PUK zur Abklärung von Organisationsproblemen bei der Pensionskasse des Bundespersonals (BRG 95.067)

Der Streit zwischen Bundesrat Stich und dem Parlament über die Pensionskasse des Bundespersonals konnte noch nicht beigelegt werden. Anlass der Auseinandersetzung bildeten sowohl die Führung, als auch die Probleme mit der Einführung der EDV und die Ungewissheit über die finanzielle Situation. In einem Bundesbeschluss hatte das Parlament Ende 1994 unter anderem festgehalten, dass der Bundesrat bis Ende 1997 revidierte Statuten vorlegen muss, welche eine Reduktion des technischen Defizits der Kasse erlauben (BRG 94.070). Die Finanzdelegation beider Räte wiederholte in ihrem Bericht an die Finanzkommissionen ihre Vorwürfe an die Pensionskasse und bemängelte, dass keine Besserung eingetreten sei. Sie hielt insbesondere fest, dass die Buchhaltung nicht ordnungsgemäss geführt werde und deshalb nicht belegt werden könne, dass die in der Staatsrechnung ausgewiesenen Zahlen der Realität entsprechen würden.

Im Sommer verlangte die CVP-Fraktion die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) und reichte eine parlamentarischen Initiative Hess (cvp, ZG; Pa.Iv. 95.412) ein. Diese wurde allerdings zurückgezogen, nachdem das Büro beschlossen hatte, dem Parlament einen Bundesbeschluss zur Einsetzung einer PUK zu beantragen (BRG 95.067). Dieser wurde in der Herbstsession 1995 dem Parlament vorgelegt. Dagegen hatten sich die Fraktionen von SP und LdU/EVP ausgesprochen; eine PUK sei überflüssig, weil die nötigen Unterlagen für eine Untersuchung durch eine ständige Parlamentskommission vorliegen würden. Der Ständerat lehnte zuerst einen Antrag seines Büros ab, vor dem Entscheid über die Einsetzung einer PUK von der Finanzdelegation und der GPK einen Bericht erstellen zu lassen; dann stimmte er gegen einen Nichteintretensantrag Onken (sp, TG) und für die Einsetzung einer PUK. Die aus je fünf Mitgliedern beider Räte zusammengesetzte und von Ständerat Schiesser (fdp, GL) präsidierte Kommission wurde am 6. Oktober gebildet.

Die im Vorjahr auf Verlangen der CVP-Fraktion eingesetzte parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Abklärung von Organisations- und Führungsproblemen bei der Pensionskasse des Bundespersonals legte im Oktober ihren ausführlichen Bericht vor. Sie hielt darin fest, dass nicht technische Probleme mit dem EDV-System, sondern erhebliche Organisations- und Führungsdefizite die Hauptursachen für die Missstände darstellten. Diese Defizite waren nach Ansicht der PUK nicht bloss auf der Ebene der Pensionskasse angesiedelt, sondern auch bei der Führung des Finanzdepartementes. Der Hauptverantwortliche für das Debakel ist für die PUK eindeutig der im Herbst 1995 zurückgetretene sozialdemokratische Bundesrat Stich. Vorgeworfen wurde ihm nicht nur eine verfehlte Personalpolitik bei der Besetzung von Führungsstellen, sondern auch, es versäumt zu haben, rechtzeitig eine Analyse und Reorganisation der Kasse in die Wege zu leiten, und auf Vorhaltungen aus dem Parlament nicht oder abwiegelnd reagiert zu haben. Aber auch der Gesamtbundesrat wurde von der Kritik nicht ausgenommen: aus Rücksicht auf den Chef des EFD habe er seine Rolle als Oberaufsichtsgremium erst spät und auch dann bloss zögerlich wahrgenommen.

