschluss, Steuererleichterungen für Start-up-Unternehmen oder die Linearität des Beitragssatzes für die berufliche Vorsorge. Im Vorfeld der Versammlung umstritten war die Forderung auf den Verzicht eines Agrarfreihandelsabkommen mit der EU, war es doch die CVP-Bundesrätin Leuthard, die mit diesem Dossier rang. Eine deutliche Mehrheit der Delegierten sprach sich schliesslich für die Annahme der ALV-Revision aus, deren Abstimmung am 26. September anstand [47].
An der Delegiertenversammlung vom 16. Oktober in Brig wurde Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) ins CVP-Präsidium gewählt. Der Parteitag befasste sich schwerpunktmässig mit dem Tourismus. Um die hohe Qualität des Tourismuslandes Schweiz zu halten und zur Attraktivitätssteigerung für Besucher aus aufstrebenden Ländern wie China, Russland, Indien oder Brasilien brauche es eine Aufstockung der Bundesbeiträge um 10% oder 20 Millionen Franken. Attraktive Regionen müssten einfach und schnell mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar sein und am reduzierten Mehrwertsteuersatz für den Tourismus sei festzuhalten. Die Delegierten fassten zudem die Parolen für die Abstimmungen vom 28. November. Die Steuergerechtigkeitsinitiative und die Ausschaffungsinitiative wurden deutlich abgelehnt, der Gegenvorschlag zu letzterer aber zur Annahme empfohlen. Weil der Partei kaum Mittel für den Abstimmungskampf gegen die Ausschaffungsinitiative zur Verfügung stünden, forderte Christoph Darbellay die Delegierten auf, Leserbriefe zu schreiben [48].
Im Dezember sprachen sich die CVP-Frauen gegen den Willen der Bundeshaus-Fraktion und des Präsidiums für eine Annahme der Waffeninitiative aus. Im Gegensatz zur Mutterpartei, die 2011 die Nein-Parole beschloss, empfahlen auch die Kantonalsektionen ZH, BE, BS, AR und VD die Initiative zur Annahme [49].
Im März feierte die St. Galler CVP ihr 175-jähriges Bestehen. Als eine der ersten parteiähnlichen Vereinigungen im Kanton St. Gallen konstituierte sich die CVP 1834 in Gossau als „Katholischer Verein im Kanton St. Gallen“. Zum Fest gab sich die Kantonalpartei ein neues Leitbild und eine neue Parteiorganisation [50].
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Schweizerische Volkspartei (SVP)
Die SVP trat an den Bundesratsersatzwahlen im Herbst des Berichtjahres für beide durch die Rücktritte von Moritz Leuenberger (sp) und Hans-Rudolf Merz (fdp) frei gewordenen Bundesratssitze mit einer Kampfkandidatur an. Allerdings gestaltete sich die Kandidatensuche schwierig. Weder Caspar Baader (BL), noch Peter Spuhler (TG) oder Ulrich Giezendanner (AG) stellten sich zur Verfügung. Schliesslich trat Jean-François Rime (FR) an, der bereits für den frei gewordenen Sitz von Pascal Couchepin 2009 als Kampfkandidat zur Verfügung gestanden hatte. Dank der geschlossenen Unterstützung seiner Fraktion wurde Rime in beiden Ersatzwahlen jeweils erst im letzten Wahlgang geschlagen [51].
Bei den kantonalen Wahlen setzte die SVP ihre Siegesserie in unterschiedlichem Ausmass fort. Bei den kantonalen Exekutivwahlen (in den Kantonen AI, BE, GL, GR, JU, NW, OW, ZG) wahrte die Volkspartei ihren Besitzstand mehrheitlich. In Bern konnte sie ihren Regierungssitz verteidigen, der Angriff auf den Sitz der BDP jedoch war nicht erfolgreich. Auch in den Kantonen Obwalden, Jura und Graubünden hatten die Kandidierenden der SVP keine Chancen auf einen Regierungssitz. In den Kantonen Glarus und Appenzell Innerrhoden trat die SVP nicht zu den Exekutivwahlen an. Erfolge konnten in den Kantonen Zug und Nidwalden verbucht werden, wo jeweils auf Kosten der Grünen ein zusätzlicher Sitz gewonnen wurde [52].
Bei den kantonalen Parlamentswahlen in den Kantonen Bern, Graubünden und Glarus musste die SVP ihre Parlamentssitze gegen die BDP verteidigen. Dies gelang ihr in Bern, wo die BDP zum ersten Mal antrat und gleich 25 Sitze gewann, sehr gut: die SVP verlor nämlich lediglich drei ihrer 44 Sitze und blieb klar stärkste Fraktion. Sie kam auf einen Wähleranteil von 26.6%. Im Kanton Glarus verlor die SVP zwar ebenfalls zwei Sitze an die BDP, wurde aber im verkleinerten Parlament wieder stärkste Fraktion (26.3% Wähleranteil). Im Kanton Graubünden waren die Vorzeichen genau umgekehrt. Hier war es die SVP, die als Herausforderin antrat. Sie gewann allerdings lediglich vier Sitze. In drei der vier restlichen Kantone, in denen Parlamentswahlen ohne Beteiligung der BDP stattfanden, konnte die SVP stark zulegen. In Obwalden und Nidwalden stieg der Wähleranteil der SVP um mehr als 7 Prozentpunkte (Wähleranteil NW: 26.6%, + 9 Sitze; OW: 21.1%, + 5 Sitze). In Nidwalden ist die SVP neu fraktionsstärkste und in Obwalden zweitstärkste Partei. In Zug vermochte die Volkspartei zwei Mandate hinzuzugewinnen und kommt neu auf einen Wähleranteil von 22.7%. Auch im Kanton Jura konnte die SVP zulegen. Sie gewann einen Sitz und kommt neu auf vier Mandate. Per Saldo hat die SVP also im Berichtsjahr 16 kantonale Sitze gewonnen.
