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Auch 2024 beschäftigte der Krieg in der Ukraine die Schweizer Aussenpolitik. Wie bereits in den beiden Vorjahren übernahm die Schweiz weitgehend die Sanktionen der EU gegenüber Russland: Gemäss Beschluss des Bundesrats trat am 1. Februar das 12. Sanktionspaket der EU auch in der Schweiz in Kraft. Dadurch wurde unter anderem der Kauf und der Import von russischen Diamanten schrittweise verboten. Zudem wurden der Kauf und die Einfuhr von Roheisen und flüssigem Propangas aus Russland untersagt. Im Finanzbereich soll das 12. Sanktionspaket dafür sorgen, dass die Preisobergrenze für russisches Rohöl und Erdölprodukte durchgesetzt wird und Umgehungen verhindert werden.
Im März 2024 folgte bereits die Übernahme des 13. Sanktionspakets der EU. Dabei ging es um die Sanktionierung von weiteren natürlichen Personen sowie Unternehmen und Organisationen, welche vornehmlich im militärisch-industriellen Bereich tätig sind. Ausserdem wurden weitere Massnahmen im Handelsbereich erlassen, um die militärische und technologische Stärkung Russlands zu unterbinden.
Im Juli weitete das WBF durch die Übernahme eines ersten Elements des 14. Sanktionspakets der EU die Sanktionsliste betreffend Russland aus. Dabei handelte es sich allen voran um Geschäftsleute, «Propagandisten» sowie Angehörige der Streitkräfte und des Justizwesens. Ebenfalls mit Sanktionen belegt wurden Personen, die für die Entführung ukrainischer Kinder verantwortlich gemacht werden sowie Unternehmen, die im Rüstungsbereich tätig sind oder sich an der Umgehung der Sanktionen im Finanz- und im Handelsbereich beteiligen. Weitere Massnahmen, welche die EU im Rahmen des 14. Sanktionspaketes in die Wege geleitet hat, würden von der Schweiz noch geprüft, liess sich der Medienmitteilung entnehmen.
Im August gab der Bundesrat sodann bekannt, dass er sich weiteren Massnahmen des 14. Sanktionspakets der EU anschliesse. Dabei ging es unter anderem um die Fristen «im Hinblick auf den Abzug von Investitionen aus Russland», um die rechtmässige Beendigung der Geschäftstätigkeit von Schweizer Unternehmen in Russland sicherstellen zu können
Mitte Oktober übernahm der Bundesrat weitere Elemente des 14. Sanktionspakets der EU. Damit wurden unter anderem Exportbeschränkungen für Güter, welche Russlands Industrie sowie ihre militärische und technologische Entwicklung stärken, erweitert. Ausserdem erliess der Bundesrat mehrere Sanktionsmassnahmen bezüglich russischem Flüssigerdgas. Mit der Implementierung dieser Elemente hatte der Bundesrat die meisten Massnahmen des 14. Sanktionspakets übernommen.

Die Schweiz unterstützte die Ukraine im Berichtsjahr auch durch humanitäre Hilfe: Mitte März informierte der Bundesrat darüber, dass eine weitere Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine angelaufen sei. Dabei handelte es sich um Material für die humanitäre Minenräumung, Feuerwehrmaterial zur Brandbekämpfung, Ersatzteile für Löschfahrzeuge sowie medizinische Artikel.
Anfang Oktober gab das EDA bekannt, dass die Schweiz eine Hilfslieferung an den ukrainischen Zivilschutz schickt, dabei handle es sich um Maschinen zur Trümmerbeseitigung sowie Ausrüstung zur Brandbekämpfung. Das Material im Wert von CHF 5.6 Mio. werde vom VBS gespendet.
Im Oktober stärkte der Bundesrat auch die humanitäre Minenräumung, indem er der in der Ukraine tätigen FSD bis 2027 CHF 30 Mio. zusprach, nachdem der Bundesrat im September 2023 bereits beschlossen hatte, für die humanitäre Minenräumung in der Ukraine im Zeitraum 2024-2027 CHF 100 Mio. zu sprechen. Wiederum einige Tage später gab der Bundesrat auch bekannt, dass der Bund den zivilen ukrainischen Dienst für Katastrophenhilfe mit der Lieferung von drei Minenräumsystemen sowie einem entsprechenden Ausbildungs-, Mentoring- und Logistikpaket stärken will. Zeitgleich fand in Lausanne die von der Schweiz und der Ukraine initiierte internationale «Ukraine Mine Action Conference 2024» statt, an welcher die Mehrheit der teilnehmenden Staaten die humanitäre Minenräumung in der Ukraine und auch generell in anderen Weltgegenden forderten. Bei dieser Gelegenheit versicherte die Schweiz der Ukraine ihre «anhaltende und langfristige Solidarität» und zeigte Bereitschaft, ihre guten Dienste auch im Hinblick auf den Einbezug Russlands in den Friedensprozess einzusetzen.

Sanktionsregime und weitere Entwicklungen zur Ukraine in 2024
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Von der Schweiz ergriffene Sanktionen gegen andere Staaten

Jahresrückblick 2024: Aussenpolitik

In der Schweizer Aussenpolitik zeigten sich im Berichtsjahr unterschiedliche Schwerpunkte, was sich auch in der Medienkonjunktur (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse) widerspiegelte. Zum einen waren die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU ein in Bundesbern sowie in den Medien viel diskutiertes Thema: Im März 2024 starteten die Verhandlungen für ein weiteres Abkommenspaket (auch Bilaterale III genannt), die Ende Jahr zu einem Abschluss kamen. Dieses Paket beinhaltete neue sektorielle Abkommen (z.B. im Strombereich), institutionelle Elemente, Regeln für staatliche Beihilfen sowie die regelmässige Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Im nächsten Jahr wird sich das Parlament und voraussichtlich in einigen Jahren auch die Stimmbevölkerung mit diesem Geschäft auseinandersetzen.

Zum anderen waren auch der Umgang mit den Konflikten im Nahen Osten sowie in der Ukraine zentrale Themen der Aussenpolitik. Bezüglich des Konflikts im Nahen Osten legte der Bundesrat im September die Botschaft zum Gesetz für ein Verbot der Hamas vor, wie dies die beiden sicherheitspolitischen Kommissionen in zwei identischen Motionen (Mo. 23.4312 und Mo. 23.4329) gefordert hatten. Das Gesetz wurde von den beiden Kammern in der Wintersession gutgeheissen. Zwei weitere Vorstsösse der beiden sicherheitspolitischen Kommissionen forderten auch ein Verbot der Hisbollah (Mo. 24.4263 und Mo. 24.4255). Sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat befürworteten die Motion ihrer jeweiligen Kommission in der Wintersession. Bundesrat und Parlament beschäftigten sich auch mit der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen. Dabei stellte die Rolle der UNRWA einen Spaltpilz dar: Während vor allem das links-grüne Lager argumentierte, dass einzig die UNRWA in der Lage sei, im Gaza-Streifen angemessene humanitäre Hilfe zu leisten, hielt die Mehrheit des bürgerlichen Lagers dagegen, dass die finanzielle Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza nicht über die UNRWA verteilt werden dürfe, da diese teilweise durch die Hamas beeinflusst oder gar unterwandert würde. Der Nationalrat hiess im Berichtsjahr denn auch zwei Motionen (Mo. 24.3469 und Mo. 24.3194) zur Streichung der Gelder an die UNRWA gut. Die ständerätliche Kommission beschloss, eine Anhörung durchzuführen, bevor sie ihrem Rat eine Empfehlung zu den Motionen unterbreitet. Der Bundesrat sprach nach Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen 2024 insgesamt CHF 79 Mio. für die humanitäre Hilfe in der Region. Aufgrund der Skepsis gegenüber der UNRWA soll der Grossteil dieser Gelder über andere Organisationen wie etwa das IKRK in die Region fliessen.

