Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)

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Zusammenfassung
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Mit der Kulturbotschaft wird die Finanzierung der Kulturförderung durch den Bund für jeweils vier Jahre festgelegt. Mit der Kulturbotschaft 2021–2024 strebte der Bundesrat Kontinuität und Verlässlichkeit an, ihr Kern war entsprechend die drei bestehenden Handlungsachsen der Kulturpolitik: kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation. Insgesamt schlug der Bundesrat 12 Massnahmen zur Weiterentwicklung der Kultur vor und packte diese in 5 Gesetzesänderungen und 8 eigene Bundesbeschlüsse. Für grosse Diskussionen und Kritik sorgten bereits in der Vernehmlassung die vorgesehenen Änderungen im Filmgesetz. Aufgrund der Relevanz des Themas löste der Ständerat diese Änderung aus der Kulturbotschaft und behandelte sie als eigenständige Vorlage. Von den restlichen vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen waren insbesondere zwei Änderungen umstritten: Eine Erhöhung der Finanzhilfe des BAK zugunsten zweier verschiedener Projekte sowie die Erhöhung der Mittel für die Förderung der rätoromanischen Sprache.

Chronologie
Vernehmlassung
Botschaft des Bundesrates
Nationalrätliche Kommissionen befürworten Annahme der Kulturbotschaft
Ständerätliche Kommission berät Kulturbotschaft ohne Filmgesetz
Nationalrat berät Kulturbotschaft als Erstrat
Ständerat berät Kulturbotschaft ohne Filmgesetz
Differenzbereinigung und Schlussabstimmungen

