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Wirtschaft
Landwirtschaft
Les excédents de production en Europe suscitent des projets de réforme draconiens — Préférences suisses pour une orientation de la production — Nouvelles discussions sur la parité des revenus — Développement des stations d'essais agricoles — Pas de nouvelles mesures en faveur de l'agriculture de montagne — Le nouveau projet de régime du sucre prévoit des subsides de la Confédération, des consommateurs et des producteurs — Les excédents des récoltes de tomates et d'abricots entraînent de vives réactions chez les producteurs valaisans — Prolongation du statut du vin — Diverses mesures sont prises en vue de diminuer les excédents de la production laitière, dont la hausse à 5 ct. de la retenue de la production et la préparation d'un contingentement — L'ancien règlement du commerce du fromage est prolongé jusqu'à l'entrée en vigueur d'un nouveau régime encore controversé — Le marché du bétail de boucherie connaît des difficultés d'écoulement — Extension de la rage — Une aide à long terme de la sylviculture remplace les mesures d court terme.
Agrarpolitik
Die ungelösten Strukturprobleme der Landwirtschaft wurden auch 1968 deutlich sichtbar. Der Endrohertrag ging zwar gesamthaft um 60 Mio Fr. auf 4164 Mio Fr. zurück [1]. Bei verschiedenen Produkten kam es jedoch zu grossen Überschüssen, die man teilweise zu Dumpingpreisen ins Ausland abzuschieben versuchen musste. Nun haben aber alle hochentwickelten Industriestaaten mit der gleichen Schwierigkeit zu kämpfen, dass der gesteigerten Produktivität in der Landwirtschaft kein entsprechend erhöhter Nahrungsmittelbedarf gegenübersteht. So kam in der EWG wegen der budgetierten Verwertungsverluste von 600 bis 800 Mio $ für Milch und Rindfleisch eine gemeinsame Marktordnung nur mühsam zustande [2]. An der OECD-Tagung der Landwirtschaftsminister wurde vorausgesagt, dass die Mitgliedstaaten dieser Organisation bei Weiterführung der gegenwärtigen Politik von einer Nettoeinfuhr an Agrarprodukten von 1,5 Mia $ (1961-1963) zu einer Ausfuhr von 3,3 Mia $ (1985) übergehen würden. Weder die von den beteiligten Ländern befolgte Politik hoher Agrarpreise [3], noch massive Exportsubventionen zur Bewältigung der Überschüsse könnten das Problem lösen [4]. Radikale Massnahmen sah der in der EWG diskutierte Mansholt-Plan vor. Ihm zufolge sollten in den nächsten 10 Jahren ungefähr 5 Mio Landwirte ihren Beruf aufgeben. Betriebe mit einer Getreideanbaufläche von 80 ha, 40 Milchkühen oder 10 000 Leghennen galten als Mindestnorm [5].
Die Grundsätze für die schweizerische Landwirtschaftspolitik in den Richtlinien des Bundesrates zu einem Regierungsprogramm sind zwar weit weniger radikal als die EWG-Strukturreformpläne. Aber auch hier gilt als Hauptanliegen die Verbesserung der Produktionsgrundlagen [6]. Bundespräsident Spühler bezeichnete die Strukturbereinigung vor dem Nationalrat als unvermeidlich. Er kündigte gleichzeitig einen weiteren Landwirtschaftsbericht an, der die Ziele der Produktion umreissen und die zweckmässigen Instrumente darlegen werde [7]. Im Geschäftsbericht des EVD heisst es noch deutlicher: «Der Fortschritt in der Landwirtschaftkann sich nur dann zum Vorteil der einzelnen Produzenten auswirken, wenn die Zahl der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte und Produktionsstätten abnimmt » [8]. Auf bäuerlicher Seite sah man nun Parallelen zwischen den Vorstellungen Mansholts und jenen des Bundesrates. Man sprach von einer Wende in der schweizerischen Agrarpolitik und wandte sich insbesondere vehement gegen eine Gesundschrumpfungspolitik [9]. Es bildete sich sogar ein « Aktionskomitee », welches den Bauernverband aufforderte, eine härtere Politik zu betreiben [10]. Vom Präsidenten des Schweizerischen Bauernverbandes, Nationalrat Weber (rad., SZ), herausgefordert, präzisierte Bundesrat Schaffner bei der Behandlung des Geschäftsberichts, dass auch der tüchtige Kleinbauer eine Chance haben solle. Der unerlässliche Strukturwandel werde nicht beschleunigt, sondern lediglich kanalisiert [11]. Ein Mittel zu einer solchen Steuerung wurde allgemein in der sogenannten Produktionslenkung gesehen. Allerdings verstanden die einen darunter die Ermittlung eines optimalen Produktionsplanes bei gegebenem Einkommen der Landwirtschaft und bei minimalem Subventionsaufwand [12], während andere auch den Absatz und die Verbraucherwünsche in den Plan einbeziehen wollten und vor der berüchtigten Gesundschrumpfung nicht zurückschreckten [13]. Zur Erarbeitung eines solchen Planes können auch neue statistische Unterlagen einiges beitragen [14].
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Einkommenspolitik
Auf dem Gebiete der Einkommenspolitik wurde 1968 der Paritätslohnanspruch ein weiteres Mal kritisiert. Die « Grüne Kommission » hatte zwar 1966 in ihrem Bericht festgestellt, dass Brugg das landwirtschaftliche Einkommen richtig errechne [15]. Dagegen mussten drei vom Bundesrat eingesetzte Experten noch die Frage abklären, unter welchen Umständen eine Betriebsführung als rationell zu gelten habe [16]. Ihr Bericht kam zum Schluss, dass von 585 Buchhaltungsbetrieben der Talzone deren 70 als unrationell geführt und weitere 119 als Grenzbetriebe bezeichnet werden müssten [17]. Vom Schweizerischen Bauernsekretariat wurden aber grundsätzliche Einwände gegen die Methode dieser Arbeitsgruppe erhoben. Es sei ihr nicht gelungen, « Grundsätze und Richtlinien » aufzustellen, so dass man jeden Betrieb einzeln beurteilen und dabei ganz einfach an die Richtigkeit des Urteils der Experten glauben müsse [18]. Die «Beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes » diskutierte darüber hinaus auch das Prinzip des Paritätslohns an sich. Nach der Auffassung der Abteilung für Landwirtschaft des EVD sollten die in Art. 29 des Landwirtschaftsgesetzes formulierten Bedingungen zur Gewährung kostendeckender Preise besser respektiert werden. Zudem müsse eine grössere Flexibilität in der Preisgestaltung angestrebt werden. Die genannte Kommission wollte vor einer Stellungnahme noch den in Aussicht gestellten 4. Bericht über die Agrarpolitik des Bundes abwarten [19].
Konkrete Massnahmen zur Verbesserung von Struktur und Einkommen der Landwirtschaft betrafen besonders den Ausbau des Versuchswesens. In der Sommersession bewilligten die Eidg. Räte Objektkredite von total 9,6 Mio Fr. für die Versuchsanstalten in Zürich-Oerlikon, Wädenswil (ZH) und Lausanne. Der Landesring focht zwar einen Teil des Kredits, jenen für den Kauf des Gutes in Tänikon (TG), als unzweckmässig an, blieb aber mit seiner Opposition allein [20]. Eine neue Versuchsanstalt für viehwirtschaftliche Produktion in Grangeneuve (FR), für die bereits früher Liegenschaften gekauft worden waren, wird die zu klein gewordene Gutsverwaltung in Bern-Liebefeld ersetzen [21]. Durch Bundesratsbeschluss wurden ferner die Versuchsanstalten in Forschungsanstalten umbenannt, damit ihr Name dem Charakter ihrer Tätigkeit besser entspreche. Schliesslich wurden die Stipendien für Ingenieur-Agronom-Studenten verdoppelt und auch jene für Technikumsschüler verbessert [22].
Neue Massnahmen zur Förderung der Berglandwirtschaft wurden 1968 nicht ergriffen. An der Tagung der schweizerischen Vereinigung zur Wahrung der Gebirgsinteressen betonte zwar der Hauptreferent, Hans Flückiger, in gewissen Gebieten seien die Überalterung und die Auswanderung dermassen weit fortgeschritten, dass jede finanzielle Hilfe zu spät komme. Die ganze Gemeinde müsse jeweils umfassend unterstützt werden [23]. Prof. Allemann war aber an einer Sitzung der Parlamentarischen Gruppe zur Wahrung der Interessen der Bergbevölkerung nicht in der Lage, mehr als einen Zwischenbericht über den Stand des wirtschaftlichen Entwicklungskonzeptes für das Berggebiet im Sinne der Motion Brosi-Danioth zu geben. Konkrete Ergebnisse würden erst 1969 vorliegen [24]. Der Nationalrat überwies ein Postulat Zeller (k.-chr., SG), das private Körperschaften und Anstalten, welche durch Investitionen zur Erschliessung von Berggebieten beitragen, für solche Leistungen von Einkommenssteuern befreien möchte. Bundesrat Bonvin erhob allerdings den Einwand, eine generelle Befreiung von gewinnbringenden Unternehmungen sei nicht denkbar [25]. Der Ausschuss bernischer Hügellandgemeinden beantragte die Schaffung einer Übergangszone (zwischen Berg- und Talgebieten) im Rahmen des landwirtschaftlichen Produktionskatasters [26].
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Pflanzliche Produktion
Auf dem Gebiete der pflanzlichen Produktion stand das Zuckerproblem im Vordergrund. Anlässlich der Weltzuckerkonferenz im Rahmen der UNCTAD versuchten in Genf Delegationen aus 63 Ländern, eine Stabilisierung des Weltzuckermarktes herbeizuführen [27]. In der Schweiz galt es, den am 30. September 1969 ablaufenden Zuckerbeschluss von 1957 (1963 erneuert) abzulösen. Der Bundesrat veröffentlichte als « süsse Osterüberraschung » einen Bericht der Abteilung für Landwirtschaft über die neu zu schaffende Zuckerordnung. Eine Importabgabe von maximal Fr. 5 je 100 kg sollte mithelfen, die Defizite der beiden Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld zu decken. Diese Belastung bezeichneten die Behörden als tragbar, da einerseits der schweizerische Produzent den zweithöchsten Rübenpreis Europas erhalte, anderseits der Konsument vom niedrigsten Zuckerpreis Europas profitiere [28]. Wegen der stark divergierenden Stellungnahmen im Vemehmlassungsverfahren musste Bundesrat Schaffner die Vertreter von über 40 Wirtschaftsorganisationen zu einem Meinungsaustausch nach Bern zusammenrufen [29]. Die Konsumenten- und Arbeitnehmerorganisationen forderten eine Beteiligung der Produzenten an den Verlusten und argumentierten, der Zucker sei bereits mit mehr als 100prozentigen Zollzuschlägen belastet, die bei den heutigen Importpreisen jährlich 50 Mio Fr. abwürfen. Da die Bundeshilfe bisher nur 20 Mio Fr. betragen habe, könne man einfach die Defizitgarantie erhöhen [30]. Die bäuerliche Seite hingegen sah beim Zucker eine Anbaureserve, da es hier noch keine Überschüsse gebe [31]. Das erinnerte die Gegenseite wiederum an ein altes Versprechen, dass die erhöhte Inlandproduktion die Zuckerpreise nicht erhöhen werde. Einen Kompromiss sah dann die Botschaft des Bundesrates vom November vor. Ihr zufolge würde die Rübenanbaufläche auf 10 000 ha erhöht. Jede zusätzliche, über 20 Mio Fr. hinausgehende Million Fr. Bundesleistung würde gekoppelt mit 1 Rp. Abgabe je kg Verbrauchszucker und einem Abzug von 8 Rp. je q Zuckerrüben zu Lasten der Produzenten [32].
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Die schweizerische pflanzliche Produktion war gekennzeichnet durch Überschüsse bei Früchten und Gemüsen [33]. Zwar hatten sich die Walliser Tomatenproduzenten vorgenommen, mit Hilfe technischer Verfahren neue Verwertungsmöglichkeiten zu erschliessen. Sie befolgten auch eine Empfehlung der Schweizerischen Gemüse-Union, die Produktion um 20 % zu reduzieren [34]. Der Bundesrat schlug zudem in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage von Nationalrat Sauser (dem.-ev., ZH) eine bessere zeitliche Verteilung des Ernteanfalles und eine Verfeinerung des Meldewesens im Dreiphasensystem vor [35]. Obschon beides berücksichtigt wurde, kam es zwischen Tessiner und Walliser Tomatenproduzenten zu Kollisionen, da die beiden Ernten zeitlich zusammenfielen. Trotzdem der Bundesrat einen Beitrag von Fr. 25 000 an die Tomatenwerbung beschlossen hatte, mussten schliesslich doch 100 t vernichtet werden, allerdings deutlich weniger als im Vorjahr [36]. Auch die Verwertung der Kirschen und der Birnen erforderte gewisse Subventionen und Stützungsmassnahmen [37].
Anlass zu den heftigsten Auseinandersetzungen gaben 1968 die Aprikosen. Schon vor der Ernte sahen sich die Walliser veranlasst, eine Spezialaktion zur Verwertung dieser Früchte zu fordern, während der Migros-Genossenschaftsbund erfolgreich gegen die zu kleinen Importkontingente protestierte [38]. Zudem hielt er sich nicht an den vom Bundesrat empfohlenen Höchstpreis von Fr. 1.95 pro kg Schweizer Aprikosen, sondern senkte diesen auf Fr. 1.75. Coop folgte in den Städten, verzichtete aber auf eine entsprechende Preissenkung im Wallis [39]. Darauf wurden die Aufrufe zur « action directe » des Aktionskomitees der Union des producteurs valaisans (UPV), einer Gegenorganisation zur offiziellen Fédération des producteurs, befolgt. 150-200 unzufriedene Pflanzer besetzten die Migros-Filialen in Martigny und andere blockierten mit 400 landwirtschaftlichen Fahrzeugen die Kantonsstrasse zwischen Saxon und Vernayaz [40]. Ein Brief an mehrere Bundeshausjournalisten, weitere Manifestationen, Protesttelegramme und hitzige Diskussionen in und um Walliser Zeitungen begleiteten die Aprikosenernte. Der Walliser Staatsrat kam der Union valaisanne pour la vente des fruits et légumes mit einem Zuschuss von Fr. 200 000 zu Hilfe, und Bundesrat Schaffner empfing eine Walliser Delegation, um sie der Hilfe des Bundes zu versichern [41]. Eine Beruhigung brachte aber erst die ausserordentliche Session des Walliser Grossen Rates. Das Parlament lehnte zwar die Methoden der UPV ab, übernahm aber zum Teil deren Forderungen. In einem 7-Punkte-Postulat wurde der Bundesrat unter anderem aufgefordert, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Einfuhr ähnlicher Produkte zu beschränken. Es wurde auch der Vorschlag zu einer Obst- und Gemüseordnung gemacht, die mit anderen Mitteln ähnliche Ziele zu verfolgen hätte wie das Weinstatut [42].
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Das Weinstatut musste vom Bundesrat ergänzt werden, weil die Kontingentierung der Weineinfuhr dadurch umgangen worden war, dass billige Weine an der Grenze behelfsmässig in dünnwandige Flaschen abgefüllt und nachher in Tanks auf die Verbraucherzentren in der Schweiz verteilt worden waren. Um liberalisiert eingeführt werden zu können, müssen die Flaschen künftig beim Grenzübergang aus normalem Glas bestehen und unverändert in die Hände der Konsumenten gelangen. Dadurch lohnt sich die Einfuhr billiger Weine in Flaschen nicht mehr [43]. Im Juli kam das EVD zum Schluss, dass auf Grund der guten Erfahrungen der Bundesbeschluss über die vorübergehenden Massnahmen zugunsten des Rebbaus um weitere 10 Jahre bis 1979 zu verlängern sei. Der Bericht stellte fest, dass wiederum in verschiedenen Gebieten kleinere Flächen ausserhalb der Rebbauzone angepflanzt worden waren. Er sah deshalb zwar Neupflanzungen bis zu 1500 ha vor, wollte aber nicht auf das Pflanzverbot und die Rodungspflicht verzichten. Die Reaktionen auf den Bericht des Bundesrates waren allgemein positiv. Man hoffte allerdings da und dort, dass andere Massnahmen als die gewaltsame Vernichtung von Reben die illegalen Pflanzungen verhindern würden [44].
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Tierische Produktion
Der bereits 1967 aufgetürmte Butterberg warf seine Schatten auf die Milchpolitik des Jahres 1968 [45]. Von den kurzfristigen Massnahmen zu dessen Abbau versprach die erneute Verbilligungsaktion für eingesottene und Kochbutter am meisten Erfolg. Sie dürfte den Steuerpflichtigen weitere 30 Mio Fr. kosten. Der behördlichen Preissenkung von Mitte Januar, die durch Indiskretion vorzeitig bekannt wurde, war eine Baisse-Offensive von Coop und Migros vorausgegange [46]. Zur Entlastung des inländischen Marktes wurden auf importierten Milchprodukten Preiszuschläge erhoben. Die EWG, Österreich und Dänemark reduzierten zudem nach Verhandlungen ihre Exportsubventionen für gewisse Käsesorten [47]. Die daraus resultierenden Preiserhöhungen begegneten bei den Grossverteilerorganisationen und beim Landesring einer energischen, aber erfolglosen Kritik [48]. Umgekehrt wurde zwar der Export von Schweizer Käse nach den USA durch eine Importkontingentierung erschwert, doch traf diese unseren Qualitätskäse (Preis über 47 cents je lb.) nicht [49]. Der Bundesrat bewilligte ferner zusätzliche 10 Mio Fr. für die Lieferung überschüssiger Milchprodukte in Hungergebiete [50]. Schliesslich erhöhte er die Belastungen auf ausländischen Milchersatzfuttermitteln und stellte Gehaltsnormen für solche Futtermittel auf, was die Bauern veranlasste, bei der Kälbermast vermehrt Vollmilch zu verwenden [51]. Die landwirtschaftlichen Organisationen kämpften gegen Vorstösse der Margarinefabrikanten [52] und insbesondere gegen den Versuch, Margarine mit 10 % Butter in butterähnlicher Verpackung auf den Markt zu bringen. Die Herstellerfirma konnte sich zwar auf eine Bewilligung des Eidg. Gesundheitsamtes berufen. Der Bundesrat beanstandete aber vor allem die Werbung für dieses Produkt, da sie zu Verwechslungen mit Butter Anlass gebe [53]. Bereits 1967 hatte die Abteilung für Landwirtschaft eine Revision des Milchwirtschaftsbeschlusses in doppelter Hinsicht vorgeschlagen: Der sog. Rückbehalt, der vom Milchpreis abgezogen wird, um den Produzentenanteil an der Deckung der Verwertungsverluste bei Milchprodukten sicherzustellen, sollte von 3 Rp. auf maximal 6 Rp. erhöht werden. Zudem seien in Zukunft auch die inländischen Milchersatzfuttermittel durch eine Abgabe zu verteuern [54]. Die landwirtschaftlichen Verbände lehnten eine Erhöhung des Rückbehalts energisch ab [55]. Verschiedene grosse Bauernversammlungen machten den Widerstand deutlich [56]. Vorort und Arbeitgeberverband unterstützten gemeinsam den Vorschlag des Bundesrates [57]. Der Gewerkschaftsbund und die Konsumgenossenschaften forderten hingegen einen unbeschränkten Rückbehalt und die Begrenzung des Bundesbeitrages an die Milchwirtschaft auf 100 Mio Fr. jährlich [58]. In einer Botschaft stellte der Bundesrat noch weitere Alternativlösungen zur Diskussion: Herabsetzung des Milchgrundpreises, Kontingentierung der Produktion oder Globalplafonierung der Milchsubventionen [59]. In der Sicht des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten (ZVSM) schien nun die Erhöhung des Rückbehalts das kleinste Übel zu sein [60]. Eine Kompromisslösung zeichnete sich bei den Beratungen der nationalrätlichen Kommission ab [61], doch erst im Plenum kam es zu einer Einigung. Ein 7-Punkte-Programm, das Umstellungen auf nichtmilchwirtschaftliche Produktion mit einem Kostenaufwand von 30 Mio Fr. vorsah, bewog die Landwirtschaftsvertreter, einer Erhöhung des Rückbehalts auf 5 Rp. (davon wird 1 Rp. für grossangelegte Ausmerzaktionen im Talgebiet verwendet und kommt somit der Landwirtschaft wieder zugut) zuzustimmen. Für den Fall, dass diese Massnahmen zur Eindämmung der Milchschwemme nicht genügen würden, müsste laut Beschluss eine Kontingentierung eingeführt werden [62].
In der Folge unternahmen die landwirtschaflichen Organisationen Anstrengungen, um die drohende Kontingentierung abzuwenden. Die Delegiertenversammlung des ZVSM beschloss, die Einschränkung der Produktion um 5 % durch die Milchgenossenschaften überwachen zu lassen [63]. Nach wiederholten Appellen an die Solidarität und die Disziplin der Landwirte begannen die Milcheinlieferungen im Vergleich zum Vorjahr erstmals abzunehmen: im Mai in der deutschen Schweiz, im Juni auch in der Westschweiz [64]. Deshalb forderte die vom ZVSM eingesetzte Kommission zur Vorbereitung einer allfälligen Kontingentierung, als sie ihr Rahmenprogramm vorlegte, gleichzeitig eine Verlängerung der Gnadenfrist bis Frühjahr 1969 [65]. Am 23. Oktober beschloss der Bundesrat ein langfristiges vierstufiges Sanierungsprogramm. Danach müssen die Milcheinlieferungen laufend zurückgehen, in der Abrechnungsperiode 1969/70 schliesslich bis auf 24,5 Mio q, wenn die grundsätzlich beschlossene Kontingentierung nicht in Kraft treten soll [66]. Die Lage hatte sich bis Jahresende so weit beruhigt, dass im Dezember erstmals wieder Butter importiert werden konnte. Der Auffassung der Landwirte, damit komme eine Kontingentierung überhaupt nicht mehr in Frage, hielt Bundesrat Schaffner entgegen, zuerst müssten die Ausverkaufspreise für Butter rückgängig gemacht werden. Zudem habe die Milch nur sekundär den Butterbedarf zu decken [67]. Das Damoklesschwert einer Kontingentierung hängt somit weiterhin über der schweizerischen Milchwirtschaft.
Die auf Ende Juli 1968 befristete Käsemarktordnung musste verlängert werden, da die neue Vorlage nicht rechtzeitig vom Parlament hätte behandelt werden können [68]. Um die Starrheit der Kontingente schon jetzt zu lockern, wurde auf Vorschlag des Bundesrates eine Warenreserve von 60 000 q geschaffen, aus der jenen Firmen Unionskäse zuzuteilen ist, die über zuwenig Ware verfügen [69]. In der Botschaft zur neuen, definitiven Käsemarktordnung verzichtete der Bundesrat angesichts der starken Opposition im Vemehmlassungsverfahren auf die Umwandlung der Käseunion in eine öffentlich-rechtliche Genossenschaft. Dafür erhält der Bund ein verbessertes Aufsichts- und Weisungsrecht. Er legt aber nur die Grundsätze fest; die Vermarktung liegt in den Händen der Käseunion. Neu werden die Ablieferungspflicht verankert und die Quoten aufgehoben [70]. Der Ständerat präzisierte die Vorlage dahin, dass das Kapital der Käseunion unverzinst bleiben und die Käsevermarktungsgrundsätze durch den Präsidenten und die Geschäftsleitung aufgestellt werden sollen [71].