Der Krieg in der Ukraine veranlasste den Bundesrat auch im vergangenen Jahr dazu, zahlreiche Elemente des EU-Sanktionsregimes gegenüber Russland zu übernehmen; darunter etwa weitere Sanktionierungen von natürlichen und juristischen Personen, das Verbot des Kaufs und Imports russischer Diamanten sowie Exportbeschränkungen für militärische und technologische Güter. Die Regierung setzte sich zudem mit Materiallieferungen und der Organisation einer Konferenz im Bereich der zivilen Minenräumung ein. Im April gab der Bundesrat ausserdem bekannt, dass er den Wiederaufbau in der Ukraine in den nächsten zwölf Jahren mit insgesamt CHF 5 Mrd. unterstützen werde. Weiter organisierte die Schweiz im Juni in Zusammenarbeit mit der Ukraine einen medial stark beachteten internationalen Friedensgipfel für die Ukraine (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Die Schweiz setzte sich im Vorfeld des Gipfels im Rahmen von zahlreichen Staatsbesuchen (z.B. aus Brasilien) stark dafür ein, eine Vielzahl von Staaten für die Teilnahme an der Konferenz auf dem Bürgenstock zu gewinnen. Auch das Parlament beschäftigte sich mit dem Ukraine-Konflikt und nahm beispielsweise eine Motion der SP an, die ein internationales Programm zur Räumung von Minen in der Ukraine fordert.

Das in diesem Themenbereich 2024 im Parlament am intensivsten debattierte Geschäft war die Strategie der internationalen Zusammenarbeit für die Jahre 2025–2028 (vgl. Tabelle 1): Der Bundesrat legte in der Botschaft ein Budget von CHF 11.27 Mrd. vor, womit die drei Pfeiler der internationalen Zusammenarbeit – humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit sowie Förderung von Frieden, Demokratie und Menschenrechten – finanziert werden sollen. In den Räten wurde darum gerungen, wie viele Mittel die IZA erhalten soll und wie viele Mittel aufgrund der angespannten Lage des Bundeshaushalts generell eingespart oder stattdessen für die Sicherheitspolitik respektive die Armee eingesetzt werden sollen. Auch die CHF 1.5 Mrd., die der Bundesrat für die Ukraine auf Kosten der allgemeinen Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen will, sorgten – neben einer grundsätzlichen Debatte um Qualität und Wirkung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit – für kontroverse Diskussionen, wurden schliesslich aber im vorgesehenen Umfang belassen. Insgesamt kürzte das Parlament den IZA-Kredit jedoch um CHF 151 Mio. Weitere Kürzungen kamen im Rahmen der Budgetdebatte 2025 hinzu.

Auf dem Gebiet der Aussenwirtschaftspolitik legte der Bundesrat im Herbst 2024 die lange erwartete Botschaft zum Freihandelsabkommen mit Indien vor – die dafür notwendigen Verhandlungen hatten circa 16 Jahre gedauert. Mit diesem Abkommen sollen für 94.7 Prozent der Schweizer Exporte nach Indien Zollerleichterungen gelten. Ausserdem ist vorgesehen, nichttarifäre Handelshemmnisse in verschiedenen Bereichen zu reduzieren. Der Ständerat sprach sich in der Wintersession einstimmig für die Genehmigung des Abkommens aus. Im Berichtsjahr hiessen auch beide Räte das FHA mit der Republik Moldau gut, wovon sich der Bundesrat und das Parlament neben der wirtschaftlichen auch eine politische Stärkung dieses Nachbarlandes der Ukraine versprachen.

Schliesslich gab es auch im Bereich der direktdemokratischen Mitwirkung in der Aussenpolitik einige Entwicklungen zu verzeichnen. Im Mai gab die Bundeskanzlei bekannt, dass die Neutralitätsinitiative von Pro Schweiz zustande gekommen war. Diese Volksinitiative möchte die immerwährende und bewaffnete Neutralität in der Bundesverfassung verankern. Damit möchte das Initiativkomitee verhindern, dass die Schweiz einem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten kann. Der Bundesrat entschied indes, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Im Sammelstadium befanden sich Ende 2024 drei Volksinitiativen, die dem Bereich Aussenpolitik zugeordnet werden können: Die Kompass-Initiative verlangt, dass Staatsverträge, welche «wichtige rechtsetzende Bestimmungen» enthalten, sowohl der Stimmbevölkerung als auch den Kantonen zur Genehmigung vorgelegt werden müssen; die Europa-Initiative will eine aktive Rolle der Schweiz in der europäischen Integration und die Atomwaffenverbotsinitiative macht sich für den Beitritt der Schweiz zum Kernwaffenverbotsvertrag (TPNW) stark. Zu möglichen Auswirkungen dieses Beitritts wurde im März 2024 ein Bericht in Erfüllung eines Postulats veröffentlicht.

Jahresrückblick 2024: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2024

Der Bundesrat verabschiedete im Dezember 2024 seine Afrika-Strategie für die Jahre 2025 bis 2028. Neu widmete die Regierung dem Kontinent nicht mehr zwei Strategien (vgl. Subsahara-Afrika-Strategie 2021-2024 sowie MENA-Strategie 2021-2024), sondern fasste alle Regionen des Kontinents zusammen. Es habe sich gezeigt, dass den starken Verbindungen zwischen den verschiedenen afrikanischen Regionen, wie etwa in Form der Zusammenarbeit innerhalb der Afrikanischen Union, dadurch besser Rechnung getragen werden könne. Die Strategie habe zum Ziel, die vielfältigen Beziehungen zwischen der Schweiz und den afrikanischen Staaten zu stärken und zu intensivieren.
Die Strategie umfasste vier Schwerpunktthemen:
Der erste Fokus lag auf der Stärkung von Frieden und Sicherheit. Die Schweiz strebe an, durch verschiedene Instrumente bei der Prävention und Bewältigung von gewalttätigen Konflikten mitzuwirken. Bei der zivilen Friedensförderung setze die Schweiz auf Unparteilichkeit, ihre langjährige diesbezügliche Erfahrung und die grossen fachlichen Kompetenzen. Ein wichtiges Anliegen sei auch der Einbezug der Frauen bei Friedens- und Wiederaufbauprozessen. Bei der militärischen Friedensförderung werde sich die Schweiz wie bis anhin an verschiedenen UNO-Missionen und -Institutionen beteiligen. In Migrationsfragen suche die Schweiz gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern nach Lösungen und unterstütze dabei den Aufbau lokaler Strukturen für die Steuerung der Migration, aber auch für die Rückkehr und die erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Auch der Schutz der Flüchtenden entlang der Migrationsrouten müsse im Auge behalten werden.
Zweitens solle auf Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit fokussiert werden, wobei die Liefer- und Wertschöpfungsketten durch offene Märkte und die Durchsetzung international vereinbarter Regeln gestärkt und diversifiziert werden sollen. Zusätzlich werde auch die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit in ausgewählten Partnerländern dafür sorgen, dass die Widerstandsfähigkeit und der Wohlstand weiterwachsen. Bei den für die Schweiz so wichtigen Rohstoffen wie Kaffee und Kakao sollen die Lebensbedingungen der Bäuerinnen und Bauern, der Schutz der natürlichen Ressourcen und die Förderung der Artenvielfalt verbessert werden. Generell setze sich die Schweiz im Bereich der Rohstoffe für die Einhaltung hoher Standards ein, insbesondere bei Rohstoffen aus Konfliktregionen sowie bei Hinweisen auf Kinderarbeit. Im Finanzbereich wiederum stehe für die Schweiz die Stärkung internationaler Regeln im Mittelpunkt.
Den dritten Schwerpunkt setzte die Strategie im Umweltbereich. Hierbei möchte die Schweiz zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels sowie zur Förderung von für das Klima positiven Praktiken beitragen. Dazu zählen die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, Wiederaufforstungsmassnahmen, die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, der Erhalt der Ökosysteme sowie die Bekämpfung der Wüstenbildung und der Degradation von Böden.
Beim vierten und letzten gewichtigen Thema, Demokratie und Gouvernanz, werde das Hauptziel verfolgt, demokratische Werte, Prozesse sowie Institutionen zu stärken. Dazu gehören laut Strategie eine gute Regierungsführung, die lokale Gouvernanz, die Förderung der Medien, die Teilhabe von Frauen, die nachvollziehbare Verwendung von Ressourcen und auch die Stärkung der Gewaltenteilung.

Afrika-Strategie 2025–2028
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Die APK-NR beabsichtigte mit einer im Oktober 2024 eingereichten Motion, den Bundesrat mit der Durchführung eines Friedensforums für Bergkarabach zu betrauen. Das Ziel dieser Konferenz sei ein offener Dialog zwischen Aserbaidschan und Vertretenden von Bergkarabach-Armenien sowie schliesslich die Möglichkeit der Rückkehr der aus Bergkarabach vertriebenen Armenierinnen und Armeniern. Die im Rahmen der OSZE zuständige Minsker-Gruppe sei aufgrund geopolitischer Spannungen derzeit nicht in der Lage, zwischen den Parteien zu vermitteln. Daher sei eine neue Initiative unerlässlich und die Schweiz habe sich bereits in der Vergangenheit als fähige und neutrale Vermittlerin bewiesen. Die Kommissionsmehrheit argumentierte zudem, dass die Rückkehr der historisch ansässigen armenischen Bevölkerung in Bergkarabach bereits vom internationalen Gerichtshof der UNO sowie vom EU-Parlament gefordert worden sei.
Der Bundesrat sowie eine Minderheit Büchel (svp, SG) beantragten die Ablehnung der Motion. Diese beiden Seiten betonten im Rat in der Wintersession 2024, dass die Schweiz mit ihren guten Diensten jederzeit für Friedensgespräche zur Verfügung stehe und diese schon mehrfach angeboten habe. Der Wille für international begleitete Gespräche müsse aber von den beiden Parteien kommen. Diese zögen es jedoch derzeit vor, bilateral zu verhandeln. Die Organisation eines Friedensforums könne in der aktuellen Situation, in der ein fragiler Friede herrsche, sogar kontraproduktiv wirken.
Anschliessend nahm der Nationalrat die Motion mit 96 zu 80 Stimmen und 16 Enthaltungen an. Die Nein-Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden GLP-Fraktion, der grossen Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion, von der Mehrheit der SVP-Fraktion sowie von einigen Mitgliedern der Mitte-Fraktion.

Friedensforum für Bergkarabach: Rückkehr der Armenier ermöglichen (Mo. 24.4259)

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2024 mit einer Motion Rechsteiner (mitte, AI) zum Engagement der Schweiz in der Ukraine. Wie Marco Chiesa (svp, TI) seitens der APK-SR darlegte, beantragte die Kommission, die Motion abzulehnen, da ihre Forderungen bereits erfüllt würden. So sei in der Kommission auf die CHF 1.5 Mrd. hingewiesen worden, die der Bundesrat in der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 zu Gunsten der Ukraine und der Region vorgesehen hat. Zudem hätten die APK beider Räte bereits je eine eine Motion (Mo. 24.3824 und Mo. 24.4268) eingereicht, in welcher eine Rechtsgrundlage für die Ukraine-Hilfe gefordert werde. Schliesslich anerkenne und schätze die Kommission auch die entsprechenden Bemühungen der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat. Aussenminister Ignazio Cassis, der seitens des Bundesrates den Antrag auf Ablehnung der Motion vertrat, rief darüber hinaus in Erinnerung, dass die Schweiz schon mehrere Konferenzen, darunter diejenige auf dem Bürgenstock, durchgeführt und für die nächsten 12 Jahre nebst den CHF 1.5 Mrd. aus dem IZA-Budget weitere CHF 3.5 Mrd. für den Wiederaufbau der Ukraine gesprochen habe. Anschliessend wurde die Motion stillschweigend abgelehnt.

Ukraine. Mehr Engagement für den Frieden (Mo. 23.3182)
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

In der Herbstsession 2024 folgte der Nationalrat der Mehrheit der APK-NR und gab der Standesinitiative des Kantons Genf für eine Durchführung einer der nächsten UNO-Klimakonferenzen in der Region Grand Genève keine Folge. Die Mehrheit der Kommission hatte ins Feld geführt, dass ein solcher Anlass durch seine schiere Grösse zu viele Ressourcen verbrauche und zu viele finanzielle Mittel benötige, wie Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) dem Plenum erläuterte. Demgegenüber argumentierte Nicolas Walder (gp, GE) für die Minderheit der APK-NR, dass die Schweiz und die Region Genf von einem solchen Anlass profitieren könnten und er insbesondere das internationale Genf stärken würde. Walder befürchtete, dass sich die Schweiz bei der Umwelt- und Klimapolitik immer weiter an den Rand drängen lasse und die Sichtbarkeit des internationalen Genfs darunter leide. In der Abstimmung sprachen sich 71 Mitglieder – v.a. der SP- und der Grünen-Fraktion sowie einer Mehrheit der GLP – für Folgegeben aus, 118 votierten dagegen, 4 Personen enthielten sich der Stimme. Mit diesem Ergebnis ist diese Standesinitiative vom Tisch.

Grand Genève soll eine der künftigen Klimakonferenzen der Vereinten Nationen ausrichten (Kt.Iv. 23.308)

Die Aussenpolitische Strategie für die Jahre 2024 bis 2027 wurde in der Herbstsession 2024 vom Nationalrat diskutiert und zur Kenntnis genommen. Christine Badertscher (gp, BE) und Laurence Fehlmann Rielle (sp, GE) stellten die Strategie seitens der APK-NR vor, anschliessend äusserten sich die Fraktionen zu den ihnen am wichtigsten erscheinenden Aspekten. Betreffend die laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU bat Franz Grüter (svp, LU) für die SVP-Fraktion, keinen «Unterwerfungsvertrag» mit der EU anzunehmen, bei welchem automatisch EU-Recht übernommen werden müsste. Ausserdem müsse die Schweiz neutral auftreten, um glaubhaft ihre angestammte Rolle als Vermittlerin bei Konflikten wahrnehmen zu können. Roland Rino Büchel (svp, SG) fügte hinzu, dass sich die SVP für die Ausübung der Guten Dienste, der Vermittlungen sowie für die humanitäre Hilfe ausspreche, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit müssten hingegen gekürzt werden. Eine Mittelkürzung für Länder, welche «Wirtschaftsflüchtlinge», deren Asylgesuch abgelehnt wurde, nicht zurücknehmen, forderte auch Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) für die FDP.Liberale-Fraktion. Zudem sollen gemäss FDP.Liberale insgesamt mehr Mittel für die humanitäre Hilfe als für Entwicklungsprojekte ausgegeben werden, da sich die seit Jahrzehnten praktizierte Entwicklungspolitik nicht bewährt habe. Simon Michel (fdp, SO) fügte hinzu, dass die Beziehungen zur EU von grossem Nutzen für die Schweiz seien und unbedingt stabilisiert werden müssten. Corina Gredig (glp, ZH) von der GLP ging ebenfalls auf die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit ein und forderte für die GLP im Unterschied zu den beiden Vertretern der oben erwähnten Fraktionen, dass dafür mehr Geld mobilisiert werden soll. Die Solidarität mit weniger reichen Ländern müsse unbedingt aufrechterhalten werden, auch wenn die Schweiz ebenfalls in anderen Bereichen finanziell gefordert sei. Diese Haltung vertrat auch Sibel Arslan (basta, BS) von der Grünen-Fraktion. Auch die SP forderte dazu auf, mehr finanzielle Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen, die weltweite Armutsbekämpfung müsse eine Priorität der aussenpolitischen Strategie darstellen, so Claudia Friedl (sp, SG). Wichtig sei für die SP auch, dass das Engagement für die Agenda 2030 aufrechterhalten werde. Rumy Farah (sp, SO) fügte hinzu, dass die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU auch für die SP äusserst wichtig seien, da der Wohlstand in der Schweiz davon abhänge. Schliesslich präsentierte Elisabeth Schneider-Schneiter (mitte, BL) die aussenpolitischen Prioritäten der Mitte-Fraktion, welche unter anderem in der Stärkung der Beziehungen zur EU und des Multilateralismus, im Abschluss von weiteren FHA, in einer angemessenen Sicherheitspolitik sowie in der Verfolgung einer friedlichen und gerechten Weltordnung lagen. Abschliessend wies Aussenminister Ignazio Cassis anhand verschiedener Beispiele darauf hin, dass der Bund bereits mit der Umsetzung der Strategie begonnen habe.

Aussenpolitische Strategie 2024-2027 (BRG 24.022)
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Bereits zu Beginn des Jahres 2024 hatte die Schweiz angekündigt, einen Friedensgipfel für die Ukraine durchführen zu wollen. Im Vorfeld des Kongresses, der Mitte Juni 2024 auf dem Bürgenstock stattfand, berichteten die Medien über die Zu- und Absagen der angefragten Staaten, wobei von Anfang an klar war, dass Russland nicht zum Gipfel eingeladen würde. Sowohl Aussenminister Ignazio Cassis als auch Bundespräsidentin Viola Amherd hatten sich in zahlreichen bilateralen Treffen dafür eingesetzt, möglichst viele verschiedene Staaten für den Gipfel gewinnen zu können. Die Medien berichteten auch über die grossen Abwesenden, wie etwa China, wobei Russland einiges unternommen habe, um möglichst viele Staaten von einer Teilnahme an der Konferenz abzubringen. Das grosse Sicherheitsdispositiv, welches rund um den Gipfel aufgebaut wurde, fand ebenfalls mediale Beachtung.
Die Erwartungen an den Gipfel wurden schon im Vorfeld tief gehalten. Die Presse war sich einig, dass deren Ausgang an der Kriegsrealität in der Ukraine nicht viel ändern werde. Es sei bereits ein Erfolg, wenn zumindest ein Friedensprozess angestossen werde. Der offiziellen Medienmitteilung der Schweiz konnte entnommen werden, dass auf dem Bürgenstock insbesondere über drei konkrete Punkte gesprochen werden soll: die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerks Saporischschja, die globale Ernährungssicherheit und die Freilassung von Kriegsgefangenen, inhaftierten Zivilisten und verschleppten Kindern.
Nach dem Gipfel lobte die Presse die Organisation des Gipfels sowie das Engagement von Amherd und Cassis. Das inhaltliche Fazit fiel jedoch ernüchternd aus. Von den rund 100 teilnehmenden Staaten schlossen sich etwa deren 80 der Schlusserklärung an, dabei fehlten aber wichtige Staaten wie Indien, Südafrika, Brasilien und Saudi-Arabien. Mit der Schlusserklärung wiesen die Unterzeichnenden die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine eindeutig Russland zu. Zudem wurde in der Erklärung dazu aufgerufen, die Souveränität aller Staaten zu wahren und diese nicht durch Drohungen oder Gewalt zu untergraben. Diese Positionierung hatte gemäss Medien bereits gereicht, um einige Staaten von der Unterschrift unter das Dokument abzuhalten.
Nach Abschluss des Gipfels wurden in den Zeitungen zwei grosse offene Fragen ausgemacht: Wie soll es zu wirklichen Friedensverhandlungen kommen, wenn Russland nicht einbezogen wird? Und konkreter: in welchem Staat und wann gibt es einen weiteren Friedensgipfel?
Die Einschätzungen der Schweizer Politikerinnen und Politiker bezüglich des Kongresses und seiner Wirkung gingen weit auseinander. Während Samuel Bendahan (sp, VD) und Laurent Wehrli (fdp, VD) die Durchführung der Konferenz lobten und als ersten Schritt in die richtige Richtung sahen, stufte Pierre-André Page (svp, FR) den Umstand, dass Russland nicht zur Konferenz eingeladen war, als problematisch ein. Zudem habe die Schweizer Neutralität mit dieser Konferenz, die quasi vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geleitet worden sei, stark gelitten.

Schweizer Friedensgipfel für die Ukraine
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Mitte Juni 2024 fand in Berlin die dritte Ukraine Recovery Conference statt. Die Schweizer Regierung war an diesem Anlass, dessen erste Austragung in der Schweiz stattgefunden hatte, durch Aussenminister Ignazio Cassis vertreten. Der Medienmitteilung des Bundesrates liess sich entnehmen, dass an der Konferenz unter anderem über den Einbezug des Privatsektors beim Wiederaufbau der Ukraine diskutiert wurde. Zudem wurde auch über Möglichkeiten gesprochen, wie der soziale Zusammenhalt in der Ukraine gestärkt werden kann. Die Schweiz habe sich gemäss der Medienmitteilung an diesem Treffen und darüber hinaus stark für das Finden einer Friedenslösung eingesetzt; daher organisiere sie auch ein hochrangiges Treffen, das noch im Juni 2024 auf dem Bürgenstock stattfinden sollte. Des Weiteren unterstütze die Schweiz die ukrainische Bevölkerung auch mit humanitärer und finanzieller Hilfe, mit Aktionen vor Ort – wie etwa der Minenräumung – sowie mit der Gewährung des Schutzstatus S für aus der Ukraine Geflüchtete.

Ukraine Reform Conference
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Der Ständerat nahm in der Sommersession 2024 von der Aussenpolitischen Strategie für die Jahre 2024 bis 2027 Kenntnis. Berichterstatter Matthias Michel (fdp, ZG) verwies darauf, dass die geopolitischen Krisen zunehmen und sich verschärfen, dabei gerieten die demokratischen und rechtsstaatlichen Werte immer stärker unter Druck. Dies sei sehr bedauerlich, gleichzeitig könne dieser Umstand für die Schweiz als Promotorin der Friedenspolitik, der Demokratie und von technologischen Errungenschaften auch eine Chance bieten. Das internationale Genf verfüge nämlich bereits über eine lange Tradition der internationalen technologischen Zusammenarbeit und in jüngster Vergangenheit hätten die Ansiedlung der Geneva Internet Platform, der Stiftung Gesda und des Open Quantum Institute dieser Tradition neuen Schub verliehen. Michel erhoffte sich davon, dass sich die Schweiz mit solchen Initiativen noch stärker als «Innovationshub für nachhaltige Entwicklungen etablieren» könne. Aussenminister Ignazio Cassis wiederum erläuterte dem Ratsplenum, dass die Ziele dieser Strategie im Vergleich zur vorangehenden Strategie von 45 auf 28 reduziert wurden. Dies erlaube «eine bessere Kontrolle und Rechenschaftsablegung über die Umsetzung der Strategie», was auch die GPK-SR in einem Bericht gefordert hatte.

Aussenpolitische Strategie 2024-2027 (BRG 24.022)
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Die APK-NR forderte mit einem im Januar 2024 eingereichten Postulat einen Bericht über die Unterstützung der Schweiz für die armenische Bevölkerung im Bergkarabach-Konflikt. Der Bundesrat soll dabei insbesondere analysieren, inwiefern die Schweiz bezüglich die Freilassung der in Aserbaidschan festgehaltenen armenischen Kriegsgefangenen tätig werden kann und wie die in Bergkarabach verbliebene armenische Bevölkerung sicher leben kann. Zudem solle der Bericht auch darlegen, wie den ca. 100'000 Personen geholfen werden kann, welche nach Armenien geflohen sind. Die APK-NR gab im Übrigen mit der Einreichung dieses Postulats der Petition 20.2024 «Comité Suisse-Karabagh. Recht auf Leben und Selbstbestimmung für die Armenier in Bergkarabach» Folge.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. Dieses wurde in der Sommersession 2024 stillschweigend angenommen.