Die 2009 in Neuenburg und in Genf eingefahrenen Wahlniederlagen hatten ein Nachspiel. Vizepräsident Christoph Blocher, Generalsekretär Martin Baltisser und Fraktionschef Caspar Baader trafen sich mit den entsprechenden Kantonalsektionen und schwörten sie auf mehr Linientreue ein. Blocher schlug den Genfern zudem eine Fusion mit der MCG, der Konkurrenzpartei am rechten Flügel vor [53].
Bereits im Januar des Berichtjahrs an der Albisgüetlitagung läutete Christoph Blocher mit einer Rede gegen die Classe politique die Wahlen 2011 ein. Wer für die Schweiz sei, müsse SVP wählen. Mit zwei neu lancierten Volksinitiativen will man im Wahljahr ebenfalls punkten. Ende Januar begann die Unterschriftensammlung für die Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates. Mit einer Familieninitiative will die SVP, dass Steuerabzüge nicht nur für fremd betreute Kinder geltend gemacht werden können, wie dies in der 2009 beschlossenen Familienbesteuerungsreform beschlossen worden war, sondern dass auch Familien, die ihre Kinder selber betreuen, davon profitieren können. Mitte Juli gab die SVP bekannt, dass Hans Fehr eine zentrale Führungsposition für den Wahlkampf 2011 übernehmen werde. Fehr trat daraufhin nach zwölf Jahren als Präsident der Auns zurück [54].
Zum zweiten Mal kurz hintereinander feierte die SVP im Berichtsjahr einen Erfolg mit einer Volksinitiative. Nachdem 2009 die Anti-Minarett-Initiative angenommen worden war, akzeptierte der Souverän auch die Ausschaffungsinitiative. Erneut machte die SVP dabei mit einem umstrittenen Plakat (Ivan S.) auf ihr Begehren aufmerksam. Der Vorschlag von Bundesrätin Sommaruga, zwei SVP-Vertreter in die Arbeitsgruppe aufzunehmen, die Vorschläge zur Umsetzung der Initiative erarbeiten sollte, wurde von der SVP zuerst skeptisch aufgenommen. Die SVP sei nicht an einem Kompromiss, sondern an einer „Eins-zu eins“-Umsetzung interessiert, liess sich Vizepräsident Blocher verlauten. Erst nachdem die Forderung des EJPD nach absoluter Vertraulichkeit fallen gelassen wurde, zeigte sich die SVP einverstanden mit einer Mitarbeit und setzte zwei Vertreter ein [55].
Ende Oktober präsentierte die SVP ihr neues Parteiprogramm für 2011 bis 2015, auf Basis dessen sie bei den Wahlen 2011 mindestens 30% Wähleranteil zu erreichen gedenkt. Eckpfeiler des Wahlprogramms, das unter dem Slogan „Schweizer wählen SVP“ präsentiert wurde, sind die Bekämpfung des EU-Beitritts, ein schlanker Staat sowie die Ausländer- und Asylpolitik. Unter der Federführung von Nationalrat Christoph Mörgeli (ZH) wurden auf 80 Seiten die Ziele der SVP unter dem Motto „Freiheit, Unabhängigkeit und Wohlstand“ zusammengefasst. An der Delegiertenversammlung in Coinsins am 4. Dezember wurde das Programm durchgewinkt [56].
An der Delegiertenversammlung Ende Januar in Stans verabschiedete die SVP eine Resolution zur Energiepolitik. Sie forderte den raschen Bau neuer Atomkraftwerke, um zusammen mit den Wasserkraftwerken den kostengünstigen Strommix weiterhin gewährleisten zu können. Erneuerbare Energien hätten zwar Potenzial, wurde beschieden, dieses sei aber begrenzt und nicht durch staatliche Unterstützung zu fördern [57].
In einem Grundlagenpapier äusserte sich eine Gruppe um Nationalrat Ulrich Schlüer (ZH) zur Bildungspolitik. Darin stellt sich die SVP gegen den integrativen Unterricht, wonach Sonderklassen abgeschafft und in die Regelklassen integriert werden sollen. Kinder von Migrant(-inn)en sollen erst in Regelklassen eintreten dürfen, wenn sie über genügend Deutschkenntnisse verfügen. Schlüer stellte zudem eine Verweiblichung der Schule fest und forderte mehr Lehrer statt Lehrerinnen. Schliesslich müsse im Kindergarten wieder in Mundart und nicht in Hochsprache unterrichtet werden. Das leicht überarbeitete Bildungspapier wurde an der Delegiertenversammlung Mitte Oktober an einem Sonderparteitag verabschiedet [58].
An der Delegiertenversammlung vom Mai in Näfels wiederholte die SVP ihr Vorbehalte gegen Schengen. Sie forderte ein Moratorium für weitere Anpassungen an den Schengen-Rechtsstand. Es soll sogar eine Kündigung des Abkommens geprüft werden. Ebenfalls kritisiert wurde der lasche Umgang der Behörden mit Sans-Papiers [59].
Hatte die SVP sich zu Beginn der Debatte zum UBS-Abkommen noch dezidiert gegen einen Staatsvertrag mit den USA ausgesprochen, machte sie Ende Mai eine Kehrtwende hin zu dessen Befürwortung mit der Begründung, man wolle die Forderung der SP nach einer Bonussteuer nicht unterstützen. Um das Gesicht nicht zu verlieren, enthielten sich viele Nationalräte bei der Schlussabstimmung der Stimme. Das Hin und Her der Parteileitung wurde von einigen Parlamentariern nicht goutiert. Vizepräsident Yvan Perrin (NE) drohte gar mit einem Rücktritt aus der Parteileitung, weil die Partei aus taktischen Gründen ihre Prinzipien verraten hätte und die SVP-Sektionen aus der Westschweiz übergangen würden. Auch Oskar Freysinger (VS) kritisierte die Parteispitze scharf und forderte eine Kerngruppe innerhalb der Fraktion, die darauf schaue, dass einmal gefällte Entscheide nicht wieder umgestossen würden. Es gehe zudem nicht an, dass Entscheide ohne innerparteiliche Debatte gefällt würden. Die Wogen glätteten sich allerdings rasch wieder und Perrin bot an, mindestens bis Ende 2011 in der Parteileitung zu bleiben [60].
An der Delegiertenversammlung Ende Juni in Delémont bekräftige die SVP ihre kritische Haltung zur EU. Der EU-Beitritt müsse unbedingt verhindert werden. Vizepräsident Christoph Blocher bezeichnete die EU als intellektuelle Fehlkonstruktion, die scheitern werde, weil sie nur dem Eigeninteresse der Classe politique diene. Er dachte später sogar laut über eine Initiative nach, mit der das Verbot eines EU-Beitritts in der Verfassung verankert werden sollte [61].
Einiges Aufsehen erregte die SVP-Volksbefragung, die – 24 Seiten dick – am 1. August an alle Schweizer Haushalte verteilt wurde. Die PR-Aktion diente einerseits der Lancierung des Abstimmungskampfs zur Ausschaffungsinitiative, andererseits, so Präsident Brunner, aber auch der Austarierung der künftigen SVP-Migrationspolitik. Die Partei verbuchte Mitte November die rund 70 000 Rückmeldungen als Erfolg. Sie enthielten viele gute Vorschläge für ausländerpolitische Vorstösse. Über 90% der Befragten würden einen Handlungsbedarf in der Migrationspolitik sehen. Weil die Befragung keinerlei repräsentativen Charakter beanspruchte (die 70 000 zurückgeschickten Bögen entsprechen einer Rücklaufquote von knapp 2%) und die Resultate zum vornherein klar waren, stiess die Umfrage auf teilweise harsche Kritik [62].
Einigen Wirbel verursachte die Weisung der Lausanner Gewerbepolizei, die es der SVP verbot auf dem Beaulieu-Messegelände der Stadt eine Delegiertenversammlung abzuhalten. Das Risiko für Ausschreitungen wurde als zu gross erachtet, insbesondere auch deshalb, weil die Gewerkschaft Unia an gleicher Stätte eine Versammlung geplant hatte. Nachdem sich aufgrund von Studierendenprotesten auch die Universität Lausanne geweigert hatte, ihre Räumlichkeiten für die SVP-Delegiertenversammlung zur Verfügung zu stellen und die Volkspartei keinen geeigneten Raum für die 700 Delegierten und 300 Gäste mehr finden konnte, tagte sie am 4. Dezember auf einer Wiese bei Coinsins [63].
Entgegen der Empfehlung des Zentralvorstands wählten die Delegierten an der Versammlung im Mai in Näfels die Berner Grossrätin Nadja Pierren als Nachfolgerin von Jasmin Hutter zur neuen Vizepräsidentin. Die von der Jungen SVP vorgeschlagene Pierren schlug die Nidwalder Landrätin Michèle Blöchliger knapp [64].
Im Juni liessen einige Exponenten der SVP durchsickern, dass Christoph Blocher für die Wahlen 2011 wieder kandidieren werde. Seit seiner Abwahl als Bundesrat ist der Unternehmer ohne politisches Mandat geblieben. Im Kanton Aargau beschloss die kantonale SVP bereits im Juni eine Rochade für die Wahlen 2011. Noch-Nationalrat Ulrich Giezendanner soll für die kleine, Noch-Ständerat Maximilian Reimann für die grosse Kammer kandidieren [65].
Ein Eklat in der Bieler SVP führte zum Austritt von fünf Stadträten und Gemeinderat René Schlauri aus der Partei. Sie wollten den Oppositionskurs der lokalen SVP nicht weiter mittragen und deshalb eine eigene Bieler Volkspartei (BVP) gründen. Die neue Partei stellte bei der SVP des Kantons Bern einen Antrag für eine Aufnahme als weitere Bieler Ortssektion. Dabei schlossen es die Abtrünnigen nicht aus, auch Verhandlungen mit der BDP zu führen [66].
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Grüne Partei (GP)
Die Grünen griffen bei den Bundesratsersatzwahlen im Herbst des Berichtjahrs den Sitz der FDP an. Die Partei rechnete sich mit Unterstützung der SP und der CVP Erfolgschancen aus. Der Anspruch der Grünen mit 10% Wähleranteil auf einen Bundesratssitz sei ebenso berechtigt wie jener der CVP, verlauteten die Parteisprecher. Die Suche nach Spitzenkandidaten verlief allerdings harzig. Mit Marlies Bänziger (ZH), Geri Müller (AG) und Brigit Wyss (SO) stellten sich schliesslich drei Kandidaten zur Verfügung. Die Fraktion bestimmte Brigit Wyss zur Sprengkandidatin. Sie schied allerdings bereits im dritten Wahlgang mit 40 Stimmen aus [67].
Bei den kantonalen Wahlen gehörte die Grüne Partei mehrheitlich zu den Verliererinnen. Ihr Regierungsmandat in Bern konnte sie deutlich verteidigen. Bernhard Pulver erzielte das beste Resultat aller Berner Regierungsräte. Ihren Regierungssitz in Nidwalden und in Zug verloren sie aber jeweils an die SVP. Keinen Erfolg hatten die Grünen zudem bei den Regierungsratswahlen im Kanton Jura. In den Kantonen Obwalden, Glarus, Appenzell Innerrhoden und Graubünden traten die Grünen nicht an. Bei den Parlamentswahlen, die in sieben Kantonen durchgeführt wurden, verloren die Grünen per Saldo sechs Sitze. In drei Kantonen mussten Sitzverluste in Kauf genommen werden, nämlich in Zug (-4 Sitze, 8 Mandate, Wähleranteil 6.5%), in Bern (-3 Sitze, 16 Mandate, Wähleranteil 10%) und in Nidwalden (-2 Sitze, 5 Mandate, 12%). In Graubünden und Obwalden traten die Grünen nicht an. Leichte Gewinne konnten sie in den Kantonen Jura (+ 2 Sitze, 4 Mandate, 8.3%) und Glarus (+1 Sitz, 7 Mandate, 12%) verbuchen [68].
