Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Bon accueil au projet de la loi sur l'aménagement du territoire et au rapport du groupe de travail sur l'aménagement; la procédure de consultation fait apparaître le droit d'expropriation comme le principal objet de controverse en la matière — Le Conseil fédéral propose un arrêté urgent sur l'aménagement: des zones sont maintenues libres à titre provisoire — Dans un second rapport intermédiaire, l'Institut pour l'aménagement du territoire propose dix variantes de développement démographique; critique en provenance du canton de Fribourg — Problèmes de planification dans les grandes villes — Dénonciation de la mise à l'encan du territoire national dans les zones de détente — Efforts de la Confédération pour conserver les sites historiques — Le Conseil des Etats approuve la loi, revisée, sur l'expropriation — La procédure de consultation met en évidence la nécessité d'un article constitutionnel sur la construction de logements; toutefois de nombreuses suggestions sur des points particuliers sont repoussées par le Conseil national — Un article complémentaire 34septies doit permettre la déclaration de force obligatoire générale de contrats cadres en matière de logement; le Conseil national y ajoute la possibilité d'introduire des dispositions sur la protection des locataires — Les autorités fédérales proposent le rejet de l'initiative Denner sur la construction de logements; l'élaboration d'un article sur la construction de logements est influencée par de nombreuses démarches parlementaires — Le Mouvement populaire des familles lance une nouvelle initiative pour le blocage des loyers — Nouveaux projets concernant le financement de la construction de logements et l'accès à la propriété de logements et de maisons d'habitation — Controverses et manifestations dans les grandes villes.
Raumplanung und Bodenrecht
Auf dem Gebiete des Bodenrechts und der Landesplanung wurden 1971 wesentliche Schritte unternommen. Im Januar legte, die von Nationalrat Schürmann präsidierte Expertenkommission einen
Vorentwurf zur Ausführungsgesetzgebung zum Artikel 22quater der Verfassung vor
[1]. Dieser Entwurf zu einem Raumplanungsgesetz sah eine Zonierungspflicht für die Kantone vor. In Gesamtrichtplänen sollten innert sieben Jahren Bauzonen, Schutz- und Erholungsgebiete, Land- und Forstwirtschaftszonen sowie übriges Gebiet (Pufferzonen) ausgeschieden werden. Als Baugebiet sollte nur Land in Frage kommen, das sich zur Besiedlung eignet, das bereits weitgehend überbaut ist oder in absehbarer Frist, das heisst in 15 Jahren, für eine geordnete Besiedlung benötigt wird und auch erschlossen werden kann. Als für jedermann verbindlich wurden die eigentlichen Nutzungspläne bezeichnet, die von den nach kantonalem Recht zuständigen Behörden aufgestellt werden sollen. Der Entwurf übertrug dem Bund Koordinationsfunktionen sowie die Verpflichtung, Leitbilder und ein Verzeichnis von Landschaften mit nationaler Bedeutung zu erstellen, Sachplanungen durchzuführen und den Kantonen Beiträge an die Kosten der Raumplanung auszurichten. Organisatorisch wurde zudem die Schaffung eines Bundesamtes für Raumplanung und eines konsultativen Raumplanungsrates vorgesehen. Der Entwurf sprach nur dann von materieller Enteignung, wenn durch die Planung die Nutzung des Bodens erschwert, untersagt oder verunmöglicht wird. Eine Zuteilung zum Land- oder Forstwirtschaftsgebiet wurde nicht als materielle Enteignung betrachtet. Der Entwurf wurde ins Vemehmlassungsverfahren übergeführt, ohne dass die Verwaltung dazu Stellung genommen hatte
[2]. Gleichzeitig wurde auch der Bericht der unter dem Vorsitz von alt Regierungsrat Kim stehenden Arbeitsgruppe für Raumplanung veröffentlicht. Darin wurden Vorschläge für die Organisation der Raumplanung gemacht. Dieser Begriff wurde als Führungsinstrument für die Politik definiert. Die Arbeitsgruppe legte zudem einen Katalog von 24 materiellen Grundsätzen für die Raumordnung vor. Diese betrafen sämtliche Sachbereiche der Politik, auf die bei der Landesplanung Rücksicht genommen werden sollte
[3].
