Sozialpolitik
Bevölkerung und Arbeit
Die Bevölkerung wuchs um weitere 44 000 Personen an. – Das Parlament räumte die im Vorjahr entstandenen Differenzen beim neuen Bundesgesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit aus. – Die Beschäftigtenzahl, die Reallöhne und die Arbeitszeiten blieben weitgehend stabil. – Im Baugewerbe und in der Maschinenindustrie wurden neue Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen. – Der Nationalrat stimmte der Senkung der Altersgrenze für den Sonderschutz für jugendliche Arbeitnehmer auf 18 Jahre zu.
Bevölkerungsentwicklung
Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz betrug am Ende des Berichtsjahres
7 459 100 Personen. Den definitiven Angaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) zufolge bedeutete dies einen Anstieg um rund 44 000 Personen oder
0,6% gegenüber 2004. Damit fiel die Zunahme etwas geringer aus als in den drei Vorjahren. Nicht in dieser Zahl enthalten sind die Kurzaufenthalter mit einer Bewilligung für weniger als ein Jahr sowie die Personen im Asylbereich. Der Hauptfaktor für das Bevölkerungswachstum war wie in den Vorjahren die Immigration. Der Einwanderungsüberschuss (Einwanderungen abzüglich Auswanderungen) betrug 36 200 Personen, der Geburtenüberschuss (Geburten abzüglich Todesfälle) trug mit 11 800 Personen zu einem Viertel an das Bevölkerungswachstum bei. Der Einwanderungsüberschuss war jedoch deutlich tiefer als 2004; er ging ausschliesslich auf das Konto der ausländischen Bevölkerung, während mehr schweizerische Staatsangehörige auswanderten als in die Schweiz zurückkehrten (+44 700 ausländische Staatsangehörige gegenüber -8500 schweizerischen)
[1].
Arbeitswelt
Der Nationalrat hatte 2003 mit knappem Mehr einer von der Linken und der CVP unterstützten parlamentarischen Initiative Dormann (cvp, LU) Folge gegeben, welche eine spezielle gesetzliche Regelung der
Arbeit auf Abruf und dabei insbesondere einen ausgebauten Schutz für die Beschäftigten verlangte. Die WAK-NR beantragte nun, dieses Ziel sei nicht weiter zu verfolgen und der Vorstoss abzuschreiben. Ein enges gesetzliches Korsett mit Vorschriften über Minimalbeschäftigung, Entschädigung für die Zeit, während der sich die Angestellten für eine Arbeit auf Abruf bereit zu halten haben, frühe Ankündigung von Aufgeboten etc. würde diese Beschäftigungsform für die Unternehmer derart unattraktiv machen, dass im Endeffekt Arbeitsplätze verloren gehen und die auf diese Weise Beschäftigten zu Arbeitslosen würden. Die CVP-Vertreterin Meier-Schatz (SG) wehrte sich vergeblich für die Initiative. Da diesmal nicht nur die SVP, die FDP und die LP, sondern auch fast die Hälfte der CVP-Fraktion die Initiative ablehnten, wurde sie mit 101 zu 79 Stimmen abgeschrieben
[2].