Ende Mai 2019 schickte der Bundesrat den Entwurf zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 (Kulturbotschaft 2021–2024) in die Vernehmlassung. Bis zur Vernehmlassungsfrist am 20. September 2019 gingen insgesamt 305 Stellungnahmen ein, die sechs Kernthemen fokussierten: die Umsetzung der Kulturbotschaft 2016–2020, die Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes, die Weiterentwicklung von (bestehenden) Massnahmen, die Revision des Filmgesetzes und die Finanzmittel zur Umsetzung der Kulturbotschaft 2021–2024.
Die Umsetzung der Kulturbotschaft 2016–2020 wurde in einer deutlichen Mehrheit der Stellungnahmen – wobei sich viele Rückmeldungen erst gar nicht zu diesem Punkt äusserten – positiv bewertet, auch wenn einige Teilnehmende Kritik an der durch finanzielle Kürzungen und das Stabilisierungsprogramm erschwerten Umsetzung einzelner Massnahmen übten. Die wenigen Stellungnahmen mit grösseren Vorbehalten machten insbesondere geltend, dass in der aktuellen Förderperiode zu wenig auf die Krise des Journalismus oder auf Menschen mit Behinderungen eingegangen worden sei.
Die Beibehaltung der drei bestehenden Handlungsachsen der Kulturpolitik (kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation) fand, gerade im Sinne der angestrebten Kontinuität und Verlässlichkeit, ebenfalls breite Zustimmung. Auch der in diesem Zusammenhang neu eingeführte Akzent der «Digitalisierung» wurde mehrheitlich befürwortet, wenn auch vereinzelt mit Bedenken: Während einige Rückmeldungen das Fehlen einer umfassenden Digitalisierungsstrategie bemängelten und für mehr Kohärenz in diesem Bereich eine solche auch explizit forderten, kam von Seiten des SSV und der SAB die Forderung nach einer vorrangigen Evaluation der bereits getroffenen Massnahmen. Organisationen wie der SBVV oder die SKKB befürworteten den Akzent auf der Digitalisierung, ermahnten aber zugleich, dass dieser nicht zu Lasten der analogen und physischen Objekte gehen dürfe. Lediglich die SVP stand dem Akzent auf der Digitalisierung gänzlich ablehnend gegenüber, da die Digitalisierung ihrem Befinden nach «mit Kultur weder direkt noch indirekt» etwas zu tun habe.
Die zwölf Massnahmen zur Weiterentwicklung der Kultur wurden überwiegend positiv beurteilt, wobei zu einzelnen Massnahmen kritische Töne bzw. Anpassungsvorschläge geäussert wurden: Während die Ansätze zur Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich, zur Kunstvermittlung oder zu den Halteplätzen für Jenische, Sinti und Roma sowie nationale und internationale Austausch- und Kooperationsbestrebungen von allen Teilnehmenden befürwortet wurden, gab es bei der Entwicklung der musikalischen Bildung einzelne Einwände. Auch wenn die Mehrheit die Stärkung des Programms «Jugend und Musik» befürwortete, monierte der Kanton Waadt die Qualitätsanforderungen des Programms und stellte das Modell der Talentförderung («Talentkarte») in Frage; andere Kantone sowie Organisationen hingegen forderten die Berücksichtigung kantonaler Talentförderungsprogramme, um eine Koordination zu ermöglichen. Grosse Vorbehalte seitens einer Mehrheit der Teilnehmenden bestanden hingegen bei den vorgeschlagenen Massnahmen zur Baukultur, trotz grundsätzlicher Zustimmung zum «Konzept Baukultur». Eine Mehrheit der Kantone sowie die SAGW und die EDK betonten, dass die neue Strategie zur Förderung der Baukultur – diese wird voraussichtlich Anfang 2020 vom Bundesrat verabschiedet werden – nicht zu Lasten der Aufgaben in den Bereichen Kulturerbe, Archäologie und Denkmalpflege gehen dürfte. Teilnehmende aus den Bereichen der Denkmalpflege und der Architektur bemängelten, dass die geplante Strategie ausschliesslich zur Stärkung der zeitgenössischen Baukultur diene.
Die Revision des Filmgesetzes (FiG) wurde kontrovers beurteilt: Während sämtliche Kantone und die Mehrheit der Parteien sowie Kulturverbände die neu vorgeschlagenen Verpflichtungen für Online-Filmeanbieter (Investitionspflicht und Quote für europäische Filme) befürworteten, plädierte die SRG für eine Ausdehnung der Investitionspflicht auf ausländische Veranstalter mit Werbefenstern in der Schweiz. Die FDP, die SVP, der Schweizerische Gewerbeverband sowie Vertretungen der Telekommunikationsbranche lehnten die Neuerungen gänzlich ab, schlossen gar ein diesbezügliches Referendum nicht aus. Die Kritiker monierten die mangelnde Verfassungskonformität einer solchen Ausdehnung und bezweifelten die Durchsetzbarkeit der neuen Verpflichtungen gegenüber Unternehmen mit Sitz im Ausland, was zu einer Benachteiligung der inländischen Konkurrenz führen könne. Die FDP nahm, nebst dem Kanton Zürich, dem Städteverband und der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, auch eine ablehnende Haltung gegenüber dem vorgesehenen Ausschluss kommerziell tätiger Unternehmen von der Filmkulturförderung ein, während diese Massnahme von den restlichen 25 Kantonen sowie der BDP, der CVP, der GP und der SP durchaus begrüsst wurde.
Die vom Bundesrat zur Umsetzung der Kulturpolitik beantragten Finanzmittel betrugen insgesamt CHF 942.8 Mio., was einer Mittelaufstockung von rund CHF 35.4 Mio. bzw. einem Wachstum von durchschnittlich 2.9 Prozent pro Jahr entspricht (einschliesslich einer Teuerung von 1 Prozent). Diese Werte stiessen bei der CVP und dem SGV auf ungeteilte Zustimmung, wurden aber wiederum von der FDP, der SVP und dem Gewerbeverband als zu hoch erachtet. Eine grosse Mehrheit begrüsste zwar die vorgesehene Mittelaufstockung, beantragte aber zugleich eine Erhöhung des Gesamtfinanzrahmens.
Im Rahmen weiterer vorgeschlagener Gesetzesanpassungen gab einzig die vorgesehene Streichung der Kulturabgeltung an die Stadt Bern zu reden: GP, SP, der Städteverband, diverse Kulturverbände sowie die Kantone Basel-Landschaft, Solothurn und offensichtlich der Kanton Bern lehnten diese Massnahme deutlich ab.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Ende Februar 2020 überwies der Bundesrat die Botschaft über die Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 (Kulturbotschaft 2021–2024) an das Parlament und beantragte damit die Zustimmung zu Änderungen des Kulturförderungs-, des Film-, des Kulturgütertransfer-, des Nationalbibliotheken- und des Sprachengesetzes sowie die Abschreibung der Postulate Semadeni (sp, GR; Po. 15.4117) und Quadranti (bdp, ZH; Po. 19.3725) und der Motion Regazzi (cvp, TI; Mo. 17.4308).
Die Botschaft, welche wie ihre Vorgängerinnen die Transferausgaben des BAK sowie die Budgets von Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums (SNM) umfasste, stand ganz im Zeichen der Kontinuität und folgte der kulturpolitischen Ausrichtung der Vorperiode (Kulturbotschaft 2016–2020). Die drei zentralen Handlungsachsen, die sich aus einer Umfeldanalyse und den daraus resultierenden fünf Megatrends (Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Urbanisierung und Individualisierung) für die Vorperiode ergeben hatten, sollten beibehalten werden, wobei für die aktuelle Förderperiode eine Fokusverlagerung auf die Digitalisierung vorgesehen wurde. Eine wesentliche Neuerung der aktuellen Förderperiode lag in der zeitlichen Angleichung der Kulturbotschaft an die Legislaturperiode: Während die erste Kulturbotschaft die Förderperiode von 2012–2015 umfasst hatte, war für die zweite Kulturbotschaft (2016–2020) eine einmalige Erweiterung der Geltungsdauer auf fünf Jahren veranlasst worden, damit ab der dritten Botschaft (2021–2024) die Kulturbotschaften jeweils auf die Legislaturperiode abgestimmt sein würden.
Im Bereich der weiterführenden Massnahmen wollte der Bundesrat insbesondere das Programm «Jugend und Musik» vorantreiben, schulische Austauschaktivitäten zwischen den Sprachregionen ausbauen, mehr zur Baukultur beitragen und sich für eine bessere Gleichstellung im Kulturbereich einsetzen. Aufgrund der Teuerungsprognosen des Bundes wurde der Gesamtfinanzrahmen in der Botschaft im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage herabgesetzt. Neu sah der Bund Finanzmittel in der Höhe von CHF 934.5 Mio. vor, was einem Wachstum von durchschnittlich 2.6 Prozent (einschliesslich Teuerung) und einer realen Mittelaufstockung von CHF 34.7 Mio. entsprach. Die beantragten Finanzmittel machten in der Folge rund 0.3 Prozent der Bundesausgaben aus.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Mitte Mai 2020 eröffnete die FK-NR die Kommissionsberatungen zur Botschaft über die Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise beriet sie im Rahmen eines Mitberichtsverfahren unter anderem auch den Zahlungsrahmen im Kulturbereich. Hinsichtlich der finanziellen Aspekte der Botschaft beantragte sie sowohl der federführenden WBK-NR als auch dem Nationalrat, die Bundesratsvorlage zu unterstützen. Dabei sprach sie sich gegen jeweils zwei Anträge für Mehr- und Minderausgaben aus: Die zusätzlich beantragten CHF 1.5 Mio. für den Buchhandel sowie die zusätzlich beantragten CHF 10 Mio. für die Förderung von Sprachaufenthalten fanden keine Mehrheiten. Mit 14 zu 11 Stimmen sprach sich eine Mehrheit gegen den Verzicht auf ein reales Ausgabenwachstum gegenüber 2020 aus und mit 18 zu 7 Stimmen wurde der Vorschlag, rund ein Drittel der im Rahmen der Covid-19-Pandemie gesprochenen A-fonds-perdu-Beiträge für den Kultursektor an die vorgesehenen Mittel für die Jahre 2021–2024 anzurechnen, abgelehnt.
Ende Mai beriet die WBK-NR die Vorlage. Im Rahmen der Debatte konnte sich auch Innenminister Berset zur Vorlage äussern und fokussierte hierbei auf die geplante Änderung des Filmgesetzes. Dieses sah unter anderem vor, dass Unternehmen, die über ein Filmangebot in der Schweiz verfügen, zur Förderung der Angebotsvielfalt mindestens 30 Prozent europäische Filme zeigen und jährlich mindestens 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen für das unabhängige Schweizer Filmschaffen aufwenden oder eine entsprechende Ersatzabgabe leisten müssen. Ein Nichteintretensantrag diesbezüglich wurde mit 13 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Rückweisungsanträge: Mit 14 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung sprach man sich gegen den Antrag, die Covid-Kredite im Zahlungsrahmen zu kompensieren und mit 12 zu 9 Stimmen gegen die Rückweisung des Filmgesetzes aus. Mit der zweiten Rückweisung hätte man sich eine Umformulierung dahingehend erhofft, dass alle privaten Unternehmen, die in der Schweiz Filme verbreiten, finanziell prozentual gleichwertig belastet würden. In der Detailberatung schliesslich empfahl man das Filmgesetz mit nur geringfügigen Änderungen mit 13 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen zur Annahme. Auch bei den Finanzierungsbeschlüssen sprach man sich im Sinne des Bundesrates aus, beantragte zugleich aber eine Aufstockung des Gesamtkreditrahmens um CHF 22.4 Mio. Die Aufstockungen entfielen per Beschlussfassung mit CHF 1.2 Mio. auf die Memoriav (12 zu 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen), mit CHF 20 Mio. auf die Baukultur (12 zu 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen) und mit CHF 1.2 Mio. auf die Förderung des Rätoromanischen (16 zu 8 Stimmen). Am Ende der Beratungen Anfang Juli sprach sich die WBK-NR mit einer klaren Mehrheit für die Annahme der Botschaft aus.
Im Weiteren reichte die WBK-NR zwei Kommissionsmotionen ein. Die Motion 20.3464 für zusätzliche Gelder zugunsten des baukulturellen Erbes sowie zur Unterstützung der regionalen Wirtschaft wurde mit 11 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen. Die Motion 20.3918 zur Förderung der Mobilität und der Sprachaufenthalte der Lernenden wurde mit 15 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen eingereicht.
Die ständerätliche Schwesterkommission (WBK-SR) hatte sich bereits Ende Juni für Eintreten auf die Vorlage entschieden und sich ebenfalls in erster Linie auf die Änderungen des Filmgesetzes fokussiert. Sie beschloss, eine gleichzeitige Beratung der Finanzierungsbeschlüsse in der Herbstsession zu beantragen und sich dann im ordentlichen Verfahren vertieft mit dem Filmgesetz auseinandersetzen zu wollen. Die ständerätliche Finanzkommission (FK-SR) befasste sich Anfang Juli im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens mit den Finanzierungsgrundlagen der Kulturbotschaft und beantragte, dem Bundesrat zu folgen. Mit 10 zu 1 Stimmen lehnte sie einen Antrag zur Kürzung der Rahmenkredite um CHF 34.7 Mio. auf CHF 899.8 Mio. ab und erinnerte zugleich daran, dass die Zustimmung zum Zahlungsrahmen noch keine Ausgabenbewilligung darstelle.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Nachdem die Wirtschaftskommission des Ständerats (WBK-SR) bereits im Juni 2020 auf die Kulturbotschaft 2021–2024 eingetreten war, mit dem Hinweis, die Beratung des Filmgesetzes (Entwurf 2) noch auszusetzen, befand sie in ihrer Augustsitzung über die restlichen zwölf Entwürfe. Dies jedoch vorbehaltlich der Nationalratsbeschlüsse, da man eine parallele Beratung dieser mehrjährigen Verpflichtungskredite mit den Budget-Beratungen vermeiden wollte. Entsprechend behielt man sich in der Kommission vor, in der Session nach der Nationalratsberatung allfällige Anpassungen vorzunehmen.
Bis auf Weiteres möchte die WBK-SR die Finanzhilfen für die Fotostiftung Schweiz um CHF 0.8 Mio. und für die Baukultur um CHF 20 Mio. erhöhen. Eine Minderheit lehnte die Erhöhung für die Fotostiftung ab. Ein weiterer Minderheitsantrag zur Erhöhung der Memoriav-Beiträge um CHF 1.2 Mio. sowie zwei Minderheitsanträge zur Erhöhung der Mittel im Sprachen- und Verständigungsbereich (CHF 10 Mio. für Mobilität und Austausch, CHF 1.2 Mio. zur Förderung des Rätoromanischen) wurden ebenfalls abgelehnt. Zudem lehnte die Kommission eine Kürzung des Gesamtzahlungsrahmens und der Verpflichtungskredite um den Betrag der realen Mittelaufstockung von insgesamt CHF 34.7 Mio. gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung ab. Von dieser Kürzung betroffen wären die Bundesbeschlüsse zum Kulturförderungsgesetz, zur Baukultur, zu Sprachen und Verständigung, zu Pro Helvetia und zum Nationalmuseum. Abschliessend hat die Kommission mit 7 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen eine Motion (20.3930) für ein Konzept zur Bewahrung und Pflege des Schweizer Kulturerbes eingereicht.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Autorinnen: Melike Gökce und Sarah Kuhn

In der Herbstsession 2020 nahm sich der Nationalrat als Erstrat der Beratung der Kulturbotschaft 2021–2024 an. Wie die Kommissionssprechenden der WBK-NR, Matthias Aebischer (sp, BE) und Marie-France Roth Pasquier (cvp, FR), erläuterten, unterstütze die WBK-NR die Stossrichtung der Botschaft und begrüsse, dass der Bundesrat an der letzten Kulturbotschaft 2016–2020 angeknüpft habe. Wie sich am Ende des Tages zeigen sollte, würde dieses Geschäft aber wohl nicht ganz so zeitnah abgearbeitet sein, fanden doch alleine an diesem Beratungstag 59 Abstimmungen zur Vorlage statt – das sind deutlich mehr als im Vergleichszeitraum bei den beiden Vorgängerbotschaften zusammen.

Besonders umstritten waren die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Filmgesetzes (FiG). Dies widerspiegelte sich bereits in der Eintretensdebatte: Während gemäss Aebischer Eintreten auf die Botschaft als Ganzes in der Kommission unbestritten war, beantragte eine Minderheit um Christian Wasserfallen (fdp, BE) Nichteintreten auf den Entwurf 2 zum Filmgesetz. Der Berner störte sich insbesondere daran, dass der Bundesrat vorsah, nebst TV-Anbietenden neu auch Online-Streamingdienste zu verpflichten, 4 Prozent ihrer in der Schweiz generierten Bruttoeinnahmen in die hiesige Filmbranche zu investieren sowie auf ihrer Plattform mindestens 30 Prozent europäische Filme anzubieten. Mit beiden Quoten laufe man zudem Gefahr, die kleinen einheimischen Betriebe stark zu belasten, da man insbesondere mit der 4-Prozent-Investitionspflicht de facto eine zusätzliche Steuer einführe, argumentierte Wasserfallen. Der Nationalrat lehnte den Nichteintretensantrag mit 123 zu 62 Stimmen (1 Enthaltung) ab und trat somit auf die gesamte Kulturbotschaft ein. Mit 107 zu 78 Stimmen (4 Enthaltungen) wurde auch ein Antrag einer Minderheit um Philipp Kutter (cvp, ZH) abgelehnt, welche das Filmgesetz zwecks formaler Anpassungen an den Bundesrat zurückweisen wollte. Und auch eine weitere Minderheit um Peter Keller (svp, NW) blieb in ihren Bemühungen, alle 13 Vorlagen an den Bundesrat zurückzuweisen, erfolglos. Keller forderte, dass alle A-Fonds-perdu-Kredite, welche bisher im Rahmen der Covid-19-Pandemie an die Kulturbranche ausbezahlt worden waren, in der Botschaft kompensiert werden müssten, um ein reales Ausgabenwachstum zu verhindern. Der Forderung der Kommissionsmehrheit und des Bundesrats folgend, die Covid-19-Unterstützungen getrennt von der Botschaft zu betrachten, lehnte der Nationalrat die Rückweisung mit 134 zu 51 Stimmen (2 Enthaltungen) ab.

Damit konnte der Nationalrat mit der Detailberatung beginnen, welche er in zwei Blöcken durchführte. Im ersten Block behandelte er die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen von fünf Bundesgesetzen. Bei drei davon – beim Bundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer, dem Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbibliothek sowie dem Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften – schritt der Nationalrat mangels Anträgen sogleich zur Gesamtabstimmung, wo er die Vorlagen guthiess. Beim Bundesgesetz über die Kulturförderung lehnte der Nationalrat zuerst zwei Änderungsanträge ab. Stefanie Heimgartner (svp, AG) wollte, dass sich der Minderheitenschutz in der Schweiz nur spezifisch auf Jenische und Sinti als traditionelle Schweizer Minderheiten konzentriert und forderte mit einem Einzelantrag, dass die generelle Unterstützung der Fahrenden-Lebensweise aus dem Gesetz gestrichen wird, was mit 135 zu 54 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt wurde. Ebenso lehnte der Nationalrat mit 112 zu 75 Stimmen (2 Enthaltungen) die Forderung einer Minderheit um Sandra Locher Benguerel (sp, GR) ab, die die Sonderleistung an die Stadt Bern von CHF 1 Mio. beibehalten wollte. Eine solche hatte die Hauptstadt als Sitz der Bundesverwaltung bisher erhalten, diese wollte der Bundesrat nun aber streichen.

