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Sozialpolitik
Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Zwei gesundheitspolitische Volksinitiativen ("für eine freie Arzt- und Spitalwahl" und "für tiefere Arzneimittelpreise") kamen zustande, zwei weitere ("für tiefere Spitalkosten" und "Gesundheit muss bezahlbar bleiben") wurden lanciert. - Der Nationalrat verabschiedete einen Verfassungsartikel zur Transplantationsmedizin. - Der Ständerat stimmte dem Fortpflanzungsmedizingesetz zu. - Die Initiative "Jugend ohne Drogen" wurde in der Volksabstimmung deutlich verworfen. - Erstmals wurde eine gesamtschweizerische Armutsstudie vorgestellt. - Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Kandidatur der Stadt Sitten für die olympischen Winterspiele 2006 zu unterstützen.
Gesundheitspolitik
Im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann sowie des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) untersuchte ein Forschungsteam die Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte. Die befragten Frauen schätzten ihren Gesundheitszustand tendenziell schlechter ein als die gleichaltrigen Männer. Die Studie untermauerte die bereits bekannte Tatsache, dass Frauen häufiger zum Arzt gehen, mehr Medikamente konsumieren und weniger Sport betreiben als Männer; dafür sind sie beim Tabak- und beim Alkoholkonsum zurückhaltender. Obgleich die Untersuchung zum Schluss kam, dass vor allem die sozialen Benachteiligungen der Frauen (schlechtere Ausbildung, geringerer Berufsstatus, niedrigerer Verdienst) den Gesundheitszustand negativ beeinflussen, sind es gerade die qualifiziertesten Frauen, die am meisten Medizin (vor allem präventiver Art) in Anspruch nehmen. Die Frauen dürfen im Gesundheitswesen aber nicht allein als Kostenfaktor wahrgenommen werden. Denn sie sind es auch, die in Laienpflege und Nachbarschaftshilfe am meisten Gratisarbeit leisten. Nach neueren Schätzungen können damit jährlich 10 bis 12 Mia Fr. eingespart werden [1].
Die erste Studie, die sich detailliert mit Körpergewicht und Essverhalten der Schweizer Jugendlichen beschäftigte, wies nach, dass zwei von vier Jugendlichen zu schwer sind und jedes vierte Mädchen ein gestörtes Verhältnis zum Essen hat, im Extremfall bis hin zur Anorexie (Magersucht) oder zur Bulimie (Ess-Brech-Sucht). 0,5% bis 1% bzw. 3% der Teenagerinnen sind davon betroffen [2].
Mit einem Postulat wollte der Waadtländer Arzt und FDP-Nationalrat Guisan den Bundesrat bitten, die Einführung eines Gesundheitspasses für jedermann zu prüfen. Ein solches Dokument sollte nach Ansicht des Postulanten Gesundheitsinformationen speichern, zur Qualitätssicherung beitragen und der Wirtschaftlichkeit der medizinischen Behandlung dienen. Erfasst würden Daten zur Diagnostik, zu den Untersuchungen sowie den laufenden und den abgeschlossenen Behandlungen. Von besonderer Bedeutung wäre dieser Pass für Patienten, die von mehreren Ärzten oder Institutionen behandelt werden. Es liesse sich damit besser vermeiden, dass medizinische Untersuchungen unnötigerweise wiederholt werden. Das Postulat wurde von 66 Mitunterzeichnern aus allen politischen Lagern unterstützt, von der Basler SP-Nationalrätin von Felten jedoch aus datenschützerischen Gründen bekämpft, weshalb der Entscheid verschoben wurde [3].
Guisan seinerseits bekämpfte drei gesundheitspolitische Postulate, nämlich jenes von Dormann (cvp, LU), welches die Übernahme der Kosten für die ärztlich verschriebenen Verhütungsmittel durch die Krankenkassen beantragte, sowie jenes von Maury Pasquier (sp, GE), das eine Leistungspflicht der Krankenkassen bei Sterilisationen vorsehen wollte. Im dritten Fall, einem Postulat Wiederkehr (ldu, ZH), das eine Beimengung von Vitamin B6 in einzelne Nahrungsmittel anregte, um gewissen Geburtsgebrechen vorzubeugen, fand Guisan die Unterstützung von Nationalrätin Fankhauser (sp, BL). Auch bei diesen drei Vorstössen wurde die Beschlussfassung vertagt [4].
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Eines der Ziele des neuen Krankenversicherungsgesetzes ist, mehr Transparenz in die Kostenstrukturen des Schweizer Gesundheitswesens zu bringen, weshalb die Erarbeitung statistischer Daten in Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten (Konkordat der Krankenkassen, Kantone, Bund) intensiviert werden soll. Eine Westschweizer Studie schloss aufgrund der vorliegenden Daten, dass das bereits seit langem beobachtete Gefälle zwischen der "billigen" Ostschweiz und der "teuren" Romandie auch von einem markanten Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Regionen überlagert wird. Im stationären Bereich liegt Basel-Stadt mit Abstand an der Spitze, gefolgt von Neuenburg und Genf. Besonders eklatant sind die Unterschiede aber im ambulanten Bereich. Hier liegen in Genf die Kosten pro Versicherten 60% und in Basel-Stadt 40% über dem nationalen Durchschnitt, während sie im Kanton Luzern 25% darunter liegen; Bern und Zürich entsprechen ungefähr dem Mittel. Das hat nicht nur mit der grösseren Ärztedichte in den Stadtkantonen zu tun, sondern auch mit den unterschiedlichen Arzthonoraren, welche in Luzern um 30% unter und in Genf um 100% über dem nationalen Durchschnitt liegen [5].
Eine aus Vertretern von Konsumenten, Versicherern und Privatspitälern bestehende "Arbeitsgruppe Schweizer Gesundheitswesen" stellte zu Beginn des Jahres einen Bericht mit Empfehlungen zur Kosteneindämmung vor. Nach ihren Vorstellungen könnten innerhalb von zwei Jahren 10 Mia Fr. eingespart und damit die Krankenkassenprämien um rund 30% gesenkt werden. Als einschneidendste Massnahme schlugen sie die Aufhebung der Subventionen an die öffentlichen Spitäler vor, damit diese, analog zu den privaten Kliniken gezwungen würden, ihren Betrieb nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu führen. Weiter verlangten sie eine Zwangspensionierung aller Ärzte, die älter als 65 Jahre sind [6].
