Die Terrororganisation «Hamas» verbieten (Mo. 23.4312) oder mit Sanktionen belegen (Po. 23.4313)

Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates reichte in Reaktion auf den im Oktober 2023 neu ausgebrochenen Konflikt im nahen Osten zwei Vorstösse ein. Mit einer Motion (23.4312) wollte sie die «Terrororganisation Hamas» verbieten lassen. In einem Postulat (23.4313) verlangte sie die Prüfung, ob die Schweiz eigenständige Sanktionen gegen die Hamas ergreifen könne. Auch solle sichergestellt werden, dass die Hamas keine finanzielle Unterstützung aus der Schweiz erhält. Im Postulatsbericht solle darüber hinaus erörtert werden, inwiefern die Schweiz im UNO-Sicherheitsrat darauf hinarbeiten könne, dass die Hamas auch von der UNO «als verbotene Gruppierung qualifiziert wird».
Die SiK-NR begründete die beiden Vorstösse damit, dass die Ideologie der Hamas demokratie- und menschenfeindlich sowie antisemitisch sei. Zwar habe die offizielle Schweiz bislang die Haltung vertreten, dass der Dialog mit der Hamas aufrechterhalten werden müsse. Mit ihrer Attacke auf Israel habe sich diese nun aber «als Gesprächspartnerin für einen Frieden [...] vollends diskreditiert».

Der Nationalrat widmete sich in der Wintersession 2023 dem Umgang der Schweiz mit der Hamas. Er diskutierte dabei zuerst die Motion 23.4312 betreffend das Verbot der Hamas. Die Rednerinnen und Redner verurteilten allesamt den Terror der Hamas gegenüber Israel. Der Rat und Bundesrätin Baume-Schneider waren sich einig, dass die Hamas verboten und die Motion angenommen werden soll. Es gab einzig noch einige Rückfragen zum Verfahren respektive, ob eine Vernehmlassung zu diesem Verbots-Gesetz nötig sei oder nicht. Die Justizministerin betonte, dass dem Bundesrat eine tiefgreifende Debatte und eine breite Unterstützung für das Gesetz wichtig sei, weshalb er am ordentlichen Vernehmlassungsverfahren festhalten wolle. Anschliessend wurde die Motion stillschweigend angenommen.
Einige Tage bevor die grosse Kammer diesen Vorstoss behandelte, hatte der Ständerat bereits eine identische Motion seiner Kommission angenommen, daher wurde die Motion zum Verbot der Hamas durch diesen nationalrätlichen Entscheid definitiv überwiesen.

Als nächstes Geschäft behandelte der Nationalrat das Postulat 23.4313 der SiK-NR zu Sanktionen gegenüber der Hamas. Wie Kommissionssprecher Thomas Rechsteiner (mitte, AI) erläuterte, soll der Bundesrat mit der Überweisung des Postulats angehalten werden, einige Fragen zum geplanten Verbot der Hamas sowie zu Sanktionen gegenüber dieser Organisation detailliert abzuklären. Elisabeth Baume-Schneider erläuterte seitens des Bundesrates, dass dieser das Postulat als erfüllt betrachte, da sich die beiden Räte sowie der Bundesrat nun selber bereits für ein solches Verbot ausgesprochen hatten und die Regierung damit begonnen habe, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten. Die im Postulat aufgeworfenen Fragen würden im Rahmen der Botschaft zu diesem Gesetz behandelt. Der Nationalrat hielt aber an der Haltung der SiK-NR fest und nahm das Postulat einstimmig an.