Unterstützung der Schweiz für die armenische Bevölkerung angesichts des Bergkarabach-Konflikts (Po. 24.3006)

Die Motion der APK-NR zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft fand in der Sommersession 2024 zum zweiten Mal Eingang in das Programm des Nationalrates. Für die vorberatende APK-NR signalisierten Fabian Molina (sp, ZH) und Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) Zustimmung zur vom Ständerat abgeänderten und dadurch abgeschwächten Motion. Die Kommissionsmehrheit vertrete weiterhin die Ansicht, dass sich die Schweiz aktiv für die Menschenrechte einsetzen solle. Die Motion biete der Regierung zudem eine gute Basis «für den Schutz iranischer Dissidenten und Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten vor transnationaler Repression in der Schweiz». Überdies soll sich die Schweiz angesichts der grossen Spannungen in der Region klar für eine regelbasierte Ordnung aussprechen und der Destabilisierung im Iran entgegentreten. Demgegenüber argumentierte Monika Rüegger (svp, OW) für die Kommissionsminderheit, dass bei Annahme der Motion das Schweizer Schutzmachtmandat für die USA im Iran in Gefahr gerate. Dieses Mandat ermögliche es der Schweiz derzeit als einzigem westlichen Land, einen Dialog mit dem Iran aufrecht zu erhalten und in dessen Rahmen die Menschenrechtsverletzungen anzusprechen. Es sei nicht sinnvoll, diese Verbindungstüre zuzuschlagen. Ignazio Cassis stimmte der Einschätzung von Nationalrätin Rüegger im Grundsatz zu. Zudem unternehme der Bundesrat bereits heute alles in seiner Macht stehende für die Achtung der Menschenrechte und für die Zivilgesellschaft im Iran. Er verstehe aber auch den Willen des Parlaments, ein Zeichen für die Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft setzen zu wollen. Insgesamt könne sich der Bundesrat mit der abgeschwächten Motion einverstanden erklären.
Abschliessend überwies der Nationalrat die Motion deutlich mit 117 zu 62 Stimmen und 5 Enthaltungen. Die Ablehnungen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie einem Mitglied der FDP.Liberalen.

Kommissionsmotionen zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (Mo. 22.4278 & Mo. 22.4274)

Im April 2024 empfing Ignazio Cassis seinen österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg in Bern, kurz nachdem Viola Amherd in Wien mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer zusammengekommen war. Die Gespräche von Cassis und Schallenberg drehten sich um die engen und guten bilateralen Beziehungen, um das Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union sowie um die Sicherheitslage und die verschiedenen aktuellen Konflikte, insbesondere im Nahen Osten und in der Ukraine. In diesem Zusammenhang dankte Ignazio Cassis seinem österreichischen Pendant für die Unterstützung der für Mitte Juni 2024 geplanten Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz.

Bundesrat Ignazio Cassis empfängt den österreichischen Aussenminister Alexander Schallenberg

Der Wiederaufbau in der Ukraine soll in den nächsten 12 Jahren mit CHF 5 Mrd. unterstützt werden, gab der Bundesrat in einer Medienmitteilung vom April 2024 bekannt. Die Regierung unterstrich, dass sich die Schweiz seit Ausbruch des Krieges im Frühjahr 2022 für die Ukraine engagiere, sei es im Bereich der humanitären Hilfe für die Bevölkerung, bei der wirtschaftlichen Entwicklung und auch beim langfristigen Wiederaufbau des Landes. Nun solle diese Unterstützung intensiviert werden.
Eine erste Tranche in der Höhe von CHF 1.5 Mrd. für die Zeit bis 2028 soll aus dem Budget der IZA entnommen werden; dieser Vorschlag werde dem Parlament im Rahmen der Strategie der IZA 2025-2028 beantragt. Für die Finanzierung der restlichen CHF 3.5 Mrd. sollen auch noch weitere Finanzierungstöpfe hinzugezogen werden. Der Bundesrat beauftragte zudem das EDA und das WBF, ein gemeinsames «Länderprogramm Ukraine» zu erarbeiten, damit eine zielgerichtete und wirksame Unterstützung garantiert werden kann. Das Länderprogramm solle sich an den sieben Prinzipien der Lugano-Konferenz ausrichten: Partnerschaftlichkeit, Reformen, Transparenz/Rechenschaftspflicht/Rechtsstaatlichkeit, Demokratische Mitwirkung, Einbezug mehrerer Stakeholder, Gleichstellung/Eingliederung und Nachhaltigkeit.

Bundesrat will Wiederaufbau in der Ukraine bis 2036 mit 5 Milliarden Franken unterstützen
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

In der Frühjahrssession 2024 gab der Nationalrat der Standesinitiative des Kantons Genf mit dem Titel «Armeniens Überleben sichern» auf Antrag der APK-NR stillschweigend keine Folge. Die Initiative ist damit definitiv vom Tisch.

«Armeniens Überleben sichern» (St.Iv. 22.320)

Im März 2023 reichte Thomas Rechsteiner (mitte, AI) eine Motion ein, in welcher er den Bundesrat dazu aufforderte, sein Engagement für den Frieden in der Ukraine zu verstärken. Dafür solle er erstens die humanitäre Hilfe zugunsten der Ukraine markant steigern, zweitens die Schweiz aktiv als Standort für Friedensverhandlungen anbieten und drittens bei der UNO respektive beim UNO-Sicherheitsrat ein Mandat für ebendiese Friedensverhandlungen einholen.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er alle diese Forderungen bereits erfülle. Der Vorstoss wurde rund ein Jahr nach der Einreichung in der Frühjahrssession 2024 behandelt. Da eine Abstimmung über die einzelnen Punkte der Motion gefordert wurde, stimmte der Nationalrat einzeln über diese ab. Er nahm alle drei Punkte mit einem ähnlichen, relativ knappen Ergebnis an, wobei die Mitglieder der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion grossmehrheitlich gegen die einzelnen Forderungen des Vorstosses stimmten.

Ukraine. Mehr Engagement für den Frieden (Mo. 23.3182)
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)

Anfang 2024 präsentierte der Bundesrat seine Aussenpolitische Strategie für die Jahre 2024 bis 2027. Diese bildet den zentralen Orientierungsrahmen für die Schweizer Aussenpolitik in der laufenden Legislatur. Der Bundesrat legte dabei mehrere geografische und thematische Schwerpunkte fest. Einen ersten Fokus richtete die Strategie auf Europa. Für die Schweiz sei ein sicheres Europa und das Prosperieren der europäischen Wirtschaft von zentraler Wichtigkeit. Das Ziel bestehe darin, noch in der aktuellen Legislatur das Verhältnis zur EU zu klären. Ausserdem wolle die Schweiz ihren Beitrag leisten, um die Sicherheit in Europa allgemein zu stärken und um die Ukraine beim Wiederaufbau zu unterstützen. Darüber hinaus strebe die Schweiz auch konstruktive Beziehungen zum Rest der Welt an, wobei sie den G20-Mitgliedstaaten grosses Gewicht beimesse. Schliesslich sei auch ein effizienter Multilateralismus eminent wichtig für die Interessenwahrung der Schweiz. Entsprechend sollten das multilaterale System und dessen Effizienz gestärkt werden. Der thematische Schwerpunkt Frieden und Sicherheit, der schon im vorgängigen Strategiebericht enthalten gewesen war, solle insbesondere durch eine verstärkte Sicherheitskooperation mit der EU und der NATO sowie durch die Guten Dienste und die Friedensförderung umgesetzt werden. Die Sicherung des Wohlstandes und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bildeten ebenfalls weiterhin Ziele der Aussenpolitischen Strategie. Als neuer Schwerpunkt wurde der Bereich Umwelt in das Papier aufgenommen; der Bundesrat betonte, dass globale Krisen wie der Klimawandel oder der Verlust der Biodiversität vordringlich und global angegangen werden müssen. Die Förderung der Demokratie bildete schliesslich ebenfalls einen erstmals aufgegriffenen Schwerpunkt.
Die Aussenpolitische Strategie für die Jahre 2024 bis 2027 wurde als Novum den aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte und den Kantonen zur Konsultation unterbreitet.