Die CVP stellte einen Massnahmenkatalog ähnlichen Inhalts vor. Demnach soll das Spitalwesen weitgehend von den Kantonen abgekoppelt und die Spitalsubventionen in Fallsubventionen umgewandelt werden, um die Spitäler zu mehr unternehmerischem Denken zu motivieren. Weiter verlangte sie eine Plafonierung der Ärztedichte und der Arzthonorare. Zum Medizinstudium sollen nur noch Personen zugelassen werden, welche vorgängig mit Erfolg ein Jahr lang in einer pflegerischen Tätigkeit gearbeitet haben [7]. Die SVP plädierte für einen Verzicht auf den weiteren Ausbau des Grundleistungskatalogs der Krankenkassen und für ein Moratorium bei der Zulassung neuer Leistungserbringer. Auch wollte sie vermehrt an die Eigenverantwortung der Versicherten appellieren und dafür die jährliche Franchise auf mindestens 600 Fr. erhöhen [8].
Als wichtigste Sofortmassnahme zur Eindämmung der Kostensteigerung schlug eine Arbeitsgruppe der SP die Einführung von befristeten Globalbudgets vor, solange die jährliche Zunahme der Gesundheitskosten über dem Wachstum der allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung liegt. Dabei würden die Leistungserbringer, für die der Bund ein bestimmtes Vergütungsvolumen festlegt, gemeinsam die Aufteilung des Gesamtbetrages regeln und die Auszahlung einer geeigneten Institution übertragen. In diesem Sinn reichte Nationalrat Cavalli (TI) eine Motion ein, welche als Postulat überwiesen wurde. Gemäss der SP sollte inskünftig die Zulassung von Ärzten von einem Bedarfsnachweis abhängig gemacht werden. Bei den Medikamenten müssten die Leistungserbringer verpflichtet werden, anstelle der teuren Originalpräparate die kostengünstigeren Generika abzugeben [9].
Mittelfristig möchte die SP die Gesundheitskosten durch einen ganzen Strauss von Massnahmen senken, welche sie im zweiten Teil der im November lancierten Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)" ausführte. Gegenüber dem heutigen Krankenversicherungsgesetz (KVG) soll der Bundesrat mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet werden. Er soll insbesondere die Spitzenmedizin regeln und die Gesundheitsplanungen der Kantone koordinieren, die Maximalpreise der in der obligatorischen Krankenversicherung erbrachten Leistungen unter Einschluss der Medikamente festlegen, Zulassungsbestimmungen für die Leistungserbringer erlassen und für eine wirksame Qualitätskontrolle sorgen. Werden übermässige Leistungsmengen erbracht, soll er nach Sparten und Regionen differenziert weitere Kostendämpfungsmassnahmen ergreifen [10].
Mit einer Motion forderte Nationalrat Gysin (sp, BS) den Bundesrat auf, darauf hinzuwirken, dass Eingriffe, die in Spitälern ambulant oder teilstationär erfolgen, den Leistungen im stationären Bereich gleichgestellt werden. Der Bundesrat hielt dem entgegen, dass eine kantonale Subventionierung des ambulanten Bereichs eine Ungleichbehandlung zu Lasten jener Eingriffe erzeugen würde, welche ambulant in Arztpraxen und nicht in Spitälern erfolgen. Ziel müsste in erster Linie eine bessere Koordination zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor im Rahmen eines subventionierten Spitals sein. Auf seinen Antrag hin wurde der Vorstoss als Postulat überwiesen [11].
Für weitere Vorstösse der Parteien und deren Repräsentanten im Bereich der Krankenversicherung siehe unten (Spitex und Medizinalpersonen) sowie Teil I, 7c (Krankenversicherung) und IIIa.
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Gemäss neuem KVG hatten die Kantone bis Ende des Berichtsjahres die Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung aufzustellen und Listen jener Spitäler und Pflegeheime zu erlassen, die berechtigt sind, Patientinnen und Patienten zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung zu versorgen. Im Frühjahr gab die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) die von den Kantonen lange erwarteten diesbezüglichen Empfehlungen heraus. Sie unterschied dabei zwischen der Spitalplanung, die als längerfristig angesetzter Prozess definiert wird, und den kurzfristig zu erstellenden Spitallisten. In letzterem Bereich empfahl sie den Kantonen, auch private Spitäler und Pflegeheime angemessen zu berücksichtigen, diese Anerkennung aber nicht an eine Subventionspflicht zu koppeln [12]. Als erste Tendenz der Spitalplanung liess sich erkennen, dass die Kantone unter den einzelnen Spitälern eine Art Opfersymmetrie betreiben und nur in den seltensten Fällen - so etwa im Kanton Zürich - zur Schliessung ganzer Spitäler bereit sind [13].
Der Nationalrat unterstützte gegen den Willen der SP eine parlamentarische Initiative Hochreutener (cvp, BE), welche verlangt, dass bei medizinisch begründeten ausserkantonalen Hospitalisierungen der Kanton sowohl in den öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern als auch in den privaten Kliniken die allfällige Differenz zwischen Kostenbeteiligung der Krankenkassen und den Tarifen der betreffenden Institution zu übernehmen hat. Der Initiant begründete dies unter anderem damit, dass die öffentlichen Spitäler oftmals restlos überfordert seien, während in den Privatkliniken Betten frei wären. Gemäss geltendem KVG sei es den Kantonen praktisch nicht möglich, mit ausserkantonalen Privatspitälern Abkommen über die Tarife zu vereinbaren. Die Gegner der Initiative warnten vor einem neuerlichen Kostenschub und verwiesen darauf, dass auch unter dem geltenden Gesetz die Möglichkeit besteht, dass ein Kanton mit einer ausserkantonalen Privatklinik ein Abkommen trifft, welches die Kostenbeteiligung regelt. Der Initiative wurde mit 71 zu 53 Stimmen Folge gegeben [14].
Der Preisüberwacher meldete Zweifel gegenüber der von den Spitälern geübten und von den Krankenkassen tolerierten Praxis an, den Privat- und Halbprivatversicherten medizinische Leistungen zusätzlich zur Tagespauschale in Rechnung zu stellen. Dies führe zu Missbräuchen und sei Anreiz für eine nicht gerechtfertigte Mengenausweitung. Als Beispiel fügte er die Situation im Kanton Zug an, wo eine Laboranalyse in der Privatabteilung eines Spitals 120% teurer ist als in der ambulanten Behandlung. Für den Preisüberwacher ist es deshalb nicht verwunderlich, dass immer mehr Personen aus den Halbprivat- und Privatversicherungen aussteigen, weil deren Prämien geradezu exorbitant werden [15].
Die Konferenz der kantonalen Sanitätsdirektoren kritisierte den Bundesrat als Beschwerdeinstanz in Tariffragen der öffentlichen Spitäler scharf. Sie warf der Landesregierung vor, ihre Entscheide über umstrittene kantonale Spitaltarife mehr auf politischer denn auf rechtlicher Basis gemäss neuem KVG zu fällen. Der Bundesrat wälze im Bestreben, die Krankenkassenprämien möglichst niedrig zu halten, immer mehr Kosten auf die Kantone und damit die Steuerzahler ab. Insbesondere werde den bis anhin sparsamen Kantonen der neu im KVG festgesetzte Deckungsgrad von 50% bei den Spitalkosten verweigert. Die Sanitätsdirektoren warfen dem Bund zudem vor, die steigenden Belastungen der Kantone durch die Prämienverbilligungen und die Abgeltung für ausserkantonale Hospitalisationen in seine Entscheide nicht einzubeziehen, weshalb in erster Linie die Krankenversicherer und die Versicherten entlastet würden, währenddem die kantonalen Defizite in nicht mehr verkraftbarer Weise anwüchsen [16].
Zukunftsgerichtete Wege in der Spitalplanung geht der Kanton Bern. Mit dem neuen Spitalversorgungsgesetz, welches nach einem Referendum von rund 67% der Stimmenden angenommen wurde, setzt sich der Kanton in die Lage, mit den Spitälern Leistungsvereinbarungen abzuschliessen. Diese sollen nicht für einzelne Leistungen, sondern in der Regel für ganze Leistungspakete gelten. Diese werden durch im voraus festgelegte Pauschalen abgegolten, die sämtliche entstehenden Betriebskosten inklusive Amortisation entschädigen. Die einzelnen Pakete werden im Rahmen öffentlicher Submissionsverfahren ausgeschrieben und dann jene Offerten berücksichtigt, welche das günstigste Verhältnis zwischen Preis und verlangter Leistung aufweist. Im Kanton Bern wird damit gerechnet, dass durch diese Effizienzsteigerung rund zehn Regionalspitäler verschwinden werden [17].
Die Volksinitiative "für eine freie Arzt- und Spitalwahl" kam mit 134 015 gültigen Unterschriften zustande. Interessenvertreter aus Kreisen der Ärzteschaft und der Privatspitäler hatten die Initiative unter anderem aus der Befürchtung heraus lanciert, dass die Kantone private Spital-, Pflege- und Rehabilitationsinstitutionen von ihren Spitallisten verbannen und die Behandlungen in ausserkantonalen Spitälern und Kliniken einschränken könnten. Die Initianten stören sich auch an den Subventionsmechanismen bei den Spitälern. Die heutigen Subventionsflüsse würden zur Finanzierung der Spitaldefizite von öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern eingesetzt, ganz unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen und deren nachvollziehbaren Kosten. Diese Regelung verhindere die von allen Seiten geforderte Kostentransparenz. Prominente Mitinitianten des Volksbegehrens, welches die Unterstützung der FMH fand, sind der Chef des privat geführten Paraplegiker-Zentrums in Nottwil (LU) sowie die beiden FDP-Nationalräte Guisan (VD) und Suter (BE). Abgelehnt wurde es hingegen von den Krankenkassen. Diese erklärten, die auf den ersten Blick vernünftige und wettbewerbsfreundliche Forderung entpuppe sich bei vertiefter Analyse als überflüssig, enorm kostentreibend sowie wettbewerbsbehindernd und wecke zudem falsche Erwartungen [18].
Der Detailhandel-Discounter Denner lancierte Ende Jahr eine Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten". Demnach soll die obligatorische Krankenversicherung in der heutigen Form aufgehoben und durch eine reine Spitalkostenversicherung ersetzt werden. Ganz gleich, ob ein Patient in der allgemeinen oder privaten Abteilung, im öffentlichen Spital oder in der Privatklinik liegt, sollen die Versicherer pro Tag 250 Fr. (indexiert) an die Kosten bezahlen [19].
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Weil die Kosten im Spitex-Bereich seit dem Inkrafttreten des neuen KVG zum Teil unkontrolliert zugenommen haben, drängten die Krankenkassen und deren Vertreter im Parlament auf eine Beschränkung der Höchstlimite für den Bezug dieser Leistungen. Der Bundesrat schloss sich dieser Sichtweise an und nahm eine Verordnungsänderung vor, mit welcher pro Patient und Quartal ein maximales Zeitbudget von 60 Stunden festgesetzt wird. Ist dieses aufgebraucht, muss in Zusammenarbeit von Arzt, Spitex-Organisation und Krankenversicherung neu abgeklärt werden, ob sich die Pflegemassnahme noch aufdrängt. Mit diesem Entscheid kam der Bundesrat einer vorläufig unterstützten parlamentarischen Initiative des designierten Verwaltungsratspräsidenten der Krankenkasse Visana, Nationalrat Rychen (svp, BE), entgegen, der ebenfalls eine Beschränkung auf 60 Stunden pro Quartal verlangte, eine Weiterführung aber nur in Härtefällen zulassen sowie - analog zu den Pflegeheimen - auch für die Spitex eine Klassifizierung der Pflegebedürftigkeit einführen wollte. Dieser letzten Forderung trug der Bundesrat insofern Rechnung, als er per 1998 den Kantonen Höchstansätze für Spitex-Leistungen je nach Pflegebedürftigkeit und Umfeld der Patientinnen und Patienten empfahl (30 bis 65 Fr. pro Stunde). Damit soll den zum Teil exorbitanten Rechnungen gewinnorientierter Spitex-Anbieter der Riegel geschoben werden. Nicht folgen mochte der Bundesrat der Forderung des Initianten, auch Chronischkranke und Langzeitpatienten dem Zeitbudget zu unterstellen; ihnen sollen nach Ansicht des Bundesrates aus dieser Massnahme keine Nachteile erwachsen [20].
Im Sommer protestierten schwerstbehinderte Menschen im Berner Kocherpark, welcher direkt gegenüber dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) liegt, drei Tage lang campierend gegen diesen Abbau der Spitex-Leistungen, der ihrer Ansicht nach dazu führt, dass viele Invalide, die permanent auf fremde Hilfe angewiesen sind, ihr selbständigen Leben verlieren und in Pflegeheime eingewiesen werden. BSV-Direktor Piller versprach den Demonstranten bei einem Gespräch, die vorgesehene Beschränkung nicht auf behinderte Personen anzuwenden [21].
Der von alt Nationalrätin Eva Segmüller (cvp, SG) präsidierte Spitex-Verband Schweiz wandte sich in aller Deutlichkeit gegen den Vorwurf, Spitex verursache höhere Gesundheitskosten. Er verwies vielmehr darauf, dass von den im KVG vorgesehenen kostendämpfenden Massnahmen bis jetzt erst der Spitex-Bereich greife, während die Überkapazitäten im stationären Bereich nach wie vor nicht abgebaut seien. Der Spitex-Verband drohte mit dem Referendum, falls das Parlament tatsächlich einer starren Rationierung im Sinn der parlamentarischen Initiative Rychen zustimmen sollte, befürwortete aber Bedarfsabklärungen und Kontrollen im Sinn der neuen bundesrätlichen Verordnung [22].
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Die Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) verabschiedete erstmals eine für die ganze Schweiz verbindliche Standesordnung, welche auf Mitte Jahr in Kraft trat. Bisher galten 25 kantonale Vereinbarungen, die sich allerdings sehr ähnlich waren. Die Standesordnung regelt die Beziehung der Ärzte zu ihren Patienten, aber auch das Verhältnis der Ärzte untereinander sowie ihr Verhalten in der Öffentlichkeit und gegenüber den verschiedenen Partnern im Gesundheitswesen. Ein zentraler Punkt des neuen Verhaltenkodexes ist die Achtung der Persönlichkeit des Patienten, seines Willens und seiner Rechte [23].
Mitte Mai genehmigte der Bundesrat ein gesamtschweizerisch geltendes Tarifvertragswerk zwischen dem Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer und der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft. Die Verträge regeln die Tarife für die von der obligatorischen Grundversicherung vergüteten zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen. Das KVG hat die Übernahme bestimmter zahnärztlicher Behandlungen durch die Grundversicherung eingeführt. Zusätzlich zur subsidiären Kostenübernahme bei durch Unfall verursachten Schäden des Kausystems sind Behandlungen Pflichtleistung, die bedingt sind durch bestimmte schwere, nicht vermeidbare Erkrankungen des Kausystems, durch andere schwere Erkrankungen oder ihre Folgen sowie zahnärztliche Massnahmen, die als Vorbereitung für die Behandlung von bestimmten schweren Allgemeinerkrankungen nötig sind. Für diese zusätzlichen Leistungen wurden die in der IV, der Unfall- sowie der Militärversicherung seit 1994 angewandten Tarife übernommen [24].
Nationalrat Rychen (svp, BE) versuchte mit seiner bereits unter dem Titel Spitex erwähnten parlamentarischen Initiative auch zu erreichen, dass der Ausbau des Leistungskatalogs im Bereich der Grundversicherung bis ins Jahr 2000 einem Moratorium unterstellt wird. Davon wären vor allem neue Leistungserbringer betroffen, insbesondere die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Deren Zulassung zur sozialen Krankenversicherung war im Vorfeld der Abstimmung über das neue KVG zwar nicht unbestritten, aber dennoch in Aussicht gestellt worden. Die Aufnahme in den Katalog der Grundversicherung war dann in erster Linie an Querelen unter den Berufsverbänden der Psychologen gescheitert. Auch dieser Punkt der Initiative Rychen wurde vorläufig unterstützt und zu weiteren Abklärungen an die Kommission zurückgegeben [25]. Kurz darauf überwies der Nationalrat allerdings auch ein Postulat Wiederkehr (ldu, ZH), welches den Bundesrat einlädt, rasch eine Verordnung zu erlassen, die es gut qualifizierten Psychologinnen und Psychologen - und nur diesen - ermöglicht, auf ärztliche Anordnung hin im Rahmen der Grundversicherung psychotherapeutische Behandlungen in der eigenen Praxis durchzuführen [26].
Der Basler Universitätsrat stimmte der Einrichtung eines dreijährigen Nachdiplom-Studienganges Pflegewissenschaften an der Medizinischen Fakultät zu. Diese Weiterbildung soll den erhöhten Anforderungen an die Patientenpflege Rechnung tragen. In vielen europäischen Ländern, aber auch in den USA und in Kanada ist seit einiger Zeit ein spezielles Forschungsgebiet "Nursing Sciences" mit entsprechenden universitären Lehrgängen entstanden. Damit ist eine Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe - auch als Alternative zum Medizinstudium - verbunden, die es ermöglicht, qualifizierte Personen für Schlüsselpositionen in der Gesundheits- und Krankenpflege zu gewinnen [27].
Der Ständerat überwies ein Postulat Seiler (svp, SH), welches den Bundesrat ersucht, gerade auch im Hinblick auf den freien Personenverkehr in Europa die Überführung der heute beim Schweizerischen Roten Kreuz angesiedelten Berufsausbildung im Pflegebereich in die Kompetenz des Bundes zu prüfen [28].
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Im Februar schickte der Bundesrat den Entwurf für ein eidgenössisches Heilmittelgesetz in die Vernehmlassung. Mit dem neuen Gesetz soll die Heilmittelkontrolle in der ganzen Schweiz erstmals einheitlich geregelt werden. Die heutige Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKH) würde von einer gesamtschweizerischen Institution abgelöst, welche für die Zulassung und die Herstellungsbewilligung von Arzneimittel sowie für die nachträgliche Marktüberwachung von Heilmitteln zuständig wäre. Der bundesrätliche Vorschlag wurde recht gut aufgenommen. Einzelne Kantone kritisierten aber, die Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen sei insbesondere in den Bereichen Herstellungskontrolle und Grosshandelsbewilligung unklar. Sturm gegen das neue Gesetz liefen hingegen die Naturärzte, Heilmittelhersteller und Drogisten im Kanton Appenzell-Ausserrhoden, welche um die Zukunft ihrer breit ausgebauten Alternativmedizin bangten [29].
