Globallösung für den Finanzplatz Schweiz

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Im US-Steuerstreit wurden 2013 grosse Fortschritte erzielt. Bereits ab April berichteten Medien über eine sich anbahnende Übereinkunft mit den USA. Nachdem jahrelang keine Bewegung in Richtung Lösung des Steuerstreits gekommen war, ging es ab Frühjahr 2013 Schlag auf Schlag. Ende Mai einigten sich der Bundesrat und die Spitzen der Bundesratsparteien darauf, in der Junisession ein Rahmengesetz zu einem Abkommen mit den USA im Eilverfahren zu behandeln, obwohl der Inhalt des Abkommens zum Zeitpunkt dieser Abmachung noch nicht definitiv ausgehandelt war.

Im Gegensatz zur ursprünglich angepeilten Globallösung war das offerierte US-Programm zur Vergangenheitsbewältigung für die Banken freiwillig; die Bedingungen wurden aber alleine von den USA gestellt. Mit dem Bundesgesetz sollte lediglich der gesetzliche Rahmen für die Banken geschaffen werden, um den Forderungen der Amerikaner entsprechen zu können. Das Bundesgesetz und das US-Programm konnten deshalb, auch im Falle einer Annahme, nicht als abschliessenden Lösung des Steuerstreits bezeichnet werden, weil eine mögliche Nicht-Teilnahme einzelner Banken am US-Programm das Potenzial für erneute Eskalation (Androhung einer Strafklage, etc.) bargen.

Wenige Tage vor Sessionsbeginn präsentierte die Landesregierung die ausgehandelte Lösung in ihrer Botschaft zu einem dringlichen Bundesgesetz («Lex USA»). Das Gesetz sollte die Banken gegenüber US-Behörden zu den von diesen geforderten Datenlieferungen ermächtigen, sie also von den Strafbestimmungen nach Artikel 271 StGB (verbotene Handlungen für einen fremden Staat) befreien. Zu den geforderten Datenlieferungen gehörten neben Angaben zu Namen und Funktion von Mitarbeitern, die unerlaubtes US-Geschäftsgebaren organisiert, betreut oder überwacht haben, auch Informationen zu involvierten externen Vermögensverwaltern, Anwälten und Treuhändern. Schliesslich sollten auch sogenannte «Leaver-Listen» übermittelt werden, also Angaben zu Banktransaktionen von Bankkunden, die ihre Geschäftsbeziehungen mit der Bank abbrachen und ihre Gelder zu einer anderen Bank transferierten. Diese «Abschleicher-Listen» waren für die US-Behörden vor allem darum interessant, weil sie damit hofften, weitere Schweizer Banken des Rechtsbruchs in den USA zu bezichtigen. Kundennamen waren nicht Gegenstand der vereinbarten Datenlieferungen; diese sollten weiterhin durch die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von 1996 und 2009 (per Ende 2013 nach wie vor im US-Senat blockiert und deshalb im Berichtsjahr nicht anwendbar) geregelt bleiben. Damit sah die USA von der Forderung ab, auch Daten von Steuerhinterziehern aus der Zeit vor 2009 zu erhalten, was als Erfolg der schweizerischen Verhandlungsdelegation interpretiert werden konnte, wurde doch das Schweizer Recht nicht – wie im Falle des UBS-Staatsvertrags oder einer möglichen Rückwirkungsklausel in einem Zusatzprotokoll zum DBA 1996 – bis an die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit strapaziert. Die Vorlage des Bundesrats enthielt auch Bestimmungen zum Schutz der Bankmitarbeiter, konkret Informations- und Fürsorgepflichten (Information der betroffenen Personen vor der Datenlieferung, Übernehmen von Anwaltskosten, Diskriminierungs- und Kündigungsschutz), die von den Banken eingehalten werden sollten. Die Landesregierung betonte zudem, dass die Datenlieferungen in einem Widerspruchsverfahren vor Gericht angefochten werden konnten. Im Gegenzug für die Datenlieferungen boten die USA ein freiwilliges, unilaterales «Programm» für Schweizer Banken an, über dessen Inhalt vor Sessionsbeginn nur wenig bekannt war und über welches bis nach der parlamentarischen Behandlung Stillschweigen vereinbart wurde. Über die Medien wurde jedoch bekannt, dass die Banken in vier Gruppen eingeteilt werden sollten. Gruppe 1 war für die rund ein Dutzend Banken vorgesehen, die bereits in ein Strafverfahren verwickelt waren, während Gruppe 2 für Banken gedacht war, die sich schuldhaftes Verhalten anlasten mussten. Die Banken in Gruppe 2 sollten von der Möglichkeit zur Befreiung von Strafverfolgung im Rahmen eines «Non Prosecution Agreement» profitieren, hatten aber mit einer hohen Busse zu rechnen. Demgegenüber waren für die Banken in den Gruppen 3 und 4 keine Bussen vorgesehen. Sie sollten beide vielmehr eine US-Bestätigung erhalten, dass sie nicht Ziel von Strafermittlungen waren («Non Target Letter»), sofern ein externer Prüfer bestätigte, dass sie sich nicht schuldhaft verhalten hatten (Gruppe 3) oder sofern sie gemäss FATCA-Definition als Lokalbank eingestuft wurden (Gruppe 4). Weil das Programm nur für 120 Tage gelten sollte, war die Schaffung des dazu nötigen rechtlichen Rahmens mittels eines dringlichen Bundesgesetzes nötig. Über die Höhe der Busse kursierten verschiedene Gerüchte, wobei die meisten von einer einstelligen Milliardenzahl für den gesamten Finanzplatz ausgingen.

Die Parteien reagierten mitunter sehr kritisch auf die Vorlage. Die SP kündigte an, das Gesetz abzulehnen, weil sie nicht bereit sei, den Banken ein weiteres Mal zu helfen. Die SVP schloss eine Verabschiedung im Dringlichkeitsverfahren aus und auch die CVP kritisierte das Verfahren, wollte sich jedoch vor den Kommissionsberatungen nicht definitiv auf ein Nein festlegen. Grünliberale und Grüne forderten weitere Informationen zum US-Programm (Bussenhöhe, etc.), bevor sie einen Entscheid fällen wollten. Die FDP sprach sich für eine Rückweisung an den Bundesrat aus, der eine Lösung in eigener Kompetenz suchen und umsetzen solle. Lediglich die BDP beurteilte die Vorlage als zustimmungswürdig.

In den Tagen vor der parlamentarischen Verhandlung versuchte der Bundesrat mit allen Mitteln, die Parlamentarier/innen von der Wichtigkeit der Vorlage zu überzeugen. Mitunter wurden die Vorsteher der Bundeshausfraktionen vor Sessionsbeginn zu einem Gespräch mit gleich drei Bundesräten/innen (Widmer-Schlumpf, Sommaruga, Burkhalter) aufgeboten. In Kommissions- und Fraktionssitzungen, die teilweise in der Nacht stattfanden, waren häufig mehrere Mitglieder der Regierung eingeladen, so gleich fünf an der Sitzung der WAK-NR. Während der Bundesrat dezidiert auf die Möglichkeit weiterer Strafverfahren oder Strafanklagen gegen Schweizer Banken (und damit ihrem faktischen Ausschluss vom Dollar-Clearing und potenziellen Untergang) im Falle einer Nicht-Annahme des Gesetzes verwies, bemängelten viele Parlamentarier/innen die nach wie vor ungenügende Information betreffend dem US-Programm. Demgegenüber äusserten sich die Banken positiv zur Vorlage. Sie würde ihnen erlauben, die Altlasten mit den USA zu bereinigen. Weil im Vorfeld der Beratung die Idee aufkam, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Dollar-Clearing für künftig möglicherweise strafangeklagte Banken übernehmen könnte, äusserte sich auch die SNB mit deutlichen Worten. Sie schloss ein solches Vorgehen mit Verweis auf den möglichen Verlust der Immunität in den USA und die zu erwartenden Reputationsschäden dezidiert aus.

Die parlamentarische Debatte startete am 5. Juni mit zwei Ordnungsanträgen der Nationalräte Thomas Aeschi (svp, ZG) und Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL). Während die SVP forderte, auf das Dringlichkeitsverfahren zu verzichten, beantragte die SP die Sistierung des Geschäfts, bis der Inhalt des US-Programms bekannt war. Während der Antrag Aeschi abgelehnt wurde, passierte der Antrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL) mit Zustimmung von SP und SVP mit 100 zu 90 Stimmen. Einige Tage darauf präsentierte das EFD die Eckwerte des Programms, welche aber zu grossen Teilen schon im Vorfeld über die Medien bekannt worden waren.

Am 12. Juni wurde das Geschäft im Ständerat (Erstrat) behandelt. Dort kam es zu einer ausgiebigen Eintretensdebatte. Während die Kommissionsmehrheit (WAK-SR) Nichteintreten forderte (die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung der Kommission abgelehnt), setzte sich eine Minderheit aus CVP und Anita Fetz (sp, BS) für Eintreten ein. Die Argumentationen drehten sich hauptsächlich um folgende Themenfelder und wurden im Nachgang zur ständerätlichen Debatte ähnlich auch im Nationalrat und in der Öffentlichkeit artikuliert und diskutiert. Bezüglich der wenigen Information zum US-Programm äusserten sich Befürworter der Vorlage dahingehend, dass solche für das Parlament irrelevant seien, weil das Programm ein unilaterales Angebot der USA sei, auf welches weder der Bundesrat noch die Banken oder das Parlament einen Einfluss hätten. Zudem respektiere der zur Diskussion stehende Lösungsansatz die Schweizer Rechtsordnung betreffend Bankkundengeheimnis, weshalb das Programm als geeignet beurteilt wurde, um den Banken die Möglichkeit zur Vergangenheitsbewältigung gegenüber den USA zu geben. Gegner bemängelten die unklare Bussenhöhe; sie wollten nicht die Verantwortung dafür übernehmen, die Banken mit der Schaffung des entsprechenden Rechtsrahmens zu einer möglicherweise existenzbedrohenden Teilnahme am US-Programm zu drängen. Ein weiterer, vor allem von der FDP vorgebrachter Diskussionspunkt betraf die Frage, ob das Gesetz nötig sei und ob nicht der Bundesrat den nötigen Rechtsrahmen (mit einer Verordnung oder mit Einzelbewilligungen auf Basis von Artikel 271 StGB) schaffen könnte. Weil einzig die Landesregierung die Details des Programms kenne, sei es angebracht, wenn sie den Entscheid zur Schaffung des nötigen Rechtsrahmens träfe. Zudem hätte der Bundesrat bereits 2012 gezeigt, dass mit Einzelbewilligungen nach Artikel 271 StGB (für die Banken in Gruppe 1) eine Datenlieferung ermöglicht werden könne. Der Bundesrat verwies auf die relativ höhere Gerichtsfestigkeit der Gesetzesvorlage, die den Datenschutz teilweise aufweiche. Mit Einzelbewilligungen wäre der Datenschutz und die Treuepflicht des Arbeitgebers integral gewährleistet, sodass eine Datenlieferung nur bei einem «überwiegendem öffentlichen Interesse» als rechtens beurteilt werden könnte. Wie die Gerichte dieses öffentliche Interesse gegenüber dem privaten Interesse beurteilen würden, war zum Zeitpunkt der Diskussion jedoch umstritten, weshalb eine gerichtliche Blockierung der Datenlieferungen und damit ein Scheitern des Programms als nicht unwahrscheinlich beurteilt wurden. Ein drittes Themenfeld betraf die vom Bundesrat wiederholt geäusserte Warnung vor US-Strafanklagen im Falle einer Nicht-Annahme des Gesetzes. Kritiker der Vorlage argumentierten, dass eine Strafanklage nicht zwingende den Konkurs des angeklagten Unternehmens bedeuten müsse, beispielsweise wenn die SNB das Dollar-Clearing für die Bank übernehmen würde (was die SNB allerdings ausschloss) oder die US-Geschäftsfelder der Bank ausgelagert würden, wodurch das Nicht-US-Geschäft gerettet werden könnte. Sie verwiesen auf die Bank Wegelin, die 2012 in den USA strafangeklagt worden war, darauf ihr Nicht-US-Geschäft an die Raiffeisen verkaufte und damit das Überleben dieses Geschäftsbereichs sicherte. Befürworter der bundesrätlichen Vorlage hielten dem entgegen, dass die Entflechtung von US- und Nicht-US-Geschäft nicht in jeder Bank so einfach sei, im Speziellen nicht bei Kantonalbanken. Ein letzter Diskussionspunkt betraf die Frage, ob mit der Vorlage nicht ein Präjudiz für andere Staaten geschaffen würde. Gegner des Bundesgesetzes erwarteten ähnliche Forderungen aus dem EU-Raum, wenn die Schweiz den Rahmen für eine Datenlieferung in die USA schaffe würde. Die Befürworter betrachteten diese Bedenken als unbegründet. Sie argumentierten, dass die USA mit dem Dollar und ihrem wichtigen Finanzmarkt einen ungleich grösseren Hebel gegenüber der Schweiz hätten als alle anderen Länder der Welt.

Nach mehrstündiger Debatte entschied der Ständerat knapp (24 zu 20 Stimmen, 1 Enthaltung) auf Eintreten. Eine geschlossen stimmende CVP verhalf mit Unterstützung von vier abweichenden SP-Vertretern sowie je einem Abweichler aus SVP und FDP der Vorlage in die Detailberatung. Dort fügte der Rat im Sinne der Kommission (WAK-SR) einige kleinere Präzisierungen zur Kooperationsermächtigung der Banken ein. So sollten diese beispielsweise nur «notwendigen» Verpflichtungen zur Bereinigung des Steuerstreits nachkommen dürfen, nicht aber «allen» Verpflichtungen. Zudem verlangte der Rat – in Erweiterung des bundesrätlichen Entwurfs – dass Banken, die auf einer Leaver-Liste einer anderen Bank erschienen, über deren Erscheinen auf der Liste im Voraus informiert werden müssten. Damit wollte der Rat den Banken einen Informationsvorsprung gegenüber den US-Behörden einräumen, im Speziellen für den Fall, in dem eine Bank vom Erscheinen auf einer Leaver-Liste einer anderen Bank überrascht wurde. In einer weiteren unbestrittenen Ergänzung verankerte der Ständerat ein explizites Widerspruchs- und Klagerecht für Dritte. Ein solches wäre gemäss bundesrätlichem Entwurf und geltender Rechtslage nur für die Mitarbeiter vorgesehen gewesen. Obwohl die eingefügte Bestimmung einer Stärkung des Datenschutzes innerhalb der Lex USA gleichkam, ging diese doch nicht so weit wie die Regelungen im Datenschutzgesetz (DSG), die für alle betroffenen Akteure ein überwiegendes öffentliches Interesse forderten, um Datenübermittlungen zuzulassen. Es ermöglichte den betroffenen Personen einzig Klage einzureichen, falls sie fälschlicherweise zum Personenkreis gezählt wurden, deren Daten übermittelt werden sollten (Mitarbeiter und Dritte, die das US-Geschäft organisiert, betreut oder überwacht haben). Die grundsätzliche Erlaubnis zur Übermittlung von Daten der genannten Personengruppe wurde dadurch nicht im Sinne des Datenschutzgesetzes (Abwägung von privatem und öffentlichem Interesse) eingeschränkt. Zu einem knappen Abstimmungsresultat kam es bezüglich eines Minderheitsantrags der Ratslinken, der für fehlbare Bankmanager ein Berufsverbot von einem Jahr forderte. Als fehlbare Manager galten dabei leitende Angestellte von Banken, die gemäss dem US-Programm zur Übermittlung von Datensätzen verpflichtet sein sollten – sofern diese nicht beweisen konnten, dass sie nach Oktober 2012 keine unversteuerten Gelder der UBS übernommen hatten. Der Antrag wäre einer Verschärfung und Automatisierung der geltenden Regelungen gleichgekommen und genoss weit ins bürgerliche Lager Sympathie. Einige Ständeräte verwiesen jedoch darauf, dass das dingliche Bundesgesetz nur eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr haben würde, weshalb die verschärfte Regelung dann auch nur für ein Jahr in Kraft wären. Das Begehren wurde mit 16 zu 23 Stimmen abgelehnt. Angenommen wurde demgegenüber ein Antrag Recordon (gp, VD), der die historische Aufarbeitung der Vermögensverwaltung für ausländische Bank-Kunden durch Schweizer Banken forderte (28 zu 8 Stimmen). Die Detailberatung fand ein Ende mit der Ablehnung von zwei weiteren linken Minderheitsanträgen. Ersterer wollte die Finma dazu verpflichten, von den Banken Ausgleichszahlungen einzufordern, wenn die von der USA verhängten Bussen in «schockierender» Diskrepanz zu den in der Schweiz erwarteten Sanktionen stehen würden (10 zu 26 Stimmen). Das zweite Begehren wollte festhalten, dass die erwarteten Bussen nicht steuerlich absetzbar sein sollten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf verwies darauf, dass bereits mit geltender Regelung vorgesehen sei, dass die strafrechtliche Komponente einer Busse nicht abzugsfähig sei. Sie erachtete es zudem als wenig sinnvoll, eine solche Regelung in ein befristetes Bundesgesetz aufzunehmen. Der Antrag wurde mit 25 zu 15 Stimmen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung passierte die Vorlage nach sechsstündiger Debatte mit 24 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen.

Im Nationalrat wurde das Bundesgesetz zur Lösung des US-Steuerstreits am 18. Juni beraten. Argumentativ verlief die Diskussion ähnlich wie in der kleinen Kammer; im Gegensatz zum Ständerat war die Parteidisziplin jedoch ausgeprägter. Der Minderheitsantrag auf Eintreten von CVP, GLP, BDP und Louis Schelbert (gp, LU) wurde nach mehrstündiger Debatte deutlich mit 126 zu 67 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Geschlossen stimmten die GLP und die BDP für Eintreten sowie die SVP für Nichteintreten. Sehr grosse Mehrheiten aus CVP und Grünen votierten ebenfalls zustimmend, während sich sehr grosse Teile von SP und FDP gegen Eintreten äusserten. Damit ging die Vorlage zurück an den Erstrat. Bereits am 19. Juni entschied dieser erneut auf Eintreten (26 zu 18 Stimmen, 1 Enthaltung). Zudem verabschiedete er angesichts des sich nicht abzeichnenden Meinungsumschwungs im Nationalrat, das heisst, für den Fall eines erneuten Nichteintretens in der grossen Kammer, eine Erklärung. Diese anerkannte die Notwendigkeit einer raschen Lösung des Steuerstreits und war vor allem als Zeichen des guten Willens gegenüber den USA gedacht. Sie wurde mit 28 zu 14 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Wie erwartet entschied der Nationalrat gleichentags – und nach erneuter Kommissionssitzung der WAK-NR zwischen dem Entscheid des Ständerats und der Beratung im Nationalrat – wiederum auf Nichteintreten, diesmal mit 123 zu 63 Stimmen. Damit stand die Ablehnung der Vorlage fest. Die Erklärung des Ständerats wurde mit 141 (SP, grosse Teile der SVP, Grüne, GLP) zu 24 (CVP) Stimmen bei 25 Enthaltungen (BDP, rund ein Viertel der SVP) bestätigt. Bundesrat Burkhalter meinte nach dem Scheitern der Vorlage, dass die nächsten Wochen entscheidend sein würden, ob die Schweiz einen «heissen Sommer» erleben werde. Er verwies damit auf die verbreitete Befürchtung einer Eskalation des Steuerstreits, zu der es allerdings bis zum Jahresende nicht kam.

Anfang Juli informierte der Bundesrat, dass er allen Banken, die am US-Programm teilnehmen wollten, Einzelbewilligungen nach Artikel 271 StGB ausstellen würde («Plan B»). Er verwies erneut darauf, dass diese integral dem Datenschutzgesetz (DSG) und arbeitsrechtlichen Bestimmungen unterstehen würden, wollte jedoch trotzdem versuchen, die USA zu einer Aufrechterhaltung ihres Angebots zu bewegen. Die USA waren gewillt, diesen Weg zu gehen, verschärften die Bedingungen des Programms jedoch leicht. Laut einer gemeinsamen, rechtlich nicht bindenden Erklärung («Joint Statement») vom 30. August verpflichtete sich der Bundesrat, den Banken die Teilnahme am US-Programm nahezulegen und diese dazu aufzufordern, allen US-Kunden Informationen zum freiwilligen Offenlegungsprogramm der USA zu senden. Zudem hielt die Erklärung fest, dass das Programm nur aufrechterhalten würde, wenn rechtliche Hürden eine Partizipation nicht verhinderten. Ob die Einzelbewilligungen nach Artikel 271 StGB ausreichen würden, um diese Bedingung zu erfüllen, war im Herbst 2013 nicht restlos geklärt. Unter anderem wurde diskutiert, wie viele gerichtlich blockierte Datenlieferungen allenfalls zu einem Abbruch des Programms führen könnten. Klar war einzig, dass vereinzelte Blockierungen durch Schweizer Gerichte das Programm nicht zu Fall bringen würden. Eine entsprechende Klausel, die ursprünglich von den USA gefordert wurde, konnte der Bundesrat in den sommerlichen Verhandlungen deutlich abschwächen. Eine weitere Verschärfung betraf die nun nicht mehr angebotene Möglichkeit an die Banken, im Laufe der Datensammlung von Gruppe 2 in Gruppe 3 zu wechseln. Der Bussenrahmen von 20 Prozent bis 50 Prozent des Maximalbetrags der betreuten, unversteuerten Geldern wurde gegenüber dem Programm vom Frühjahr 2013 nicht verschärft. Mit der ausgehandelten Lösung waren die Banken angehalten, sich bis Ende Jahre selbstständig in eine Gruppe einzuteilen und ihren Entscheid den USA mitzuteilen. Das erneut als Lösung des US-Steuerstreits präsentierte Vorgehen löste bei den Bundesratsparteien unterschiedliche Reaktionen aus. Während die SP auf den nun nötigen Mitarbeiterschutz verwies, sprach die SVP von einem «unverständlichen Bückling» der Schweiz. Die FDP sah sich bestätigt und schrieb, dass die gefundene Lösung nicht schlechter als die Lex USA sei. Die CVP und die BDP zeigten sich, obwohl nicht glücklich, einverstanden mit dem eingeschlagenen Weg.

Im Herbst wurde vor allem über die amerikanische Auslegung des Programms diskutiert. So wurde gemutmasst, ob die Einteilung in Gruppe 3 (kein schuldhaftes Verhalten) nur möglich sei, wenn kein einziger US-Kunde unversteuerte Gelder bei der Bank gehalten hatte oder ob gut erklärbare Einzelfälle von unversteuerten US-Vermögenswerten eine Einteilung in Gruppe 3 erlaubten. Entsprechende Anfragen beim Department of Justice (DoJ) durch US-Anwälte wurden mit einer deutlichen Absage an eine Bagatellklausel beantwortet. In derselben Erklärung des DoJ, und im Gegensatz zum im August veröffentlichten Programm, wurde den Banken jedoch wieder die Möglichkeit eingeräumt, sich von Gruppe 2 in Gruppe 3 umteilen zu lassen, sofern sich im Laufe der Datensammlungen herausstellen sollte, dass sie sich fälschlicherweise in Gruppe 2 eingeteilt hatten. Ende November äusserte sich auch der Direktor der Finma, Patrick Raaflaub, öffentlich zum US-Programm. Er rief die Banken dazu auf, sich im Zweifelsfall für Gruppe 2 zu entscheiden und damit verantwortungsvoll zu handeln. Weil die Finma unverantwortliches Handeln sanktionieren konnte, hatte der Aufruf Gewicht. Bis zum Jahresende veröffentlichten nur rund 20 Prozent der rund 300 teilnahmeberichtigten Institute ihre (Selbst-)Einteilung. Davon wollten rund drei Fünftel in Gruppe 2 teilnehmen. Spekuliert wurde, dass sich insgesamt rund 80 Banken für Gruppe 2 entschieden hätten.