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Parteien, Verbände und Interessengruppen
Parteien
En prévision des prochaines élections, la majorité des partis élaborent de nouvelles plate formes politiques — Fondation d'un parti féministe — La direction du PSS prend position face aux groupes d'opposition de gauche et de droite à l'intérieur du parti — Les jeunes socialistes décident de s'atteler à l'élaboration d'une initiative visant à la suppression de l'armée — Le congrès du PSS charge une nouvelle commission d'établir un programme intégrateur — Les «Thèses du Rigi», publiées par le PRD, contiennent moins d'éléments novateurs que les conceptions directrices présentées en 1973 — Les jeunes radicaux s'opposent à la révision du Code pénal en matière d'actes de violence criminels — Regroupements dans les milieux chrétiens-sociaux— Le PDC organise un congrès sur les mass media — Les priorités politiques fixées par le congrès de l'UDC tiennent compte des revendications de la jeunesse — Le mémorandum élaboré par la section saint-galloise de 1 Adl suscite des discussions animées — Grâce à la présentation d'une image dynamique et à sa politique antiétatiste, le Parti libéral continue sur la voie du succès — Le Parti évangélique populaire n'approuve pas la libéralisation du droit pénal en matière des rapports sexuels — Des tensions internes secouent le PdT à la suite de ses revers électoraux et des troubles de la jeunesse — L'Action nationale en relance.
Parteiensystem
Neben der politischen Polarisierung im Parteienspektrum vollzieht sich seit 1979 mehr und mehr eine Verlagerung des Gewichts zu den bürgerlichen Parteien. In vielen aktuellen politischen Fragen ist die Linke in die Defensive geraten und sieht sich in der Rolle des Verteidigers des Bestehenden, so in bezug auf die Staatstätigkeit und die Bundesstaatskompetenzen. Offensive Vorschläge, wie aus der durch den wirtschaftlichen Einbruch Mitte der 70er Jahre ausgelösten Krise des keynesianischen Politikmodells herauszukommen sei, sind von den linken Parteien noch nicht in überzeugender Form entwickelt worden. So blieb das Programm der Selbstverwaltung auf einer für die praktische Politik nicht fruchtbaren philosophischen Ebene. Auf der anderen Seite gelang es den bürgerlichen Kräften, insbesondere den Freisinnigen und im Welschland den Liberalen, durch neoliberale Problemlösungsvorschläge einen Teil des veränderungswilligen Potentials auf ihre Seite zu ziehen [1].
Der Föderalismus, die halbdirekte Demokratie und der Regierungsproporz haben nach Meinung des Politikwissenschafters L. Neidhart zur Folge, dass Wahlversprechungen nur begrenzt wahr gemacht werden können und die schweizerischen Parteien daher an einer gewissen naturbedingten Profilneurose kranken. So arbeiteten bereits die meisten Parteien im Hinblick auf die Nationalratswahlen vom Herbst 1983 an Programmpapieren, die zu einem klaren, den veränderten Bedingungen entsprechenden Profil verhelfen sollen [2]. Es ist aber auch die erschütterte Stellung der Parteien im politischen System, die sie nach einer neuen Standortbestimmung ringen lässt. Die weiterhin sinkende Partizipation der Stimmbürger, die Bürgerinitiativen sowie die radikale Ablehnung des Parlamentarismus und herkömmlicher Politikformen durch die Jugendbewegung warfen die Frage auf, ob die Parteien ihrer Vermittlerrolle zwischen Staat und Gesellschaft noch gerecht werden. Wie H.P. Fagagnini, Generalsekretär der CVP, feststellte, haben sie sich immer mehr von der Gesellschaft weg bewegt und zunehmend gouvernementale und verwaltende Funktionen wahrgenommen. Dafür haben neue politische Kräfte wie etwa die Ökologiebewegung Probleme aufgegriffen, die weite Teile der Bevölkerung beschäftigen, aber von den Parteien wegen mangelnder Sensibilität zuwenig beachtet worden sind [3].
Als Folge dieser Entwicklung wurde verschiedentlich versucht, den Parteien ihre Vorzugsstellung mittels Gesetzgebung und öffentlicher Finanzierung zu sichern. Der Basler Verfassungsrechtler G. Schmid schlug vor, ihre subtile Zwischenstellung zwischen der Vertretung von Volksinteressen und der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben durch die Verfassung zu garantieren. Ebenso befürwortet er eine behutsame Finanzierung und gléichzeitig eine gewisse Kontrolle der Parteien durch den Staat [4].
Wenn tendenziell gewisse Aufgaben der Parteien an flexiblere Organisationen überzugehen drohen, so stellt die Gründung der ersten schweizerischen Frauenpartei «Stimme der Frau» (PSF) ein gegenläufiges Ereignis dar. Diese will in den Parlamenten feministische Interessen vertreten. Die Mitgliedschaft in der PSF schliesst eine weitere parteipolitische Organisierung aus, hingegen ist ein zusätzliches Engagement in einer Organisation der Frauenbewegung erwünscht. Bisher ist die neugegründete Formation aber auf der politischen Bühne kaum in Erscheinung getreten [5].
Das Verhältnis unter den Bundesratsparteien hat sich kaum verbessert. Die Partei- und Fraktionsspitzen der vier «Grossen» taten bei ihren traditionellen vierteljährlichen Treffen im Vorfeld der Parlamentssessionen ihren Willen kund, bei der Verlängerung und Anpassung der Bundesfinanzordnung ab 1983 einen breiten Konsens anzustreben. Im Herbst unterstützte auch die SP die Bundesfinanzvorlage. Auf der anderen Seite stellte der rechtsfreisinnige Nationalrat O. Fischer die seit 1959 praktizierte Regierungskoalition :in Frage und rief die bürgerlichen Parteien auf, mit der «halbsozialistischen» Politik und der SP zu brechen [6].
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Sozialdemokratischen Partei
In der Sozialdemokratischen Partei wirkten die internen Auseinandersetzungen oft lähmend, und die divergierenden programmatischen Ansichten verhinderten weitgehend ein profiliertes Auftreten. Bereits im Vorjahr hatte sich in Basel eine «Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokraten und Gewerkschafter» gebildet, und in Zürich hatte eine rechtsoppositionelle «Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft» hauptsächlich das jugendpolitische Engagement der Stadtpartei kritisiert. Ausserdem schwelten in Solothurn, in Genf und im Tessin Konflikte zwischen rechtem und linkem Parteiflügel [7]. Auf der linken Seite formierte sich der Groupe d'Yverdon immer mehr zur Partei in der Partei. Auf Grund eines vertraulichen Briefes sozialdemokratischer Parlamentarier befasste sich die Geschäftsleitung in einer Klausurtagung mit den internen Spannungen und liess verlautbaren, dass die Meinungsbildung innerhalb der statutarischen Organe zu erfolgen habe und dass innerhalb der Partei Vereinigungen mit eigenen Beiträgen und Organen nicht geduldet würden [8].
In linker Opposition zur Mutterpartei befanden sich auch die Jungsozialisten. An ihrer Generalversammlung forderten sie in einer Resolution einstimmig die Legalisierung von Haschisch und Marihuana sowie eine Amnestie für Jugendliche, die im Zusammenhang mit den Krawallen verhaftet worden waren. Der Vorstand wurde beauftragt, eine Initiative für die Abschaffung der Armee vorzubereiten, worauf der Präsident der Mutterpartei sich genötigt sah, seinerseits mit einer klaren Stellungnahme für die Armee an die Öffentlichkeit zu treten [9].
Der aus der linken Intelligenz stammende Programmentwurf förderte in der Vernehmlassung die grundsätzlichen Differenzen zwischen den Parteiflügeln zutage. Die SP-Fraktion der Bundesversammlung stand ihm «fast einhellig sehr kritisch» gegenüber. Der SPS-Parteivorstand entschied an einer Klausurtagung mit 46:7 Stimmen, den Entwurf abzulehnen und am Programmparteitag die Diskussion aufgrund von neuen «10 Leitlinien» durchzuführen. Diese sollten ein Integrationspapier zwischen dem Programmentwurf und den Vemehmlassungsergebnissen darstellen [10].
