<<>>
Bildung, Kultur und Medien
Medien
Die anhaltende Rezession beschleunigte bei den Printmedien die Pressekonzentration und verstärkte Restrukturierungsmassnahmen. - Mit der Inkraftsetzung des neuen Radio- und Fernsehgesetzes und der entsprechenden Verordnung wurden das Sponsoring zugelassen und die Werbebestimmungen gelockert. - Die neue SRG-Konzession erlaubt privaten Anbietern in Zusammenarbeit mit der SRG den Betrieb von Privatfernsehen auf der neu geschaffenen Senderkette "S+".
Medienpolitische Grundfragen
An einer UNESCO-Tagung befassten sich namhafte Fachleute mit dem Problem der Selbst- und Fremdkontrolle der Medien. Kritik wurde am zunehmenden Aktualitätsdruck geäussert, der eine kritische Hinterfragung und eine Abklärung bezüglich der Vollständigkeit sowie der Wahrheit der zahlreichen weiterzuverbreitenden Informationen verunmöglicht. Kritisiert wurde auch die vermehrte Fremdkontrolle der Medien beim Zugang zu Informationen, wie dies im Falle der Berichterstattung während des Golfkriegs sowie aus den Krisengebieten im ehemaligen Jugoslawien geschehen war resp. immer noch geschieht. Die zunehmende Kriminalisierung des Medienschaffens durch höhere Normendichte wandle die Fremdkontrolle im übrigen immer häufiger in eine Selbstkontrolle in Form der Vermeidung von umstrittenen Themen um. Nach Ansicht verschiedener Teilnehmer müssten die grösseren Medienunternehmen eine 0mbudsstelle schaffen, um die Glaubwürdigkeit der Medien zu bewahren; dadurch könnte die Fremd- und die Selbstkontrolle in einem ausgeglichenen Verhältnis nebeneinander existieren [1].
Die von einer Studienkommission vorgeschlagene Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Medienschaffende im Rahmen einer Strafgesetzrevision stiess in der Vernehmlassung bei der CVP, der SVP und der SP auf Zustimmung, wobei die CVP sich lediglich für ein relatives Recht aussprach, in dem der Richter in jedem Fall eine Güterabwägung zwischen Geheimhaltungs- und Strafverfolgungsinteresse vorzunehmen habe. Auch die FDP lehnte ein generelles Zeugnisverweigerungsrecht ab. Das Recht für Medienschaffende, die beruflich an der Veröffentlichung von Informationen im redaktionellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums beteiligt sind, Zeugnis über Inhalt und Quelle ihrer Informationen - ausgenommen in Fällen, die der Aufklärung von Straftaten dienen - zu verweigern, schien in den Augen der FDP die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Medienschaffenden zu untergraben. Von den interessierten Organisationen sprachen sich der Schweizerische Verband der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger (SZV), die Schweizerische Journalistinnen- und Journalisten-Union (SJU) sowie der Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) für die im Entwurf vorgeschlagene Lösung eines generellen Zeugnisverweigerungsrechts aus. Aus ähnlichen Gründen wie die CVP und FDP lehnte die Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft (wf) den Entwurf ab. Für die Genfer Regierung ging der Vorschlag der Studienkommission etwas zu weit; sie befürwortete ein restriktiv gehandhabtes Zeugnisverweigerungsrecht analog jenem, das auf kantonaler Ebene in Kraft gesetzt worden war und beispielsweise die Zeugnisverweigerung zu Informationen, die nicht veröffentlicht wurden, erlaubt [2].
Im Strafverfahren bezüglich der Ausschreitungen an der Bauerndemonstration vom 9. Januar in Bern verweigerte die SRG die Herausgabe von nicht gesendetem Rohmaterial an die Untersuchungsrichterin, welche Fernseh-Bildmaterial als Beweissicherung gegen gewalttätige Demonstranten verwenden wollte. Der Rechtsdienst der SRG begründete den Entscheid damit, Journalisten dürften nicht als Hilfspolizisten missbraucht werden. Eine Beschwerde der SRG gegen die Herausgabeverfügung der Untersuchungsrichterin wurde vom bernischen Obergericht mit der Begründung abgelehnt, dass noch kein Zeugnisverweigerungsrecht bestehe. Durch diesen Rechtsstreit hat die SRG dazu beigetragen, dass das Problem des Fehlens eines derartigen Rechts für Medienschaffende in einer breiten Öffentlichkeit thematisiert wurde [3].
Die Frage der beruflichen Verantwortung von Medienschaffenden wurde auch anlässlich des Bekanntwerdens eines Beziehungsgeflechts zwischen Wirtschaft und Presse aufgeworfen. Die Chefredaktoren der Wirtschaftsmagazine "Bilanz" und "Finanz und Wirtschaft" hatten von einem Unternehmer und Immobilienhändler Aktien geschenkt oder zu einem symbolischen Preis erhalten. Diese Geschenke waren zu grosszügig, um als herkömmliche Gefälligkeiten zu gelten und wurden nach Bekanntwerden von der Offentlichkeit als Gefährdung der Unabhängigkeit der Presse betrachtet. Als direkte Reaktion auf diesen Vorfall gab der Presserat des Verbandes der Schweizer Journalisten Empfehlungen gegen den Filz im Journalismus heraus. Diese verlangen unter anderem eine Offenlegung der berufsrelevanten Vermögensverhältnisse der Medienschaffenden gegenüber der Redaktion und verbieten das Ausnützen von Insiderwissen zum eigenen Vorteil; ebenso sollen Medienschaffende Wertpapiere von Publikumsgesellschaften, über die sie Bericht erstatten, entweder abstossen oder nichts über die betreffenden Branchen publizieren [4].
Am 1. April des Berichtsjahres wurde das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), dem der ehemalige persönliche Berater von Bundesrat Ogi, Marc Furrer, als Direktor vorsteht, in Biel eingeweiht. Das BAKOM betreut den Vollzug des im April in Kraft gesetzten neuen Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) sowie des Fernmeldegesetzes (FMG), welches anfangs Mai rechtskräftig wurde. Ebenso will das neu geschaffene Bundesamt Impulse im Bereich der Telekommunikation an Industrie und Politik vermitteln und in diesem Sektor Ansprechpartner für das Ausland werden [5].