Der Gesetzesentwurf und der
Bericht « Raumplanung Schweiz » wurden in den meisten Kommentaren als ausgewogen, fortschrittlich, ja als « grosser Wurf » bezeichnet. Es wurde hervorgehoben, die Kommissionen hätten in kurzer Zeit eine beachtliche Leistung erbracht
[4]. Auch in den gegen 130 Vernehmlassungen fand der Gesetzesentwurf als ganzes eine gute Aufnahme. Die Eingaben, die weitergehende Lösungen wünschten, und jene, denen der Entwurf zu weit ging, hielten sich ungefähr die Waage. Die Sozialdemokraten werteten den Entwurf als unreif und wollten die vorgeschlagene Konzeption in wesentlichen Punkten verlassen. Häufig wurde der Wunsch geäussert, die verwendeten Begriffe müssten geklärt und definiert werden. Vereinzelt wurde auch verlangt, dass schon das Gesetz den ganzen Fächer der materiellen Grundsätze enthalten sollte. Als am stärksten umstritten erwies sich indessen der Artikel, der den kantonalen Behörden in Ausnahmefällen ein Enteignungsrecht zugestehen wollte. Dieser wurde von Linkskreisen und von Planungsseite als unbedingt erforderliches Element bezeichnet, von seiten der Unternehmer und der Hauseigentümer hingegen zum Teil kategorisch abgelehnt. Kontrovers waren auch die sowohl vom Vorort wie auch von der Sozialdemokratie vorgeschlagenen Grundeigentümerbeiträge an die Erschliessungsaufwendungen, die Abschöpfung der Planungsgewinne sowie die Abgeltung allfälliger volkswirtschaftlicher Nachteile, die der Landwirtschaft durch die Bildung von Landwirtschaftszonen erwachsen könnten. Der Gewerbeverband kritisierte die Tatsache, dass der Gesetzesentwurf viele Kompetenzen nur zuordne, nicht aber genau umschreibe
[5].
Im
bereinigten Entwurf, den die Expertenkommission gegen Ende des Jahres dem EJPD zuleitete, war eine Reihe von Anregungen berücksichtigt. Der Zweckartikel wurde erweitert, der Planungszeitraum für die Ausscheidung von Siedlungsgebieten von 15 auf 20 Jahre erstreckt und die Verpflichtungen des Bundes materiell genauer umschrieben. Die Frist für die Erarbeitung der Gesamtrichtpläne wurde von 7 auf 5, jene für die Erstellung der Nutzungspläne auf 3 Jahre reduziert. Die kantonalen Behörden erhielten eine Erschliessungspflicht für Bauland auferlegt. Die Befugnis zur Erhebung von Grundeigentümerbeiträgen an die Erschliessungskosten war vorgesehen. Die Möglichkeiten der Enteignung von baureifem Land wurden auf jene Fälle beschränkt, in denen der Eigentümer keine wichtigen Gründe — wie späteren Eigenbedarf — dafür geltend machen kann, dass das Land noch nicht der Überbauung zugeführt wird. Mit dem Grundsatz der Abschöpfung von Mehrwerten aus der Planung wurde ein neues Element aufgenommen. Neben der interkantonalen Kooperation wurde auch die Zusammenarbeit mit den Planungsbehörden des benachbarten Auslandes vorgesehen, wie sie sich vor allem in der Regio Basiliensis
[6] sowie im Bodenseeraum
[7] aufdrängte. Schliesslich wurde dem Bund die Möglichkeit eingeräumt, an Bewirtschaften, deren Grundstücke als Erholungsräume beansprucht werden, Entschädigungen auszurichten, sofern dies auch die interessierten Kantone und Gemeinden tun
[8].
Da das Raumplanungsgesetz auch bei speditiver Behandlung durch die Räte seine Wirkungen erst nach längerer Zeit wird voll entfalten können, legte der Bundesrat im November einen Entwurf zu einem
dringlichen Bundesbeschluss vor. Dieser sollte die Kantone verpflichten, ohne Verzug, spätestens bis Ende 1972, jene Gebiete zu bezeichnen, die im Rahmen einer langfristigen Raumplanung voraussichtlich nicht zur Besiedlung bestimmt sind und in denen wichtige öffentliche Interessen eine Einschränkung oder Verhinderung der Bautätigkeit erfordern. Mit dieser dringlichen Massnahme sollten provisorisch Freihaltegebiete ausgeschieden und irreparable Schäden verhindert werden
[9]. Im Vernehmlassungsverfahren, das bereits am 15. Dezember abgeschlossen wurde, fand auch dieser Vorschlag eine gute Aufnahme. Das Konzept wurde im allgemeinen gutgeheissen; die Schweizerische Volkspartei schlug freilich vor, anstatt der Freihaltegebiete die Siedlungsräume zu definieren und einzufrieren. Verschiedene Kantone, die aufgrund ihrer eigenen Gesetzgebung bereits eine mit dem neuen Bundesbeschluss gleichwertige Regelung getroffen hatten, wünschten, von der Unterstellung unter den Beschluss befreit zu werden. Es wurde auch vorgeschlagen, dem Bund selbst die Kompetenz einzuräumen, Freihaltegebiete auszuscheiden, falls die Kantone dies versäumten
[10].