Am Parteitag im Oktober vermochten Parteipräsident Hubacher und Bundesrat Ritschard einem Kompromiss den Weg zu ebnen. Eine neue Programmrevisionskommission wurde eingesetzt, die ein integrierendes Kurzprogramm ausarbeiten soll, das man am Parteitag von 1982 verabschieden will. Am grundsätzlichen Konzept der Selbstverwaltung hielt man fest. Der Begriff scheint in zunehmendem Masse eine Integrationskraft zu entfalten. Der gewerkschaftliche Flügel nahm ihn auf, indem er ihn in die reformistische Tradition der Produktionsgenossenschaften stellte. Trotzdem kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung: eine zuvor publizierte Äusserung des neuen Fraktionspräsidenten F. Morel, man solle die Partei von linken Exponenten säubern, erregte scharfen Protest und wurde mit der symbolischen Überreichung eines Besens quittiert [11].
Die von linken Kreisen immer wieder angefachte Diskussion über die Regierungsbeteiligung der SP fand ein vorläufiges Ende durch eine Umfrage in den Sektionen. Lediglich 8 von 345 antwortenden Basisorganisationen (insgesamt bestehen rund 1000 Sektionen) sprachen sich grundsätzlich gegen eine Regierungsbeteiligung aus; zahlreiche Sektionen knüpften aber Bedingungen an eine Übernahme von Regierungsverantwortung [12]. Der Parteipräsident Hubacher kritisierte öffentlich Bundesrat Aubert, da er den Wählerauftrag zuwenig beachte. Dem Vorsteher des Departementes für äussere Angelegenheiten lagen jedoch Rücktrittsabsichten fern, und die Fraktion beschloss einmütig seine Nominierung für das Amt des Vizepräsidenten der Landesregierung für 1982 [13].
Die Vereinigung der sozialdemokratischen Frauen trat im Sommer aus dem Bund der schweizerischen Frauenorganisationen aus und begründete dies damit, dass sich dieser zunehmend auf bürgerlichem Kurs bewege und sich zuwenig für die Gleichberechtigung der Frauen eingesetzt habe. Sie wählte Y. Jaggi zur neuen Präsidentin anstelle der zurückgetretenen R. Gassmann. An der Herbstkonferenz diskutierten die Sozialdemokratinnen über eine Reform ihrer Organisation. Die bisherigen Strukturen werden vorläufig beibehalten; es wurden aber feministische Vollversammlungen innerhalb der SP, eine ferninistische SPS-Fachkommission und ein explizites Minderheitsantragsrecht der Feministinnen auf allen Ebenen gefordert [14].
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Freisinnig-demokratischen Partei
Mit ihrer Nein-Parole zum Konsumentenschutz-Artikel zogen die Delegierten der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) Konsequenzen aus ihrer Parole «Weniger Staat». Sie zeigten sich nicht bereit, der neuen Bundeskompetenz zuzustimmen, obwohl diese Ergebnis der Zusammenarbeit der vier Regierungspartner war [15].
Dem Trend zu stärkerer politischer Profilierung und Abgrenzung sowie der Wiedererstarkung bürgerlicher Politik trug die FDP mit der Veröffentlichung der «Rigi-Thesen » Rechnung. Diese «Leitideen für eine liberale Zukunft» wurden als Versuch dargestellt, sich nicht nur an aktuellen und mittelfristigen Problemen zu orientieren, sondern eine grundsätzliche Politik zu formulieren. Mit den Rigi-Thesen wird eine Liberalismus-Offensive für die 80er- und 90er- Jahre angestrebt. Ihr Grundsatzteil, der einer parteiinternen Vernehmlassung zugeleitet wurde, soll die Programm-Thesen «Liberalismus heute» von 1973 ablösen.
Die Thesen fussen auf einem modernen Wirtschaftsliberalismus — von den Autoren als Neoliberalismus bezeichnet —, der definieren soll, welche staatlichen Interventionen mit einer freien Marktwirtschaft vereinbar sind. Aber während die FDP 1973 unter dem Eindruck der Gefahren eines ungehemmten Wachstums den Ton auf eine gewisse Beschränkung der Freiheit legte, zielt man jetzt wieder mehr auf eine Minimalisierung staatlicher Eingriffe. So wird in geradezu apodiktischer Grundsätzlichkeit festgestellt, dass Freiheit Eigentum voraussetze und dass im wirtschaftlichen Bereich die freie Konkurrenz für eine Aufteilung der Macht sorge. In der parteiinternen Vernehmlassung und in der Presse wurde denn auch einerseits das Primat des Eigentums kritisiert, anderseits stiessen sich gewisse Parteikreise an der gegenüber 1973 progressiver wirkenden These, dass Mitbestimmung auch die Unternehmensebene miteinschliessen könne [16].
