Einführung des elektronischen Abstimmungssystems im Nationalrat

Die technischen Abklärungen für die Einrichtung eines elektronischen Abstimmungssystems, wie dies der Nationalrat unmittelbar vor den letzten Wahlen grundsätzlich beschlossen hatte, konnten weitgehend abgeschlossen werden. Der erforderliche Kreditantrag und die Revision des Geschäftsreglements wurden vom Ratsbüro verabschiedet.

Das Büro des Nationalrates unterbreitete dem Plenum seinen Vorschlag für die Realisierung der 1987 überwiesenen Motion der SP-Fraktion für die Installierung eines elektronischen Abstimmungssystems. Sie schlug darin eine auf 1,6 Mio Fr. budgetierte Anlage vor, welche grösstmögliche Flexibilität ermöglicht. Die von der Kommission formulierten Anwendungsregeln sehen vor, dass das individuelle Stimmverhalten nur dann gespeichert und transparent gemacht werden soll, wenn dies von 30 Ratsmitgliedern verlangt wird (analog zur heutigen Namensabstimmung). In allen anderen Fällen würde die Anlage vom Präsidenten zwar eingesetzt werden können, aber nur als reine Zählmaschine funktionieren. Der Vorlage erwuchs sowohl wegen der budgetierten Kosten als auch wegen der restriktiven Vorschriften über den vorgesehenen Einsatz Opposition. Zwei Rückweisungsanträge von Blocher (svp, ZH) wegen der Kosten und von Leuenberger (sp, SO) wegen der Einsatzmöglichkeiten fanden knappe Zustimmung.

Nachdem der Nationalrat im Vorjahr das Projekt eines elektronischen Abstimmungssystems primär aus Kostengründen zur Uberarbeitung an sein Büro zurückgewiesen hatte, präsentierte dieses eine zweite, billigere Version. Gleichzeitig lockerte es auch die im ersten Anlauf als zu restriktiv kritisierten Bestimmungen über den Einsatz des Systems. Die individuelle Stimmabgabe sollte nun nicht mehr bloss auf Verlangen von 30 Ratsmitgliedern (analog zur heutigen Abstimmung unter Namensaufruf) registriert und publiziert werden, sondern auch bei Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen und Abstimmungen über die Dringlichkeitsklausel. Obwohl die neue Anlage nur noch Investitionskosten von rund 0,5 Mio Fr. verursachen sollte, begründeten die Fraktionen der CVP und der SD/Lega ihren knapp abgelehnten Nichteintretensantrag vor allem mit finanzpolitischen Argumenten. In der Detailberatung unterlagen Anträge von Vollmer (sp, BE) und Poncet (lp, GE) für eine Ausweitung der Fälle, bei welchen die individuelle Stimmabgabe registriert und dokumentiert wird. Aber auch diese zweite Version eines elektronischen Abstimmungssystems, das der Öffentlichkeit mehr Transparenz über das Verhalten seiner Abgeordneten hätte liefern sollen, erlitt Schiffbruch. Sie wurde in der abschliessenden Gesamtabstimmung mit 62 zu 54 Stimmen abgelehnt. Wenn die Parlamentarier schon nicht elektronisch abstimmen wollen, so möchten sie doch in Zukunft häufiger an Abstimmungen teilnehmen: Der Nationalrat überwies ein Postulat Reimann (svp, AG), welches technische Vorkehrungen (Funkrufsystem o.ä.) fordert, um nicht im Saal anwesende Mitglieder auf kommende Abstimmungen hinzuweisen.

Der Nationalrat lehnte einen von den Fraktionen der AP und der FDP sowie einem Teil der CVP unterstützten Nichteintretensantrag Ruf (sd, BE) ab, der vor allem mit den hohen Kosten und der Missbrauchsgefahr begründet wurde. In der Detailberatung wurde ein Antrag Poncet (lp, GE) knapp abgelehnt, der Interessierten Einsicht in alle gespeicherten Abstimmungsresultate geben wollte. Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung wurde in der Gesamtabstimmung mit 78:51 und in der Schlussabstimmung mit 99:67 Stimmen gutgeheissen.

Der Nationalrat hatte im Vorjahr in erster Lesung die Einrichtung eines elektronischen Abstimmungssystems abgelehnt. Die Kommission legte zuhanden der zweiten Lesung einige Abänderungsanträge vor. So schlug sie ein technisches Verfahren vor, das sicherstellen soll, dass nicht auch für abwesende Banknachbaren und -nachbarinnen gestimmt werden kann. Sie beantragte zudem eine Erweiterung der Anwendung: Das neue System soll in der Regel für alle Abstimmungen verwendet werden. Da das bisherige Aufstehen entfällt, soll das Votum der einzelnen Abgeordneten auf einer Anzeigetafel sichtbar sein. Dabei werden sämtliche Abstimmungsergebnisse gespeichert; Namenslisten mit dem individuellen Verhalten sollen dann veröffentlicht werden, wenn dies 30 Ratsmitglieder verlangen, sowie bei Gesamt- und Schlussabstimmungen und bei Beschlüssen über die Dringlichkeitsklausel.

Das im Vorjahr beschlossene elektronische Abstimmungssystem für den Nationalrat konnte in der Frühjahrssession in Betrieb genommen werden. Die neuen Möglichkeiten zur Verbesserung der Transparenz wurden rege genutzt. So fanden in dieser Session mehr als doppelt so viele Abstimmungen unter Namensaufruf statt als im Sessionsdurchschnitt der vorangegangenen Jahre. Das Büro beantragte die Bestätigung der 1993 provisorisch für ein Jahr beschlossenen Bestimmungen über die Anwendung des elektronischen Abstimmungssystems. Namenslisten sollen demnach weiterhin lediglich bei Gesamt-, Schluss- und Dringlichkeitsklauselabstimmungen sowie auf Verlangen von 30 Parlamentariern veröffentlicht werden; neuerdings soll dies - die Wissenschaft wird es dankbar zur Kenntnis nehmen - nicht bloss in gedruckter, sondern auch in elektronischer Form geschehen.

Die im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Abstimmungssystems aufgetauchten Fragen wurden bereinigt. Der Nationalrat stimmte dem Antrag seines Büros zu, dass Namenslisten weiterhin nicht für sämtliche Abstimmungen ausgedruckt werden sollen. Im weiteren hiess er die neue Sanktionsmöglichkeit des Verweises bei ungebührlichem Verhalten gut.

Vorstoss der GPS zur Abschaffung des Ständerats

Einen radikalen Vorstoss für eine Parlamentsreform stellt die Ende 1989 eingereichte parlamentarische Initiative der Grünen Partei für die Abschaffung des Ständerates dar. Das föderalistische Element soll gemäss diesem Vorschlag mit einem besonderen Verfahren bei der Auszählung der Stimmen im Nationalrat respektiert werden. Mit dieser Neuerung würden nach Ansicht der Initianten zwei Ziele erreicht: die sich wegen der Zweier- und Einerwahlkreise ergebende Dominanz der grossen Parteien im Ständerat würde eliminiert und die parlamentarischen Beratungen könnten vereinfacht und verkürzt werden. Die Kommission des Nationalrates verabschiedete im Dezember ihre Stellungnahme. Sie sprach sich mit 10:1 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen den Vorstoss aus. Der Ständerat bildet nach Ansicht der Kommissionsmehrheit einen unverzichtbaren Grundpfeiler des schweizerischen Bundesstaates. Zudem wirke sich ein System mit zwei gleichberechtigten Kammern vorteilhaft auf die Qualität der Gesetzgebungsarbeit aus, wobei allerdings die Zusammenarbeit der beiden Kammern verbesserungsbedürftig sei.

