Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen (BRG 24.071)

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In Erfüllung zweier Motionen aus der Feder der beiden sicherheitspolitischen Kommissionen (Mo. 23.4312 und Mo. 23.4329) sowie auf eigene Initiative präsentierte der Bundesrat im September 2024 die Botschaft für ein Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen. Damit sollen die «Hamas, Tarn- und Nachfolgeorganisationen der Hamas sowie Organisationen und Gruppierungen, die im Auftrag oder im Namen der Hamas handeln, verboten werden». Mit diesem Gesetz würde der Erlass präventionspolizeilicher Massnahmen sowie die Beweisführung bei Strafverfahren erleichtert, so der Bundesrat in der Botschaft. Das geplante Verbot schaffe zudem Rechtssicherheit in Bezug auf die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung.

Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA

Das neue Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen wurde in der Wintersession 2024 zuerst vom Ständerat behandelt. In diesem Rahmen erklärte Daniel Jositsch (sp, ZH) seitens der SiK-SR, welche die Vorlage mit 12 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung unterstützte, dass ein solches Verbot «präventivpolizeiliche Massnahmen» stärke und zur Verringerung der terroristischen Gefahr in der Schweiz beitrage. In Verbindung mit Artikel 260ter StGB erleichtere der Beschluss zudem die Strafverfolgung von Mitgliedern der Hamas sowie von die Hamas unterstützenden Organisationen. Mit Blick auf die Ausweitung der EU-Sanktionen gegen die Hamas minimiere das Verbot schliesslich das Risiko, dass die Schweiz der Hamas als Rückzugsort diene. Dem Ständerat lagen ein Minderheitsantrag Roth (sp, SO) sowie ein Einzelantrag Sommaruga (sp, GE) vor. Franziska Roth forderte dazu auf, im neuen Gesetz eine Passage einzuführen, in welcher die zwingende Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen bei der in der Kompetenz des Bundesrates liegenden Ausweitung des Gesetzes auf mit der Hamas sympathisierende Organisationen festgehalten wird. Es gehe nicht an, dass bei weiteren Organisationsverboten, die zu Brüchen in den bilateralen Beziehungen führen und die Aussenpolitik der Schweiz weitreichend beeinflussen könnten, nur die beiden sicherheitspolitischen Kommissionen einbezogen würden. Carlo Sommaruga wiederum verlangte mit seinem Antrag, dass das geplante Verbot nicht für NGOs oder multilaterale Organisationen gelten soll, die sich unter anderem für die Friedensförderung, die Entwicklungszusammenarbeit und die Menschenrechte stark machen. Es sei unabdingbar, dass der Dialog mit diesen Organisationen aufrechterhalten werde. Justizminister Beat Jans plädierte dafür, das Gesetz in der vorliegenden Version anzunehmen. Den Einwänden von Ständerat Sommaruga entgegnete Jans, dass humanitäre und friedenspolitische Aktivitäten trotz Verbot weiterhin möglich seien.
Der Ständerat beschloss in der Folge Eintreten ohne Gegenantrag. Während der Antrag Roth mit 25 zu 16 Stimmen abgelehnt wurde und vor allem bei der SP und den Grünen, aber auch bei einzelnen Mitgliedern der FDP, der SVP und der GLP auf Zustimmung stiess, wurde der Antrag Sommaruga mit 33 zu 3 Stimmen und 1 Enthaltung klar abgelehnt. In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat das Gesetz mit 37 zu 1 Stimme und 1 Enthaltung gut.

Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2024, nur einen Tag nach dem Ständerat, mit dem Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen. Dort stellten Jacqueline de Quattro (fdp, VD) sowie Nicole Barandun (mitte, ZH) die Vorlage für die SiK-NR vor. Anschliessend ergab sich im Rahmen der Fraktionsvoten eine intensive Diskussion über das Gesetz sowie über die vier vorliegenden Minderheitsanträge von Mitgliedern der rot-grünen Parteien. Mit einer ersten Minderheit forderte Fabian Molina (sp, ZH) analog zum ständerätlichen Antrag Roth (sp, SO) die Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen bei der bundesrätlichen Ausweitung des Verbots auf weitere Organisationen. Fabien Fivaz (gp, NE) forderte mit seinem Minderheitsantrag gar die Streichung des entsprechenden Artikels zur bundesrätlichen Kompetenz zur Ausweitung des Verbots. Er begründete dies damit, dass dem Bundesrat mit diesem Passus zu viel Macht und Handlungsspielraum gegeben werde. Die zweite Minderheit Fivaz nahm den entsprechenden Antrag von Ständerat Carlo Sommaruga (sp, GE) auf und forderte, dass Tätigkeiten, die der Friedensförderung, der Umsetzung des humanitären Rechts, der Entwicklungszusammenarbeit, der Menschenrechte sowie der inneren und äusseren Sicherheit der Schweiz dienen, nicht tangiert werden sollen. Fivaz legte dar, dass viele Regierungsorganisationen, aber auch NGOs in Bereichen tätig seien, die nicht unter die humanitäre Hilfe oder den Friedensdialog fielen, so zum Beispiel der Bau eines Krankenhauses oder einer Schule. Er sorge sich, dass solche Aktivitäten auch unter das Verbot fallen könnten und damit strafrechtlich verfolgt werden müssten. Zudem warf Fivaz auch die Frage auf, ob die UNRWA, mit der sich die Räte bereits in einigen Vorstössen befasst hatten, auch unter das Verbot fallen würde. Der zweite Minderheitsantrag von Fabian Molina verlangte schliesslich, dass es der Schweiz sowie internationalen Organisationen und unparteiischen humanitären Organisationen weiterhin erlaubt sein soll, «mit allen Konfliktparteien und Akteuren in Kontakt zu treten und zu verhandeln».
Nach dem Votum von Bundesrat Jans, welcher im Hinblick auf den Antrag Molina zum Dialog mit der Hamas bestätigte, dass der Kontakt zur Hamas weiterhin möglich sein werde, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen. In den anschliessenden Abstimmungen fanden die Minderheitsanträge keine Zustimmung über das rot-grüne Lager hinaus und wurden mit jeweils ähnlichen Stimmenverhältnissen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung votierte die grosse Kammer mit 168 zu 6 Stimmen und 14 Enthaltungen für die Vorlage. Die Ablehnungen stammten allesamt von Mitgliedern der Grünen, ebenso ein Grossteil der Enthaltungen.

In den Schlussabstimmungen am Ende der Wintersession 2024 stimmte der Nationalrat mit 175 zu 5 Stimmen und 15 Enthaltungen für Annahme des Entwurfes. Der Ständerat hiess das Geschäft mit 40 zu 1 Stimme und 3 Enthaltungen gut.

Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA