Wirtschaft
Geld, Währung und Kredit
Die restriktive Geldmengenpolitik der Nationalbank führte zu einem weiteren Zinsanstieg und zur Wiedererstarkung des Schweizer Frankens. – Die neuen Strafnormen gegen die Geldwäscherei sind auch vom Ständerat verabschiedet und unverzüglich in Kraft gesetzt worden. – Eine Expertenkommission legte den Entwurf für ein Börsengesetz vor.
Geld- und Währungspolitik
In Anbetracht der konjunkturellen Überhitzung, der zunehmenden Teuerung und dem Ende 1989 eingetretenen Kursverlust des Schweizer Frankens setzte die Nationalbank ihre Politik des knappen Geldes fort und verschärfte um den Jahreswechsel 1989/90 ihren Kurs noch. Als sich im Jahresverlauf eine Verflachung des Wirtschaftswachstums abzeichnete und sich der Franken von seiner Schwäche wieder erholt hatte, lockerte sie die Zügel etwas, ohne jedoch einen grundlegenden Kurswechsel vorzunehmen. Die bereinigte Notenbankgeldmenge nahm nicht wie vorgesehen um 2% zu, sondern lag im letzten Quartal um 2,6% tiefer als vor Jahresfrist. Die einzelnen Aggregate entwickelten sich ähnlich wie 1989: Die Geldmenge M1 (Bargeldumlauf und Sichteinlagen) lag im Durchschnitt um 5,0% unter dem Vorjahresstand und widerspiegelte das Abfliessen der Gelder in Termineinlagen und andere höher verzinste Anlageformen. Bei der Geldmenge M3, welche zusätzlich auch die Termin- und Spareinlagen umfasst, verlangsamte sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr weiter und machte im Jahresdurchschnitt noch 2,5% aus.
Die Unsicherheit des internationalen Umfeldes veranlasste die Nationalbank, auf die Formulierung eines exakten
Geldmengenzieles,für
1991 zu verzichten. Die technischen Anderungen im Zahlungsverkehr beeinträchtigten zudem die Aussagekraft der Notenbankgeldmenge. Die Nationalbank will diese aber weiterhin zumindest als mittelfristigen geldpolitischen Indikator verwenden. Allerdings hat sie die als optimal erachtete Expansionsrate dieses Indikators von bisher 2% auf 1% korrigiert
[1].
Die Geldpolitik der Nationalbank geriet im Berichtsjahr noch stärker unter Beschuss als im Vorjahr. Zum einen machte sich eine gewisse
Ungeduld bemerkbar, da trotz der restriktiven Politik die Teuerung weiter anstieg. Zum anderen wurde aber – zum Teil von den selben Personen – eine Lockerung verlangt, um das Abgleiten in eine Rezession zu verhindern. Der Bundesrat stärkte jedoch der Nationalbank im allgemeinen den Rücken und betonte mehrmals, dass das Ziel der dauerhaften Preisstabilität nur über eine Politik des knappen Geldes erreicht werden könne. Die Gefahr einer dadurch ausgelösten Stagflation schien ihm noch im November wenig wahrscheinlich
[2].
In Abweichung von dieser generellen Haltung beantragte der Bundesrat allerdings im September
direkte Eingriffe in den Kapitalmarkt. Angesichts der steigenden Hypothekarzinsen und den im Mietrecht vorgesehenen Uberwälzungsmechanismen auf die Mieten sah er sich zum Einschreiten veranlasst. Er schlug dem Parlament vor, mit einem dringlichen Bundesbeschluss die
Hypothekarzinsen für die Dauer von drei Jahren einer konjunkturpolitischen Überwachung zu unterstellen. Damit reagierte er auch auf politische Vorstösse, welche eine Kontrolle resp. ein Moratorium für Mietzinsen, aber auch eine Abkehr vom Prinzip der Kostenmiete und dem dazu gehörenden Uberwälzungsmechanismus verlangt hatten. Die Nationalbank hatte sich mit Bestimmtheit gegen diese Massnahme ausgesprochen, da sie davon eine Erschwerung ihrer Geldpolitik und kontraproduktive Wirkungen für die allgemeine Teuerungsbekämpfung befürchtete. Der Bundesrat bekundete zwar Verständnis für die ordnungspolitischen Bedenken der Nationalbank, kritisierte ihre Haltung in dieser Frage aber als zu dogmatisch. Im Nationalrat wurde eine konjunkturpolitisch abgestützte Interventionspolitik nur von der SP und den Grünen unterstützt. Durchsetzen konnte sich gegen den Widerstand der Mehrheiten der Fraktionen der FDP, der SVP und der Liberalen schliesslich die von der CVP gewünschte Kompromisslösung einer
wettbewerbspolitischen Hypothekarzinsüberwachung. Gegen diesen Vorschlag hatte auch die Nationalbank nichts einzuwenden. Da der Preisüberwacher vor seinen Entscheiden die Nationalbank konsultieren muss, ist auch Gewähr geboten, dass diese in ihrer Autonomie nicht allzusehr eingeschränkt wird: Der Ständerat schloss sich, ebenfalls noch in der Herbstsession, diesen Beschlüssen an
[3].
