Pa.Iv. Dettling Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer

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Als Antwort auf die angebliche Verunsicherung und Verärgerung des Volkes und der Wirtschaft über die MWSt-Verordnung forderte schliesslich eine parlamentarische Initiative Dettling (fdp, SZ) (Mo. 93.461), dass das Parlament baldmöglichst ein eigenes Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer erlasse. Die Initiative wurde mit 96 zu 41 Stimmen gegen den Willen von Bundesrat Stich angenommen, der mit der Verordnung zunächst zwei Jahre Erfahrungen sammeln und dann ein Ausführungsgesetz erlassen wollte. Die Nationalratskommission für Wirtschaft und Abgaben soll nun in der ersten Hälfte 1995 einen Gesetzesentwurf vorlegen. Gleichzeitig überwies der Nationalrat eine Motion seiner Wirtschaftskommission (Mo. 94.347), die den Bundesrat beauftragt, bis 1. Januar 1998 ein MWSt-Gesetz vorzulegen. Eine Motion Schüle (fdp, SH) (Mo. 94.3143), welche vom Bundesrat ein solches Gesetz bis 1996 vorliegen haben wollte, war zuvor vom Ständerat überwiesen worden.

Der Gesetzesentwurf stiess bei den vier Bundesratsparteien auf Kritik. Während die SP das Gesetz als «Vorlage für Steuervermeidungsspezialisten» rundweg ablehnte, bezeichneten die bürgerlichen Bundesratsparteien Steuerausfälle in dieser Höhe als politisch nicht opportun. Vehement gegen dieses Gesetz wehrten sich insbesondere auch die Reisebüros, die neu zur Kasse gebeten werden, indem sie Auslandreisen besteuern müssten. Damit hätten sie jährliche Mehraufwendungen von CHF 20 Mio. zu übernehmen. Im Oktober errechnete die Eidg. Steuerverwaltung die Steuerausfälle des vorgeschlagenen MWSt-Gesetzes auf CHF 470 Mio.

Die nationalrätliche WAK hielt an ihren Anträgen fest und verabschiedete den MWSt-Gesetz-Entwurf mit 13 zu 10 Stimmen. Die SP leistete in der Frühjahrssession im Nationalrat jedoch entschlossenen Widerstand gegen die Steuerausfälle und drohte mit dem Referendum. Ein Rückweisungsantrag Marti (sp, GL) mit der Bedingung, dass die neue Vorlage mit Steuerausfällen von höchstens CHF 200 Mio. verbunden sein dürfe, wurde mit 102 zu 61 Stimmen abgelehnt. Nicht zuletzt aufgrund der SP-Referendumsdrohung kam in der Detailberatung aber im besonders umstrittenen Bereich der Geschäftsspesen mit 93 zu 60 Stimmen ein Kompromissvorschlag David (cvp, SG) durch. Danach soll der Bundesrat in einer Verordnung definieren, welche Auslagen als geschäftlich zu gelten haben und zum Vorsteuerabzug berechtigen, wobei er sich an der Praxis der direkten Bundessteuer zu orientieren hat. Ausserdem sollen Verpflegungsspesen zwar zu 100% abgezogen werden können, der Bundesrat soll aber Maximalbeträge festlegen. Gemäss dem Antragssteller würden die Steuerausfälle in diesem Bereich damit auf CHF 30 Mio. reduziert. Der Antrag der WAK, den Vorsteuerabzug auf geschäftlich begründeten Spesen auch ohne Nachweis mit Originalbelegen zu gewähren, ging einer Ratsmehrheit zu weit.

Ansonsten hielt sich der Nationalrat weitgehend an die Anträge der WAK. So wehrten sich Bundesrat und Linke vergebens gegen eine Erhöhung der Limite für die pauschale Abrechnung (Saldosteuersatz) auf einen Umsatz bis CHF 5 Mio. und einen Steuerbetrag von CHF 75'000 pro Jahr. Der Bundesrat wollte die Limite bei CHF 1.5 Mio. bzw. CHF 40'000 ansetzen. Eine Ratsmehrheit stimmte auch dem erweiterten Optionsrecht insbesondere bei der Krankenpflege, der Sozialfürsorge und im Sport- und Kulturbereich, sowie der MWSt-Befreiung für Brockenstuben und Startgelder inkl. Verpflegung und «Nebenleistungen» zu. Zusätzliche Anträge, die auch Prothesen und Heilmittel sowie extern erbrachte Leistungen im Spital- und Heilbereich (z.B. Reinigung und Verpflegung) sowie die Tiermedizin von der Steuer ausnehmen wollten, wurden abgelehnt. Nur Spott erntete ausserdem ein Antrag des Landwirtschaftsvertreters Wyss (svp, BE), der den Empfängern öffentlicher Subventionen den ungekürzten Vorsteuerabzug gewähren wollte, was Ausfälle von CHF 880 Mio. bedeutet hätte. Bei den echten Steuerbefreiten gab vor allem der internationale Luftverkehr zu reden. Der Rat fand sich aber schliesslich damit ab, dass internationale Flüge von der Steuer befreit bleiben müssen, solange auch die EU so verfährt. Ein Antrag von links-grüner Seite, gleich lange Spiesse für den öffentlichen Bahnverkehr zu schaffen und diesen ebenfalls von der Steuer auszunehmen, wurde ebenso abgelehnt wie ein Antrag Wiederkehr (ldu, ZH), der für den öffentlichen Personenverkehr einen MWSt-Sondersatz von 3% einführen wollte. Ein solcher hätte Ertragsausfälle von jährlich rund CHF 150 Mio. zur Folge. Der Auslandumsatz der Reisebüros soll gemäss Nationalrat auch in Zukunft von der MWSt befreit sein. Dagegen soll Samnaun künftig auch auf Waren MWSt-pflichtig werden. Mit 79 zu 53 Stimmen hiess der Nationalrat das Mehrwertsteuergesetz schliesslich gut. Die SP, welche die beschlossenen Einnahmenausfälle von jährlich rund CHF 240 Mio. - bei Gesamterträgen von rund CHF 12 Mrd. - als «ungerechtfertigtes Steuergeschenk» ablehnte, liess ihre Referendumsdrohung stehen.

Zu Beginn des Jahres nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf für ein Mehrwertsteuergesetz, den die WAK des Nationalrates auf Antrag einer parlamentarischen Initiative Dettling (fdp, SZ) ausgearbeitet hatte, und der die seit 1995 geltende Verordnung des Bundesrates ersetzen soll. Mit einem Grossteil der Vorschläge erklärte sich der Bundesrat einverstanden, um das Gesamtwerk nicht in Frage zu stellen, er sperrte sich aber gegen zuviele Partikularinteressen. Die Vorschläge der WAK würden zu Ertragsausfällen von CHF 465 Mio. im ersten Jahr und CHF 375 Mio. in den folgenden Jahren führen, demgegenüber bot der Bundesrat nur Hand zu MWSt-Entlastungen von jährlich maximal CHF 120 Mio. sowie einem einmaligen Ausfall von CHF 90 Mio. bei der Einlageentsteuerung (später korrigierte er diese Zahl auf 215 Mio.). Auf Distanz zur WAK ging er insbesondere bei den zulässigen Abzügen für Geschäftsspesen und beim Optionsrecht (freiwillige MWSt-Unterstellung). So wollte er nichts davon wissen, Verpflegung und Getränke voll - und nicht nur zu 50% - zum Vorsteuerabzug zuzulassen (175 Mio.). Ebenso lehnte er einen Vorsteuerabzug auf den Geschäftsspesen für «Vergnügungen» sowie für Motorräder, Boote und Sportflugzeuge ab, sofern diese nicht nachweisbar geschäftlich notwendig sind (25-35 Mio.). Weiter wandte er sich gegen einen pauschalen Vorsteuerabzug für nicht belegte Spesen (90 Mio.), gegen eine weitere Erhöhung der Umsatz- und Steuerschuld-Limite für die Anwendung eines Saldo-Steuersatzes (30 Mio.) und insbesondere gegen die Möglichkeit, bisher nicht anerkannte Vorsteuern rückwirkend geltend zu machen. Nein sagte der Bundesrat auch zum erweiterten Optionsrecht (50 Mio.) insbesondere für kulturelle und sportliche Dienstleistungen. Er kam den Sportvereinen und Brockenhäusern, die im letzten Jahr eine Volksinitiative «gegen eine unfaire Mehrwertsteuer im Sport und im Sozialbereich» eingereicht hatten, aber insoweit entgegen, als die Umsätze der Brockenstuben und die Startgelder für Sportveranstaltungen von der MWSt befreit werden sollen. Einverstanden erklärte er sich auch bei der Ausdehnung der unecht befreiten Umsätze bei Spitex und Sozialfürsorge. In einem Punkt ging der Bundesrat sogar weiter als die WAK. Danach sollte das Zollfreigebiet Samnaun - wie bei der Mineralölsteuer - bei der MWSt seinen Sonderstatus behalten (7 Mio.).