Die Jungliberale Bewegung der Schweiz (JBS) stellte im April an ihrem «Tag der Jugend» fest, dass die Jugendunruhen gegen einen Staat gewandt seien, der alles reglementiere. Insofern seien Parallelen zur freisinnigen Politik sichtbar. Zwischen dem Bestreben nach autonomen Jugendzentren und der demokratischen Tradition gibt es nach Ansicht der JBS keinen Widerspruch. An ihrem Herbstkongress beschlossen die Jungliberalen ferner, das Referendum gegen die von den eidgenössischen Räten beschlossene Revision des Strafgesetzbuches im Bereich der Gewaltverbrechen zu ergreifen. Insbesondere die Artikel über strafbare Vorbereitungshandlungen stellen für die JBS einen «unhaltbaren Einbruch in unsere liberale Rechtsordnung» dar. Da sich die Jungliberalen keinem der bereits bestehenden linken Referendumskomitees anschliessen wollten, gründeten sie ein eigenes [17].
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Christlichdemokratischen Volkspartei
Innerhalb der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) bekundete der als Christlichsoziale Parteigruppe organisierte linke Flügel die Absicht, eine zielstrebigere und hartnäckigere Politik zu verfolgen, unter anderem Neugründungen von kantonalen christlichsozialen Parteigruppen anzuregen und auch die unabhängigen christlichsozialen Parteien in sich aufzunehmen. Solche unabhängige Parteien existieren im Jura, in Freiburg und in Luzern. Die Luzerner Partei beschloss nun, sich der schweizerischen Christlich-sozialen Parteigruppe anzuschliessen, nachdem der Versuch von 1976, mit der jurassischen und der freiburgischen Partei zusammen eine unabhängige gesamtschweizerische Formation zu gründen, auf dem Papier geblieben war [18]. In Freiburg hatten sich im Frühjahr die Christlichsozialen des Sensebezirks von der CVP getrennt und mit der zuvor nur im welschen Kantonsteil verbreiteten unabhängigen Partei zusammengeschlossen. Ebenfalls im Frühling kam es in Zürich zur Gründung einer christlichsozialen Parteigruppe, womit sich der gewerkschaftliche Flügel auch wieder politisch formierte, nachdem in den 70er Jahren die CVP konservativ dominiert worden war. Im Jura versuchte die CVP erfolglos, die Unabhängige Christlichsoziale Partei (PCSJ) von ihrem Kurs zwischen christlichdemokratischer und sozialistischer Politik abzubringen [19].
Wie der Bundesrat in seinem Zwischenbericht zu den Regierungsrichtlinien zog auch die CVP an ihrem Delegiertenkongress im Oktober eine Zwischenbilanz für die Legislaturperiode. In ihrem 7-Punkte-Programm für die Zeit bis zu den eidgenössischen Wahlen kommen die widersprüchlichen Tendenzen innerhalb der Partei zum Ausdruck. Man tritt zwar vehement für die Sparpolitik des Bundes ein, lehnt aber Einsparungen bei der Sozialpolitik ebenso entschieden ab.
Ein erster Medienkongress der CVP drückte eine gewisse Skepsis gegenüber modernen elektronischen Informationsmitteln aus, die zu einem europäischen Eintopf führen könnten. Begrüsst wurden hingegen die Bestrebungen zur Einführung neuer Programme des Lokalradios und -fernsehens. Solche medienvermittelte Kommunikation könne dazu beitragen, die interpersonale Gesprächsebene zu befruchten und anzuregen. Im weiteren begrüsste die CVP den vorgeschlagenen Medienartikel [20].
Als zweite «Vereinigung» neben der Christlichsozialen Parteigruppe anerkannte der Vorstand der CVP die Arbeitsgemeinschaft der CVP-Frauen. Damit wurde auch dieser Organisation das Recht auf die Abordnung von eigenen Delegierten zugestanden [21].
