Im Dezember 2023 schickte die RK-NR den Vorentwurf einer Mietrechtsvorlage in die Vernehmlassung. Im Rahmen der Gesetzesänderung sollten die Forderungen zweier parlamentarischer Initiativen Egloff (svp, ZH) (Pa.Iv. 16.451; Pa.Iv. 17.493) umgesetzt werden. Erstere sah vor, dass Anfangsmietzinse nur noch bei Notlage des Mieters oder der Mieterin angefochten werden können. Der zweite Vorstoss zielte darauf ab, beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit von Mieten aufzustellen.
Die Vernehmlassungsvorlage führte für die beiden Vorhaben je zwei Umsetzungsvorschläge auf: Einerseits stellte die RK-NR eine Umsetzung im Wortlaut der parlamentarischen Initiativen vor, andererseits konnten sich die Stellungnehmenden zu einer von der RK-NR ausgearbeiteten Variante äussern. Im Falle der Gesetzesänderung betreffend die Anfechtung von Anfangsmietzinsen schlug die RK-NR vor, dass Mieterinnen und Mieter lediglich bei einem akuten Mangel an Wohn- und Geschäftsraum eine persönliche Notlage belegen müssten, jedoch nicht, wenn die Vermieterin oder der Vermieter den Anfangsmietzins im Vergleich zum früheren Mietzins erheblich anheben sollte. Der Initiativtext im Wortlaut sah dagegen vor, dass bei jeder Anfechtung des Mietzinses eine persönliche oder familiäre Notlage belegt werden müsse.
Bei der Umsetzungsvariante der zweiten parlamentarischen Initiative Egloff entschied die RK-NR – analog zum Initiativtext –, dass die in der VMWG festgehaltenen Merkmale für den Vergleich der Mietobjekte zur Ermittlung der Quartierüblichkeit (Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode) ins OR überführt werden und mithilfe dreier Kategorien (einfach, gut, sehr gut) bewertet werden sollten. Diese Umsetzungsvariante schlug vor, einen Satz aus dem Initiativtext zu streichen, welcher vorsah, dass fehlende Eigenschaften einer Mietsache nach richterlichem Ermessen durch «ander[e], zusätzlich[e] oder höherwertig[e] Eigenschaften» kompensiert werden könnten. Die Kommissionsmehrheit befürchtete, dass der ursprüngliche Initiativtext zu Rechtsunsicherheit führen könne und mit einem erhöhten Aufwand für die beweisleistende Partei einhergehe. Eine Kommissionsminderheit beantragte indes, mit der Begründung, dass die Vorlage den Kern des Mieterinnen- und Mieterschutzes angreife, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Nach Ablauf der Frist hatten insgesamt 47 Vernehmlassungsteilnehmende inhaltlich Stellung zum Entwurf der RK-NR bezogen. 29 der Stellungnehmenden befürworteten die Vorlagen in ihrem Grundsatz, wobei davon 13 Teilnehmende in beiden Themen den Initiativtext bevorzugten. Für die Vorlage im Wortlaut sprachen sich dabei drei Kantone (BE, SG, SH), die FDP und SVP und eine Reihe von Interessenvertretungen der Vermieterinnen- und Immobilienbranche aus. Sieben Kantone (AI, FR, LU, NW, TG, VS, ZG) und die KGAST unterstützten bei beiden Sachverhalten die Variante der RK-NR. Insgesamt sechs teilnehmende Kantone (AG, OW, TI, UR, VD, ZH) präferierten bei einem Sachverhalt die Variante der RK-NR, beim anderen dagegen den Wortlaut der Initiative. 15 Teilnehmende, darunter die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie die EVP, die Grünen und die SP, lehnten die Vorlagen vollumfänglich ab und befürworteten deshalb den Minderheitsantrag auf Nichteintreten. Gegen die Vorlagen stellten sich unter anderem auch einige Interessenverbände aus der Immobilien-, Miet- und Gastronomiebranche.
Als Begründung für eine Einschränkung der Anfechtung der Mietzinse gemäss Wortlaut der Initiative und Variante der RK-NR wurde unter anderem ein erhöhtes Mass an Rechtssicherheit angeführt, wodurch ein Missbrauch des Anfechtungsverfahrens durch die Mieterinnen- und Mieterschaft in Zukunft besser vermieden werden könnte. Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative im Wortlaut kritisierten die Variante der RK-NR, da der Schweizer Mietwohnungsmarkt bereits durch eine Mangellage geprägt sei und so bereits von Grund auf ein Anfechtungsgrund gegeben sei. Für die Teilnehmenden, welche die Variante der RK-NR unterstützten, greife die Initiative im Wortlaut dagegen zu weit und Personen, welche sich auf bessergestellte Mietobjekte bewärben, würde das Recht auf Anfechtung gänzlich entzogen. Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage beriefen sich unter anderem auf die prophylaktische Wirkung der Möglichkeit zur Anfechtung des Anfangsmietzinses, da Vermieterinnen und Vermieter durch die Existenz des Instruments abgeschreckt würden, die Mieten zu übersetzen. Dieser Effekt könne verloren gehen, wenn Anfechtungen eine persönliche Notlage bedingten, lautete die Argumentation.
Betreffend die beweisbaren Kriterien der Orts- und Quartierüblichkeit der Mieten wurden seitens der befürwortenden Teilnehmenden der damit einhergehende reduzierte Aufwand für Akteurinnen und Akteure im Mietwesen und eine erhöhte Rechtssicherheit als Argumente aufgeführt. Dagegen sahen einige kritische Teilnehmende in den vorgeschlagenen Änderungen eine zusätzliche Beschneidung des Mieterinnen- und Mieterschutzes und fürchteten eine unverhältnismässige Erleichterung des Nachweises der Orts- und Quartierüblichkeit, wobei dies auch die Tore für ungerechtfertigte Mietzinserhöhungen öffnen könne.
In den Medien wurden die Gesetzesänderungen kontrovers diskutiert. So nannte der SMV die Mietrechtsrevision eine «Gefährdung des Kerns des Mietrechts» und Teil einer «Salami-Taktik der Immobilien-Lobby», um schleichend eine Marktmiete, welche durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, einzuführen. Der HEV zeigte sich dagegen erfreut über die beiden Vorlagen und sah in ebendiesen wichtige Massnahmen zur besseren Vergleichbarkeit der Mietzinse.
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung