Umsetzung der Bologna-Deklaration Hochschule St. Gallen

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Im Mai informierte der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Charles Kleiber, über die Pläne der Schweiz zur Umsetzung der Bologna-Deklaration. Das Bologna-Abkommen war 1999 von der Schweiz unterzeichnet worden und soll mit der Einführung einer dreijährigen Bachelor- und einer ein- bis zweijährigen Master-Stufe sowie eines europaweit geltenden Kreditpunktesystems (ECTS) erleichterte Mobilität für Studierende, Lehrende und Forschende sowie vergleichbare Ausbildungsstandards im europäischen Raum schaffen. Die Teilnahme der Schweiz an diesem Projekt sei laut Kleiber auch eine Chance für die Überprüfung und Modernisierung des schweizerischen Hochschulsystems. Eine Vorreiterrolle nahm in diesem Rahmen die Hochschule St. Gallen (HSG) ein, die als erste Hochschule der Schweiz ihr gesamtes Studienangebot ab Herbst des Berichtsjahres auf das Bologna-Modell abstimmte. Im Juli stimmte der ETH-Rat der Einführung von zweistufigen Studiengängen nach der Gliederung von Bachelor- und Master-Stufen zu. Die neue Struktur wird zunächst an der ETH Zürich (ETHZ) realisiert werden. Das Departement für Elektrotechnik der ETHZ wird bereits Ende 2002 die ersten Bachelor-Titel verleihen können; ab 2002 soll in mindestens acht weiteren Studiengängen das Modell eingeführt werden. Von Seiten der FHS wurde hingegen eine Schlechterstellung derselben befürchtet, sollte das Bachelor-Master-System künftig auch die universitären Studiengänge prägen. Ein FH-Abschluss könne heute auf dem Arbeitsmarkt mit dem Lizentiat konkurrieren. Probleme werde es jedoch bei Einführung der zweistufigen Studiengänge geben, wenn der Bachelor künftig der FHS, der Master hingegen den Universitäten zugeschlagen werde.

Die Universität Basel machte zügig voran mit der Umsetzung der Bologna-Deklaration. Nachdem schon auf das Wintersemester 2000/01 das dreistufige System (Bachelor, Master, Doktorat) in den auf diesen Zeitpunkt neu eingerichteten Pflegewissenschaften eingeführt worden war, erfolgte auf das Wintersemester 2002/03 erstmals an einer Schweizer Universität die Umstellung in den gesamten Naturwissenschaften sowie im Bereich Sport. 2003 soll „Bologna“ auf die wirtschaftswissenschaftliche, juristische und geisteswissenschaftliche Fakultät ausgedehnt werden. Erleichtert wird die Umsetzung in Basel durch eine überwiegend positive Einstellung der Studierenden gegenüber dem Bologna-System. Der gesamtschweizerische „Verband der Schweizerischen StudentInnenschaft“ (VSS) und die aus dem Dachverband ausgetretene Genfer Studentenkonferenz äusserten demgegenüber nach wie vor grosse Vorbehalte gegen „Bologna“, da sie in der vorgesehenen Strukturänderung die Gefahr einer Verschulung der Studien und eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit sehen.

Die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK) verabschiedete einstimmig ihre Richtlinien zur Bologna-Reform. Betreffend dem Zugang zu den Master-Studien legte die SUK das Gewicht auf die Freizügigkeit und nicht auf die fachbezogene Selektion, um die Mobilität der Studierenden zu erleichtern. Zugelassen zu einem Master-Studiengang in der entsprechenden Fachrichtung ohne zusätzliche Anforderungen wird demnach, wer ein Bachelor-Diplom einer schweizerischen Universität vorweisen kann – wobei jedoch den Universitäten und ETH offen stehen soll, für spezialisierte Studiengänge der Masterstufe zusätzliche Anforderungen zu stellen. Die SUK legte im weiteren Richtlinien vor, wonach universitären Institutionen die Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen beglaubigt werden kann. Dieses Akkreditierungssystem zur Prüfung der Studienangebote soll die internationale Vergleichbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Diplome verbessern und dabei auch dem indirekten Ziel der Qualitätspflege dienen.

Die Forderung nach einer Anpassung der Studiengänge und -abschlüsse der FHS an das Bologna-Modell (Master und Bachelor) wurde auch in einer Motion Randegger (fdp, BS) sowie in einem Postulat Strahm (sp, BE) zum Ausdruck gebracht, wobei insbesondere die internationale Anerkennung dieser Studiengänge und -abschlüsse sowie eine Valorisierung der schweizerischen Besonderheit der berufspraktischen Vorbildung und Ausbildung (Berufslehre) im Vordergrund standen. Die Motion wurde von beiden Kammern überwiesen und das Postulat vom Nationalrat gutgeheissen.

