Sondersession zum Thema Waldsterben (BRG 84.088)

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In der namentlich dem Thema Waldsterben gewidmeten Sondersession bekräftigte Bundesrat Egli die Entschlossenheit der Regierung, die technischen Möglichkeiten zur Verringerung der Umweltbelastung konsequent auszuschöpfen und nötigenfalls auch unpopuläre Massnahmen zu ergreifen. Erklärtes Ziel sei die Rückführung der Luftqualität auf den Stand der 50er Jahre. Als allgemeine Stossrichtung der Umweltpolitik skizzierte er die Verminderung der Schadstoffemissionen im Verkehrs- und Energiebereich, die Förderung des öffentlichen Verkehrs und der Forschung, vermehrte Waldpflege, bessere internationale Zusammenarbeit und offene Information über die Lage. Um das gesteckte Ziel zu erreichen bedürfe es freilich eines völligen Umdenkens, ja einer Umkehr der Gesellschaft. Auch die eidgenössischen Räte waren sich in der generellen Lagebeurteilung weitgehend einig und fanden bezüglich zahlreicher Massnahmen zu einem Konsens, der vor Jahresfrist noch nicht möglich erschien. Allerdings lehnte der Nationalrat eigentliche Notrechtsmassnahmen für den kranken Wald ab. Die Volkskammer stimmte jedoch etlichen Forderungen in Motionsform zu, auch wenn die Regierung diese aus Gründen der Gewaltentrennung nur in Postulatform entgegennehmen wollte. Überwiesen wurden sämtliche Motionen und Postulate der vorberatenden Nationalratskommission zu den Bereichen Waldwirtschaft, Verkehr, Feuerung und Energie sowie Kehrichtverbrennung, mit denen diese die Forderungen des «10-Punkte-Programmes» der Regierungsparteien vom Herbst 1984 übernommen hatte. Die Kommission des Ständerates ihreseits hatte sich mit dem vom Bundesrat im Waldbericht unterbreiteten Massnahmenkatalog zufriedengegeben und keine eigenen Vorstösse unterbreitet.

Dossier: Waldsterben in den 1980er Jahren

Wichtigste Entscheidung der «Waldsession» war eine von beiden Räten überwiesene Motion, die von der Regierung verlangte, bis spätestens Ende Jahr ein Konzept vorzulegen, wie und bis wann die Luftqualität auf den Stand der 50er Jahre zurückgeführt werden könne. Von Bedeutung war dieser Auftrag nicht zuletzt deshalb, weil darin weitergehende Massnahmen enthalten sind, als in den zahlreichen Motionen und Postulaten noch speziell aufgezählt wurden. Im übrigen überwog in beiden Räten die Erwartung, dass die ökologische Krise mit technischen Massnahmen gemeistert werden könne und sich drastische Eingriffe vermeiden liessen. So lehnte der Nationalrat mit deutlichem Mehr selbst die Vorbereitung einer Treibstoff- und Heizölrationierung ab. Aufsehen erregte dagegen sein Entschied für die Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen im Sinne einer Sofortmassnahme. Unter Namensaufruf überwiesen die Volksvertreter diesen Vorstoss der LdU/EVP-Fraktion mit 103 gegen 87 Stimmen als Motion und demonstrierten damit ihren Willen, mit konkreten Massnahmen gegen das Waldsterben vorzugehen. Gegen den Antrag des Bundesrates stimmten sie auch der Motion Müller (svp, BE) (Mo. 83.920) betreffend Schadstoffbegrenzung bei Dieselfahrzeugen zu und hiessen mit grossem Mehr zwei Motionen der Nationalratskommission gut, von denen die eine jährliche Abgaskontrollen bei Autos sowie die Einführung der Abgasnormen US-83 auf Oktober 1987, die andere die Senkung des Schwefelgehaltes im Heizöl «extra leicht» auf 0.15 Prozent bis Anfang 1987 verlangte. Vom Ständerat wurden diese den Verkehrs- und Energiebereich betreffenden Forderungen jedoch alle in unverbindliche Postulate abgeschwächt. Die kleine Kammer sprach sich zwar – in Übereinstimmung mit dem Nationalrat – bei drei Vorstössen zur Schadenbeseitigung und finanziellen Hilfe an die Waldwirtschaft für verbindliche Aufträge an den Bundesrat aus; dass sie aber bei Massnahmen zur Ursachenbekämpfung aus formaljuristischen Gründen auf die Motionsform verzichtete, stiess auf Befremden.

Dossier: Waldsterben in den 1980er Jahren