Leitbild für die schweizerische Abfallwirtschaft (Ip. 84.901)

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Bezüglich der Beseitigung von Abfällen setzte die Luftreinhalteverordnung strengere Vorschriften für die Rauchgasreinigung von Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) fest. Damit sollen insbesondere auch umweltgefährdende Stoffe wie Cadmium, Blei oder Chlor, die angesichts der wachsenden Müllberge eine zunehmende Belastung für Luft und Boden darstellen, besser ausgefiltert werden. Da die erforderlichen Sanierungen Investitionskosten in Millionenhöhe nach sich ziehen, brachten diese Bestimmungen gerade für kleinere KVA erhebliche Probleme. Nicht nur Umweltschutzkreise forderten daher anstatt der Verbrennung von kompostierbaren oder sonst wiederverwertbaren Abfällen eine ökologisch orientierte Abfallbewirtschaftung, welche neben dem Recycling in erster Linie die Vermeidung von Müll anstrebt. Pilotversuche in mehreren Gemeinden zeigten, dass bei getrennter Einsammlung und Verwertung des Kehrichts auch ein Umdenken eingeleitet und die pro Kopf produzierte Müllmenge erheblich reduziert werden kann. Mit einer Eingabe an den Bundesrat forderten fünf Umwelt- und Konsumentenorganisationen die Einführung eines Pfandes auf allen Einweg-Getränkeverpackungen aus Metall, Kunststoff und Glas. Bei der Beantwortung zweier Interpellationen erklärte sich die Landesregierung bereit, Möglichkeiten zur Eindämmung der Verpackungsflut zu prüfen sowie ein Konzept für die zukünftige Abfallwirtschaft zu erarbeiten.

Dossier: Eindämmung der wachsenden Zahl von Einwegverpackungen

Grundsätze für einen künftig ökologisch ausgerichteten Umgang mit Abfällen präsentierte die Eidgenössische Kommission für Abfallwirtschaft in einem Leitbild. Danach sollen Abfälle so behandelt werden, dass sie langfristig nur noch eine unwesentliche, für Mensch und Umwelt tolerierbare Belastung darstellen. Vorgeschlagen werden Vorschriften betreffend besserer Kanalisierung, Sortierung, Beseitigung und Kontrolle des anfallenden Mülls. Wiederverwertbare, aber auch besonders problematische Anteile sollen – etwa durch getrenntes Einsammeln – aus dem Siedlungsabfall ausgeschieden und den geeigneten Behandlungsverfahren zugeführt werden. Weiter seien Mindestanforderungen an Bau und Betrieb von Entsorgungsanlagen und Deponien aufzustellen sowie deren Einhaltung zu kontrollieren. Die Gebühren für die Abfallbehandlung bis zum Endlager müssen gemäss dem Leitbild kosten- und risikogerecht nach dem Verursacherprinzip angesetzt werden. Vor allem aber ist die Entstehung von Abfällen einzudämmen. In diesem Zusammenhang regte die Kommission die Prüfung von Lenkungsabgaben an, mit denen im Konsumbereich notwendige Verhaltensänderungen herbeigeführt werden sollen. Als Ergänzung oder Vorstufe zu Lenkungsabgaben sprach sie sich ferner für Pfandsysteme oder vorgezogene, bereits im Kaufpreis eingebaute Entsorgungsgebühren aus. Den ersten kantonalen Abfallbericht sowie ein Massnahmenpaket für eine ökologische Abfallwirtschaft präsentierte die Aargauer Regierung. Bereits über 40 Gemeinden der Schweiz verrechnen die Kosten für die Kehrichtbeseitigung nach dem Verursacherprinzip (Sackgebühr); dadurch konnten die Resultate der Separatsammlungen für wiederverwertbare Stoffe verbessert und gleichzeitig die Menge des Haushaltmülls um bis zu 50 Prozent gesenkt werden.

Dossier: Eindämmung der wachsenden Zahl von Einwegverpackungen

Da durch die immer grösser werdende Abfallflut die Kehrichtverbrennungsanlagen und Deponien bis an die Grenzen ihrer Kapazität ausgelastet sind, kommt einer umweltgerechten Abfallentsorgung – wie sie 1986 im Leitbild der Eidgenössischen Kommission für Abfallwirtschaft entworfen worden war – grosse Bedeutung zu. Vorschläge zur Verwirklichung dieses Leitbildes werden derzeit im Rahmen der geplanten Abfallverordnung ausgearbeitet. In einer Eingabe verlangte die SGU, dass dabei nicht nur Entsorgungsfragen geregelt, sondern auch Massnahmen vorgesehen werden, um die Erzeugung von Abfällen einzudämmen.

Dossier: Eindämmung der wachsenden Zahl von Einwegverpackungen

Neben der Luftreinhaltung war das Abfallproblem der zweite umweltpolitische Schwerpunkt des Jahres 1988, wobei das Leitbild für die schweizerische Abfallwirtschaft von 1986 wegweisend war. Das EDI schickte den Entwurf der technischen Verordnung über Abfälle (TVA), welche die Zielsetzungen dieses Leitbildes konkretisiert, in die Vernehmlassung. Die neuen Vorschriften sollen es den Vollzugsbehörden ermöglichen, in verstärktem Mass auf die Abfallentsorgung und die Erstellung von Abfallanlagen Einfluss zu nehmen und eine wirtschaftliche und umweltgerechte Abfallbewirtschaftung zu gewährleisten. Neben der Separatsammlung von wiederverwertbaren und kompostierbaren Stoffen sieht die TVA vor, dass insbesondere auch die Sonderabfälle durch geeignete Behandlungsverfahren so aufbereitet werden, dass sie entweder dem Recycling zugeführt oder in Deponien ohne Gefährdung der Umwelt endgelagert werden können. Die technischen Anforderungen an Kehrichtverbrennungsanlagen, Sondermüllverbrennungsöfen und an die verschiedenen Deponietypen sowie die nötigen Vorschriften betreffend Bewilligung, Bau, Betrieb und Kontrolle der Anlagen nehmen in der TVA breiten Raum ein. Ferner sollen die Kantone verpflichtet werden, innert fünf Jahren eine Planung über das Verwerten, Behandeln und Deponieren der Abfälle zu erstellen.

Dossier: Eindämmung der wachsenden Zahl von Einwegverpackungen