Der Bundesrat beantragte im November 2024, die Motionen der beiden sicherheitspolitischen Kommissionen betreffend ein Verbot der Hisbollah abzulehnen (Mo. 24.4255 und Mo. 24.4263). Er begründete dies mit dem Umstand, dass die Bedingungen für ein Verbot nach Artikel 74 NDG nicht gegeben seien, da insbesondere kein Verbots- oder Sanktionsbeschluss der UNO vorliege. Daher käme nur eine Spezialgesetzgebung wie bei der Hamas in Frage. Dagegen spreche jedoch der Umstand, dass die Schweiz die Praxis verfolge, Organisationen nur aufgrund äusserst gravierender Gründe zu verbieten. Der Bundesrat erachte es daher derzeit nicht als angezeigt, mit einem Spezialgesetz die Hisbollah zu verbieten.
Die beiden Räte befassten sich in der Wintersession 2024 mit dem Geschäft. Dem Ständerat lag bei der Beratung ein Antrag von Franziska Roth (sp, SO) auf Rückweisung des Geschäftes an die Kommission vor. Diese solle vor der Beratung im Rat einen Mitbericht der APK-SR einholen. Roth begründete den Antrag mit Blick auf die neue Lage in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes. In solch unübersichtlichen Situationen könne ein Verbot der Hisbollah dazu führen, dass die humanitäre Hilfe nicht mehr alle Bedürftigen erreiche und dass nicht alle wichtigen Stakeholder an den Verhandlungen teilnehmen würden. Da das Geschäft also nebst einer sicherheitspolitischen auch eine wichtige aussenpolitische Komponente aufweise, solle auch die APK zum Geschäft Stellung nehmen können. Dieses Vorgehen befürwortete auch Justizminister Beat Jans seitens des Bundesrates. Der Rückweisungsantrag Roth wurde jedoch mit 16 zu 25 Stimmen abgelehnt. Zustimmung fand der Antrag insbesondere bei rot-grün, jedoch auch bei einzelnen Mitgliedern der Mitte, sowie des MCG und der GLP. Zum Inhalt der Motion führte Kommissionssprecherin Marianne Binder-Keller (mitte, AG) aus, dass die SiK-SR-Mehrheit die Auffassung vertrete, dass die Hisbollah eine rechtsstaatsfeindliche und terroristische Gruppierung sei. Die Schweiz solle ihr kein «Gastrecht» gewähren; sie laufe dadurch Gefahr, zur Drehscheibe für Aktivitäten und Finanztransaktionen der Hisbollah zu werden. Ein Verbot sei daher angezeigt und sinnvoll. Dem gegenüber vertraten die beiden Genfer Ständeräte Carlo Sommaruga (sp) und Mauro Poggia (mcg) die Ansicht, dass die Schweiz aufgrund des Verbots der Hisbollah von anderen Staaten dazu gedrängt werden könnte, weitere Organisationen zu verbieten. Zudem solle es die Schweiz vermeiden, Akteure zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt in gut und böse zu unterteilen und sich dadurch eventuell als zukünftige Friedensvermittlerin aus dem Spiel zu nehmen. Bundesrat Jans hob schliesslich hervor, dass die Schweiz keine Abkehr von den bisherigen Grundsätzen der Aussenpolitik anstrebe; die Schweiz setze auf Dialog und Vermittlung und nicht auf Verbote. Der Bundesrat zweifle nicht daran, dass die Hisbollah eine «hochproblematische, gewalttätige Organisation» sei und auch nicht vor Terrorismus zurückschrecke, ein Verbot sei aber nur in sehr schwerwiegenden Fällen angebracht. Ansonsten stelle sich bald unweigerlich die Frage, wo die Grenze gezogen werden solle. Anschliessend sprach sich der Ständerat mit 31 zu 1 Stimme und 10 Enthaltungen für die Annahme der Motion und somit für die Erarbeitung eines Verbotsgesetzes aus. Die ablehnende Stimme stammte von einem Mitglied der SP, die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SP, der Grünen, der GLP des MCG und der Mitte.
Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA