Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2024, nur einen Tag nach dem Ständerat, mit dem Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen. Dort stellten Jacqueline de Quattro (fdp, VD) sowie Nicole Barandun (mitte, ZH) die Vorlage für die SiK-NR vor. Anschliessend ergab sich im Rahmen der Fraktionsvoten eine intensive Diskussion über das Gesetz sowie über die vier vorliegenden Minderheitsanträge von Mitgliedern der rot-grünen Parteien. Mit einer ersten Minderheit forderte Fabian Molina (sp, ZH) analog zum ständerätlichen Antrag Roth (sp, SO) die Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen bei der bundesrätlichen Ausweitung des Verbots auf weitere Organisationen. Fabien Fivaz (gp, NE) forderte mit seinem Minderheitsantrag gar die Streichung des entsprechenden Artikels zur bundesrätlichen Kompetenz zur Ausweitung des Verbots. Er begründete dies damit, dass dem Bundesrat mit diesem Passus zu viel Macht und Handlungsspielraum gegeben werde. Die zweite Minderheit Fivaz nahm den entsprechenden Antrag von Ständerat Carlo Sommaruga (sp, GE) auf und forderte, dass Tätigkeiten, die der Friedensförderung, der Umsetzung des humanitären Rechts, der Entwicklungszusammenarbeit, der Menschenrechte sowie der inneren und äusseren Sicherheit der Schweiz dienen, nicht tangiert werden sollen. Fivaz legte dar, dass viele Regierungsorganisationen, aber auch NGOs in Bereichen tätig seien, die nicht unter die humanitäre Hilfe oder den Friedensdialog fielen, so zum Beispiel der Bau eines Krankenhauses oder einer Schule. Er sorge sich, dass solche Aktivitäten auch unter das Verbot fallen könnten und damit strafrechtlich verfolgt werden müssten. Zudem warf Fivaz auch die Frage auf, ob die UNRWA, mit der sich die Räte bereits in einigen Vorstössen befasst hatten, auch unter das Verbot fallen würde. Der zweite Minderheitsantrag von Fabian Molina verlangte schliesslich, dass es der Schweiz sowie internationalen Organisationen und unparteiischen humanitären Organisationen weiterhin erlaubt sein soll, «mit allen Konfliktparteien und Akteuren in Kontakt zu treten und zu verhandeln».
Nach dem Votum von Bundesrat Jans, welcher im Hinblick auf den Antrag Molina zum Dialog mit der Hamas bestätigte, dass der Kontakt zur Hamas weiterhin möglich sein werde, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen. In den anschliessenden Abstimmungen fanden die Minderheitsanträge keine Zustimmung über das rot-grüne Lager hinaus und wurden mit jeweils ähnlichen Stimmenverhältnissen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung votierte die grosse Kammer mit 168 zu 6 Stimmen und 14 Enthaltungen für die Vorlage. Die Ablehnungen stammten allesamt von Mitgliedern der Grünen, ebenso ein Grossteil der Enthaltungen.
In den Schlussabstimmungen am Ende der Wintersession 2024 stimmte der Nationalrat mit 175 zu 5 Stimmen und 15 Enthaltungen für Annahme des Entwurfes. Der Ständerat hiess das Geschäft mit 40 zu 1 Stimme und 3 Enthaltungen gut.
Dossier: Hamas/Gaza/UNRWA