Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 21. Juni 1991

Als PDF speichern

Der Bereich Radio und Fernsehen steht in Erwartung einer gesetzlichen Regelung, die dem freien Wettbewerb privater Anbieter ein weites Feld öffnen will. Diejenigen Stimmen, die die Erweiterung des Medienangebots mit einer Diskussion um dessen gesellschaftlichen Nutzen verbinden möchten, sehen sich je länger desto mehr zu Kompromissen und zur Akzeptierung der neùen Gegebenheiten gezwungen. Die Serie präjudizierender Einzelentscheide ging zwar auch im Jahre 1986 weiter, auf der andern Seite blieben bedeutende Entscheide wegen der bevorstehenden gesetzlichen Regelung in der Schwebe. Um so mehr Bedeutung erlangten deshalb Stellungnahmen von neuformierten Medienlobbies.

Das kurz vor der Sommerpause zur Vernehmlassung vorgelegte Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (BRF) soll ein offenes und flexibles Rahmengesetz werden, das der raschen Entwicklung der Medien Rechnung tragen kann. Es steht in engem Zusammenhang mit dem gleichzeitig vorgelegten Entwurf zu einem neuen Fernmeldegesetz. Das BRF postuliert ein Dreiebenenmodell. Im lokalen und regionalen Bereich soll freier Wettbewerb herrschen, wobei die bisherige Beschränkung des Wirkungsbereichs auf einen zehn Kilometer-Radius zugunsten einer weiter gefassten Limitierung auf Gebiete, die kulturell und wirtschaftlich eine Einheit bilden, wegfallen wird. Vorgesehen ist im weitern die Möglichkeit der Einspeisung von Programmen in Kabelnetze, die nicht im festgelegten Versorgungsgebiet des Senders liegen. Auf der sprachregionalen/nationalen Ebene soll die SRG ihre Sonderstellung und die Priorität bei den Gebühren beibehalten. Sie hätte dafür weiterhin einen umfassenden Leistungsauftrag zu erfüllen, der den regionalen Sendern nicht aufgebürdet wird. Die Möglichkeit eines Konkurrenznetzes zur SRG soll nicht ausgeschlossen werden, wobei in diesem Falle die Bundesversammlung über die Sendeerlaubnis beschliessen müsste. Die internationale Ebene (Satellitenfernsehen) wird der Regelung durch die Marktkräfte und die Verfügbarkeit von Frequenzen und Verbreitungsmitteln überlassen. Dieser Bereich soll bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes durch einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss, der 1986 bereits von einer Ständeratskommission beraten wurde, vorzeitig geregelt werden. Der Vemehmlassungsentwurf zum BRF sieht Werbefinanzierung auf breiter Front inklusive SRG-Radiowerbung vor. Dabei soll Werbung entweder vom Programm getrennt bleiben oder entsprechend einer Variante in begrenztem Masse auch mit diesem vermengt werden. Als neue Werbeform ist die Zulassung von Sponsoring vorgesehen, wobei nur politische Sendungen von dieser Finanzierungsmöglichkeit ausgeschlossen sind. Die SRG soll generell die Priorität bei den Gebühren beibehalten; ein Gebührensplitting zugunsten notleidender Lokalsender ist jedoch nicht ausgeschlossen. Davon könnten diejenigen Stationen profitieren, in deren Versorgungsgebiet kein ausreichendes Finanzierungspotential vorhanden ist. Ebenfalls sollen für diese Fälle subsidiäre Finanzhilfen des Bundes möglich werden. Der BRF-Entwurf sieht im weitern die Verankerung der Unabhängigen Beschwerdeinstanz in einem Spezialgesetz vor und lässt die Möglichkeit zur Schaffung eines Bundesamtes für Medienwesen offen. Konzessionserteilungen, die Aufstellung von Frequenzplänen sowie die Überprüfung der Einhaltung internationaler Verträge und schweizerischer Vorschriften sollen weiterhin durch den Bundesrat und die zuständigen Verwaltungsstellen vorgenommen werden.