Die Fraktion der Grünen hatte 1989 aus Verärgerung über bestimmte Entscheide des Ständerates eine parlamentarische Initiative für die Abschaffung dieses Gremiums eingereicht. Die föderalistische Komponente im Entscheidungsprozess sollte ihrer Ansicht nach durch eine besondere, kantonsspezifische Auszählung der Stimmen im Nationalrat berücksichtigt werden. Nach der deutlichen Ablehnung durch die vorberatende Kommission zogen die Grünen nun ihren Vorstoss zurück. Im Zusammenhang mit der Behandlung dieses Vorstosses war von der Kommissionsminderheit eine weitere Initiative [91.402] eingereicht worden, welche vor allem die starke Vertretung der beiden grossen bürgerlichen Partien FDP und CVP ins Visier nahm. Von der Vergabe eines zusätzlichen Ständeratsmandates an die vierzehn bevölkerungsstärksten Kantone und der Ersetzung des mit Ausnahme des Kantons Jura allgemein üblichen Majorzdurch das Proporzwahlsystem erhofft sie sich eine sowohl in regionaler als auch in politischer Hinsicht repräsentativere Zusammensetzung der kleinen Kammer. Der Nationalrat beurteilte diesen Vorschlag als unvereinbar mit den föderalistischen Staatsprinzipien und lehnte ihn ab. Das gleiche Schicksal erlitt eine parlamentarische Initiative [91.431] Spielmann (pda, GE), welche die Kompetenzen des Ständerats auf die Weise einschränken wollte, dass im Differenzbereinigungsverfahren jeweils die Entscheide des Nationalrats massgebend wären.

Ehröhung der Pensionskassenbeiträge der Parlamentarier

Ein im Abstimmungskampf unbestrittenes Element des Entschädigungsgesetzes wurde vom Parlament bereits wieder aufgenommen. Der Nationalrat überwies eine Motion Schmid (gp, TG), welche verlangt, dass Parlamentarier in bezug auf die berufliche Vorsorge gleich behandelt werden wie andere vom Bund entschädigte Angestellte.

Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat einer Motion Schmid (gp, TG) zu, die eine Erhöhung der Vorsorgeentschädigung für Parlamentarier verlangt. Damit soll ein Manko bei der beruflichen Vorsorge ausgeglichen werden, das den Mandatsinhabern aus dem teilweisen Verzicht auf ihre ordentliche Erwerbsarbeit entsteht.

In Ausführung einer von beiden Kammern überwiesenen Motion Schmid (gp, TG) legte das Büro des Nationalrats seine Vorschläge für eine Verbesserung der Vorsorgeentschädigung für Ratsmitglieder vor. Es beantragte eine Verdoppelung der Beiträge des Bundes auf 5000 Fr. pro Jahr; diese Summe wäre neu zweckgebunden. Die Parlamentarier sollen dabei wählen können, ob sie das Geld an ihre eigene Pensionskasse oder an eine neu zu schaffende Ruhegehaltskasse überweisen wollen. Der Bundesrat äusserte sich vor allem sehr skeptisch zur Schaffung einer Ruhegehaltsinstitution, welche den Parlamentariern mit mindestens zwölf Amtsjahren nach der Pensionierung eine monatliche Rente von 2000 Fr. ausrichten sollte. Er erklärte, dass die Kosten, die dem Bund daraus entstehen würden, nicht tragbar seien. Nachdem sich Vertreter der FP vergeblich für Nichteintreten ausgesprochen hatten, hiess der Nationalrat die beiden Teile der Vorlage in der Gesamtabstimmung mit Stimmenverhältnissen von 3:1 gut.

Im Ständerat wollte das Büro zuerst empfehlen, nur die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zu genehmigen, die Schaffung einer Ruhegehaltskasse aber zu streichen. Da die Finanzsituation des Bundes momentan überhaupt keine Verbesserung der materiellen Entschädigungen für Parlamentarier zulasse, übernahm es dann den von Büttiker (fdp, SO) postulierten Nichteintretensantrag. Der Rat stimmte dieser Ansicht zu, nachdem mehrere Redner betont hatten, dass zu einem späteren Zeitpunkt für materiell schlecht gestellte Abgeordnete die Beiträge an die Vorsorgeeinrichtung erhöht werden sollten.

Pa. Iv. Sieber zur Wählbarkeit von Pfarrern

Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat und Pfarrer Ernst Sieber (evp, ZH), dass durch eine Revision von Art. 75 der Bundesverfassung die Beschränkung der Wählbarkeit in den Nationalrat auf Personen "weltlichen Standes" und die damit verbundene Diskriminierung von Personen "geistlichen Standes" aufgehoben wird. In seiner Begründung erinnerte der Initiant daran, dass diese Ausnahmebestimmung als Folge des Sonderbundkrieges und des Kulturkampfes in die Verfassungen von 1848 und 1874 aufgenommen worden war. Auch die vorberatende Kommission erachtete den Ausschluss der Personen "geistlichen Standes" als ein heute sinnentleertes Relikt aus dem letzten Jahrhundert und sah darin einen Widerspruch zum Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts, weshalb sie sich vollumfänglich dem Anliegen des Initianten anschloss. Das Plenum stimmte dem Vorstoss diskussionslos zu.

Der Nationalrat übernahm auch die Argumentation seiner Staatsrechtlichen Kommission, wonach es sich bei der Bestimmung von Art. 75 BV, dass für den Nationalrat nur Personen "weltlichen Standes", d.h. keine Geistlichen wählbar sind, um ein sinnentleertes Relikt aus dem letzten Jahrhundert handle. Er stimmte oppositionslos dem Antrag zu, der im Vorjahr eingereichten parlamentarischen Initiative Sieber (evp, ZH) Folge zu geben und damit die Kommission zu beauftragen, eine Vorlage zur Streichung dieses Passus auszuarbeiten.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats möchte die aus dem letzten Jahrhundert stammende Verfassungsbestimmung streichen, wonach in den Nationalrat nur Personen "weltlichen Standes" (d.h. keine Pfarrer u.ä.) wählbar sind. Sie beschloss einstimmig, einer parlamentarischen Initiative Sieber (evp, ZH), der nach seiner 1991 erfolgten Wahl auf die Ausübung seines Amtes als Pfarrer hatte verzichten müssen, Folge zu geben.

Einführung des Funkrufsystems im Nationalrat

Der Nationalrat stimmte auch der Beschaffung eines Funkrufsystems zu, wie es im Vorjahr ein überwiesenes Postulat Reimann (svp, AG) angeregt hatte. Mit dieser Einrichtung soll vermieden werden, dass nicht im Saal anwesende Parlamentarier wichtige Abstimmungen verpassen.

Der Ständerat beschloss gegen den Antrag seines Büros demonstrativ (mit 29 zu 1 Stimme), das im Vorjahr vom Nationalrat beschlossene elektronische Personensuchsystem nicht anzuwenden und auf die Ausgabe von 40 000 Fr. für die persönlichen Empfänger zu verzichten.

Pa. Iv. zur Eröhung der Fraktionsbeiträge

Nachdem das Volk im Herbst 1992 einen Ausbau der persönlichen Infrastruktur und eine Verbesserung der Entlöhnung der Parlamentarier abgelehnt hatte, beantragte das Büro des Nationalrats nun mit einer parlamentarischen Initiative eine Erhöhung der 1990 letztmals heraufgesetzten Beiträge an die Fraktionen um real rund 15%. Der Grundbeitrag sollte gemäss diesem Vorschlag von 50 000 auf 70 000 Fr., der Beitrag pro Mitglied von 9000 auf 12 000 Fr. steigen. Gleichzeitig sprach sich das Büro gegen eine parlamentarische Initiative [93.432] Stucky (fdp, ZG) für eine Erhöhung der persönlichen Bezüge für Parlamentarier aus. Der Nationalrat lehnte einen Antrag Leuba (lp, VD), welcher lediglich den Ausgleich der Teuerung verlangt hatte, ab und verabschiedete den Beschluss mit 71:37 Stimmen. Im Ständerat fand das Anliegen weniger freundliche Aufnahme. Zuerst war ein Stichentscheid des Präsidenten erforderlich, um überhaupt auf das Geschäft eintreten zu können. Dann beschloss der Rat auf Antrag seines Büros, nur die aufgelaufene Teuerung auszugleichen. Da sich der Nationalrat diesem Entscheid fügte, erhalten die Fraktionen in Zukunft einen Grundbeitrag von 58 000 Fr. und einen Beitrag von 10 500 Fr. je Mitglied.