Während der Entwurf für ein Raumplanungsgesetz die Verfahrensvorschriften in den Vordergrund stellte und die Arbeitsgruppe Kim vor allem organisatorische Fragen behandelte, versuchten die
Leitbildarbeiten weiterhin materielle Grundlagen für eine schweizerische Raumplanung bereitzustellen. Am Anfang des Jahres veröffentlichte das Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL) an der ETH Zürich den zweiten Zwischenbericht. Es wurden zehn Varianten der Bevölkerungsentwicklung zur Diskussion gestellt. Sie reichten von einer Konzentration in zwei Ballungsräumen (Basel—Zürich, Genf—Lausanne) über eine Städteentwicklung in Achsen bis zu einem Modell mit « dispersen » Kleinstädten
[11]. Im Kanton Freiburg stiessen diese Siedlungsdispositive auf Kritik, weil nach dortiger Meinung nur gerade eine der zehn Varianten «eine einigermassen anständige und befriedigende Entwicklung » des Kantons ermöglichen würde
[12]. Umgekehrt bereitete die rasche unkontrollierte Entwicklung der grossen Städte Sorgen. Anlässlich des Zürcher Stadtfestes erliess der Münchner Oberbürgermeister Vogel einen eindringlichen Appell, endlich Massnahmen zur Schaffung menschengerechter Städte zu treffen
[13]. Am Schweizerischen Städtetag standen neben den Grundsatzfragen der Planung vor allem die Probleme des Verkehrs, der in den grossen Agglomerationen kaum mehr zu bewältigen ist, im Vordergrund
[14].
Die Dringlichkeit einer umfassenden Planung zeigte sich auch an den zum Teil vehementen Kritiken an der « Verschandelung der Landschaft » in Erholungsgebieten
[15]. Die Zerstörung der Landschaften und der Verlust an Erholungsraum wurden zudem beklagt, als Zahlen über die Verkäufe von Grundstücken an Ausländer bekannt wurden. Die Zunahme des « Ausverkaufs der Heimat » wurde als erschreckend und alarmierend bezeichnet. Die 1970 verschärften Bestimmungen empfand man als ungenügend, weil der Bund nicht in der Lage sei, seinem Gesetz Nachachtung zu verschaffen
[16]. Der Bundesrat beschloss angesichts dieser Kritik, eine Zwischenerhebung über die Verkäufe im ersten Quartal 1971 durchführen zu lassen; er ermächtigte zudem das EJPD, eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Problemkreises einzusetzen
[17]. Damit das zum Verkauf ausgeschriebene Gotthard-Hospiz nicht in ausländische Hände falle, beteiligte sich der Bund mit 500 000 Fr. an der Stiftung « Pro St. Gotthard », die nach einer Lösung suchen soll
[18]. Um Abbruchplänen zuvorzukommen, kaufte der Bund die Liegenschaft « Verte Rive » mit dem früheren Wohnsitz General Guisans
[19]. Eine weniger glückliche Hand hatte der Bund beim Kauf einer Liegenschaft für Personalwohnungen in Lutry. Die Bezahlung eines übersetzten Preises für ein in die Landwirtschaftszone umgeteiltes Landstück gab Anlass zu genereller Kritik am Verhalten des Liegenschaftsdienstes der Bundesverwaltung
[20]. Eine für die öffentliche Hand vorteilhaftere Situation ergab sich mit der Revision des Enteignungsgesetzes. Diese Revision hatte ursprünglich nur eine Beschleunigung des Verfahrens angestrebt. Der Nationalrat hatte aber eine neue Bestimmung eingeführt, derzufolge in Zukunft nicht mehr der Wert am Ende eines Enteignungsverfahrens für die Höhe der Entschädigung ausschlaggebend sein sollte, sondern der Verkehrswert im Zeitpunkt der Einigungsverhandlung. Der Ständerat unterstützte diese Lösung mit 26: 8 Stimmen
[21].