Der Entwurf für ein Medienförderungsgesetz des Kantons Bern wurde am 2. Berner Medientag zur Diskussion gestellt. Das Thema "Reine Marktorientierung oder staatliche Unterstützung der Medien" bildete den Kernpunkt der Kontroverse. Einig waren sich Verleger, Journalisten und Medienwissenschafter in der Forderung nach einer besseren Ausbildung der Me dienschaffenden, unterstützt durch staatliche Beiträge. Der Entwurf sieht auch das Offentlichkeitsprinzip mit Geheimhaltungsvorbehalt für behördliche Informationen vor [6].
top
 
Radio und Fernsehen DRS haben ihren Informationsauftrag bezüglich der Abstimmung über den EWR-Beitritt laut Publikumsrat, vor der Strukturreform Programmkommission genannt, auf unparteiliche, vielfältige und vertiefende Art und Weise erfüllt. Kritik vor allem aus der Romandie erntete jedoch die Verwendung des Dialekts während den wichtigsten kontradiktorischen Podiumsdiskussionen. Ebenso wurde die fehlende Bereitschaft zur Zusammenschaltung der verschiedenen sprachregionalen Sender gerügt [7].
Im Ehrverletzungsstreit, der auf den sogenannten "Historikerprozess" folgte, hiess das Bundesgericht die Klage des Zürcher Anwalts Frick gegen einen Journalisten des Tages-Anzeigers gut mit der Begründung, das Prinzip der Unschuldsvermutung hätte respektiert werden müssen. Der Journalist hatte im Dezember 1989 in einem Artikel die These eines Historikers und dessen Vorwürfe gegen Wilhelm Frick, dieser sei 1940 in einen Putschversuch verwickelt gewesen, übernommen, ohne die Quellen zu überprüfen. Eine generelle Pflicht für Medienschaffende, Angaben in wissenschaftlichen Arbeiten anhand der Primärquellen zu überprüfen, besteht allerdings nicht. Laut Angaben des Bundesgerichts ergibt sich eine solche Pflicht jedoch dann, wenn kumulativ ein schwerer Angriff auf die Ehre erhoben werde und überdies die Sekundärquelle die Primärquelle nicht wörtlich zitiere. Dann müsse mit der Möglichkeit einer eigenen Wertung des Zweitautors gerechnet werden [8].
Das Westschweizer Fernsehen setzte sich über einen Genfer Richterspruch hinweg, als es trotz Verbot in der Sendung "Tell quel" einen Beitrag über den in Genf wegen verschiedenen Delikten in Untersuchungshaft einsitzenden Notar Didier Tornare ausstrahlte. Die Generaldirektion der SRG unterstützte den Entscheid der TSR, weil es eine unzulässige Medienzensur sei, wenn ein Richter ohne vorherige Visionierung eine Verfügung gegen eine Sendung erlasse. Das Verbot in Form einer superprovisorischen Verfügung war aufgrund einer wahrscheinlichen Vorverurteilung des Angeklagten vor dem Prozess ausgesprochen worden. TSR rekurrierte darauf gegen den Gerichtsentscheid, weil dieser sämtliche Informationen über den Fall Tornare, nicht nur jenen der Sendung "Tell quel", untersagt hatte [9].
Erstmals wurde das Gegendarstellungsrecht auch im Inseratebereich, nach der Einreichung einer Klage eines Interessenverbandes, durch die Justiz durchgesetzt. Die persönliche Betroffenheit durch Aussagen in einem Inserat berechtigt laut Gerichtsurteil einen eventuell Geschädigten ebenso wie im redaktionellen Teil, das Gegendarstellungsrecht zu fordern. Die Basler Zeitung musste, gemäss Urteil des Bezirksgerichts Zürich, dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie das Gegendarstellungsrecht auf ein zweimalig erschienenes Inserat der Erdölvereinigung gewähren. Dabei blieb die Kostenüberwälzung des Gegendarstellungsrechts auf das betroffene Medienunternehmen umstritten [10].
top
Presse
Die beiden grössten Verlagshäuser der Schweiz, Ringier AG und Tages-Anzeiger. AG, traten im Berichtsjahr dem Schweizerischen Verband der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger (SZV) wieder bei; der 1991 vollzogene Austritt konnte aufgrund der an der Generalversammlung genehmigten, neuen Verbandsstrukturen, welche gemäss den beiden Verlagshäusern die hauptsächlichen Differenzen zwischen ihnen und dem Verband ausräumten, wieder rückgängig gemacht werden [11].
Der SZV kündigte den Kollektivvertrag mit dem Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) auf Jahresende, nachdem die Medienverbände auf seinen Vertragsentwurf nicht eintreten wollten; die Schweizerische Journalistenunion hatte den Kollektivvertrag bereits per Ende 1991 gekündigt, und in der Westschweiz hatte die "Union romande des journalistes" eigene Abkommen mit Verlegern getroffen. Der vom SZV im Frühling vorgestellte Entwurf sah nur Mindestlöhne für festangestellte Journalisten vor, während im bisher bestehenden Vertragswerk eine differenzierte Abstufung nach Dienstjahren bestand. Auf Ablehnung seitens der Medienschaffenden stiess auch die vorgesehene Kürzung der Honorare für freie Journalisten und für Photographien. Bis Ende des Berichtsjahres wurde keine einvernehmliche Lösung gefunden [12].
Ringier als grösstes Schweizer Medienunternehmen, das im Berichtsjahr mit der Acquisition der "Zuger Nachrichten" und der Übernahme von 41% des Aktienkapitals am Berner "Bund" expandierte, konnte seine Position auch im Ausland, insbesondere in der ehemaligen Tschechoslowakei, verbessern. Mit 49% Anteil am Aktienkapital beteiligte sie sich zusammen mit dem deutschen Medienunternehmen Leo Kirchs an einer tschechischen Boulevardzeitung namens "Blesk" (Blitz). Medienunternehmer Kirch ist übrigens auch Ringiers Partner beim Schweizer Abonnementsfernsehen Euroclub [13].
Der anhaltende Einbruch im Inseratebereich sowie die finanziellen Folgen, welche die Überkapazitäten im Druckbereich seit Jahren verursachen, bereiteten dem Pressewesen sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz grosse Schwierigkeiten. Vermehrt kam es zu Entlassungen, wie beispielsweise bei der "Luzerner Zeitung", und Kurzarbeit, wie bei der "La Suisse", beim "Impartial" sowie beim "L'Express". Ausserdem führen die neuen Desktop Publishing-Methoden zu einer tiefgreifenden Veränderung des journalistischen Berufsbildes. Ein immer grösserer Teil der Arbeit, welcher früher von Druckern und Graphikern erledigt worden war, wird zum Bestandteil der journalistischen Arbeit. Zahlreiche Zeitungen in allen Landesregionen versuchten im übrigen, durch ein neues Erscheinungsbild mehr Attraktivität und damit auch eine grössere Leserschaft zu gewinnen [14].
Auch im Bereich der Inseratevermittlerfirmen führte die verschärfte Konkurrenz zu einer weiteren Konzentration. Die Publicitas-Gruppe übernahm ihre beiden Konkurrenten Orell Füssli Werbe AG und ASSA und deckt jetzt 62,5% des Schweizer Inseratemarktes ab. Besorgt über diese Entwicklung reichte Nationalrat Vollmer (sp, BE) eine Interpellation ein, in welcher er den Bundesrat nach den möglichen Konsequenzen im Pressewesen und damit auch der Pressefreiheit befragte sowie eine nähere Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Annoncenregien und Presseerzeugnisse durch die Kartellkommission forderte [15].