Die SP-Spitze reagierte heftig auf die Anschuldigungen gegen ihren alt Bundesrat und liess am Bericht und seinen Verfassern (darunter auch die SP-Abgeordneten Leemann, ZH und Plattner, BS) kein gutes Haar. Parteipräsident Bodenmann warf dem Bericht vor, dass er nichts Neues an den Tag gebracht habe und nur eine politische Racheaktion an Stich darstelle.

Die beiden Parlamentskammern nahmen vom Bericht nach ausführlicher Diskussion Kenntnis. Kritik kam wie bereits nach der Veröffentlichung von den Sozialdemokraten, welche die harte Wortwahl gegenüber Stich und die mangelnde Anerkennung seiner Leistungen in anderen Bereichen bemängelten. Immerhin waren auch sie einverstanden, dass das Parlament den Bericht zur Kenntnis nimmt. Die PUK hatte zusätzlich zum Bericht fünf Postulate, drei Motionen und fünf parlamentarische Initiativen formuliert, in welche sie 43 Empfehlungen verpackte. Diese verlangen Änderungen einerseits bei der Struktur der Kasse und andererseits bei der Aufsicht über die Kasse und sollen zudem eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle über die Bundesverwaltung insgesamt bringen. Diese Vorschläge fanden im Nationalrat Zustimmung. Der Ständerat überwies sie ebenfalls; die Motion, welche die Einrichtung einer Ombudsstelle für Fragen und Klagen der Versicherten forderte, allerdings nur in Postulatsform. (Zur Vorbotschaft für das neue Bundespersonalgesetz siehe hier.)

Im Rahmen der Diskussionen des PUK-Berichts über die Pensionskasse des Bundes nahmen beide Kammern eine Motion der PUK an, welche verlangt, dass die heute gemäss Gesetzgebung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge dem Bundesrat zustehende und teilweise an das BSV delegierte Oberaufsicht über die Aufsichtsorgane BVG einer Behörde übertragen wird, die eine wirksame Ausübung dieser Kontrolle zu garantieren vermag.

Die Situation der Pensionskasse war nach wie vor unbefriedigend. Die Eidgenössische Finanzkontrolle empfahl, deren Rechnung auch in diesem Jahr nicht abzunehmen. Das Parlament folgte diesem Ratschlag, wobei namentlich Vertreter der SVP und der LP massive Kritik an der Führung der Kasse und dem schleppenden Vollzug der Verbesserungsmassnahmen übten. Die GPK-SR orientierte in einem Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen der PUK-Pensionskasse von 1996 zur Behebung der Mängel dieser Institution. Anlässlich der Behandlung des Berichts im Ständerat beurteilte Bundesrat Villiger die Situation der Kasse nach wie vor als prekär. Er gab in diesem Zusammenhang auch bekannt, dass er die von bürgerlichen Politikern schon lange geforderten personellen Konsequenzen gezogen habe: Auf den 1. Oktober seien die bisherige Direktorin der Eidgenössischen Versicherungskasse, Elisabeth Baumann, und Vizedirektor Dieter Wäber aus der Geschäftsleitung entlassen worden. Zum neuen Geschäftsleiter wurde Peter Arbenz ernannt. Der Ständerat nahm den Bericht der GPK zur Kenntnis und stimmte damit auch den darin enthaltenen Empfehlungen zu. Anschliessend überwies er mit dem Einverständnis des Bundesrates ein Postulat Gemperli (cvp, SG; Po. 98.3328), welches eine rechtliche Verselbständigung der Kasse und die Erhöhung des Deckungskapitals auf 100% verlangt.

Wiederwählbarkeit in Kontrollkommissionen (Pa.Iv. 96.450)

Dossier: Vorstösse zu Reformen des Parlamentsgeseztes 1992-2000

In Zusammenhang mit den Untersuchungen des Parlaments über Organisations- und Führungsprobleme bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) hatte der Ständerat im Vorjahr einer parlamentarischen Initiative der PUK PKB zugestimmt, welche eine uneingeschränkte Wiederwählbarkeit der Mitglieder der Geschäftsprüfungs- und der Finanzkommission des Ständerats forderte. Mit diesem Verzicht auf die vom Ständeratsreglement vorgeschriebene Amtszeitbeschränkung von sechs Jahren könnte gemäss den Antragstellern die gerade im Bereich der Oberaufsicht erforderliche Kontinuität gewährleistet werden. Das Büro des Ständerates empfahl dem Rat nun - analog zu den vom Nationalrat 1991 eingeführten Verhältnissen - die Aufhebung der Amtszeitbeschränkung für alle ständigen Kommissionen. Trotz der Kritik von Cavadini (lp, NE), dass damit einer unerwünschten Spezialisierung der Ratsmitglieder Vorschub geleistet werde, hiess das Ratsplenum diese Neuerung mit 26 zu 7 Stimmen gut.

Stärkung der Finanzaufsicht (Pa.Iv. 96.472)

Auch als Folge der Missstände bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) suchten die Finanzkommissionen beider Räte nach Massnahmen, um die Stellung und Unabhängigkeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zu stärken. In der Herbstsession gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Bührer (fdp, SH) Folge, die eine Revision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG) fordert. Konkret beantragte der Initiant, dass die EFK der Finanzdelegation beider Räte (und nicht mehr dem Finanzdepartement) unterstellt wird, damit sie nicht den selben Leuten unterstellt ist, die sie kontrollieren muss. Weiter soll die Wahl des Vorstehers der EFK durch das Parlament (anstatt durch den Bundesrat mit Bestätigung durch die Finanzdelegation) erfolgen, die departementale Aufsicht durch eine wirksame, dem Departementschef unterstellte Revisionsstelle unterstützt werden und die mitschreitende Finanzkontrolle des Parlamentes, einschliesslich des Controllings bei hängigen Geschäften, verstärkt werden. Der Bundesrat stellte seinerseits Reformvorschläge bezüglich der EFK für 1998 in Aussicht, diese gehen allerdings weniger weit.

Revision des Finanzkontrollgesetzes (BRG 98.041)

Nachdem mehrere parlamentarische Vorstösse als Folge der Missstände bei der Pensionskasse des Bundes eine Überprüfung der Finanzaufsicht verlangt hatten, schlug der Bundesrat in einer Gesetzesvorlage Massnahmen zur Stärkung und grösseren Unabhängigkeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) vor. Am Konzept der Finanzaufsicht mit einer parlamentarischen Finanzdelegation und einem dem Parlament wie der Regierung dienenden Fachorgan, der EFK, wollte er allerdings festhalten. Eine Unterstellung der EFK unter das Parlament lehnte der Bundesrat ab, weil dies zu einer Gewichtsverschiebung zugunsten der parlamentarischen Kontrolle führen würde. Ferner sprach er sich gegen die Schaffung eines von Regierung und Parlament unabhängigen Rechnungshofes nach ausländischem Vorbild aus. Die neue Regelung hält im ersten Artikel fest, dass die Finanzkontrolle als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes «nur der Bundesverfassung und dem Gesetz verpflichtet ist»; nach bisheriger Regelung galt, dass sie der Bundesversammlung und dem Bundesrat «dient». Stärker als bisher wird der Bundesrat in die Pflicht genommen, Beanstandungen und Empfehlungen der Revisionsstelle umzusetzen bzw. den Vollzug zu überwachen. Bei besonderen Vorkommnissen ist neben dem zuständigen Departementschef auch die Finanzdelegation zu informieren. Die EFK soll einzelne Berichte separat publizieren und ihren eigenen Jahresbericht veröffentlichen können. Bei der personellen Ausstattung erhält die EFK gemäss Gesetzesentwurf ein direktes Mitspracherecht. Die Wahl des Direktors durch den Bundesrat muss neu vom Parlament bestätigt werden; gleichzeitig wird die unabhängige Position des Direktors gestärkt, indem er auf eine (zweimal verlängerbare) Amtsdauer von sechs Jahren ernannt wird.