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Die SRG würdigte den Entwurf eines BRF als Verständigungslösung, die für sie keine ernsthafte Gefährdung darstelle. Bedenken hegt sie jedoch insbesondere wegen des allenfalls möglichen Gebührensplittings. Im Vernehmlassungsverfahren schieden sich die Geister der grossen politischen Formationen bei einzelnen kontroversen Punkten. Während SP und Gewerkschaften gegen die Zulassung weiterer Veranstalter auf nationaler Ebene opponierten, sprachen sich die bürgerlichen Parteien mehrheitlich für diese Möglichkeit aus. Dieselben Fronten ergaben sich bei der Programmvernetzung von Lokalsendern; nur die SVP scherte hier aus. Das Gebührensplitting lehnten SP und FDP ab und nur die SVP befürwortete es ausdrücklich, während es für die CVP allenfalls akzeptabel wäre. Die Möglichkeit des Sponsoring stiess vor allem bei den Journalistenverbänden wegen befürchteter Beeinträchtigung der Programmfreiheit auf Widerstand.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

1987 konnte nun das Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf des RTVG, den das EVED ausgearbeitet hatte, abgeschlossen werden, worauf der Bundesrat seinen noch stärker auf Kompromisse angelegten Entwurf mit einer Botschaft vorlegte. Abgesehen von der vielfach gewünschten Straffung des Gesetzes konnten aber auch damit die strittigen Punkte nicht ausgeräumt werden, doch zeigten sich nun die massgeblichen bürgerlichen Parteien zufriedener. Die Vernehmlassung hatte Mehrheiten für eine Sonderstellung der SRG und für die Ermöglichung des Sponsoring, jedoch gegen die Regelung der «inneren Medienfreiheit» (der redaktionellen Unabhängigkeit) ergeben, während das «Gebührensplitting», also die Verteilung eines Teils der SRG-Gebühren an wirtschaftlich bedrohte Sender, umstritten war.

Der neue Gesetzesentwurf geht von einem Drei-Ebenenmodell aus: Je auf der nationalen/sprachregionalen, der regionalen/lokalen und der internationalen Ebene sind unterschiedliche Regelungen vorgesehen. Auf der ersteren soll der SRG ein besonderer Leistungsauftrag auferlegt und eine Vorzugsstellung (Finanzierung über Gebühren, bevorzugte Zuweisung der Sendeanlagen), jedoch kein Monopol eingeräumt werden. Insbesondere die vierte, einzig noch verbleibende terrestrische Fernsehsenderkette soll als «Verbundlösung» konzipiert, das heisst privaten Veranstaltern im Verbund mit der SRG zur Verfügung gestellt werden. Falls diese nicht nur ein regionales oder lokales «Fenster» benutzen, sondern ein sprachregionales oder gar nationales Programm anbieten möchten, wäre die Bundesversammlung für die zu erteilende Konzession zuständig. Diese könnte jedoch nur erteilt werden, wenn die SRG in der Erfüllung ihres Leistungsauftrags nicht «schwerwiegend beeinträchtigt» würde – eine Formulierung, die in der bundesrätlichen Botschaft nicht näher erläutert wird und gemäss dem Medienjuristen Franz A. Zölch als «unbestimmter Rechtsbegriff» erst in der Verordnung geklärt werden müsste. Auf der regionalen/lokalen Ebene sieht der Gesetzesentwurf eine Vielzahl von privaten, werbefinanzierten Rundfunkveranstaltern vor, wobei den Kantonen ein Vorschlagsrecht für die Konzessionserteilung durch den Bund zustünde. Um auch die Versorgung von Rand- und Berggebieten zu gewährleisten, ist ein Gebührensplitting weiterhin im Entwurf verblieben.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Keine Begrenzung der Zahl der Veranstalter sieht das Gesetz auf der internationalen Ebene vor, wobei jedoch die in der Schweiz verbreiteten ausländischen Sender den wesentlichen Bestimmungen über die hiesigen Werbevorschriften genügen müssten. Diese betreffen vor allem Branchenverbote und die Art der Trennung von Programm und Werbung. Das Sponsoring von Sendungen soll, mit Auflagen, erlaubt werden. Die vor allem von Journalisten-Verbänden geforderte innere Medienfreiheit ist nicht in den Gesetzesentwurf aufgenommen worden. Eine unabhängige Beschwerdeinstanz soll dagegen mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten als dies bisher der Fall ist.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Parteien und Verbände wiederholten nach der Publikation des neuen Entwurfes weitgehend ihre Positionen, die sie schon im Vernehmlassungsverfahren eingenommen hatten. SRG-Generaldirektor L. Schürmann betrachtete das Gesetz als ausgewogen und begrüsste insbesondere die Verbundlösung für die vierte Senderkette. Mit dieser zeigte sich auch die FDP zufrieden, sie bemängelte jedoch die «SRG-Lastigkeit» des Entwurfs. Grundsätzlich einverstanden zeigten sich auch die CVP und die SVP, letztere besonders wegen der vorgesehenen wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den Sendern. Gerade der kommerzielle Wettbewerb steht nach Meinung der SP jedoch im Gegensatz zum publizistischen Wettbewerb, den das Gesetz eher behindere als fördere; ausserdem sei dieses zu sehr exekutiv- und verwaltungslastig angelegt. Die Journalistenverbände übten am Entwurf scharfe Kritik vor allem wegen der Auslassung der Regelung der inneren Medienfreiheit, und das «Syndikat schweizerischer Medienschaffender» reagierte auf die Öffnung der vierte Senderkette für alle möglichen Veranstalter gar mit einer Referendumsdrohung, da es diese als eine Konzession an jene politischen Kräfte wertete, welche die Demolierung der SRG anstrebten. Ebenfalls eine Schwächung der SRG befürchtet auch die Arbeitsgemeinschaft für Kommunikationskultur (AfK), da nur dieser ein umfassender Informations- und Kulturauftrag auferlegt werde, wodurch den privaten Veranstaltern die einträglichere Unterhaltung zufalle. Da der Entwurf auch vorsieht, dass der Bund notleidende Sender von öffentlichem Interesse direkt unterstützen kann, sieht die AfK auch keinen Grund für die Ermöglichung des Gebührensplitting zulasten der SRG. Als unsinnig betrachtet sie sodann die Möglichkeit, die vierte Senderkette privaten Veranstaltern zu überlassen, da ohnehin nur die SRG fähig sei, ein nationales Vollprogramm überhaupt zu produzieren – was übrigens auch potentielle private Anbieter, wenn auch ungerne, zugeben. Mit ihrem Vorschlag einer «Mediallmend» stiess die AfK jedoch auf wenig Gegenliebe. Der Vorschlag sah vor, dass der SRG nur noch die Grundversorgung zustünde, während beliebig viele, in Vereinen organisierte Veranstalter, welchen nach Massgabe ihrer Mitgliederzahlen Sendezeiten zugesprochen würden, sich die restliche Sendezeit auf allen vier Senderketten hätten teilen können. Ein solches Modell wird heute in den Niederlanden angewandt.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Die CVP befürwortete den Gesetzesentwurf des Bundesrates im Prinzip, verlangte aber mehr Mittel für die Versorgung der Berg- und Randgebiete; sie wandte sich jedoch gegen das die SRG benachteiligende Gebührensplitting und schlug Investitionshilfekredite für den Aufbau von privaten Sendeinfrastrukturen in den benachteiligten Regionen vor.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Mit ausführlichen Anhörungen ausgewählter Experten und Interessenvertreter begann die zuständige Nationalratskommission die Beratung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG). Bei ersten Entscheidungen der Kommission fiel deren Hang auf, strittige Punkte im Gesetz abzuschwächen und dafür der Exekutive eine grössere Entscheidungskompetenz zuzuweisen. So strich sie das Werbeverbot für Tabak und Alkohol zugunsten einer bundesrätlichen Kompetenz, einschränkende Vorschriften zu erlassen. In der am meisten umstrittenen Frage nach der Regelung der vierten, einzig noch verbleibenden terrestrischen Fernsehsenderkette sprach sich die Kommission nicht für die im Entwurf vorgesehene Minderheitsbeteiligung der SRG, sondern lediglich für deren «angemessene» Beteiligung aus. Das vorgesehene «Gebührensplitting», gemäss dem die SRG einen Teil der Gebühren an Veranstalter in wirtschaftlich schwachen Gebieten abzugeben hätte, wurde mit einem knappen Entscheid unterstützt.