Für lange Debatten sorgte sodann wie erwartet das Bundesgesetz über Filmproduktion und Filmkultur (FiG). Zur Diskussion stand erstens die vom Bundesrat vorgesehene 30-Prozent-Mindestquote europäischer Filme bei Streamingdiensten, mit welcher gemäss Innenminister Alain Berset die für die Schweiz zentrale kulturelle und sprachliche Vielfalt gefördert werden solle. Eine Minderheit um Diana Gutjahr (svp, TG) wollte diesen Anteil auf 20 Prozent reduzieren, während eine Minderheit um Christian Wasserfallen, der darin einen «Pflichtkonsum» sah, diese Quote ganz aus dem Gesetz streichen wollte. Eine weitere Minderheit Gutjahr wollte Unternehmen, die einen Mindestumsatz von CHF 2.5 Mio. erreichen, von der Mindestquote befreien. Im Nationalrat wurden alle drei Minderheitsanträge mit rund einer Zweidrittelsmehrheit abgelehnt.
Der zweite stark umstrittene Punkt war die vom Bundesrat vorgeschlagene Investitionspflicht in den Schweizer Film für TV-Anbietende und Streamingdienste von 4 Prozent ihrer in der Schweiz generierten Bruttoeinnahmen. Gemäss Alain Berset wollte der Bundesrat damit eine «neutralité technologique» erreichen und eine Benachteiligung von TV-Anbietenden gegenüber Streamingdiensten beenden, müssen doch Erstere bereits seit 2007 eine solche Abgabe entrichten. Zudem entspreche dies einer Angleichung an Regeln in anderen europäischen Staaten. Der Nationalrat entschied jedoch mit 97 zu 91 Stimmen (3 Enthaltungen), einer Minderheit um Philipp Kutter zu folgen und den Betrag auf 1 Prozent der Bruttoeinnahmen zu reduzieren. Kutter hatte damit argumentiert, dass 4 Prozent im internationalen Vergleich sehr hoch seien und auch 1 Prozent der Filmbranche geschätzte Mehreinnahmen von CHF 5 bis 7 Mio. pro Jahr bringen würden. Damit lehnte der Nationalrat zugleich einen Mehrheitsantrag der WBK-NR ab, die zum Zweck erhöhter Flexibilität gefordert hatte, dass die 4-Prozent-Abgabe erst nach 4 Jahren fällig würde. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Minderheitsanträge, die die Abgabe auf 5 Prozent erhöhen respektive auf 3 Prozent reduzieren wollten.
Drittens machte sich der Nationalrat daran, die konkrete Ausgestaltung dieser Investitionspflicht zu diskutieren. Zum einen wollte der Bundesrat, dass nur die SRG von der Investitionspflicht befreit wird. Der Nationalrat hiess jedoch zwei weitere Minderheiten um Philipp Kutter gut, womit auch «regionale Fernsehveranstalter mit oder ohne Konzession» sowie Netzbetreibende, über welche die Nutzerinnen und Nutzer den Zugang zu den Filmen erhalten, von der Investitionspflicht ausgeschlossen werden. Zum anderen wollte der Bundesrat für Streamingdienste alle Einnahmen, die durch das Filmangebot erwirtschaftet wurden, in die Berechnung der Höhe der Investitionspflicht einfliessen lassen. Bei Fernsehanbietenden sollten weiterhin auch andere Einnahmen vom TV-Programm, wie Werbung, mit einbezogen werden. Der Nationalrat folgte jedoch mit 101 zu 88 Stimmen (3 Enthaltungen) einer Minderheit um Kutter und entschied, generell nur Film-Einnahmen einzubeziehen, damit TV-Sender gegenüber Streamingdiensten nicht benachteiligt werden. Abgelehnt wurde zudem eine Minderheit Wasserfallen, welche wollte, dass Werbeeinnahmen und Sponsoring nicht angerechnet werden.
Die letzten umstrittenen Änderungen betrafen sodann die Frage, in welcher Form die Investitionspflicht von 1 Prozent geleistet werden kann. Der Bundesrat sah vor, dass Aufwendungen an Dritte nur als Investition in den Schweizer Film angerechnet werden können, wenn diese einen Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz haben. Der Nationalrat folgte auch hier einer Minderheit Kutter, welche diesbezüglich keine einschränkenden Regelungen im Gesetz haben wollte, damit etwa auch Co-Produktionen mit Netflix möglich bleiben. Mit Annahme dieser Minderheit wurde gleichzeitig ein Antrag der Mehrheit der WBK-NR abgelehnt, welche eine etwas weniger stark regulierte Version vorgeschlagen hatte. Weiter entschied der Nationalrat, dem Bundesrat zu folgen und Werbeleistungen für Schweizer Filme nicht als Investition anrechnen zu lassen. Er lehnte damit sowohl eine Minderheit Wasserfallen als auch einen Einzelantrag Studer ab, die sich für eine (teilweise) Anrechnung der Werbeleistungen einsetzten.
Zuletzt lagen dem Nationalrat noch zwei identische Einzelanträge von Andri Silberschmidt (fdp, ZH) und Philippe Nantermod (fdp, VS) auf Streichung der 1-Prozent-Investitionspflicht sowie aller nachfolgenden Regelungen bezüglich Bruttoeinnahmen und Aufwendungen vor, die die Grosse Kammer jedoch mit 125 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung ablehnte.

Im zweiten Block befasste sich der Nationalrat mit acht Finanzierungsbeschlüssen zu diversen Kulturbereichen, welche sich gesamthaft auf CHF 934 Mio. beliefen. Gemäss Innenminister Berset entsprach dies einer realen Erhöhung der Mittel um etwa CHF 35 Mio., welche dem Programm «Jugend und Musik», der Förderung des Schüleraustausches zwischen den Sprachregionen sowie dem Schweizerischen Nationalmuseum zukommen soll. Bevor der Nationalrat die einzelnen Beschlüsse inhaltlich diskutierte, hatte er über zwei Konzeptanträge zu entscheiden, die jeweils eine Mittelkürzung in allen acht Bundesbeschlüssen forderten. Der erste Konzeptantrag – gemeinsam portiert von einer WBK-NR-Minderheit um Diana Gutjahr und einer FK-NR-Minderheit um Lars Guggisberg (svp, BE) – forderte mit Ausnahme eines Teuerungsausgleichs die Plafonierung der Ausgaben auf dem Niveau der Vorgänger-Kulturbotschaft. Damit solle gemäss Guggisberg angesichts der stark steigenden Bundesausgaben ein reales Ausgabenwachstum verhindert werden. Mit dem zweiten Konzeptantrag forderte Diana Gutjahr zudem, dass jegliche A-Fonds-perdu-Beiträge, welche im Rahmen der Unterstützungsmassnahmen für die Kultur während der Covid-19-Pandemie ausgesprochen worden waren, kompensiert werden. Gemäss Innenminister Berset käme dies einer Kürzung um CHF 230 Mio. gleich, was die Beendigung einer Reihe von Unterstützungsprogrammen zur Folge hätte. Beide Anträge fanden jedoch nur bei einem Drittel der Nationalratsmitglieder Anklang, womit die Volkskammer hier dem Bundesrat folgte. Drei der acht Finanzierungsbeschlüsse (Kulturgütertransfer; Schweizerschulen im Ausland; Schweizer Nationalmuseum) hiess der Nationalrat ohne Debatte gut, bei den restlichen vier debattierte er eine Vielzahl an Änderungsanträgen.

Im Bundesbeschluss über die Finanzhilfen des BAK sah der Bundesrat einen Zahlungsrahmen von CHF 145.1 Mio. vor. Der Mehrheit seiner WBK folgend, sprach sich der Nationalrat für eine Erhöhung der Mittel um CHF 1.2 Mio. zugunsten des Vereins Memoriav aus, der sich für die Erhaltung der audiovisuellen Kulturgüter einsetzt. Abgelehnt wurde eine Erhöhung der Mittel gegenüber dem Entwurf des Bundesrates indes für Verlage, für das Schweizer Archiv der Darstellenden Künste sowie für Standplätze der Jenischen, Sinti und Roma. Bezüglich Letzteren lehnte der Nationalrat aber auch einen Kürzungsantrag ab.
Bei den restlichen Finanzierungsbeschlüssen folgte der Nationalrat jeweils der Mehrheit seiner WBK und nahm damit noch zwei Änderungen am Vorschlag des Bundesrates vor: So erhöhte er – entgegen der Mehrheit seiner FK – die Mittel für die Baukultur um CHF 20 Mio. und den Zahlungsrahmen im Bereich Sprachen und Verständigung um CHF 1.2 Mio. zugunsten der Rätoromanischen Sprache. Keine Mehrheit in der Volkskammer fand jedoch die von einer Minderheit beider Kommissionen beantragte Erhöhung der Mittel zugunsten von Mobilität und Austausch um CHF 10 Mio. Zudem reichte die Mehrheit der WBK-NR in diesem Rahmen eine Motion ein, mit welcher die Förderung der Mobilität und der Sprachaufenthalte von Lernenden verlangt wurde (Mo. 20.3918). Eine Minderheit um Diana Gutjahr wollte die Motion ablehnen. Beim Bundesbeschluss über die Finanzierung der Filmbranche folgte der Nationalrat dem Bundesrat und lehnte eine von Diana Gutjahr beantragte Reduktion der Mittel deutlich ab. Zuletzt folgte der Nationalrat beim Zahlungsrahmen für Pro Helvetia entgegen dreier Minderheitsanträge auf Erhöhung respektive Kürzung den Kommissionsmehrheiten. Zuletzt schrieb der Nationalrat drei parlamentarische Vorstösse (Po. 15.4117; Mo. 17.4308; Mo. 19.3725) ab, da diese mit Vorliegen der Botschaft als erledigt erachtet wurden. Eine erfolglose Minderheit um Sandra Locher Benguerel wollte erfolglos auf eine Abschreibung der letzten Motion verzichten. Damit gab der Nationalrat die Kulturbotschaft 2021–2024 mit diversen Änderungen weiter an den Ständerat.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Nach dem Nationalrat befasste sich auch der Ständerat in der Herbstsession 2020 mit den Beratungen zur Kulturbotschaft 2021–2024. Grundlegend unterstütze die WBK-SR die Stossrichtung, die der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Sie sei eine konsequente Weiterführung der strategischen Schwerpunkte der letzten Kulturbotschaft 2016-2020, eröffnete Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) die Eintretensdebatte. So schätze die Kommissionsmehrheit etwa insbesondere die Förderung des in der letzten Kulturbotschaft eingeführten Programms «Jugend und Musik». Kulturminister Alain Berset betonte, dass der Bundesrat in Anbetracht der Covid-19-bedingten Probleme im Kulturbereich auf Kontinuität setzen und auf den Grundsätzen der letzten Kulturbotschaft aufbauen möchte – namentlich bei der Stärkung der kulturellen Teilhabe, dem sozialen Zusammenhalt und der Unterstützung des kreativen Schaffens und der Innovation. Für die Diskussionen sei es aber zentral, dass die Corona-Notfallhilfen die zukünftige Förderung der Kultur nicht beeinflussten.
Umstritten waren, wie bereits im Nationalrat, einzig die Änderungen im Filmgesetz, weshalb die WBK-SR in Absprache mit ihrer Schwesterkommission und dem Büro-SR entschieden hatte, den «heissen Streifen» (Michel) ausserhalb der Kulturbotschaft zu behandeln. Auch der Bundesrat sprach sich für die Herauslösung der Revision des Filmgesetzes aus, da die Vorlage bereits in der Vernehmlassung umstritten gewesen sei. Entsprechend trat der Ständerat seiner Kommission folgend ohne Gegenantrag auf alle vom Bundesrat vorgeschlagenen acht Finanzierungsbeschlüsse – welche sich insgesamt auf Kosten von CHF 934.5 Mio. beliefen – und auf vier der fünf Gesetzesänderungen ein.

In der Detailberatung zeigte sich die grundlegende Zustimmung zum Entwurf. So folgte der Ständerat mehrheitlich den Vorschlägen des Bundesrates oder den Beschlüssen des Nationalrates, welcher hauptsächlich Änderungen an der Höhe der Finanzierungsbeschlüsse vorgenommen hatte. Insgesamt schuf der Ständerat nur zwei Differenzen zum Nationalrat.

Eine erste Differenz schuf der Ständerat bei der Höhe der Finanzhilfen des BAK. Der Bundesrat hatte hierfür Gelder in der Höhe von CHF 145.1 Mio. vorgesehen, der Nationalrat hatte diesen Betrag jedoch zugunsten von «Memoriav» um CHF 1.2 Mio. erhöht. Eine Minderheit Baume-Schneider (sp, JU) wollte den Betrag für Memoriav aufgrund von dessen zentraler Rolle im audiovisuellen und akustischen Bereich gemäss Nationalrat erhöhen.
Dieselbe Minderheit forderte eine Erhöhung der Finanzhilfen für die «Fotostiftung der Schweiz» um CHF 800'000. So habe etwa die EDK darauf hingewiesen, wie wichtig Erinnerungspolitik sei, welche die schweizerische Fotostiftung durch regelmässige Ausstellungen zu wichtigen Fotobeständen des Bundes fördere.
Gemäss Kommissionssprecher Michel wollte eine knappe Mehrheit der WBK-SR in beiden Punkten der Fassung des Bundesrates folgen. Zum einen erachtete die Mehrheit eine Erhöhung der Mittel zugunsten von Memoriav nicht als nötig, da die SRG neu selbst für die Archivierung ihres Materials verantwortlich sei, wodurch der Bundesauftrag kleiner geworden sei für die Organisation. Zum anderen sehe die Mehrheit ein, dass bei der Schweizer Fotostiftung zwar Finanzbedarf bestehe, aber die bei Memoriav frei gewordenen finanzielle Mittel könnten die Kosten der Schweizer Fotostiftung zumindest grösstenteils auffangen, wie Michel argumentierte. Berset fügte hinzu, dass in der Fassung des Bundesrates bereits eine Erhöhung der Mittel um CHF 800'000 für die Schweizer Fotostiftung enthalten seien. In der Folge hiess der Ständerat nur die Erhöhung des Betrags für die schweizerische Fotostiftung mit 35 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gut.

Im Bereich Sprache und Verständigung befasste sich der Ständerat mit zwei Minderheitsanträgen für eine Erhöhung des Budgets und schuf eine weitere Differenz zum Nationalrat. Die Mehrheit der WBK-SR wollte hier der bundesrätlichen Version folgen, welche einen Zahlungsrahmen von CHF 68.8 Mio. vorgesehen hatte. Eine Minderheit I Carobbio Guscetti (sp, TI) verlangte, dem Nationalrat zu folgen, der für die Förderung der rätoromanischen Sprache zusätzlich CHF 1.2 Mio. zugesagt hatte. Diese Vorlage sei ein «Kernelement der Kulturbotschaft», da es hier um die Stärkung des nationalen Zusammenhalts durch die Förderung der Mehrsprachigkeit gehe, begründete die Minderheitensprecherin ihren Antrag. Es sei wichtig, dass auch der grosse Teil der rätoromanisch sprechenden Menschen, die ausserhalb des Kantons Graubünden lebten, gefördert würden, wofür es mehr Mittel als die CHF 0.4 Mio., welche der Bundesrat vorgesehen hatte, brauche.
Eine Minderheit II Gapany (fdp, FR) verlangte zusätzliche Mittel in der Höhe von CHF 10 Mio. für die Förderung der Strategie «Austausch und Mobilität». Ziel dieses Programms sei es, Sprachaufenthalte von Schülerinnen und Schülern sowie von Lernenden und Lehrpersonen in der Schweiz zu fördern. Dieses Programm werde aber bisher nur von drei Prozent der Jugendlichen genutzt, dies obwohl die Schulzeit der ideale Zeitpunkt für einen solchen Austausch und das Erlernen einer Sprache sei. Zudem sei er enorm wichtig für den Erhalt der Sprachenvielfalt und für die Förderung des Zusammenhalts zwischen den Schweizer Sprachregionen, welche ein wichtiger Pfeiler der Schweizer Identität sei, argumentierte Gapany. Bundesrat Alain Berset machte das Problem aber nicht bei den Finanzen, sondern bei den fehlenden organisatorischen Strukturen aus, welche zuerst aufgebaut werden müssten. Im Ständerat obsiegte schliesslich die Minderheit II Gapany mit 26 zu 17 Stimmen gegen die Minderheit I Carobbio Guscetti. Letztere hatte sich zuvor mit 37 zu 4 Stimmen (2 Enthaltung) klar gegen die Kommissionsmehrheit durchgesetzt.

Neben den Minderheitsanträgen für eine Erhöhung der Mittel stellte Jakob Stark (svp, TG) fünf Minderheitsanträge auf Kürzungen des vom Bundesrat vorgeschlagenen Budgets. Konkret wollte Stark die geplante reale Erhöhung der Mittel – CHF 34.7 Mio. – über fünf Bereiche hinweg kürzen. Es könne nicht sein, dass gleichzeitig ein «Covid-19-Notgesetz» verabschiedet und das Kulturbudget erhöht würde. Er sei nicht gegen die Covid-19-Unterstützung im Kulturbereich und unterstütze die Richtung der Kulturbotschaft, jedoch erfordere die Covid-19-Pandemie auf allen Seiten Opfer, sodass momentan lediglich die reine Sicherung des Status quo möglich sei. Gemäss Kommissionssprecher Michel erachte die Mehrheit der WBK-SR das vom Bundesrat vorgesehene Wachstum von 2.6 Prozent (einschliesslich Teuerung) im Kulturbereich hingegen als angemessen. Auch so werde der Grossteil der Kulturfinanzierung weiterhin von den Kantonen, Gemeinden und Privaten geleistet, zudem setze die Kultur weitgehend auf freiwilliges Engagement. Weiter sei es nicht angebracht, präventiv Kürzungen aufgrund potenzieller pandemiebedingter Mehrkosten vorzunehmen – die Kulturbotschaft sei ein ordentliches Geschäft und dürfe nicht mit der ausserordentlichen Lage der Pandemie vermischt werden. Der Ständerat lehnte in der Folge sämtliche Anträge von Jakob Stark ab.

In den Gesamtabstimmungen hiess die kleine Kammer alle Ausgaben und Gesetzesentwürfe einstimmig oder mit vereinzelten Gegenstimmen und Enthaltungen gut, womit 10 der 12 Vorlagen bereinigt werden konnten. Die beiden anderen Vorlagen gingen mit den beschlossenen Differenzen zurück an den Nationalrat.

Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Noch in der Herbstsession 2020 bereinigte das Parlament die verbliebenen zwei Differenzen der Kulturbotschaft 2021-2024.

Bei der ersten Differenz handelte es sich um die Frage, wie hoch die Finanzhilfen des BAK ausfallen sollten. Der Nationalrat wollte das bundesrätliche Budget um CHF 1.2 Mio. für «Memoriav» aufstocken, der Ständerat stattdessen um CHF 800'000 für die schweizerische Fotostiftung. Eine Mehrheit der WBK-NR wollte an der nationalrätlichen Version festhalten, da sie die Förderung von «Memoriav» als dringend notwendig erachtete, während eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) in Anbetracht der tieferen Aufgabenlast von Memoriav, weil der SRG neu die Archivierung selbst durchführt, auf eine Aufstockung verzichten wollte. Die dadurch freiwerdenden Mittel könnten bei der Schweizer Fotostiftung eingesetzt werden, wie Gutjahr argumentierte. Mit 99 zu 96 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat knapp seiner Kommissionsmehrheit. Ebenfalls erfolglos (mit 114 zu 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen) blieb eine Minderheit Fivaz (gp, NE), welche auch die vom Ständerat beschlossene Aufstockung für die Fotostiftung vornehmen wollte.
Der Ständerat folgte daraufhin stillschweigend der Version des Nationalrates, womit die erste Differenz beseitigt werden konnte. Es liege in der Entscheidungsmacht des Bundesrates, welcher Organisation welche Beträge zugesprochen würden, hatte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) zuvor erläutert.

Beim Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für den Bereich «Sprache und Verständigung» sprach sich die WBK-NR erneut für die nationalrätliche Aufstockung zur Förderung der rätoromanischen Sprache und gegen die ständerätliche Aufstockung für die Strategie «Austausch und Mobilität» aus, während eine Minderheit Locher Benguerel (sp, GR) die zusätzlichen Mittel für Sprachaufenthalte sprechen wollte – auch in Anbetracht einer angenommenen Motion der WBK-NR (Mo. 20.3918). Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, woraufhin der Ständerat auch diesem Entscheid beipflichtete. Mit 23 zu 21 Stimmen sprach er sich in Übereinstimmung mit der Kommissionsmehrheit gegen einen Kompromissvorschlag von Johanna Gapany (fdp, FR) für eine um die Hälfte reduzierte Aufstockung um CHF 5 Mio. aus.

Da damit alle Differenzen bereinigt waren, war die Vorlage noch in derselben Session für die Schlussabstimmungen bereit. Abgestimmt werden musste derweil nur noch über die vier Bundesgesetzesänderungen, da die bereits genehmigten Finanzbeschlüsse nicht dem Referendum unterlagen und somit keine Schlussabstimmungen nötig waren.
Beide Kammern nahmen in der Folge alle vier Gesetzesänderungen deutlich mit einzelnen Gegenstimmen und Enthaltungen, oder gar einstimmig an. Alle Stimmen gegen die Vorlagen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Als einziges Geschäft der Kulturbotschaft 2021-2024 war somit die Revision des Filmgesetzes noch offen, mit welcher sich der Ständerat in der Sommersession 2021 als Zweitrat befasste.

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