Auf den 15. Februar setzte das BSV die im Vorjahr beschlossene Preiskürzung für 126 Medikamente, deren Patentfrist abgelaufen und deren Verkaufspreis im Ausland viel niedriger ist als in der Schweiz, in Kraft. Die Preissenkung (je nach Medikament zwischen 3% und 56%) war für 37 Medikamente von 13 Herstellern vorerst nur provisorischer Natur, da diese gegen die Preiskorrekturen Rekurs beim Eidg. Versicherungsgericht erhoben, welches ihrer Einsprache allerdings die aufschiebende Wirkung entzog. Dennoch liefen die Verhandlungen zwischen dem BSV und der Pharma-Industrie - wenn auch harzig - weiter. Ziel der Gespräche ist eine Preissenkung um mindestens 10% für alle Arzneien, deren Patentfrist abgelaufen ist, sowie eine Anpassung an das europäische Niveau für die neueren Medikamente. Auf den 15. September wurde die zweite Etappe der Preissenkungen eingeläutet. Diesmal waren 74 Medikamente betroffen. In 45 Fällen fochten die Hersteller auch diese Verfügung mit einer Beschwerde an; sieben Medikamente wurden von den Herstellern gar vom Markt zurückgezogen [30].
Eine Volksinitiative "für tiefere Arzneimittelpreise" wurde Ende Juli vom Grossverteiler Denner lanciert und kam noch vor Jahresende mit rund 127 000 Unterschriften zustande. Die Initiative verlangt, dass im Ausland zugelassene Medikamente in der Schweiz zu den gleichen Bedingungen verkauft werden können und anstelle der teuren Originalpräparate grundsätzlich die preisgünstigeren Generika von den Ärzten verschrieben oder in den Apotheken abgegeben werden sollen [31].
Der Kanton Solothurn erteilte einer Tochterfirma der in der Helsana zusammengeschlossenen Krankenversicherungen Helvetia und Artisana die Betriebsbewilligung für eine Direktservice-Apotheke mit Postversand. Bedient werden in erster Linie Langzeitpatienten, die in regelmässigen Abständen immer die gleichen Medikamente benötigen. Die Helsana erhofft sich durch den Direktversand Einsparungen bei den Medikamentenkosten von 10-15%. Möglich sei dies durch die besseren Einkaufsbedingungen, die Betriebsgrösse sowie die höhere Produktivität. Die erzielten Einsparungen werden den beteiligten Krankenkassen zur Prämienverbilligung zur Verfügung gestellt und zum Teil auch direkt den Kunden rückvergütet [32].
Im Anschluss an den Nationalrat überwies auch der Ständerat eine Motion Heberlein (fdp, ZH) für eine internationale Harmonisierung - und damit Lockerung - der Werberegelung für Heilmittel im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen [33].
Die Absicht der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS), aus Gründen der Europakompatibilität einen Teil der homöopathischen Mittel der Rezeptpflicht zu unterstellen, stiess bei den ausgebildeten Homöopathen und Naturärzten auf heftigen Widerstand. Für sie käme die neue Regelung einer einschneidenden Behinderung ihrer beruflichen Tätigkeit gleich, da wesentliche Elemente ihrer Medikamentenpalette (Nosoden und Organpräparate) nur mehr von ausgebildeten Ärzten verschrieben werden dürften. 14 Interessenverbände der Homöopathie und des naturnahen Heilens sammelten deshalb gemeinsam über 250 000 Unterschriften für eine Petition, welche sie im April bei der IKS einreichten. Diese kam den Bedenken der Homöopathen entgegen und befreite die Nosoden und Organpräparate ab einer gewissen Verdünnung wieder von der vorgesehenen Rezeptpflicht [34].
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Zusammen mit den Medikamenten sind die Analysen einer derjenigen Bereiche, in denen der Bund Kompetenzen zur Festlegung von Tarifen hat. Die Kartellkommission war im vergangenen Jahr auf Missbräuche gestossen, indem einzelne Labors den Ärzten und Spitälern auf Analysen Rabatte von bis zu 75% eingeräumt hatten, welche nicht an die Versicherten weitergegeben worden waren. Das EDI verfügte auf den 1. Oktober des Berichtsjahres eine Senkung der Tarife der 50 am häufigsten angeordneten Analysen um 10%. Diese 50 Analysen machen rund 80% des gesamten Analysevolumens aus. Diese Massnahme wurde in Absprache mit Ärzteschaft, Laboratorien und Spitälern getroffen und dürfte Kosteneinsparungen von rund 60 Mio Fr. pro Jahr mit sich bringen. Zudem wurden generell alle Analysen bis Ende Jahr einer zusätzlichen Untersuchung unterzogen mit dem Ziel, 1998 eine weitere Kostensenkung vorzunehmen [35].
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Nach einer durchaus positiv verlaufenen Vernehmlassung leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zu einem neuen Verfassungsartikel (Art. 24decies) zu, welcher dem Bund gestatten wird, für die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen Gesetze zu erlassen und somit Leitplanken zu setzen. Heute gelten hier lediglich die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften sowie unterschiedliche kantonale Bestimmungen. Als Grundmaxime des staatlichen Handelns in diesem Bereich postuliert der Bundesrat den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Gesundheit sowie eine gerechte Zuteilung von Organen. Der Handel mit menschlichen Organen soll verboten, der Umgang mit allen anderen Spenden streng reglementiert werden [36].
Der Nationalrat behandelte die Vorlage in seiner Wintersession und folgte dabei den Vorschlägen der Landesregierung, verankerte aber zusätzlich explizit die Unentgeltlichkeit der menschlichen Organspende. Ein von den Grünen unterstützter Rückweisungsantrag von Felten (sp, BS), welche befürchtete, dass der Bund damit einen Blankocheck für die zentralisierte Organbeschaffung erhalte, wurde sehr deutlich abgelehnt. Ebenfalls keine Chance hatte der Antrag der SP auf ein Festschreiben der Freiwilligkeit der Spende. Das Wort Spende enthalte per definitionem den Begriff der Freiwilligkeit, argumentierten vor allem bürgerliche Kreise, weshalb es nicht nötig sei, diese noch speziell festzuschreiben. Die von den Grünen unterstützte SP hatte mit ihrem Antrag verhindern wollen, dass auf Gesetzesstufe die sogenannte "Widerspruchslösung" eingeführt wird, bei der eine Organentnahme möglich ist, wenn diese vom Verstorbenen oder seinen Angehörigen nicht ausdrücklich verweigert wird. Ein weiterer Antrag der SP und der Grünen für ein Moratorium zur Xenotransplantation (Übertragung gentechnisch veränderter tierischer Organe auf den Menschen) bis ins Jahr 2010 wurde ebenfalls verworfen. Die Gegner befürchteten vor allem eine Behinderung der Forschung in der Schweiz [37].
