Die Frage der Spitalfinanzierung stand im Zentrum der 2. KVG-Teilrevision. Ausgelöst worden war die Diskussion durch ein Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes (EVG), welches die Kantone verpflichtet hatte, bei ausserkantonalen Behandlungen auch in den privaten und halbprivaten Abteilungen einen Grundbeitrag zu leisten. Die Krankenkassen hatten dies zum Anlass genommen, die Praxis der Kantone, innerkantonal lediglich die öffentlichen Abteilungen der Spitäler mit einem Pauschalbetrag zu subventionieren, als nicht dem Geist des KVG entsprechend anzuprangern, und sie hatten verlangt, dass die Kantone in jedem Fall einen Sockelbeitrag leisten sollten. Auf Vermittlung des BSV war es zu einem „Stillhalteabkommen“ zwischen Kantonen und Kassen für den innerkantonalen Bereich gekommen, allerdings unter der von den Versicherern gestellten Bedingung, dass bis Ende 2000 neue Finanzierungsregeln im KVG definiert würden. Als sich die Vorlage verzögerte, drohten die Krankenkassen, das Stillhalteabkommen gerichtlich anzufechten. Zudem hatten mehrere parlamentarische Vorstösse ebenfalls die gängige Spitalfinanzierung in Frage gestellt. Sie verlangten, die Kantone sollten nicht mehr automatisch die Spitaldefizite abgelten, sondern nur mehr zusammen mit den Versicherungen für je 50% der tatsächlich erbrachten Leistungen, allenfalls mit einer Pauschale resp. mit einem Globalbudget aufkommen.

Mitte September verabschiedete der Bundesrat seine diesbezügliche Botschaft zuhanden des Parlaments. Nach dem neuen Modell sollen sich die Kantone und die Krankenkassen je zur Hälfte in die Vergütung der obligatorischen Leistungen teilen. Die Neuregelung wird für alle Spitäler auf der Spitalliste eines Kantons gelten und für alle Versicherten, unabhängig von deren Versicherungsdeckung. Im Gegenzug sollen sich die Krankenkassen zu 50% an den Investitionskosten der Spitäler beteiligen. Damit soll erreicht werden, dass beide Seiten (Spitäler und Versicherer) für Einsparungen einstehen, anstatt sich gegenseitig die Kosten zuzuschieben. Profitieren werden in erster Linie die Zusatzversicherten, die bisher ihren Spitalaufenthalt ohne Kantonssubventionen allein über ihre Prämien berappen mussten. Die Kantone stellten sich vehement gegen die Pläne des Bundesrates, die sie als für ihre Haushalte völlig untragbar bezeichneten. Sie verlangten zumindest eine Etappierung bei der Einführung der Neuregelung, den Ausschluss der gewinnorientiert arbeitenden Privatkliniken von jeglicher Subventionierung sowie eine Erhöhung der Bundesbeiträge an die Prämienverbilligungen; die hälftige Beteiligung der Kantone an der Finanzierung von teilstationären Einrichtungen sei gänzlich zu streichen. In der zuständigen Kommission des Ständerates, der die 2. Teilrevision als Erstrat behandelt, stiessen die Vorbehalte der Kantone auf Verständnis. Sie trat auf die Vorlage zwar ein, beauftragte aber die Verwaltung, noch andere Wege der Spitalfinanzierung zu prüfen. Aus diesem Grund konnte die Vorlage nicht, wie ursprünglich geplant, in der Wintersession vom Plenum behandelt werden.

