Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse beschloss die WBK-SR einstimmig bei zwei Enthaltungen, ihren Entwurf zur Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung demjenigen des Nationalrats vorzuziehen. Sie hielt somit an ihrem Grundsatz fest, dass die Kantone die Unterstützung der familienexternen Betreuungskosten mit einer ins Familienzulagengesetz (FamZG) integrierten Betreuungszulage organisieren sollen und dass sich der Bund – im Unterschied zur nationalrätlichen Vorlage – nicht an der Finanzierung der Betreuungskosten beteiligen soll. Gemäss der Kommission sollen die Kantone grundsätzlich die Arbeitgebenden in die Finanzierungspflicht nehmen. Die Kantone könnten jedoch auch beschliessen, dass Arbeitgebende und Arbeitnehmende die Kosten der Betreuungszulage paritätisch zu tragen hätten. Hingegen plante die Kommissionsmehrheit weiterhin eine finanzielle Beteiligung des Bundes im Rahmen der Programmvereinbarungen, womit der Bund einen Beitrag zur Weiterentwicklung der institutionellen familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Förderung der Politik der frühen Kindheit leisten würde. Die neue Lösung soll das bereits mehrfach verlängerte und im Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung geregelte Impulsprogramm des Bundes ersetzen.
Im Unterschied zur Vernehmlassungsvorlage präzisierte die Kommission in ihrem definitiven Entwurf vom November 2024, dass die Betreuungszulage für Kinder bis zum Ende ihres achten Altersjahres zu entrichten sei, um die gesamte Basisstufe abzudecken. Trotz der leicht erweiterten Bezugsspanne – die Vernehmlassungsvorlage hatte eine Unterstützung bis zum Ende des siebten Altersjahres vorgesehen – rechnete die Kommission im Unterschied zu ihrer Vernehmlassungsvorlage (CHF 637 Mio./Jahr) nunmehr mit etwas geringeren Kosten von CHF 601 Mio. pro Jahr. Grund dafür war, dass in der Vernehmlassung noch davon ausgegangen worden war, dass die Betreuungszulagen auch an in der Schweiz lebende Eltern ausgerichtet werden, wenn diese ihre Kinder im Ausland betreuen lassen, wie dies insbesondere bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern der Fall sein könnte. Der finale Kommissionsentwurf sah jedoch ausschliesslich die Verrichtung von Betreuungszulagen an Familien vor, die ihre Kinder in einer von einem Kanton anerkannten Institution in der Schweiz betreuen lassen. Damit nahm die Kommission gemäss eigenen Aussagen «bewusst einen möglichen Konflikt mit dem Freizügigkeitsrecht in Kauf», ergänzte jedoch, dass die Frage auch innerhalb der EU umstritten sei. Nicht zuletzt beschloss die WBK-SR einstimmig, ihren Entwurf der Kita-Initiative als indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Das Volksbegehren verlangt unter anderem, dass sich der Bund zu zwei Dritteln an den anfallenden familienergänzenden Kinderbetreuungskosten der Eltern beteiligt.
Die Einigkeit, welche die Kommission mit der Verabschiedung des Entwurfs mit 7 zu 1 Stimmen ohne Enthaltung demonstrierte, mag über die Umstrittenheit gewisser Punkte hinwegtäuschen. In der Wintersession 2024 beugte sich der Ständerat über die Vorlage, der neben einem Nichteintretensantrag auch diverse Minderheitsanträge zu substantiellen Punkten der Vorlage zu besprechen hatte. Jakob Stark (svp, TG) begründete seine Minderheit auf Nichteintreten mit der hohen finanziellen Belastung für die Wirtschaft und vertrat mit Verweis auf die Argumentation des Bundes zum 2013 an der Urne gescheiterten Familienartikel die Ansicht, dass eine verfassungsmässige Grundlage zur Verstetigung der finanziellen Unterstützung durch den Bund fehle. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) widersprach dieser Rechtsauffassung im Falle einer über das FamZG entrichteten Betreuungszulage und wies darauf hin, dass das auf 14 Jahre befristete Instrument der Programmvereinbarungen gemäss herrschender Lehre verfassungsrechtlich vertretbar sei. Der Ständerat beschloss Eintreten mit 27 zu 15 Stimmen (1 Enthaltung). Während sich die Mitglieder der SP, Grünen, GLP und mit vereinzelten Ausnahmen auch diejenigen der Mitte für Eintreten aussprachen, stellten sich die Mitglieder der FDP und SVP jeweils fast geschlossen dagegen.
Am ersten Tag der Detailberatung beschäftigte sich der Ständerat intensiv mit den Programmvereinbarungen. Gemäss Kommissionsmehrheit soll der Bund mit den Programmvereinbarungen an bestimmte Ziele geknüpfte Finanzhilfen zur Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung sowie zur Politik der frühen Förderung gewähren, wobei ihm in einem ersten Schritt Mittel aus einem vierjährigen Verpflichtungskredit in der Höhe von CHF 128 Mio. zur Verfügung stehen würden. Diese Mittel könnte er für die Schliessung von Angebotslücken in der institutionellen Kinderbetreuung für Kinder mit und ohne Behinderungen sowie für die Unterstützung der Kantone im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Politik der frühen Kindheit, etwa zur Förderung der Chancengerechtigkeit, sprechen. Die nationalrätliche Kommission hatte in ihrem Entwurf für denselben Zeitraum einen maximalen Verpflichtungskredit von CHF 224 Mio. vorgesehen. Die Höhe des letzten vierjährigen Verpflichtungskredites des Bundes zur Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen (Februar 2019 bis Januar 2023) belief sich auf CHF 124.5 Mio. Zuvor hatte sich das Parlament zusätzlich für eine fünfjährige Dauer ab Juni 2017 für weitere Finanzhilfen zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung in der Höhe von CHF 96.8 Mio. ausgesprochen. Dem Ständerat lag ein linker Minderheitsantrag von Maya Graf (gp, BL) vor, wonach der Bund finanzielle Beiträge auch für Massnahmen zur Verbesserung der Qualität des Kinderbetreuungsangebots einsetzen kann, wie dies der Nationalrat bereits gefordert hatte. Doch die Gunst des Ständerates stand anders: Nicht nur stellte er sich gegen den Minderheitsantrag Graf, sondern strich auf Anraten einer weiteren Minderheit Stark auch die Unterstützung der Politik der frühen Kindheit. Gegen Schluss der Beratung lag dem Rat eine weitere Minderheit Stark vor, die gänzlich von Programmvereinbarungen absehen wollte und darum beantragte, nicht auf den Bundesbeschluss und den dafür vorgesehenen Verpflichtungskredit einzutreten. Der Minderheitensprecher argumentierte, dass die Hoheit bei den Kantonen liegen sollte, damit diese auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote vorschlagen und organisieren können. Diese Argumentation wurde von der zuständigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Plenum gestützt und die Regierung sprach sich für die Minderheit Stark aus. Mit Stichentscheid des Präsidenten Andrea Caroni (fdp, AR) strich der Ständerat die Programmvereinbarungen, indem er nicht auf den Bundesbeschluss, der den entsprechenden Verpflichtungskredit beinhaltete, eintrat. Neben den links-grünen Parteien hatten sich zwei Ständeratsmitglieder der FDP sowie sechs Mitglieder der Mitte, darunter fast ausschliesslich Frauen, vergeblich für die Beibehaltung der Programmvereinbarungen ausgesprochen.
Am zweiten Behandlungstag diskutierte der Ständerat unter anderem über einen Antrag Gmür-Schönenberger (mitte, LU), die sich für eine Mischfinanzierung bei der Betreuungszulage aussprach. Anstelle des von der WBK-SR präferierten Modells einer vollständigen Finanzierung durch die Arbeitgebenden, was gemäss Zusatzbericht der Kommission eine Erhöhung des Beitragssatzes für Arbeitgebende um 0.17 Prozentpunkte bedingen würde, sah dieser Antrag vor, dass der Bund einen Viertel der Kosten der Betreuungszulage, aber maximal CHF 200 Mio. pro Jahr zu übernehmen hätte. Die verbleibenden Kosten sollten durch weitere, von den Kantonen zu bestimmende Beiträge gedeckt werden, wobei der Antrag neben Beiträgen von Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und Selbständigerwerbenden auch explizit Beiträge der Kantone vorsah. Die Minderheitensprecherin begründete ihren Antrag unter anderem damit, dass der Bund sein finanzielles Engagement von den Programmvereinbarungen nun auf die Betreuungszulagen verlagern könne, sowie mit dem Wunsch, der Kita-Initiative einen mehrheitsfähigen und griffigen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser Antrag vermochte jedoch über das links-grüne Lager hinaus nicht ausreichend zu überzeugen, sodass er vom Ständerat mit 24 zu 15 Stimmen abgelehnt wurde. Auch weitere Minderheitsanträge lehnte der Ständerat ab. Darunter befand sich erstens ein Minderheitsantrag Crevoisier Crelier (sp, JU), getragen von Ständerätinnen der SP, Grünen und Mitte, der die Betreuungszulagen für Kinder bis zum Ende des 12. Altersjahres entrichten wollte. Zweitens verlangte eine links-grüne Minderheit Crevoisier Crelier vergeblich, die Betreuungszulage für Kleinkinder unter 18 Monaten zu erhöhen, da die Betreuungskosten für diese in den Institutionen höher ausfielen als diejenigen für ältere Kinder. Schliesslich wurde auch ein Minderheitsantrag Stark deutlich abgelehnt, der auch denjenigen Eltern eine Betreuungszulage – insgesamt in der Höhe der Hälfte der institutionellen Betreuungszulage – gewähren wollte, die ihre Kinder durch Drittpersonen, etwa Grosseltern, betreuen lassen.
Das vom Ständerat präferierte Modell zur Überführung der Anstossfinanzierung des Bundes in eine zeitgemässe Lösung sah demnach zugunsten der kantonalen Eigenständigkeit komplett von einer weiterführenden finanziellen Unterstützung durch den Bund ab. Damit folgte der Rat auch den Empfehlungen der Expertengruppe zur Aufgaben- und Subventionsüberprüfung, die dem Bund im Vorjahr empfohlen hatte, auf Leistungen zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung zu verzichten. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den so abgeänderten Entwurf mit 27 zu 14 Stimmen an. Opponierende Stimmen fanden sich nach wie vor bei Mitgliedern der FDP und der SVP.
Transformation du financement initial en une solution moderne (Iv.pa. 21.403)