Eine weitere Bewährungsprobe, die in vielem derjenigen vom 8. Dezember 1974 gleichkam, hatten die Bundesfinanzen am 8. Juni zu bestehen, als Volk und Stände über fünf Finanzvorlagen zu befinden hatten. Über die Verlängerung des Währungsbeschlusses haben wir an anderer Stelle berichtet. Zwei Vorlagen betrafen die 1974 verabschiedeten Beschlüsse über Zollzuschläge auf Benzin und Heizöl, gegen welche vom Landesring und von den Mieterverbänden das Referendum ergriffen worden war. Zwei weitere Abstimmungsgegenstände ergaben sich aus den Beratungen des Parlaments von Ende Januar. Eine Erhöhung der Warenumsatz- und der Wehrsteuer hatte schon am 8. Dezember 1974 zur Diskussion gestanden. Die neue Vorlage setzte die geltenden Sätze bei der Wust lediglich auf 5.6 bzw. 8.4 Prozent hinauf und erhöhte – nach einem Vorschlag der Kommission des Nationalrats – das Wehrsteuermaximum auf 11.5 Prozent bei den natürlichen und auf 9.8 Prozent bei den juristischen Personen (BRG 12212). Ausserdem lag erneut die «Ausgabenbremse» vor, die am 8. Dezember 1974 zwar mit grosser Mehrheit gutgeheissen worden war, jedoch nicht in Kraft treten konnte, weil sie an die Annahme der Steuererhöhungen gebunden war.

Im lau und vor allem vom Landesring (LdU) geführten Abstimmungskampf fanden konjunkturelle Gesichtspunkte starke Beachtung. Für den Fall einer Verwerfung wurden vielerorts schwerwiegende volkswirtschaftliche Konsequenzen befürchtet. Aus dem Kreis der Bundesratsparteien kamen nur zwei Nein-Parolen: Die SPS lehnte die «Ausgabenbremse» und die als besonders unsozial empfundene Heizöl-«Sondersteuer» ab. Gegen eine derartige Mittelbeschaffung auf Kosten des Mieters wandten sich auch der LdU, die Partei der Arbeit, die Nationale Aktion, der Christlichnationale Gewerkschaftsbund und der Mieterverband. Die übrigen Vorlagen waren weniger umstritten. Eine Erhöhung des Benzinzollzuschlags bekämpften der LdU, die PdA und die Neue Rechte. Eine Verwerfung der «Ausgabenbremse» empfahlen die PdA und die Gewerkschaften. Ungewohnte Wege ging der Bundesrat mit «Erläuterungen», die dem Stimmbürger zusammen mit den Abstimmungsvorlagen zugestellt wurden. Die Massnahme führte zu Beschwerden und wurde besonders vom LdU scharf kritisiert, zumal einzelne Abschnitte unsorgfältig abgefasst waren (siehe Interpellation Heimann, Ip. 75.379). Während sich in den Fragen des Währungsschutzes und der Ausgabenbeschränkungen wie erwartet grosse befürwortende Mehrheiten einstellten, ergaben sich bei den anderen drei Vorlagen verhältnismässig hohe Anteile von Nein-Stimmen. Beim Heizöl-Zuschlag reichte dies zur Verwerfung. Die differenzierten Stellungnahmen des Souveräns wurden allgemein mit Erleichterung aufgenommen; als besonders erfreulich empfand man, dass die beunruhigende Nein-Welle für einmal zugunsten eines Bekenntnisses zu einem leistungsfähigen Staat durchbrochen worden war.


Abstimmungen vom 8. Juni 1975

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Nationalstrassen

Beteiligung: 36.81%
Ja: 721‘313 (53.5%)
Nein: 627'980 (46.5%)

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, LPS, SPS (2*), SVP, eco, SAV, SBV, SGB, SGV, TravS.
– Nein: LdU, PdA, REP, SD.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen

Beteiligung: 36.81%
Ja: 1'021'315 (75.9%) / Stände: 19 6/2
Nein: 323'511 (24.1%) / Stände: 0

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, LdU, LPS, REP, SD, SVP, eco, SAV, SBV, SGV.
– Nein: PdA, SPS, SGB, TravS.


Änderung des Generalzolltarifs

Beteiligung: 36.79%
Ja: 646'687 (48.2%)
Nein: 694'252 (51.8%)

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, LPS, SVP, eco, SAV, SBV, SGB, SGV, TravS.
– Nein: LdU, PdA, REP, SD, SPS.


Bundesbeschluss zur Erhöhung der Steuereinnahmen

Beteiligung: 36.81%
Ja: 753'642 (56.0%) / Stände: 14 6/2
Nein: 593'041 (44.0%) / Stände: 5

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, LPS, SPS (1*), SVP, eco, SAV, SBV, SGB, SGV.
– Nein: LdU, PdA, REP, SD, TravS.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Bundesbeschluss über den Schutz der Währung

Beteiligung: 36.81%
Ja: 1'153'338 (85.5%) / Stände: 19 6/2
Nein: 195'219 (14.5%) / Stände: 0

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, LdU, LPS, PdA, REP, SD, SPS, SVP.
– Nein: POCH.