Aussenpolitische Strategie 2024-2027 (BRG 24.022)
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Ende Januar 2024 befasste sich die APK-NR mit der Standesinitiative des Kantons Genf, die den Titel «Armeniens Überleben sichern» trägt. Die Kommission beantragte mit 16 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Die Mehrheit der Kommission erläuterte, dass die Schweiz bereits des Öfteren «die Einhaltung des Völkerrechts, die Gewährleistung des Zugangs zu humanitärer Hilfe und die Lösung des Konflikts auf dem Verhandlungsweg» eingefordert habe. Zudem seien bereits mehrere Millionen Franken für die Zivilbevölkerung Armeniens gesprochen worden. Darüber hinaus könnten gewisse Forderungen der Initiative nicht im Alleingang umgesetzt werden, sondern bedürften internationaler Absprachen. Schliesslich gab die Kommission auch zu bedenken, dass derzeit Friedensgespräche zwischen den Konfliktparteien liefen. Die Kommissionsminderheit erachtete es hingegen als wichtig und sinnvoll, wenn das Parlament der Initiative als Signal der Unterstützung für die armenische Bevölkerung Folge geben würde.
Die Kommission nahm im Rahmen der Beratung des Geschäfts auch Kenntnis von der Petition 20.2024 «Recht auf Leben und Selbstbestimmung für die Armenier in Bergkarabach». Sie unterstützte die Forderung mit der Einreichung des Postulats 24.3006 «Unterstützung der Schweiz für die armenische Bevölkerung angesichts des Bergkarabach-Konflikts».

«Armeniens Überleben sichern» (St.Iv. 22.320)

Im Januar 2024 wurde in Davos das fast jährlich stattfindende World Economic Forum (WEF) durchgeführt; dieses Jahr stand das Zusammenkommen unter dem Motto «rebuilding trust». Im Zentrum der Medienberichterstattung über das diesjährige Treffen stand der Krieg in der Ukraine – die Medien berichteten kaum über andere Aspekte und Themen des WEF, wie etwa über die Rolle der künstlichen Intelligenz oder über Klima, Natur und Energie. Zwei Tage bevor das eigentliche Forum begann, fand ein von der Schweiz und der Ukraine initiiertes Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von rund 80 Staaten zur sogenannten Friedensformel für die Ukraine statt. Diese beinhaltete einen Zehn-Punkte-Plan, welchen die Ukraine als Grundlage für einen Friedensvertrag zwischen der Ukraine und Russland sieht. In der Friedensformel ging es beispielsweise um den Rückzug der russischen Truppen, den Umgang mit Kriegsverbrechen sowie um die Bedingungen für ein Kriegsende. Die NZZ mutmasste, dass sich Kiew mit der Friedensformel «offensichtlich Manövriermasse erarbeiten und sich diplomatisch möglichst breit abstützen» möchte. Die Medien berichteten weiter, wie Aussenminister Ignazio Cassis einräumte, dass Russland selbstredend auch lieber früher als später in diesen Prozess eingebunden werden müsse; dieses Ziel schien jedoch noch in weiter Ferne. Nach einem persönlichen Treffen von Bundespräsidentin Viola Amherd und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky gaben die beiden einen Tag vor Beginn des WEF bekannt, dass sich die Schweiz bereit erklärt habe, einen Friedensgipfel für die Ukraine zu organisieren. In den Medien wurde diese Ankündigung mit einiger Überraschung aufgenommen und es bestand Einigkeit darüber, dass die Durchführung eines erfolgreichen Gipfels ein schwieriges Unterfangen werde. Franz Grüter (LU) von der SVP bezeichnete den geplanten Gipfel gar als Farce und kritisierte Bundesrat Cassis für sein Vorgehen. Dieser hätte gemäss Grüter viel stärker auf den Einbezug Russlands hinarbeiten müssen. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (sp, ZH) begrüsste die Konferenz hingegen; jeder Schritt hin zu Friedensverhandlungen werde von der SP unterstützt. Bezüglich der Neutralität der Schweiz befand Meyer, dass es der Schweiz auch als neutrales Land erlaubt sei, «Unrecht als Unrecht zu benennen» und konsequent auf der Seite des Völkerrechts zu stehen.

WEF 2024 in Davos

Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik

Die schweizerische Aussenpolitik war im Jahr 2023 stark von der Reaktion auf internationale Konflikte und Krisen geprägt, wobei der mediale und politische Fokus auf dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine lag. Auch im Jahr 2023 übernahm der Bundesrat Sanktionen der EU gegen Russland, insbesondere Dienstleistungsverbote gegen Unternehmen oder die russische Regierung, Kontrollen und Beschränkungen für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sowie Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen gegen einzelne Personen. Die Medien berichteten zwar auch 2023 häufig über die Sanktionen, jedoch nicht mehr im selben Ausmass wie 2022 (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Die Abbildung zeigt auch, dass sich die Medien intensiv mit der Neutralität der Schweiz auseinandersetzten. Diese wurde insbesondere in Zusammenhang mit der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial diskutiert, aber auch bezüglich finanzieller und humanitärer Hilfen, beispielsweise in Form von Ambulanzfahrzeugen. Im Juni fand in London die zweite «Ukraine Recovery Conference» statt. Bei dieser Gelegenheit betonte Aussenminister Ignazio Cassis, dass die Schweiz beim Wiederaufbau der Ukraine insbesondere auf die Bereiche Diplomatie, Wirtschaft und Good Governance fokussiere. Mit dem Wiederaufbau beschäftigte sich auch der Nationalrat; dieser bekräftigte durch Annahme fünf gleichlautender Motionen seinen Willen, dass durch Sanktionen eingefrorene staatliche und staatsnahe Vermögenswerte Russlands zum Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden sollen. Ob der Ständerat dieser Forderung ebenfalls zustimmt, blieb im Berichtsjahr noch offen.

Ab Herbst 2023 prägte ein weiterer Konflikt die schweizerische Aussenpolitik. Anfang Oktober eskalierte der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt mit einem Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet. Der Bundesrat reagierte auf den Angriff, indem er zur sofortigen Freilassung der Geiseln aufrief und die Einstufung der Hamas als terroristische Organisation befürwortete. Er berief eine Taskforce ein, um rechtliche Optionen für ein Verbot der Organisation zu prüfen. Bis Ende Februar 2024 will er einen entsprechenden Entwurf erarbeiten. National- und Ständerat stützten diesen Entscheid in der Wintersession, in dem sie Motionen ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen mit der Forderung nach einem Verbot der Hamas annahmen.

Eine grosse humanitäre Krise wurde im Februar auch durch ein starkes Erdbeben in der Grenzregion Türkei/Syrien hervorgerufen. Die Folgen des Erdbebens lösten in der Schweiz eine grosse Welle der Solidarität aus; in privaten Aktionen wurden Sachspenden für die Betroffenen gesammelt. Auch die offizielle Schweiz engagierte sich, indem die Abteilung für Humanitäre Hilfe der DEZA die Schweizer Rettungskette mit 80 Expertinnen und Experten sowie acht Suchhunden in das Gebiet schickte. Die Medien berichteten ausführlich über diese Katastrophe und ihre Auswirkungen, was sich in einem Peak bei der Berichterstattung zur humanitären Hilfe zeigt (vgl. Abbildung 1).

