Bereits zu Beginn des Jahres 2024 hatte die Schweiz angekündigt, einen Friedensgipfel für die Ukraine durchführen zu wollen. Im Vorfeld des Kongresses, der Mitte Juni 2024 auf dem Bürgenstock stattfand, berichteten die Medien über die Zu- und Absagen der angefragten Staaten, wobei von Anfang an klar war, dass Russland nicht zum Gipfel eingeladen würde. Sowohl Aussenminister Ignazio Cassis als auch Bundespräsidentin Viola Amherd hatten sich in zahlreichen bilateralen Treffen dafür eingesetzt, möglichst viele verschiedene Staaten für den Gipfel gewinnen zu können. Die Medien berichteten auch über die grossen Abwesenden, wie etwa China, wobei Russland einiges unternommen habe, um möglichst viele Staaten von einer Teilnahme an der Konferenz abzubringen. Das grosse Sicherheitsdispositiv, welches rund um den Gipfel aufgebaut wurde, fand ebenfalls mediale Beachtung.
Die Erwartungen an den Gipfel wurden schon im Vorfeld tief gehalten. Die Presse war sich einig, dass deren Ausgang an der Kriegsrealität in der Ukraine nicht viel ändern werde. Es sei bereits ein Erfolg, wenn zumindest ein Friedensprozess angestossen werde. Der offiziellen Medienmitteilung der Schweiz konnte entnommen werden, dass auf dem Bürgenstock insbesondere über drei konkrete Punkte gesprochen werden soll: die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerks Saporischschja, die globale Ernährungssicherheit und die Freilassung von Kriegsgefangenen, inhaftierten Zivilisten und verschleppten Kindern.
Nach dem Gipfel lobte die Presse die Organisation des Gipfels sowie das Engagement von Amherd und Cassis. Das inhaltliche Fazit fiel jedoch ernüchternd aus. Von den rund 100 teilnehmenden Staaten schlossen sich etwa deren 80 der Schlusserklärung an, dabei fehlten aber wichtige Staaten wie Indien, Südafrika, Brasilien und Saudi-Arabien. Mit der Schlusserklärung wiesen die Unterzeichnenden die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine eindeutig Russland zu. Zudem wurde in der Erklärung dazu aufgerufen, die Souveränität aller Staaten zu wahren und diese nicht durch Drohungen oder Gewalt zu untergraben. Diese Positionierung hatte gemäss Medien bereits gereicht, um einige Staaten von der Unterschrift unter das Dokument abzuhalten.
Nach Abschluss des Gipfels wurden in den Zeitungen zwei grosse offene Fragen ausgemacht: Wie soll es zu wirklichen Friedensverhandlungen kommen, wenn Russland nicht einbezogen wird? Und konkreter: in welchem Staat und wann gibt es einen weiteren Friedensgipfel?
Die Einschätzungen der Schweizer Politikerinnen und Politiker bezüglich des Kongresses und seiner Wirkung gingen weit auseinander. Während Samuel Bendahan (sp, VD) und Laurent Wehrli (fdp, VD) die Durchführung der Konferenz lobten und als ersten Schritt in die richtige Richtung sahen, stufte Pierre-André Page (svp, FR) den Umstand, dass Russland nicht zur Konferenz eingeladen war, als problematisch ein. Zudem habe die Schweizer Neutralität mit dieser Konferenz, die quasi vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geleitet worden sei, stark gelitten.

Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)