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Die Massnahmen auf dem Milchsektor tangierten auch den Schlachtviehmarkt. Die im neugefassten Milchwirtschaftsbeschluss vorgesehenen Massnahmen führten indirekt zu einem zusätzlichen Angebot [72]. Der gleichenorts postulierten Förderung der Mastbetriebe waren daher nach der Auffassung des Metzgermeisterverbandes enge Grenzen gesetzt. Wegen der verminderten Einfuhr von preisgünstigerem Fleisch und der vermehrten Mast mit Vollmilch — die Milchersatzfuttermittel wurden ja durch den Milchwirtschaftsbeschluss ebenfalls verteuert — rechnete man mit einer massiven Preishausse beim Fleisch [73]. Das Hauptproblem bestand darin, das ganze Rind abzusetzen, und nicht nur die Spezialstücke. Eine von Bundesrat Schaffner einberufene Konferenz der interessierten Kreise empfahl eine Werbekampagne für die weniger begehrten Rindfleischstücke [74]. Auf dem Schweinefleischmarkt drohten ebenfalls Überschüsse. Deshalb löste das Projekt der Migros, eine industrielle Schweinezucht mit einer Jahresproduktion von rund 100 000 Schlachtschweinen aufzuziehen, Beunruhigung aus [75].
Die Tollwut griff 1968 auf weitere Kantone über, was das Eidg. Veterinäramt veranlasste, in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Frühjahr systematisch Fuchsbaue zu begasen. Der Bundesrat ordnete eine Verschärfung der Massnahmen und ihre Ausdehnung auf andere Kantone an. Den Vorwürfen, man sei zu wenig gründlich vorgegangen, wurden vor allem im Waadtland immer mehr Stimmen entgegengehalten, die eine masslose Begasung und die damit verbundene Ausrottung ganzer Tierfamilien kritisierten [76]. Im Wallis brach in einigen Ställen die Maul- und Klauenseuche aus. Dank rigoroser Massnahmen konnte eine Ausbreitung auf andere Gebiete verhindert werden [77].
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Forstwirtschaft
Die befristeten Massnahmen zugunsten der Forstwirtschaft, die 1967 wegen der Sturmschäden im Mittelland hatten ergriffen werden müssen, liefen 1968 unverändert aus. Erneute Engpässe auf dem Holzmarkt führten zu einer Initiative des Schweizerischen Verbandes für Waldwirtschaft und des Bauernverbandes, die in einer Denkschrift längerfristige Massnahmen zur strukturellen Verbesserung der Waldwirtschaft forderten [78]. Schon wenig später unterbreitete der Bundesrat eine Botschaft zu zwei Gesetzesentwürfen, die eine Erhöhung der Bundesbeiträge an Wegbauten und an Lawinenerbauungen und die Einführung von Investitionskrediten auch für die Waldwirtschaft vorsahen. Dadurch sollten Kostensenkungen bei der Holzgewinnung erreicht werden. Der Ständerat genehmigte diese Vorlage in der Wintersession mit geringfügigen Abweichungen vom ursprünglichen Text [79].
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[1] NZZ, 702, 13.11.68; Mitteilung der Kommission für Konfunkturfragen, 193, Beilage zu Die Volkswirtschaft, 41/1968, Februar (geschätzte Zahlen für 1968).
[2] Vat., 83, 6.4.68; GdL, 103, 3.5.68.
[3] Auffassung von Prof. Kristensen, Generalsekretär der OECD. Vgl. NZZ, 741, 29.11.68; JdG, 281, 30.11./1.12.68.
[4] Aus der Ansprache Bundesrat Schaffners. Vgl. NZZ, 745, 2.12.68; TdG, 283, 2.12.68.
[5] GdL, 298, 20.12.68; NZZ, 766, 11.12.68.
[6] Agrarpolitische Revue, 24/1968, S. 253 f.; BBI, 1968, I, S. 1226 f.
[7] NZZ, 375, 21.6.68.
[8] TdG, 87, 11.4.68; NZZ, 228, 11.4.68; NZ, 171, 11.4.68; Gesch. ber., 1967, S. 256.
[9] Vat., 111, 11.5.68; Ostschw., 117, 18.5.68; Agrarpolitische Revue, 24/1968, S. 294 f.
[10] NZ, 249, 2.6.68.
[11] NZ, 266, 13.6.68; Tat, 137, 13.6.68; NZZ, 361, 14.6.68. Vgl. auch H. SCHAFFNER, « Konstanten der schweizerischen Wirtschaftspolitik », in Arbeitgeberpolitik in der Nachkriegszeit 1948-1967, Zürich 1968, S. 96 ff.
[12] Bericht der Arbeitsgruppe für landwirtschaftliche Produktionslenkung, Schweiz. Bauernsekretariat, Brugg. Vgl. auch NBZ, 159, 10.7.68; NZZ, 458, 28.7.68; 667, 29.10.68.
[13] Vr, 164, 16.7.68; NZ, 509, 3.11.68 u. 366, 11.8.68.
[14] Eidg. Betriebszählung 1965, Landwirtschaft, Bd. 5, Tabellenteil, Bern 1968 (Statistische Quellenwerke der Schweiz, H. 419, Reihe De 5). HANS BRUGGER, Statistisches Handbuch der schweizerischen Landwirtschaft, Bern 1968.
[15] Vgl. SPI, 1966, S. 64. Kritik am mit dem Paritätslohn verbundenen Automatismus machte auch Prof. E. Küng geltend. Vgl. Weltwoche, 1782, 5.1.68.
[16] Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Betriebsführung in SBS-Betrieben.
[17] Tat, 173, 25.7.68.
[18] O. HOWALD, « Theorie und Praxis um den rationalen Betrieb », und P. FAESSLER, «Zur Frage der rationellen Betriebsführung» (Replik), beide in Agrarpolitische Revue, 24/1968, S. 278 ff. u. S. 430 ff. Vgl. auch NBZ, 177, 31.7.68 u. Vat., 203, 31.8.68.
[19] TdG, 198, 23.8.68; BN, 376, 7./8.9.68.
[20] Tat, 57, 8.3.68; 148, 26.6.68.
[21] BBI, 1968, II, S. 863 ff.; NZZ, 755, 5.12.68.
[22] NZZ, 213, 4.4.68; 731, 26.11.68.
[23] Ostschw., 95, 23.4.68.
[24] Vgl. SPJ, 1967, S. 68; NZZ, 386, 26.6.68.
[25] Ostschw., 56, 6.3.68.
[26] NZZ, 537, 1.9.68. Eine Eingabe wurde durch die Volkswirtschaftskammer an den Schweiz. Bauernverband geleitet.
[27] JdG, 100, 30.4.68 ; 296, 18.12.68 ; TdG, 248, 22.10.68. S. oben, S. 63.
[28] TdL, 103, 12.4.68; NZ, 173, 16.4.68; GdL, 87, 13./14.4.68.
[29] Bund, 202, 29.8.68; NZ, 402, 1.9.68. Die neue Abgabe wurde von der Mehrheit der Kantone, den landwirtschaftlichen Organisationen und bedingt vom Vorort bejaht, von der zuckerverarbeitenden Industrie und den Konsumenten- und Arbeitnehmerorganisationen abgelehnt.
[30] PS, 89, 19.4.68; 118, 25.5.68; Bund, 109, 10.5.68; Tat, 111, 13.5.68.
[31] NBZ, 108, 9.5.68.
[32] NBZ, 276, 25.11.68; BBl, 1968, II, S. 805 ff.
[33] Agrarpolitische Revue. 24/1968, S. 402.
[34] TdG, 9, 11.1.68 ; TdL, 46, 15.2.68.
[35] NZZ, 340, 6.6.68.
[36] NZ, 412, 6.9.68; TdG, 196, 21.8.68; TdL, 255, 11.9.68.
[37] NZ, 325, 17.7. 68; NZZ, 683, 5.11.68; 748, 3.12.68.
[38] NZZ, 415, 9.7.68; TdL, 194, 11.7.68; TdG, 161, 11.7.68.
[39] TdG, 174, 26.7.68; 178, 31.7.68.
[40] GdL, 177, 31.7.68; Vat., 177, 31.7.68; TdG, 172, 24.7.68.
[41] GdL, 178, 1.8.68; TdL, 209, 27.7.68; TdL, 220, 7.8.68; TdG, 181, 3./4.8.68; NZZ, 516, 22.8.68; TdG, 205, 31.8./1.9.68.
[42] In Art. 23 des Landwirtschaftsgesetzes sind Einfuhrbeschränkungen für ähnliche Produkte vorgesehen. NZZ, 514, 21.8.68; 570, 16.9.68; JdG, 215, 14./15.9.68; TdG, 217, 16.9.68.
[43] Bund, 32, 8.2.68.
[44] GdL, 159, 10.7.68; 160, 11.7.68; JdG, 159, 10.7.68; Bund, 159, 10.7.68.
[45] Vgl. SPJ, 1967, S.69.
[46] NZZ, 34, 17.1.68. Mit dem bereits 1967 vorgesehenen Verwertungsverlust beläuft sich der Aufwand für das Milchjahr 1967/68 auf 70 Mio Fr. (NBZ, 54, 5.3.68).
[47] NZZ, 472, 2.8.68; 479, 6.8.68; TdG, 181, 3./4.8.68; GdL, 183, 7.8.68; Genossenschaft, 36, 7.9.68; Tat, 219, 18.9.68.
[48] Bund, 76, 31.3.68; NZZ, 299, 16.5.68; Vat., 140, 18.6.68; GdL, 146, 25.6.68; NZZ, 508, 19.8.68.
[49] NZZ, 507, 2.10.68; GdL, 183, 7.8.68.
[50] NZ, 53, 1.2.68; Vat., 33, 8.2.68; NZZ, 381, 24.6.68. Schon 1967 hatte der Bundesrat zu diesem Zweck 5 Mio Fr. bewilligt.
[51] NZ, 53, 1.2.68; NZZ, 299, 16.5.68; 326, 29.5.68.
[52] NBZ, 54, 5.3.68.
[53] NZZ, 606, 2.10.68; 613, 4.10.68; 622, 9.10.68 (Antwort auf eine Kleine Anfrage NR Leus (k.-chr., LU); Vat., 230, 2.10.68; NZZ, 647, 20.10.68.
[54] NZZ, 36, 17.1.68; 39, 18.1.68.
[55] NBZ, 13, 17.1.68; GdL, 21, 26.1.68; Ostschw., 20, 24.1.68; NZZ, 55, 25.1.68; NZ, 43, 26.1.68.
[56] NBZ, 14, 18.1.68; Ostschw., 15, 18.1.68; GdL, 28, 3./4.2.68; 34, 10./11.2.68.
[57] Bund, 31, 7.2.68.
[58] NZZ, 56, 26.1.68; 62, 29.1.68; Vr, 25, 31.1.68; gk, 3, 25.1.68.
[59] BBI, 1968, I, S. 345 ff.
[60] NBZ, 37, 14.2.68; Vr, 38, 15.2.68; Ostschw., 38, 16.2.68; NZZ, 113, 20.2.68; GdL, 42, 20.2.68.
[61] GdL, 51, 1.3.68; NZZ, 137, 138, 1.3.68.
[62] Sten. Bull. NR, 1968, S. 48 ff., 131 u. 161; Sten. Bull. StR, 1968, S. 10 ff. u. 66.
[63] NBZ, 97, 26.4.68; GdL, 97, 26.4.68; NZZ, 255, 26.4.68.
[64] NZZ, 184, 22.3.68; JdG, 77, 1.4.68; NBZ, 81, 5.4.68; NZZ, 371, 19.6.68; Bund, 164, 16.7.68.
[65] NZZ, 558, 10.9.68; Tat, 215, 12.9.68; NBZ, 248, 23.10.68.
[66] NBZ, 250, 25.10.68; Vat., 251, 26.10.68; GdL, 250, 25.10.68.
[67] BN, 505, 29.11.68; TdG, 286, 5.12.68; NBZ, 285, 5.12.68; NZZ, 756, 6.12.68; Bund, 292, 12.12.68. Antwort auf Kleine Anfrage von NR Baumann (BGB, AG).
[68] Vgl. SPJ, 1967, S. 69 u. SPJ, 1966, S. 67.
[69] Sten. Bull. NR, 1968, S. 234 f.; Sten. Bull. StR, 1968, S. 402.
[70] BBl, 1968, I, S. 1025 ff.
[71] Sten. Bull. StR, 1968, S. 307 ff.
[72] Vat., 78, 1.4.68.
[73] NZZ, 282, 8.5.68; TdL, 135, 14.5.68; JdG, 113, 15.5.68.
[74] TdG, 119, 21.5.68.
[75] NZZ, 220, 8.4.68; Vr, 89, 17.4.68; TdG, 101, 30.4.68.
[76] Bund, 3, 5.1.68; NZZ, 86, 8.2.68. 132, 28.2.68; TdG, 69, 21.368; GdL, 19, 24.1.68.
[77] TdL, 349, 14.12.68; TdG, 296, 17.12.68.
[78] Vgl. SPJ, 1967, S. 72; NBZ, 49, 28.2.68; NZ, 73, 13.2.68; TdG, 196, 21.8.68; Bund, 195, 21.8.68.
[79] NZ, 421, 12.9.68; Tat, 218, 17.9.68; NZZ, 755, 5.12.68; Sten. Bull. StR, 1968, S. 278 ff.
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