In einem Positionspapier zur Geschlechterfrage („Geschlechterdemokratie im 21. Jahrhundert“), das unter der Leitung von Nationalrätin Therese Frösch (BE) verfasst wurde, wurde eine offene Diskussion der Knabenbeschneidung verlangt, was in jüdischen Kreisen Befremden auslöste. An der Delegiertenversammlung wurde das Papier zurückgewiesen. Man sei nicht gegen Gleichstellung, das Papier sei aber zu unausgegoren [69].
Nach den Erfolgen der Grünliberalen wurden innerhalb der GP Stimmen laut, die eine Abkehr vom linken Stil forderten. Man müsse wegkommen von dogmatischer Politik und sich in Richtung Mitte bewegen. Kritik wurde auch an Präsident Ueli Leuenberger geübt. Obschon Umweltthemen im Trend seien, würde die Partei nicht genügend davon profitieren. So habe etwa die GP noch keine griffige Initiative mit einem ökologischen Thema in Vorbereitung, während die GLP ihr geplantes Begehren zur Energiesteuer bereits öffentlich gemacht habe und die SP das Thema mit ihrer bereits lancierten Cleantech-Initiative besetze. Trotz Kritik wurde Leuenberger an der Delegiertenversammlung Anfang Mai in Freiburg einstimmig bestätigt. Zudem wurde ein Aktionsprogramm zur Energiepolitik verabschiedet, in welchem bekannte Anliegen wie die Förderung alternativer Energien und von Energieeffizienz, die Beschränkung der AKW-Laufzeiten und das Verbot von Endlagern (falls nicht gleichzeitig alle AKWs abgeschaltet werden) festgehalten wurden. Man sei sich jedoch bewusst, so Vizepräsidentin Franziska Teuscher, dass die Menschen heute wahrscheinlich nicht mehr so kritisch gegen Atomstrom eingestellt seien wie noch vor 20 Jahren. Sie forderte eine neue Atomdebatte, welche die Grünen anführen müssten [70].
An der Delegiertenversammlung Ende August wollte die GP eigentlich über die Stossrichtung einer Initiative diskutieren, die im Wahljahr 2011 lanciert werden sollte. Aufgrund der innerparteilichen Debatte um die Ausgestaltung des „Green New Deal“, für die eine zusätzliche ausserordentliche Versammlung einberufen werden musste, verzögerte sich die Auseinandersetzung mit einer möglichen wahlkampfunterstützenden Initiative [71].
Mit ihrer Wahl zur zweiten Vizepräsidentin im Nationalrat gab Maya Graf (BL) ihr Amt als Fraktionschefin ab. Geht alles seinen normalen Gang und wird Graf 2011 wiedergewählt, so dürfte sie 2013 als erste grüne Parlamentarierin die formell höchste Schweizerin werden. Nachfolgerin von Graf als Fraktionschef der Grünen wurde der Genfer Nationalrat Antonio Hodgers. Brigit Wyss (SO) und Luc Recordon (VD) übernahmen gemeinsam das Vizepräsidium [72].
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Evangelische Volkspartei (EVP)
Bei den kantonalen Wahlen in Bern verlor die EVP rund 1.5 Prozentpunkte an Wähleranteilen und 3 Sitze. Sie hält im Grossen Rat noch 10 Mandate [73].
Für das Wahljahr 2011 plant die EVP die Lancierung einer Initiative zur Erbschaftssteuer. Um eine eigene Fraktion bilden zu können, will Parteipräsident Heiner Studer bei den nationalen Wahlen fünf Sitze erringen [74].
Anlässlich des Rücktritts von Nationalrat Walter Donzé attestierte die Presse der EVP strategisches Geschick. Obwohl die Rücktrittsabsicht parteiintern bekannt war, wurde sie nicht publik gemacht. Als Parteimitglied gleichwohl entsprechend informiert, kandidierte die in Bern bekannte Marianne Streiff trotz der Aussicht bald in den Nationalrat nachzurutschen, für den Grossen Rat und wurde gewählt. Damit sicherte sie den Grossratssitz der Partei und erhielt mit der Übernahme des Nationalratssitzes von Donzé die Möglichkeit, sich bis zu den Erneuerungswahlen im Herbst 2011, für die sie kandidieren will, auf dem nationalen Parkett zu etablieren [75].
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Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU)
Bei den Berner Grossratswahlen musste die EDU den Verlust eines Sitzes hinnehmen. Sie hat nun noch fünf Mandate im kantonalen Parlament [76].
Nachdem die EDU 2009 mit der Annahme der Anti-Minarett-Initiative einen grossen Erfolg feiern konnte, wurde in einzelnen Kantonen eine Annäherung an die SVP – zumindest für einen gemeinsamen Wahlauftritt – geplant. Die politische Nähe der beiden Parteien zeigte sich an der Parolenfassung der EDU. So unterstützte sie beispielsweise die Ausschaffungsinitiative der SVP und sprach sich an ihrem Parteitag im Oktober in Olten gegen den Gegenvorschlag aus. An der Delegiertenversammlung in Sargans beschloss die EDU zudem, die Familieninitiative und die Anti-Abtreibungs-Initiative der SVP zu unterstützen [77].