Der Nationalrat hatte sich bereits in der Herbstsession mit der Frage der Xenotransplantation befasst. Mit 94 zu 61 Stimmen lehnte er eine diesbezügliche parlamentarische Initiative von Felten (sp, BS) ab, überwies aber mit deutlichem Mehr eine Motion seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, welche die Übertragung tierischer Transplantate auf den Menschen einer Bewilligungspflicht unterstellen will [38].
1972 hatte das Bundesgericht die Verfassungsmässigkeit der Widerspruchslösung bei Organentnahmen anerkannt. Im Berichtsjahr mussten die Lausanner Richter anhand eines neuen Gesetzes des Kantons Genf, welcher von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung übergehen möchte, erneut in dieser Frage Stellung beziehen. Die Billigung der Widerspruchslösung erfolgte nur noch knapp mit 3:2 Stimmen. Gleichzeitig wurden die Bedingungen für dieses Vorgehen in einengendem Sinn präzisiert. Das Bundesgericht erachtete den Genfer Vorschlag, der - falls sich der Verstorbene nicht klar geäussert hat - von einer Einwilligung der Angehörigen ausgehen wollte, wenn sich diese nicht innerhalb von sechs Stunden klar dagegen aussprechen, als ungenügend und verlangte, dass die Angehörigen umfassend zu informieren seien. Können sie nicht erreicht werden, ist eine Organentnahme nicht zulässig. Nur wenn die Angehörigen nach entsprechender Konsultation schweigen oder zustimmen, darf das Organ verpflanzt werden. Ungeachtet der Haltung der Angehörigen ist die Organentnahme zwingend ausgeschlossen, wenn sich der Verstorbene zu seinen Lebzeiten dagegen ausgesprochen hat; selbst in Notfällen und bei Todesgefahr eines potentiellen Organempfängers darf der Wille des Verstorbenen nicht missachtet werden [39].
Obgleich die Weltgesundheitsorganisation WHO darauf hinwies, dass die mit dem Rinderwahnsinn verwandte Creuzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) möglicherweise über Bluttransfusionen übertragen werden kann, beschlossen die Behörden in der Schweiz keine zusätzlichen Massnahmen. Erst als ein regelmässiger Blutspender nachweislich an CJK verstarb, wies das BAG das Schweizerische Rote Kreuz an, jene zur Transfusion bestimmten Blutprodukte, die möglicherweise mit dem Blut des verstorbenen Spenders in Kontakt gekommen waren, vom Markt zurückzuziehen [40]. Zu weiteren Massnahmen im Bereich des Rinderwahnsinns siehe oben, Teil I, 4c (Production animale).
Eine Motion Stump (sp, AG), welche den Bundesrat aufforderte, die gesetzlichen Grundlagen zum Verbot der Einsetzung von gesundheitsschädigenden Implantaten (z.B. Silikon) in den menschlichen Körper zu schaffen, wurde auf dessen Antrag als Postulat überwiesen [41].
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Der Ständerat verwarf einstimmig die restriktive Volksinitiative "zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung)", welche die In-vitro-Befruchtung und die Samenspende Dritter verbieten will. Dem vom Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag vorgelegten Bundesgesetz über die medizinische Fortpflanzung stimmte der Rat in den wesentlichen Punkten zu. So werden die Leihmutterschaft und die Embryonenspende ausdrücklich verboten, ebenso die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken. Um höhergradige Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern und um die nach wie vor zugelassene therapeutische Forschung an überzähligen Embryonen in Grenzen zu halten, sollen pro Zyklus nur drei Embryonen entwickelt werden dürfen. Abweichend vom Vorschlag des Bundesrates beschloss die kleine Kammer aber, neben der Samen- auch die Eispende zuzulassen und den Rückgriff auf das Keimmaterial von Drittpersonen nicht nur verheirateten Paaren, sondern auch Konkubinatspaaren in einer stabilen Beziehung zu erlauben. Ebenfalls gegen den Willen des Bundesrates beschloss der Rat knapp mit 19 zu 17 Stimmen, die Präimplantationsdiagnostik zu gestatten, um die Gefahr von schweren, unheilbaren Krankheiten zu vermindern.
Die zuständige nationalrätliche Kommission beantragte im Einklang mit dem Bundesrat, die Eispende zu verbieten. Vor allem christliche Kreise wollten an der Einheit von leiblicher und biologischer Mutter festhalten, während links-grüne Kreise eine Instrumentalisierung der Frau und ihres Körpers befürchteten. Demgegenüber sah die Minderheit im Verbot der Eispende einen Verstoss gegen die Gleichberechtigung der Frauen. Gleich wie der Ständerat lehnte die Kommission ein ausdrückliches Verbot der Forschung an Embryonen als zu eng und zu interpretationsbedürftig ab. In diesem Bereich sollen weiterhin die Richtlinien der Akademie der medizinischen Wissenschaften gelten, die eine Forschung zulässt, welche die Überlebenschancen der Embryos erhöht [43].
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Die Schweizer Bevölkerung steht der Gentechnologie am Menschen kritisch, aber auch differenziert gegenüber. Dies ging aus einer repräsentativen Meinungsumfrage hervor. Mehrheitlich akzeptiert wird die Gentechnologie in der Medizin (56% der Befragten), vor allem für die Herstellung von Medikamenten (78%) und Impfstoffen (73%). Die gentechnische Forschung - falls sie der konkreten Problemlösung dient und ethisch abgesichert ist - wurde von 69% der Befragten eher befürwortet. Generell abgelehnt wurde hingegen die Gentechnik in der Landwirtschaft: nur gerade ein Viertel der befragten Personen wäre bereit, gentechnisch manipulierte Lebensmittel zu konsumierem [44].
In seiner Antwort auf eine Interpellation von Felten (sp, BS) erklärte der Bundesrat, angesichts der Komplexität der Frage sehe er keine Möglichkeit, dass ein Gesetz über die Genomanalysen noch vor dem Jahr 2000 in Kraft gesetzt werden könnte [45].
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Der Nationalrat überwies ein Postulat Hubmann (sp, ZH), welches den Bundesrat ersucht, im Rahmen der gesamtschweizerischen Stop-Aids-Kampagne eine Kampagne speziell für die Zielgruppe der heterosexuellen Männer durchzuführen. Hubmann begründete dies damit, dass die Neuansteckungen mit dem HI-Virus zwar generell rückläufig seien, dass sie aber gerade in der heterosexuellen Bevölkerung zugenommen hätten. Eine Kampagne für Männer sei deshalb angebracht, weil es Situationen gebe, in denen sich Frauen nicht aktiv schützen könnten, beispielsweise wenn ihnen die Männer ihre gelegentlichen ausserpartnerschaftlichen Sexualkontakte verschweigen [46].