Reaktion des Bundesrates auf die Terroranschläge der Hamas gegen Israel

Der Bundesrat hielt wenige Tage nach dem Angriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 in einer Medienmitteilung fest, dass er diese Terroranschläge der Hamas aufs Schärfste verurteile, forderte die sofortige Freilassung der festgehaltenen Geiseln und vertrat die Ansicht, dass die Hamas als terroristische Organisation eingestuft werden solle. Er schuf sodann eine bundesrätliche Taskforce, welche den Auftrag erhielt, «die rechtlichen Optionen für ein Verbot der Hamas zu prüfen». Der Bundesrat liess ausserdem verlauten, dass er keine Kenntnis davon habe, dass offizielle Schweizer Gelder der Hamas zu Gute gekommen wären. Das EDA werde jedoch präventiv eine detaillierte Analyse der entsprechenden Finanzflüsse vornehmen. Weiter wies die Regierung darauf hin, dass die Schweiz stets zur Verfügung stehe, um eine Deeskalation in der Region voranzubringen.

Ende November 2023 beschloss der Bundesrat weitere Schritte in Sachen Hamas-Verbot. Er beauftragte das EJPD und das VBS, in Zusammenarbeit mit dem EDA ein spezifisches Gesetz über ein Verbot der Hamas auszuarbeiten. Damit sollen die Behörden ein Mittel erhalten, um allfälligen Aktivitäten oder der Unterstützung der Hamas in der Schweiz Einhalt zu gebieten. Des Weiteren habe der Bundesrat nach einer Analyse der Zusammenarbeit mit sämtlichen palästinensischen Partner-NGO beschlossen, die Verträge mit drei von elf Partnern nicht weiterzuführen, da bei diesen Unregelmässigkeiten hinsichtlich der Einhaltung des Verhaltenskodex und der vertraglichen Antidiskriminierungsklausel festgestellt worden seien.
Die Medien befanden, dass der Beschluss, ein Verbot auszuarbeiten, einem Paradigmenwechsel gleichkomme, da sich die Schweiz bis dahin eng an die Beschlüsse der UNO gehalten habe; in diesem Falle habe die Schweiz jedoch autonom gehandelt. Die Schweiz habe ausserdem des Öfteren den Standpunkt vertreten, dass ein solches Verbot faktisch keine Wirkung entfalten werde sowie die guten Dienste und die Vermittlerrolle der Schweiz in Frage stellen könne. Wie der Liberté entnommen werden konnte, war für Aussenminister Cassis die Schwere der Taten, die durch die Hamas ausgeführt wurden, ausschlaggebend für das Verbot. Ausserdem habe Cassis argumentiert, dass die Schweiz sich nicht mehr einfach den Entscheiden des UNO-Sicherheitsrats anschliessen könne. Dieser sei vor dem Hintergrund einer multipolaren, fragmentieren Weltordnung nicht mehr in der Lage, über solche Konflikte klar zu urteilen.

Die Terrororganisation «Hamas » verbieten (Mo. 23.4329)

Einige Tage nachdem die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates eine Motion für ein Verbot der Hamas eingereicht hatte, forderte dies auch die SiK-SR mit einer identischen Motion.
Der Ständerat behandelte den Vorstoss in der Wintersession 2023. Kommissionssprecher Werner Salzmann (svp, BE) sowie Daniel Jositsch (sp, ZH), Mathias Zopfi (gp, GL) und Benedikt Würth (mitte, SG) verurteilten die Taten der Hamas einhellig und sprachen sich dafür aus, die Organisation zu verbieten. Carlo Sommaruga (sp, GE) prangerte die von der Hamas begangenen «actes barbares» ebenfalls an, wies in seinem Votum aber auch auf einige Punkte hin, die es seiner Ansicht nach bei einem Verbot zu beachten gebe. Er erinnerte an die Vermittlerrolle der Schweiz in zahlreichen Konflikten und befürchtete, dass die Schweiz diese Rolle im Nahost-Konflikt im Falle eines Hamas-Verbots nicht mehr wahrnehmen könne. Zudem bewirke ein Verbot in der Schweiz nicht viel, da die Finanzierung der Hamas vom Iran und Katar aus geschehe und nicht via die Schweiz. Der Genfer Ständerat thematisierte auch das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung und schloss sein Votum mit der Hoffnung, dass sich der Bundesrat weiterhin für eine Zweistaatenlösung einsetzen werde.
Anschliessend wurde die Motion stillschweigend angenommen. Da der Nationalrat die gleichlautende Motion der SiK-NR einige Tage später ebenfalls annahm, ist diese Motion nun überwiesen.

Finanzielle Unterstützung in Palästina / Einsetzung einer Taskforce (Mo. 23.4338)

Die APK-NR beschloss Mitte November 2023, eine Kommissionsmotion zur Untersuchung der finanziellen Unterstützung in Palästina einzureichen. Die Motion forderte den Bundesrat dazu auf, die von der Schweiz an im Nahen Osten tätige Organisationen getätigten Beiträge zu evaluieren und sicherzustellen, dass diese Gelder nicht zur Terrorismusfinanzierung missbraucht würden. Zudem sollen die massgeblichen Rechtsgrundlagen dahingehend angepasst werden, dass den Organisationen im Nahen Osten umgehend jegliche Gelder gestrichen werden sollen, falls sie Hass oder Gewalt verherrlichen oder zu diesen aufrufen sowie wenn sich die Organisationen oder eine Untergruppierung an gewalttätigen Aktionen beteiligen. Der Entscheid, eine Motion einzureichen, fiel mit 11 zu 11 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten (fdp, VD) allerdings denkbar knapp aus. Eine starke Minderheit Friedl (sp, SG) sprach sich gegen den Vorstoss aus. Sie argumentierte, dass der Bundesrat bereits genügend unternommen habe, um diese Forderungen umzusetzen. So gebe es beispielsweise bereits zahlreiche interne und externe Kontrollinstrumente, um die Finanzflüsse zu überprüfen und die Schweiz beteilige sich bereits an der internationalen Taskforce der nationalen Meldestellen zur Bekämpfung der Hamas-Finanzierung.
Der Bundesrat teilte die Auffassung der Kommissionsminderheit. Er führte in seiner Stellungnahme aus, dass die Überprüfung der Finanzflüsse eine Daueraufgabe im EDA darstelle. Auch habe das EDA beschlossen, bei allen Projekten, die im Jahr 2023 noch nicht evaluiert worden seien, ein externes Audit durchzuführen.
Die grosse Kammer befasste sich in der Frühjahrssession 2024 mit dem Geschäft. Nachdem die Kommissionssprecher Pierre-André Page (svp, FR) und Roland Büchel (svp, SG) die Motion vorgestellt hatten, forderten Claudia Friedl und Aussenminister Ignazio Cassis den Rat dazu auf, den Vorstoss abzulehnen. Die anschliessende kurze Debatte drehte sich vorrangig um die humanitäre Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung und um die Frage, ob aktuell noch Schweizer Gelder an die UNRWA fliessen. Cassis erklärte zu letzterem Punkt, dass vor einer Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen keine Schweizer Gelder an das UNRWA flössen, da die Räte dies im Rahmen des Voranschlags 2024 beschlossen hätten.
Anschliessend stimmte der Nationalrat mit 118 zu 59 Stimmen und 3 Enthaltungen für Annahme der Motion. Die Gegenstimmen stammten aus dem rot-grünen Lager.

Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2024 als Zweitrat mit der APK-NR-Motion zur Untersuchung der finanziellen Unterstützung in Palästina. Dem Rat lag dabei der Mehrheitsantrag der APK-SR auf Annahme sowie ein Minderheitsantrag von Damian Müller (fdp, LU) auf Ablehnung der Motion vor. Kommissionssprecher Marco Chiesa (svp, TI) erläuterte die Ausgangslage und hielt seitens der Kommissionsmehrheit fest, dass angesichts der grossen Mittel, die den Terrororganisationen im Nahen Osten immer noch zur Verfügung stünden, weitere Massnahmen seitens des Bundesrates erforderlich seien. Die Aufmerksamkeit gegenüber diesen Organisationen, welche zu Hass aufriefen und Propaganda verbreiteten, müsse weiter erhöht werden. Damian Müller hielt dagegen, dass der Bundesrat bereits alles in seiner Macht stehende tue und aufgegleist habe, um herauszufinden, «wo welche Gelder eingesetzt wurden» und wie sie sich auswirkten. Da es in der kleinen Kammer Usus sei, Vorstösse zurückzuweisen, die bereits erfüllt seien, bitte er darum, die Motion aus formalen Gründen abzulehnen. Aussenminister Ignazio Cassis schloss sich der Haltung Müllers an. Entgegen diesen ablehnenden Anträgen beschloss der Ständerat anschliessend die Annahme der Motion. Mit 21 zu 20 Stimmen (keine Enthaltungen) fiel dieser Entscheid äusserst knapp aus. Während sich die Mitglieder der SVP für die Motion aussprachen und die grosse Mehrheit von SP und den Grünen den Vorstoss ablehnten, zeigten sich die Mitte und die FDP.Liberalen gespalten.

Überprüfung allfälliger Finanzierungstätigkeiten über die Schweiz von terroristischen Gruppierungen sowie von nichtstaatlichen Akteuren, welche das Völkerrecht verletzen (Po. 23.4339)

Die APK-NR forderte den Bundesrat dazu auf, über die Schweiz getätigte allfällige Finanzierungstätigkeiten von terroristischen Gruppierungen sowie von nichtstaatlichen Akteuren, welche das Völkerrecht verletzen, zu überprüfen und in einem Bericht aufzuzeigen, wie diese Finanzierungsflüsse gestoppt werden können. Die Kommission verwies dabei insbesondere auf Spenden, die über die Schweiz getätigt werden, und beispielsweise der Hamas zu Gute kommen könnten. Für die Abklärungen müsse das Geldwäschereigesetz und das Sanktionsregime gegenüber dem Iran genau unter die Lupe genommen werden.
Eine Kommissionsminderheit um Franz Grüter (svp, LU) beantragte, das Postulat abzulehnen. Auch der Bundesrat stand dem Postulat kritisch gegenüber. Er erläuterte in einer ausführlichen Stellungnahme, dass er mit der Ausarbeitung des Gesetzes über ein Verbot der Hamas sowie mit der Ergreifung von weiteren Massnahmen, um Terrorismusfinanzierung besser erkennen und bekämpfen zu können, bereits ein gutes «Abwehrdispositiv» geschaffen habe, weshalb ein weiterer Bericht obsolet sei.
Der Nationalrat befasste sich in der Frühjahrssession 2024 mit dem Vorstoss seiner Kommission. Franz Grüter begründete den Antrag der Minderheit auf Ablehnung im Ratsplenum mit dem Umstand, dass das Postulat «alles durcheinander [bringe]: terroristische Gruppierungen, Sanktionsregimes, Geldwäschereigesetz, Völkerrechtsverletzungen von Staaten und nichtstaatlichen Akteuren [...]». Die Minderheit bevorzuge ein zielgerichtetes Vorgehen gegen terroristische Gruppierungen.
Der Antrag der Minderheit vermochte jedoch ausserhalb der SVP-Fraktion nicht zu mobilisieren: Der Vorstoss wurde mit 120 zu 61 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen.

Die Aussenpolitischen Kommissionen befassen sich mit den finanziellen Mitteln für den Nahen Osten