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Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP)
Die BDP musste sich im Berichtsjahr gleich in drei kantonalen Wahlen als neue Partei bewähren. Sowohl in Bern als auch in Graubünden und Glarus trat die Partei zum ersten Mal zu den Wahlen an. Während in Bern und in Glarus die neu formierte BDP als Herausforderin der SVP und Aussenseiterin antrat, hatte in Graubünden die SVP diese Rolle. In Bern kam die BDP auf Anhieb auf 16% der Wählerstimmen und gewann 25 Sitze, die allerdings nicht auf Kosten der SVP, sondern vor allem der FDP und teilweise der SP gingen. Mit der kantonalen Parteipräsidentin Beatrice Simon verteidigte die BDP auch erfolgreich ihren Berner Regierungssitz. Im Kanton Glarus vermochte die BDP ebenfalls auf Kosten der FDP und der CVP und nur teilweise zulasten der SVP 16.6% Wähleranteile sowie zehn Sitze zu gewinnen und ihren Regierungssitz zu verteidigen. In Graubünden errang die BDP 26 Sitze und stellt 2 Regierungsräte [78].
Die BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf beteiligte sich an der grossen Rochade bei der neuen Departementsverteilung nach den Bundesratsersatzwahlen im Herbst des Berichtsjahrs. Neu übernahm sie das Finanzdepartement. Die BDP will in den Wahlen von 2011 vor allem auf ihre Bundesrätin als Wahlkampflokomotive setzen. Aus Ressourcen- und Effizienzgründen will die Partei auf die Lancierung einer Initiative verzichten [79].
An der Delegiertenversammlung im Januar grenzte sich die BDP als Wirtschaftspartei von der SVP ab. Zudem wurden zwei Positionspapiere zur Landwirtschaft und zur Armee vorgelegt [80].
Bei der Delegiertenversammlung in Solothurn machte sich der ehemalige Bundesrat Samuel Schmid für den Erhalt der Konkordanz stark. Dafür brauche es aber auch eine gewisse Distanz zur Parteipolitik [81].
Eine weitere Abgrenzung zur SVP nahm die BDP an der insgesamt sechsten Delegiertenversammlung seit ihrer Gründung im November in Wallisellen vor. Sie lehnte die Ausschaffungsinitiative einstimmig ab und nahm den Gegenvorschlag ebenso deutlich an. Auch die Steuergerechtigkeitsinitiative der SP wurde abgelehnt [82].
Im Berichtsjahr wurden in den Kantonen Basel-Landschaft, Luzern und Freiburg weitere Kantonalsektionen gegründet, womit sich ihre Anzahl auf 13 erhöhte. Schweizweit zählte die Partei im April des Berichtsjahrs rund 6000 Mitglieder. Im September wurde schliesslich im Kanton Neuenburg die erste rein französischsprachige Sektion gegründet. In den Kantonen Schaffhausen und Waadt wurde im Berichtsjahr ebenfalls die Gründung von Sektionen diskutiert [83].
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Grünliberale Partei (GLP)
Dank dem Übertritt des ursprünglich Parteilosen Markus Stadler, der in Uri als Nachfolger des zurückgetretenen CVP-Ständerats Hansruedi Stadler in die kleine Kammer gewählt wurde, kam die GLP – neben Verena Diener (ZH) – zu einem zweiten Vertreter im Ständerat [84].
In drei Kantonen traten die Grünliberalen zum ersten Mal zu kantonalen Parlamentswahlen an. In Bern, Zug und Graubünden konnte die junge Partei dabei gleich Erfolge feiern. In Bern und Zug erhielt sie jeweils je 4% Wähleranteil, was sich in Bern in vier und in Zug in zwei Sitzen niederschlug. Im Kanton Graubünden gewann die GLP ebenfalls zwei Sitze. Damit konnte sie ihren Siegeszug fortsetzen. Sie gewann ihre Mandate mehrheitlich auf Kosten der Grünen, der FDP und der SP. Gemäss Parteipräsident Martin Bäumle gedenkt die Partei den Schwung in die Nationalratswahlen 2011 mitzunehmen und Fraktionsstärke zu erlangen. [85].
Die junge Partei wollte mit eigenen neuen Projekten auf sich aufmerksam machen. An der Delegiertenversammlung in Winterthur wurde ein Papier zur Energiepolitik diskutiert, das die Besteuerung der Einfuhr nichterneuerbarer Energie und im Gegenzug die Abschaffung der Mehrwertsteuer verlangt. Die Idee wurde im November als Initiative „Energie- statt Mehrwertsteuer“ lanciert [86].
Im Berichtsjahr wurden zwei weitere kantonale Sektionen aus der Taufe gehoben. Im Februar wurde, angeführt von den ehemaligen FDP-Mitgliedern Jacques-André Haury und Isabelle Chevalley, im Kanton Waadt eine neue Sektion gegründet. Ende September folgte dann die Gründung im Kanton Genf. Ende Berichtsjahr weist die GLP damit kantonale Sektionen in 14 Kantonen (GR, SG, AR, TG, ZH, ZG, LU, BL, BS, SO, BE, FR, VD, GE) und insgesamt 33 Sitze in kantonalen Parlamenten aus. Neben Erfolgsmeldungen waren aus den Kantonen auch Misstöne zu hören. So trat der gesamte Vorstand der GLP Basel-Landschaft aufgrund personeller Schwierigkeiten zurück. Der Parteipräsidentin wurde mangelnde Erfahrung vorgeworfen [87].
