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Partis, associations et groupes d'interêt
Partis
Les débats sur des problèmes de principe s'atténuent — Faible écho des projets de renforcement des partis — Controverses chez les conservateurs chrétiens-sociaux entre ancienne et jeune générations d'une part, Alémaniques et Romands d'autre part — Les doubles candidatures ne parviennent pas à animer les élections complémentaires au gouvernement — L'initiative de coordination scolaire des jeunes du parti PAB aboutit — Controverses au sein de l'Alliance des Indépendants — Nouvelle formation de groupuscules — Tensions entre la gauche et la droite chez les socialistes — Les expulsions d'opposants de gauche et les événements de Tchécoslovaquie laissent inébranlée la position du Parti du Travail — Création d'un centre d'information de l'opposition extra parlementaire — Nouvelles créations chez les extrémistes de gauche.
 
Die Nationalratswahlen von 1967 hatten auch noch für das darauffolgende Jahr mehr Leben in das schweizerische Parteigeschehen gebracht, indem sie ausgedehnte Debatten über Grundsatzprobleme und Reorganisationsmöglichkeiten hervorriefen. Diese Bewegung verebbte 1969 nicht, verlief aber nun gemächlicher oder verlagerte sich von der Landes- stärker auf die Kantons-, Gemeinde- oder Regionsebene, da ja die eidgenössischen Wahlen bereits recht weit zurücklagen und neue nicht unmittelbar bevorstanden. Mindestens äusserlich kehrte also wieder mehr Ruhe ein, obwohl manche Auseinandersetzung andauerte und sich da und dort das Bemühen zeigte, den Stimmbürger und Wähler mit neuen Methoden des politischen Kampfes besser anzusprechen.
Die fundamentale Frage nach der Rolle von Parteien und Verbänden im Staate kam vor dem Nationalrat im März durch eine Motion Schürmann (k.-chr., SO) zur Sprache, die den Bundesrat um einen Bericht über die Möglichkeiten einer Institutionalisierung des Vernehmlassungsverfahrens und einer Stärkung der Parteien ersuchte, wobei der Motionär in seiner Begründung auch die Probleme der Bestellung von Expertenkommissionen, der Parteifinanzierung und der gesetzlichen Regelung des Partei- und Verbandswesens aufgriff. Die späte und wenig substantielle Antwort des Bundesrates, welche die Lösung der aufgeworfenen Fragen in erster Linie den Parteien selber zuschob, rief einzelne enttäuschte Kommentare hervor. Nicht nur bei der grundsätzlichen Behandlung des Vernehmlassungsverfahrens ernteten die Bundesbehörden Kritik, sondern auch bei seiner praktischen Handhabung; dies zeigte sich gegen Ende des Jahres, als man zum Konzept des BIGA für die Fremdarbeiterregelung wohl die Wirtschaftskreise um ihre Meinung fragte, nicht aber die politischen Parteien [1].
Mit der Regeneration des Parteiwesens befasste sich auch ein Vorschlag von Prof. Eichenberger (Basel), der anregte, die Landesparteien sollten in einer freien Arbeitsgemeinschaft die nötigen Untersuchungen einleiten, welche die Grundlagen für einen Neuaufbau liefern könnten. Sein Ruf fand — wie vorher schon der parlamentarische Vorstoss — nur geringen Widerhall in der Öffentlichkeit und selbst bei den Nächstbetroffenen, den Parteien selber. Ihre Erneuerung und Stärkung ist offenbar zwar wichtig, aber keineswegs populär, und erst wenige empfinden sie als eine Aufgabe, deren Lösung keinen Aufschub mehr ertrage [2].
Die Entwicklung der verschiedenen Parteien im Jahre 1969 lässt sich nicht ohne weiteres auf einen Nenner bringen. Gemeinsam war mehreren von ihnen, dass ihre Einheit und Kohärenz in Frage gestellt wurde, sei es durch ideologische oder durch Generationenkonflikte, sei es durch regionale Sonderaktionen.