Wohnungsbau
Im Vordergrund der Bemühungen um die Lösung der Wohnungsprobleme stand der
neue Verfassungsartikel 34sexies über die Wohnbauförderung. Nach der Verwerfung der Initiative « Recht auf Wohnung» hatte der Bundesrat einen Vorentwurf in die Vernehmlassung geschickt. Dieser wollte dem Bund die Kompetenz zur Gewährung von Darlehen für die Erschliessung von Bauland, zur Unterstützung von Bestrebungen auf dem Gebiete des Wohnungswesens, zur Förderung der Bau- und Wohnungsmarktforschung sowie zur Erleichterung der Kapitalbeschaffung für den Wohnungsbau geben
[22]. Fast alle befragten Kantone, Parteien und Verbände anerkannten die Notwendigkeit eines neuen Verfassungsartikels und begrüssten den Vorschlag
[23]. Einzig die Sozialdemokraten entwarfen eine Alternative; ihr zufolge hätte die Wohnbauförderung vor allem die Aufgabe, Wohnraum durch Gemeinden, Baugenossenschaften und gemeinnützige Institutionen zu schaffen. Der private Erwerb von Haus- und Wohnungseigentum wurde von dieser Seite nur bedingt unterstützt
[24]. Einige Kantone verlangten in einer gemeinsamen Eingabe die Wiedereinführung von Mieterschutzbestimmungen, wobei die vom Bund nicht voll genutzten Kompetenzen den Kantonen zukommen sollten
[25]. Die CVP beantragte, die Frage einer Gewinnmaximierung auf Grundeigentum zu prüfen
[26]. In verschiedenen Stellungnahmen wurden steuerliche Massnahmen zur Bekämpfung der Baulandteuerung und -hortung vorgeschlagen. Die Grundeigentümer sollten zur Deckung der Erschliessungs- und Infrastrukturkosten herangezogen werden. Vorab die mit dem Bauwesen vertrauten Organisationen befürworteten eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Bauvorschriften. Eine Reihe von Stellungnahmen befasste sich mit Finanzierungsproblemen. Der Wohnungsbau sollte in der Kapitalmarktpolitik Priorität erhalten; er sollte auch nicht unter die Kreditplafonierung fallen. Von Unternehmerseite wurde gewünscht, dass im Verfassungsartikel ausdrücklich gesagt werde, staatliche Förderungsmassnahmen seien nur subsidiär und nur auf jene Zeit anzuwenden, in denen die Lage auf dem Wohnungsmarkt gestört sei
[27].
Der in der
Botschaft vom 30. Juni veröffentlichte Verfassungstext wich nur in Nuancen vom Vorentwurf ab
[28]. Hingegen wurde, gestützt auf Eingaben der Kantone, des Gewerkschaftsbundes, der Kommission für Konsumentenfragen sowie des Mieterverbandes
[29], die Schaffung eines neuen Artikels 34septies vorgesehen. Dieser sollte den Bund befugen, zur Verhinderung von Missbräuchen im Miet- und Wohnungswesen Rahmenmietverträge allgemeinverbindlich zu erklären. Der Bundesrat beantragte, seine Förderungskonzeption als Gegenvorschlag zu der im Februar 1971 mit 59 000 Unterschriften eingereichten Wohnbauinitiative der Firma Denner
[30] zu betrachten und diese zur Ablehnung zu empfehlen.