Der Nationalrat befasste sich als Erstrat mit der Revision des Finanzkontrollgesetzes. Umstritten war in der Finanzkommission die Erweiterung der Aufsicht auf Anstalten und Unternehmungen, an denen der Bund mit mehr als 50% beteiligt ist. Der Rat wies einen entsprechenden Antrag einer Kommissionsminderheit um Steiner (fdp, SO) zurück. Den Antrag Weyeneth (svp, BE), welcher eine Übertragung der Wahl des EFK-Direktors auf die Bundesversammlung forderte – wobei dem Bundesrat ein Vorschlagsrecht eingeräumt würde, lehnte er ebenfalls ab, um die nötige Diskretion bei der Rekrutierung möglicher Kandidaten zu gewährleisten sowie eine Verpolitisierung der Wahl zu verhindern. In der Gesamtabstimmung wurde das Finanzkontrollgesetz mit 130 zu 0 Stimmen genehmigt.

Im Vorjahr hatte sich der Nationalrat als Erstrat mit der Revision des Finanzkontrollgesetzes befasst. Im Berichtsjahr empfahl nun auch die Finanzkommission des Ständerates die Vorlage unter einigen Abweichungen zur Annahme. Der Ständerat hielt an der Unabhängigkeit der Finanzkontrolle fest und wies den Beschluss des Nationalrates, die Wählbarkeit des Direktors der EFK von drei auf zwei Amtsperioden von jeweils sechs Jahren zu beschränken, zurück. Vielmehr hielt er eine unbeschränkte Amtsdauer für die angemessenere Lösung. Ausserdem beschloss er im Sinne der Gewaltentrennung auf Antrag von Schmid (cvp, AI) gegen den Entwurf des Bundesrates, das Parlament an der Wiederwahl oder Abwahl des Direktors der EFK zu beteiligen. Der Nationalrat hielt jedoch knapp mit 60 zu 57 Stimmen an der einmaligen Wiederwahl des Direktors fest. Nach erneuter Differenzbereinigung stimmten beide Räte mit 171 zu 1 respektive 44 zu 0 Stimmen der Revision in der Version des Ständerates zu.

Totalrevision des Parlamentsgesetzes (Pa.Iv. 01.401)

Dossier: Parlamentsgesetzesrevision 2002
Dossier: Öffentliche Abstimmungen im Ständerat

Die SPK-NR beantragte mittels einer parlamentarischen Initiative ein neues Parlamentsgesetz, welches das bisherige Geschäftsverkehrsgesetz ablösen soll. Die Fragen der Ausstattung der Parlamentarier mit Infrastrukturen und der Entschädigungen für ihre Arbeit wurden aus dieser Reform ausgeklammert. Angestrebt wird mit dem neuen Gesetz eine systematischere Ordnung der Regeln sowie die Erhebung gewisser Bestimmungen von Reglements- auf Gesetzesstufe (z.B. das Verfahren bei der Bundesratswahl). Zum zweiten geht es um eine Anpassung an die durch die neue Bundesverfassung geschaffenen besseren Kontroll- und Mitwirkungsrechte des Parlaments. Dabei stehen erweiterte und rechtlich abgesicherte Informationsansprüche der parlamentarischen Kommissionen gegenüber der Verwaltung im Vordergrund. Neu soll zudem das Parlament dem Bundesrat auch in dem an ihn delegierten Rechtsetzungsbereich mit Motionen verbindliche Aufträge erteilen dürfen (bisher sogenannte unechte Motionen im Nationalrat resp. Empfehlungen im Ständerat). Das dritte Kernelement betrifft die parlamentarischen Instrumente. Vorgeschlagen wurde, die Kommissionsmotion aufzuwerten und die Bedingungen für die Weiterbearbeitung einer parlamentarischen Initiative zu verschärfen. Bei den Kommissionsmotionen soll dies durch eine prioritäre Traktandierung geschehen, bei der parlamentarischen Initiative dadurch, dass ihr nicht nur eine, sondern beide Ratskammern Folge geben müssen, um eine Weiterbearbeitung durch eine Kommission auszulösen. Der Nationalrat hatte im Vorjahr mit einem Postulat (99.3565) strengere Bestimmungen für die parl. Initiativen gefordert. Das Einreichen von offensichtlich nicht mehrheitsfähigen Motionen soll zudem dadurch weniger attraktiv werden, dass die Überweisung einer Motion als Postulat nicht mehr möglich sein soll.

In seiner Stellungnahme zu diesen Reformvorschlägen meldete der Bundesrat bei den neuen Informations- und Mitwirkungsrechten des Parlaments erhebliche Einwände an. Er wehrte sich insbesondere dagegen, dass auch die Delegation der Geschäftsprüfungskommission und nicht nur wie bisher die Delegationen der Finanzkommission und einer PUK Einblick in Unterlagen erhalten soll, welche der Regierung zur unmittelbaren Entscheidfindung dienen. Ebenfalls nicht einverstanden war er mit dem Antrag, dass bei Uneinigkeit zwischen einem Parlamentsmitglied resp. einer Kommission und dem Bundesrat über den Umfang der offenzulegenden Information der endgültige Entscheid nicht mehr von der Regierung, sondern vom Ratspräsidium gefällt wird.

Im Nationalrat war Eintreten auf das neue Parlamentsgesetz nicht bestritten. Bei den wichtigen Streitpunkten zwischen Nationalratskommission und Bundesrat setzte sich durchwegs erstere deutlich durch. Die Neuregelung des Vorgehens bei der Behandlung von parlamentarischen Initiativen wurde hingegen etwas entschärft. Beschlossen wurde, dass nicht der Zweitrat, sondern bloss dessen zuständige Kommission einer Initiative ebenfalls Folge geben muss, damit sie weiter behandelt wird. Ein Antrag der Linken, auf das Mitbestimmungsrecht des Zweitrates in dieser ersten Phase wie bisher zu verzichten, fand keine Mehrheit. Auf Antrag von Sommaruga (sp, BE) beschloss der Nationalrat ferner, im Sinne von mehr Transparenz in Zukunft das Abstimmungsverhalten der einzelnen Parlamentsmitglieder nicht nur bei Schluss- und Gesamtabstimmungen und weiteren wichtigen Entscheidungen zu erfassen und zu publizieren, sondern bei jeder Abstimmung. Ebenfalls im Sinne von mehr Transparenz wurden die Vorschriften über die Offenlegung von Interessenbindungen verschärft. In Zukunft sollen die Parlamentarier nicht nur die bedeutenden Verwaltungsrats- und Beratermandate anzeigen müssen, sondern sämtliche. Bisher, d.h. seit 1985, galt die vom Ratsbüro aufgestellte Regel, dass nur Mandate für Firmen mit einem Aktienkapital von mindestens CHF 5 Mio. angegeben werden mussten. Diverse Anträge der Linken, welche Parlamentariern die Ausübung von Verwaltungsratsmandaten gänzlich verbieten wollten, blieben hingegen chancenlos. Auslöser für diese Verbesserung der Transparenz, welche die SPK kurz vor der Plenumsberatung in den Entwurf aufgenommen hatte, waren die Diskussionen um bisher nicht im Register der Interessenbindungen der Parlamentarier deklarierte Verwaltungsratsmandate des Zuger Nationalratspräsidenten und Wirtschaftsanwalts Peter Hess (cvp) gewesen. Die von einem Teil der Presse geäusserte Vermutung, dass eine der von ihm vertretenen Firmen (British American Tobacco, BAT) in Zigarettenschmuggel und andere Gesellschaften in Geldwäscherei verwickelt seien, liess sich nicht nachweisen. Immerhin war der politische Druck so gross, dass Hess für die Zeit seines Präsidialamtes von allen seinen 48 Verwaltungsratsmandaten zurücktrat.