Konservativ-Christlichsoziale Parte
Zu einer Überraschung kam es bereits im April, als die Konservativ-Christlichsozialen als erste schweizerische Partei eine Parole zur Abstimmung über das ETH-Gesetz ausgaben, wobei sie diesen Beschluss nicht dem Zentralkomitee überliessen — was nach den Statuten möglich gewesen wäre — sondern angesichts der Bedeutung von Kultur- und Bildungsfragen für eine Weltanschauungspartei die Delegiertenversammlung einberiefen. Diese sprach sich trotz befürwortenden Voten prominenter Parlamentarier wie Fraktionschef Nationalrat K. Furgler nicht für den Ja-Antrag der Parteileitung aus, sondern mit 70: 41 Stimmen für das Nein, welches Jungkonservative und Jungchristlichsoziale sowie Aktivitas und Altherrenverband des Schweizerischen Studentenvereins empfohlen hatten. Einzelne katholisch-konservative Blätter verhehlten ihre Enttäuschung über diesen Entscheid nicht, fanden sich jedoch mit ihm ab [3].
Tiefere Gräben riss das « Movimento giovanile del partito conservatore ticinese » auf, das im Januar in Muralto mit grossem Mehr ein « politisches Dokument » annahm, welches die Partei auffordert, auf ihre bisherige ideologische Basis der christlichen Inspiration und der sozialen Doktrin der Kirche zu verzichten. Manche der überlieferten ideologischen Beweggründe stammten noch aus einer Zeit, als der politische Radikalismus die Kirche bedrohte, und entsprächen den heutigen Realitäten nicht mehr. Die Entschliessung der jungen Konservativen zielte nicht auf eine Spaltung der kantonalen Partei, stand jedoch in deutlichem Widerspruch zu deren Programm von 1967, das ausdrücklich die Teilnahme an den « politischen Strömungen christlicher Inspiration » vorsah. Die Stellungnahme der Tessiner Jungkonservativen wurde zwar in anderen Kantonen nicht offiziell diskutiert oder gar übernommen, fand aber anscheinend auch dort Sympathisanten [4].
Unerwartete Wellen warf es, als Ende April in Lausanne der erste « Kongress der konservativ-christlichsozialen Kantonalparteien der Westschweiz» zusammentrat, an dem neben Bundesrat Bonvin auch verschiedene welsche Staats-, Stände- und Nationalräte teilnahmen. Die Aussprache drehte sich besonders um die Mietzinsüberwachung, Fragen der Krankenversicherung und um das Juraproblem (für welches man dringend eine eidgenössische Vermittlung forderte). Triebfeder der Zusammenkunft war der Genfer Parteisekretär, und den Vorsitz führte der Waadtländer Parteipräsident, nicht etwa der welsche Vizepräsident der Landespartei, die zu den organisatorischen Vorarbeiten nicht beigezogen worden war. Das rief im « Vaterland » einem geharnischten Kommentar, der unter dem Titel « Den Anfängen wehren ! » belgische Verhältnisse als abschreckendes Beispiel heraufbeschwor und festhielt: «Die Durchführung getrennter Tagungen, die Bildung abgesonderter Studiengruppen schliesst die Gefahr des Auseinanderlebens zwischen Deutsch und Welsch in sich und dient keineswegs dem heute besonders notwendigen stärkeren Schulterschluss. Nicht Absonderung — stärkere Integration der welschen Schweiz und ihr kräftigeres Mitmachen in den Gremien der Gesamtpartei sind heute notwendig » [5].
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Freisinnige Partei
Zu einem Geplänkel zwischen Deutsch und Welsch kam es auch beim Freisinn, wo die Zürcher Kantonalpartei zur Wahlfeier für Bundesrat Brugger keine Gesinnungsfreunde aus der Romandie einlud und ursprünglich nicht einmal dem Präsidenten der Landespartei, Nationalrat Schmitt aus Genf, das Wort lassen wollte, obwohl ja gerade die Westschweizer Radikalen durch ihren Verzicht auf eine eigene Kandidatur die reibungslose Wahl Bruggers erst ermöglicht hatten. Dieser Fauxpas rief jenseits der Saane gereizte Kommentare hervor [6].
Geschmeidiger zeigten sich die Zürcher Freisinnigen bei der Wiedervereinigung mit der Demokratischen Partei ihres Kantons, die sich bereits im Vorjahr angebahnt hatte. Im Sommer 1969 wurde nun ein auf drei Jahre befristeter « Vertrag für eine Arbeitsgemeinschaft zwischen Freisinnigen und Demokraten » geschlossen, der vorsah, dass beide Kontrahenten künftig politische und sachliche Fragen gemeinsam lösen, gemeinsame Veranstaltungen durchführen und sich vor Urnengängen gegenseitig konsultieren sollten. Als wichtigstes Organ schuf er einen paritätisch gebildeten und im Turnus präsidierten Koordinationsausschuss. Ferner schlossen sich die Kantonsräte beider Richtungen zu einer Fraktion zusammen, die dadurch zur zweitstärksten des Rates vorrückte. Da auch von Listenverbindungen und selbst von Einheitslisten und von Vorbereitungen für eine Plattform gemeinsamer Programmpunkte die Rede war, empfand man die Vereinbarung mancherorts als die Vorstufe einer Fusion, obwohl sie beiden Partnern ihre rechtliche Selbständigkeit beliess. Die Delegierten der Freisinnigen Partei genehmigten die Abmachung sozusagen einstimmig, diejenigen der Demokraten mit Zweidrittelsmehr (123: 62), wobei offensichtlich die Städte Zürich und Winterthur gegenüber der Landschaft den Ausschlag geben.