Die Beziehungen der Schweiz zur EU bildeten auch im Jahr 2023 einen Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik, wobei das Dossier wieder etwas an Fahrt aufnahm. Anfang Juni publizierte der Bundesrat die lange erwartete Lagebeurteilung zu den Beziehungen mit der EU, welche vier mögliche zukünftige Handlungsoptionen umfasste, von denen der Bundesrat die Fortsetzung des bilateralen Weges präferierte. Ende Juni verabschiedete er sodann die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU. Nach Abschluss der Sondierungsgespräche mit Brüssel und der Gespräche mit Kantonen, Sozialpartnern und Wirtschaftskreisen legte der Bundesrat Ende Jahr seinen Entwurf für ein neues Mandat mit den Leitlinien für die Verhandlungen vor. Dieser beinhaltete den Abschluss neuer Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sowie die Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe und weiteren EU-Programmen. Es umfasste auch die Aufnahme institutioneller Lösungen für die bestehenden Marktzugangsabkommen, etwa zur Streitbeilegung mittels paritätischem Schiedsgericht, sowie von Regeln für staatliche Beihilfen und der regelmässigen Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Zum Chefunterhändler wurde der Leiter der Abteilung Europa des EDA, Patric Franzen, ernannt, zuvor hatte Alexandre Fasel die abtretende Livia Leu als Staatssekretär des EDA ersetzt. Auf der parlamentarischen Ebene entschied sich der Nationalrat im September für die Einsetzung einer ständigen Subkommission der APK-NR für Europafragen. Schliesslich wurde im Oktober 2023 mit der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte» begonnen, die verlangt, dass die Schweiz zukünftig keine internationalen Abkommen mehr abschliesst, die in die Grundrechte der Schweizerinnen und Schweizer eingreifen oder die Schweizer Behörden verpflichten, sich an die Rechtssprechung inter- oder supranationaler Organisationen zu halten – mit Ausnahme des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs.

Die Schweiz nahm in den Jahren 2023 und 2024 auch das erste Mal Einsitz als nicht-ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, wobei sie im Mai gar den Vorsitz des Sicherheitsrates übernahm. Aussenminister Ignazio Cassis und Bundespräsident Alain Berset präsidierten je eine Sitzung zu den Themen nachhaltiger Frieden respektive Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2023

Ende November 2023 beschloss der Bundesrat weitere Schritte in Sachen Hamas-Verbot. Er beauftragte das EJPD und das VBS, in Zusammenarbeit mit dem EDA ein spezifisches Gesetz über ein Verbot der Hamas auszuarbeiten. Damit sollen die Behörden ein Mittel erhalten, um allfälligen Aktivitäten oder der Unterstützung der Hamas in der Schweiz Einhalt zu gebieten. Des Weiteren habe der Bundesrat nach einer Analyse der Zusammenarbeit mit sämtlichen palästinensischen Partner-NGO beschlossen, die Verträge mit drei von elf Partnern nicht weiterzuführen, da bei diesen Unregelmässigkeiten hinsichtlich der Einhaltung des Verhaltenskodex und der vertraglichen Antidiskriminierungsklausel festgestellt worden seien.
Die Medien befanden, dass der Beschluss, ein Verbot auszuarbeiten, einem Paradigmenwechsel gleichkomme, da sich die Schweiz bis dahin eng an die Beschlüsse der UNO gehalten habe; in diesem Falle habe die Schweiz jedoch autonom gehandelt. Die Schweiz habe ausserdem des Öfteren den Standpunkt vertreten, dass ein solches Verbot faktisch keine Wirkung entfalten werde sowie die guten Dienste und die Vermittlerrolle der Schweiz in Frage stellen könne. Wie der Liberté entnommen werden konnte, war für Aussenminister Cassis die Schwere der Taten, die durch die Hamas ausgeführt wurden, ausschlaggebend für das Verbot. Ausserdem habe Cassis argumentiert, dass die Schweiz sich nicht mehr einfach den Entscheiden des UNO-Sicherheitsrats anschliessen könne. Dieser sei vor dem Hintergrund einer multipolaren, fragmentieren Weltordnung nicht mehr in der Lage, über solche Konflikte klar zu urteilen.

Reaktion des Bundesrates auf die Terroranschläge der Hamas gegen Israel
Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA

Der Bundesrat hielt wenige Tage nach dem Angriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 in einer Medienmitteilung fest, dass er diese Terroranschläge der Hamas aufs Schärfste verurteile, forderte die sofortige Freilassung der festgehaltenen Geiseln und vertrat die Ansicht, dass die Hamas als terroristische Organisation eingestuft werden solle. Er schuf sodann eine bundesrätliche Taskforce, welche den Auftrag erhielt, «die rechtlichen Optionen für ein Verbot der Hamas zu prüfen». Der Bundesrat liess ausserdem verlauten, dass er keine Kenntnis davon habe, dass offizielle Schweizer Gelder der Hamas zu Gute gekommen wären. Das EDA werde jedoch präventiv eine detaillierte Analyse der entsprechenden Finanzflüsse vornehmen. Weiter wies die Regierung darauf hin, dass die Schweiz stets zur Verfügung stehe, um eine Deeskalation in der Region voranzubringen.

Reaktion des Bundesrates auf die Terroranschläge der Hamas gegen Israel
Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA

Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession 2023 mit der Motion der APK-NR zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (Mo. 22.4278), nachdem er eine ähnliche Motion seiner eigenen APK (Mo. 22.4274) bereits abgelehnt hatte.
Daniel Jositsch berichtete für die Mehrheit der vorberatenden APK-SR, dass diese die Motion zur Annahme beantrage, jedoch noch eine Änderung vornehmen möchte: Der Bundesrat solle weiterhin beauftragt werden, «soweit sinnvoll und angemessen Massnahmen zu ergreifen, um die iranische Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für Frauen- und Menschenrechte zu unterstützen». Die Forderung, die Sanktionen der EU gegen den Iran vollständig zu übernehmen, soll jedoch gestrichen werden. Die Kommissionsmehrheit ziehe es vor, wenn der Bundesrat im Rahmen des Schutzmachtmandats für den Iran versuche, die Menschenrechtssituation zu stabilisieren. Marco Chiesa (svp, TI) vertrat die Minderheit der Kommission, die die gesamte Motion zur Ablehnung beantragte. Chiesa warnte davor, die guten diplomatischen Beziehungen mit dem Iran aufs Spiel zu setzen. Der Bundesrat solle lieber wie bis anhin in diesem Rahmen die Menschenrechtslage sowie die immer noch existierende Todesstrafe ansprechen. Aussenminister Cassis erläuterte, dass der Bundesrat das Anliegen unterstütze, der iranischen Zivilbevölkerung zu helfen. Die Schweiz versuche bei allen möglichen Gelegenheiten, die Unterdrückung der Zivilgesellschaft und insbesondere der Frauen zu diskutieren und zu verurteilen. Man müsse jedoch vorsichtig agieren, denn jede direkte Unterstützung iranischer Menschenrechtsorganisationen könne diese in Gefahr bringen. Die Schweiz habe aufgrund der verschiedenen Schutzmachtmandate und aufgrund der eigenständigen und differenzierten Aussenpolitik jedoch einen privilegierten Zugang zum Iran. Diesen Zugang gelte es nun auf intelligente und sinnvolle Weise zu nutzen, um einen «maximalen impact» zu erzielen. Der Aussenminister schloss mit der Bemerkung, dass der Bundesrat die abgeänderte Motion unterstütze. Die kleine Kammer nahm den abgeänderten Vorstoss mit 29 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.

Kommissionsmotionen zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft (Mo. 22.4278 & Mo. 22.4274)

Der Rahmenkredit 2024–2027 für drei Genfer Zentren im Bereich der Sicherheitspolitik war im Ständerat unbestritten. Die kleine Kammer folgte in der Herbstsession 2023 dem Nationalrat sowie ihrer Kommission und nahm den Kredit einstimmig an.