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Andere Parteien
Die aus der PdA und verschiedenen linksalternativen Bewegungen hervorgegangene Linke Alternative (La Gauche, La Sinistra), die sich 2009 in Schaffhausen konstituiert hatte, hielt im Mai des Berichtsjahrs in Lausanne ihren ersten Parteitag ab. Rund 200 Personen aus über 20 Kantonen verabschiedeten ein Parteiprogramm, das ein antikapitalistisches, ökosozialistisches, demokratisches und feministisches Engagement vorgibt. Hauptsächliches Ziel sei aber eine Bündelung der zersplitterten linken Kräfte. Die Delegierten entschieden sich gegen ein an die Parteimitglieder gerichtetes Verbot, an Exekutivwahlen zu partizipieren. Zudem wurde den Mitgliedern der Linken Alternativen die Zugehörigkeit auch zu anderen Parteien zugestanden. Im Juni wurde die erste kantonale Sektion im Kanton Wallis gegründet. Im Mai waren kommunale Sektionen in den Kantonen Waadt, Genf und Freiburg geplant. Folgen sollen weitere in Jura und Neuenburg. Aber auch in den Städten Zürich, Schaffhausen und Bern sollen kommunale Sektionen entstehen. Treibende Kräfte hinter der Linken Alternativen sind neben Nationalrat Josef Zisyadis (VD) der ehemalige Bern-Jurassische SP-Präsident Frédéric Charpié [88].
Die Partei der Arbeit besteht in den Kantonen Jura, Neuenburg und Waadt weiterhin unter dem Namen Parti Ouvrier Populaire (POP). Nach dem Abgang ihres ehemaligen Zugpferdes Josef Zisyadis zur Linken Alternativen zeigte aber insbesondere die POP im Kanton Waadt erste Auflösungserscheinungen. In einzelnen Gemeinden fusionierten die unterschiedlichen linken Gruppierungen zusammen mit kommunalen POP-Sektionen zur Linken Alternativen [89].
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An der Delegiertenversammlung vom 3. Oktober in Zürich wurde Marius Achermann zum neuen Präsidenten der CSP gewählt. Der Freiburger ersetzte die Gemeinderätin der Stadt Zürich Monika Bloch Süss, die zehn Jahre an der Spitze der Partei gestanden hatte. Bei den Regierungsratswahlen im Kanton Jura verlor die Partei ihren Regierungsratssitz an die SP. Laurent Schaffter wurde nicht wiedergewählt. Auch bei den kantonalen Parlamentswahlen in den Kantonen Jura und Obwalden musste die CSP leichte Wählerverluste hinnehmen. In Obwalden hat sie noch einen Wähleranteil von 15.5%, im Jura von 13.2% (je 8 Sitze) [90].
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Die Schweizer Demokraten machten mit der geplanten Lancierung einer Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit auf sich aufmerksam. Der ehemalige Nationalrat der SD Rudolf Keller (BL) plante ein politisches Comeback. Er will wieder für den Basler Landrat kandidieren. In Zürich wurde ein Postulat der SD abgelehnt, das eine Strasse nach James Schwarzenbach benennen wollte. Schwarzenbach hatte sich in den 1970er Jahren einen Namen als Vater der Überfremdungsinitiative gemacht [91].
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Der Erfolg des rechtspopulistischen „Mouvement citoyens genevois“ (MCG) bei den Parlamentswahlen im Kanton Genf 2009, bei denen die Bewegung mit einer Kampagne gegen französische Grenzgänger 17 Sitze errungen hatte, wirkte über die Kantonsgrenzen hinaus. Sowohl im Kanton Neuenburg als auch im Kanton Waadt wurden Sektionen des MCG gegründet (Mouvement citoyen vaudois und Mouvement citoyen neuchâtelois). Der ehemalige SVP-Kantonspräsident Soli Pardo (GE) trat zum Mouvement über, da ihm die SVP zu wenig pointiert politisierte. Ein von Christoph Blocher vorgeschlagenes Zusammengehen des MCG mit der Genfer SVP stiess auf Widerstand [92].
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Die PNOS formierte sich in Langenthal neu. An der Generalversammlung wurde Dominic Lüthard (BE) zum Präsidenten der nationalen Partei gewählt. Ein Exponent der Partei wurde wegen Verstosses gegen den Antirassismusartikel verurteilt, weil er die Echtheit des Tagebuchs von Anne Franck leugnete [93].
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Das Kampfblatt der Lega, der „Mattino della domenica“ feierte im Berichtsjahr sein 20-jähriges Jubiläum. Die von Guiliano Bignasca gegründete Zeitung dient der Lega als Sprachrohr mit dem sie – häufig unter der Gürtellinie – ihre provokanten Ideen publik macht [94].
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Die im Juli 2009 gegründete Piratenpartei, die ihren programmatischen Schwerpunkt beim Thema Internet ansiedelt, freien Musikdownload und ein verbotsfreies Internet fordert, hat im Berichtsjahr an Mitgliedern gewonnen und trat in Bern erstmals auch bei kantonalen Parlamentswahlen an. Die elf Kandidaten – durchwegs Männer – hatten allerdings keine Chance auf einen Sitzgewinn. In vier Kantonen wurden kantonale Sektionen gegründet: In Zürich, in Bern, in den beiden Basel und im Aargau. Einen Erfolg konnte die Partei auf lokaler Ebene verzeichnen. Die Winterthurer Stimmbürger wählten Marc Wäckerlin ins Stadtparlament [95].
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Im Juli wurde in Zürich die Tierpartei Schweiz gegründet. Hauptsächliches Thema ist der „verantwortungs- und würdevolle Umgang mit allem Leben“. Die Partei stehe dem grünliberalen Gedankengut nahe. Die Tierpartei will bereits bei den Wahlen 2011 mit eigenen Kandidaten antreten. Im Zusammenhang mit der Tieranwalt-Initiative hatte sich die Gruppierung mit Hilfe des Internet-Netzwerkes Facebook ins Leben gerufen [96].
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Weiterführende Literatur
Bonfadelli Heinz / Meier Werner (Hg.), Grüne Gentechnologie im öffentlichen Diskurs : Interessen, Konflikte und Argumente, Konstanz 2010.