Unmittelbar nach diesem Entscheid stimmte der Nationalrat – und später auch der Ständerat – dem Gegenvorschlag des Bundesrates zur
zweiten Preisüberwachungsinitiative zu. Dieser unterstellt die Zinsen dem wettbewerbspolitischen Preisüberwachungsgesetz von 1985
[4].
Der Schweizer Franken
erholte sich 1990 wieder von der Schwäche des Vorjahres. Wesentlich dazu beigetragen hat die restriktive Geldpolitik der Nationalbank und die daraus resultierenden hohen Zinsen für Anlagen in Schweizer Franken. Die Aufwertung fiel gegenüber den Währungen der USA und Japans mit 23% resp. 18% recht massiv aus. Im europäischen Bereich gewann der Franken im Jahresmittel vor allem im Vergleich zum britischen Pfund an Wert (+8%); weitaus geringer war der Kursgewinn in bezug auf die italienische Lira (3%), die D-Mark (1%) und den französischen Franken (0,6%). Der exportgewichtete Wechselkurs lag im Jahresdurchschnitt um nominal 6,1 % und real 5,7% über dem Vorjahreswert
[5].
Die restriktive Geldmengenpolitik der Nationalbank hatte ein
weiteres Ansteigen der Zinsen für kurzfristige Anlagen zur Folge. Der Satz für dreimonatige Einlagen auf dem Eurofrankenmarkt stabilisierte sich auf dem Ende 1989 erreichten Niveau. Im Jahresmittel stieg er um rund 2% auf 8,3% und lag damit um etwa 0,5% über den Sätzen für entsprechende Einlagen in US-Dollar oder D-Mark
[6]
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Die
Zinsen auf dem Kapitalmarkt
stiegen ebenfalls weiter an. Die Rendite eidgenössischer Obligationen verbesserte sich von 5,75% zu Jahresbeginn auf 6,7% im April. Nach einer Reduktion auf 6,0% stieg sie im August mit dem Ausbruch der Golfkrise abrupt an und pendelte sich gegen Jahresende auf 6,6% ein. Auch die Zinsvergütungen auf Sparheften wurden laufend nach oben angepasst: von knapp 4% im Januar auf knapp 4,8% im Dezember. Die Hypothekarzinsen stiegen ebenfalls weiter an. Die Monatsdurchschnitte der Sätze für Althypotheken erhöhten sich von 5,92% im Januar auf 6,48% im Dezember, diejenige für Neuhypotheken von 6,65% auf 7,97%
[7]
.