Im Dezember 2023 hatte das Parlament im Rahmen der Beratungen des Voranschlags 2024 beschlossen, dass die finanziellen Mittel für den Nahen Osten für das Jahr 2024 in Tranchen ausgezahlt werden sollen und zuerst die beiden Aussenpolitischen Kommissionen konsultiert werden müssen. Diesem Anliegen kam der Bundesrat nun nach; die beiden APK befassten sich Ende April respektive Anfang Mai 2024 mit der Thematik. Der Bundesrat schlug vor, für eine erste Tranche CHF 56.2 Mio. vorzusehen; damit sollen Organisationen aus der Schweiz, das IKRK, UNO-Organisationen sowie internationale und einige wenige lokale NGO mitfinanziert werden. Die beiden APK stimmten dieser Auszahlung jeweils einstimmig zu. Während die APK-NR dem Bundesrat mit 13 zu 11 Stimmen empfahl, einen Teilbeitrag unter der Einhaltung strikter Bedingungen für die Nothilfe der UNRWA vorzusehen, sah die APK-SR vor, sich erst auf Vorschlag des Bundesrates mit der finanziellen Unterstützung der UNRWA zu befassen.
Gleichzeitig beschloss die APK-NR mit 12 zu 9 Stimmen und einer Enthaltung, eine Kommissionsmotion einzureichen, mit welcher sie festhalten wollte, dass der Schweizer Sockelbeitrag im Jahr 2024 nicht an die UNRWA, sondern an andere Organisationen, welche humanitäre Nothilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung leisten, ausbezahlt wird.

Der Bundesrat will 10 Millionen für die Nothilfe in Gaza freigeben

Der Hilfsappell der UNRWA vom April 2024 blieb in der Schweiz nicht ungehört; Anfang Mai 2024 beschloss der Bundesrat, einen Beitrag in der Höhe von CHF 10 Mio. für die Finanzierung der dringendsten Lebensbedürfnisse im Gazastreifen zu sprechen (beispielsweise für Ernährung, Wasser und Beherbergung). Diese Mittel sollen die Ende April 2024 gesprochenen Hilfszahlungen für die die humanitären Bedürfnisse der Länder im Nahen Osten ergänzen.
Aufgrund des Entscheides des Parlaments im Rahmen der Budgetdebatte 2024 konsultierte der Bundesrat die beiden aussenpolitischen Kommissionen zu diesen weiteren CHF 10 Mio. Die APK-NR sprach sich Mitte Juni 2024 mit 12 zu 11 Stimmen knapp für die Unterstützung des bundesrätlichen Beschlusses aus. Die Kommission drängte aber darauf, dass die Gelder nur für lebensnotwendige Güter verwendet und unter keinen Umständen «für die Deckung der allgemeinen Betriebs- und Administrationskosten der UNRWA» ausgegeben werden dürfen. Die APK-SR unterstützte das Vorgehen des Bundesrates ebenfalls mehrheitlich (7 zu 5 Stimmen). Auch die ständerätliche APK betonte, dass die Gelder ausschliesslich für die Deckung der humanitären Bedürfnisse verwendet werden sollen. Sie vertrat darüber hinaus die Ansicht, dass derzeit nur die UNRWA in der Lage sei, das Leiden der Zivilbevölkerung in Gaza zu mindern; andere Organisationen wie etwa das IKRK verfügten nicht über die notwendigen logistischen und personellen Kapazitäten.

Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen (BRG 24.071)

In Erfüllung zweier Motionen aus der Feder der beiden sicherheitspolitischen Kommissionen (Mo. 23.4312 und Mo. 23.4329) sowie auf eigene Initiative präsentierte der Bundesrat im September 2024 die Botschaft für ein Bundesgesetz über das Verbot der Hamas sowie verwandter Organisationen. Damit sollen die «Hamas, Tarn- und Nachfolgeorganisationen der Hamas sowie Organisationen und Gruppierungen, die im Auftrag oder im Namen der Hamas handeln, verboten werden». Mit diesem Gesetz würde der Erlass präventionspolizeilicher Massnahmen sowie die Beweisführung bei Strafverfahren erleichtert, so der Bundesrat in der Botschaft. Das geplante Verbot schaffe zudem Rechtssicherheit in Bezug auf die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung.