Die Junge CVP (JCVP) konnte 1981 ihr 50jähriges Bestehen feiern. Die sich als «Motor und Gewissen» der Mutterpartei verstehende Organisation verabschiedete ein Arbeitsprogramm, das trotz Interventionen insbesondere der Walliser Sektion deutlich progressive Züge im Verhältnis zur Mutterpartei aufweist und dort die sozialpolitische Tendenz unterstützen dürfte. Die JCVP trat auch für eine Lockerung des Bankgeheimnisses ein. Ihre Zielsetzungen stimmen weitgehend mit denen der Bankeninitiative überein, sollen aber auf anderen Wegen verwirklicht werden [22].
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Schweizerischen Volkspartei
Im Januar und Februar trafen sich die Delegierten der Schweizerischen Volkspartei (SVP) zweimal, um die «Schwerpunkte 81/82 für Bund, Kantone und Gemeinden» zu verabschieden. Der Entwurf der Programmkommission, an dem die Junge SVP aktiv mitgewirkt hatte, stiess dabei auf starke Bedenken des Parteivorstandes. Neue Themen waren die Jugend und das Drogenproblem. Eine lebhafte Debatte führte zu einem Kompromiss, der immerhin die Schaffung von Freiräumen für Jugendliche und die Förderung neuer Formen der Kultur sowie die Herabsetzung des Stimmrechtsalters in den Kantonen forderte. Die Strafbestimmungen für den Konsum von harten und weichen Drogen seien zu differenzieren. Das offizielle Parteidokument stand in einem gewissen Gegensatz zur Politik der Zürcher SVP, die sich mit ihrer klaren Ablehnung des AJZ und dem Ruf nach Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung zu profilieren suchte [23].
Gegenüber der von den Freisinnigen vorgetragenen neoliberalen Politik konnte sich die SVP nur schwer abgrenzen. Der bemische Nationalrat B. Müller betonte, dass man das Risiko einer Absenkung des Wohlfahrtsniveaus und einer sozialen Demontage nicht in Kauf nehmen dürfe und warnte vor wachsenden Einkommensdisparitäten. Allerdings konzedierte er, dass heute der Staat als Wohlfahrtspender in Bereichen tätig sei, die ordnungspolitisch nicht in seinem Aufgabenbereich liegen dürften [24].
Aus dem Konsens der Regierungspolitik scherte die SVP im Gegensatz zur FDP bei keiner eidgenössischen Volksabstimmung aus. Im Beisein von Bundesrat L. Schlumpf folgte die Delegiertenversammlung dem Appell an die Bauern und Gewerbetreibenden, sich auch als Produzenten für die Konsumenten einzusetzen, so dass trotz herber Kritik am Verfassungsartikel die Ja-Parole zum Konsumentenschutz beschlossen wurde [25].
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Landesring der Unabhängigen
Wenn der Landesring der Unabhängigen (LdU) weiter an Wählergunst einbüsste, so mag dies einerseits damit zusammenhängen, dass er — in seinem Selbstverständnis eine Wählerbewegung — zwischen den sich verstärkenden Polen nicht mehr genug eigenes Profil entwickeln kann. Die kantonal unterschiedlichen Wahlergebnisse deuten aber auch darauf hin, dass keine einheitliche sozialliberale Linie besteht [26].
Eine Vertreterin des progressiven und «grünen» St. Galler Standesrings übte harte Kritik am bürgerlichen Kurs des LdU, der nichts mehr mit den Ideen des Programms von 1974 zu tun habe, und löste damit eine heftige Debatte in der Parteizeitung aus. In der Folge wurde auch ein an die schweizerische Parteispitze gerichtetes St. Galler Memorandum veröffentlicht, in dein die Verfilzung von LdU-Politikern mit einer Konkordanz-Exekutive und einer Wirtschaftsmacht als Grund der Wählerverluste bezeichnet wird [27]. Die in erster Linie auf den Zürcher LdU gemünzten Angriffe parierte dieser mit einem eigenen Papier zur Standortbestimmung. Daraufhin wurden beide Papiere als Grundlage für ein Schwerpunktprogramm gutgeheissen, und am Landestag in Davos demonstrierte man nach aussen wieder weitgehende Einigkeit. Der Antrag der St. Galler auf Rückzug der Initiative gegen das SRG-Monopol fand unter den Delegierten zwar keine Mehrheit, doch zeigte sich gegen Ende des Jahres, dass die Partei zuwenig Kräfte für ihr Begehren mobilisieren konnte, so dass die Initiative nicht zustande kam und als Petition eingereicht werden musste [28].