Als Zweitrat befasste sich der Ständerat mit dem neuen Parlamentsgesetz, welches anstelle des bisherigen Geschäftsverkehrsgesetzes treten soll. Er beschloss eine ganze Reihe von Abweichungen von der nationalrätlichen Version, ohne allerdings die Grundsätze der Reform in Frage zu stellen. So verschärfte er unter anderem die vom Nationalrat festgelegten Unvereinbarkeitsregeln für ein Parlamentsmandat, welche neu nicht nur für den National-, sondern auch für den Ständerat gültig sind. Diese Unvereinbarkeit soll nicht nur für höhere Kader, sondern für alle Angestellten der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung und für Mitglieder von Leitungsgremien (Verwaltungs- und Stiftungsräte etc.) von bundesnahen Organisationen (SRG, Nationalbank, Pro Helvetia etc.) gelten. Die Betroffenen sind demnach zwar wählbar, müssen bei Annahme des Mandats aber auf die Anstellung oder das Mandat verzichten. Nicht einverstanden war die kleine Kammer auch mit dem Beschluss des Nationalrats, dass bei sämtlichen Abstimmungen das Votum der einzelnen Parlamentsmitglieder erfasst und veröffentlicht werden muss. Mit dem Argument, dazu müsste im Ständerat eine elektronische Abstimmungsanlage eingerichtet werden, lehnte die Ratsmehrheit dies ab und beschloss, dass jeder Rat in seinem eigenen Reglement über diese Frage entscheiden soll. Eine weitere Differenz ergab sich bei dem parlamentarischen Instrument der Empfehlung. Obwohl neu auch Motionen, welche den alleinigen Kompetenzbereich der Regierung betreffen, im Sinne von Richtlinien zugelassen sind, war der Ständerat nicht bereit, auf die bisher bei ihm diesem Zweck dienende „Empfehlung“ gänzlich zu verzichten. Da diese im Gegensatz zu einer Motion nur von einem Rat zu behandelnde Vorstossform die rasche Abgabe einer Stellungnahme an den Bundesrat erlaube, wollte er sie weiterhin zulassen. Dabei sollen die beiden Ratskammern frei sein, ob sie diese in ihren Reglementen aufführen wollen oder nicht. Der Ständerat wandte sich ferner gegen eine restriktivere Behandlung von Motionen. Er lehnte das vom Nationalrat eingeführte Verbot ab, eine vom Bundesrat abgelehnte Motion in ein Postulat umzuwandeln. Anschliessend verzichtete er auch auf die von seiner Kommissionsmehrheit beantragte Vorschrift, dass die zuständige Kommission des Erstrats eine Motion vorberaten müsse.

Mit einem relativ knappen Entscheid änderte der Ständerat das Wahlverfahren für die Bestätigungswahlen für den Bundesrat. Wieder antretende Regierungsmitglieder sollen nicht mehr einzeln in der Reihenfolge ihrer Amtsdauer zur Wahl antreten, sondern auf einer gemeinsamen Liste, wobei die Parlamentarier einzelne Namen streichen können. Wiedergewählt ist, wer im ersten oder einem allfällig erforderlichen zweiten Wahlgang das absolute Mehr erreicht. Kampfkandidaturen sind bei dieser Wiederwahl der Bisherigen noch nicht zugelassen, sondern erst bei einer Vakanz infolge einer Nichtwiederwahl oder eines Rücktritts. Der Nationalrat hatte 1996 eine Motion Weyeneth (svp, BE) (98.3349) für dieses Wahlsystem verabschiedet, welche dann aber im Ständerat keine Unterstützung fand. Wie im Vorjahr der Nationalrat (Motion Vallender, 01.3662) wollte auch die Mehrheit der SPK des Ständerats gewisse Schranken für vom Bundesrat im Dringlichkeitsverfahren beschlossene Nachtragskredite einführen. Für Ausgaben in der Höhe von mehr als 2% der Bundeseinnahmen sollte neu die Zustimmung des Parlaments erforderlich sein, welches nötigenfalls zu einer Sondersession einzuberufen wäre. Der Rat lehnte diese neue Bestimmung jedoch mit 24:15 Stimmen ab.