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Will die Schweiz für die einheimischen Rundfunkveranstalter nicht krasse Wettbewerbsnachteile schaffen, muss sie die Formulierung des RTVG in bestimmten Punkten – insbesondere den Werbevorschriften – europäischen Gegenbenheiten und Vereinbarungen anpassen. Für letztere präsentierte der Europarat beziehungsweise dessen Comité directeur sur les moyens de communication de masse (CDMM) einen Entwurf. Dieser sieht Bestimmungen zum Schutz der Rechte des Individuums (etwa das Gegendarstellungsrecht) und zum Jugendschutz vor, regelt den Anteil der europäischen Produktionen im Programm und stellt Werbevorschriften auf. Der Entwurf wurde an zwei Konferenzen der 21 Medienminister diskutiert, wobei sich vor allem die Unterbrechung von Programmen mit Werbung, die Genussmittelwerbung, das Tele-Shopping, der Einbezug des Radios und die Frage nach den möglichen Sanktionen bei Regelverletzungen als strittig herausstellten. Es wurde dabei deutlich, dass der Entwurf des CDMM in einigen Punkten abgeschwächt werden dürfte. So einigten sich die Minister nicht auf einen festen Anteil an europäischen Produktionen und äusserten die Absicht, Unterbrecherwerbung unter gewissen Bedingungen zu erlauben. Immerhin sollen die Werbeordnungen anderer Länder dann respektiert werden müssen, wenn die Sendungen hauptsächlich für diese bestimmt sind. Dies träfe beispielsweise für das Fernsehen von Campione zu, das nach italienischem Recht vor allem ins Tessin einstrahlt. Die Medienminister einigten sich darauf, die Vereinbarung im Frühjahr 1989 zu unterzeichnen.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Am 4. und 5. Oktober behandelte der Nationalrat den vom Bundesrat 1987 vorgelegten Entwurf für ein Bundesgesetz über Radio und Fernsehen. Der «Schicksalsartikel» 31 (Andere Veranstalter) wurde gemäss Kommissionsantrag inhaltlich und formal abgeändert, womit das Vertragsmodell Zustimmung erhielt. Das Gesetz soll demnach nicht bestimmen, wer neben der SRG künftig auf nationaler oder sprachregionaler Ebene Fernsehen machen kann. Private Fernsehanbieter werden aber die Möglichkeit haben, in Zusammenarbeit mit der SRG ein Ergänzungsprogramm zu gestalten. In der Frage der Konzessionserteilung wurde die Passage zur «publizistischen Vormachtstellung» im Versorgungsgebiet auf Antrag des Freisinnigen Loeb (fdp, BE) entschärft; danach kann die Konzession erteilt werden, «wenn der Bewerber die Meinungs- und Angebotsvielfalt nicht gefährdet». Ausserdem strich die Volkskammer die Bestimmung, dass die vom Bundesrat erteilte Konzessionen für andere Veranstalter von der Bundesversammlung genehmigt werden müssen.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Beim Gebührensplitting wurde der Vorschlag der Kommissionsmehrheit gutgeheissen: ein gewisser Finanzausgleich zugunsten wirtschaftlich schwächerer Regionen wird demnach nur in Ausnahmefällen gewährt (Art. 16, Absatz 2). Ein von den Fraktionen der FDP und der SVP unterstützter Antrag, die Unterbrechung von Sendungen mit Werbung nicht zu verbieten, wurde mit 104 zu 69 Stimmen abgelehnt; das explizite Werbeverbot für Alkohol, Tabak, Heilmittel sowie für politische und religiöse Anliegen wurde gemäss bundesrätlicher Vorlage angenommen. Zustimmung fand auch der Vorschlag des Bundesrats, mit dem Sponsoring («Zuwendungen Dritter») eine neue Form von Werbung zuzulassen (Art. 18). In der Gesamtabstimmungpassierte das RTVG mit 134 zu null Stimmen. Innerhalb der grossen Parteien waren keine eindeutigen Präferenzen in bezug auf die umstrittenen Punkte auszumachen: Die parteipolitische Couleur spielte nur eine untergeordnete Rolle und die traditionellen ideologischen Grenzen traten kaum in Erscheinung.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Nachdem der Nationalrat als Erstrat im letzten Herbst dem Vertragsmodell und dem Prinzip des Sponsorings zugestimmt hatte, hingegen keine Unterbrechung von , Sendungen durch Werbung zulassen wollte, schlug nun die zuständige Ständeratskommission als Kompromisslösung vor, Sendungen von über 90 Minuten Dauer durch einen einzigen Werbeblock unterbrechen zu dürfen. Dieser Vorschlag wurde vom Ständerat mit 30:11 Stimmen angenommen. Den Kommissionsantrag für eine Streichung des Artikels über die Unterstützung europäischer Eigenleistungen lehnte der Rat hingegen mit 20:17 Stimmen ab.

Deutlich mehr zu reden gab der Problemkreis der Programmaufsicht durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI). Die Kommission hatte vorgeschlagen, eine eigens vom Veranstalter organisierte 0mbudsstelle ohne Weisungsbefugnis vor die UBI zu schalten, welche erstinstanzlich die Beschwerden behandelt und gewisse Beschwerden an die UBI weiterreichen kann. Die Möglichkeit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht solle letztinstanzlich erhalten bleiben. Dieser Vorschlag setzte sich schlussendlich gegen Anträge aus verschiedensten Richtungen – wie das Begehren des freisinnigen Masoni (TI) nach einem Radio- und Fernsehrat oder jenes des Urners Danioth (cvp) nach veranstalterunabhängigen Schlichtungsstellen – durch. Ziel dieses neuen Dreistufenverfahrens soll vor allem eine Entlastung der UBI, aber auch eine praxisnahe Erledigung der Beschwerden sein. Im übrigen nahm der Rat einen Minderheitsantrag an, wonach das Beschwerderecht von Behörden nicht auf Kantonsregierungen zu beschränken sei und sprach sich mit knappem Mehr dafür aus, dass die Verhandlungen vor der Beschwerdeinstanz öffentlich ausgetragen werden sollen.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Obwohl ein Archiv für Tondokumente einen wichtigen Beitrag zu einer nationalen Kulturpolitik leisten könnte, gelingt es der Landesphonothek in Lugano aus finanziellen und räumlichen Gründen kaum, ihren Hauptaufgaben nachzukommen. Als geographisches Gegengewicht zur Landesbibliothek in Bern und zur Cinémathèque in Lausanne nahm die Landesphonothek 1987 Sitz in Lugano. Von Anfang an kämpfte die Stiftung, die vom Bund, vom Kanton Tessin sowie von der Stadt Lugano finanziell getragen wird, mit materiellen Schwierigkeiten. Mit der für 1991 erfolgten Aufstockung der Beiträge von 450'000 auf 900'000 Fr. können nun wenigstens die wichtigsten Bedürfnisse dieser Institution befriedigt werden. Unterstützung erhielten die Anliegen der Stiftung auch durch eine im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion, die den Bundesrat beauftragt, nach Lösungen für die Schaffung einer zentralen Phono- und Videothek zu suchen; der Ständerat überwies diesen Vorstoss allerdings nur in der unverbindlicheren Form eines Postulates.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Im Differenzbereinigungsverfahren hat die Nationalratskommission beschlossen, dem Plenum ebenfalls die Unterbrechung von über 90minütigen Sendungen durch Werbung vorzuschlagen. Vom ständerätlichen Konzept für die Behandlung von Beschwerden will die Kommission die vorgeschalteten Ombudsstellen übernehmen, hingegen auf das Weiterzugsrecht von Entscheiden der UBI an das Bundesgericht verzichten. Sie erhofft sich davon, dass die UBI wieder vermehrt als Schlichtungsinstanz und weniger als richterliches Gremium tätig sein kann. Bei Konzessionsverletzungen soll gemäss der Kommission in Zukunft das EVED einschreiten, dessen Entscheide dann vor dem Bundesgericht angefochten werden könnten.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Die schweizerischen Medien-, Film- und Literaturschaffenden haben die Beschlüsse des Ständerates, insbesondere die Lockerung des Werbeverbotes und die Neustrukturierung der Programmaufsicht, scharf verurteilt. Sie befürchten davon eine wachsende Kommerzialisierung und Disziplinierung des Medienschaffens.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Bei den Beratungen des Radio- und Fernsehgesetzes konnte sich der Beschluss des Ständerates, wonach dem Bundesrat in den öffentlichen Medien "angemessene Zeit für Äusserungen" einzuräumen ist, gegen die vom Nationalrat vorgeschlagene Formulierung durchsetzen; letzterer wollte dem Bundesrat — aus Angst vor einem "Staatsfernsehen" — nur "Zeit für behördliche Erklärungen" zur Verfügung stellen.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Im Differenzbereinigungsverfahren zwischen National- und Ständerat, welches im Berichtsjahr abgeschlossen werden konnte, standen die Fragen zur Unterbrechung von über 90minütigen Sendungen durch einen Werbeblock sowie die Beschwerdebehandlung und dabei insbesondere die Rolle der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) im Mittelpunkt.