Erhöhung der Löhne der Parlamentarier*Innen

Die in der parlamentarischen Initiative Stucky (fdp, ZG) gestellte Forderung nach einer mässigen Erhöhung der Entschädigungen wurde nach dem negativen Ausgang der Volksabstimmung vom Herbst 1992 vom Nationalrat als nicht opportun betrachtet und abgelehnt.

Wählbarkeitsregeln vorberatenden Kommissionen

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates beantragte eine Reihe von Verfassungsänderungen zur Fortführung der Parlamentsreform. Sie möchte damit insbesondere die Wählbarkeitsregeln für die beiden Parlamentskammern vereinheitlichen und dabei auch die Unvereinbarkeit zwischen kirchlichem Amt und Nationalratsmandat streichen. Zudem sollen in Zukunft Bundesbeamte für den Nationalrat wählbar sein, freilich nur solche, die nicht - wie etwa Direktoren von Bundesämtern - am politischen Entscheidungsprozess der Exekutive beteiligt sind. Die bisher von den Kantonen geleistete Entschädigung der Mitglieder des Ständerats soll vom Bund übernommen werden. Ferner möchte sie die vorberatenden Kommissionen durch eine explizite Erwähnung in der Verfassung aufwerten und ihnen gewisse Entscheidungskompetenzen - allerdings nicht im Bereich der Gesetzgebung - übertragen. Zur Entlastung des Ratsvorsitzes soll das Amt des Vizepräsidiums doppelt besetzt werden. Schliesslich beantragt die Kommission noch, dass die Parlamentsdienste nicht bloss fachlich, sondern auch administrativ dem Parlament unterstellt werden.

Vorstoss zur Einführung von Stellvertretungen in Komissionen

Mit der Einführung der ständigen Kommissionen im Rahmen der Parlamentsreform 1991 war auch festgelegt worden, dass pro Fraktion zum voraus eine beschränkte Anzahl Stellvertreter zu benennen sind. Diese Regelung wurde nun als zu starr kritisiert. Auf Antrag seines Büros beschloss der Nationalrat, diese Vorschrift in seinem Geschäftsreglement wieder aufzuheben und den Fraktionen zu erlauben, bei der Verhinderung eines ihrer Kommissionsmitglieder den Stellvertreter frei zu bestimmen.

Postulat zur Veröffentlichung der parlamentarischen Abstimmungen im Internet

Mit einem Postulat regte Stamm (fdp, AG) an, dass das Verhalten der Nationalräte bei Namensabstimmungen für eine breite Öffentlichkeit mit den Mitteln der EDV (z.B. über Internet) transparent gemacht werden soll. Um sich gegen die nach Ansicht Stamms selektive Informationsverbreitung der Medien zu wehren, wären in diese Datenbank aber auch Begründungen der Parlamentarier für ihre Stimmabgabe aufzunehmen. Der Nationalrat stimmte der ersten Forderung - die ja seit Sommer 1996 mit der Publikation des Ratsprotokolls auf Internet weitgehend erfüllt ist - zu, lehnte die zweite jedoch deutlich ab.

Pa. Iv Ruf zur Entschädigung von fraktionslosen Parlamentarien*Innen

Die Fraktionen erhalten zur Deckung ihrer Sekretariatskosten vom Bund einen finanziellen Beitrag, der sich aus einem Grundbetrag von 58 000 Fr. und einer Entschädigung von 10 500 Fr. je Ratsmitglied zusammensetzt. Parteien welche die für eine Fraktionsbildung erforderliche Sitzzahl von fünf in einem der beiden Räte nicht erreichen und denen es nicht gelingt, sich mit anderen Ratsmitgliedern zu einer gemeinsamen Fraktion zusammenzuschliessen, gehen dagegen leer aus. Nationalrat Ruf (BE) von den Schweizer Demokraten, welche sich seit Dezember 1995 in dieser Lage befinden, versuchte diesen Zustand mit einer parlamentarischen Initiative zu verändern. Seine Forderung, an fraktionslose Parteien zwar nicht den Grundbeitrag, aber immerhin den Betrag je Mitglied auszurichten, lehnte der Nationalrat auf Antrag seines Büros mit 63 zu 24 Stimmen ab.