Das Problem der zunehmenden Pressekonzentration, vor allem in der Romandie, wo Edipresse über 50% der Printmedien kontrolliert, wurde aufgrund des von Ledergerber (sp, ZH) übernommenen Postulats Zbinden (sp, AG), welches im März vom Nationalrat überwiesen wurde, von der Schweizerischen Kartellkommission aufgenommen. Sie nahm sich vor, die Wettbewerbssituation auf dem Pressemarkt zu untersuchen [16].
In der Region Basel stellten zwei traditionsreiche Blätter ihr Erscheinden ein: die ursprünglich katholische "Nordschweiz" (NoZ) und die sozialdemokratische "Basler AZ". Die NoZ (Auflage rund 11 000) wurde von der "Basellandschaftlichen Zeitung" übernommen. Die "Basler AZ" hatte am Schluss nur noch eine Auflage von 3300 Exemplaren erreicht und stand schon seit längerer Zeit vor dem finanziellen Ruin; Ideen überein Nachfolgeprodukt in der Form einer "Neuen Zeitung (NeZ)" konnten sich bis am Ende des Berichtsjahres mangels des nötigen Aktienkapitals von rund 4 Mio Fr. nicht konkretisieren [17].
Die Einstellung dieser Presseerzeugnisse in der Nordwestschweiz kann als symptomatisch für die Situation der parteinahen Lokalzeitungen der Schweiz angesehen werden; insbesondere die der CVP nahestehenden Blätter kämpften in letzter Zeit an verschiedenen Orten ums Uberleben; neben der NoZ musste in Baden auch das "Aargauer Volksblatt" (Auflage rund 7000) Ende Oktober sein Erscheinen,einstellen [18].
In der Tessiner Presselandschaft – das Tessin ist die Region mit der höchsten Zeitungsdichte und einer bisher grossen inhaltlichen Presseausdifferenzierung – fand eine tiefgehende Restrukturierung und Neuausrichtung der verschiedenen Presseorgane statt, die zum Teil parallel zu den parteipolitischen Veränderungen verliefen. Die seit den 60er Jahren in zwei verschiedene Lager gespaltenen Sozialisten hatten bisher auch zwei Parteiorgane; das Organ für die offizielle Sektion der SPS, den Partito socialista ticinese (PST), war die seit 1913 bestehende "Libera Stampa", während der abgespaltene "Partito socialista unitario (PSU)" die Wochenzeitung "Politica nuova" herausgab. Mit der Wiedervereinigung der Tessiner Linken wurde auch eine neue, gemeinsame Tageszeitung, die "Nuova libera Stampa", geschaffen. Das neue Blatt erhebt den Anspruch, ein von der Partei unabhängiges Medium für ein breites, fortschrittliches Publikum zu sein [19].
Die christlichdemokratische Tageszeitung "Popolo e Libertà" musste ihr Erscheinen im August einstellen, wobei aber schon Pläne für eine Neugestaltung in Form einer Wochenzeitung bestanden. Auch das Organ der Tessiner FDP, die seit 1878 erscheinende Tageszeitung "Il Dovere" (Auflage 22 000), fusionierte aus wirtschaftlichen Gründen mit dem "Eco di Locarno" (Auflage 12 000) zum neuen Titel "La Regione". Praktisch gleichzeitig lancierte die FDP jedoch ein neues Parteiorgan namens "Opinione liberale" als Wochenzeitung. Als Antwort auf die tiefgreifenden Veränderungen und Fusionen, von welchen die früheren Parteipresseorgane betroffen waren, lancierte das dem Bistum Lugano gehörende "Giornale del Popolo" eine neue Tageszeitung mit dem Titel "Il Giornale di Locarno" (Auflage 17 000), welche teilweise zusammen mit der Hauptausgabe des Giornale del Popolo (Auflage nach eigenen Angaben 45 000) herausgegeben wird. Die verstärkte Konkurrenz sowie die Herausforderung, einen Teil der bisherigen Leserschaft von "Dovere" einzubinden, veranlasste den liberalen "Corriere del Ticino", welcher übrigens eine neue äussere Aufmachung erhalten hat, eine massive Auflagenerhöhung auf über 60 000 Exemplare vorzunehmen und wie das Giornale del Popolo eine breitgestreute Gratiszustellung zu betreiben, um seine Spitzenposition im Tessiner Pressemarkt zu behaupten [20].
Auch die Presselandschaft in der Romandie litt vermehrt an den Folgen der Wirtschaftskrise und dem damit verbundenen Inseraterückgang; rund 80% der welschen Tageszeitungen sind defizitär. Insbesondere auf dem hart umkämpften Platz Genf, auf dem vier Tageszeitungen um die Gunst der Leserschaft kämpfen, machte sich die Rezession durch Kurzarbeit und Restrukturierungen bemerkbar. Mittels einer Verlängerung der Subventionen durch die katholische Kirche konnte die Einstellung der kleinsten Genfer Tageszeitung, des "Courrier" (Auflage 5600), nochmals um mindestens eineinhalb Jahre aufgeschoben werden. Nachdem die "Tribune de Genève" 1991 durch Edipresse übernommen worden war, wechselte sie im Berichtsjahr erneut die äussere Aufmachung, im Gegensatz zur letzten Erneuerung im Jahre 1990 änderte sie gleichzeitig auch die redaktionelle Struktur, da fortan eine enge Zusammenarbeit im Inlandteil mit der zur selben Pressegruppe gehörenden "24 Heures" in Lausanne besteht [21]. Die im September 1991 lancierte Tageszeitung "Nouveau Quotidien" konnte mit der Eroberung von 13,3% Marktanteil in der Westschweiz, einer Auflage von 35 000 Exemplaren und 158 000 Leserinnen und Lesern einen Erfolg verbuchen [22].
In Zürich wandelte sich das seit 1898 bestehende sozialdemokratische "Volksrecht" zur offenen links-grünen Tageszeitung "DAZ". Die Bedeutung des Kürzels — vorgeschlagen wurde "Die andere Zeitung", "Die alternative Zeitung", "Das andere Zürich", "Die Argumentations-Zeitung" und ähnliches mehr — wurde von der Redaktion bewusst offen gehalten. Im übrigen haben alle dem sogenannten "Mantaz"-Ring angeschlossenen sozialdemokratischen Zeitungen (ausser Solothurner AZ) ein neues, einheitliches Layout erhalten [23].