In der
Detailberatung über die Wohnbauförderung im Nationalrat tauchten eine Reihe der im Vernehmlassungsverfahren gemachten Anregungen als Minderheitsanträge wieder auf. Der grösste Teil der von sozialdemokratischer Seite gewünschten Änderungen wurde freilich abgelehnt. Das gilt für die Forderungen nach Schaffung von Wohnraum durch Gemeinden, Baugenossenschaften und andere in gemeinnütziger Absicht handelnde Institutionen, nach einem Zusatz, der die verbilligten Grundstücke, Bauten und Wohnungen dauernd der Spekulation entziehen sollte, nach einer besseren Versorgung des Baulandes mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie nach einer Besteuerung von verwertbarem Bauland und nach einem Enteignungsrecht des Gemeinwesens an solchem Land. Anderseits wurde aber auch ein Antrag Eibel (fdp, ZH) abgelehnt. Dieser hatte in einem Zusatz dem Erwerb von Haus-, Wohnungs- und Stockwerkeigentum vermehrtes Gewicht beimessen wollen. Schliesslich wurde eine von Fischer (bgb, TG) vorgeschlagene Ergänzung verworfen, welche die Arbeitgeber verpflichtet hätte, für einen Teil ihrer Mitarbeiter den notwendigen Wohnraum zu beschaffen. Hingegen wurde die von Debétaz (fdp, VD) vorgetragene Forderung einer starken Kommissionsminderheit nach einem Mieterschutz mit 65 zu 48 Stimmen angenommen. Es wurde vorgesehen, dass der Bund Bestimmungen zum Schutze der Mieter vor missbräuchlichen Mietzinsen und Forderungen erlassen kann, wobei diese Befugnis den Kantonen zukommen sollte, würde der Bund von ihr nicht oder nur teilweise Gebrauch machen. Diese letzte Ergänzung wurde allerdings im Ständerat wieder gestrichen, und zwar mit der Begründung, dass man nicht 25 verschiedene Mietnotrechte nebeneinander haben sollte. Der Nationalrat schloss sich dieser zentralistischeren Lösung an. Beide Räte genehmigten schliesslich den bereinigten Verfassungsartikel, schrieben die Standesinitiative des Kantons Neuenburg ab, da deren Forderungen erfüllt waren, verlängerten das geltende Wohnbauförderungsgesetz bis längstens Ende 1973 und empfahlen, die Denner-Initiative abzulehnen
[31].
Die Vorbereitung des neuen Wohnbauartikels stand unter einem ständigen Druck, der durch eine Vielzahl von Vorstössen von verschiedenster Seite ausgeübt wurde. Das hätte sich besonders deutlich in der Frühjahrssession gezeigt, als der Nationalrat oppositionslos dem vom Ständerat bereits 1970 genehmigten Bundesbeschluss über die Bewilligung von weiteren 400 Mio Fr. für die Kapitalbeschaffung zur Förderung des Wohnungsbaus zustimmte
[32]. Bei dieser Gelegenheit hatte sich Bundesrat Brugger mit nicht weniger als acht parlamentarischen Vorstössen auseinanderzusetzen. Die Motionen der Nationalräte Eisenring (cvp, ZH), der ein Wohnbau-Notprogramm für die grossen Städte gefordert hatte, und Berger (sp, ZH), der den sozialen Wohnungsbau hatte fördern wollen, wurden in Postulate umgewandelt. Weitere fünf Postulate wurden entgegengenommen, das besonders umstrittene von Nationalrat Debétaz (fdp, VD) für einen Mieterschutz allerdings nur «aus Sympathie zur Westschweiz»
[33].
Mietwesen
Unbestritten blieb in beiden Räten die Einzelinitiative von Nationalrat Caroni (cvp, TI), der den
Schutz der Mieter nach OR auch auf Kündigungen wegen Verkauf der Mietsache und wegen Tod des Mieters ausdehnen wollte
[34]. Die Einzelinitiative von Nationalrat Brunner (fdp, ZG), der die Eigentümer von Wohnliegenschaften mit mehr als vier Wohnungen verpflichten wollte, den Mietern jährlich eine Rechnung auszuhändigen, stiess auf den Widerstand namentlich des Hauseigentümerverbandes. Dieser bezeichnete eine gesetzliche Auskunftspflicht als untragbare Zumutung. Die Nationalratskommission beschloss zwar Eintreten auf die Initiative, vertagte aber die Beratungen
[35]. Der Zentralsekretär des Hauseigentümerverbandes, Nationalrat Raissig (fdp, ZH) reichte seinerseits eine Motion ein. Er wollte im Strafgesetzbuch den neuen Tatbestand des Mietzinswuchers einführen
[36]. Die schärfsten Forderungen auf dem Gebiete des Mieterschutzes erhob das Mouvement populaire suisse des familles (MPF). Es erklärte sich vom Entwurf zum Wohnbauartikel unbefriedigt und kündigte die Lancierung einer neuen Volksinitiative an. Der Text dieses Vorstosses sah die Blockierung der Mietpreise in Gegenden mit Wohnungsnot vor. Der Bundesrat sollte zudem die Kompetenz erhalten, im Bereiche des Wohnungsmarktes von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen. Die PdA unterstützte das MPF
[37]. In Zürich reichte sie zudem eine Initiative ein, die den Kanton veranlassen wollte, mit einer Standesinitiative einen wirksamen Mieterschutz zu fordern
[38]. Die Association vaudoise des locataires forderte ebenfalls gegen Ende des Jahres in einer mit über 50 000 Unterschriften versehenen Petition mit dem Titel « SOS loyers » unter anderem, dass Hypothekarzinserhöhungen nicht einfach auf die Mieter überwälzt werden sollten
[39]. Die Idee der Wiedereinführung einer Mietpreiskontrolle erhielt zusätzlichen Auftrieb, als Bundesrat Celio seiner Überzeugung Ausdruck gegeben hatte, dass es ein Fehler gewesen sei, in den Grossstadtagglomerationen die Mietzinsüberwachung abzuschaffen
[40].