Das Parlament räumte im Berichtsjahr die im Vorjahr entstandenen Differenzen beim neuen
Bundesgesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit aus. Der Nationalrat gab in den meisten Punkten nach und schwenkte auf die schärfere, vom Bundesrat und vom Ständerat befürwortete Version ein. Im ersten Durchgang lehnte er zwar die Möglichkeit des Ausschlusses vom Zugang zu staatlichen Beihilfen als Zusatzsanktion und die Publikmachung der wegen Schwarzarbeit vom öffentlichen Beschaffungswesen ausgeschlossenen Firmen noch ab, gab dann aber nach. In der Schlussabstimmung gab es im Nationalrat Opposition von unterschiedlicher Seite. Die SVP lehnte das Gesetz ab, weil es für die Arbeitgeber zusätzliche administrative Belastungen und Kontrollen bringen würde, der Liberale Beck (VD) war dagegen, weil Landwirte nicht nur mit Bussen, sondern in gravierenden Fällen auch mit dem Entzug von Subventionen bestraft werden können. Die extreme Linke ihrerseits monierte, dass eine bessere Massnahme zur Bekämpfung der Schwarzarbeit darin bestehen würde, allen illegal anwesenden Ausländern (so genannte ‚Sans-papiers’) eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Trotz dieser Einwände – diejenigen der SVP wurden von aussen vom Schweizerischen Arbeitgeberverband sekundiert – hiess der Nationalrat das neue Gesetz in der Schlussabstimmung mit 121 zu 48 Stimmen gut; im Ständerat gab es bloss zwei Gegenstimmen
[3].
Arbeitsmarkt
Die
Zahl der Beschäftigten war weitgehend
stabil. Die Zunahme von 0,1% blieb unter dem Anstieg des Vorjahres. Profitieren konnten vom Zuwachs ausschliesslich die Frauen (+0,4%), während die Zahl der beschäftigten Männer leicht zurück ging (-0,1%). Damit zählte die Schweiz im Berichtsjahr durchschnittlich 1 865 00 erwerbstätige Frauen und 2 317 000 Männer. Netto wurden die neuen Stellen ausschliesslich mit ausländischen Staatsangehörigen besetzt: Die Zahl der erwerbstätigen Ausländer stieg im Jahresmittel um 1,1% auf 1 056 000 an und diejenige der Schweizerinnen und Schweizer sank um 0,2% auf 3 126 000. Das starke Wirtschaftswachstum führte zu einem leichten Anstieg der Zahl der Arbeitsplätze im Industriesektor und im Bauwesen (0,5%). In wichtigen Bereichen des Dienstleistungssektors (Detailhandel, Finanzmarkt und Versicherungen) nahm die Zahl der Beschäftigten ab; insgesamt blieb diese im Dienstleistungssektor jedoch dank kräftigem Wachstum im öffentlichen Bereich (v.a. Unterricht und Gesundheitswesen) stabil
[4].
Die
Arbeitslosenquote war im Jahr 2005
leicht rückläufig. Im saisonbereinigten Jahresmittel sank sie von 3,9% auf 3,8%; am Jahresende betrug sie 3,7% (Dezember 2004: 4,0%), was einer Zahl von 151 764 Personen entsprach. In der Deutschschweiz reduzierte sich die Arbeitslosenquote auf 3,2%, während sie in der Romandie und im Tessin mit 5,1% praktisch unverändert blieb. Ausländer waren mit einer durchschnittlichen Jahresquote von 6,9% mehr als doppelt so häufig betroffen wie schweizerische Staatsangehörige (2,9%)
[5].
Trotz des Wirtschaftsaufschwungs und der leicht gesunkenen Arbeitslosenzahlen blieb die
Angst vor dem Stellenverlust die Hauptsorge der Schweizerinnen und Schweizer. Gemäss einer regelmässig durchgeführten repräsentativen Umfrage („Sorgenbarometer“ der GfS Bern), stieg der Anteil der Personen, welche die Arbeitslosigkeit zu den fünf wichtigsten Problemen zählte, sogar leicht an (von 69% im Jahr 2004 auf 71%)
[6].
Löhne
Laut den Berechnungen des BFS stieg der Nominallohnindex im Jahr 2005 um durchschnittlich 1,0% gegenüber 2004. Unter Einbezug der Inflationsrate von 1,2% ergab sich bei den
Reallöhnen eine
Reduktion um 0,2%. Das im Vorjahr konstatierte Auseinanderdriften der Lohnwachstumsraten der einzelnen
Wirtschaftssektoren zugunsten des Dienstleistungssektors hat sich nicht bestätigt: Im Berichtsjahr fiel der Anstieg im Sekundärsektor höher aus als im Tertiärsektor
[7].
Zu etwas höheren Zahlen beim Lohnwachstum kamen Studien der ETH Zürich und der Bank UBS. Die
Basislöhne stiegen demnach im Berichtsjahr im Schnitt nominal um 1,5%; darin nicht enthalten sind Erhöhungen der für bestimmte Branchen und Tätigkeiten immer wichtiger werdenden Bonuszahlungen
[8]. Eine Analyse des Bundesamtes für Statistik, welche sich auf Lohnzahlungen des Jahres 2004 stützte, kam zum Schluss, dass der Anteil der zu
Tieflöhnen Beschäftigten (weniger als 3500 Fr. im Monat) am Total der Lohnempfänger seit dem Jahr 2000 von 21% auf 7% zurückgegangen ist. Die Gewerkschaften sahen darin im Wesentlichen das Resultat ihrer Kampagne für die Erhöhung der gesamtarbeitsvertraglich zugesicherten Mindestlöhne in typischen Tieflohnbranchen
[9].
Zu der vom Parlament beschlossenen Offenlegung der Löhne der Verwaltungsräte
und Geschäftsleitungen von börsenkotierten Unternehmen siehe oben, Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht).
Arbeitszeit
Gemäss BFS blieb im Jahr 2005 die durchschnittliche
betriebsübliche Wochenarbeitszeit mit 41,6 Stunden gegenüber dem Vorjahr stabil. Dies gilt sowohl für die Gesamtwirtschaft als auch für die einzelnen Wirtschaftssektoren (41,3 Stunden im Sekundär- und 41,7 Stunden im Tertiärsektor)
[10].
Das Volk stimmte am 27. November der Arbeitsgesetzrevision und damit der generellen
Öffnung der Läden in grossen Bahnhöfen und Flughäfen an Sonntagen und am Abend mit einer hauchdünnen Mehrheit von 50,6% zu. Die Vorlage, von der bloss rund 2500 Angestellte direkt betroffen waren, war sowohl von den Gewerkschaften als auch von den Kirchen vehement bekämpft worden, weil diese darin einen entscheidenden Schritt zur Aufhebung des grundsätzlich arbeitsfreien Sonntags sahen. Nach diesem äusserst knappen Abstimmungsausgang verzichteten die CVP und eine starke Minderheit der SVP darauf, das im Parlament aufgegleiste Projekt einer generellen Zulassung der Sonntagsarbeit im Detailhandel weiter zu unterstützen. Mit ihrer Hilfe gelang es der Linken, eine entsprechende, vom Ständerat bereits gutgeheissene Motion im Nationalrat abzulehnen
[11].
Kollektive Arbeitsbeziehungen
Im Juni einigte sich die Gewerkschaft Unia mit den Arbeitgebern auf einen neuen, ab 2006 gültigen Gesamtarbeitsvertrag für das
Bauhauptgewerbe. Nachdem im Vorjahr die Vertragsverhandlungen von gewerkschaftlichen Protestaktionen geprägt gewesen waren, erstaunte die rasche und friedliche Einigung. Auch bei den Malern und Gipsern, wo im Vorjahr noch gestreikt worden war, kam ein neuer GAV zustande. Vertreter sowohl der Arbeitgeberverbände als auch der Gewerkschaften gaben zu, dass die
bevorstehende Volksabstimmung über die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitglieder ein wesentlicher Grund für die raschen und ohne störende Begleitgeräusche erzielten Vertragsabschlüsse gewesen war. Grosse Arbeitskonflikte und lautstarke Kontroversen zwischen den Sozialpartnern hätten ihrer Ansicht nach die Annahme des Freizügigkeitsabkommens gefährdet
[12].