Eine Untersuchung des Instituts für Medienwissenschaft der Universität Bern zur Frage, ob im Rahmen von eidgenössischen Wahlen die Aargauer Sozialdemokraten und Grünen von den Zeitungen im Kanton schlechter behandelt würden als die bürgerlichen und die rechts-nationalistischen Parteien, förderte anhand des Beispiels der Wahlkampagnen der Nationalratswahlen 1991 differenzierte Resultate zutage. Entgegen den Befürchtungen der SP, welche die Auftraggeberin der Studie war, zeigte sich sowohl in der Kategorie der auf Eigeninitiative entstandenen Artikel, zu denen unter anderem auch die Parteien- und Kandidatenportraits gehören, als auch in der normalen Berichterstattung über Wahlveranstaltungen keine klare Benachteiligung von Linken und Grünen. Im Gegensatz dazu sind die links-grünen Parteien aber in den Bereichen Kandidatentexte, Leserbriefspalten und Kommentare diskriminiert und einseitig dargestellt worden [24].
Das Projekt einer rätoromanischen Tageszeitung namens "Quotidiana" wurde von der romanischen Dachorganisation Lia Rumantscha (LR) gutgeheissen und an eine Trägerorganisation zur Realisierung weitergegeben. Wie eine gesamtromanische Tageszeitung nach den Vorstellungen der LR im Erscheinungsbild aussehen könnte, illustrierte eine Nullnummer am 1. Mai in einer Auflage von 25 000 Exemplaren. Die sprachpolitische Frage, wieviel Platz die künstliche Standardsprache Rumantsch Grischun in der neuen Zeitung bekommen sollte, wurde allerdings noch nicht beantwortet; Leserschaft und Redaktion sollten gemeinsam die Grundlinien eines Modells ausarbeiten. Ebenso sind die Probleme der Finanzierung sowie die Auswirkungen einer zukünftigen "Quotidiana" auf die bestehende romanische Presse noch offen [25].
top
 
Der Streit zwischen der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) und der Schweizerischen Politischen Korrespondenz (SPK) um die Frage, ob die Unterstützung der SPK durch die Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft (wf) in der Höhe von jährlich rund 5 Mio Fr. unlauterer Wettbewerb sei oder nicht, setzte sich im Berichtsjahr fort. Die beiden von der SDA eingeholten Rechtsgutachten veranlassten sie allerdings noch zu keinen rechtlichen Schritten gegen die Konkurrenz [26].
top
Radio und Fernsehen
Der Bundesrat hat die Verordnung zum RTVG, welches auf den 1. April in Kraft getreten ist, kurz vorher verabschiedet. Aufgrund dieses neuen Vollzugsinstruments (RTVV) kann das Schweizer Fernsehen statt wie bisher während 28 Minuten neu während 8% der täglichen Sendezeit, was ungefähr 50 Minuten entspricht, Werbung ausstrahlen. Diese Regelung wurde vom Bundesrat mit Rücksicht auf die Printmedien, welche durch die Einbussen der Inseratenerträge in Folge der Rezession ohnehin schon in Schwierigkeiten geraten sind, getroffen; in Angleichung an europäische Normen waren ursprünglich für die SRG ein Anteil von 15% Werbung vorgesehen [27].
Einige Sozial- und Präventivmediziner äusserten sich beunruhigt über die teilweise Liberalisierung der Werbung für Medikamente. Obwóhl das RTVG Werbung für Medikamente an Radio und Fernsehen verbietet, erlaubt die neue Verordnung Werbespots für sogenannte risikoarme, freiverkäufliche Medikamente [28]. Verkaufssendungen wie Teleshopping sind jetzt erlaubt, jedoch höchstens während einer Stunde pro Tag. Das bisher geltende Verbot der Sonntagswerbung wurde aufgehoben; ausgenommen davon sind nur sechs Feiertage. Neu ist auch die Zulassung des Sponsoring von Sendungen; dabei müssen die Sponsoren am Anfang und am Ende der Sendung als solche kenntlich gemacht werden. Alle bisherigen Veranstalter sollen in den Genuss der neuen Regelung kommen, müssen jedoch eine neue Konzession beantragen [29].
Der Bundesrat hat im übrigen gleichzeitig mit den auf den 1. Februar 1993 in Kraft tretenden Gebührenerhöhungen der vorzeitigen Einführung des Gebührensplittings zugestimmt; gemäss der neuen Verordnung sollen lokale Veranstalter einen Anteil der SRG-Gebühren in der Höhe von maximal einem Viertel ihrer Betriebskosten erhalten, sofern ihr Versorgungsgebiet weniger als 150 000 Einwohner ab 15 Jahren zählt und damit keine ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten vorhanden sind; gleichzeitig muss das Programm einen hohen Anteil von Eigenleistungen aufweisen und von besonderem öffentlichem Interesse sein [30].
Im Rahmen der Anpassung des neuen RTVG an die Erfordernisse des EWR-Vertrages (Eurolex-Vorlage) wurden nur wenige Anderungen eher formalen Charakters vorgenommen, weil dieses Gesetz schon eurokompatibel gestaltet worden war. Die wichtigste – infolge der Ablehnung des EWR-Vertrags aber nicht in Kraft getretene – Neuerung hätte in der Möglichkeit bestanden, eine Veranstalter-Konzession auch Bewerbern erteilen zu können, die von Personen aus EWR-Staaten beherrscht werden [31].
Das EVED bewilligte die Einspeisung von 16 digitalen Radioprogrammen und vier neuen Satellitenfernsehprogrammen (je ein luxemburgisches, türkisches und britisch-arabisches Programm sowie den niederländischen Informatiksender " Computer Europe Channel") in die Kabelnetze. Mit Inkrafttreten des neuen RTVG ab dem 1. April wurde die Bewilligungspflicht für die Einspeisung von ausländischen Satellitenprogrammen in Kabelnetze abgeschafft [32].
top
 
Die Strukturreform der SRG nahm auch auf regionaler Ebene konkrete Formen an. In der Deutschschweiz arbeitete der DRS-Vorstand neue Statuten für die Regionalgesellschaft DRS aus. Neues oberstes Organ der Regionalgesellschaft DRS soll der 23köpfige Regionalrat sein, der im wesentlichen die Funktionen übernimmt, die bisher der Delegiertenversammlung übertragen waren. Ein siebenköpfiger Ausschuss soll das neue exekutive Leitungsorgan, den Regionalratsausschuss, bilden, in dem auch der SRG-Generaldirektor Einsitz nimmt. Ohne Gegenstimme verabschiedete die DRS-Delegiertenversammlung die neuen Statuten und wählte die fünf Mitglieder des Regionalrates (der Präsident des DRS-Regionalvorstands gehört dem Ausschuss ex officio an) [33].
Auch beim Westschweizer Radio und Fernsehen (RTSR) wurde die Regional-Organisation der SRG-Strukturreform angepasst. Direktionspräsident wurde Jean-Jacques Demartines. Der Regionalrat setzt sich neu aus 28 Mitgliedern zusammen; ein neu geschaffener Programmrat, bestehend aus 25 Mitgliedern der verschiedenen kantonalen Gesellschaften, stellt die Verbindung zwischen Verwaltung und Programmschaffenden sicher [34].
Die Mitgliederversammlung der Radio- und Fernsehgenossenschaft der italienischen Schweiz (CORSI) hiess die Statutenreform im Zuge der Anpassung an die SRG-Organisationsreform ebenfalls gut. Nur wenig veränderte, aber neu benannte Organe der CORSI sind der Regional- und der Publikumsrat mit je 17 Mitgliedern, die den bisherigen Ausschuss der Genossenschaft und die Programmkommission ersetzen [35].
Der Bundesrat wählte Eric Lehmann, ehemaliger Chefredaktor der Genfer Tageszeitung "La Suisse" sowie Direktor und Delegierter des Verlegers der "Tribune de Genève", zum Präsidenten des neu geschaffenen SRG-Zentralrates; dieser ersetzt Yann Richter, der unter der alten Organisationsstruktur den SRG-Zentralvorstand präsidiert hatte [36].
Die SRG konnte sich aus Spargründen vorläufig nicht zu einer Beteiligung am öffentlichrechtlichen französisch-deutschen Kulturprogramm "Arte" entschliessen. Auch über eine Beteiligung am mehrsprachigen Informationssender "Euronews" mit Sitz in Lyon — Programmchef ist im übrigen der Tessiner alt-Nationalrat Dario Robbiani (sp) — wurde vorerst noch nicht entschieden. Das 1990 und 1991 eingesetzte Sparprogramm der SRG zeitigte schon positive Folgen; für das Rechnungsjahr 1992 wurde ein Ertragsüberschuss von 20 Mio Fr. erwartet, das Budget 1993 rechnet mit einem Überschuss von über 50 Mio Fr. Der Marktanteil des Fernsehens DRS sank um drei Prozentpunkte auf 29%, in der Romandie konnte TSR seinen Anteil von 31% halten, und im Tessin verbesserte TSI den seinen von 26% auf 28% [37].
Im Bericht "SRG und Kultur" verteidigten die Autoren die kulturellen Funktionen des "service public"; das Kriterium der Einschaltquoten gewinne laut dem Bericht unter dem Konkurrenzdruck der ausländischen Privatsender ohne entsprechenden Kulturauftrag ständig an Bedeutung und gefährde damit die Existenz der schweizerischen Fernsehketten, die unter anderem durch die Kulturvermittlung und das Kulturschaffen, für welche sie 1991 265 Mio Fr. ausgegeben haben, auch einen Beitrag zum nationalen Zusammenhalt leisten [38].
Der Nationalrat überwies ein Postulat der SVP-Fraktion, wonach bei der Neuformulierung der SRG-Konzession der Leistungsauftrag so zu modifizieren sei, dass durch vermehrten und koordinierten sprachregionalen Programmaustausch die nationale Klammerfunktion der SRG deutlich verstärkt wird [39].
Rechtsbürgerliche Kreise lancierten eine Volksinitiative "für eine freiheitliche Medienordnung ohne Medienmonopole", die eine eigentliche Privatisierung von Radio- und Fernsehanstalten zum Ziel hat. Sämtliche Veranstalter sollten freien Marktzutritt erhalten und einander gleichgestellt werden. Laut SRG-Generaldirektor Riva würde eine derartige Medienordnung die regionalen Vollprogramme der Romandie und der italienischsprachigen Schweiz in Frage stellen und die Preise für die Übertragungsrechte von Sportveranstaltungen und Spielfilmen in die Höhe treiben. Der Zeitungsverlegerverband reagierte seinerseits abweisend auf die lancierte Initiative, weil der Text die Streichung des Artikels 55bis, Absatz 4 BV, zur Folge hätte; dieser verlangt, dass auf Stellung und Aufgabe anderer Kommunikationsmittel, insbesondere der Presse, Rücksicht zu nehmen sei [40].
Der Bundesrat erteilte der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) eine neue Konzession, worin er sie ermächtigte, ab 1993 zusammen mit privaten Anbietern einen vierten Kanal mit dem Namen "S +" zu realisieren. Für "S +" soll eine autonome Programmdirektion eingeführt werden, welche der SRG-Generaldirektion untersteht und den Interessen der Sprachregionen sowie der privaten Veranstalter Rechnung tragen soll. Sowohl das sogenannte Vertragsmodell als auch die Möglichkeit der unabhängigen Veranstaltung sollen realisiert werden können. Die Vorrangstellung der SRG wird jedoch weiterhin garantiert, was im übrigen von der Schweizerischen Fernseh- und Radiovereinigung (SF RV) sofort kritisiert wurde. Entgegen dem Willen der SRG hat der Bundesrat die Idee des Kultur- und Bildungsauftrages explizit in der Konzession formuliert; darin ist auch der Gebrauch der Hochsprache für das deutschschweizerische Fernsehen in Nachrichten- und Informationssendungen verankert. Die Medienunternehmen Jean Frey AG und Ringier hatten bisher Interesse für eine Zusammenarbeit bekundet. Erstere kündigte an, ein Wirtschaftsmagazin namens "Bilanz-TV" ausstrahlen zu wollen, letztere plante, das Magazin "Cash-TV" über die vierte Senderkette zu verbreiten. Gemäss den Erwartungen des BAKOM werden die privaten Anbieter die Programmkapazität von "S +" nur teilweise ausschöpfen; für die übrige Programmzeit könnten somit Wiederholungen aus dem SRG-Programm angesetzt werden [41].
top
 
Im Berichtsjahr übernahm François Gross, ehemaliger Chefredaktor der freiburgischen Teitung "Liberté" und zuletzt als Kolumnist für verschiedene Westschweizer Zeitungen in Zürich tätig, die Chefredaktion von SRI und ersetzte damit die in den Ruhestand getretene Elsbeth Danzeisen [42].
Das Programm von SRI wurde im Berichtsjahr vor allem für ein europäisches Publikum erstmals über Satellit übertragen; Pläne der PTT zur Installierung von neuen Kurzwellensendern wurden damit aufgegeben. Per Satellit erreicht das Programm in Europa 34 bis 40 Mio Haushalte. Eine neue Programmstruktur, welche Rücksicht auf zwei verschiedene Zielpublikumsgruppen, einerseits Auslandschweizer, andererseits ein internationales Publikum, nimmt, würde in die Tat umgesetzt [43].
top
 
Im Berichtsjahr flammte erneut ein Streit um die Urheberrechtsgebühren auf, welche die Kabelfernsehgesellschaften zugunsten. der sogenannten Verwertungsgesellschaften wie Suissimage, Suisa und Pro Litteris über die Abonnementsgebühren einziehen müssen. Die Vereinigung schweizerischer Gemeinschaftsantennen-Betriebe (VSGB) beschwerte sich darüber, dass nur die verkabelten Haushalte eine Abgabe entrichten müssen, nicht aber jene Haushalte, welche die Programme über eine Parabol-Antenne empfangen [44].