Diese Re-Integration der Demokraten lief unter dem Schlagwort « Sammlung der bürgerlichen Kräfte », umfasste jedoch keineswegs alle nichtsozialistischen Gruppen. Die BGB wäre zum Gespräch mit den Demokraten allein bereit gewesen. Einen Einbezug in die neue freisinnig-demokratische Arbeitsgemeinschaft lehnte sie dagegen ab, und von einer Ausweitung auf Christlichsoziale und Landesring war nicht die Rede. Die Demokraten als der weit schwächere Teil in der neuen Allianz zogen mit diesem Schritt die für sie schmerzliche Konsequenz aus verschiedenen Misserfolgen und Rückschlägen der letzten Jahrzehnte. Für die Zürcher Freisinnigen bedeutete das Unternehmen eine « apertura a sinistra », denn ihre Partei hatte bisher — z. T. gerade wegen der Demokraten — in der Mitte kaum Fuss gefasst und figurierte im politischen Spektrum des Kantons auf der äussersten Rechten. Neue Mitglieder und Wähler konnte sie also in erheblicher Zahl wohl nur durch eine Verstärkung ihres linken Flügels gewinnen [7].
Zum Schulterschluss zwischen Freisinnigen und Demokraten kam es aber nur im Kanton Zürich. Auf eidgenössischer Ebene sowie in Glarus und Graubünden marschierten sie weiterhin getrennt, ja bei den Bündnern flammten alte Rivalitäten und Gegensätze neu auf, als die Demokraten (ohne Erfolg) den Freisinnigen ihren Sitz im Regierungsrat streitig machen wollten. Dieser Kampf war vielleicht gleichsam als Auftakt zum 50jährigen Jubiläum der demokratischen Kantonalpartei gedacht, das im November mit einem Grossaufmarsch von Rednern aus der Parteiprominenz begangen wurde [8]. Die Evangelische Volkspartei der Schweiz dagegen, die ebenfalls vor einem halben Jahrhundert gegründet worden war, zog für ihre Feier mit den Historikern W. Wolf (Schaffhausen) und Prof. E. Gruner (Bern) Referenten bei, welche Entwicklung und Zukunft der politischen Parteien in unserem Lande von wissenschaftlicher Warte aus analysierten [9].
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Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei
Bleibt bei Wahlen der Mandatsanspruch einer Partei unbestritten, so bestimmen in Wirklichkeit ihre Instanzen den neuen Amtsträger. Der öffentliche Wahlgang wird dann zur blossen Bestätigung eines bereits getroffenen Entscheides degradiert und findet gewöhnlich entsprechend wenig Interesse. Die bemische Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei — und schon vor ihr die Freisinnigen der Stadt Solothurn — versuchten 1969, diesem Uebel durch Doppelkandidaturen aus den eigenen Reihen zu steuern, nämlich als in Bern die Nachfolge für einen zurückgetretenen BGB-Regierungsrat und in Solothurn diejenige für den verstorbenen freisinnigen Stadtammann zu regeln war. Erfüllte das Solothurner Experiment die Hoffnungen einigermassen [10], so schlug jenes von Bern fehl und deckte problematische Seiten derartiger Doppelkandidaturen auf. Die Auswahl erfolgte hier nämlich stark nach rein wahl- und parteitaktischen Rücksichten. So wurden schliesslich zwei Grossräte von fast gleichem Alter und Beruf auf den Schild erhoben. Als gewichtigerer Unterschied blieb einzig der Wohnort übrig, was mancher Bürger nicht als echte Alternative empfand, weshalb er der Urne fernblieb [11].