Von verschiedener Seite vorgetragene Vorschläge konzentrierten sich auf die Frage der Finanzierung des Wohnungsbaus. Der Bundesrat setzte eine Arbeitsgruppe ein, die überall dort nach Abhilfe suchen soll, wo der
Bau preisgünstiger Wohnungen an der Finanzierung zu scheitern droht
[41]. Die Nationalräte von Arx (cvp, ZH) und Flubacher (fdp, BL) reichten Motionen ein, mit denen sie eine Förderung des Wohnungs- und Hauseigentums über eine bessere Finanzierungshilfe durch den Bund anstrebten
[42]. Die Bankiervereinigung empfahl den Banken, der Finanzierung des Baus preisgünstiger Wohnungen eine verstärkte Präferenz einzuräumen; die Kreditzuwachsbegrenzung wurde für die Zwecke des Wohnungsbaus leicht gelockert
[43]. Die Banken selbst entwickelten verschiedene Modelle, mit deren Hilfe die Finanzierungsprobleme gelöst werden sollten; auch ein neues Bürgschaftssystem des Hauseigentümerverbandes sollte zu einer breiteren Streuung des Wohnungseigentums beitragen
[44].
Dass das Wohnungsproblem namentlich in den grossen Städten noch keineswegs gelöst ist, zeigte sich auch an zum Teil heftigen Auseinandersetzungen auf regionaler und kantonaler Ebene. Während in der deutschen Schweiz die Idee des Wohnfriedens durch die Schaffung paritätischer Schlichtungsstellen und eines Mustermietvertrages vor allem durch den Hauseigentümerverband stark vorangetrieben wurde
[45], stiess in der Westschweiz die zwischen Vermietern und Gewerkschaften abgeschlossene Konvention auf die Kritik von Mieterverbänden und des MPF
[46]. In Lausanne kam es zu einem Protestmarsch, an dem sich etwa 2000 Mieter beteiligten
[47]. Im Genfer Eaux-Vives-Quartier führten Mieter eine Demonstration durch, während sie in Plainpalais einen Park besetzten
[48]. Aber auch in Basel wurde ein Haus vorübergehend besetzt. Zudem wurden nicht weniger als drei verschiedene Initiativen «zur Verteidigung des Wohnraums» lanciert
[49]. Schliesslich kam auch im Kanton Zürich eine Initiative der Sozialdemokraten zustande, die gegen den Häuserabbruch gerichtet war. An der Venedigstrasse hatten die Mieter ein zum Abbruch bestimmtes Haus besetzt und waren von der . Polizei vertrieben worden, was zu einer Demonstration von unzufriedenen Mietern und zu Auseinandersetzungen im Gemeinderat geführt hatte
[50].
[1] Vgl. SPJ, 1969, S. 106 ff.; 1970, S. 116 ff.
[2] Bund, 17, 22.1.71; NZZ, 34, 22.1.71; 43, 27.1.71; Vat., 17, 22.1.71.
[3] Sie betreffen insbesondere: Umweltschutz, Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur, Landwirtschaft, Industrie, Städtebau, Heimatschutz, Wald, Erholung und Tourismus, Verkehr, öffentliche Anlagen, Wasser und Gewässerschutz; NZZ, 35, 22.1.71; NZ, 48, 31.1.71; vgl. SPJ, 1970, S. 116.
[4] Bund, 18, 24.1.71; NZ, 36, 24.1.71; Lb, 21, 26.1.71; NZZ, 37, 24.1.71; 232, 21.5.71; Tw, 20, 26.1.71; BN, 58, 9.2.71.