Gernet, Hilmar, Vom Geld der Parteien : Parteienfinanzierung im eidgenössischen Parlament 1964-2005, s.l. (Diss. phil. Freiburg/Schweiz), 2009.
Girod, Bastien, Green change: Strategien zur Glücksmaximierung, Oberhofen 2010.
Ladner Andreas e.a., Die politische Positionierung der europäischen Parteien im Vergleich: eine Analyse der politischen Positionen der europäischen Parteien anlässlich der Wahlen des Europäischen Parlaments 2009 mit besonderer Berücksichtigung der Schweizer Parteien, Chavannes-Lausanne (IDHEAP) 2010.
Meuwly, Olivier, Les partis politiques: acteurs de l'histoire suisse, Lausanne 2010.
Nicolet Sarah / Sciarini, Pascal (Hg.), Le destin électoral de la gauche : le vote socialiste et vert en Suisse, Chêne-Bourg 2010.
Nyffenegger, Alexander, Brauner Sumpf : Bekenntnisse eines Aussteigers, Rudolstadt 2010.
Strebel, Hanspeter, „Darum Freisinnige, vereinigt euch!" : vom Volksverein zur FDP : die Liberalen 1910-2010, Trogen 2010.
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[1] AB NR, 2010, S. 255 ff.;TA, 12.2.10.
[2] AB SR, 2010, S. 742 f.
[3] Steuerabzug: NZZ, 30.12.10; Offenlegung: TA, NZZ, Bund, 19.5.10; NZZ, 28.5.10.
[4] TA, 10.10.10; QJ, 27.10.10.
[5] Presse vom 28.12.10.
[6] Lit. Ladner; SN, 4.5.10.
[7] Presse vom 9. bis 11.5.10.
[8] Ausführlich berichten wir zu den Bundesratswahlen oben Teil I, 1c (Regierung); Nominierung: Presse vom 4.9.10.
[9] Presse vom 28.9. bis 13.10.10; Zur Departementsverteilung siehe oben, Teil I, 1c (Regierung).
[10] Presse vom 25.1.10; SPJ 2009, S. 56; vgl. auch oben Teil I, 1e (Ständeratswahlen).
[11] Wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen), zu den Stimmen- und Sitzanteilen vgl. auch den tabellarischen Anhang.
[12] TA, 15.10; Bund, 30.3.10; Lit: Nicolet/Sciarini; wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen), zu den Stimmen- und Sitzanteilen vgl. auch den tabellarischen Anhang.
[13] NZZ, 7.1. und 22.3.10; Presse vom 23.3.10 (Clean-Tech); SN, 3.12.10; NZZ, 31.5.10 (Mindestlohn).
[14] SZ, 8.3.10; SGT 1.3.10; Lib, 1.3.10; TA, 1.12.10; Ausführlich zu den Abstimmungen und Parlamentsdebatten berichten wir oben, Teil I, 7c (berufliche Vorsorge bzw. Arbeitslosenversicherung) und 5 (Direkte Steuern).
[15] Christen: SN, 5.1.10; NZZ, 26.2.10; Presse vom 8.4. bis 19.4. und vom 1.11 bis 17.12.10; TA, 3.7. und 29.9.10; NZZ, 30.7 und 30.9.10.
[16] SGT, 26.5.10; NZZ, 26.6.10.
[17] Presse vom 3.7 und vom 1. bis 11.11.10; Zur Abstimmung vgl. oben, Teil I, 7d (Ausländerpolitik).
[18] TA, 2.7.10; NZZ, 3.7.10.
[19] Presse vom 20.2.10, vom 17.11.10 und vom 18.5.2011.
[20] Presse vom 30.11. und 1.12.10.
[21] NZZ, 30.11. und 1.12.10.
[22] SGT, 31.3.10; Presse vom 7.8. und 4.9.10; Delegiertenversammlung: NZZ, 18.10.10; Ausführlich zu den Bundesratswahlen berichten wir in Teil I, 1 c (Regierung). Zum Streit zwischen Pelli und Levrat (sp) wegen der Departementsverteilung siehe oben (SP).
[23] Presse vom 18.1.10; zu den Wahlen vgl. ausführlich Teil I, 1e (Wahlen).
[24] NZZ, 22.11.10; zu den Wahlen berichten wir ausführlich im Teil I, 1e (Wahlen).
[25] TA, 30.3.10; LT, 26.10.10; SZ, 1.6.10; NZZ, 13.6.10; zu den Wahlen berichten wir ausführlich im Teil I, 1e (Wahlen).
[26] Presse vom 16.2.10; BaZ, 23.3.10; NZZ, 23.6., 26.6 und 4.8.10; Presse vom 28.6., 11.9. und 13.9.10; Zürcher Sektion: NZZ, 23.1.10; TA, 2.8.10.
[27] Presse vom 6.12. und 7.12.10; SZ, 7.12.10; NZZ, 13.12.10.
[28] Presse vom 3.2.10.
[29] 24h, 8.6.10; BaZ, 2.10.10; Presse vom 4.10.10; AZ, 12.10.10.
[30] NF, 25.1.10.
[31] NZZ, SZ und NLZ 9.2.10.
[32] TA, 30.1.10; SZ und NLZ, 12.2.10; TA, 17.2.10; Presse vom 2.3. und vom 9.3.10; SoZ, 25.4.10; Presse vom 26. und 27.4.10.
[33] Presse vom 27.4.10.
[34] NZZ, 18.5.10.
[35] Presse vom 28.6.10.
[36] Zum Beschluss von 1995 vgl. SPJ 1995, S. 344; NZZ, 12.10. und 18.10.10; BaZ 16.10.10.