Pa. Iv. zur Erhöhung der Vorsorgeentschädigung für Ratsmitglieder (1996)

Nach der 1994 erfolgten Ablehnung durch den Ständerat unternahm das Büro des Nationalrats einen neuen Anlauf zur Verbesserung der Vorsorgeentschädigung für Ratsmitglieder. Es beantragte mit einer parlamentarischen Initiative eine Heraufsetzung der gebundenen Jahresbeiträge des Bundes an die private Altersvorsorge von 2500 auf 6000 Fr. Im weitern schlug es eine Teuerungsanpassung bei der Spesenrückerstattung vor, welche zudem teilweise pauschalisiert werden soll. Das Büro verzichtete jedoch darauf, eine Teuerungsanpassung bei der seit 1988 auf 30 000 Fr. festgelegten Grundentschädigung und den seit 1991 unveränderten Taggeldern vorzuschlagen. Der Bundesrat begrüsste angesichts der angespannten Finanzlage diese Zurückhaltung und erklärte sich mit den beantragten Verbesserungen einverstanden. Der Nationalrat übernahm die Vorschläge seines Büros mit einigen Detailkorrekturen.

Der Ständerat lehnte zuerst mit 28 zu 8 Stimmen einen Nichteintretensantrag Büttiker (fdp, SO) ab, welcher sich angesichts der hohen staatlichen Defizite und der schlechten Wirtschaftslage grundsätzlich gegen eine Besserstellung der Parlamentarier ausgesprochen hatte. In der Detailberatung übernahm der Rat weitgehend die Beschlüsse der grossen Kammer. Er erwies sich aber als etwas knausriger, indem er die Anpassung der Übernachtungsentschädigung von 130 auf 160 Fr. ablehnte. Den Beitrag an die Vorsorge reduzierte er auf die Höchstsumme für steuerlich anerkannte Einzahlungen an die private Selbstvorsorge (3. Säule) von 5587 Fr. (Stand 1996). In der Differenzbereinigung beharrte der Nationalrat erfolgreich auf einer Erhöhung der Übernachtungsspesen und fügte sich beim Beitrag für die Vorsorgeentschädigung dem Beschluss des Ständerats.

Vorstoss zum Personal der Parlamentsdienste

Das Büro des Ständerats schlug mit einer parlamentarischen Initiative einen Bundesbeschluss vor, der die Wahlkompetenzen für die Einstellung des Personals der Parlamentsdienste neu regelt. Analog zu der ab 1. Januar für die übrige Verwaltung eingeführten Regelung soll der Bundesrat nur noch für die Wahl von Beamtinnen und Beamten der Überklasse zuständig sein; die Wahlkompetenz der Generalsekretärin der Parlamentsdienste würde damit von der 27. auf die 31. Lohnklasse erweitert. Der Vorlage erwuchs im Parlament keine Gegnerschaft.

Wiederwählbarkeit in Kontrollkommissionen (Pa.Iv. 96.450)

Dossier: Pensionskasse des Bundes: PUK-Bericht und dessen Auswirkungen

In Zusammenhang mit den Untersuchungen des Parlaments über Organisations- und Führungsprobleme bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) hatte der Ständerat im Vorjahr einer parlamentarischen Initiative der PUK PKB zugestimmt, welche eine uneingeschränkte Wiederwählbarkeit der Mitglieder der Geschäftsprüfungs- und der Finanzkommission des Ständerats forderte. Mit diesem Verzicht auf die vom Ständeratsreglement vorgeschriebene Amtszeitbeschränkung von sechs Jahren könnte gemäss den Antragstellern die gerade im Bereich der Oberaufsicht erforderliche Kontinuität gewährleistet werden. Das Büro des Ständerates empfahl dem Rat nun - analog zu den vom Nationalrat 1991 eingeführten Verhältnissen - die Aufhebung der Amtszeitbeschränkung für alle ständigen Kommissionen. Trotz der Kritik von Cavadini (lp, NE), dass damit einer unerwünschten Spezialisierung der Ratsmitglieder Vorschub geleistet werde, hiess das Ratsplenum diese Neuerung mit 26 zu 7 Stimmen gut.

