Diskussionen um die Verwendung des Gewinns der Schweizerischen Nationalbank (1982–1985)

Als PDF speichern

Ein neues Politikum fand sich in der Verwendung des Gewinnes der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der 1982 hauptsächlich aus Zinserträgen aus Devisenanlagen stammte. Es entspann sich in der Presse eine Kontroverse darüber, ob diese Gewinne zur Deckung der Rechnungsdefizite von Bund und Kantonen heranzuziehen seien. Die Nationalbank verwendete jedoch auch dieses Jahr den Überschuss in erster Linie zur Erhöhung ihrer Reserven für Währungsrisiken.

Eine politische Auseinandersetzung bahnt sich zum Thema der Verwendung der Nationalbankgewinne an. Nach gültiger Regelung wird nur ein geringer Betrag in Form von Dividenden und Zuweisungen an Bund und Kantone ausgeschüttet. Der Grossteil allfälliger Überschüsse (1982 über CHF zwei Mrd.) wird hingegen zur Häufung von Reserven für die Abdeckung von Verlustrisiken, die vor allem im Währungsbereich bestehen, verwendet. Verschiedentlich wurde nun gefordert, dass die Nationalbank (SNB) mit ihren Gewinnen einen Beitrag zur Verminderung des Bundeshaushaltsdefizits leisten solle. Die Währungsbehörden lehnten dieses Ansinnen mit Nachdruck ab. Ihr Hauptargument war dabei nicht einmal die Gefahr einer inflationär wirkenden Geldmengenausweitung, als vielmehr die Befürchtung, mit derartigen Unterstützungszahlungen die finanzpolitische Ausgabendisziplin zu sabotieren. Im Nationalrat sind diesbezüglich zwei Motionen eingereicht worden: Hans Schmid (sp, SG, Mo. 82.934) verlangt eine präzisere Regelung der Gewinnermittlung, die LdU-EVP-Fraktion fordert eine zusätzliche Gewinnablieferung an den Bund (Mo. 82.901).

Die Kontroverse über die Verwendung der Gewinne der Nationalbank hielt im Berichtsjahr an. Der Nationalrat behandelte drei 1982 eingereichte Motionen, die alle auf eine teilweise Heranziehung dieser Gewinne als Finanzquelle des Bundes abzielten: Motion der LdU-EVP-Fraktion (Mo. 82.901) sowie Motionen Schmid (sp, SG, Mo. 82.934) Feigenwinter (cvp, BL, Mo. 82.935). Auf Antrag der Landesregierung überwies die grosse Kammer die Vorstösse lediglich in Form von Postulaten.

Die Nationalbank (SNB) erzielte 1983 einen Ertragsüberschuss von über CHF zwei Mrd. Sie verwendete ihn in erster Linie zur Erhöhung der Rückstellungen, insbesondere derjenigen für Währungsrisiken.

Zusätzliche Einnahmen, die im Finanzplan zwar nicht aufgeführt sind, über deren Erschliessung jedoch seit Jahren diskutiert wird, werden durch eine teilweise Ablieferung der Gewinne der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erwartet. Nachdem sich die SNB bisher geweigert hatte, mit ihren Gewinnen zur Reduktion der Defizite der öffentlichen Haushalte beizutragen, signalisierte sie nach einem Gespräch mit dem Bundesrat die Bereitschaft, für 1984 CHF 300 Mio auszuschütten. Der Bundesrat zeigte sich jedoch an diesem Angebot wenig interessiert, da gemäss den Bestimmungen des Verfassungsartikels über die Nationalbank (Art. 39 BV) den Kantonen zwei Drittel, dem Bund hingegen nur ein Drittel der ausgeschütteten Summe zukommen würde. Um in einem grösseren Ausmass an den Nationalbankgewinnen teilhaben zu können, will der Bundesrat vorerst den seiner Meinung nach veralteten Ausschüttungsmodus der SNB abändern.

Die Frage, ob die Nationalbank (SNB) einen Gewinnanteil an den Staat abliefern soll, hat sich in den letzten Jahren zu einem Dauerthema der helvetischen Politik entwickelt. Nachdem die grosse Kammer im Vorjahr in diese Richtung zielende Postulate überwiesen hatte, führte die Landesregierung mit der Nationalbankleitung diesbezügliche Gespräche. Von Seiten der Nationalbank wurde darauf aufmerksam gemacht, dass eine zusätzliche Gewinnausschüttung geldmengenpolitische Auswirkungen hätte, die durch Restriktionen im Geldschöpfungsprozess für die private Wirtschaft kompensiert werden müssten. Ferner wurde betont, dass damit die Budgetdisziplin der politischen Behörden untergraben würde, und die Nationalbank eines Teils ihrer Autonomie verlustig ginge. Dies namentlich deshalb, weil, wie Beispiele aus andern Ländern (BRD) bzw. andern Bereichen (PTT) zeigen, die Politiker in der Regel dahin tendierten, Gewinnablieferungen nicht als einmaligen Zuschuss zu betrachten, sondern vielmehr als feste Grösse in die Budgetplanung aufzunehmen. Trotz ihrer grundsätzlichen Gegnerschaft erklärte die Nationalbank schliesslich, dass sie es verantworten könnte, dem politischen Druck nachzugeben und für 1984 CHF 300 Mio. auszuschütten. Die Bundesbehörden zeigten an diesem Angebot allerdings wenig Interesse. Dazu beigetragen hat sicher nicht zuletzt die Verfassungsbestimmung (Art. 39 BV), dass von einem allfällig zu verteilenden Überschuss lediglich ein Drittel an den Bund, zwei Drittel hingegen an die Kantone auszurichten sind. Somit konnte die Nationalbank den Ertragsüberschuss von rund CHF 2.3 Mrd. (ohne Buchgewinne aus Währungsrelationsverschiebungen) zum Grossteil dem Konto «Rückstellungen für Währungsrisiken» gutschreiben, dessen Stand sich auf CHF 10.8 Mrd. erhöhte. Der effektiv an die Aktionäre und die öffentliche Hand verteilte Reingewinn belief sich auf CHF 7.6 Mio.

Die Diskussion um eine allfällige Gewinnablieferung der Nationalbank (SNB) an den Staat ist im Berichtsjahr praktisch zum Erliegen gekommen. Dazu mag, neben der wachsenden Einsicht in die geld- und namentlich budgetpolitischen Implikationen derartiger Ausschüttungen, auch die spürbare Verbesserung des Staatshaushalts beigetragen haben. Die Rechnung der SNB schloss 1985 mit einem Ertragsüberschuss von CHF 2'666 Mio. noch etwas besser ab als im Vorjahr; der grösste Teil davon wurde zur Erhöhung der Rückstellungen für Währungsrisiken verwendet.