[37] GE: TG, 14.4. und 15.4.10; VD: 24h, 15.3.10; BS: BaZ, 25.3. und 13.10.10; zur nationalen Fusion vgl. SPJ 2008, S. 306.
[38] BaZ, 10.8.10; TA, 14.8.10; NLZ, 24.9. und 25.9.10; ausführlich zu den Bundesratswahlen berichten wir in Teil I, 1 c (Regierung).
[39] TA, 27.3.10
[40] Wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen).
[41] Wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen).
[42] BaZ, 23.3.10; SN, 3.12.10.
[43] NZZ, 9.3.10; TA, 10.3.10.
[44] TA, 22.3.10; NZZ, 18.8.10.
[45] SOS, 26.3.10; www.cvp.ch.
[46] Presse vom 10.4.10; NZZ, 26.4.10; vgl. SPJ 2009, S. 318 zum bereits 2009 vorgeschlagenen 15-Punkte-Entwurf.
[47] NZZ, 23.8.10; zur ALV-Revision vgl. oben Teil I, 7c (Arbeitslosenversicherung); zur Debatte über das Agrarfreihandelsabkommen im Vorfeld der Delegiertenversammlung vgl. Presse vom 26.5. und vom 2.9.10.
[48] NZZ, 18.10.10.
[49] TA, und NLZ, 16.12.10; NZZ, 10.12.10.
[50] SGT, 5.3. und 22.3.10.
[51] Presse vom 9.4., 17.8, 27.8 und 1.9.10; ausführlich zu den Bundesratswahlen berichten wir in Teil I, 1 c (Regierung).
[52] Wir berichten ausführlich über die Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen), vgl. auch Anhang.
[53] Wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen), zu den Stimmen- und Sitzanteilen vgl. auch den Anhang. Genf und Neuenburg: TA, 12.2.10; TG, 4.11.10; AZ, 6.11.10.
[54] Presse vom 16.1.10; TA, 27.1.10; BaZ, 23.3.10; Presse vom 16.7.10.
[55] Zum Plakat: 24h, 29.10.10; zur Arbeitsgruppe: TA, 13.12. bis 24.12.10; Presse vom 13.12.10; zur Ausschaffungsinitiative vgl. ausführlich Teil I, 7d (Ausländerpolitik).
[56] Presse vom 26.10. und vom 6.12.10.
[57] NZZ, 25.1.10.
[58] TA, 1.2.10; BAZ, 20.10.10.
[59] NZZ, 3.5.10.
[60] Presse vom 21.5. bis 10.6.10; Perrin/Freysinger: Presse vom 21.6. bis 23.6. und 6.7.10.
[61] Presse vom 28.6. und vom 24.7.10.
[62] Presse vom 27.7. bis 30.7.10; TA, 23.8.10; Presse vom 10.11.10.
[63] Presse vom 11.11. bis 5.12.10.
[64] Presse vom 3.5.10.
[65] NZZ, 3.6.10; Presse vom 4.6.10.
[66] Presse vom 12.8. und 13.8.10.
[67] TA, 12.8.10; STG, 13.8.10; BaZ, 14.8.10; QJ 18.8.10; TG, 18.8.10; ausführlich zu den Bundesratswahlen berichten wir in Teil I, 1 c (Regierung).
[68] Wir berichten ausführlich über die Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen).
[69] Presse vom 12.1.10; NZZ, 18.1.10.
[70] TA, 7.4.10; Presse vom 2.5. bis 10.5.10; NZZ, 10.5.10; zur Debatte, ob die Grünen zu links seien vgl. auch ExPress, 24.6.10 und TA, 10.6. und 27.10.10.
[71] BaZ, 23.3.10; SGT, 30.8.10.
[72] NZZ, 29.9.10; TG, 9.12.10.
[73] Wir berichten ausführlich zu den Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen).
[74] STG, 21.12.10.
[75] BZ, 8.6.10.
[76] Bund, 18.5.10.
[77] NZZ, 10.5. und 18.10.10; LIB, 20.5.10.
[78] TA und NZZ, 30.3.10; BaZ, 15.6.10; vgl. ausführlich zu den Wahlen oben, Teil I, 1e (Wahlen).
[79] SZ, 9.4. und 21.4.10.
[80] NZZ, 18.1.10.
[81] SZ, 23.8.10.
[82] NZZ, 1.11.10
[83] NZZ, 25.3.10; SZ, 9.4.10; ExPress, 10.4.10; LT, 27.4.10; SN, 5.5.10; NZZ, 17.9.10.
[84] Zu den Ständeratsersatzwahlen vgl. oben Teil I, 1e (Ständeratswahlen).
[85] Bäumle: NZZ, 12.3.10; wir berichten ausführlich über die Wahlen im Teil I, 1 e (Wahlen).
[86] NZZ, 22.2.10; SGT, 8.11.10.
[87] 24h, 12.2.10; LT, 23.2.10; NZZ, 22.2 und 6.10.10; BAZ, 20.3., 23.3., 21.5. und 25.8.10.
[88] TG, 28.5.10; QJ, 31.5.10; LT, 2.6.10; NF, 15.6.10; Woz 3.6.10.
[89] 24h, 28. und 31.7.10.
[90] NZZ 4.10.10; zu den Wahlen vgl. Teil I, 1 e (Wahlen).
[91] BaZ 23.3 und 7.9.10; TA, 4.11.10.
[92] LT, 1.2. und 2.2.10; Express, 11.3. und 5.6.10; Pardo: TG, 25.10.10; Blocher: LT, 6.2.10.
[93] BZ, 19.4.10. 
[94] NZZ, 6.4.10; SGT, 16.4.10.
[95] NZZ, 11.1.10; Bund, 25.2. und 1.11.10; SGT, 10.4.10; TA, 19.10.10; BAZ, 9.11.10; AZ, 31.12.10.
[96] AZ, TA und 24h 26.7.10; TG, 23.8.10.
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