Die ständerätliche WAK konnte das Mehrwertsteuergesetz im Berichtsjahr nicht mehr behandeln. Damit kam es zu einer Verzögerung, und ein Inkrafttreten dürfte erst auf Anfang 2000 möglich sein.

Die Wirtschaftskommission des Ständerates schloss die Beratungen zum Mehrwertsteuergesetz, das die nationalrätliche WAK auf Antrag einer parlamentarischen Initiative Dettling (fdp, SZ) ausgearbeitet hatte, im Sommer ab. Gemäss nationalrätlichem Entwurf aus dem Vorjahr waren Einnahmenausfälle gegenüber der heutigen Regelung, die sich weiterhin auf eine provisorische Verordnung stützt, auf CHF 330 Mio. im ersten und 240 Mio im zweiten Jahr geschätzt worden. Der Bundesrat wollte die Mindereinnahmen jedoch auf höchstens CHF 180 Mio. begrenzen. Finanzminister Villiger drückte den Minderertrag im Frühling im Rahmen des 2-Mrd.-Sanierungspaketes auf CHF 100 Mio. hinunter und traf dabei auf Zustimmung des runden Tisches (vgl. weiter unten). Aufgrund der Anträge der ständerätlichen Kommission resultierten Einnahmenausfälle von rund CHF 180 Mio. In vielen Punkten folgte sie den Beschlüssen des Nationalrates, eine wichtige Differenz ergab sich hingegen bei den Spesenabzügen, wo sie im Sinne einer administrativen Vereinfachung und entsprechend der geltenden Regelung nur 50% der Geschäftsspesen für den Vorsteuerabzug zulassen wollte.

Im Ständerat war Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Das Plenum verhielt sich während der ganzen finanzpolitischen Debatte diszipliniert und folgte den Anträgen seiner Kommission mit einer einzigen Ausnahme. Bei der Saldobesteuerung korrigierte der Ständerat zwar die Vorgaben des Nationalrates und senkte die Limite für die Pauschalbesteuerung (Saldosteuersatz) auf einen Umsatz von CHF 3 Mio.; bei der Festsetzung der Limite der Steuern bevorzugte er jedoch die für die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) grosszügigere Lösung und gab dem Antrag Frick (cvp, SZ) mit einem Steuerbetrag von bis CHF 60'000 pro Jahr gegenüber der WAK (CHF 40'000) mit 20 zu 12 Stimmen den Vorzug. Noch etwas grosszügiger als der Erstrat kam der Ständerat den Sport- und gemeinnützigen Vereinen entgegen in der Hoffnung, dass die Volksinitiative «gegen eine unfaire Mehrwertsteuer im Sport und im Sozialbereich» zurückgezogen würde. Er beschloss, ihre Steuerpflicht erst bei einem Umsatz von CHF 150'000 statt schon bei CHF 75'000 beginnen zu lassen und nahm neben den Startgeldern zusätzlich die Vermietung von Sportanlagen von der Steuer aus. Ferner ermöglichte er gegen den Willen des Bundesrates die freiwillige Mehrwertsteuer-Unterstellung von bestimmten Unternehmen in den Bereichen Sport, Kultur, Bildung, Sozial- und Gesundheitswesen, dank welcher der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Um die Ausfälle von CHF 50 Mio. auf CHF 20 Mio. zu begrenzen, erhöhte er allerdings den entsprechenden Steuersatz von den 2,3% des Nationalrates auf 4,6%. Zähneknirschend stellte sich der Rat schliesslich mit 22 zu 8 Stimmen hinter die vom Bundesrat beschlossene Mehrwertsteuerbefreiung des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) mit Sitz in Lausanne. Die jährlichen Steuerausfälle für den Bund wurden auf CHF 2 Mio. geschätzt. Der Bundesrat hatte seinen Entscheid mit der überragenden und universellen Bedeutung der Organisation begründet; die beschlossene Steuerbefreiung schaffe allerdings kein Präjudiz für andere sportliche Organisationen. Zudem sei der Entscheid bis zum Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes befristet. Insbesondere Onken (sp, TG), der das Vorgehen des Bundesrates als Affront kritisierte, stellte die Steuerbefreiung grundsätzlich in Frage, da die Organisation schon ausreichende Privilegien geniesse. Dass der Bundesrat mit diesem Steuergeschenk offenbar einer möglichen Sitzverlegung des IOK zuvorkommen wollte, empfand er als Erpressung. Delalay (cvp, VS) war erstaunt über die Empörung und warnte vor einer Gefährdung der Kandidatur von Sion für die Olympischen Winterspiele 2006. Bundesrat Villiger zeigte Verständnis für die Verärgerung im Rat und entschuldigte sich für das ungeschickte Vorgehen der Regierung.

Wie schon im Erstrat wurden auch im Ständerat Ausnahmen und Sonderregelungen für verschiedene Bereiche beantragt. So wollte eine Kommissionsminderheit um Maissen (cvp, GR) den Sondersatz von 3,5% für die Hotellerie ohne Befristung festschreiben. Er musste sich jedoch mit einer vorläufigen Verlängerung um zwei Jahre bis ins Jahr 2003 begnügen – der Nationalrat wollte den Vorzugssatz nach 2001 ganz fallen lassen. Hingegen beschloss die kleine Kammer gegen den Willen des Bundesrates, die Leistungen der Kur- und Verkehrsvereine nicht zu besteuern, sofern sie für die Allgemeinheit erbracht werden. Ein Antrag, dem öffentlichen Verkehr trotz Subventionen den vollen Vorsteuerabzug zu gewähren, wurde deutlich verworfen. Einverstanden erklärte sich der Rat mit dem Grundsatz, dass geschäftlich begründete Auslagen zum Vorsteuerabzug berechtigen; bei den Verpflegungs- und den Getränkespesen hielt er jedoch an der geltenden und vom Bundesgericht geschützten Regelung fest, wonach die Hälfte der Vorsteuer abgezogen werden kann. Im Sinne eines Kompromisses stimmte er dem Vorschlag seiner Kommission zu, die Zollfreigebiete von Samnaun und Sampuoir auch weiterhin – ausser bei den Dienstleistungen – von der Mehrwertsteuer zu befreien, im Gegenzug aber würden die beiden Gemeinden verpflichtet, dem Bund Kompensationszahlungen für die entstehenden Steuerausfälle zu leisten. Ferner wurden die Leistungen auch von Heilpraktikern usw., die nicht ärztlich verordnet worden sind, sowie Pflegedienste (Spitexorganisationen, Alters- und Pflegeheime) von der Steuer befreit; die Befreiung von tierärztlichen Leistungen wurde allerdings abgelehnt. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat das Mehrwertsteuergesetz mit 29 zu 0 Stimmen.

Die nationalrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben hielt bei der Beratung des MWSt-Gesetzes an gewichtigen Differenzen zum Ständerat beim Sport und bei der Hotellerie fest. Im Gegensatz zur kleinen Kammer wollte sie die Vermietung von Sportanlagen weiterhin der Steuer unterstellen, die Definition von Unternehmen, die für Fundraising-Projekte steuerlich privilegiert werden, enger fassen und hielt am Sondersatz von 2,3% für Sport- und gemeinnützige Institutionen fest (allerdings ohne Rückerstattung von Steuern). Ferner beharrte sie auf der Befristung des Sondersatzes für die Hotellerie bis ins Jahr 2001.

In seiner Frühjahressession befasste sich der Nationalrat erneut mit den Differenzen zum Ständerat beim Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSt); rund 40 waren noch übriggeblieben. Strahm (sp, BE) wandte sich im Namen einer Kommissionsminderheit gegen die Steuerausnahme für die Zollfreigebiete Samnaun und Sampuoir (GR). Jans (sp, ZG) forderte, dass die beiden Talschaften wenigstens die Steuerausfälle vollständig kompensieren sollten, falls an der Befreiung festgehalten würde. Das Plenum folgte dem Mehrheitsantrag seiner WAK und hiess den Ständeratsentscheid gut. Zudem folgte der Rat einem Antrag von Baumberger (cvp, ZH), wonach die periodische Indexierung der im Gesetz genannten Frankenbeträge bereits dann anzupassen ist, wenn der Landesindex 15% statt 30% ansteigt. In Bezug auf die Humanmedizin forderten Gysin (sp, BS), Raggenbass (cvp, TG), Vallender (fdp, AR), Wiederkehr (ldu, ZH) sowie die Grüne Fraktion mit Erfolg, die Naturärzte bei der Besteuerung den Schulmedizinern gleichzustellen und sie von der MWSt zu befreien. Rechsteiner (sp, BS) setzte sich vergeblich gegen eine Steuerbefreiung privater Alters- und Pflegeheime zur Wehr. Die vom Ständerat beschlossene Steuerbefreiung der im Rahmen gemeinnütziger Jugendaustauschorganisationen durchgeführten Kultur- und Bildungsförderung fand auch im Nationalrat Zustimmung.