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Liberale Partei
Der im Welschland so erfolgreichen Liberalen Partei (LP) ist es gelungen, das elitäre, exklusive Image abzustreifen und der Partei dynamische, junge Züge zu verleihen. Ihre Wahlerfolge, vielfach als Reagan-Effekt charakterisiert, sind auf ein geschicktes Eingehen auf die antiinterventionistischen Tendenzen zurückzuführen. In politischen Fragen war die Haltung der LP kaum durch Zweideutigkeiten getrübt. Ein entschiedenes Nein zur «Mitenand»-Initiative, eine einstimmige Verwerfung des Konsumentenschutzartikels und eine eindeutig antizentralistische Haltung in Fragen der Neuverteilung der Lasten zwischen Bund und Kantonen verschafften der Partei ein klares Profil [29].
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Evangelische Volkspartei
Auch die Evangelische Volkspartei (EVP) sprach sich für eine Stärkung der Kantone bei der Neuverteilung der Aufgaben und für einen Abbau der Subventionswirtschaft aus. Scharf kritisierte sie den Revisionsvorschlag zum neuen Sexualstrafrecht und warnte vor einer unkritischen Anpassung an den Zeitgeist [30].
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Partei der Arbeit
Auf der äussersten Linken setzte sich der Wählerschwund der Partei der Arbeit (PdA) fort. Während die Kommunisten ihre Misserfolge hauptsächlich mit dem wieder entfachten kalten Krieg und dem Antikommunismus erklärten, scheint doch vor allem die Fixierung auf ein klassisches Industrieproletariat, das in steter Abnahme begriffen ist, der wahre Grund zu sein. Zudem konkurrenzieren soziale Bewegungen die Partei dort, wo sie die diversen Randgruppen, die in der Phase der Prosperität benachteiligt wurden, anzusprechen versucht. In der Deutschschweiz hat die Jugendbewegung zudem den Graben zwischen der alten stalinistischen Garde und den jüngeren, reformkommunistisch gesinnten Kräften vertieft. Diese dissidenten Kräfte haben ein Zeitschriftenprojekt «Widerspruch» initiiert, um das sie linkssozialistische und eurokommunistische Intellektuelle zu scharen suchen. Bisher hat sich die PdA bemüht, einen internen Bruch, wie er 1969 erfolgte, zu verhindern [31].
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Progressive Organisationen
Die Progressiven Organisationen (POCH) entfernten sich weiter von ihrer ehemals proklamierten Politik der Bildung eines Pols links der SP. Mehrere Exponenten vertraten ein Konzept der Multipolarität der revolutionären Kräfte, was dem tatsächlichen Veränderungspotential besser entspreche. Den ehemaligen Bündnispartner PdA erzürnte die POCH durch ihr Vorprellen mit einer neuen AHV-Initiative, wobei das Vorgehen auch in den eigenen Reihen nicht unumstritten war. Als 68er Partei eröffnete sie, nicht zuletzt als Folge der Jugendunruhen, eine neue «Generaldebatte» über ihren programmatischen Kurs. Die Tendenz scheint weg vom Selbstverständnis als Teil der kommunistischen Weltbewegung und zurück zu den Ideen von 1968 zu weisen [32].
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Nationale Aktion
Auf der äussersten Rechten feierte die Nationale Aktion (NA) ihr zwanzigjähriges Bestehen. In der Festansprache stellte der Zentralpräsident H. Zwicky fest, der Tiefpunkt sei 1979 überschritten worden. Mit der Initiative «Gegen den Ausverkauf der Heimat» und dem Referendum gegen das Ausländergesetz habe die Nationale Aktion wieder ihren Platz in der Politik zurückerobert. Allerdings musste sie bei den kantonalen Wahlen weitere Verluste hinnehmen [33].