Die
Beanspruchung des schweizerischen Kapitalmarktes nahm, nach dem Rückgang im Vorjahr,
wieder leicht zu. Insgesamt Wurden Obligationen und Aktien im Werte von 52,7 Mia Fr. ausgegeben (1989: 50,7). Für diesen Anstieg zeichneten fast ausschliesslich die Anleihen inländischer Schuldner verantwortlich; die Beanspruchung durch die Ausgabe schweizerischer Aktien war stark rückläufig, und das Angebot an ausländischen Anleihen stagnierte. Der bewilligungspflichtige Kapitalexport (Anleihen und Kredite) konnte sich wieder etwas vom Einbruch des Vorjahres erholen. Vom Betrag von 43,6 Mia Fr. (1989: 42,0) entfielen 87,0% auf die Industrieländer (31,6% EG-Staaten, 29,7% Japan, 17,6% USA und Kanada), 2,1% gingen an osteuropäische Schuldner und knapp 4% an die Entwicklungsländer Lateinamerikas, Asiens und Afrikas
[8]
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Banken, Börsen und Versicherungen
Die Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums wirkte sich auf die Bilanzen der Banken aus. Nach mehreren Jahren mit Gewinnsteigerungen
reduzierten sich 1990 die ausgewiesenen Reingewinne der drei grössten Banken um Werte zwischen 9% und 31 %. Verantwortlich dafür war vor allem die Flaute im Wertpapierhandel. Die Bilanzsumme der 68 von der Nationalbank in der Statistik berücksichtigten Banken erhöhte sich gleich wie im Vorjahr um 7%. Dabei fiel das Wachstum der Kredite mit 9% (Dezember 1990) deutlich schwächer aus, als im gleichen Monat des Vorjahres (16%). Der Bestand an Hypotheken, welche volumenmässig die grösste Kreditposition bilden, nahm trotz des Hypothekarzinsanstiegs nochmals um 8% zu. Da der Zufluss an Publikumsgeldern wie bereits im Vorjahr hinter der Nachfrage nach Krediten zurückblieb, mussten die Banken ihre Finanzanlagen weiter abbauen. Das Total der Publikumsgelder nahm um 6% zu, wobei sich die Umschichtung von den Sichteinlagen auf die besser verzinsten Termingelder fortsetzte. Im Ausserbilanzgeschäft blieb das Volumen der Treuhandgelder praktisch stabil (-1 %)
[9]
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In der Frage des Abbaus von
Wettbewerbsbeschränkungen im Bankensektor entschied Bundesrat Delamuraz im Sinne der Kartellkommission. Er verfügte die Aufhebung von vier strittig gebliebenen Absprachen der Banken und Börsen, darunter die Courtagen- und Depotgebühren-Konventionen
[10].
Während der Konzentrationsprozess im Bankgewerbe weiterging, nahm am 29. Oktober in Olten die
Alternative Bank Schweiz (ABS) ihren Betrieb auf. Die mit einem relativ bescheidenen Eigenkapital von 9,5 Mio Fr. ausgestatte neue Bank möchte eine Kundschaft ansprechen, die mit der Geschäftspolitik der Finanzinstitute, namentlich der Grossbanken, nicht einverstanden ist. Sie setzt sich in ihren Statuten das Ziel, die Anlage- und Kreditpolitik primär an ethischen und ökologischen und nicht an wirtschaftlichen Kriterien zu orientieren. Die Bank operiert sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite mit tieferen Zinssätzen als die Konkurrenz. Sie hofft aber, dass die Einleger diese Zinseinbusse in Kauf nehmen werden, wenn ihnen als Gegenleistung die Gewähr einer Übereinstimmung der Geschäftspolitik mit ihren persönlichen ethischen und politischen Vorstellungen geboten wird
[11] .
In der Frage der Rückgabe von Vermögenswerten, welche der .inzwischen verstorbene
philippinischen Ex-Staatschef Marcos und seine Familie direkt oder über Stiftungen auf Schweizer Bankkonten deponiert hatten, kam es zu weiteren Fortschritten. Die Zürcher Bezirksanwaltschaft stellte anfangs Jahr fest, dass diese Werte unverzüglich herauszugeben sind, sobald ein rechtskräftiges Urteil des zuständigen philippinischen Gerichtshofes vorliegt. Von diesem Entscheid sind die im Kanton Zürich eingefrorenen Marcos-Gelder (rund 260 Mio US$) betroffen. Die Erben Marcos erhoben allerdings auch gegen diesen Entscheid Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses wies am 21. Dezember die Einsprachen gegen das Zürcher Urteil und gegen analoge frühere Beschlüsse der Behörden der Kantone Genf und Freiburg ab. Es bestätigte aber die von den kantonalen Behörden formulierte Forderung nach der Durchführung eines ordentlichen Prozesses unter Gewährung aller Verteidigungsrechte für die Angeklagten und setzte dem philippinischen Staat für die Einleitung dieses Verfahrens eine Frist von einem Jahr. Das Bundesgericht bewilligte ebenfalls die Herausgabe von Bankakten an das zuständige philippinische Gericht
[12].