Kühne (cvp, SG) und Speck (svp, AG) forderten sodann mit einer Kommissionsminderheit, dass die Vermietung und Verpachtung von Sportanlagen zur Förderung des Breitensports von der MWSt befreit werde. Der Rat folgte dem Antrag mit 92 zu 45 Stimmen. Ein von Gros (lp, GE) vorgetragener Minderheitsantrag zur Steuerbefreiung internationaler Flüge wurde dagegen abgewiesen. Bundesrat Villiger führte an, dass grundsätzlich alle Transportleistungen versteuert werden sollten. Da jedoch die EU die internationalen Flüge nicht besteuert, sei es für die Schweiz unmöglich, die Besteuerung im Alleingang vorzunehmen. Der Bundesrat begrüsste deshalb die ständerätliche Version, welche die Entscheidung über eine Besteuerung von Transportdienstleistungen dem Bundesrat überlassen will. In der Abstimmung wies das Plenum den Antrag Gros zurück und schloss sich der kleinen Kammer an. Schliesslich verlangte Columberg (cvp, GR), dass gemäss dem Entscheid im Ständerat auf die Besteuerung der Kurtaxe verzichtet werden solle. Bundesrat Villiger stellte indes klar, dass nicht die Kurtaxe an sich besteuert werde, sondern nur touristische Leistungen, die aus den Einkünften der Kurtaxe bezahlt werden. Das Plenum folgte dem Bundesrat und der Kommissionsmehrheit und hielt damit die Differenz zum Ständerat aufrecht.

Im weiteren wies der Rat den Antrag Zwygart (evp, BE) zurück, der verlangt hatte, Beiträge der öffentlichen Hand an Ausbildungsstätten von anerkannten Berufen oder Fachhochschulen und Universitäten als Subventionen zu betrachten und somit von der MWSt zu befreien. Mit 90 zu 86 Stimmen akzeptierte der Rat hingegen den von der Kommissionsminderheit vorgeschlagenen Sondersatz für die Hotellerie bis Ende 2003. Damit wurde der Sondersatz von 3,5% entsprechend dem Ständeratsbeschluss um zwei Jahre erstreckt. Bezzola (fdp, GR) wies darauf hin, dass auch die ausländischen Konkurrenten im Tourismus einen solchen Sondersatz kennen. Ob dieser Frage verlief der Graben mitten durch die bürgerlichen Fraktionen. Die Kommissionsmehrheit begründete die Streichung mit dem Argument, die MWSt sei der falsche Ort für eine Strukturpolitik im Tourismus. Entgegen den Warnungen von Bundesrat Villiger vor Steuerausfällen in der Höhe von CHF 40 Mio. stimmte das Plenum dem Minderheitsantrag Widrig (cvp, SG) und damit dem vollen Vorsteuerabzug für Kultur- und Sportverbände zu. Entgegen anderslautender Anträge votierte das Plenum ausserdem gemäss Ständeratsbeschluss für die Grenzwerte von CHF 3 Mio. steuerbarem Umsatz und CHF 60'000 effektiver Steuerlast bei der Saldosteuer.

Obwohl die ständerätliche WAK die Differenzen zum Nationalrat in der Aprilsession abbauen wollte, hielt die kleine Kammer an zahlreichen Beschlüssen fest. So stützte sich das Plenum bei der Besteuerung von Heilbehandlungen weiterhin auf die kantonale Zulassung der Gesundheitspersonen ab. Auch hielt es mit 17 zu 17 Stimmen bei Stichentscheid des Präsidenten am Steuersatz von 4,6% für Sportverbände fest. Hingegen folgte der Ständerat in der Gruppenbesteuerung dem Beschluss des Nationalrates. Auch bei der Steuerbefreiungsliste für das Fundraising gemeinnütziger Organisationen kam er dem Nationalratsbeschluss ein Stück weit entgegen.

Die letzten Differenzen mussten in der Einigungskonferenz gelöst werden. Beide Räte stimmten in der Sommersession der Steuerbefreiung aller Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin zu, wobei der Bundesrat die Details festlegen muss. Behandlungen, die der Schönheit oder dem Wohlbefinden dienen, unterliegen allerdings der MWSt. Auch bei der Steuerbefreiung der Kur- und Verkehrsvereine setzte sich der Ständerat durch. Hingegen folgte die Einigungskonferenzen bei den Kultur- und Sportvereinen, die freiwillig für eine Unterstellungen unter die MWSt optieren, dem Steuersatz des Nationalrates von 2,3%.