Im
Strassentransportgewerbe wurde im Berichtsjahr erstmals ein für die ganze Schweiz geltender Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen. Diese ab 2006 geltende Vereinbarung regelt die Minimalanforderungen an die weiterhin regional oder einzelbetrieblich ausgehandelten Arbeitsverträge
[13].
In der
Maschinenindustrie einigten sich die Sozialpartner auf einen neuen GAV, der als wesentlichste Neuerung eine Erweiterung der Umstände enthält, unter denen eine Ausdehnung der Jahresarbeitszeit erlaubt ist. Diese von den Gewerkschaften lange bekämpfte Flexibilisierung ist neu nicht nur zur Überwindung einer wirtschaftlichen Gefährdung eines Unternehmens möglich, sondern auch in bestimmten anderen Situationen (z.B. zur Bewältigung von besonderen Innovationsprojekten oder zur Anpassung an spezielle Produktionszyklen). Als Gegenleistung für ihr Entgegenkommen erhielten die Gewerkschaften gewisse Mitspracherechte
[14].
Im Bereich der
Printmedien demonstrierten die Unternehmer, dass sie wenig Interesse an einer raschen Beendigung des vertragslosen Zustands haben. Sie verabschiedeten an ihrer Jahrestagung einen Katalog von Mindeststandards für individuelle Arbeitsverträge, den sie im Alleingang, das heisst ohne Konsultation der Gewerkschaften erarbeitetet hatten
[15].
Der Arbeitskonflikt beim Buntmetallverarbeiter Swissmetal
Boillat im bernjurassischen
Reconvilier brach im November wieder offen aus. Der Anlass war diesmal der Entscheid der Unternehmensleitung, den Giessereibetrieb im Werk Reconvilier aufzuheben und in das Werk Dornach (SO) zu verlagern. Im Gegensatz zum Vorjahr kam es aber noch nicht zu einem Streik
[16].
Im Januar nahmen die rund 150 Beschäftigten des Zigarettenfilter-Herstellers
Filtrona in Crissier (VD) ihren im Dezember des Vorjahres abgebrochenen Streik wieder auf. Hauptstreitpunkt war die Höhe der im Rahmen eines Sozialplans vom Unternehmen auszuschüttenden Entschädigung im Falle einer Betriebsschliessung. Nach gut einer Woche gaben die Streikenden auf und akzeptierten den zwischen der Gewerkschaft Comedia und der britischen Firma ausgehandelten und um eine Beschäftigungsgarantie bis Juni ergänzten Sozialplan. Am 10. Juni wurde die Betriebsstätte in Crissier endgültig geschlossen
[17].
Im Kanton Zürich legten im Juli rund 100 Chauffeure der Firma, welche die Konzession für den
Taxibetrieb am Flughafen Kloten besitzt, ihre Arbeit für fünf Tage nieder. Die Lohnforderungen der von der Gewerkschaft Unia vertretenen Taxifahrer wurden teilweise erfüllt
[18]. Im Kanton Tessin traten im Herbst 22 Beschäftigte der
Schifffahrtgesellschaft Luganersee für fünf Tage in den Ausstand. Sie protestierten damit gegen Entlassungen und stellten die Aktion ein, nachdem Gespräche über einen Sozialplan vereinbart worden waren
[19].
In der Volksabstimmung vom 25. September hiess das Volk mit einer Mehrheit von 56% die Erweiterung des
Personenfreizügigkeitsabkommens auf die zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten sowie die flankierenden Massnahmen gut
[20]. Dank diesen vom Parlament beschlossenen flankierenden Massnahmen zur Verhinderung von Lohndumping hatten die Gewerkschaften und in ihrem Gefolge die SP, die GP und die PdA ihre ursprünglichen Einwände aufgegeben und die Vorlage auch in der Volksabstimmung unterstützt. An der Unterschriftensammlung für das Referendum beteiligte sich allerdings neben der SVP und den Schweizer Demokraten auch ein aus der äusseren Linken und einzelnen Funktionären des SGB und seiner Mitgliedergewerkschaften gebildetes Komitee
[21].