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[1] Die Bezeichnung «Reagan-Effekt» für die liberalen Erfolge im Welschland verweist auch auf den Zusammenhang mit der veränderten weltpolitischen Situation. Vgl. LNN, 261, 10.11.81; NZZ, 266, 16.11.81.
[2] Vgl. BaZ, 248, 23.10.81.
[3] Vgl. Vat., 49, 28.2.81.
[4] G. Schmid, Politische Parteien, Verfassung und Gesetz, Basel 1981. Der sozialdemokratische Parteipräsident Hubacher forderte in einer parlamentarischen Initiative eine finanzielle Unterstützung der in den eidgenössischen Räten vertretenen Parteien (Verhandl. B.vers., 1981, III, S. 17; BaZ, 139, 18.6.81).
[5] BaZ, 154, 6.7.81; Suisse, 188, 7.7.81.
[6] NZZ, 42, 20.2.81; 116, 21.5.81. Bundesfinanzordnung: vgl. oben, Teil I, 5 (Régime financier). O. Fischer: 24 Heures, 35, 12.2.81.
[7] Vgl. SPJ, 1980, S. 193; Vat., 19, 24.1.81; BaZ, 26, 31.1.81 (Interview mit H. Hubacher) ; Bund, 58, 11.3.81; Woche, 6, 16.10.81. In Basel trat der Polizeidirektor Schnyder aus der SP aus (BaZ, 119, 23.5.81; SGT, 120, 25.5.81).
[8] TA, 27, 3.2.81; Vr, 25, 5.2.81; BaZ, 44, 21.2.81 (Interview mit G. Peters vom Groupe d'Yverdon); NZZ, 43, 21.2.81; 44, 23.2.81; TW, 44, 23.2.81.
[9] TA, 74, 30.3.81; 77, 2.4.81; BaZ, 76, 31.3.81; Sonntags-Blick, 5.4.81 (Interview mit dem wiedergewählten Juso-Präsidenten A. Gross); NZZ, 80, 6.4.81 (Hubacher); TW, 106, 8.5.81 (Replik der Jusos).
[10] Vgl. SPJ, 1980, S. 193 f.; TA, 82, 8.4.81; NZZ, 138, 18.6.81; 220, 23.9.81; Suisse, 269, 26.9.81; TW, 225, 26.9.81; BaZ, 242, 16.10.81 (Interview mit dem Programmentwurfmitgestalter und Selbstverwaltungs-Philosophen Künzli).
[11] Aktionsgemeinschaft Sozialdemokraten und Gewerkschaften, Informations-Bulletin, 1, 16.1.81; 2, 1.7.81; 3, 15.9.81; 4, 31.12.81 (Diskussion des Programmentwurfs in rechtsoppositionellen Kreisen). Programmparteitag: Presse vom 19.10.81; Vr, 205, 23.10.81 (Referate von O. F. Walter und B. Kappeler zur Selbstverwaltung, gehalten am Parteitag); ferner Ww, 24, 10.6.81 (Porträt von F. Morel) und L'Hebdo, 6, 16.10.81 (Morel über die Zürcher Linke).
[12] TA, 208, 9.9.81.
[13] Blick, 89, 16.4.81; NZZ, 214, 16.9.81; Suisse, 266, 23.9.81. Vgl. oben, Teil I, 1c (Regierung).
[14] TW, 148, 29.6.81; Ww, 28, 8.7.81 (Porträt Y. Jaggi); BaZ, 219, 19.9.81; 220, 21.9.81.
[15] TA, 100, 2.5.81; 101, 4.5.81; Freisinn, Nr. 5, Mai 1981. Vgl. oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz).
[16] Trend: NZZ, 1, 3.1.81; Rigi-Thesen: Politische Rundschau, 60%1981, S. 75 ff.; Presse vom 5.9.81; BaZ, 218, 18.9.81 (Interview mit dem Leiter der Arbeitsgruppe Programmrevision, dem Basler NR P. Wyss); Freisinn, Nr. 9, Sept. 1981; Nr. 11, Nov. 1981. Der Mitbestimmungsbegriff der Rigi-Thesen ist keineswegs identisch mit dem gewerkschaftlichen Postulat, heisst es doch in den Thesen auch : « Mitbestimmung will Selbstbestimmung der Arbeitnehmer und schliesst Fremdbestimmung, insbesondere durch Gewerkschaftsvertreter, aus». Zu den Thesen von 1973 vgl. SPJ, 1973, S. 161 f.
