In der Frühlingssession 2025 nahm der Ständerat als Erstrat den bundesrätlichen Bericht zur Anwendung, zu den gesetzlichen Grundlagen und zu den Grenzen des Notrechts zur Kenntnis, der als Antwort auf zwei Postulate (Po. 20.3440; Po. 23.3438) gilt und auf eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 23.439) Bezug nimmt. Im Namen der SPK-SR zeigte sich Stefan Engler (mitte, GR) zufrieden mit dem vorliegenden Bericht und betonte, dass eine notwendige schnelle Reaktion in akuten Krisensituationen fast zwangsläufig zu einem Spannungsverhältnis zwischen «den Forderungen der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Gewaltenteilung sowie des Föderalismus» führe. Überdies lobte Engler die in Aussicht gestellte Verbesserung der Kommunikation des Bundesrats gegenüber der Öffentlichkeit bei der Anwendung von Notrecht und dessen gesetzlichen Grundlagen. Dabei verlangte er eine konsequente Überführung der Erkenntnisse aus den Krisenzeiten der letzten Jahre ins ordentliche Recht. Notrecht sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn das Parlament nicht in der Lage ist, rechtzeitig durch dringliche Bundesgesetze zu reagieren. Beat Rieder (mitte, VS) schlug überdies die Einführung einer parlamentarischen Kommission als Kontrollorgan analog zur FinDel vor, welche bei der Anwendung von Notrecht zumindest ein Anhörungsrecht erhalten soll. In eine ähnliche Richtung argumentierte Isabelle Chassot (fdp, FR), welche als Präsidentin der PUK zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS insbesondere kritisierte, dass der Bundesrat das BJ in diesem Fall erst spät einbezogen habe. Es sei notwendig, dass der Bundesrat notrechtliche Entscheide in Zukunft transparenter erläutere und begründe. Weitere Kritik an der Auslegung des Bundesrats äusserte SPK-Kommissionspräsident Daniel Fässler (mitte, AI), der insbesondere die Einschätzung des Bundesrates infrage stellte, wonach Notverordnungen von bestehenden Gesetzes- oder Verfassungsrechten abweichen dürften. Wenn schon, müsse diese Kompetenzerweiterung mittels einer Verfassungsgrundlage geschaffen werden.
Justizminister Beat Jans dankte vor dem Plenum für die Debatte und führte als Reaktion auf die im Rat geäusserten Forderungen und Kritikpunkte aus, welche Verbesserungen des Notrechtssystems der Bundesrat derzeit vorantreibe. Dabei wisse die Regierung um die eigene heikle Machtfülle und arbeite daher an einer generellen Begründungspflicht beim Erlass von Notrecht sowie an einem Prüfschema für die Verwaltung, welches die Formulierung und rechtliche Begründung von Notverordnungen zugunsten der präventiven Rechtskontrolle durch das BJ unterstützen soll. Überdies sei geplant, bis Ende 2025 mittels Leitlinien zu spezialgesetzlichen Bestimmungen im Krisenfall die Resilienz der Gesetzgebung zu stärken und somit ordentliches Recht für ausserordentliche Lagen zu schaffen. Gleichwohl zeigte sich Jans überzeugt, dass die politische Debatte zum Thema «mit diesem Bericht nicht abgeschlossen» sei und und sich der Bundesrat auf weitere Diskussionen freue.