Die Petition der Jugendsession 1996 für eine bessere finanzielle Unterstützung von konkreten HIV/Aids-Projekten, insbesondere von Aidshäusern, Beratungstelephonen und Begegnungszentren wurde vom Ständerat diskussionslos zur Kenntnisnahme an den Bundesrat verabschiedet [47].
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Suchtmittel
Im Auftrag des BAG erarbeitete die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) einen Bericht, welcher erstmals umfassend Ausmass und Konsequenzen des Konsums von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen in der Schweiz aufzeigte. Referenzzeit waren die Jahre 1994 bis 1996. Der Bericht bestätigte die bereits bekannte Tatsache, dass die beiden Alltagsdrogen Alkohol und Nikotin weit mehr gesundheitliche Probleme, Abhängigkeiten und Kosten verursachen als die im Zentrum des öffentlichen Interesses stehenden illegalen Drogen.
Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 9,4 Litern reinen Alkohols im Jahr 1996 gehört die Schweiz in Europa zu den Ländern, in denen am meisten getrunken wird. Rund 300 000 Einwohner sind alkoholabhängig. Geht man von den volkswirtschaftlichen Folgekosten aus (3 Mia Fr. pro Jahr), ist der Alkohol das gravierendste Gesundheitsproblem der Schweiz. In den medizinischen Abteilungen der Akutspitäler ist bei den 30- bis 50jährigen Männern Alkoholismus und seine Folgeerscheinungen die häufigste Diagnose. Bei den Erwachsenen ist der Gesamtverbrauch in den letzten Jahren zurückgegangen, er hat dafür aber bei den Jugendlichen zugenommen: 12 000 Schulkinder im Alter zwischen 11 und 16 Jahren trinken laut der Studie jeden Tag Alkoholhaltiges.
Auch beim Tabakkonsum liegt die Schweiz im europäischen Ländervergleich in den vorderen Rängen. 1996 bezeichneten sich rund 30% der 15- bis 74jährigen als Raucher oder Raucherin; das sind rund 1,7 Millionen Personen. 85% von ihnen rauchten täglich, 700 000 mehr als 20 Zigaretten pro Tag. Wenn man annimmt, dass bei einem Konsum von mehr als zehn Zigaretten pro Tag eine Abhängigkeit vorliegt, gibt es in der Schweiz mehr als eine Million Nikotinsüchtige. Die Studie bezeichnete den Tabakkonsum als wichtigste verhütbare Ursache für den vorzeitigen Tod. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten wurden auf 1,2 Mia Fr. pro Jahr geschätzt.
Mehr als 20% der Männer und 15% der Frauen im Alter zwischen 15 und 39 Jahren haben mindestens einmal illegale Drogen konsumiert. Die Zahl der Heroinabhängigen ist mit rund 30 000 Personen seit Jahren relativ konstant. Generell wurde ein wachsendes Angebot und eine Professionalisierung des Marktes der illegalen Drogen festgestellt sowie eine Verlagerung von den betäubenden (Heroin) zu den aufputschenden Substanzen (Kokain, Amphetamine, Ecstasy etc.). Hier wurden die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten auf rund 1 Mia Fr. pro Jahr geschätzt. Dabei entfiel rund die Hälfte auf Polizeimassnahmen im weiteren Sinn [48].
Ganz im Einvernehmen mit Bundesrat Koller, der eine entsprechende SVP-Motion bereits im Nationalrat bekämpft hatte, lehnte es der Ständerat ab, bei der Erteilung eines Lernfahrausweises ein ärztliches Attest über die Suchtfreiheit der Kandidatinnen und Kandidaten zu verlangen. Der Kommissionssprecher betonte, der Verzicht auf eine derartige Massnahme bedeute keinesfalls eine Verharmlosung des Umgangs mit legalen oder illegalen Drogen, doch solle diese Frage anlässlich der Revision des Strassenverkehrsgesetzes in angemessenerer Form angegangen werden [49].
Die Forderung der Eidgenössischen Jugendsession von 1996, einen jährlichen Suchtpräventionstag einzuführen, wurde vom Ständerat diskussionlos dem Bundesrat zur Kenntnisnahme überwiesen. Dasselbe geschah mit der Petition der Jugendlichen auf Einführung eines Erkennungszeichens für die Qualität eines suchtmittelfreien Lebens; diese Forderung wurde von den Jugendlichen damit begründet, dass Symbole eine äusserst positive Wirkung auf Jugendliche haben [50].
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Rauchen verringert die Lebenserwartung von Männern im Mittel um 2,9 Jahre, jene der Frauen um 0,7 Jahre. Zu diesem Fazit kam eine Studie des Bundesamtes für Statistik, welches dafür die Todesfallstatistiken der Wohnbevölkerung der Schweiz zwischen 1988 und 1993 analysierte. Der Autor der Untersuchung präzisierte, dass diese Resultate als Schätzungen gewertet werden müssen, da die Reduktion der Todesursache auf den Faktor Tabak eine vereinfachende Hypothese darstelle [51].
In der seit 1987 bestehenden Eidgenössischen Kommission für Tabakfragen, deren Amtszeit Ende 1996 auslief, spitzte sich der seit langem schwelende Konflikt zwischen den Verfechtern der Prävention und den Vertretern der Tabakindustrie zu. Die Arbeitsgemeinschaft gegen Tabakmissbrauch erklärte sich nicht länger dazu bereit, mit den Repräsentanten der Zigarettenindustrie und der Werbebranche gemeinsam an einem Tisch zu sitzen und verlangte die Auflösung des Gremiums in seiner bestehenden Form. Diese Querelen verhinderten im Berichtsjahr eine Neubesetzung der Kommission [52].
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Seit gut zwei Jahren sind in der Schweiz sogenannte Premix-und Alcopops-Getränke auf dem Markt. Diese Mischungen aus Alkohol und Erfrischungsgetränk werden häufig von Jugendlichen und zunehmend auch schon von Kindern konsumiert, weil sie süss sind und - im Gegensatz zu Bier oder Wein - fast keinen Alkoholgeschmack haben. Diese Tatsache veranlasste die GPK des Nationalrates, dem EDI nahezulegen, konkrete Massnahmen in diesem Bereich zu prüfen. Neben der Aufforderung an die Kantone zu einer strikteren Gesetzesanwendung und Vollzugskontrolle schlug sie vor, mit einer neuen Bestimmung in der Lebensmittelverordnung jegliche Abgabe alkoholischer Getränke an Jugendliche unter 18 Jahren zu verbieten. Die eidgenössische Alkoholverwaltung reagierte rasch und unterstellte Ende Jahr diese Drinks sowohl einer höheren Besteuerung als auch einem Abgabeverbot für Jugendliche unter 18 Jahren [53].