Auch auf einem anderen Sektor erfüllten sich nicht alle Hoffnungen der BGB. Zwar sammelte ihre Jugendfraktion in der kurzen Zeit von gut einem halben Jahr gegen 80 000 Unterschriften für ihre Schulkoordinations-Initiative. Da aber viele weitere bürgerliche Gruppierungen dem Vorstoss ebenfalls Sympathie und Unterstützung zugesagt hatten, blieb nun dieses Ergebnis doch eher unter den Erwartungen und zeigte, dass die Partei nur in verhältnismässig wenigen Kantonen verwurzelt ist und einen grösseren Anhang besitzt. Sie tröstete sich damit, bei einem Aufwand von bloss 35 000 Franken sei hier «die „billigste” Initiative aller Zeiten » zustande gekommen [12].
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Landesring der Unabhängigen
Der Landesring der Unabhängigen setzte bei kantonalen Wahlen seine bisherige Erfolgsserie teils fort (wie in Solothurn), teils gelang ihm der Durchbruch nicht, wie etwa in Genf. Er konnte hier nicht, wie erhofft, das Erbe der Vigilants antreten, z. T. weil seine Propaganda für die Welschen den passenden Ton nicht fand und die « Alliance des Indépendants » deshalb als « Import aus Zürich » und somit als Fremdkörper empfunden wurde. Auch in St. Gallen unterlag ein Regierungsratskandidat, doch erfuhr hier der Landesring zum ersten Mal Unterstützung durch eine historische Partei, nämlich die Konservativ-Christlichsozialen. Aus der Heterogenität von Mitgliedschaft und Führungsgremien im Landesring ergaben sich da und dort Reibungsflächen. Am spektakulärsten trug der Basler Standesring diese Meinungsverschiedenheiten aus, indem er die Grossrätin Erika Faust aus seinen Reihen ausschloss, wobei vermutlich persönliche Spannungen den Hintergrund des Konfliktes bildeten [13].
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Kleinparteien
Es entspricht der Entwicklung in den letzten Jahren, dass — auch abgesehen von der äussersten Linken — 1969 wieder kleinere Gruppen ausserhalb der herkömmlichen Parteien entstanden. Sie schrieben im allgemeinen grundsätzliche Opposition und Kampf gegen die Erstarrung des politischen Lebens auf ihre Fahne oder verfolgten bestimmte Sonderziele. Oft formierten sie sich im Hinblick auf bevorstehende kantonale oder kommunale Wahlen, so in Zürich die « Europäische föderalistische Partei » (EFP) als Kämpferin für « Vereinigte Staaten von Europa » und die liberalen « Toleranten Jungzürcher » welche sich « gegen alles undemokratische, rechtswidrige Handeln » wandten. Dazu kam im Aargau die « Christliche Volksbewegung » (CVB), die als « patriotische Opposition » eine Verfassungsinitiative gegen die Ämterkumulation (besonders gegen die Ausübung eines Nationalrats- und Grossratsmandates durch dieselbe Person) ankündigte. Im selben Kanton zog das bereits etwas ältere Team 67 neu in den Grossen Rat ein und errang bei den Regierungsratswahlen zwar keinen Sitz, wohl aber einen Achtungserfolg. Gleichsam als Gegenstück dazu verloren die Genfer Vigilants ihre Vertretung im kantonalen Parlament. Die solothurnische « Aktion Jugend und Politik » und das «Junge Solothurn » griffen nicht mit eigenen Listen in die Bestellung der Kantonsbehörden ein, gaben aber (ohne sichtbaren Erfolg) Streichparolen aus, um so für die Regierungsratswahlen einen zweiten Wahlgang mit einem grösseren Angebot an Kandidaten zu erzwingen [14].
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Sozialdemokratische Partei
Von Spannungen innerhalb der Sozialdemokratie wurde schon in früheren Jahresübersichten berichtet [15]. Sie hielten 1969 an und brachen an mehreren Orten als offene Konflikte aus. Auch dem ausserordentlichen Parteitag vom November in Bern drückten sie weitgehend ihren Stempel auf. Wo es zu Spaltungen kam, spielten nicht immer die gleichen Kreise die Rolle der Dissidenten, so dass man die Übersicht auf den ersten Blick nicht leicht gewinnt.
In Delsberg verliess eine innerhalb der Partei eher rechts stehende Gruppe die offizielle Sektion wegen deren Linkskurs, wobei anscheinend Differenzen in der Jurafrage die Meinungsverschiedenheiten noch verschärften. Im Dezember fanden sich beide Teile wieder zusammen, wobei die .Zukunft weisen muss, ob eine echte Versöhnung erfolgte, oder ob man die Gegensätze bloss überkleisterte, um im Hinblick auf die nahenden Grossratswahlen die Einheit wenigstens äusserlich zurückzugewinnen [16]. Die gleichen Hinweise gelten wohl auch für einen anderen « Friedensschluss», durch den die beiden «Rebellen» Villard und Gassmann wieder in die sozial-demokratische Fraktion des bernischen Grossen Rates aufgenommen wurden [17].