Rahmenkredit 2024–2027 für drei Genfer Zentren (BRG 22.081)
Dossier: Internationales Genf

Auch im Jahr 2023 führte der Bundesrat seine Sanktionspolitik gegen Russland aufgrund des anhaltenden Aggressionskriegs gegen die Ukraine fort. Im Januar gab der Bundesrat bekannt, neue Reisedokumente aus den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine und den abtrünnigen Regionen Georgiens fortan nicht mehr zur Visumserteilung und zum Überschreiten der Schengen-Aussengrenzen zu akzeptieren. Damit übernahm die Schweiz eine für sie verpflichtende Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes, da die EU die Einbürgerungspraxis Russlands in diesen Regionen für völkerrechtswidrig hielt.

Ende Januar folgte die Übernahme des neunten EU-Sanktionspakets, welches verschiedene Dienstleistungsverbote gegenüber russischen Unternehmen und der russischen Regierung sowie Kontrollen und Beschränkungen für die Ausfuhr einer Reihe von Dual-Use-Gütern, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können, beinhaltete. Gewisse bestehende Sanktionen wurden angepasst, unter anderem schuf man beim Rüstungsembargo eine Ausnahmeklausel für den Export von Minenräumungsgeräten an die Ukraine.

Am 22. Februar, ein Jahr nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, hielt der Bundesrat sein bisheriges Engagement in einer Art Jahresrückblick fest. Nebst den umfangreichen humanitären Hilfeleistungen fasste die Landesregierung auch den Stand der übernommenen Sanktionspakete zusammen. Gemäss Medienmitteilung hatte die Schweiz seit Kriegsbeginn gezielte Massnahmen gegen mehr als 1'300 Personen und 170 Einrichtungen ergriffen, darunter Sperrungen von Vermögenswerten, diverse Finanzmassnahmen, Handelsverbote für bestimmte Güter, Einreiseverbote und das Verbot, gewisse Dienstleistungen für die russische Regierung oder russische Unternehmen zu erbringen. Der Bundesrat verwies auch auf die Wiederaufbaubemühungen, an denen sich die Schweiz beispielsweise durch die Ukraine Recovery Conference im Juli 2022 in Lugano beteiligte.

Anfang März teilte der Bundesrat mit, dass er weiterhin an seiner Position in Bezug auf die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial durch Drittstaaten festhalte. Somit beharrte er weiterhin auf die Ablehnung derartiger Gesuche aus dem Ausland, wie zuletzt aus Deutschland, Dänemark und Spanien. Er begründete seine Ablehnung nicht nur mit dem Kriegsmaterialgesetz, sondern auch mit der Neutralität, der Tradition der humanitären Hilfe, den Verpflichtungen gegenüber dem Völkerrecht sowie den Genfer Konventionen und der Rolle der Schweiz als Friedensvermittlerin. Die Regierung ergänzte jedoch, dass sie die Diskussionen im Parlament verfolgen werde und sich im Rahmen von Stellungnahmen zu den hängigen parlamentarischen Initiativen erneut äussern werde.

Wenige Wochen später folgte das zehnte EU-Sanktionspaket, das Ende März auch in der Schweiz in Kraft trat. Auch in diesem Massnahmenpaket fanden sich Dienstleistungsverbote, neue Meldepflichten im Finanzbereich und weitere Verschärfungen im Güterbereich für Dual-Use-Produkte. Der Bundesrat beschloss aber auch Ausnahmen im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen an russische Organisationen im Rahmen der humanitären Hilfe. Zudem führte er die Möglichkeit ein, sanktionierten natürlichen Personen, Unternehmen oder Organisationen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen bereitzustellen, wenn es die Wahrung der schweizerischen Interessen erforderte.

Zur Jahresmitte im Juni 2023 nahm die EU die Schweiz in die Liste der Partnerländer im Zusammenhang mit den Sanktionen gegenüber Russland auf. Um als Partnerland zu gelten, muss ein Staat eine Reihe von Ausfuhrkontrollmassnahmen anwenden, die gleichwertig zu jenen der EU sind. Der Entscheid hatte keine juristische Wirkung, hob jedoch die enge Zusammenarbeit mit der EU hervor. Konkrete Auswirkungen hatten hingegen die gezielten Sanktionen des Bundesrats gegen Russland vom 28. Juni nach mehrfachen «Destabilisierungsversuchen in Moldau», wie es der Bundesrat ausdrückte. Die Schweiz schloss sich erst auf Bitten von Moldau den diesbezüglichen EU-Massnahmen an, die unter anderem Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen gegen fünf Personen beinhalteten. Damit solle auf die zunehmende Untergrabung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Stabilität und Sicherheit in Moldau reagiert und die amtierende Regierung gestärkt werden, gab der Bundesrat bekannt. Gleichentags weitete das WBF die Finanz- und Reisesanktionen der Schweiz auf weitere Personen und Organisationen aus, die unter anderem die illegale Deportation von ukrainischen Kindern nach Russland unterstützt hätten, aber auch auf russische Streitkräfte, Medienvertretende und Mitglieder der Söldnergruppe «Wagner». Damit glich die Schweiz ihre Sanktionsliste wieder an diejenige der EU an. Ebenfalls am 28. Juni lehnte die Schweizer Regierung ein Gesuch der Ruag AG für den Handel mit 96 Leopard-Kampfpanzern ab, die in der Ukraine zum Einsatz kommen sollten. Die Panzer, welche in Italien gelagert wurden, sollten in Deutschland repariert und anschliessend in die Ukraine exportiert werden. Der Bundesrat argumentierte, dass dies aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich sei, da dadurch nicht nur das Kriegsmaterialgesetz verletzt würde, sondern auch die Neutralitätspolitik der Schweiz angepasst werden müsste.

Mitte August 2023 beschloss der Bundesrat zur Übernahme des elften EU-Sanktionspakets weitere Sanktionsmassnahmen gegen Russland. Auch dieser Beschluss betraf ein Exportverbot von Dual-Use-Gütern und Gütern zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands für 87 zusätzliche Unternehmen. Auch der Verkauf von Rechten des geistigen Eigentums oder von Geschäftsgeheimnissen nach Russland wurde verboten, um zu verhindern, dass Russland nicht-lieferbare Güter selbst produzieren kann. Im Finanzbereich wurden bestehende Verbote erweitert, ausserdem übernahm die Schweiz die von der EU geschaffenen Möglichkeiten, Ausnahmen im humanitären Bereich und zum Zweck des Abzugs von schweizerischen Investitionen aus Russland zu gewähren. Der Bundesrat kündigte zudem an, eine neue Rechtsgrundlage für ein Instrument zur Verhinderung von Sanktionsumgehungen zu prüfen, welche die EU bereits geschaffen habe. Damit könnten auch Exporte von Dual-Use-Gütern und Gütern zur militärischen und technologischen Stärkung in Drittländer verboten werden. Die im Januar 2023 eingeführten Einschränkungen für russische Reisedokumente wurden zudem präzisiert. So definierte der Bundesrat verschiedene Ausstellungsdaten, ab denen die Schweiz die Pässe, Aufenthaltsgenehmigungen, Rückkehrbescheinigungen und Ausweise für Seeleute aus den unterschiedlichen besetzten ukrainischen Gebieten nicht mehr akzeptierte.

Ende August richteten sich die von der EU übernommenen Sanktionen für einmal nicht gegen Russland, sondern gegen Belarus. Nachdem bereits am 15. August mehr als 40 belarussische Personen und Organisationen auf die Sanktionsliste aufgenommen worden waren, wurden am 30. August 38 weitere Personen und 3 Organisationen ergänzt. Ausserdem führte das WBF ein Exportverbot für Güter und Technologien zur Verwendung in der Luft- oder Raumfahrtindustrie ein. Die bereits existierenden Ausfuhrverbote für Güter zur militärischen oder technologischen Stärkung sowie von Dual-Use-Gütern wurden zudem erweitert.

Die Schweiz übernimmt die EU-Sanktionen gegen Russland
Dossier: Schweizer Reaktion auf die russischen Aggressionen in der Ukraine (ab 2014)
Dossier: Die Schweizer Neutralität