Dossier: Prämienverbilligung

Der Bundesrat erarbeitete umgehend ein Vertragsmodell zur Aufhebung des Kontrahierungszwangs. Entgegen dem Auftrag der Motion sah er die Aufhebung des Kontrahierungszwangs allerdings vorderhand lediglich für den ambulanten Bereich vor. Demnach sollten sich die Versicherer darauf beschränken können, Tarifverträge nur noch mit ausgewählten Ärztinnen und Ärzten abzuschliessen. Andererseits hätten auch die Leistungserbringenden die Zusammenarbeit mit gewissen Versicherungen verweigern können. Diese Änderung hätte keinen Abbau der kassenpflichtigen Leistungen mit sich gebracht, für die Patienten aber die freie Arztwahl eingeschränkt. Die Kostenübernahme in Notfällen wäre bei allen Ärzten und Spitalambulatorien sichergestellt gewesen. In der Vernehmlassung bildeten sich klare Fronten heraus. Während die Versicherer die Aufhebung des Kontrahierungszwangs als geeignetes Mittel zur Kostendämpfung erachteten, protestierten die FMH und die Patientenorganisationen gegen die Einschränkung der freien Arztwahl. Auch die SVP bezeichnete das Modell als untauglich, weil die Gefahr bestehe, dass nur noch die billigsten Leistungserbringer ausgewählt würden. Die SP brachte ebenfalls Vorbehalte an; ihrer Ansicht nach sollten Bedürfniskriterien und Zulassungsbedingungen Sache des Bundes und nicht der Krankenkassen sein. Von der Wirksamkeit der Massnahme überzeugt zeigten sich hingegen die FDP und die CVP sowie die Stiftung für Konsumentenschutz. Angesichts des breiten Widerstands, der ein Referendum als sehr wahrscheinlich erscheinen liess, verzichtete der Bundesrat schliesslich darauf, den brisanten Vorschlag in die 2. Teilrevision des KVG aufzunehmen. Er schlug lediglich vor, den Kontrahierungszwang für jene Ärzte und Ärztinnen aufzuheben, die das 65. Altersjahr überschritten haben. Zudem möchte er die Krankenkassen verpflichten, gesamtschweizerisch alternative Versicherungsformen wie HMO- und Hausarztmodelle anzubieten. (Die im MediX-Verband zusammengeschlossenen Ärzte, die nach dem HMO- resp. dem Hausarztmodell praktizieren, hatten sich, anders als die FMH, für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen)

Dossier: Prämienverbilligung

Die mit der 1. KVG-Revision beschlossenen Neuerungen im Medikamentenbereich traten schrittweise in Kraft. Bereits ab Anfang Jahr wurde es den Apotheken freigestellt, ohne ausdrücklichem Vermerk auf der Verschreibung statt eines Originalprodukts ein kostengünstigeres Generikum abzugeben. Damit dies auch vermehrt geschieht, wurde auf den 1. Juli die leistungsorientierte Abgeltung (LOA) eingeführt, die den Anreiz zum Verkauf von besonders teuren Medikamenten abbaut. Neu übernimmt die obligatorische Krankenversicherung die Leistungen der Apotheken unabhängig vom Produktepreis; durch diesen Pauschalzuschlag entfällt ein Teil der bisherigen Margen für Beratung, Vertrieb und Lagerhaltung. Der neue Abgeltungsmodus stiess in der Bevölkerung vorerst auf Unverständnis, da er dazu führte, dass bis anhin kostengünstige Medikamente teurer wurden. Aber auch einzelne Krankenkassen und der Konsumentenschutz verlangten eine Neuverhandlung der Tarifverträge mit den Apotheken. Verglichen zum Ausland fristen die Generika in der Schweiz nach wie vor ein Schattendasein; ihr Anteil am Markt betrug 2000 lediglich rund 3%

Dossier: Prämienverbilligung

Eine eigenständige und weitreichende Weichenstellung nahm der Ständerat bei der mittelfristigen Zukunft der Spitalfinanzierung vor. In einer neuen Übergangsbestimmung zum KVG verpflichtete er den Bundesrat, innerhalb von fünf Jahren eine Vorlage zu präsentieren, die ein monistisches Finanzierungssystem einführt. Danach sollen die Kantone nicht länger direkt für Investitionen und Defizite der Spitäler aufkommen. Sie müssten den Krankenkassen aber die Hälfte der von diesen zu übernehmenden Gesamtkosten ersetzen – in Form von Subventionen (beispielsweise für die Bildung eines Grossrisikopools), Beiträgen zur Prämienverbilligung oder als Risikoausgleich. Damit würde bei den Kosten endlich Transparenz geschaffen, begründete die vorberatende Kommission ihren Vorschlag zu diesem grundlegenden Systemwechsel; gleichzeitig würde erreicht, dass öffentliche und private Spitäler nicht länger ungleich behandelt werden. Santésuisse (ehemals KSK) als Dachverband der Krankenversicherer begrüsste diese Marschrichtung, die Kantone, die ihre Entmachtung befürchten, zeigten sich skeptisch. Im Dezember überwies der Nationalrat ein Postulat Zäch (cvp, AG) (Po. 01.3604) für einen Bericht über die Einführung der monistischen Spitalfinanzierung

Dossier: Prämienverbilligung

Was die beiden Parlamentskammern im Vorjahr vorgespurt hatten, setzte der Ständerat bei der Beratung der 2. Teilrevision des KVG um, indem er beschloss, den Vertragszwang zwischen den Kassen und den Leistungserbringern im ambulanten Bereich grundsätzlich aufzuheben, sofern die medizinische Versorgung sichergestellt ist; der Bundesrat hatte dies lediglich für die über 65-jährigen Ärzte vorgeschlagen. Bundesrätin Dreifuss zeigte sich nicht überzeugt von der positiven Wirkung der Massnahme, die sie als Gefährdung der Solidarität in der Grundversicherung erachtet, da der Verlust der freien Arztwahl zu mehr Zusatzversicherungen und somit zu einer Zweiklassenmedizin führen könne; sie vermochte sich mit ihren Argumenten aber nicht durchzusetzen. Am meisten zu Diskussionen Anlass gaben die Kriterien, nach denen die Auswahl jener Ärzte vorgenommen werden soll, die nach wie vor zu Lasten der Grundversicherung praktizieren dürfen. Man einigte sich schliesslich auf die Formulierung, diese müssten ihre Leistungen wirtschaftlich effizient und wissenschaftlich begründet anbieten. Da Konflikte zwischen den Kassen und der Ärzteschaft vorprogrammiert sind, will der Ständerat in diesen Fällen tripartite Kommissionen (Kassen, Ärzte und Kantonsvertreter) zur Schlichtung einsetzen; er vehehlte aber nicht, dass ihm sein Modell noch nicht in allen Punkten ausgegoren scheint, weshalb er auf die Beratung durch den Nationalrat setzt, um die Kriterien stringenter zu formulieren.

Dossier: Prämienverbilligung

Anlässlich der Beratung der 2. Teilrevision KVG folgte der Ständerat bei der Spitalfinanzierung in den wesentlichen Punkten dem Bundesrat. Demnach müssen sich Kantone und Versicherer in Zukunft hälftig die Kosten für die Behandlung aller Spitalpatienten (unabhängig von deren Versicherungsdeckung) sowohl inner- wie ausserkantonal sowie die Finanzierung der Investitionskosten der Spitäler teilen. Es werden nicht mehr Institutionen subventioniert, sondern Leistungen abgegolten. Für die Kantone entstehen jährlich Mehrkosten von – je nach Schätzung – 600 Mio bis 1,2 Mia Fr., wobei zur Schonung der Kantone auf Antrag Stadler (cvp, UR) eine vierjährige Übergangsregelung mit steigender Kantonsbeteiligung stipuliert wurde. Die Einigung über die Kostenaufteilung bis zu diesem Zeitpunkt wollte die kleine Kammer den Verhandlungen zwischen den Kantonen und den Versicherern überlassen. Die Politik wurde hier aber erneut vom Eidg. Versicherungsgericht (EVG) eingeholt. Nachdem das vom BSV vermittelte Stillhalteabkommen zwischen den Kantonen und den Versicherern Ende 2000 ausgelaufen war, hatten sich mehrere Kassen an die Gerichte gewandt, um ihre Forderungen auf diesem Weg durchzusetzen. Das EVG entschied Ende Jahr, dass auch bei der innerkantonalen Hospitalisation der Sockelbeitrag zu Gunsten der halbprivat und privat versicherten Spitalpatienten ab 2001 geschuldet ist. Da das EVG-Urteil keine Übergangsfrist vorsah, setzte sich die interkantonale Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) beim Parlament für einen dringlichen Bundesbeschluss ein, um zumindest eine Etappierung und Abfederung der Zusatzbelastung zu erreichen.

