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Grundlagen der Staatsordnung
Föderativer Aufbau
Nach langen Vorarbeiten konnte der Bundesrat sein Projekt für eine umfassende Entflechtung der Aufgaben zwischen dem Bund und den Kantonen vorlegen. – Aus Sorge um das föderale Gleichgewicht lehnte der Nationalrat die Forderung des Kantons Basel-Land ab, den früheren Halbkantonen eine zweite Standesstimme zu erteilen.
Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
Im November veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zur „Neuausgestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen“ (NFA). Es geht dabei um Aufgaben, in welchen bisher beide Staatsebenen über Kompetenzen verfügten und bei denen der Verlauf der Finanzströme aus den unterschiedlichen Quellen oft wenig übersichtlich war. Im Rahmen der neuen Aufgabenverteilung sollen dreizehn Bereiche den Kantonen übertragen werden, für sieben soll nur noch der Bund zuständig sein. Zwölf Bereiche sollen weiterhin als Verbundaufgaben behandelt werden, wobei der Bund die Kantone mit Pauschalen für Mehrjahresprogramme anstatt mit Subventionen für Einzelprojekte unterstützen will. In neun Bereichen mit gemischten Kompetenzen werden die Kantone gesetzlich zur Zusammenarbeit und zum Lastenausgleich verpflichtet. Auf eine neue Basis gestellt werden soll auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen. Dieser würde nicht mehr auf der Finanzkraft der Kantone, sondern auf einem sogenannten Ressourcenindex beruhen, welcher vom fiskalisch ausschöpfbaren Steuerpotential der Kantone ausgeht. Beim Ausgleich stärker berücksichtigt werden als bisher sollen zudem die soziodemografischen Lasten, welche vor allem die grossen Städte zu tragen haben. Um die finanzschwachen Kantone aber nicht schlechter zu stellen als bisher, schlug der Bundesrat als befristete Übergangslösung auch noch einen speziellen Fonds für den sogenannten Härteausgleich vor. Die Vorlage erfordert eine Reihe von Verfassungsänderungen, welche im Rahmen der Botschaft beantragt wurden. Die nötigen Gesetzesanpassungen sollen im Anschluss an die Verabschiedung der NFA in einer zweiten Botschaft vorgeschlagen werden [1].
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Gegen Jahresende legte der Bundesrat seine Strategie für eine künftige Agglomerationspolitik dar. So soll die zu Beginn des Berichtsjahres gegründete Tripartite Agglomerationskonferenz (TAK) die vertikale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Staatsebenen ausbauen und der Bund insbesondere die Zusammenarbeit innerhalb von Agglomerationen fördern. Die TAK selbst beruht auf einer Vereinbarung zwischen dem Bund, der Konferenz der Kantonsregierungen und dem Städte- und Gemeindeverband (letzterer als Vertreter der Kernstädte und Agglomerationsorte). Jede dieser drei Ebenen ist an den halbjährlich stattfindenden Sitzungen mit acht Delegierten vertreten [2].
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Territorialfragen
Nachdem in der neuen Bundesverfassung der Begriff Halbkantone nicht mehr vorkommt, verlangte der Kanton Basel-Land erneut die Abschaffung der in seinen Augen diskriminierenden Bestimmung, dass Basel-Land und Basel-Stadt bei Verfassungsabstimmungen und im Ständerat nur über je eine Standesstimme verfügen. Auf Empfehlung seiner SPK lehnte der Nationalrat eine Standesinitiative von Basel-Land und eine gleichlautende parlamentarische Initiative Janiak (sp, BL) mit 68:55 Stimmen ab. Er übernahm damit die Ansicht der Kommissionsmehrheit, wonach es sich dabei vor allem um ein emotionales Problem handelt, da die Tatsache, dass Basel-Land nur über eine Standesstimme verfügt, nicht zu einer ernsthaften Benachteiligung führe. Diese Ungleichbehandlung der ehemaligen Halbkantone im Vergleich zu den anderen Kantonen sei insbesondere zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Sprachregionen in Kauf zu nehmen, da bei einer Aufwertung der beiden Basel konsequenterweise auch die beiden Appenzell und die beiden Unterwalden zusätzliche Standesstimmen erhalten müssten [3].
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Weiterführende Literatur
Fluder, Robert / Salzgeber, Renate, „Die sozialen Lasten der Zentren im Zeichen des wirtschaftlichen Wandels“, in Schweiz. Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 2001, S. 337-62.
Genoud, Anne-Françoise, Les agglomérations en Suisse: vues sous l’angle de la coopération horizontale, Lausanne 2001.
Konferenz der Kantonsregierungen (Hg.), Die Kantone vor der Herausforderung eines EU-Beitritts, Zürich 2001.
Ladner, Andreas, „Gemeindereformen in der Schweiz: Strategien, Gemeinsamkeiten und Auslöser“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2001, Nr. 3, S. 1-23.
Linder, Wolf / Vatter, Adrian, „Institutions and outcomes of Swiss federalism: the role of the cantons in Swiss politics“, in West European politics, 2001, no 2, S. 95-122.
Schaltegger, Christoph, „Ist der Schweizer Föderalismus zu kleinräumig?“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2001, Nr. 1, S. 1-18.
Telford, Hamish, Federalism in multinational societies: Switzerland, Canada and India in comparative perspective, Ann Arbor (University Microfilms International) 1999.
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Ruch, Christian, Struktur und Strukturwandel des jurassischen Separatismus zwischen 1974 und 1994, Bern (Haupt) 2001.
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[1] BBl, 2002, S. 2291 ff.; Presse vom 15.11.01. Vgl. SPJ 2000, S. 47 und 131 f. Siehe auch unten, Teil I, 5 (Finanzausgleich).1
[2] NZZ und TA, 21.2.01 (TAK); NZZ, 20.12.01 (Agglomerationspolitik).2
[3] AB NR, 2001, S. 1619 ff. (es wurde nur über die parl. Initiative abgestimmt); BaZ, 7.3. und 27.4.01 (Standesinitiative). Der Grosse Rat von Basel-Stadt hatte den Antrag auf die Einreichung einer analogen Standesinitiative mit demonstrativer Deutlichkeit abgelehnt (TA, 7.6.01).3
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