Gelang es hier, den Bruch wenigstens notdürftig zu reparieren, so blieben beim Streit im Tessin alle Beteiligten unnachgiebig. Dort steuerte die Zeitschrift «Politica Nuova » einen ausgeprägten Linkskurs und verlangte schliesslich in einem Artikel mit scharfen Formulierungen die geistige Neuorientierung und personelle Erneuerung der Landesparteispitze. Die kantonale Parteileitùng — der wohl die schweizerische den Rücken stärkte — erklärte die gleichzeitige Mitgliedschaft bei der Kantonalpartei und der Gruppe « Neue Politik » für unvereinbar und forderte die Abtrünnigen ultimativ auf, wieder auf die offizielle Linie einzuschwenken. Als diese (unter ihnen zwei Grossräte) nicht antworteten, wurden sie aus der Partei ausgeschlossen, worauf sie (trotz mehreren Vermittlungsversuchen) den selbständigen « Partito socialista autonomo » (PSA) gründeten [18].
Zu hitzigen Auseinandersetzungen kam es auch am ausserordentlichen Parteitag vom November in Bern, wo vor allem die beiden Initiativen zur Diskussion standen, für welche der Parteivorstand auf Grund der Beschlüsse des Basler Parteitages von 1968 je eine Vorlage ausgearbeitet hatte. Diejenige für eine soziale Krankenversicherung wurde verhältnismässig rasch genehmigt, und die wenigen Änderungen betrafen eher untergeordnete Punkte. Um so härter prallten die Meinungen beim Projekt für eine Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) im Sinne der Volkspension aufeinander. Das « Vorstands-Modell » nahm stark Rücksicht auf die Gewerkschaften und die bestehenden Pensionskassen und bemühte sich deutlich um eine Vorlage, welche für die Volksabstimmung gewisse Chancen .besass. Dem stellten vor allem Zürcher Kreise ein sog. « schwedisches Modell » entgegen, das vor allem die Mindestrenten wesentlich höher ansetzte. Es unterlag jedoch mit 283: 234 Stimmen, und die Zürcher Opposition drang bloss mit einem Zusatzantrag für die Übergangsordnung durch. Der Parteivorstand siegte also materiell fast auf der ganzen Linie, doch war besonders Präsident Grütter heftigen Angriffen ausgesetzt, weil er den Vorsitz nicht unvoreingenommen geführt und seine Abneigung gegen abweichende Auffassungen allzu unverhohlen gezeigt habe [19].
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Partei der Arbeit
Auch bei der Partei der Arbeit rebellierte weiterhin eine meist jüngere radikale Linksopposition gegen die Parteiführung. So schloss im September ein ausserordentlicher Waadtländer Parteitag fünf führende Oppositionelle als angebliche Trotzkisten aus der Partei aus. Als sich zwischen ihnen und geistesverwandten Zürchern Kontakte anbahnten, löste die Zürcher PdA ihre « Junge Sektion » auf und verstiess Kantonsrat Franz Rueb aus ihren Reihen. Sie kam damit zeitlich knapp einem Austritt dieser Kreise aus der Partei zuvor, und im Anschluss an diese Auseinandersetzungen kehrten ihr weitere Mitglieder den Rücken, als prominentestes der Intellektuelle Konrad Famer [20].
Die Ereignisse in der Tschechoslowakei von 1968 erschütterten die Position der PdA bei verschiedenen Wahlen weniger als erwartet. Zwar lehnten in Neuenburg die Sozialdemokraten eine Listenverbindung ab, und die Popisten verloren hier zwei Grossratsmandate, doch gewannen sie ebensoviele in Genf und schnitten auch bei den herbstlichen Gemeindewahlen in der Waadt im grossen und ganzen nicht schlecht ab. Zudem gewann die PdA das Wettrennen um die früheste Einreichung der verschiedenen AHV-Initiativen, indem sie ihre Unterschriften vor der Konkurrenz aus dem Lager der Sozialdemokraten und des bürgerlichen Komitees ablieferte, wenn auch nicht in besonders imposanter Zahl [21].