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Über die Massnahmen zur
Beschleunigung des Verfahrens bei der Anwendung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen berichten wir an anderer Stelle
[13].
Die neuen Strafnormen über die
Geldwäscherei wurden auch vom Ständerat verabschiedet und auf den 1. August in Kraft gesetzt
[14]. Als Ergänzung dazu empfahl eine interdepartementale Arbeitsgruppe dem Bundesrat zusätzliche Massnahmen. Sie sprach sich insbesondere für die Einführung einer Deklarationspflicht für grössere Barbeträge an der Grenze aus. Zudem solle den Banken erlaubt werden, von sich aus die Behörden über verdächtige Transaktionen zu informieren, ohne dass sie, wenn sich der Verdacht als unbegründet herausstellt, wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses eingeklagt werden können. Zu dem als erforderlich erachteten Instrumentarium gegen die Geldwäscherei gehören auch Vorschriften über die Einziehung von Vermögenswerten und über die Strafbarkeit von kriminellen Organisationen. Entsprechende Revisionen des Strafrechts waren im Berichtsjahr auf Verwaltungsebene in Vorbereitung
[15].
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Auch auf
internationaler Ebene wurden die Anstrengungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei verstärkt. Die EG-Kommission legte einen Entwurf für eine entsprechende Richtlinie vor, und eine internationale Expertenkommission, welche 1989 von den Staatschefs der sieben wichtigsten Industrieländer und der EG einen entsprechenden Auftrag erhalten hatte, veröffentlichte ihren Bericht. Ihre Empfehlungen, die von den Finanzministern der Industriestaaten — darunter auch der Schweiz — im Sinne von völkerrechtlich nicht verbindlichen Mindeststandards gutgeheissen wurden, sind in der Schweiz weitgehend erfüllt. Dies gilt insbesondere für die Bereiche internationale Rechtshilfe und Banken; Lücken bestehen hingegen bei der Anwendung der Vorschriften ausserhalb des Bankenbereichs, d.h. bei Finanzgesellschaften
[16].
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Als Konsequenz aus der neuen Strafnorm gegen die Geldwäscherei empfahl die Bankenkommission den Banken, das sogenannte
Formular B der Sorgfaltspflichtvereinbarung nicht mehr zu âkzeptieren, da das Gesetz eine Identifizierung der Bankkunden vorschreibt. Das Formular B erlaubt jedoch Anwälten, unter bestimmten, eng umschriebenen Umständen die Identität des wirtschaftlich Berechtigten vor der Bank zu verheimlichen. Da sowohl die Bankiervereinigung als auch der Anwaltsverband keinen Anlass sahen, diesem Wunsch nachzukommen, bereitete die Bankenkommission ein förmliches Verbot vor, welches sie noch vor Jahresende den Branchenverbänden zur Vernehmlassung vorlegte
[17]
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Der Vorsteher des EFD nahm Kenntnis von einem von ihm 1989 in Auftrag gegebenen Bericht der Bankenkommission über die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Finanzplätze Schweiz und
Liechtenstein. Die Frage war aktuell geworden, als nach der Verschärfung der Sorgfaltspflichten für schweizerische Banken vermehrt Geschäfte über das zum schweizerischen Währungsraum gehörende Nachbarland abgewickelt worden waren. Der Bericht konstatierte erhebliche Rechtsunterschiede und sich daraus ergebende Wettbewerbsvorteile liechtensteinischer Finanzinstitute. Die Bankenkommission glaubt aber, dass diese mit der in Liechtenstein eingeleiteten Totalrevision des Bankengesetzes und den geplanten Strafnormen gegen Insidergeschäfte und Geldwäscherei schwinden werden
[18].