[17] NZZ, 86, 13.4.81; 254, 2.11.81; TA, 86, 13.4.81; Vgl. oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
[18] TA, 95, 25.4.81; 96, 27.4.81; NZZ, 96, 27.4.81; LNN, 223, 26.9.81. An ihrer Delegiertenversammlung wählte die Christlichsoziale Parteigruppe der Schweiz den Gewerkschafter R. Seiler zum neuen Präsidenten. Vgl. SPJ, 1976, S. 174; 1980, S. 194 f.
[19] Suisse, 52, 21.2.81; 81, 22.3.81; Vat., 118, 22.5.81; SGT, 228, 30.9.81.
[20] Vat., 128, 4.6.81; 200, 31.8.81; NZZ, 200, 31.8.81. Zur Medienpolitik vgl. oben, Teil I, 8c (Radio und Fernsehen).
[21] 7-Punkte-Programm: NZZ, 242, 16.10.81. CVP-Frauen: Vat., 255, 3.11.81; 298, 24.12.81.
[22] BaZ, 159, 11.7.81; Vat., 159, 13.7.81; 271, 21.11.81; 272, 23.11.81; NZZ, 268, 18.11.81; 272, 23.11.81. Zur Bankeninitiative vgl. SPJ, 1978, S. 64.
[23] Presse vom 19.1. und 2.3.81 ; SVP-Pressedienst, 7, 18.2.81 ; BaZ, 49, 28.2.81 (Interview mit SVP-Präsident NR F. Hofmann). Zur SVP der Stadt Zürich vgl. NZZ, 75, 31.3.81; 105, 8.5.81; 185, 13.8.81.
[24] B. Müller, Individum, Freiheit und Staat, Bern 1981.
[25] TA, 107, 11.5.81; Presse vom 26.10.81. Vgl. oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz).
[26] SGT, 69, 24.3.81 (Interview mit Parteipräsident W. Biel). Vgl. oben Teil I, 1e (Elections cantonales).
[27] Ring, 2-4, 13.3.-11.5.81; SGT, 71, 26.3.81. Vgl. SPJ, 1974, 5.174.
[28] Ww, 20, 13.5.81; Presse vom 18.5.81; Ring, 5, 9.6.81; TA, 136, 16.6.81 (Interview mit F. Jaeger vom «grünen» LdU St. Gallen und H. Ramseier vom «blauen» LdU Zürich). Vgl. auch NZZ, 199, 29.8.81. Nichtzustandekommen der SRG-Initiative: TA, 277, 28.11.81. Vgl. auch oben, TeilI, 8c (Radio und Fernsehen).
[29] BaZ, 12, 15.1.81; 263, 10.11.81; JdG, 68, 23.3.81; 108, 11.5.81; 231, 5.10.81. TA, 267, 17.11.81. Vgl. auch oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz) und 7d (Ausländische Bevölkerung).
[30] NZZ, 113, 18.5.81; EVP-Pressedienst, 16.10.81. Zur Revision des Sexualstrafrechts vgl. oben, Teil I, 7d (Familienpolitik).
[31] NZZ, 169, 24.7.81; 250, 28.10.81; Woche, 8, 30.10.81; 24 Heures, 261-262, 10.-11.11.81. Zu geschichtlichen Rückblicken gab das Jubiläum 60 Jahre KPS/PdA Anlass (VO, 9, 5.3.81; 24 Heures, 55, 7.3.81). Vgl. auch SPJ, 1969, S. 171.
[32] TA, 152, 4.7.81; NZZ, 203, 3.9.81; BaZ, 273, 21.11.81; Positionen, Nr. 35 und 36/37, Juni und November 1981. Vgl. dazu SPJ, 1978, S. 176; 1980, S. 197 sowie oben, Teil I, 7c (Assurance-vieillesse et survivants).
[33] Bund, 232, 5.10.81; TA, 230, 5.10.81; Volk +Heimat, Nr.15, November 1981. Vgl. SPJ, 1979, S. 120 sowie oben Teil I, 7d (Ausländische Bevölkerung) und 1e (Elections cantonales).
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