Dossier: Prämienverbilligung

Im Vorjahr hatte der Ständerat bei der Behandlung der 2. KVG-Teilrevision grundsätzlich die Aufhebung des Vertragszwangs zwischen den Kassen und den Leistungserbringern im ambulanten Bereich (insbesondere den Ärztinnen und Ärzten) beschlossen, erhoffte sich aber vom Nationalrat eine konsistentere Formulierung der dafür vorzusehenden Kriterien. Die vorberatende Kommission des Nationalrates machte aus Angst vor einem Referendum von Ärzteseite wieder einen Schritt zurück. Sie beschränkte sich darauf, die Zulassung zur Grundversicherung sanft und ohne Effekt auf die Mengenausweitung zu beschränken, etwa mittels strengerer Anforderungen an die Weiterbildung. Im Plenum war aber vorerst von rechts bis links die Meinung spürbar, dass der Vorschlag der Kommission nicht ausreicht. Daneben lagen drei weitere Modelle vor. Wie bereits im Vorjahr schlug der Bundesrat die Regelung der Ärztezahl durch eine Alterslimite vor. Ärzte, die das 65. Altersjahr überschritten haben, sollten nur noch zu Lasten der Grundversicherung praktizieren dürfen, wenn sie mit einer oder mehreren Kassen einen Vertrag abschliessen können. Eine weitergehende Aufhebung des Kontrahierungszwangs wollte er auf die 3. KVG-Revision verschieben, da die Sache momentan noch nicht reif und die Modelle zu unüberlegt seien. Bundesrätin Dreifuss wiederholte ihre grundsätzliche Kritik an der Vertragsfreiheit: Diese gefährde die freie Arztwahl und die hoch stehende Qualität des Gesundheitswesens. Eine bürgerliche Minderheit um die Nationalräte Widrig (cvp, SG) und Gutzwiller (fdp, ZH) plädierte analog zum Ständerat für die sofortige und umfassende Aufhebung. Die Linke setzte sich dafür ein, den Kontrahierungszwang für Spezialärzte aufzuheben, es sei denn, sie seien einem Hausarztmodell mit Budgetverantwortung angeschlossen. In den Eventualabstimmungen setzte sich vorerst das bürgerliche Modell durch, doch wurde es am Schluss überraschend abgelehnt. Mit 91 zu 76 Stimmen gaben SP, Grüne, eine Mehrheit der CVP und eine Minderheit der FDP dem zurückhaltenden Modell der vorberatenden Kommission den Vorrang, angereichert durch einen Antrag der beiden Berner Baumann (sp) und Suter (fdp) für schärfere Sanktionen gegen die „schwarzen Schafe“. Da die KVG-Revision in der Gesamtabstimmung abgelehnt wurde, sind diese Beschlüsse – zumindest vorderhand – hinfällig.

Dossier: Prämienverbilligung

Bei der Beratung der 2. KVG-Revision war im Nationalrat der Übergang zur leistungsbezogenen, generell hälftigen Spitalfinanzierung durch die Kantone und die Versicherer unbestritten. Analog zum Ständerat im Vorjahr wurde der Wechsel von der dual-fixen zur monistischen Finanzierung, bei der die Versicherungen die alleinige Zahlstelle sind und dadurch mehr Transparenz erlangen, während die Kantone ihre Beiträge an die Versicherer leisten, im Grundsatz zwar gutgeheissen, aber auf die 3. KVG-Revision verschoben. Abweichend vom dringlichen Bundesbeschluss beantragte die vorberatende Kommission, dass neu auch Privatspitäler Kantonsbeiträge erhalten sollen, falls sie auf der Spitalliste der Kantone aufgeführt sind und von diesen einen Leistungsauftrag erhalten haben. Die bürgerlichen Befürworter erklärten, damit würden gleich lange Spiesse geschaffen und der Wettbewerb gefördert. Die Gegner kritisierten, die Spiesse seien gar nicht gleich lang, da die Privatkliniken nicht an die selben Auflagen (etwa punkto Betrieb einer Notfallstation oder qualitativer und quantitativer Standards beim Personal) gebunden seien wie die öffentlichen Spitäler. Ein diesbezüglicher Antrag der SP wurde ebenso abgelehnt wie ein weiterer Antrag, für den ambulanten Bereich der Spitäler Globalbudgets einzuführen. Da die Gesetzesrevision vom Nationalrat in der Gesamtabstimmung verworfen wurde, sind diese Beschlüsse – zumindest vorderhand - hinfällig.

Dossier: Prämienverbilligung

Bei der Beratung der 2. KVG-Teilrevision im Nationalrat setzte sich ein Antrag Goll (sp, ZH) durch, welcher verlangte, dass die Ärzte künftig nur noch Wirkstoffe verschreiben dürfen und nicht mehr die einzelnen Produkte. In der Apotheke soll dann bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abgegeben werden. Mit dieser gesetzlichen Regelung möchte Goll den Verkauf von Generika (gleichwertige Nachahmerprodukte von Originalpräparaten) ankurbeln, die mit einem Marktanteil von 3% im Vergleich mit den umliegenden Ländern immer noch ein Schattendasein fristen. Der Antrag stiess im bürgerlichen Lager auf Widerstand. Im Namen der FDP-Fraktion erinnerte Egerszegi (AG) daran, dass die Stimmbürger erst 2001 die „Denner-Initiative“ ähnlichen Inhalts verworfen haben. Unterstützung erhielt sie von Drogist und SVP-Nationalrat Stahl (ZH), der vor einer Qualitätseinbusse im Gesundheitswesen warnte. Die CVP äusserte sich nicht, stimmte dann aber fast geschlossen mit der Linken und den Grünen und verhalf so dem Antrag mit 75 zu 73 Stimmen knapp zum Durchbruch. Da die KVG-Revision in der Gesamtabstimmung abgelehnt wurde, ist dieser Beschluss – zumindest vorderhand – hinfällig.

Dossier: Prämienverbilligung

In der zweiten Runde der KVG-Revision stimmte der Ständerat mit 21 zu 8 Stimmen einem Antrag der Kommission zu, wonach im Sinn der Kostendämpfung bei gleicher Eignung das preisgünstigere Medikament zu verabreichen sei. Schiesser (fdp, GL) versuchte vergebens, dies zu verhindern. Er machte geltend, dies würde einem „Zwang“ gleichkommen, Generika abzugeben. Auch Bundespräsident Couchepin sprach sich gegen eine derartige Verpflichtung für die Ärzte und Apotheker aus, mit dem Argument, der Spareffekt durch Generika sei derart gering (rund 80 Mio Fr. pro Jahr), dass es sich nicht lohne, dafür die therapeutische Freiheit der Ärzte zu beschneiden. Der Nationalrat ergänzte den Beschluss der kleinen Kammer mit der Bestimmung, dass Apotheken auch bei Verschreibung eines Originalpräparats dieses durch ein Generikum ersetzen können, falls der Arzt nicht ausdrücklich die Abgabe des Originals verlangt. Im Vorjahr hatte er noch knapp einen Antrag Goll (sp, ZH) angenommen, wonach die Ärzte nur noch Wirkstoffe hätten verschreiben dürfen, worauf dann die Apotheken bei gleichwertigem Angebot das kostengünstigste Medikament abzugeben hätten. Goll reichte ihren Antrag erneut ein, scheiterte aber mit 100 zu 56 Stimmen deutlich. Da die KVG-Revision vom Nationalrat letztlich abgelehnt wurde, sind diese Bestimmungen hinfällig.