Disskussion um die Einführung von Zwischenfragen

Die auf eine Anregung von Herczog (sp, ZH) zur Belebung der Nationalratsdebatten vom Ratsbüro versuchsweise für ein Jahr eingeführte förmliche Zwischenfrage - konkret eine kurze Frage nach einem Votum - erlebte in der Frühjahrssession ihre Premiere. Zwar scheiterte der erste Anlauf, indem der Votant die Frage nicht zuliess; insgesamt wurden aber in dieser Session 18 Zwischenfragen gestellt.

Nachdem sich die 1997 im Nationalrat versuchsweise eingeführte Zwischenfrage bewährt hatte, beantragte das Büro mit einer parlamentarischen Initiative, dieses Instrument zur Belebung der Ratsdebatten definitiv im Geschäftsverkehrsreglement zu verankern. Im Rahmen dieser Initiative schlug das Büro zudem vor, die Redezeit für antragstellende Einzelpersonen von zehn auf fünf Minuten zu verkürzen. Angesichts der gestiegenen Geschäftslast hatte der Nationalrat diese Reduktion in den letzten Jahren jeweils mit ad hoc-Beschlüssen vornehmen müssen. Der Nationalrat hiess beide Neuerungen diskussionslos gut.

Parlamentarische Initiative für ein Einigungsverfahren beim Voranschlag

Die Finanzkommission des Nationalrats befasste sich mit Problemen, die entstehen können, wenn bei der parlamentarischen Behandlung des Budgets die Differenzen zwischen den beiden Kammern nach je dreimaliger Beratung nicht ausgeräumt werden können und eine Einigungskonferenz einberufen werden muss. Das Geschäftsverkehrsgesetz sieht in diesem Fall vor, dass ein Geschäft von der Traktandenliste zu streichen ist, wenn der Vorschlag dieser Konferenz von einem der beiden Räte abgelehnt wird. Nach Ansicht der Finanzkommission macht diese Regelung beim Voranschlag allerdings wenig Sinn, da das Parlament auf jeden Fall über das Budget entscheiden muss. Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte sie deshalb, dass diese Bestimmung auf Bundesbeschlüsse über den Finanzvoranschlag und dessen Nachträge nicht angewendet werden soll. Bei Ablehnung des Antrags der Einigungskokonferenz soll hier die Regelung gelten, dass von den in der dritten Beratungsrunde gefällten Beschlüssen derjenige definitiv in Kraft tritt, der niedrigere Ausgaben (oder einen tieferen Personalbestand) vorsieht. Das Hauptargument für diese Lösung war nicht finanzpolitischer, sondern verfassungsrechtlicher Natur. Da davon ausgegangen werden kann, dass der Rat, der sich für höhere Werte ausgesprochen hat, damit implizit auch die niedrigeren Beträge guthiess, ist mit dieser Formulierung der Verfassungsauflage der Verabschiedung eines Beschlusses durch beide Kammern Rechnung getragen. Der Bundesrat erklärte sich mit diesem Antrag einverstanden. Beide Räte stimmten der Gesetzesänderung diskussionslos zu; bei der Schlussabstimmung votierten im Nationalrat allerdings acht Mitglieder der SP-Fraktion dagegen.

Auf Anstoss einer parlamentarischen Initiative der nationalrätlichen Finanzkommission änderte das Parlament das Einigungsverfahren beim Voranschlag dahingehend, dass beim Scheitern eines Einigungsantrags künftig der in der dritten Beratungsrunde beschlossene tiefere Betrag oder Personalbestand als definitiver Beschluss gilt. National- und Ständerat nahmen eine entsprechenden Teilrevision des Geschäftsverkehrsgesetzes mit 139 zu 8 bzw. 42 zu 0 Stimmen an.