Die vorberatende Kommission des Nationalrats entschied, im Gegensatz zum Ständerat die
Stempelsteuervorlage nicht vorzuziehen, sondern im Rahmen des Gesamtpaketes für eine neue Finanzordnung zu behandeln. Dabei schloss sich der Rat den Entscheidungen der kleinen Kammer aus dem Vorjahr weitgehend an. Um nicht das ganze Finanzpaket zu gefährden, hatten sich die vier Regierungsparteien auf einen mehrere Punkte umfassenden Kompromiss geeinigt. Im Bereich der Stempelsteuern sah er vor, die erwarteten Steuerausfälle nur zum Teil zu kompensieren. Dies sollte über die ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagene, aber vom Ständerat abgelehnte Besteuerung der Prämien für Lebensversicherungen geschehen. Auf die Umsatzsteuer auf Treuhandanlagen sollte jedoch verzichtet werden. Dieser Kompromiss fand im Nationalrat Zustimmung und wurde im Differenzbereinigungsverfahren auch von der kleinen Kammer akzeptiert. Definitiv über diese Revision des Stempelsteuergesetzes wird allerdings das Volk entscheiden. Zum Kompromiss der Bundesratsparteien gehörte nämlich auch die Bestimmung, dass sie nur gemeinsam mit der dem obligatorischen Referendum unterstehenden Neuen Finanzordnung in Kraft treten kann
[19]..
Da der Ständerat – und nach ihm als Zweitrat auch die Volkskammer – die Forderungen der im Vorjahr überwiesenen parlamentarischen Initiative Feigenwinter (cvp, BL) im Rahmen der Revision des Stempelsteuergesetzes weitgehend verwirklicht hatte, beschloss der Nationalrat, die weitere Arbeit an dieser Initiative einzustellen
[20].
Nachdem eine aus Vertretern aller vier Bundesratsparteien gebildete Arbeitsgruppe ihr Thesenpapier "Die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz" präsentiert hatte, reichten die drei bürgerlichen Bundesratsparteien im Juni je gleichlautende Postulate ein, welche der Nationalrat diskussionslos überwies. Ausgehend von diesem Papier, luden sie den Bundesrat ein,
Massnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes Schweiz zu überprüfen und gegebenenfalls zu realisieren. In seiner Antwort ging der Bundesrat sehr eingehend auf die Ubereinstimmungen und Divergenzen in bezug auf die Regeln, welche auf den Finanzplätzen der EG gelten, ein
[21]. Noch nicht behandelt werden konnten drei identische Motionen der bürgerlichen Bundesratsparteien, welche sich ebenfalls auf das erwähnte Thesenpapier stützen und einige konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des schweizerischen Finanzplatzes verlangen. Gefordert wird namentlich ein Börsengesetz, eine Revision des Anlagefondsgesetzes und eine Anpassung der Eigenmittelvorschriften für die Banken an die von der EG erarbeiteten Normen
[22].
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Die 1988 vom EFD zum Studium des Börsenwesens eingesetzte Arbeitsgruppe legte im Februar ihren Schlussbericht vor. Sie empfahl darin die Schaffung von zwei
Bundesgesetzen über den Effektenhandel bzw. über Finanzmarktdienstleistungen. Bundesrat Stich beauftragte im Sommer eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für ein Börsengesetz, welches diese im Dezember vorlegen konnte. Der Entwurf ist als Rahmengesetz konzipiert, das der Selbstregulierung grossen Stellenwert einräumt und die Rolle des Staates auf die Oberaufsicht beschränkt. Die Kontrolle über das korrekte Verhalten der Effektenhändler soll analog zum Bankengesetz eine Kommission ausüben. Die Regierungen der Kantone Baselstadt und Zürich meldeten allerdings föderalistisch begründete Opposition gegen eine bundesstaatliche Regelung dieses bisher den Kantonen überlassenen Bereichs an
[23]..
Das rasche Vorgehen von Bundesrat Stich fand auch im Parlament entsprechende Unterstützung. Im Anschluss an die Beratungen der Aktienrechtsrevision hatte der Nationalrat eine Motion seiner Kommission überwiesen, welche den Bundesrat auffordert, ein Börsengesetz vorzulegen, welches einen möglichst deregulierten Wertpapierhandel ermöglicht, aber auch gewisse Vorkehren gegen unerwünschte Aufkäufe und Übernahmen von Unternehmen enthält
[24].