[5] Für Übersicht über Vernehmlassungen vgl. NZZ, 339, 24.7.71 und Bund, 189, 16.8.71; vgl. auch SGB-Pressemitteilung, 28.4.71; NZZ, 201, 3.5.71 (Hauseigentümerverband); Tw, 209, 8.9.71 (SP); Schweiz. Gewerbe-Zeitung, 28, 9.7.71; wf, Dokumentations- und Pressedienst, 14/15, 5.4.71.
[6] NZ, 36, 24.1.71; 142, 28.3.71; 262, 13.6.71; 301, 6.7.71; NZZ, 455, 30.9.71.
[7] Vgl. oben, S. 109; NZZ, 190, 26.4.71; NZ, 253, 8.6.71; NBüZ; 343, 13.11.71; NZZ (sda), 557, 29.11.71; TA, 305, 30.12.71.
[8] TA. 253, 29.10.71; NZZ, 561, 1.12.71.
[9] TA, 268, 16.11.71; Lb, 269, 18.11.71; NZZ, 539, 18.11.71; 543, 21.11.71.
[10] SVP (NBZ, 294, 17.12.71); z. B. die Kantone ZH (NZZ, 580, 13.12.71; 585, 15.12.71), SO (NZZ, sda, 584, 15.12.71), BS (NZ, 581, 16.12.71), BL (NZ, 593, 23.12.71), SG (Vat., 300, 27.12.71).
[11] Landesplanerische Leitbilder der Schweiz, Zweiter Zwischenbericht, Zürich 1970 (Schriftenreihe zur Orts-, Regional- und Landesplanung, Nr. 6); Lb, 31, 6.2.71; 32, 8.2.71; 35, 11.2.71; NZZ, 61, 7.2.71.
[12] NZZ, 165, 9.4.71; 167, 13.4.71; La Gruyère, 52, 6.5.71; Lib., 204, 4.6.71; TdG, 15.6.71; TA, 139, 18.6.71.
[13] AZ, 147, 28.6.71; 152, 3.7.71; 158, 10.7.71; 164, 17.7.71; 166, 20.7.71; 176, 31.7.71; 182, 7.8.71; 188, 14.8.71; 306, 31.12.71. Vgl. auch Postulate, die am Städtetag der SP aufgestellt wurden : AZ, 36, 13.2.71; 37, 15.2.71; NZ, 75, 16.2.71; Tw, 38, 16.2.71.
[14] Lib., 288, 11./12.9.71; NZZ, 424, 12.9.71; TA, 213, 13.9.71; vgl. oben, S. 101f.
[16] NZZ, 176, 18.4.71; Lb. 103, 6.5.71; AZ, 174, 29.7.71; Bund, 210, 9.9.71; Ww, 38, 24.9.71.
[17] NZZ, 438, 21.9.71; TA, 220, 21.9.71; vgl. auch Antwort auf die Kleine Anfrage von NR Schalcher (evp, ZH) (TA, 142, 22.6.71). Die Sondererhebung ergab eine erneute starke Zunahme der Grundstückverkäufe an Ausländer (Bund. 252, 28.10.71).
[18] NZZ, 491, 21.10.71; 558, 30.11.71; 562, 2.12.71.
[19] NZZ (sda), 373, 13.8.71.
[20] Vgl. Interpellation Teuscher (bgb, VD) (Sten. Bull. NR, 1971, S. 573 ff.; 1358 ff.) und Kleine Anfrage Baechtold (sp, VD), (NZZ, sda, 424, 12.9.71); Tat, 211, 8.9.71; NZ, 425, 16.9.71; TLM, 281, 8.10.71; NZZ (sda), 536, 17.11.71.
[21] Vgl. SPJ, 1970, S. 117; Sten. Bull. StR, 1971, S. 96 ff., 204; BBI, 1971, I, S. 527 ff.
[22] Vgl. SPJ, 1970, S. 123; BN, 22, 16./17.1.71; BBI, 1971, I, S. 1691.
[23] Übersicht über Vernehmlassungen in BBl, 1971, I, S. 1691 ff.; NZZ, 116, 11.3.71; Bund, 65, 19.3.71.
[24] AZ, 23, 29.1.71; Tw, 25, 1.2.71; NZ, 54, 3.2.71; vgl. auch Stellungnahme des Mouvement populaire suisse des familles (MPF) (VO, 32, 9.2.71).
[25] Es handelt sich um die Kantone BS, FR, GE, NE, TI, VD; vgl. TLM, 16, 16.1.71; 58, 27.2.71; Tw, 48, 27. /28.2.71.
[27] Zentralverband schweiz. Arbeitgeberorganisationen (NZZ, 154, 2.4.71); SGV (Schweiz. Gewerbe-Zeitung, 8, 19.2.71; 15, 19.4.71); wf, Dokumentations- und Pressedienst, 9, 1.3.71; 13, 29.3.71.
[28] BBI, 1971, I, S. 1657 ff.; GdL, 169, 23.7.71; NZZ, 337, 23.7.71; TA, 168, 23.7.71; Tw, 168, 23.7.71.
[29] Memorandum der unter Anm. 147 angeführten Kantone; SGB (gk, 27, 29.7.71; Tw, 179, 4.8.71); Eidg. Kommission für Konsumentenfragen (Bund, 38, 16.2.71); vgl. auch Rassemblement en faveur d'une politique sociale du logement: GdL, 10, 14.1.71.
[30] Vgl. SPJ, 1970, S. 120. NZ, 58, 5.2.71; Denner beschloss, die Initiative nicht zurückzuziehen (NZZ, 475, 12.10.71).
[31] Sten. Bull. NR, 1971, S. 1250 ff., 1299 ff., 1397, 1608 ff., 1712; Sten. Bull. StR, 1971, S. 775 ff., 883.
[32] Vgl. SPJ, 1970, S. 121, 123.
[33] Sten. Bull. NR, S. 143 ff., 190 ff., 211 ff., 301.
[34] BBI, 1971, II, S. 613 f.; 806 f.; 1984 f.; Sten. Bull. NR, 1971, S. 1177 ff.; 1712; Sten. Bull. StR, 1971, S. 774 f.; 883.
[35] Verh. B.vers., 1971, V, S. 10; TA, 143, 23.6.71; 209, 8.9.71; NZZ, 290, 25.6.71; 446, 25.9.71; 478, 14.10.71; AZ, 196, 24.8.71.
[37] GdL, 225, 8.9.71; VO, 258, 8.11.71; 279, 2.12.71; TLM, 313, 9.11.71; TA, 262, 9.11.71; NZZ, 588, 17.12.71.
[39] GdL, 294, 17.12.71; NZZ (sda), 590, 18.12.71.
[40] AZ, 215, 15.9.71; Tw, 227, 29.9.71; NZ, 525, 14.11.71.
[41] NZZ, 124, 16.3.71.; AZ, 63, 17.3.71.
[42] Verh. B. vers., 1971, V, S. 21; S. 29; NZZ, 292, 27.6.71; NZN, 224, 25.9.71.
[43] NZZ (sda), 162, 7.4.71; vgl. oben, S. 77.
[44] Bulletin der Schweiz. Kreditanstalt, 77/1971, Oktober, S. 14 ff.; NZZ, 116, 12.3.71; 547, 26.11.71; Bund, 78, 4.4.71; Lb, 190, 18.8.71; BN, 338, 14./15.8.71; WALTER GULDIMANN, Gesunder Wohnungsmarkt, ein nationales Anliegen, Basel 1971.
[45] Stellungnahmen der Hauseigentümer: NZZ (sda), 176, 18.4.71; 277, 18.6.71; Bund, 101, 3.5.71; NZZ, 248, 1.6.71. Generalversammlung des Mieterverbandes: NZ, 287, 28.6.71.
[46] VO, 11, 15.1.71; 48, 27.2.71; 138, 19.6.71; 139, 22.6.71; TLM, 156, 16.5.71; 181, 29.6.71; TdG, 253, 30./31.10.71.
[47] TLM, 184, 3.7.71; GdL, 152, 3./4.7.71; VO, 238, 15.10.71; TdG, 279, 30.11.71.
[48] JdG, 132, 10.6.71; VO, 130, 10.6.71; TdG, 135, 14.6.71.
[49] NZ, 310, 28.7.71; 400, 1.9.71; 402, 2.9.71.
[50] NZZ, 154, 2.4.71; 157, 4.4.71; 158, 4.4.71; 170, 14.4.71; AZ, 79, 5.4.71; 82, 8.4.71; 108, 11.5.71.