Der im Vorjahr gefällte Entscheid des Ständerats zugunsten einer einmaligen Unterbrechung von über 90 Minuten dauernden Sendungen durch einen Werbeblock stiess im Nationalrat auf grossen Widerstand. Er schwenkte schlussendlich, nach zweimaligem Beharren auf seiner ursprünglichen Position, mit 95 zu 74 Stimmen bei sechs Enthaltungen auf jene des Ständerates ein.

In der Frage der Progammaufsicht stimmte der Nationalrat prinzipiell dem ständerätlichen Modell zu; dieses sieht eine der UBI vorgeschaltete Ombudsstelle als Schlichtungsinstanz vor. Der Nationalrat konnte sich aber in einer Detailfrage gegen den Ständerat durchsetzen: In Zukunft sollen die Verhandlungen vor der UBI nicht öffentlich sein. Ausserdem wurde der Beschluss, Entscheide der UBI ans Bundesgericht weiterziehen zu können, nach einer Patt-Situation von 77 zu 77 Stimmen durch Ratspräsident Bremi im Sinne der vom Ständerat vorgeschlagenen Lösung eines Weiterzugsrechts gefällt.

Weitere Differenzen, die jedoch eine eher untergeordnete Rolle spielten, wie z.B. das Anschlussobligatorium für Liegenschaften ans Kabelnetz sowie die Strafbestimmungen, wonach Veranstalter wie auch Programmschaffende künftig bei Konzessionsverletzungen zur Rechenschaft gezogen und mit einer Busse von bis zu 5000 Fr. bestraft werden können, wurden ebenfalls im Sinne des ständerätlichen Beschlusses ausgeräumt.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Der Entwurf der Verordnung zum Radio- und Fernsehgesetz (RTVV) wurde im August den Interessierten zur Stellungnahme unterbreitet. Er bewirkte einerseits Freude bei audiovisuellen Medienmachern, andererseits Bestürzung bei den Printmedien, welche um ihre Werbeeinnahmen fürchteten. Der Entwurf sieht eine Verdoppelung bis Verdreifachung der Werbezeit bei Radio und Fernsehen (15% der täglichen Sendezeit sowie maximal 12 Minuten pro Stunde), Sonntagswerbung, die Kompetenz des Bundesrates, auch am Radio DRS Werbung zu erlauben sowie Teleshopping während maximal einer Stunde pro Tag vor. Ausserdem sollten kleinere Lokalradios, deren potentielle Hörerschaft unter 150 000 Personen liegt und an deren Programm ein besonderes öffentliches Interesse besteht, Unterstützungsgelder durch Gebührensplitting erhalten. Wirtschaftskreise bemängelten gewisse Details wie das Gebührensplitting, welches ihrer Ansicht nach nur in wenigen Ausnahmefällen zuzulassen sei und forderten vor allem die Konkretisierung des Verhältnisses zwischen der SRG und privaten Veranstaltern auf Gesetzesstufe. Medienschaffende kritisierten hingegen die kommerzielle Ausrichtung der Verordnung; ebenso stiess das Fehlen von Bestimmungen über den Finanzausgleich zwischen den Sprachregionen auf Kritik.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Der Bundesrat hat die Verordnung zum RTVG, welches auf den 1. April in Kraft getreten ist, kurz vorher verabschiedet. Aufgrund dieses neuen Vollzugsinstruments (RTVV) kann das Schweizer Fernsehen statt wie bisher während 28 Minuten neu während 8% der täglichen Sendezeit, was ungefähr 50 Minuten entspricht, Werbung ausstrahlen. Diese Regelung wurde vom Bundesrat mit Rücksicht auf die Printmedien, welche durch die Einbussen der Inseratenerträge in Folge der Rezession ohnehin schon in Schwierigkeiten geraten sind, getroffen; in Angleichung an europäische Normen waren ursprünglich für die SRG ein Anteil von 15% Werbung vorgesehen.

Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)