Dossier: Prämienverbilligung

Bis Ende 2002 mussten die Krankenkassen lediglich einen Beitrag an die in Pflegeheimen und im Spitexbereich erbrachten Leistungen der Grundpflege bezahlen. Durch eine Verordnungsänderung wurden die Leistungen der Versicherer per Anfang 2003 insofern ausgeweitet, als sie verpflichtet wurden, die tatsächlichen Pflegekosten zu übernehmen. Die Krankenkassen schätzten, dass ihnen dies Mehrkosten von rund einer Mia Fr. bescheren würde, was die Prämien entsprechend ansteigen liesse. Bei der Beratung der 2. KVG-Revision wollte der Ständerat den Versicherern insofern entgegen kommen, als er eine Bestimmung ins Gesetz einfügte, die es dem Bundesrat erlaubt hätte, umgehend wieder den Status quo ante herzustellen resp. die Belastung der Versicherer auf dem Stand von Anfang 2003 einzufrieren. Auch der Nationalrat war der Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht, sprach sich aber gegen die vom Ständerat gewählte, die künftige Entwicklung präjudizierende Formulierung aus. Er beschloss im Sommer, die Klärung dieser Frage auf die 3. KVG-Revision resp. auf eine separate Vorlage zu verschieben.

Dossier: Prämienverbilligung

Bundesrätin Dreifuss hatte den starren Vertragszwang im ambulanten Bereich nur mittelfristig aufheben wollen. Ihr Nachfolger im EDI, Bundespräsident Couchepin, machte hingegen gleich nach seinem Amtsantritt Dampf in dieser Sache. Anstatt einer generellen Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Ärzteschaft und Versicherern brachte er ein neues Modell in die Diskussion, das von der vorberatenden Kommission des Ständerates noch verfeinert wurde. Demnach sollten die Kantone festlegen, wie viele Leistungserbringende der einzelnen Sparten es unter Berücksichtigung des Angebots in den Nachbarkantonen auf ihrem Gebiet braucht. Die Krankenversicherer sollten lediglich noch verpflichtet sein, mit mindestens dieser Zahl von Leistungserbringern zusammenzuarbeiten, und zwar mittels Verträgen von jeweils vier Jahren und einer Kündigungsfrist von 18 Monaten vor Auslaufen des Vertrags. Bereits zu Lasten der sozialen Krankenversicherung praktizierende Ärztinnen und Ärzte sollten bei Inkrafttreten der Gesetzesrevision Anrecht auf einen ersten Vertrag von vier Jahren haben. Alte Patientinnen und Patienten mit einer langjährigen Arztbeziehung und einem schweren Leiden sollten ihren Arzt aber auf jeden Fall behalten können. Ärzte, die sich in einem kostengünstigen Netzwerk mit Budgetverantwortung zusammenschliessen, sollten beim Abschluss eines Vertrages von den Versicherern bevorzugt werden. Die Kommission wollte den Übertritt der Versicherten in die Netzwerke dadurch fördern, dass für diese der Selbstbehalt bei 10% belassen, für alle anderen Versicherten auf 20% angehoben werden sollte. Das Plenum des Ständerates, das sich bereits 2001 grundsätzlich für die Aufhebung des Vertragszwangs ausgesprochen hatte, stimmte dem neuen Modell oppositionslos zu.

Der Nationalrat, der im Vorjahr eine Aufhebung des Vertragszwangs noch abgelehnt hatte, sagte nun mit 153 zu 18 Stimmen Ja zum neuen Modell, schwächte die Lockerung allerdings noch etwas ab. Er entschied, dass chronisch Kranke ihren Arzt behalten dürfen, auch wenn dieser mit ihrer Kasse keinen Vertrag mehr hat. Ärztenetze mit Budgetverantwortung sollten von den Kassen nicht nur bevorzugt, sondern automatisch mit einem Vertrag versehen werden. Auf Antrag der SVP, die argumentierte, damit würde die freie Arztwahl „bestraft“, verzichtete er aber mit 134 zu 23 Stimmen auf eine Anhebung des Selbstbehaltes für die Versicherten in traditionellen Versicherungsformen.

Da er den Anreiz für einen Wechsel zu den besonderen Versicherungsformen unbedingt aufrechterhalten wollte, beschloss der Ständerat mit 24 zu 10 Stimmen Festhalten. Er signalisierte aber zuhanden der sich abzeichnenden Einigungskonferenz gleichzeitig seine Bereitschaft, die Verdoppelung des Selbstbehalts nicht im Gesetz zu verankern, sondern nur festzuschreiben, dass eine Differenzierung erfolgen muss, deren Ausmass aber der Kompetenz des Bundesrates zu überlassen. Diese Lösung setzte sich in der Einigungskonferenz dann auch durch. Da die 2. KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig.

Noch bevor die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen waren, beschloss die Ärztekammer der FMH, wegen der Lockerung des Vertragszwangs das Referendum zu ergreifen

Dossier: Prämienverbilligung

Nach umfangreichen Hearings beantragte die Kommission des Ständerates dem Plenum, die Pflegefinanzierung nicht mit der laufenden Revision zu ändern, um nicht die gesamte Vorlage wegen dieser Frage scheitern zu lassen. Sie legte aber eine Motion vor, welche den Bundesrat beauftragte, dem Parlament bereits 2004 die Botschaft zu einer neuen Finanzierung der Krankenpflege in Koordination mit der Leistungspflicht anderer Sozialversicherungen einschliesslich der Ergänzungsleistungen zur AHV zu unterbreiten. Die Motion wurde vom Ständerat angenommen, vom Nationalrat aber abgelehnt, weil sie das heutige Finanzierungsvolumen der Krankenversicherer festschreiben wollte. Stattdessen überwies der Nationalrat eine Motion seiner SGK mit gleichem Wortlaut, allerdings ohne Einfrieren der Tarife.

Dossier: Prämienverbilligung

Einen Hauptbestandteil der 2. KVG-Revision bildete die Überführung dieser Regelung in geltendes Recht, d.h. der definitive Übergang zu leistungsbezogenen Pauschalen und zu einer dual-fixen Spitalfinanzierung, bei der Kantone und Versicherer zu gleichen Teilen für die Investitions- und Betriebskosten der öffentlichen und privaten Listenspitäler aufkommen. Im Ständerat, der die Vorlage als Erstrat behandelte, wollte eine Minderheit Stähelin (cvp, TG) bereits in dieser Revisionsetappe zur monistischen Finanzierung übergehen, bei der es nur noch eine Zahlstelle (Kassen) gibt und die kantonalen Subventionen nicht mehr an die Leistungserbringer, sondern an die Zahlstelle fliessen. Obgleich Einigkeit darüber herrschte, dass die monistische Finanzierung dereinst kommen soll, war der Ständerat doch der Ansicht, dieser Systemwechsel wäre im heutigen Zeitpunkt zu abrupt, weshalb er den Antrag mit 22 zu 16 Stimmen ablehnte. Der Nationalrat stimmte der Neuregelung diskussionslos zu. Da die KVG-Revision im Nationalrat definitiv scheiterte, sind diese Beschlüsse hinfällig.

Dossier: Prämienverbilligung