Aufhebung der Goldbindung des Schweizer Frankens & neuer Währungsartikel in der Bundesverfassung (BRG 98.032)

Die Nationalbank (SNB) hatte sich zuvor ebenfalls dafür ausgesprochen, die Verfassungsvorschrift der Goldbindung des Frankens zu streichen (die Pflicht, Franken gegen Gold einzutauschen, war bereits 1953 aufgehoben worden). Diese Reform würde es der SNB zum Beispiel erlauben, einen Teil ihrer Goldreserven zu verkaufen und den Ertrag gewinnbringend anzulegen. Im Entwurf für eine neue Bundesverfassung (BV) wurde diesem Anliegen Rechnung getragen. Anstelle der Verpflichtung, dass der Notenumlauf durch Gold- und Devisenbestände gedeckt sein muss, soll die Vorschrift treten, dass die Notenbank zur Bildung ausreichender Devisenreserven verpflichtet ist.

Bundesrat Villiger sprach sich vor allem aus politischen Gründen, das heisst, um die nur mit einer Verfassungsrevision zu schaffende Finanzierungsgrundlage für die geplante Solidaritätsstiftung nicht zu gefährden, für eine offenere, das heisst weniger ausschliesslich auf die Wahrung der Preisstabilität ausgerichtete Zielformulierung aus. Nach einigem Zögern schloss sich ihm das SNB–Direktorium an. Zudem äusserte sich Villiger auch skeptisch zum Vorschlag, Goldbestände, welche für die Geldpolitik nicht mehr benötigt werden, an Dritte abzutreten. Seiner Ansicht nach soll die Nationalbank diese Bestände – mit Ausnahme der für die Solidaritätsstiftung vorgesehenen CHF 7 Mia. – selbst bewirtschaften und den Bund und die Kantone im Rahmen der bisherigen Gewinnausschüttung von den erhöhten Erträgen profitieren lassen. Im Dezember kündigte der Bundesrat an, dass er anfangs 1998 einen Entwurf für einen Verfassungsartikel in die Vernehmlassung geben werde, welcher der Nationalbank vorschreibt, eine Geldpolitik im Dienste der Landesinteressen zu praktizieren, wobei die Priorität auf die Geldwertstabilität zu legen sei.

Die Experten schlugen ebenfalls in bezug auf die Währungsreserven eine vollständige Anpassung an die seit Jahrzehnten geübte Praxis vor, indem sie die Lösung der Goldbindung des Frankens postulierten. Dies würde der Nationalbank eine profitablere Bewirtschaftung der Währungsreserven erlauben, indem ein Teil des Goldes durch zinstragende Anleihen ersetzt werden könnte. Die durch eine marktnähere Bewertung der Goldreserven erzielte Aufwertung der Währungsreserven würde es auch zulassen, mehr als die Hälfte der knapp 2'600 Tonnen umfassenden Goldbestände nicht mehr für die Geld– und Währungspolitik zu verwenden, sondern an andere Institutionen zur sukzessiven Umwandlung in zinstragende Anlagen und zur Nutzung dieser Erträge abzutreten.

Bereits vor der Parlamentsdebatte hatte SVP–Nationalrat Blocher (ZH) verkündet, dass er dafür kämpfen werde, den Erlös der nicht mehr benötigten Goldreserven der Nationalbank (von ihm das „Volksvermögen“ genannt) für die AHV und nicht für die Solidaritätsstiftung oder andere Zwecke einzusetzen. Ein Sonderparteitag der SVP beschloss im Juni, eine entsprechende Volksinitiative vorzubereiten.

Wie im Vorjahr angekündigt, präsentierte der Bundesrat im Berichtsjahr seinen Entwurf für einen neuen Währungsartikel in der Bundesverfassung. Dieser enthielt gegenüber dem Expertenbericht von 1997 keine Überraschungen. Er sieht vor, dass die rechtlich immer noch bestehende, faktisch aber seit längerer Zeit nicht mehr praktizierte Goldbindung des Schweizer Frankens aufgehoben wird. Der Erlös aus dem nicht mehr für währungspolitische Zwecke benötigten Gold – gemäss einem Gutachten rund die Hälfte des SNB–Bestandes, d.h. 1300 t zu einem heutigen Wert von CHF 18 Mia. – soll nicht von der Nationalbank an Dritte veräussert werden, sondern in deren Besitz bleiben. Nach allfälligem Abzug der für die Solidaritätsstiftung vorgesehenen CHF 7 Mia. sowie eventuellen weiteren Zuwendungen soll er aber extern und ertragsorientiert bewirtschaftet werden. Die Verwendung und den Verteilschlüssel der dabei erzielten Gewinne lässt der Verfassungsartikel offen. Die Erträge aus dem normalen Notenbankgeschäft, welche nicht für die Bildung von Währungsreserven und die Dividendenzahlung an die Kapitaleigentümer gebraucht werden, sollen wie bis anhin im Verhältnis zwei zu eins zwischen Kantonen und Bund verteilt werden. Die faktisch ebenfalls seit Jahrzehnten bestehende Unabhängigkeit der Nationalbank soll neu in der Verfassung explizit erwähnt werden. Die SNB wird aber verpflichtet, den Bundesbehörden und der Öffentlichkeit Rechenschaft über ihre Geld– und Währungspolitik abzulegen. Zudem soll der bisher recht breit formulierte Notenbankauftrag präzisiert werden, indem angegeben wird, dass ihre Politik dem Gesamtinteresse des Landes dienen soll, wobei primär das Ziel der Preisstabilität zu verfolgen sei. Zur Begründung dieser von der SP und den Gewerkschaften, welche auch die Ziele Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung erwähnt haben möchten, in der Vernehmlassung als schlechte monetaristische Geldpolitik kritisierte Vorzugsstellung der Preisstabilität führte der Bundesrat an, dass nach breitem Konsens unter den Wissenschaftern die Geldpolitik langfristig ohnehin nur diese Grösse wirkungsvoll beeinflussen könne.

Anlässlich der Beratung des neuen Verfassungsartikels über die Nationalbank im Dezember fand im Nationalrat auch eine Debatte über die Verwendung der für die Währungspolitik nicht mehr benötigten Goldreserven statt, mit denen unter anderem auch die Solidaritätsstiftung finanziert werden soll. Bereits vor dieser Debatte hatte SVP-Nationalrat Blocher (ZH) verkündet, dass er dafür kämpfen werde, den Erlös der nicht mehr benötigten Goldreserven der Nationalbank (des „Volksvermögens“) für die AHV und nicht für die Solidaritätsstiftung oder andere Zwecke einzusetzen. Ein Sonderparteitag der SVP beschloss im Juni, eine entsprechende Volksinitiative vorzubereiten. In der Parlamentsdebatte im Dezember unterlag ein entsprechender Antrag Baumann (svp, TG). Durchgesetzt hat sich der Antrag der Kommissionsmehrheit, den Entscheid über die Frage der Verteilung der Erträge bzw. der Ausgliederung der nicht mehr benötigten Reserven offenzulassen und ihn der Gesetzgebung zuzuweisen.

Analog zum Beschluss anlässlich der Totalrevision der Bundesverfassung schrieb der Nationalrat gegen den Widerstand der SP der Nationalbank vor, dass sie einen, allerdings nicht näher spezifizierten Teil ihrer Reserven in Gold halten müsse. Eine ganze Reihe von Minderheitsanträgen lag zur Frage der Verwendung derjenigen Mittel (sowie deren Erträge) vor, die nach der Aufhebung der Goldbindung nicht mehr für die Reservenbildung benötigt werden. Hier spielte insbesondere auch das im Frühjahr 1997 vom Bundesrat vorgestellte Projekt einer Solidaritätsstiftung hinein, die ja aus einem Teil dieser nicht mehr benötigten Mittel gespiesen werden soll. Klar gegen diese Stiftung richtete sich ein Antrag Baumann (svp, TG), der verlangte, dass diese Gelder vollumfänglich von der Nationalbank in den AHV–Fonds zu überweisen seien. Die SP unterstützte einen Antrag Jans (sp, ZG), der auf Verfassungsstufe festhalten wollte, dass die Erträge dieser Mittel hauptsächlich für die Sozialversicherungen zu verwenden seien; die Zuweisung eines Teils davon an die Solidaritätsstiftung wäre aber nicht ausgeschlossen. Etwas weniger weit ging ein Antrag Rychen (svp, BE), der lediglich festhalten wollte, dass ein Teil der Erträge für die Fort– und Weiterbildung zu verwenden sei, sonst aber dem Gesetzgeber freie Hand lassen wollte. Durchgesetzt hat sich letztlich der von der FDP und der CVP unterstützte Antrag der Kommissionsmehrheit, der den Entscheid über die Frage der Verteilung der Erträge bzw. der Ausgliederung der nicht mehr benötigten Reserven offenliess und ihn der Gesetzgebung zuwies. In der Gesamtabstimmung wurde der neue Währungsartikel mit 95:57 angenommen; die Opposition kam von der SP und der GP, welche damit noch einmal gegen die Zielsetzung der Geld– und Währungspolitik protestierten.

Der Nationalrat befasste sich in der Dezembersession mit der Vorlage. Dabei ergab sich die einigermassen paradoxe Situation, dass das Parlament praktisch gleichzeitig auch den neuen Währungsartikel in der totalrevidierten Bundesverfassung zu verabschieden hatte (Art. 99 BV). Dieser hebt die faktisch ohnehin nicht mehr bestehende Goldbindung des Schweizerfrankens auf. Auf Antrag der Kommission des Ständerates hiessen allerdings beide Räte die Bestimmung gut, dass die Nationalbank einen Teil ihrer Währungsreserven weiterhin in Gold halten muss. Der neue Artikel verankert zudem die Unabhängigkeit der Nationalbank auf Verfassungsebene, er schreibt dieser jedoch – in Übereinstimmung mit dem Nachführungsauftrag der Verfassungstotalrevision – nur allgemein vor, dass ihre Politik den Gesamtinteressen des Landes zu dienen haben.

Die Kommissionsmehrheit beantragte, auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision dieses eben erst in der Verfassungsreform verabschiedeten neuen Artikels einzutreten, da sie notwendige Ergänzungen über die Verwendung der nicht mehr benötigten Währungsreserven enthalte und zudem das Ziel der Geld– und Währungspolitik präzisiere. Genau diese Präzisierung lehnte hingegen die SP weiterhin ab. Sie verlangte Rückweisung an den Bundesrat mit der Auflage, die Zielsetzung der Notenbankpolitik in ihrem Sinne zu erweitern. Ihr Antrag wurde von der Fraktion der Grünen unterstützt, unterlag aber mit 114:61 Stimmen. In der Detailberatung lagen zum Zielartikel nicht weniger als vier Anträge von Kommissionsminderheiten vor: einer, der das von der SP gewünschte Zielbündel (Vollbeschäftigung, Wachstum und Preisstabilität) aufnehmen wollte, sowie zwei Kompromissanträge von bürgerlicher und einer von linker Seite, welche in mehr oder weniger verbindlicher Weise forderten, dass die Nationalbank bei der Verfolgung des Preisstabilitätsziels die konjunkturelle Lage berücksichtigen müsse. Alle wurden zugunsten der Version des Bundesrates abgelehnt, der unter anderem auch ins Feld führen konnte, dass die von ihm gewählte Formulierung den Beschlüssen der Europäischen Union über die neue Europäische Zentralbank entspreche. Bei der Berichterstattungspflicht der Nationalbank gegenüber dem Bund und der Öffentlichkeit präzisierte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission, dass mit dem Ausdruck Bund sowohl der Bundesrat als auch die Bundesversammlung gemeint sind.

Im Berichtsjahr stimmte der Ständerat dem neuen Währungsartikel in der Bundesverfassung ebenfalls zu. Mit 33:3 Stimmen lehnte er einen Antrag Onken (sp, TG) ab, auf die Erwähnung des prioritären Ziels der Preisstabilität zu verzichten. Die Regelung der Verwendung von nicht mehr benötigten Währungsreserven formulierte er statt im Artikel selbst in einer Übergangsbestimmung. Diese besagt, dass die Verwendung auf dem Gesetzesweg geregelt werden muss, und dass bei der Verteilung der jetzt aufgelaufenen nicht mehr benötigten Reserven – nicht aber in zukünftigen Fällen – vom Verteilungsschlüssel von 2:1 zwischen Kantonen und Bund abgewichen werden kann. Der Nationalrat übernahm diese Präzisierung, wobei ein von der SVP und der SP unterstützter Antrag, auch in Zukunft von diesem Verteilschlüssel abweichen zu können, nur ganz knapp unterlag. Die Haltung der SVP und der SP war motiviert von ihren Bestrebungen, auch in späteren Zeiten Mittel der Nationalbank für die Finanzierung der Sozialwerke zu erschliessen; darüber hinaus wollten sie aber auch die Differenzbereinigung mit dem Ständerat torpedieren, um die ganze Vorlage zu verhindern. In der Schlussabstimmung gelang ihnen dies dann: der neue Verfassungsartikel scheiterte am Veto des Nationalrats. Eine Allianz von SP, GP, FP und SVP brachte ihn mit 86:83 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu Fall. Die SP begründete ihre Ablehnung mit der ihrer Ansicht nach falschen prioritären Ausrichtung der Geldpolitik auf die Preisstabilität. Für die SVP war das Argument ausschlaggebend, dass mit der Delegation der Regelung der Verwendung der nicht mehr benötigten Goldreserven auf Gesetzesstufe verhindert werde, dass über die Einrichtung einer Solidaritätsstiftung eine obligatorische Volksabstimmung mit Volks- und Ständemehr durchgeführt werden muss. Im Ständerat, wo FDP und CVP über eine komfortable Mehrheit verfügen, war die Schlussabstimmung zuvor bei sechs Gegenstimmen positiv ausgefallen.

Mit der Annahme der neuen Bundesverfassung in der Volksabstimmung vom 18. April hiessen Volk und Stände auch den neuen Geld- und Währungsartikel (Art. 99 BV) gut. Die auf den Beginn des Jahres 2000 in Kraft gesetzte Bestimmung löst den Franken von seiner bisherigen verfassungsrechtlichen Bindung an das Gold und verankert die Unabhängigkeit der Nationalbank. Der Auftrag an die Notenbank verpflichtet diese wie bis anhin, dem Gesamtinteresse des Landes zu dienen. Aus der alten Verfassung übernommen wurde auch die Vorschrift, dass die Kantone zu zwei Dritteln am Reingewinn der Nationalbank partizipieren. Eine davon abweichende Regelung für die Verteilung der aus dem Verkauf nicht mehr benötigter Währungsreserven stammenden Gelder ist nicht vorgesehen. Um diese Lücke zu füllen und zudem den Notenbankauftrag zu präzisieren, hatte der Bundesrat im Vorjahr eine Revision dieses Artikels beantragt, welche vom Nationalrat gutgeheissen worden war.

Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds“ (BRG 01.020)

Ende August lancierte die SVP die im Vorjahr von Nationalrat Blocher (svp, ZH) angekündigte und von den SVP-Delegierten im April beschlossene Volksinitiative zur Verteilung der von der Nationalbank nicht mehr benötigten Währungsreserven oder derer Erträge. Sie verlangt, dass diese in vollem Umfang in den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zu übertragen sind. Für die am 5. März 1997 vom Bundesrat angekündigte Solidaritätsstiftung würde dabei nichts mehr übrigbleiben. Auch die SP konkretisierte ihre Vorstellungen, was mit diesen Geldern anzufangen sei. Sie ging bei ihren Überlegungen davon aus, dass aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Goldreserven wesentlich mehr als bisher angenommen, nämlich rund CHF 24 Mia. zur Verfügung stehen werden. Davon möchte sie CHF 7 Mia. der Solidaritätsstiftung zuweisen und die restlichen CHF 17 Mia. für die AHV zur Finanzierung des flexiblen Rentenalters verwenden. Die FDP und die CVP stellten sich weiterhin hinter die Idee einer Solidaritätsstiftung, legten sich jedoch bei der Verwendung der restlichen Mittel noch nicht fest. Um ein Absacken des Goldkurses zu vermeiden, verpflichteten sich fünfzehn europäische Notenbanken auf gestaffelte und limitierte Verkäufe von Goldbeständen für die nächsten fünf Jahre, wobei die Verkaufspläne der SNB darin voll berücksichtigt sind und demnach dadurch nicht beeinträchtigt werden.

Die Auseinandersetzung um die Verwendung der nicht mehr benötigten Goldbestände der Nationalbank setzte sich im Berichtsjahr fort. Im Anschluss an eine Klausurtagung gab anfangs Jahr der Bundesrat seine Vorstellungen über die Verteilung bekannt. Die Erträge der Mittel, welche nicht an die Solidaritätsstiftung gehen (rund 800 Tonnen im Wert von CHF 10 Mrd.), wären einerseits für eine soziale Abfederung der elften AHV-Revision (Flexibilisierung des Rentenalters) und andererseits für Projekte im Bildungsbereich (Informatikoffensive) einzusetzen. Die Idee der Verwendung für Bildungszwecke war ursprünglich von der CVP lanciert worden. Der Nationalrat überwies in der Herbstsession eine 1998 eingereichte Motion Hochreutener (cvp, BE; Mo. 98.3675) für Verwendung eines Teils des Geldes für eine Bildungsoffensive gegen den Widerstand der SVP als Postulat. Nachdem sich aber kurz darauf die Finanzdirektoren der Kantone (FDK) für eine ausschliessliche Verwendung zum Schuldenabbau von Bund und Kantonen ausgesprochen hatten, beschloss der Bundesrat, nochmals über die Bücher zu gehen. Die Kantone doppelten kurz darauf nach und forderten, dass auf jeden Fall der in der Bundesverfassung für die Verteilung der jährlichen Nationalbankgewinne fixierte Verteilungsschlüssel (zwei Drittel für die Kantone) eingehalten werden müsse. Im Mai legte sich der Bundesrat auf zwei Varianten fest und bekräftigte gleichzeitig die Idee, auf jeden Fall mit einem Drittel des Goldes eine Solidaritätsstiftung zu schaffen. Die eine der beiden Varianten für die Verwendung der verbleibenden 800 Tonnen Gold kam dem Vorschlag der Kantone entgegen: Zwei Drittel davon sollen an die Kantone gehen, allerdings mit der Auflage, das Geld für die Schuldentilgung einzusetzen. Die andere Variante hielt sich an das Bundesratsprojekt vom Januar, wobei vorgeschlagen wurde, zuerst während einiger Jahre eine Informatikoffensive in den Schulen zu finanzieren und später die gesamten Erträge der AHV zukommen zu lassen. Die Reaktionen bestätigten im Wesentlichen die früher bezogenen Positionen: Die Kantone und die meisten Parteien (allerdings nicht die SVP) waren mit der Ausscheidung von 500 Tonnen Gold für die Solidaritätsstiftung einverstanden. Bezüglich der Verwendungszwecke für die restlichen 800 Tonnen erhielt die Bildungsoffensive wenig Unterstützung. Die SP und die Gewerkschaften wollten vor allem die AHV davon profitieren lassen. Die FDP favorisierte weiterhin einen Einsatz zum Schuldenabbau und die Kantone beharrten darauf, dass ihnen zwei Drittel davon zustehen, über deren Verwendung ihnen der Bund keine Vorschriften zu machen habe.

Die im Vorjahr lancierte Volksinitiative der SVP zur Verteilung der von der Nationalbank nicht mehr benötigten Währungsreserven oder deren Erträge wurde Ende Oktober mit 126'000 Unterschriften eingereicht. Sie verlangt, dass diese in vollem Umfang auf den Ausgleichsfonds der AHV zu übertragen sind und lässt damit keinen Raum für die Gründung einer Solidaritätsstiftung. Die CVP-Fraktion hatte im März im Nationalrat eine neue Idee in die Diskussion eingebracht: Mit einer Motion (Mo. 00.3053) verlangte sie, dass ein Drittel des Erlöses aus dem Verkauf der gesamten Goldbestände, d.h. nahezu der ganze für die Solidaritätsstiftung vorgesehene Betrag (der Verkaufserlös von 425 der 500 Mio. Tonnen Gold) an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben wird. Damit würde, so lautete die Begründung der CVP, der an sich unterstützenswerten aber vagen und dem Volk schwer vermittelbaren Idee einer Solidaritätsstiftung ein konkreter Inhalt gegeben. Bei der Behandlung der Motion im Nationalrat in der Herbstsession, als die Botschaft des Bundesrates zur Solidaritätsstiftung bereits vorlag, verteidigte die CVP ihre Idee nur noch lauwarm. Der Vorstoss wurde mit 72 zu 38 Stimmen abgelehnt.

Die Auseinandersetzung um die Verwendung der nicht mehr für die Währungspolitik benötigten Goldbestände der Nationalbank ging im Berichtsjahr weiter. Der Bundesrat veröffentlichte im Februar seine Position zu der im Vorjahr von der SVP eingereichten Volksinitiative für eine Zuweisung aller Erträge aus dem Verkauf der nicht mehr benötigten Goldreserven an die AHV. Er empfahl sie zur Ablehnung, da dadurch nicht nur die Solidaritätsstiftung verhindert würde, sondern auch der Bund und die Kantone auf unbefristete Zeit hinaus ein Anrecht auf diese Mittel verlören. Ein aus SP-Politikern gebildetes Komitee lancierte schliesslich noch eine zweite Volksinitiative. Diese will nicht die überflüssigen Goldreserven, sondern den jährlichen Reingewinn der Nationalbank (abzüglich CHF einer Milliarde pro Jahr für die Kantone) in den AHV-Ausgleichsfonds einfliessen lassen.

Das vom freisinnigen Ständerat Merz (fdp, AR) präsidierte Komitee für ein doppeltes Nein sprach sich für eine Verteilung der Erträge der Goldverkäufe nach dem üblichen Schema (zwei Drittel für die Kantone, ein Drittel für den Bund) und für die Auflage, diese primär für einen Schuldenabbau zu verwenden, aus.

Die SVP führte den Kampf nur nebenbei gegen die Solidaritätsstiftung, welche sie als (im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um nachrichtenlose Vermögen aus dem Zweiten Weltkrieg) vom Ausland «erpresst» bezeichnete. Sie konzentrierte sich in ihrer Propaganda weitgehend auf ihr eigenes Projekt. Dabei argumentierte sie, dass die überschüssigen Goldreserven der Nationalbank «Volksvermögen» seien, welches nun dem Volk zurückerstattet werden müsse. Dies geschehe am besten über ihre Zuteilung an den AHV-Fonds, da damit auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung der steigenden AHV-Kosten verzichtet werden könne.

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse, dessen Vorgängerorganisation Vorort sich noch zugunsten der Solidaritätsstiftung ausgesprochen hatte, distanzierte sich nun von ihr und gab die Stimme frei. Die SVP-Goldinitiative empfahl sie zur Ablehnung. Beim Gewerkschaftsbund (SGB) überwog das Interesse an den zusätzlichen Mitteln für die AHV. Er empfahl sowohl den Gegenvorschlag des Parlaments als auch die SVP-Initiative zur Annahme. Bei der Stichfrage gab er dann allerdings der ersten Lösung (je einen Drittel für die AHV, die Solidaritätsstiftung und die Kantone) den Vorzug. Die Geschäftsleitung der SP hatte den Delegierten eine analoge Empfehlung vorgeschlagen. Diese fanden es aber taktisch unklug, die von ihnen als populistisch bezeichnete SVP-Initiative zu unterstützen und gaben dazu die Nein-Parole aus. Drei SP-Kantonalsektionen aus der Westschweiz beschlossen allerdings abweichend davon die Ja-Parole zur Goldinitiative. In einem vergleichbaren Dilemma, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, befand sich die FDP. Mit einem doppelten Nein und dem Vorschlag, die Mittel auf Bund und Kantone zum Zweck des Schuldenabbaus zu verteilen, hätte sie sich zwar als einzige um gesunde öffentliche Finanzen bemühte Regierungspartei profilieren können. Andererseits hatte die FDP die Solidaritätsstiftung von Anfang an gegen die Kritik der SVP verteidigt. Die Delegierten entschieden sich mit 128 zu 89 Stimmen für die Ja-Parole zum Gegenvorschlag, wovon dann in der Folge gut die Hälfte der Kantonalsektionen abwich. Wie diese abweichenden FDP-Sektionen empfahl auch die Liberale Partei ein doppeltes Nein.

Neben der SVP und dem Gewerkschaftsbund unterstützten nur die FPS und die SD die SVP-Volksinitiative. Der Gegenvorschlag wurde von diesen drei Parteien, von den Liberalen und dreizehn Kantonalsektionen der FDP sowie vom Gewerbeverband abgelehnt.

Am 22. September lehnte das Volk sowohl die SVP-Initiative als auch den Gegenvorschlag mit knappen Mehrheiten von 52,4 Prozent resp. 51,8 Prozent ab. Das Ständemehr war von beiden Vorlagen deutlich verfehlt worden. Die SVP-Initiative hatte in der Nordostschweiz und im Tessin am meisten Unterstützung gefunden, die Variante mit der Solidaritätsstiftung wurde in Basel-Stadt (56%), Jura, Neuenburg, sowie hauchdünn in Bern, Zürich und Luzern angenommen. Die nicht mehr relevante Stichfrage ging knapp zugunsten der Solidaritätsstiftung aus. Die nach dem Urnengang durchgeführte Meinungsumfrage (Vox-Analyse) ergab, dass das wichtigste, allerdings nicht das einzige Motiv für die Ablehnung des Gegenvorschlags die darin enthaltene Solidaritätsstiftung gewesen war. Diese war nur von den unter vierzigjährigen und den Personen mit Hochschulabschluss mehrheitlich gutgeheissen worden. Während die Sympathisanten der FDP und der CVP gespalten waren, folgten diejenigen der SP und der SVP weitgehend den Parolen ihrer Parteien; das vom Gewerkschaftsbund (SGB) und einem Teil der SP propagierte doppelte Ja hatte nur ein gutes Viertel der SP-Anhängerschaft zu überzeugen vermocht. Die Befragung ergab nur wenige Hinweise auf die gewünschte Verwendung der Nationalbankgelder. Am ehesten schien eine Aufteilung auf verschiedene Bereiche mehrheitsfähig zu sein, wobei der Verwendungszweck Schuldenabbau deutlich weniger Sympathien genoss als die Zuweisung an die AHV, an das Bildungswesen oder an die Kantone.


Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds»
Abstimmung vom 22. September 2002

Beteiligung: 45.2%
Ja: 984'058 (47.6%) / 6 Stände
Nein: 1'085'072 (52.4%) / 14 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SVP, SD, FPS; SGB
– Nein: SP (3*), FDP, CVP, GP, LP, EVP, EDU, CSP; economiesuisse, SGV, CNG.
– Stimmfreigabe: SBV
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Indirekter Gegenvorschlag der Bundesversammlung „Gold für AHV, Kantone und Stiftung“ (BRG 00.042)

Am 17. Mai legte der Bundesrat seine Botschaft für die Errichtung einer Solidaritätsstiftung vor. Die Botschaft beinhaltet zwei Beschlüsse. Der eine legt auf Verfassungsebene fest, dass die aus dem Verkauf von Goldbeständen der Nationalbank im Umfang von 1300 Tonnen erzielten Erträge nicht für währungspolitische Zwecke der SNB zu verwenden sind, und ihre Verwendungszwecke auf Gesetzesstufe definiert werden, wobei vom verfassungsmässigen Verteilungsschlüssel zwischen Bund und Kantonen abgewichen werden kann. Der zweite Beschluss legt in einem Gesetz fest, dass der Erlös aus dem Verkauf von 500 Tonnen Gold (jedoch nicht mehr als CHF sieben Mrd.) an eine Solidaritätsstiftung geht; über die Verwendung des Erlöses aus den übrigen 800 Tonnen soll das Parlament später entscheiden. Das vorgeschlagene Gesetz legt im Weiteren den Zweck und die Organisation der Solidaritätsstiftung fest. Die Stiftung hat mit den Erträgen aus diesem Stiftungsvermögen, das langfristig seinen realen Wert behalten muss, Projekte zu unterstützen, welche im In- und Ausland Gewalt und Armut lindern und deren Ursachen bekämpfen. Bei einem Stiftungsvermögen von rund CHF sieben Mrd. würden dafür etwa CHF 350 Mio. pro Jahr zur Verfügung stehen. Die Lebensdauer der Stiftung möchte der Bundesrat vorerst auf 30 Jahre beschränken. Falls dann nicht durch ein neues Gesetz eine Verlängerung (unter Umständen mit einem neuen Zweck der Mittelverwendung) beschlossen wird, soll das Stiftungsvermögen zum üblichen Verteilschlüssel (ein Drittel Bund, zwei Drittel Kantone) an die öffentliche Hand fallen. Die vorberatende Kommission des Ständerats trat zwar auf das Geschäft ein, beschloss aber, mit Entscheiden zuzuwarten, bis der Bundesrat zur Verteilung des Verkaufsertrags der übrigen 800 Tonnen Gold sowie zur SVP-Volksinitiative Stellung bezogen hat. Mit dieser Terminierung würde es auch möglich, das Projekt des Bundesrates der SVP-Initiative als Gegenvorschlag gegenüberzustellen.

Der Ständerat befasste sich als Erstrat mit den Anträgen des Bundesrats aus dem Vorjahr zur Verwendung der verfügbaren Goldbestände. Dabei wich er, mit dem Einverständnis des Bundesrats, von dessen Vorschlag ab, die Verwendung der nicht für die Solidaritätsstiftung benötigten Gelder erst später in einem Gesetz zu regeln. Seine WAK argumentierte, diese Verteilungsfrage sei von derartiger Bedeutung, dass sie im Rahmen einer Übergangsbestimmung auf Verfassungsebene entschieden werden müsse. Dies biete zudem den Vorteil, der Goldinitiative der SVP einen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Der Ständerat beschloss auf Antrag seiner WAK, dass der gesamte Verkaufserlös der 1300 Tonnen Gold (rund CHF 18 Mrd.) in einen auf 30 Jahre befristeten Fonds einfliessen soll, welcher bewirtschaftet wird und dessen Substanz real erhalten werden muss. Die Fondserträge sollen zu je einem Drittel der Solidaritätsstiftung, der AHV und den Kantonen zukommen. Ein Antrag Hess (fdp, OW), auf die Solidaritätsstiftung zu verzichten und zwei Drittel der Fondserträge an die Kantone zu überweisen, wurde mit 35 zu 9 Stimmen abgelehnt. Bei der Beratung des Gesetzes über den Zweck und die Organisation der Solidaritätsstiftung hielt sich der Rat weitgehend an die Vorgaben des Bundesrats. Zu Reden gab insbesondere ein knapp abgelehnter Antrag der Kommissionsmehrheit, dass die Mitglieder des Stiftungsrats nicht älter als 40 Jahre sein dürfen. Die Kommissionsmehrheit wollte damit zusätzlich verdeutlichen, dass diese Stiftung zukunftsgerichteten Projekten verpflichtet ist und nichts mit der schweizerischen Politik während des Zweiten Weltkriegs zu tun hat.

Als Zweitrat schloss sich der Nationalrat diesen Entscheiden an. Zuvor hatte er sich allerdings mit einer Reihe von Anträgen auseinanderzusetzen, welche eine andere Ertragsverteilung wünschten. Der SP war vor allem das Drittel für die Kantone ein Dorn im Auge; Gewerkschafter innerhalb der SP sympathisierten sogar offen mit einer Unterstützung der «Goldinitiative» der SVP. Ohne Erfolg versuchten die Sozialdemokraten, den Kantonsanteil mit einer Zweckbindung zugunsten von Bildungsausgaben zu versehen (Antrag Fässler, SG); von vielen SP-Abgeordneten unterstützt wurde auch ein Antrag Marti (sp, GL), die Kantone leer ausgehen zu lassen und zwei Drittel für den AHV-Fonds zu reservieren. Erfolglos blieb ebenfalls der Versuch von Kaufmann (svp, ZH), mit einer Zuweisung der gesamten Erträge an die AHV auf 30 Jahre ein offensichtliches Manko der SVP-Initiative (Zuweisung auf unbeschränkte Zeit) zu beheben.

Eine Abweichung zum Ständerat ergab sich beim Vorgehen nach 30 Jahren. Die kleine Kammer hatte beschlossen, dass, falls nicht durch eine neue Verfassungsbestimmung eine Verlängerung (unter Umständen mit einem neuen Zweck der Mittelverwendung) beschlossen wird, das Stiftungsvermögen zum üblichen Verteilschlüssel für Nationalbankgewinne (ein Drittel Bund, zwei Drittel Kantone) an die öffentliche Hand fallen soll. Der Nationalrat stimmte mit knapper Mehrheit einem Antrag Rechsteiner (sp, BS) zu, der für diesen Fall das Fondsvermögen vollumfänglich der AHV übertragen will. In der Gesamtabstimmung wurde der Gegenvorschlag zur SVP-Initiative gegen den Widerstand der SVP gutgeheissen. In der noch nicht abgeschlossenen Differenzbereinigung bestätigte der Ständerat seinen Beschluss zum Verteilungsmodus für den Fall, dass die Stiftung nach 30 Jahren nicht weitergeführt werden sollte.

In der Fortsetzung der Differenzbereinigung blieb im Berichtsjahr im Wesentlichen noch die Frage zu regeln, was mit dem Fondsvermögen nach Ablauf der auf dreissig Jahre angesetzten Lebensdauer der Solidaritätsstiftung (und dem Verzicht auf deren Weiterführung in neuer Form) geschehen soll. Der Nationalrat rückte in der Frühjahrssession von seiner Idee ab, den ganzen Betrag der AHV zu überschreiben. Als Kompromiss beschloss, er die Zuteilung zu je einem Drittel an Bund, Kantone und AHV, womit sich auch die kleine Kammer relativ knapp (26 zu 18 Stimmen) einverstanden erklärte. In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 104 zu 66 Stimmen für die Solidaritätsstiftung aus. Neben der nahezu geschlossenen SVP–Fraktion hatte auch eine Mehrheit der FDP Nein gestimmt; die Ablehnung der Solidaritätsstiftung durch die FDP wurde von Kommentatoren in einen direkten Zusammenhang mit dem gleichzeitig erfolgten Nein der CVP zu einem neuen Kredit für die Expo.02 gebracht. Die Gold-Initiative der SVP, welche die ausserordentlichen Erlöse aus dem Goldverkauf der Nationalbank vollumfänglich der AHV zukommen lassen wollte, wurde mit 141 zu 41 Stimmen zur Ablehnung empfohlen, wobei Cavalli (sp, TI) im Namen der Mehrheit der SP-Fraktion Sympathie zur SVP-Volksinitiative bekundete und bedauerte, dass bei dieser Konstellation (Initiative und Gegenvorschlag) im Parlament nicht beide Vorlagen unterstützt werden konnten. In der kleinen Kammer lauteten die Stimmenverhältnisse bei beiden Vorlagen 33 zu 5.

Die Federführung der Kampagne für die Solidaritätsstiftung wurde von der von alt Nationalrätin Judith Stamm (cvp, LU) präsidierten Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) übernommen. Die Hilfswerke waren, neben den Bundesbehörden, nahezu die einzigen, welche in der Öffentlichkeit für den Gegenvorschlag mit der Solidaritätsstiftung warben. Finanzielle Unterstützung erhielten sie immerhin von den Grossbanken, welche ihr Engagement damit begründeten, dass der Bundesrat seinerzeit mit der Ankündigung der Solidaritätsstiftung einen Beitrag zur Entspannung des gestörten Klimas zwischen der Schweiz und den USA geleistet habe. In der Werbung wurde insbesondere betont, dass der Gegenvorschlag eine ausgewogene Lösung darstelle, welche verschiedenen Bedürfnissen gerecht werde. Da die Aufgaben der Solidaritätsstiftung sehr allgemein definiert waren (Unterstützung von Projekten, welche im In- und Ausland soziale Ausschliessung, Armut und Gewalt bekämpfen) konnte nur mit einzelnen Beispielen von Projekten illustriert werden, wie die Stiftung das Geld einsetzen könnte. Auch in Medien, welche der Stiftung wohlgesinnt waren, wurde dazu kritisch angemerkt, dass die als Beispiele angeführten Projekte bereits heute von der öffentlichen Hand unterstützt würden und es deshalb dazu eigentlich keiner neuen Stiftung bedürfe.

Am 22. September lehnte das Volk sowohl die SVP-Initiative als auch den Gegenvorschlag mit knappen Mehrheiten von 52,4 Prozent resp. 51,8 Prozent ab. Das Ständemehr war von beiden Vorlagen deutlich verfehlt worden. Die SVP-Initiative hatte in der Nordostschweiz und im Tessin am meisten Unterstützung gefunden, die Variante mit der Solidaritätsstiftung wurde in Basel-Stadt (56%), Jura, Neuenburg, sowie hauchdünn in Bern, Zürich und Luzern angenommen. Die nicht mehr relevante Stichfrage ging knapp zugunsten der Solidaritätsstiftung aus. Die nach dem Urnengang durchgeführte Meinungsumfrage (Vox-Analyse) ergab, dass das wichtigste, allerdings nicht das einzige Motiv für die Ablehnung des Gegenvorschlags die darin enthaltene Solidaritätsstiftung gewesen war. Diese war nur von den unter vierzigjährigen und den Personen mit Hochschulabschluss mehrheitlich gutgeheissen worden. Während die Sympathisanten der FDP und der CVP gespalten waren, folgten diejenigen der SP und der SVP weitgehend den Parolen ihrer Parteien; das vom Gewerkschaftsbund (SGB) und einem Teil der SP propagierte doppelte Ja hatte nur ein gutes Viertel der SP-Anhängerschaft zu überzeugen vermocht. Die Befragung ergab nur wenige Hinweise auf die gewünschte Verwendung der Nationalbankgelder. Am ehesten schien eine Aufteilung auf verschiedene Bereiche mehrheitsfähig zu sein, wobei der Verwendungszweck Schuldenabbau deutlich weniger Sympathien genoss als die Zuweisung an die AHV, an das Bildungswesen oder an die Kantone.


Gegenentwurf der Bundesversammlung «Gold für AHV, Kantone und Stiftung»
Abstimmung vom 22. September 2002

Beteiligung: 45,2%
– Ja: 984 537 (48,2%) / 6 ½ Stände
– Nein: 1 057 398 (51,8%) / 14 5/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, FDP (13*), CVP, EVP, PdA, CSP; SGB, CNG.
– Nein: SVP, LP, SD, EDU, FPS; SGV.
– Stimmfreigabe: economiesuisse, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Im Gegensatz zu im Vorfeld des Volksentscheids geäusserten Befürchtungen wurde die Ablehnung der Solidaritätsstiftung im Ausland kaum zur Kenntnis genommen und löste auch keine negativen Reaktionen aus. Nach der Abstimmung begann sofort der Wettbewerb der Vorschläge, wie die Erträge aus den Goldverkäufen der Nationalbank zu verteilen und zu verwenden seien. Dabei tauchte die Idee einer Neuauflage der Solidaritätsstiftung nicht mehr auf. Die FDP und nach einigem Zögern auch die CVP sprachen sich für die Anwendung der Verteilungsformel für die normalen Nationalbankgewinne aus (zwei Drittel Kantone, ein Drittel Bund). Diese Position machte sich auch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) zu eigen und wurde von den Kantonen Jura, Obwalden und Solothurn mit der Einreichung von Standesinitiativen bekräftigt. Nach Ansicht des Eidg. Finanzdepartements (EFD) bräuchte es aber auch dazu einen speziellen Parlamentsbeschluss, da es sich bei den Goldverkäufen um aussergewöhnliche Erträge handle. Im nationalen Parlament wurden in Bezug auf die Verwendung der Mittel verschiedene Vorstösse deponiert. So verlangten die Freisinnigen Merz (AR; Mo. 02.3452) und Favre (VD; Mo. 02.3451) in gleichlautenden Motionen in den beiden Räten, dass die Erträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssen. Ein weiterer Freisinniger (Dupraz, GE) schlug hingegen mit einer parlamentarischen Initiative (Pa. Iv. 02.447) eine analoge Verteilung wie das eben abgelehnte Gegenprojekt vor, nur dass anstelle einer Solidaritätsstiftung ein Forschungsfonds alimentiert werden soll. Ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative forderte der Christlichsoziale Fasel (FR; Pa. Iv. 02.445) die vollumfängliche Verwendung der Erträge durch den Bund für die Erhöhung der Kinderzulagen. Die SVP hielt an ihrer ursprünglichen Idee fest, primär die AHV zu begünstigen. Sie reichte eine parlamentarische Initiative ein (Pa. Iv. 02.449), welche einen Drittel der Erträge den Kantonen und zwei Drittel der AHV zukommen lassen will. Eine identische Verteilung schlug der Genfer Nationalrat Grobet (alliance de gauche) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative vor (Pa. Iv. 02.446). Die SP hat sich noch nicht definitiv festgelegt, bevorzugt aber Lösungen, welche neben der AHV auch Forschung und Bildung von den Erträgen profitieren lassen.

Nach dem Scheitern der Solidaritätsstiftung in der Volksabstimmung begann sofort der Wettbewerb der Vorschläge, wie die Erträge aus den Goldverkäufen der Nationalbank denn sonst zu verteilen und zu verwenden seien. Dabei tauchte die Idee einer Neuauflage der Solidaritätsstiftung nicht mehr auf. Die FDP, und nach einigem Zögern auch die CVP sprachen sich für die Anwendung der normalen Verteilungsformel für Nationalbankgewinne aus (zwei Drittel Kantone, ein Drittel Bund). Diese Position machte sich auch die Konferenz der Kantonsregierungen zu eigen und wurde von den Kantonen Jura, Obwalden und Solothurn mit Standesinitiativen bekräftigt. Nach Ansicht des Eidg. Finanzdepartements bräuchte es aber auch dazu einen speziellen referendumsfähigen Beschluss, da es sich um aussergewöhnliche Erträge handle. Im Parlament wurden in Bezug auf die Verwendung der Mittel verschiedene Vorstösse deponiert. So verlangten die Freisinnigen Merz (AR) und Favre (VD) in gleichlautenden Motionen in den beiden Räten, dass die Erträge zum Schuldenabbau verwendet werden müssen. Ein weiterer Freisinniger (Dupraz, GE) schlug hingegen mit einer parlamentarischen Initiative eine analoge Verteilung wie das eben abgelehnte Gegenprojekt vor, nur dass anstelle einer Solidaritätsstiftung ein Forschungsfonds alimentiert werden soll. Ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative forderte der Christlichsoziale Fasel (FR) die vollumfängliche Verwendung der Erträge durch den Bund für die Erhöhung der Kinderzulagen. Die SVP hielt an ihrer ursprünglichen Idee fest, primär die AHV zu begünstigen. Sie reichte eine parlamentarische Initiative ein, welche einen Drittel der Erträge den Kantonen und zwei Drittel der AHV zukommen lassen will. Eine identische Verteilung schlug der Genfer Nationalrat Grobet (alliance de gauche) ebenfalls mit einer parlamentarischen Initiative vor. Die SP hat sich noch nicht definitiv festgelegt; bevorzugt aber Lösungen, welche neben der AHV auch Forschung und Bildung von den Erträgen profitieren lassen. Schliesslich konnte ein vor allem von SP-Politikern getragenes Komitee, das in der Endphase der Unterschriftensammlung aktive Unterstützung durch die SP erhalten hatte, seine Volksinitiative für eine Zuweisung der ordentlichen Jahresgewinne der Nationalbank an die AHV (abzüglich eines Betrags von 1 Mia. Fr. für die Kantone) einreichen.

Untersuchungsbericht zur Ausschüttung der ausserordentlichen Gewinne (2006)

Die GPK des Nationalrats publizierte im Februar ihren Untersuchungsbericht zur Ausschüttung der ausserordentlichen Gewinne, welche bei der Nationalbank aus dem Verkauf der nicht mehr für die Währungspolitik benötigten Goldreserven entstanden waren. Nachdem sich die beiden Parlamentskammern nicht hatten einigen können, hatte der Bundesrat (und nach ihm auch die zuständigen Gremien der Nationalbank) 2005 beschlossen, den bei der Verteilung der normalen SNB-Gewinne verfassungsmässig vorgeschriebenen Verteilschlüssel anzuwenden (zwei Drittel für die Kantone, einen Drittel für den Bund). Insbesondere die SP hatte damals dagegen protestiert. Die GPK-NR bemängelte in ihrem Bericht, dass die 21 Mia Fr. innerhalb von nur drei Monaten verteilt wurden, was ihrer Meinung nach dem bei der Gewinnausschüttung angewandten Prinzip der Verstetigung widerspricht. Sie kritisierte auch, dass die getroffene Lösung weder vom Parlament noch vom Volk beschlossen worden war. Sie kam allerdings zum Schluss, dass die Anwendung des üblichen Verteilschlüssels insgesamt der Rechtsordnung entsprochen habe. Um aber bei allfälligen weiteren ausserordentlichen Goldverkäufen ein Mitbestimmungsrecht des Parlaments zu sichern, reichte sie eine entsprechende Motion ein. Der Bundesrat wies diese Kritik vollumfänglich als unbegründet zurück. Auf die bei den normalen Gewinnen von den Kantonen gewünschte Verstetigung der Ausschüttungen (d.h. ihre Glättung über mehrere Jahre hinweg) habe er mit ausdrücklichem Einverständnis der Kantone in diesem Fall verzichtet. Der Vorwurf, dass sich Parlament und Volk nicht hätten äussern können, sei angesichts der zwei Volksabstimmungen (SVP-Gold-Initiative und Solidaritätsstiftung) und der Unfähigkeit der beiden Parlamentskammern, sich auf eine Lösung zu einigen, fehl am Platz.

Der Nationalrat überwies gegen die Empfehlung des Bundesrates eine Motion, die verlangt, dass bei der Ausschüttung von zukünftigen Sondererlösen aus Goldverkäufen der Nationalbank das Parlament über die Auszahlungsmodalitäten und die Verwendung des Bundesanteils von einem Drittel entscheidet. Diese von der SVP, der SP und der GP unterstützte Motion hatte 2006 die GPK-NR eingereicht, nachdem sie in einem Bericht ihre Unzufriedenheit mit dem Vorgehen des Bundesrats und der Nationalbank bei der Verteilung der Einnahmen aus der Liquidierung eines Teils der in Gold angelegten Währungsreserven formuliert hatte. Der Ständerat lehnte die Motion ab, weil erstens keine Geldverteilungen aus neuen Goldverkäufen in Sicht seien und zweitens derartige Bestimmungen nur die Begehrlichkeit und Sonderfinanzierungswünsche bei den Parteien wecken würden. Wie auch der Bundesrat fand die kleine Kammer, dass der im Finanzhaushaltsgesetz für den Bundesanteil festgelegte Verwendungszweck von Sonderausschüttungen (Schuldenabbau) sinnvoll und ausreichend sei. Mit einem überwiesenen Postulat Stamm (svp, AG) verlangte der Nationalrat vom Bundesrat einen Bericht über die Hintergründe der Goldverkäufe der Nationalbank und dabei insbesondere eine Antwort auf die Frage, ob die Schweiz beim Verkauf dieses „Volksvermögens“ unter dem Druck ausländischer Institutionen (z.B. der Zentralbanken der USA oder der EU) gestanden habe.

Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“ (BRG 13.093)

Im Zusammenhang mit der SNB wurden im Berichtsjahr zwei Initiativen lanciert: Die Initiative „Unsere Nationalbank gehört uns allen!“ zielt in ihrem Kern auf die Unabhängigkeit der SNB. Während die heute gültige Verfassungsbestimmung (Art. 99 BV) lediglich festhält, dass die SNB als unabhängige Zentralbank im Gesamtinteresse des Landes handeln soll, wollte die Initiative den betreffenden Artikel neu enger fassen und konkretisieren. Zudem sollte die politische Kontrolle der SNB verstärkt werden. Die Unterschriftensammlung startete am 18.1.11. Die SVP-Initiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“ verlangt, dass die SNB-Goldreserven nicht veräussert werden dürfen, dass diese in der Schweiz zu lagern sind und dass mindestens 20% der SNB-Aktiven in Gold zu halten seien. Mit der Unterschriftensammlung wurde am 20.9.11 begonnen.

Die Volksinitiative „Unsere Nationalbank gehört uns allen“ scheiterte im Juli am Unterschriftenquorum. Das Volksbegehren wollte die Unabhängigkeit der Zentralbank beschneiden. Noch immer im Sammelstadium befand sich am Jahresende das von SVP-Exponenten getragene und 2011 lancierte Volksbegehren „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“. Das Begehren wollte der Nationalbank vorschreiben, mindestens 20% ihrer Aktiva in Gold zu halten.

Die 2011 von SVP-Exponenten lancierte Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold" (Gold-Initiative) wurde im Berichtsjahr mit 106'052 gültigen Stimmen eingereicht. Das Begehren forderte, dass die SNB 20% ihrer Aktiva in Gold halten musste und dieses in der Schweiz zu lagern sei. Darüber hinaus sollte der Nationalbank verboten werden, einmal gekauftes Gold wieder zu verkaufen. Die SNB und der Bundesrat äusserten sich dezidiert kritisch gegenüber den Forderungen. Sie erachteten eine geografische Diversifikation der Goldlagerung als sinnvoll. Zudem befürchteten sie eine Einschränkung der geldpolitischen Handlungsfähigkeit bei Annahme der Initiative. Zwar könnte die Nationalbank weiterhin eine expansive Politik betreiben, diese aber weniger leicht zurückfahren, weil das Gold nicht verkauft werden dürfe. Langfristig erwarteten deshalb sowohl die SNB als auch der Bundesrat, dass die Bilanz der Nationalbank zu grossen Teilen aus Gold bestehen würde, was eine Steuerung des Zinses nur noch über die Passivseite (Ausgabe von Schuldverschreibungen) erlauben würde. Die Notenbank und der Bundesrat verwiesen darauf, dass dadurch mit tieferen Gewinnausschüttungen gerechnet werden müsste, weil die Goldbestände keine Zinserträge generierten, während Schuldverschreibungen eine Verzinsung verlangten. Die Beratungen der Initiative im Parlament standen am Jahresende noch aus.

Die 2011 von SVP-Exponenten lancierte Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“ kam am 30. November 14 zur Abstimmung. Die Initiative verlangte, dass die Aktiva der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu mindestens 20% aus Gold bestehen müssen. Zudem solle das Gold in der Schweiz zu lagern sein und nicht veräussert werden dürfen. Der Ständerat behandelte das Volksbegehren am 6. März 2014 als Erstrat. Alle Redner sprachen sich gegen das Begehren aus. Die Initiative schränke die Handlungsfähigkeit der Nationalbank ein, weil deren Bilanz aufgrund des Verkaufsverbots langfristig zu grossen Teilen aus Gold bestehen würde. Dadurch sei eine restriktive Geldpolitik erschwert, was die Glaubwürdigkeit expansiver Massnahmen (genannt wurde beispielsweise die Aufrechterhaltung des Mindestkurses gegenüber dem Euro) beeinträchtigen würde. Zudem sei bei höherem Goldanteil mit tieferen Gewinnausschüttungen zu rechnen, weil Goldanlagen keine Zinserträge generieren. Gold sei nicht der Stabilitätsanker, wie von den Initianten behauptet. Der Goldpreis neige vielmehr zu starken Schwankungen, wie der jüngste Wertzerfall um rund 30% gezeigt habe, argumentierte Martin Schmid (fdp, GR). Ohne Gegenantrag lehnte der Ständerat in der Detailberatung die Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“ ab. Erst in der Schlussabstimmung rangen sich zwei Kantonsvertreter zu einer Ja-Stimme durch. Die Initiative wurde jedoch erneut deutlich (43 zu 2 Stimmen, keine Enthaltungen) zur Ablehnung empfohlen. Im Nationalrat äusserten sich die Initianten Lukas Reimann (svp, SG) und Luzi Stamm (svp, AG) zugunsten des gemeinsam mit Alt-Nationalrat Ulrich Schlüer (svp, ZH) lancierten Begehrens. Der derzeitige Anteil von Gold in der Bilanz der SNB betrage nur rund 10%. Die Schweiz habe damit eine extrem tiefe Quote (die SNB widersprach im Abstimmungskampf: die Schweiz hätte im Pro-Kopf-Vergleich weltweit die höchsten Goldreserven). Ein höherer Goldanteil hätte den Vorteil, mit dem „Betrug von Fiat-Money“ zu brechen, so Lukas Reimann (svp, SG). Es sei vielmehr die Golddeckung, die den Schweizer Franken stabil, sicher und unabhängig mache, und nicht die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Dieser Argumentation folgten in der Grossen Kammer nur 20 Parlamentarier und Parlamentarierinnen. Selbst in der eigenen Fraktion konnten die Initianten damit nicht einmal die Hälfte der Stimmen gewinnen. Die Initiative wurde in der nationalrätlichen Schlussabstimmung mit 156 zu 22 Stimmen bei 20 Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen.

Der Abstimmungskampf zur Gold-Initiative stand bis zur Publikation der ersten Umfrageergebnisse des Forschungsinstituts GfS Bern klar im Schatten des Abstimmungskampfs zur Ecopop-Initiative, die am selben Tag zur Abstimmung kam. Laut der Ende Oktober 2014 veröffentlichten Umfrage äusserten sich 44% der Befragten dahingehend, die Gold-Initiative „bestimmt“ oder „eher“ annehmen zu wollen. In der Folge schaltete sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) vermehrt in den Abstimmungskampf ein. Sie führte zwar keine eigene Kampagne, war jedoch aussergewöhnlich oft medial präsent. Eine Annahme der Initiative wäre eine Einladung zur Spekulation gegen den Mindestkurs gegenüber dem Euro, warnte der Präsident des SNB-Direktoriums. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Preisstabilität und Goldanteil in der SNB-Bilanz. Andere kritische Stimmen, allen voran Bundesrätin Widmer-Schlumpf, setzte zudem vermehrt auf das Argument, wonach unverkäufliches Gold in einer Krise wertlos sei. Gegen das Begehren setzten sich neben dem Bundesrat und der SNB allen Parteien (inklusive der SVP Schweiz), alle Wirtschaftsverbände, alle Gewerkschaften und die Finanzdirektorenkonferenz ein. Die Befürworter der Gold-Initiative verwiesen im Vorfeld der Abstimmungen häufig auf die Goldverkäufe durch die SNB in den frühen Nullerjahren. Die SNB habe „dutzende Milliarden sinnlos vertan“, weshalb „Schluss sein müsse“ mit den Goldverkäufen. Die Schweiz werde durch die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Federal Reserve Bank (FED) gezwungen, beim „Gelddrucken bis zum Geht-nicht-mehr“ mitzumachen (alle Zitate: Luzi Stamm). Nicht „manipulierbares Papiergeld“ (Lukas Reimann), sondern Goldreserven wären jedoch das Fundament einer stabilen Währung. Gleichzeitig befürworteten die Initianten die Aufrechterhaltung des Mindestkurses gegenüber dem Euro. Sie wurden in ihrem Abstimmungskampf unterstützt von nicht weniger als 20 abweichenden SVP-Kantonalsektionen und verschiedenen Einzelpersonen, unter ihnen der einflussreiche Deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn.

Die Gold-Initiative erreichte in keinem Kanton eine Mehrheit und wurde mit wuchtigen 77.3% abgelehnt. Die VOX-Nachbefragung zeigte, dass über 50% der SVP-Sympathisantinnen und -Sympathisanten der Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)“ zustimmten. Demgegenüber lehnten die Anhänger von SP, CVP und FDP das Begehren „unmissverständlich“ (GfS Bern) ab. Das Lager der Befürworterinnen und Befürworter zeichnete sich dabei hauptsächlich durch nationalkonservative Gesinnung (Abgrenzung der Schweiz gegen aussen, Wunsch nach bevorzugter Behandlung von Schweizer/innen gegenüber Ausländer/innen) aus. Das Argument, wonach die Goldreserven im Ausland nicht sicher seien, genoss dabei die grösste Zustimmung aller Pro-Argumente. Bei den Contra-Argumenten dominierte die Befürchtung, wonach die Initiative die Handlungsfähigkeit der Nationalbank einschränken würde.


Abstimmung vom 30.11.14

Beteiligung: 49,8%
Ja: 580 528 (22,7%) / Stände: 0
Nein: 1 974 137 (77,3%) / Stände: 20 6/2

Parolen:
– Ja: AUNS
– Nein: SVP, SP, FDP, CVP, GPS, GLP, BDP, EVP CSP; Economiesuisse, SGB, Travail.Suisse