Um die Mehrkosten für die Forschung und die Bologna-Reform aufzufangen, beschlossen Bund und Kantone, bis 2007 insgesamt 450 Mio Fr. einsparen, indem sie die Studiengebühren bis 300 Fr. erhöhen und Subventionen für Zusatzangebote (v.a. berufsbegleitende Nachdiplomstudien) streichen.

Im November gaben die Bundesräte Couchepin und Deiss in Absprache mit der EDK bekannt, die Strukturen im Hinblick auf die „Hochschullandschaft 2008“ zu straffen; die Universitätsförderung ist bis 2007 beschränkt und soll durch eine dauerhafte Regelung abgelöst werden, in die auch das bisher eigenständige Fachhochschulgesetz integriert wird. Der Gesetzesentwurf soll in der zweiten Hälfte 2005 in die Vernehmlassung gehen. Vorgesehen ist, die grosse Zahl an Steuerungsgremien zu reduzieren und durch drei Organe zu ersetzen: Die Gesamtsteuerung soll die Konferenz der Hochschulträger übernehmen, in der ein Vertreter des Bundesrates und 14 Kantonsvertreter Einsitz nehmen. Sie legt die Studienstrukturen, die Qualitätssicherung und die Finanzierungsregeln fest. Die Rektorenkonferenz koordiniert die Institutionen und setzt die Entscheide der Trägerkonferenz um. Der Schweizerische Hochschulrat schliesslich soll als beratendes Organ die gesamtgesellschaftliche Sicht einnehmen. Wie bisher beteiligt sich der Bund an den Kosten der kantonalen Universitäten und der Fachhochschulen. Für sie wie auch für die ETH soll neu aber eine einheitliche Finanzierung basierend auf den Standardkosten gelten. Der Bund soll kein Recht erhalten, Angebotsbereinigungen zu erzwingen, Subventionen jedoch von der Koordination zwischen den Hochschulen abhängig machen.

Ein Postulat der WBK des Ständerates forderte den Bundesrat auf, zu prüfen, wie im Rahmen der Umsetzung der Bologna-Deklaration die Übergänge von den alten zu den neuen Systemen organisiert werden. Im Besonderen sei zu prüfen, wie der Grundsatz der Durchlässigkeit und der Gleichbehandlung von Bachelordiplomen, die an anderen schweizerischen oder ausländischen Universitäten erworben wurden, von den verschiedenen Hochschulen umgesetzt wird. Der Ständerat nahm das Postulat an.

Im Berichtsjahr wurden die Ergebnisse einer gesamtschweizerischen Untersuchung über die qualitativen (subjektiven) Auswirkungen der Bologna-Reform veröffentlicht. Im Auftrag der Rektorenkonferenz (Crus) und der Studierendenverbände wurden 4700 Studierende zu ihrer Einschätzung des Bologna-Systems befragt. Fast Dreiviertel der Befragten waren mit dem Studium zumindest zufrieden; 11% gaben an, sie seien enttäuscht. Besonders Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften bemängelten, dass die Erwartungen der Arbeitswelt zu wenig berücksichtigt würden.

Der Ständerat überwies in der Wintersession oppositionslos ein Postulat David (cvp, SG), welches den Bundesrat beauftragt, die Bologna-Reform gründlich zu analysieren. Dabei soll er in erster Linie prüfen, ob die 1999 gesetzten Ziele erreicht wurden, welche Ziele für die Zukunft bestehen und inwieweit Massnahmen erforderlich sind, um Schwächen der Reform zu beheben.

Im Dezember wurde eine Studie zur Umsetzung der Bologna-Reform an den Fachhochschulen veröffentlicht. Die Untersuchung, welche die Rektorenkonferenz der Fachhochschulen im Auftrag des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie erstellt hatte, stellte den Fachhochschulen ein gutes Zeugnis aus. Die Anpassung der Studiengänge an die Bologna-Struktur sei erfolgreich verlaufen, obwohl die Fachhochschulen im Gegensatz zu universitären Hochschulen bei der Umsetzung der Reform mit den bestehenden finanziellen Ressourcen auskommen mussten. Der Bericht empfiehlt unter anderem eine bessere Koordination bei der Weiterentwicklung der Studiengänge und plädiert dafür, die Fachhochschulen künftig stärker am Bologna-Prozess, den die europäischen Bildungsminister bis 2020 verlängert haben, zu beteiligen.