Die Zürcher ZTV AG, an welcher die Tages-Anzeiger-Gruppe eine Mehrheitsbeteiligung hält, hat beim BAKOM ein Konzessionsgesuch für ein privates Zweites Schweizer Fernsehen eingereicht. Vorgesehen ist der Betrieb eines Schweizer Programms von täglich einer bis anderthalb Stunden im Rahmen des über Satelliten und Kabelnetz verbreiteten deutschen Spielfilmkanals "Pro 7". Das Schweizerische Programmfenster sieht Informations-, Magazin- und Unterhaltungselemente vor. Auch die "Neue Zürcher Zeitung" gab Pläne zur Zusammenarbeit mit einem deutschen Privatsender bekannt; sie will ein Nachrichtenmagazin beim 1993 den Betrieb aufnehmenden Sender "Vox" plazieren [45].
Margrit Trappe, welche sich schon als Promotorin eines erfolglosen Projekts "Schweizer Fernsehen International" einen Namen gemacht hatte, reichte ein Konzessionsgesuch für ein "Tell-TV" ein, welches vor allem nationale und regionale Information und Unterhaltung im Programm vorsieht. Der Bundesrat konzessionierte "Tell-TV" als erstes Privatfernsehen gegen Ende des Berichtsjahres [46].
Die Pläne von schweizerischen Kabelnetzbetreibern, auf dem Kanal des deutschen Privatsenders "RTL plus" Werbung für das schweizerische Publikum zu plazieren, mussten vorn BAKOM, gestützt auf das Europarat-Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, toleriert werden. Ein schweizerisches Programmfenster, welches von "RTL plus" langfristig als Ziel angestrebt wird, kann allerdings ohne eigene Konzession weder von den deutschen noch von den Schweizer Behörden akzeptiert werden [47].
top
 
Der Bundesrat hat vor Inkrafttreten des neuen Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) dem von Roger Schawinski über Satelliten betriebenen Klassiksender "Opus Radio" die Moderation in Dialekt bis Ende 1993 erlaubt. Das Gesuch für eine terrestrische Frequenz wurde vom BAKOM jedoch abgelehnt, worauf der Sender seinen Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen einstellen musste. Das von "Radio Z" initiierte Volksmusikradio "Eviva", dessen Moderation teilweise in der Sprache der Musikherkunft erfolgt, erhielt die Sendebewilligung und konnte im Herbst seinen Betrieb aufnehmen [48].
Laut den Ergebnissen des SRG-Forschungsdienstes konnten die Lokalradios ihren Höreranteil weiterhin auf Kosten der SRG um 3% erhöhen. Allerdings bestünden in den Agglomerationen Zürich und Basel leicht rückläufige Tendenzen in der Radiohörerschaft, in Bern hingegen sei die Tendenz sowohl für die SRG als auch für die Privaten steigend [49].
Die Planung der Neuaufteilung der UKW-Frequenzen wurde durch eine Serie von Vorschlägen der von Bundesrat Ogi eingesetzten "Studiengruppe UKW 92" unterstützt, nachdem die aktuelle und geplante Nutzung der UKW-Frequenzen im Vernehmlassungsverfahren zu verschiedenen Varianten für die künftige UKW-Radioversorgung bei Teilen der Öffentlichkeit auf Unverständnis und Skepsis gestossen war. Mit vierzehn technischen und organisatorischen Massnahmen könnte gemäss dem Bericht der Studiengruppe der Mangel an UKW-Frequenzen im Mittelland erheblich entschärft werden: Insbesondere könnten durch eine Neudefinition der Versorgungsgebiete mit Prioritätsordnung, was die Stereo- oder Monoqualität anbelangt, die Verwendung eines Teils der für den Kriegs- und Katastrophenfall reservierten Frequenzen, die Eliminierung von Mehrfachversorgungen sowie durch rein monophone Ausstrahlung die meisten Wünsche der Lokalradios in bezug auf ihr Sendegebiet erfüllt werden. Die Empfehlungen sollen in die Planungsgrundlagen der durch die PTT zu erstellenden Sendernetzpläne einfliessen, die ihrerseits die Voraussetzung für die Ausschreibung der Konzessionen für private Radioveranstalter bilden [50].
Mit dem Inkrafttreten des RTVG wurde die Grundlage für die ersten Lokalradioprojekte, die Verordnung vom 7. Juni 1982 über lokale Rundfunkversuche (RVO), formell abgelöst. Gleichzeitig kündigte die SRG den 19 Lokalradios, welche bisher Programmteile der SRG, insbesondere die Nachrichtenblöcke, zu symbolischen Preisen übernommen hatten, die entsprechenden Verträge per Ende 1 992. Nach heftigem Protest seitens der Lokalradios erstreckte die SRG die Frist bis Ende 1993 [51].
top
 
Mit einem Bericht über den Zürcher Stadtrat Wagner (fdp), der im Zusammenhang mit der Weitergabe von vertraulichen, verwaltungsinternen Dokumenten unter Anklage stand, hatte das Fernsehmagazin "Rundschau" im Dezember 1989 laut UBI-Entscheid die Konzession verletzt, weil in der Darstellung zusätzlich zu der vom Gericht festgestellten Amtsgeheimnisverletzung noch der Eindruck der Begünstigung von Dritten unterstellt worden war. Chefredaktor Peter Studer verteidigte die betroffenen Journalisten und wies das UBI-Urteil als subjektiv zurück, verzichtete aber auf einen Weiterzug vor Bundesgericht. Eine Beschwerde gegen die Sendung "Fragment" des Fernsehens DRS zum Thema "Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis" (VPM) wurde hingegen nicht gutgeheissen. Der Vorwurf der fehlenden Vielfalt der Ansichten und Unsachgemässheit könne laut UBI nicht geltend gemacht werden, da der VPM keinen Gesprächspartner zur Sendung geschickt hatte [52].
Gegen die Verantwortlichen des Nachrichtenmagazins "10 vor 10" leitete die Bezirksanwaltschaft Zürich eine Strafuntersuchung ein, nachdem in der Informationssendung im Zusammenhang mit der Verurteilung eines Zürcher Porno-Videohändlers Ausschnitte aus einem jener gehandelten Filme mit besonders grausamen Gewaltszenen gegen Frauen ohne besondere Ankündigung und ohne angemessenen Rahmen vor über 400 000 Zuschauern gezeigt worden waren. Nach eingehender Prüfung haben die Zürcher Justizbehörden das Verfahren jedoch eingestellt, weil die Voraussetzungen für die Verletzung der medien- und sexualstrafrechtlichen Artikel nicht gegeben waren. Darauf beschwerten sich 69 Einzelpersonen und gelangten an die UBI, welche ihrerseits eine Verletzung der Konzession feststellte. Gemäss ihrer Beurteilung sei durch die unreflektiert boulevardisierende Weise der Darstellung von gedemütigten und gequälten Frauen die Menschenwürde verletzt worden [53].