Das aus dem Jahre 1908 stammende Ver
sicherungsvertragsgesetz soll gemäss einer vom Nationalrat als Postulat überwiesenen Motion David (cvp, SG) totalrevidiert werden. Dabei soll der Schutz der Versicherungsnehmer stärker gewichtet werden. Gewisse Bestimmungen des geltenden Gesetzes scheinen auch nach Ansicht der Versicherungsgesellschaften überholt zu sein, empfiehlt doch ihr Interessenverband, sie in der Praxis nicht mehr durchzusetzen. Der Bundesrat anerkannte zwar die beanstandeten Mängel, er möchte aber mit einer Revision noch abwarten, bis die Bestrebungen der EG zu einer Harmonisierung des Versicherungsrechts weiter vorangekommen und ihre Konsequenzen für das schweizerische Recht deutlicher erkennbar sind
[25]..
Gewisse Gesetzesanpassungen erfordert auch das am 10. Oktober 1989 zwischen der Schweiz und der EG abgeschlossene Abkommen über den Bereich der Schadenversicherung. Der Entwurf für die an sich unbestrittene Revision wurde im Sommer in die Vernehmlassung gegeben
[26]..
Weiterführende Literatur
W. Aeberhard / M. Zumstein, "Zinsinsel Schweiz", in Mitteilungsblatt für Konjunkturfragen, 1990, Nr. 2, S. 3 ff.
R. Capitelli / P. Buomberger, "Geldpolitik – welche Strategie? Überlegungen zur schweizerischen Geldpolitik der achtziger Jahre", in Schweizer Monatshefte, 70/1990, S. 603 ff.
Capitelli / P. Buomberger, "Zur Geldpolitik der achtziger Jahre: Einige grundsätzliche Überlegungen", in Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 126/1990, S. 535 ff.
O. Giarini / O. Wirth, Le système monétaire européen, l'écu et la Suisse, Genève 1990.
G. Rich, "Capitelli und Buomberger zur schweizerischen Geldpolitik: Der Wechselkurs als Deus ex machina", in Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 126/1990, S. 553 ff.
E. Spörndli, "Der Anker der Schweizer Geldpolitik. Zu den Eigenschaften verschiedener Geldaggregate", in NZZ, 21.12.90.
Ch. Graber, Geldwäscherei. Ein Kommentar zu Art. 305bis und 305ter StGB, Bern (Diss. jur.) 1990.
U. Gygi, "Rechtliche Rahmenbedingungen für den Finanzplatz Schweiz. Heutiger Stand und Entwicklungen im Hinblick auf EG 92", in Die Volkswirtschaft, 63/1990, Nr. 5, S. 16 ff.
W. Hermann, "Ziele eines Börsengesetzes. Ein Diskussionsbeitrag aus ökonomischer Sicht", in SNB, Quartalsheft, 1991, Nr. 1, S. 75 ff.
R. Rhinow / M. Bayerdörfer, Rechtsfragen der schweizerischen Bankaufsicht, Basel 1990.
O. Stich, "Finanzplatz Schweiz grenzenlos?", in Documenta, 1990, Nr. 1, S. 20 ff.
[1] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 8 ff. und 34 ff.; "Die Geldpolitik der Nationalbank im Jahre 1990 und 1991", in SNB, Quartalsheft, 8/1990, S. 263 ff. Vgl. auch Bund, 10.11.90; NZZ, 17.11.90; Presse vom 19.10. und 15.12.90.
[2] Vgl. z.B. die Interpellationen Bonny (fdp, BE) und Jelmini (cvp, TI) sowie die Stellungnahme BR Stichs bei der Beratung des Geschäftsberichtes (Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2485 ff. resp. 925 f.; Amtl. Bull. StR, 1990, S. 375 f.). Siehe auch SPJ 1989, S. 99.
[3] BBI, 1990, III, S. 405 ff.; Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1728 ff., 1776 ff., 1842, 1859 und 1967; Amtl. Bull. StR, 1990, S. 815 ff.; AS, 1990, S. 1598 f.; Presse vom 6.9.-6.10.90. Zur Position der Nationalbank siehe insbesondere das Votum der Kommissionssprecherin Ulrich (sp, SO) im NR (Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1729) sowie die Kritik daran durch BR Stich (Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1693). Vgl. auch unten, Teil I, 6c (Mietwesen).
[4] Siehe dazu oben, Teil 1, 4a (Wettbewerbspolitik).
[5] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 39; SNB, Monatsbericht, 1991, Nr. I, S. 82 ff. Zum Beitrittsgesuch der Schweiz zum Internationalen Währungsfonds siehe oben, Teil I, 2 (Organisations internationales).
[6] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 37 f.; SNB, Monatsbericht, 1991, Nr. I, S. 54 f.
[7] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 40 li.; SNB, Monatsbericht, 1991, Nr. 1, S. 56 ff. Zu den Hypothekarzinsen siehe auch oben, Geld- und Währungspolitik sowie unten, Teil l, 6c (Mietwesen).
[8] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 41 ff.
[9] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 43 ff. Grossbanken: NZZ, 2.3., 9.3. und 14.3.91.
[10] TA, 11.9.90; Suisse, 6.10.90. Vgl. SPJ 1989, S. 101. Zur Zinsüberwachung und zu den neuen Bestrebungen zur Schaffung eines Kleinkreditgesetzes siehe oben, Geld- und Währungspolitik sowie Teil I, 4a (Wettbewerbspolitik resp. Konsumentenschutz).
[11] TW, 10.4.90; BZ, 9.8.90; Bund, 16.8.90; SHZ, 23.8.90; LNN, 14.9.90; Presse vom 26.10.90. Vgl. auch Moneta – Zeitung für Geld+Geist, Nr. 3, 27.9.90.
[12] NZZ, 5.1.90 (Bezirksgericht); TA, 10.4.90 (Beschwerde); Presse vom 28.12.90; NZZ, 29.12.90 (Bundesgericht). Siehe SPJ 1988, S. 102. Zur Diskussion über die Definition und das Volumen von Fluchtgeldern vgl. die Artikel von P. Bernasconi, T. Bauer, H. Mast und G. Pult im Jahrbuch Schweiz — Dritte Welt 1990, Genf 1990.
[13] Siehe dazu oben, Teil I, lb (Strafrecht).
[14] Siehe dazu oben, Teil I, lb (Strafrecht). In Bellinzona wurden die Gebrüder Magharian wegen Geldwäscherei zu je viereinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Dabei stützte sich die Anklage noch nicht auf den neuen Geldwäschereiartikel, sondern auf das Drogengesetz (Presse vom 14.9.90).
[15] Arbeitsgruppe: Presse vom 26.4.90. Strafrecht: BZ, 29.10.90. Siehe auch Gesch. ber. 1990, S. 198 sowie oben, Teil 1, lb (Strafrecht) und SPJ 1989, S. 27.
[16] EG: NZZ, 14.2.90; JdG, 11.5.90. Experten: NZZ, 20.4.90.
[17] Vat., 7.7.90; JdG, 26.7.90; SGT, 7.9.90; Bund, 21.12.90.
[18] SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 48 f.; TA, 3.7.90; SHZ, 11.10.90. Vgl. SPJ 1989, S. 102.
[19] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2045 ff. und 2053 ff. (Eintretensdebatte), 2236 ff. (Detailberatung) und 2306 ff. (Differenzbereinigung) und 2496 (Schlussabstimmung); Amtl. Bull. StR, 1990, S. 1030 ff., 1070 ff. und 1101; BBI, 1990, 1I1, S. 1668 ff. Siehe auch SPJ 1989, S. 102 f. und für das Gesamtpaket unten, Teil I, 5 (Einnahmenordnung). Zu den Details des Kompromisses der Bundesratsparteien siehe die Ausführungen des NR-Kommissionspräsidenten Nebiker, svp, BL (Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2048).
[20] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2243 f. Siehe SPJ 1989, S. 102.
[21] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2438 ff.
[22] Verhandl. B.vers., 1990, V, S. 55 f. und 60 f.
[23] NZZ, 3.2., 6.7.90; SHZ, 8.2.90; SNB, Geschäftsbericht, 83/1990, S. 47 f. BS und ZH: NZZ, 19.4., 7.8.90. Siehe auch SPJ 1989, S. 103.
[24] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1393. Zum Aktienrecht siehe oben, Teil 1, 4a (Aktienrecht).
[25] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2426 f.
[26] BaZ, 4.7.90; JdG, 26.9.90.