Umleitung des UNRWA-Sockelbeitrags 2024 in die humanitäre Nothilfe für die Bevölkerung in Gaza (Mo. 24.3469)

Der Nationalrat beschloss in der Herbstsession 2024, dass der Bundesrat die Gaza-Hilfe anpassen und den Schweizer Beitrag an die UNRWA streichen soll; die entsprechenden Gelder sollen künftig vielmehr direkt in die Nothilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung fliessen. Diese Forderung ging auf eine entsprechende Motion der APK-NR zurück und wurde auch in der ähnlichen Motion 24.3194 von David Zuberbühler (svp, AR) aufgegriffen. Für die Kommission argumentierten Pierre-André Page (svp, FR) und Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), dass die UNRWA drastisch an Legitimation eingebüsst habe, da aufgezeigt worden sei, dass einige Mitarbeitende Verbindungen zur Hamas pflegten. Mit der Motion solle verhindert werden, dass die UNRWA weiterhin direkte Geldtransfers erhalte und diese missbrauchen könne. Die Mehrheit der APK-NR sei sich sicher, dass es Alternativen zur UNRWA gebe, schloss Portmann die Argumentation der Kommissionsmehrheit. Demgegenüber sprachen sich der Bundesrat und Fabian Molina (sp, ZH) seitens der Minderheit der APK-NR für Ablehnung der Motion aus. Molina führte aus, dass die UNRWA gemäss gesicherten Angaben die einzige Organisation sei, «die über das Personal und die Mittel verfügt, Nothilfe im grossen Stil zu organisieren, zu vermitteln und zu leisten», entsprechend gebe es keine valable Alternative. Zudem sei die Forderung der Motion sehr widersprüchlich, hätten die beiden APK doch erst vor einigen Monaten finanzielle Mittel für die UNRWA bewilligt.
Anschliessend stimmte der Nationalrat mit 120 zu 73 Stimmen und einer Enthaltung für Annahme der Motion. Abgelehnt wurde das Anliegen vonseiten der SP, der Grünen, der Grünliberalen sowie von zwei Mitgliedern der Mitte-Fraktion.

Für eine Reform der Flüchtlingshilfe für Palästinenser (Mo. 24.3815)

Nebst zweier Motionen zur Streichung der Finanzhilfen an die UNRWA (Motion 24.3469 und Motion 24.3194), befasste sich der Nationalrat in der Herbstsession 2024 auch mit einer Motion der APK-NR betreffend eine Reform der Flüchtlingshilfe für die palästinensische Bevölkerung. Die aussenpolitische Kommission des Nationalrates forderte den Bundesrat damit auf, sich bei der internationalen Staatengemeinschaft für eine Alternative zur UNRWA einzusetzen; diese könne beispielsweise in der Integration der UNRWA in das UNHCR liegen. Die Kommission argumentierte, dass die umfassende Unterstützung durch die UNRWA zum einen die wirtschaftliche, politische und soziale Selbstständigkeit der palästinensischen Bevölkerung quasi verhindere und mit der Hilfe auch «Raum für Korruption und die Umleitung von Mitteln in terroristische Kanäle» geschaffen werde.
Während der Bundesrat der Motion zustimmte, jedoch darauf hinwies, dass eine Änderung des UNRWA-Mandats einen Beschluss der UNO-Generalversammlung voraussetze, lehnte eine Kommissionsminderheit um Nicolas Walder (gp, GE) die Motion ab. Dieser führte in der Herbstsession 2024 im Nationalrat aus, dass die Motion zum einen auf Vorwürfen beruhe, die nicht bewiesen seien und zum anderen zu einem Risiko für die Glaubwürdigkeit der neutralen Schweiz führen könne.
Anschliessend votierte die grosse Kammer mit 126 zu 63 Stimmen (0 Enthaltungen) für Annahme der Motion. Die ablehnenden Stimmen stammten von den Grünen- und der SP-Fraktion.

Sofortige Einstellung der Beiträge an das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) (Mo. 24.3194)

David Zuberbühler (svp, AR) forderte mit einer im März 2024 eingereichten Motion die sofortige Einstellung jeglicher Schweizer Beiträge an das Hilfswerk UNRWA. Verschiedene Berichte, unter anderem der UN Watch, hätten gezeigt, dass die UNRWA Lehrpersonen einsetze, welche «Hamas-Terroristen als Märtyrer glorifizieren». Zudem werde in gewissen Lehrbüchern der UNRWA Terrorismus verherrlicht und Antisemitismus gefördert. Angesichts dieser Umstände könne die Schweiz nur mit der Einstellung der Zahlungen wieder zu einer anerkannten, neutralen Vermittlerin werden. Die Motion wurde in der APK-NR vorberaten, wo eine knappe Mehrheit für ihre Ablehnung plädierte, während sich eine Minderheit um Erich Vontobel (svp, ZH) für Annahme aussprach. In der Herbstsession 2024 äusserten sich der Motionär und der Minderheitensprecher zur Motion und bekräftigten die Argumente aus dem Motionstext. Corina Gredig (glp, ZH) führte für die Kommissionsmehrheit aus, dass die UNRWA derzeit die einzige Organisation sei, die der Bevölkerung im Gaza-Streifen grossflächig helfen könne, andere Organisationen wie etwa das IKRK verfügten über viel weniger Personal. Bei einem Finanzierungsstopp für die UNRWA drohten drastische Folgen für die Region. Ähnliche Argumente brachte Fabian Molina (sp, ZH) anschliessend auch zur ähnlich gelagerten Motion 24.3469 vor. Auch Ignazio Cassis wies darauf hin, dass die Bevölkerung des Gaza-Streifens diese Gelder dringend benötige und diese nicht der Finanzierung der UNRWA als solche dienten.
Mit 99 zu 88 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat die Motion Zuberbühler an. Für Annahme stimmten die gesamte SVP-Fraktion sowie Mehrheiten der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.

Bundesrat beantragt 13 Millionen Franken für humanitäre Hilfe im Nahen Osten

Der Bundesrat beantragte Ende September 2024 einen Kredit für eine dritte Tranche über CHF 13 Mio. für humanitäre Hilfsprojekte im Nahen Osten. Aufgrund eines Entscheids des Parlaments vom Dezember 2023 soll die Auszahlung der Gelder erst nach Konsultation der beiden aussenpolitischen Kommissionen erfolgen. Die Gelder sollen Organisationen aus der Schweiz, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, Organisationen der Vereinten Nationen sowie internationalen Nichtregierungsorganisationen zu Gute kommen und sollen «in den Bereichen Wasser, Ernährung, Gesundheit, Bildung, Einkommen und gesellschaftlicher Zusammenhalt im Irak, in Jordanien, im Libanon, im Besetzten Palästinensischen Gebiet und in Syrien» eingesetzt werden. Wie der Bundesrat in der Medienmitteilung weiter ausführte, betrug das Gesamtbudget 2024 für humanitäre Hilfe im Nahen Osten rund CHF 79 Mio., wobei eine erste Tranche von CHF 56.2 Mio. im April 2024 beschlossen worden war und im Mai 2024 eine zweite Tranche in der Höhe von CHF 10 Mio. für die UNRWA bereitgestellt wurde. Die beiden aussenpolitischen Kommissionen hiessen diese dritte Tranche für humanitäre Hilfe im Nahen Osten an ihren Sitzungen im Oktober 2024 gut.

Die Hisbollah verbieten (Mo. 24.4263)

Die beiden sicherheitspolitischen Kommissionen reichten im Oktober 2024 je eine Motion ein, mit welcher sie den Bundesrat beauftragen wollten, die Hisbollah zu verbieten (SiK-NR: Mo. 24.4263, SiK-SR: Mo. 24.4255). Während die nationalrätliche Kommission in ihrer Begründung auf die Gefährlichkeit der Hisbollah und ihre Rolle im Nahost-Konflikt einging, insistierte ihr ständerätliches Pendant darauf, dass der Bundesrat für die Umsetzung dieser Motion einen separaten Weg einschlägt, und nicht denjenigen über die Ausweitung des Verbots der Hamas auf die Hisbollah. Ansonsten werde der laufende Gesetzgebungsprozess zum Hamas-Verbot womöglich verlangsamt.