Bericht über das Börsenwesen

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In der Frage, ob eine Vereinheitlichung des schweizerischen Wertpapierhandels auf dem Konkordatsweg oder über ein eidgenössisches Rahmengesetz vorzunehmen sei, zeichnete sich eine Lösung ab. Die Vereinigung der Schweizer Börsen beschloss, ihren Widerstand gegen eine bundesstaatliche Regelung, wie sie insbesondere von der Nationalbank (SNB) gefordert worden war, aufzugeben. Auch der Nationalrat scheint einer nationalen Regelung den Vorzug zu geben: Er überwies eine aus dem Vorjahr stammende Motion Eisenring (cvp, ZH; Mo. 88.594) für die Schaffung eines Börsengesetzes (BEHG) als Postulat. Die bereits im August 1988 vom Finanzdepartement (EFD) in dieser Sache eingesetzte Studiengruppe muss auch überprüfen, ob in dieses neue Gesetz Bestimmungen über einen verbesserten Anlegerschutz aufgenommen werden sollen. Dies hatte Nationalrätin Uchtenhagen (sp, ZH; Mo. 88.803) in einer im Berichtsjahr als Postulat überwiesenen Motion verlangt.

Die 1988 vom EFD zum Studium des Börsenwesens eingesetzte Arbeitsgruppe legte im Februar ihren Schlussbericht vor. Sie empfahl darin die Schaffung von zwei Bundesgesetzen über den Effektenhandel bzw. über Finanzmarktdienstleistungen. Bundesrat Stich beauftragte im Sommer eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für ein Börsengesetz (BEHG), welches diese im Dezember vorlegen konnte. Der Entwurf ist als Rahmengesetz konzipiert, das der Selbstregulierung grossen Stellenwert einräumt und die Rolle des Staates auf die Oberaufsicht beschränkt. Die Kontrolle über das korrekte Verhalten der Effektenhändler soll analog zum Bankengesetz (BankG) eine Kommission ausüben. Die Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Zürich meldeten allerdings föderalistisch begründete Opposition gegen eine bundesstaatliche Regelung dieses bisher den Kantonen überlassenen Bereichs an.

Das rasche Vorgehen von Bundesrat Stich fand auch im Parlament entsprechende Unterstützung. Im Anschluss an die Beratungen der Aktienrechtsrevision hatte der Nationalrat eine Motion (Mo. 83.015) seiner Kommission überwiesen, welche den Bundesrat auffordert, ein Börsengesetz vorzulegen, welches einen möglichst deregulierten Wertpapierhandel ermöglicht, aber auch gewisse Vorkehren gegen unerwünschte Aufkäufe und Übernahmen von Unternehmen enthält.

Die vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission für ein Börsengesetz (BEHG) hatte ihren Entwurf bereits im Vorjahr vorlegen können. Nachdem sie auf Wunsch des EFD auch noch eine Pflicht zur Offenlegung von Beteiligungen und die in der oben erwähnten Motion gewünschte Regelung für öffentliche Übernahmeangebote in den Text aufgenommen hatte, eröffnete das Finanzdepartement im Juni die Vernehmlassung. Diese ergab mehrheitlich positive Reaktionen. Sowohl der Grundsatz einer bundesstaatlichen Regelung als auch die liberale Ausgestaltung des als Rahmengesetz konzipierten Expertenentwurfs fanden weitgehend Zustimmung. Die Nationalbank (SNB) wünschte allerdings, wie auch die Bankiers und die Börsenbetreiber, ein separates Gesetz für die Bestimmungen über Unternehmensaufkäufe. Grundsätzliche Kritik ertönte nur von der Regierung des Kantons Zürich, welche sich – im Gegensatz zur Zürcher Börse – für die Beibehaltung der bisherigen föderalistischen Lösung einsetzte.