Der Nationalrat stimmte diskussionslos einem Postulat Fehr (sp, SH) zu, das vom Bundesrat eine jährliche, nach Kantonen differenzierte Berichterstattung über den
Vollzug der flankierenden Massnahmen verlangt
[22]. Diese flankierenden Massnahmen sind schweizerisches Recht und gelten daher für
im Ausland ansässige Personalverleihungsfirmen nicht. Deren Tätigkeit ist in der Schweiz zwar grundsätzlich verboten, kann von den Kantonen jedoch in bestimmten Fällen erlaubt werden. Obwohl diese Regelung für Ausnahmefälle geschaffen wurde, bei denen in der Schweiz gar kein geeignetes Personal rekrutierbar ist (z.B. für hochspezialisierte Reinigungs- und Wartungsarbeiten in Kernkraftwerken), bestand die Gefahr, dass diese Bestimmung in Zukunft zur Umgehung der flankierenden Massnahmen ausgenutzt werden könnte. Der Nationalrat überwies deshalb einstimmig und im Einvernehmen mit dem Bundesrat eine Motion Gysin (fdp, BL) für eine Aufhebung dieser Ausnahmeregelung; die kleine Kammer schloss sich diesem Entscheid an
[23].
Schutz der Arbeitnehmenden
Als Erstrat stimmte der Ständerat in der Frühjahrssession der Senkung der Altersgrenze für den
Sonderschutz für Jugendliche am Arbeitsplatz von 20 auf 18 Jahre mit 27 zu 8 Stimmen zu. Damit gelten in Bezug auf Nacht- und Sonntagsarbeit für alle Beschäftigten ab 18 Jahren die gleichen Schutzbestimmungen. Grundsätzlich hatte auch die Linke gegen die generelle Senkung der Altersgrenze kaum Einwände; auch für sie machte es wenig Sinn, für Personen zwischen 18 und 20 Jahren, welche zivilrechtlich als volljährig gelten, Nachtarbeit grundsätzlich zu verbieten. Ständerätin Fetz (sp, BS) verlangte aber die Beibehaltung von besonderen Schutzbestimmungen für Lehrlinge. Ein Antrag der Linken, das Schutzalter für Lehrlinge bei 20 Jahren zu belassen, fand zwar bei einem Teil der CVP-Abgeordneten, nicht aber bei der Ratsmehrheit Anklang und wurde mit 27 zu 11 Stimmen abgelehnt. Bundesrat Deiss hatte als Gegenargument gegen diesen Antrag ins Feld geführt, dass die Sozialpartner in Branchen mit regelmässiger Nachtarbeit auch nach der Gesetzesänderung ohne weiteres Sonderbestimmungen für ihre Lehrlinge vereinbaren können. Die Jugendsektionen der Gewerkschaften und der SP protestierten gegen diesen Entscheid und drohten, sollte er vom Nationalrat bestätigt werden, mit einem Referendum
[24].
Der im europäischen Vergleich schwache schweizerische
Kündigungsschutz sieht vor, dass bei missbräuchlicher Kündigung kein Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung besteht, sondern nur auf eine monetäre Entschädigung. Aber auch dieser Anspruch gilt nur, wenn die betroffene Person während der Kündigungsfrist gegen die Kündigung Einspruch erhebt und die Entschädigungsforderung bis höchstens 180 Tage nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses anmeldet. Da Arbeitnehmer oft ungenügend über ihre Rechte informiert seien, wollte Nationalrätin Thanei (sp, ZH) zumindest die erste Frist streichen. Der Nationalrat lehnte es jedoch mit 81 zu 75 Stimmen ab, ihrer parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Für die obsiegende bürgerliche Kommissionsmehrheit macht die Beibehaltung dieser Frist vor allem deshalb Sinn, weil nach einer Einsprache gegen eine Kündigung die Arbeitgeber oft deren missbräuchlichen Charakter einsehen und diese zurückziehen würden. Dieser erwünschte Effekt könne aber nur zum Tragen kommen, wenn die Einsprache vor Ablauf der Kündigungsfrist eingereicht werden muss
[25].
Gegen den Widerstand der Linken beschloss der Nationalrat, eine parlamentarische Initiative Gross (sp, TG) für den
Schutz der Beschäftigten bei Massenentlassungen, welcher der Rat 1998 Folge gegeben hatte, nicht weiter zu verfolgen und abzuschreiben. Einige von Gross angesprochene Probleme (z.B. die Rechte der Beschäftigten beim Besitzwechsel einer Firma) seien mit dem neuen Fusionsgesetz geregelt worden, andere Forderungen (v.a. Ansprüche auf einen Sozialplan oder Weiterbeschäftigung nach dem Neustart einer Konkurs gegangenen Firma) wurden wegen ihrer für die Wirtschaft schädlichen Auswirkungen abgelehnt
[26].
Weiterführende Literatur
Clemens, Wolfgang e.a. (Hg.), Arbeit in späteren Lebensphasen: Sackgassen, Perspektiven, Visionen, Bern 2005.
Deutsch, Joseph, Les ségrégations sur le marché suisse du travail: analyse des inégalités selon le sexe, la nationalité et l’âge, de 1970 à 2000, Neuchâtel (OFS) 2005.
Sheldon, George, Der berufsstrukturelle Wandel der Beschäftigung in der Schweiz 1970-2000, Neuenburg (BFS) 2005.
Steffen, Isabelle, „Determinanten der Arbeitslosigkeit in den Schweizer Kantonen: Eine empirische Untersuchung zu den Disparitäten in den kantonalen Arbeitslosenquoten“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2005, Nr. 2, S. 27-54.
[2]
AB NR, 2005, S. 444 ff. Vgl.
SPJ 2003, S. 197 und
2004, S. 163.
[3]
AB NR, 2005, S. 211 ff., 695 ff. und 969;
AB SR, 2005, S. 469 f. und 665;
BBl, 2005, S. 4193 ff.;
NZZ, 14.6.05 und
TA, 16.6.05 (Arbeitgeberverband). Vgl.
SPJ 2004, S. 163 f.
[4]
Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 7/8, S. 85.
[5]
Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 7/8, S. 86 ff.
[7]
Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 7/8, S. 91 f.
[9]
Lib. und
TA, 9.11.05.
[10]
Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 7/8, S. 90.
[11] Siehe dazu im Detail oben, Teil I, 4a (Wettbewerb).
[12]
TA, 7.6. und 13.6.05. Zu den Malern und Gipsern siehe
SPJ 2004, S. 168. Zur Volksabstimmung über die Personenfreizügigkeit siehe oben, Teil I, 2 (Europe: UE).
[15]
NZZ, 16.9.05;
WoZ, 22.9.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 168.
[16]
QJ, 16.11. und 13.12.05. Siehe
SPJ 2004, S. 168 f.
[17]
24h, 18.1., 27.1. und 4.6.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 169.
[18]
TA, 7.7., 9.7., 12.7., 15.7. und 16.7.05.
[20] Siehe dazu oben, Teil I, 2 (Europe: UE).
[21]
NLZ, 11.1.05 (Referendumskomitee).
[22]
AB NR, 2005, S. 1975.
[23]
AB NR, 2005, S. 452;
AB SR, 2005, S. 769.
[24]
AB SR, 2005, S. 259 ff.;
SGT und
TA, 16.3.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 170 f.
[25]
AB NR, 2005, S. 1490 ff.
[26]
AB NR, 2005, S. 1956 ff. Vgl.
SPJ 1998, S. 232. Zum Fusionsgesetz siehe
SPJ 2003, S. 108.