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Neue Linke
Ungefähr 40 politisch meist weit links beheimatete Oppositionsgruppen trafen sich im Oktober an einer Tagung der APO (ausserparlamentarische Opposition) in Zofingen und einigten sich über die Schaffung einer gemeinsamen Zentralstelle für Informationen. Weitergehende Anregungen, z. B. für ein gemeinsames publizistisches Organ oder eine gemeinsame Druckerei, fanden zwar ein gewisses Interesse, wurden jedoch nicht zum Beschluss erhoben [22]. Auch auf dem Sektor der äusserten Linken kam es zu Neugründungen, deren Dauerhaftigkeit sich erst noch erweisen muss. So entstand in Lausanne eine « Revolutionäre marxistische Liga » [23] und in Zürich eine « Sozialistische Partei der Schweiz », die mit einer « Gewerkschaft sozialistischer Arbeitnehmer, Schüler und Studenten» verbunden ist und eine Zusammenarbeit mit « bürgerlichen oder revisionistischen Parteien » ablehnt [24]. Anderseits zeigten sich bei der Vereinigung « Zürcher Manifest » Verfallserscheinungen, die allerdings noch nicht zu einem formellen Auflösungsbeschluss führten [25].
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[1] Vgl. oben, S. 25. Enttäuschung im Kommentar der NZZ, 601, 2.10.69; Kritik an der Vernehmlassung zur Fremdarbeiterkonzeption des BIGA: Vat., 294, 20.12.69; vgl. dazu oben, S. 116.
[2] NZZ, 33, 16.1.69; 284, 11.5.69.
[3] Vat., 91, 21.4.69; NZZ, 239, 21.4.69; NZN, 91, 21.4.69. Vgl. dazu oben, S. 131.
[4] NZZ, 59, 28.1.69; NZ, 54, 3.2.69.
[5] NZZ, 254, 28.4.69; Vat., 101, 2.5.69.
[6] Vgl. oben, S. 21 f.
[7] Lb, 113, 19.5.69; Vat., 119, 24.5.69; NZZ, 297, 19.5.69; NZN, 122, 29.5.69.
[8] Vgl. oben, S. 36; NBüZ, 54, 26.2.69; 312, 10.11.69; Bund, 33, 10.2.69.
[9] NZZ, 139, 4.3.69; Var., 53, 5.3.69.
[10] Bund, 6, 9.1.69.
[11] Vgl. oben, S. 37; NZ, 162, 10.4.69; NBZ, 77, 2.4.69.
[12] NBZ, 226, 29.9.69. Vgl. oben, S. 138.
[13] Vgl. oben, S. 34 ff.; NZZ, 389, 29.6.69 (zur Krise in Basel); 453, 27.7.69; 654, 2.11.69; 702, 30.11.69.
[14] Vgl. oben, S. 34 ff.; NZZ, 103, 17.2.69; 139, 4.3.69 (zur CVB); 252, 25.4.69 (Solothurn); 646, 28.10.69 (EFP); Bund, 140, 19.6.69 (Tolerante Jungzürcher).
[15] Vgl. SPJ, 1967, 152 f.; 1968, 155 ff.
[16] NZZ, 81, 6.2.69; NZ, 15, 10.1.69; 55, 3.2.69; 75, 14.2.69; PS, 288, 16.12.69.
[17] Tw, 201, 29.8.69.
[18] LS, 33, 10.2.69; 35, 12.2.69; 36, 13.2.69; 43, 21.2.69; CdT, 34, 11.2.69; 39, 17.2.69; NZZ, 92, 12.2.69; 211, 8.4.69; 256, 28.4.69; NZ, 103, 4.3.69; Vr, 52, 4.3.69; 180, 5.8.69.
[19] NZZ, 656, 3.11.69; NZ, 505, 3.11.69; Vr, 257, 3.11.69; 259, 5.11.69; Tw, 257, 3.11.69. Vgl. dazu oben, S. 122 ff.
[20] VO, 212, 15.9.69; NZZ, 577, 19.9.69; 612, 8.10.69 (Waadt); 601, 2.10.69; 608, 6.10.69; Vr, 230, 2.10.69; Abend-Zeitung, 232, 6.10.69.
[21] Vgl. oben, S. 35, 37 u. 123; Bund, 27, 3.2.69; NZ, 212, 22.5.69.
[22] NZZ, 631, 20.10.69; NZ, 481, 20.10.69.
[23] GdL, 245, 22.10.69; NZZ, 635, 22.10.69.
[24] NZZ, 397, 2.6.69.
[25] NZZ, 234, 17.4.69; 280, 8.5.69; 358, 16.6.69.
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