Der Bundesrat hat den freisinnigen Baselbieter alt-Nationalrat Felix Auer, welcher auch als Journalist und Wirtschaftsfachmann tätig gewesen war, als Nachfolger von Bernard Béguin zum neuen Präsidenten der UBI für die Amtszeit 1993-1995 gewählt [54].
Die Ombudsstelle, welche gemäss neuem Radio- und Fernsehgesetz der UBI vorgeschaltet ist, wurde für die deutsche Schweiz mit alt-Ständerat Hänsenberger (fdp, BE) besetzt. Dieser bearbeitete 62 Beanstandungen (28% Radio, 72% TV); im Berichtsjahr wurden von 52 abgeschlossenen Fällen zehn in der Form einer Klage auf Konzessionsverletzung an die UBI weitergezogen [55].
top
Telekommunikation
Im Rahmen des Grossprojekts "Kommunikations-Modellgemeinden (KMG)" startete im Berichtsjahr unter dem Namen Telemedizin die Vernetzung der Universitäts- und Kantonsspitäler Basel mit dem Kreisspital Oberengadin in Samedan (GR). Durch die Vernetzung der Computer können medizinische Bilder und Informationen ausgetauscht und an den beteiligten Spitälern gleichzeitig analysiert werden [56].
Das Videotex-System der PTT verzeichnete im Berichtsjahr immer noch keinen Durchbruch; einerseits konnte die Anzahl der Abonnenten nur geringfügig erhöht werden, andererseits hielten sich auch die Anbieter von Dienstleistungen weiterhin zurück. In der Öffentlichkeit wurde auch eine Privatisierung von Videotex diskutiert [57].
top
Weiterführende Literatur
G. F. Holtmeier, Presse- und Rundfunkfreiheit: Zeugnisverweigerungsrecht, Beschlagnahme- und Durchsuchungsfreiheit bei selbstrecherchiertem Material? Eine rechtsvergleichende Untersuchung der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankfurt 1992.
U. Pfister, "Medienpolitische Illusionen", in Schweizer Monatshefte, 72/1992, S. 768 ff.
R. Zäch, "Das UWG und die Medien — Plädoyer für besondere Anforderungen an die journalistische Sorgfalt", in Zeitschrift für Schweizerisches Recht, 11/1992, I, S. 173 ff.
top
 
R. Blum, "Der schwarze und der rote Hase: Parteiblätter ohne Chancen in der Schweiz", in Schweizer Monatatshefte, 73/1993, S. 33 ff.
R. Blum, "Vorkämpfer und Opfer der Akzeptanz: Die Zeitungen der "Schwarzen" und der "Roten" in Basel (1873/86-1992)", in Basler Stadtbuch 1992, S. 41 ff., hg. von der Christoph Merian Stiftung, Basel 1993.
Les cahiers de RSF, no 2, Presse suisse: les enjeux de la concentration, Lausanne 1992.
J.-F. Lemoine (sous la direction de), L'Europe de la presse quotidienne régionale, Paris 1992.
P. Schaltegger, Die Haftung der Presse aus unlauterem Wettbewerb, Zürich (Diss. Basel) 1992.
top
 
M. Dumermuth, Die Programmaufsicht bei Radio und Fernsehen in der Schweiz: Unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidpraxis der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, Basel 1992.
Radio- und Fernsehgesellschaft DRS, Geschäftsbericht DRS 1992, Zürich 1993.
U. Schnell, Kopfvoran. 10 Jahre Radio Förderband Bern. Ein Tatsachenbericht, Bern 1992.
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG, SRG und Kultur. Eine Dokumentation über die kulturellen Leistungen der SRG, Bern 1992.
top
 
[1] TA, 23.10.92; NZZ, 27.10.92; wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 43. Siehe auch die Berichterstattung zum Symposium "Medienschaffen im Clinch" der Vereinigung "Agir pour demain" in Bund, 26.3.92 und NZZ, 27.3.92. Zur Pressefreiheit siehe auch Jacques Pilet in Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 4, S. 6 ff.
[2] Klartext, 1992, Nr. 1 (Entwurf); NZZ, 18.4. (FDP) und 8.5.92; Bund, 30.4.92; BZ, 1.5.92. Genf: JdG, 26.5.92. Auch die Kantone BS und JU kennen ein Zeugnisverweigerungsrecht. Vgl. auch SPJ 1991, S. 284 und Lit. Holtmeier.
[3] NZZ, 9.3.92; Bund, 25.9.92.
[4] SHZ, 5.3.92; TA, 6.3.92; Ww, 12.3.92; Klartext, 1992, Nr. 2 (Wirtschaftsredaktoren) und Nr. 4 (Presserat, VSJ); Presse vom 27.6.92.
[5] TA, 1.4.92. Zu Marc Furrer: SHZ, 9.1.92; BZ, 1.4.92; Gesch.ber. 1992, 2. Teil, S. 326. Vgl. auch SPJ 1991, S. 284.
[6] TW, 16.11.92; Klartext, 1992, Nr. 2; vgl. auch oben, Teil I, 1a (Kantonale Verfassungsrevisionen).
[7] NZZ, 21.12.92; L'Hebdo, 26.11.92.
[8] Presse vom 22.7.92; Klartext, 1992, Nr. 4.
[9] Presse vorn 16.11.92; JdG, 4.12.92.
[10] BaZ, 18.9.92; Klartext, 1992, Nr. 5. Siehe auch Lit. Zäch und Schaltegger.
[11] NZZ, 21.3.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 285.
[12] Presse vom 25.6.92; Klartext, 1992,.Nr. 3; SJUNews, 1992, Oktober (Sondernummer), November. Siehe auch die Interpellation von NR Vollmer (sp, BE) in Verhandl. B.vers., 1992, VI, S. 122.
[13] Bund. 15.4.92 (Allgemeines zu Ringier); Klartext, 1992, Nr. 2 (Ringier Osteuropa) und Nr. 6 (Bund-Beteiligung): NZZ, 19.12.92.
[14] Vgl. SHZ, 4.6.92; Klartext, 1992, Nr. 3. Siehe auch Lit. Les cahiers de RSF.
[15] Verhandl. B. vers., 1992, VI, S. 122; Presse vom 13.11.92; Bilanz, 1992, Nr. 7.
[16] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 627 f.; SN, 3.3.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 284.
[17] BaZ, 27.2.92 (NoZ): NZZ. 26.8.92. Vgl. auch TA, 24.4.92; BaZ. 1.9.92; Ww, 3.9.92; Klartext, 1992, Nr. 6. Siehe auch Lit. Blum. Eine Nullnummer der "NeZ" ist am 16.11.92 erschienen.
[18] NZZ, 28.7.92; Klartext, 1992, Nr. 5. Siehe auch Lit. Blum.
[19] CdT, 14.9. und 30.9.92; NZZ, 2.10.92. Siehe auch unten, Teil Illa (SP).
[20] Vgl. dazu SGT und TA, 15.9.92; Lib. und NZZ, 16.9.92.
[21] Tribune: JdG und 24 Heures, 29.9.92. Courrier: Lib., 6.3. und 12.6.92. Vgl. auch BZ, 16.3.92; Express, 24.9.92.
[22] JdG, 11.9.92; L’Hebdo, 1.10.92; Klartext, 1992, Nr. 6. Vgl. auch SPJ 1991, S. 285.
[23] Volksrecht: TA, 28.2.92; NZZ, 3.3.92; Klartext, 1992, Nr. 3. Neues Layout: BZ und Bund 29.2.92; TW, 2.3.92.
[24] TA, 29.2.92; Bund, 2.3.92; AT, 4.3.92. Der "Freie Aargauer" als einzige Oppositionszeitung hatte sein Erscheinen 1987 eingestellt; vgl. auch SPJ 1987, S. 235.
[25] BüZ und NZZ, 4.5.92. Vgl. auch oben, Teil I, 8b (Verhältnis zwischen den Sprachgruppen) und SPJ 1991, S. 279.
[26] Suisse, 19.9.92; SHZ, 3.12.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 286.
[27] Schätzungen gehen davon aus, dass die TV-Werbung zusätzlich 20 Mio Fr. an Werbegeldern vom Print-Bereich abzweigen wird; siehe dazu LNN, 14.8.92.
[28] LNN, 18.4.92. Vgl. auch die im Dezember 1991 eingereichte Interpellation Zwygart (evp, BE) in Verbandl. B. vers., 1992, VI, S. 131. Siehe auch oben. Teil I, 7b (Gesundheitspolitik).
[29] 1992. S. 601 ff. und 680 ff.; Presse vom 17.3.92. Vgl. SPJ 1991,S. 286 f. Auf europäischer Ebene hat das Fernsehen erstmalig die Printmedien an Inserateeinnahmen übertroffen. Anteile der elektronischen Medien an der gesamten Werbung im europäischen Vergleich: Deutschland 16%, Frankreich 33%, Italien 55% (JdG, 3.2.92). Zum Sponsoring siehe auch wf, Radio-TV-Spiegel, 1992, Nr. 14 und 42.
[30] NZZ und SGT, 19.1 1.92.
[31] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1972 ff., 2218 ff. und 2229; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 658 f., 1070 und 1077.
[32] BBl, 1992, II, S. 619 f.; SGT, 18.3.92.
[33] NZZ, 11.2.92; NQ, 17.3.92; Presse vom 2.1.3.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 287 f.
[34] 24 Heures, 1.4.92. Zum neuen Organisationsorganigramm siehe 24 Heures, 15.9.92 sowie wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 51/52.
[35] CdT, 18.5. und 21.9.92; NZZ, 19.5.92.
[36] Lib. und TA, 17.3.92; Klartext, 1992, Nr. 2. Vgl. auch die Kritik an der Wahl durch die SP (BZ, 27.3.92). Zur Wahl der vom Bundesrat ernannten Zentralratsmitglieder: NZZ, 7.5. und 3.7.92.
[37] Arte: NQ, 25.4.92; 24 Heures, 1.5.92; vgl. auch Bund, 5.5.92. Euronews: JdG, 23.12.92; NQ, 31.12.92. Budget: NZZ, 18.12.92. Marktanteile: BZ und 24 Heures, 1.5.92.
[38] Lit. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG; SGT, 30.9.92. Siehe auch Interpellation Loeb (fdp, BE) zu Sparmassnahmen bei DRS 2/Espace 2/Rete 2 in Amtl. Bull. NR, 1992, S. 284 ff.
[39] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2178.
[40] BBl, 1992, III, S. 1683 ff.; Presse vom 19.8.92; wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 34/35; NZZ, 20.8.92 (Zeitungsverleger). Zur Monopolstellung der SRG siehe auch die zwei Interpellationen Mühlemann (fdp, TG) resp. Fischer (svp, AG) in Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2215 f.
[41] BBl, 1992, VI, S. 567 ff.; NZZ, 29.8. und 2.10.92; Presse vom 19.11.92; wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 48; Bund, 29.10.92 (Ringier-SRG). Vgl. auch Gesch.ber. 1992, 2. Teil, S. 327 sowie SPJ 1991, S. 289 f.
[42] JdG, 8.1.92.
[43] NZZ, 3.4.92; Bund, 19.6.92; 24 Heures, 4.7.92; wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 23. Vgl. auch SPJ 1991, S. 288 f.
[44] NZZ, 28.3.92; TA, 30.3.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 275 f.
[45] ZTV: NZZ, 8.10.92; TA, 9.10.92. Vox: Blick, 12.11.92.
[46] TA, 28.4.92; NZZ, 8.9. und 31.10.92; SHZ, 5.11.92; Klartext, 1992, Nr. 3. Konzession: BBl, 1993, I, S. 156 ff.; TA, 24.12.92.
[47] AT, 7.8.92; NZZ, 10.10.92; Presse vom 16.10.92.
[48] Opus: BBl, 1992, II, S. 1339; NZZ, 27.2.92; Presse vom 18.9.92. Eviva: BBl, 1992, II, S. 1334 ff.; TA, 13.3 und 25.9.92.
[49] Presse vorn 1.5.92 (Hörerschaft). Vgl. auch Bund, 22.12.92 (Umsatz).
[50] AT, 4.2.92 (Vernehmlassung); NZZ, 27.10.92; vgl. auch SPJ 1991, S. 291. Siehe auch die Interpellation Stamm (fdp, AG) zu Radiofrequenzen (Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2199 f.) sowie die parlamentarische Initiative Borel (sp, NE) "Drei Landessprachen im Radio für alle" (Verhandl. B.vers., 1992, VI, S. 36).
[51] Presse vom 26.6 und 21.7.92.
[52] BZ und TA, 22.2. und 13.3.92 (Wagner). BaZ, 24.4.92 (VPM).
[53] Presse vom 21.1.92; NZZ, 20.5.92; Presse vom 22.8.92 (UBI-Entscheid); Klartext, 1992, Nr. 1. Siehe auch Lit. Dumermuth.
[54] Presse vom 22.9.92.
[55] SZ, 5.5.92; TA, 13.7.92; Link (Monatsmagazin des Publikumsrates DRS), 1993, Nr. 3. Siehe dazu auch Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1280 f.
[56] BZ, 5.10.92.
[57] wf, Radio-/TV-Spiegel, 1992, Nr. 26.
top