In der Differenzbereinigung schloss sich der Nationalrat bei der Unvereinbarkeitsvorschrift gegen den Widerstand der Linken dem Ständerat an. Für den Wunsch der kleinen Kammer, die Vorstossform der „Empfehlung“ beizubehalten, hatte er jedoch kein Verständnis. Er lehnte es auch ab, dass in Zukunft Kommissionsminderheiten keine prioritär zu behandelnde Motionen mehr einreichen können. Bei den Motionen, welche den an die Regierung delegierten Kompetenzbereich betreffen, hielt der Nationalrat an seiner verpflichtenderen Lösung fest. Diese seien nicht nur als Richtlinien zu betrachten, sondern der Bundesrat müsse, wenn er sie nicht umsetzen wolle, dem Parlament einen Entwurf für die Änderung der Zuständigkeitsordnung vorlegen. Der Nationalrat hielt im weiteren am Verbot fest, vom Bundesrat abgelehnte Motionen in Postulate umzuwandeln. Er begründete dies mit zwei Argumenten: erstens bedeute dies eine Aufwertung der Motion, da tendenziell nur noch mehrheitsfähige Vorstösse in dieser Form eingereicht würden; und zweitens könne neu eine Motion vom Zweitrat auch in dem Sinne abgeändert werden, dass nicht mehr eine Massnahme (z.B. eine Gesetzesrevision) verlangt würde, sondern bloss ein Prüfungsauftrag. Das vom Ständerat beschlossene neue Verfahren für die Wiederwahl der amtierenden Bundesräte wurde gegen den Widerstand der SVP mit 117:41 Stimmen abgelehnt. Nachdem der Nationalrat seinen Entscheid bestätigt hatte, dass in beiden Kammern bei sämtlichen Abstimmungen das Votum der einzelnen Parlamentsmitglieder erfasst und veröffentlicht werden muss, sprach sich der Ständerat mit 26:14 Stimmen zum zweiten Mal dagegen aus. Er führte dazu eine der in der kleinen Kammer sehr seltenen Abstimmungen unter Namensaufruf durch.

Da beide Kammern auch in der zweiten Runde der Differenzbereinigung nicht nachgaben, musste in dieser Frage der Transparenz über die Stimmabgabe die Einigungskonferenz entscheiden. Sie tat dies im Sinne der kleinen Kammer. Der Ständerat hielt auch bei den Motionen von Kommissionsminderheiten (Abschaffen), der Umwandlung von Motionen in Postulate (Beibehalten) sowie der Auswirkungen von Motionen im an den Bundesrat delegierten Kompetenzbereich (nur Richtlinie) an seinen Beschlüssen fest. Hingegen gab er beim Instrument der Empfehlung nach und schaffte es ab; er verzichtete ebenfalls auf das neue Wahlsystem für wiederkandidierende Bundesräte. Der Nationalrat hielt in der Folge nur noch an seiner Version der Rechtswirkung von Motionen im an den Bundesrat delegierten Kompetenzbereich (nicht nur Richtlinie, sondern Auftrag an den Bundesrat, sie umzusetzen oder eine Revision der Kompetenzordnung vorzuschlagen) und dem Verbot, vom Bundesrat abgelehnte Motionen in Postulatsform zu überweisen, fest. Nachdem der Ständerat weiterhin auf seinen Entscheidungen beharrt hatte, setzte sich in der Einigungskonferenz bei beiden Beschlüssen die Version des Nationalrats durch. Der Ständerat überwies eine Motion Galli (cvp, BE) aus dem Vorjahr (01.3321), welche verlangt, dass die Internet-Geschäftsdatenbank des Parlaments (curia vista) nicht nur deutsch und französisch, sondern auch italienisch geführt wird.