Die 2012 akzentuierte Zunahme von Ärzten, welche den Antrag stellten, ihre Leistungen über das Krankenversicherungsgesetz (KVG) abrechnen zu lassen, blieb im Berichtsjahr auf der Agenda der Räte. Nachdem im Vorjahr je ein Postulat Rossini (sp, VS) und Cassis (fdp, TI) in ebendieser Angelegenheit überwiesen worden war, sah sich der Bundesrat genötigt zu handeln und legte eine Botschaft zur Änderung des KVG vor. Darin beantragte die Regierung die vorübergehende Wiedereinführung der bedarfsabhängigen Zulassung. Vordringlich galt es eine per Ende 2011 ausgelaufene Bestimmung zu erneuern, womit die Zulassungsbegrenzung vorübergehend wieder eingeführt werden soll. Die 2001 in Kraft getretene Zulassungsbegrenzung für Leistungserbringer war 2011 nicht mehr erneuert worden. Zwar war eine Verlängerung im Rahmen der Änderung des KVG im Zusammenhang mit den integrierten Versorgungsnetzen („Managed Care“) angedacht worden, mit der Ablehnung durch die Stimmberechtigten im Juni 2012 liess sie sich aber nicht umsetzen. Diese Lücke führte dazu, dass die Kantone über kein Instrument mehr verfügten, um das Angebot im ambulanten Bereich zu steuern. Die vom Bundesrat beantragte Zulassungsbeschränkung soll auf drei Jahre terminiert werden. Damit soll es zum einen ermöglicht werden, die Auswirkungen der Aufhebung der Zulassungsbeschränkung zwischen dem 1. Januar 2012 und dem Inkrafttreten der vorliegenden Änderung zu untersuchen. Zum anderen können in der Zwischenzeit Bestimmungen vorbereitet werden, welche die Kosten längerfristig eindämmen. Der Bundesrat wollte angesichts des Masterplans „Hausarztmedizin und medizinische Grundversorgung“ sowie der Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“ nicht auf die zuletzt angewandte Fassung der Zulassungsbeschränkung zurückkommen, sondern schlug eine leicht abgeänderte Version vor: Einerseits sollen Leistungserbringer im Bereich der Grundversorgung nicht mehr von der Zulassungssteuerung ausgeschlossen sein, andererseits sollen entsprechende Übergangsbestimmungen jedoch sicherstellen, dass die Zulassung von Personen, die bereits vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig waren, nicht eingeschränkt werden kann. Mit einer raschen Umsetzung dieser Gesetzesänderung sollen die in Bedrängung geratenen Kantone die erforderlichen rechtlichen Instrumente erhalten, um die Zulassungen zu steuern. Der Bundesrat versprach sich davon eine bessere Steuerung der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, was sich auch auf die Finanzen von Bund und Kantonen positiv auswirken könne. Im Parlament war die als dringlich zu behandelnde Vorlage enorm umstritten.
Im Nationalrat, welcher sich im März zuerst damit befasste, beantragte eine Minderheit bürgerlicher Kommissionsmitglieder um Nationalrat de Courten (svp, BL) Nichteintreten. Eine weitere, ähnlich zusammengesetzte Minderheit Cassis (fdp, TI) wollte das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen mit dem Auftrag, innert zwei Jahren Alternativvorschläge zur Steuerung der ambulanten Medizin zu erarbeiten. Die SVP erachtete die Massnahme als rechtsstaatlich bedenklich und erkannte darin eine ungebührliche Verschleierungspolitik. Von Seiten der FDP wurde gefordert, endlich eine kluge Strategie zu entwickeln. Die bis anhin gefahrene Politik mit mehreren Verlängerungen des 2001 eingeführten Moratoriums wurde indes von allen Seiten angeprangert. Die Ratslinke, welche die Vorlage unterstützte, bediente sich vor allem föderalistischer Argumente. Den Kantonen müsse dieses Instrument zur Verfügung gestellt werden damit jene Kantone, die das Problem zu vieler Gesuche um Praxisbewilligung kennen, handeln können. Kantone, die nicht mit der Problematik konfrontiert seien, wären auch nicht zum Handeln verpflichtet, so Nationalrätin Fehr (sp, ZH). Dass sich nicht alle Kantone in der gleichen Ausgangslage befanden, liess sich in den verschiedenen Voten gut erkennen. Eintreten wurde schliesslich mit 106 zu 74 Stimmen deutlich beschlossen. Der Minderheitsantrag um Rückweisung scheiterte mit 89 zu 94 Stimmen jedoch nur knapp. Die Detailberatung war in der Folge weniger umstritten. Zwei Kommissionsanträge wurden beschlossen. Einerseits sollte der Zulassungsstopp nur auf Ärztinnen und Ärzte angewandt werden, und nicht auf Apotheker. Andererseits beschränkten die Räte eine vom Bundesrat noch offen formulierte Frist auf Verfall der Zulassung bei Nicht-Einlösung auf sechs Monate. Die damit geschaffene Abweichung vom Bundesratsentwurf wird die Ständekammer beurteilen müssen. Ein Antrag Ingold (evp, ZH) wurde sehr deutlich angenommen: Dieser wollte den Bedürfnisnachweis für Personen, welche mindestens fünf Jahre an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben, aufheben. Dagegen soll ein Bedürfnisnachweis für praktische Ärztinnen und Ärzte, die über keinen anderen Weiterbildungstitel verfügen, eingeführt werden. Damit sollte eine entscheidende Schwäche der neuen Zulassungsregulierung ausgemerzt werden, nämlich diejenige, dass schlechter qualifizierte Ärztinnen und Ärzte direkt aus dem Ausland eine Praxistätigkeit aufnehmen könnten. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 103 zu 76 Stimmen überwiesen, wobei sich nach wie vor FDP- und SVP-Vertreter dagegen stellten.
Der Ständerat behandelte das Geschäft nur eine Woche später. Zwar sprach sich die Mehrheit der SGK für Eintreten aus, jedoch mit dem Antrag, das Geschäft sogleich an den Bundesrat zurückzuweisen. Die Regierung solle eine definitive Lösung präsentieren, welche unter anderem auch eine Lockerung des Vertragszwangs vorsehen würde. Eine Minderheit Eder (fdp, ZG) war für Nichteintreten. Stattdessen sei eine langfristige, zukunftsorientierte und nachhaltige Lösung, welche allen Beteiligten Sicherheit bringt, gefragt. Eine zweite Minderheit Schwaller (cvp, FR) sprach sich für Eintreten ohne Rückweisung aus. Der Rückweisungsantrag wurde in der Kommission schliesslich mit einer knappen Mehrheit gefasst. Ein erster wichtiger Grund liege darin, dass seit zwölf Jahren eingesetztes dringliches Bundesrecht nicht mehr tatsächlich als solches gelten könne, so das Empfinden der SGK. Die Kommission verlangte darum eine rasche Antwort des Bundesrates auf die seit Jahren bestehenden Probleme und wollte mit der Rückweisung den entsprechenden Druck aufrechterhalten. Diese Begründung stützte sich auch auf ein Versprechen von Bundesrat Berset, der in der Kommission festgehalten hatte, dass eine definitive Vorlage per Ende 2013 geplant sei. Die Eintretensdebatte war langwierig und stellte auch den vom Nationalrat gefassten Beschluss infrage, da er möglicherweise gegen die Personenfreizügigkeit verstosse durch die Diskriminierung ausländischer Ärzte. Das Ratsplenum war mit 27 zu 17 Stimmen für Eintreten, wurde sich jedoch nicht einig über den Antrag Schwaller. Ratspräsident Lombardi (cvp, TI) entschied beim Stichentscheid im Sinne der Minderheit. Damit war Eintreten beschlossen, die Rückweisung wurde abgelehnt und die Kommission musste die Detailberatung nachholen. Bis zur Ständeratsdebatte in der Sommersession hatte die SGK mehrere Expertisen eingeholt: Sie informierte sich über die Anpassungen des Nationalrates und deren Vereinbarkeit mit der Personenfreizügigkeit, über die Übereinstimmung des Bundesratsentwurfs mit der Verfassung und über die Auswirkungen des früheren Systems der Zulassungsbeschränkung. In der Kommission halte sich der „Enthusiasmus gegenüber der wiederaufgenommenen vorübergehenden Zulassungsbeschränkung im Rahmen“, so Sprecherin Egerszegi (fdp, AG). Die Frage, was nach erneuter Aufhebung der Beschränkung in drei Jahren folgen wird, erschien auch den Ständeräten prioritär. Es wurde jedoch auch betont, dass es bei dieser Vorlage darum gehe, dass die Kantone die Leistungserbringer bestimmen und deren Zulassung an Bedingungen knüpfen können. Spreche sich die Regierung eines Kantons dagegen aus, die Zulassung ihrer Leistungserbringer an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, so ändere sich auch nichts. Aufgrund zweier Bittschreiben der Grenzkantone Genf und Tessin, die dringlichen Massnahmen zu unterstützen und in Hinblick auf die Funktion der Ständekammer, beantragte die SGK die Annahme des Geschäfts. Gegenüber dem Nationalrat wurden während der Detailberatung zwei Differenzen geschaffen: Die Abhängigkeit eines Bedürfnisnachweises soll nur von den Weiterbildungstiteln abhängen und nicht zusätzlich von einer Mindestanstellung an einer schweizerischen Institution. In dieser Hinsicht wollte die Kommission dem Bundesrat folgen. Eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG) schlug erfolglos als Kompromiss eine kürzere Mindestanstellung von drei Jahren vor (gegenüber den im Nationalrat gemäss Bundesratsentwurf beschlossenen fünf Jahren). Zur Kriterienfestlegung für den Bedürfnisnachweis nahm der Nationalrat die Fassung des Bundesrates an: Die Regierung selbst solle die Kriterien beschliessen. Im Gegensatz zur Exekutive wollte die SGK des Ständerates jedoch das Mitspracherecht der Kantone im Gesetz niederschreiben. Diese Änderung wurde gegen eine Minderheit Stöckli (sp, BE), welche den Bundesratsentwurf unterstützen wollte, angenommen. Eine redaktionelle Anpassung über Inkrafttreten des Gesetzes wurde zwangsläufig verabschiedet, da der ursprünglich festgelegte Zeithorizont trotz Dringlichkeit nicht eingehalten werden konnte.
In der Differenzbereinigung standen sich die oben genannten Divergenzen gegenüber. Bei der Festlegung der Erforderlichkeit eines Bedürfnisnachweises übernahm die SGK des Nationalrates den Vorschlag Rechsteiner (sp, SG), welcher im Ständerat knapp durchgefallen war. Sie beantragte damit ihrem Plenum die Forderung nach drei Jahren Anstellung an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte und ging selbst einen Kompromiss gegenüber dem zuvor gefassten Nationalratsbeschluss von fünf Jahren ein. Mit 102 zu 77 Stimmen wurde dies im Rat angenommen. In der Frage, wer die Kompetenz der Kriterienfassung erhalten soll, schuf der Nationalrat wieder eine Differenz zum Ständerat. Die Kantone seien laut Fassung des Nationalrats anzuhören, jedoch nicht einzubeziehen. Dieser redaktionellen Änderung fügte sich der Ständerat. Auch mit der Bedingung, drei Jahre in der Schweiz gearbeitet haben zu müssen, zeigte sich die ständerätliche SKG schliesslich einverstanden. Angesichts der hohen Zustimmung, mit welcher der Nationalrat an dieser zeitlichen Bedingung festgehalten hatte, schien es ihr angezeigt, einzulenken – wenngleich Sprecherin Egerszegi (fdp, AG) nicht umhin kam, den dadurch entstehenden Konflikt mit der Personenfreizügigkeit zu erwähnen. Den jeweiligen Mehrheitsanträgen folgte das Ratsplenum, womit das Geschäft zum Abschluss gebracht werden konnte. Am Ende der Beratungen bekräftigte Nationalrat Stahl (svp, ZH) Namens der SVP-Fraktion nochmals deren Ablehnung gegen die Vorlage. Sie widerspreche dem freiheitlichen und liberalen Geist des Berufes des Arztes und diese zwölf Jahre, während denen der Ärztestopp gegolten hatte, seien in Sachen Kostenexplosion im Gesundheitswesen wenig erfolgreich gewesen. Dennoch erklärten beide Kammern noch in der Sommersession das Geschäft mit 115 zu 79 und 27 zu 15 Stimmen als dringlich und verabschiedeten es mit 107 zu 77, respektive mit 28 zu 16 Stimmen, wobei die bürgerlichen Fraktionen jeweils unterlagen. Das abgeänderte Gesetz trat per 1. Juli 2013 in Kraft und gilt bis zum 30. Juni 2016.