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Die Diskussionen um die Zukunft der Schweizer Drogenpolitik standen im Berichtsjahr ganz im Zeichen der Abstimmung über die Volksinitiative "Jugend ohne Drogen", deren Annahme die Weiterführung der bisherigen Vier-Säulen-Strategie des Bundes (Prävention, Repression, Therapie und Überlebenshilfe) weitgehend eingeschränkt hätte. Insbesondere die Überlebenshilfe (Methadon- und Heroinprogramme, flächendeckende Spritzenabgabe) wäre bei einer Zustimmung zur Initiative praktisch verunmöglicht worden.
Anfang Jahr beharrten beide Kammern vorerst auf ihrer Haltung gegenüber der Volksinitiative. Zu Beginn der Frühjahrssession bekräftigte der Nationalrat seine Auffassung, wonach der im Vorjahr vom Ständerat ausgearbeitete direkte Gegenvorschlag unnötig und sogar kontraproduktiv sei, weil er eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Politik des Bundes verhindern würde. Der Ständerat wollte hingegen am Gegenvorschlag festhalten, weil nur ein gewisses Entgegenkommen gegenüber den Anliegen der Initianten eine mögliche Annahme der Initiative wirksam verhindere. Dennoch kündigte sich ein mögliches Einschwenken auf die Position des Nationalrates an; ein Antrag Schoch (fdp, AR) auf Zustimmung zum Nationalrat unterlag nur knapp mit 23 zu 20 Stimmen [54].
Weil damit die Differenzen zwischen den Räten auch im dritten Anlauf nicht ausgeräumt werden konnten, kam die Einigungskonferenz zum Zuge. Diese schloss sich mit 14 zu 12 Stimmen der Haltung des Nationalrates an, worauf sich beide Kammern mit 81 zu 50 bzw. mit 24 zu 12 Stimmen dafür aussprachen, dem Volk die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig mit der Schlussabstimmung wurde auch die Volksinitiative "für eine vernünftige Drogenpolitik (DroLeg)" definitiv und ebenfalls ohne Gegenvorschlag verworfen  [55].
Im Abstimmungskampf, der von beiden Seiten sehr intensiv und emotional geführt wurde, waren die Fronten von Anbeginn klar. Die drei Bundesratsparteien CVP, FDP uns SP sowie die Grünen engagierten sich in einem gemeinsamen Abstimmungskomitee gegen die Initiative. Sie fanden die Unterstützung von rund 20 gesamtschweizerischen Organisationen aus den Bereichen Medizin, Drogen, Sozialarbeit, Kirche und Jugendfragen, die sich in einer Nationalen Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS) zusammenschlossen, sowie die praktisch einhellige Gefolgschaft aller Printmedien, auch jener aus der Romandie. Mehrere Kantons- und Stadtregierungen, die für gewöhnlich keine Empfehlungen für eidgenössische Urnengänge abgeben, sprachen sich ebenfalls gegen die Initiative aus, unter anderem jene in den besonders von der Drogenproblematik betroffenen Kantonen Basel-Stadt, Bern, Genf und Zürich. Ihnen schloss sich der 1996 zum Zweck einer intensiveren drogenpolitischen Koordination gebildete Nationale Drogenausschuss von Bund, Kantonen und Städten an. Der Bundesrat seinerseits eröffnete seinen Abstimmungskampf viel früher als gewöhnlich. In ungewohnt scharfer Weise bezeichnete Bundesrätin Dreifuss die Ziele der Initiative als unrealistisch, unwirksam und unmenschlich; eine Annahme der Initiative hätte für die eigentlichen Opfer, die Drogensüchtigen, verheerende Folgen und würde dazu führen, dass weiterhin die (noch) nicht ausstiegswilligen Konsumenten härter bekämpft würden als die eigentlichen Profiteure einer repressiven Drogenpolitik, nämlich die Drogenmafia [56].
Die bürgerlichen Parteien - mit Ausnahme der rechtsbürgerlichen FP, SD und EDU, welche die Initiative einhellig unterstützten - zeigten sich allesamt gespalten. Die SVP, vor allem der Zürcher Flügel um Nationalrat und Mitinitiant Bortoluzzi, stellte sich hinter die Initiative, die Sektionen der Kantone Bern, Thurgau und Graubünden bekämpfte sie. Auch die Liberalen traten in beiden Abstimmungskomitees auf, die Waadtländer Leuba und Sandoz bei den Initianten, der Basler Eymann bei den Gegnern. Unter den Befürwortern figurierten auch einige FDP-Nationalräte, namentlich der Neuenburger Frey sowie die Luzerner Aregger, Theiler und Tschuppert. Bei der CVP stellte sich nur gerade ein alt Ständerat (Kündig, ZG) hinter das Volksbegehren [57].
Volksinitiative "Jugend ohne Drogen"
Abstimmung vom 28. September 1997

Beteiligung: 40,6%
Nein: 1 314 060 (70,7%) / 23 6/2 Stände
Ja: 545 713 (29,3%) / 0 Stände

Parolen:
- Nein: CVP (1*), FDP (5*), SP, GP, LdU, EVP, PdA; SGB, CNG, Angestelltenverbände; u.a. Sanitätsdirektorenkonferenz, Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, Verband Schweiz. Polizeibeamter; Verbindung der Schweizer Ärzte FMH.
- Ja: SVP (3*), LPS (3*), FP, SD, EDU; Redressement national; SGV.
- Stimmfreigabe: Lega.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Dass die Besorgnis der Befürworter eines Gegenvorschlags vergebens gewesen war, zeigte sich spätestens am Abend des Abstimmungssonntags. Mehr als 70% der Stimmenden legten ein Nein in die Urne, nur knapp 30% stimmten zu. Die Initiative erzielte in keinem einzigen Kanton eine zustimmende Mehrheit. Besonders krass (mit über 80% Nein-Stimmen) wurde "Jugend ohne Drogen" in den beiden Stadtkantonen Genf und Basel-Stadt abgelehnt. Dieses Resultat deutete aber in nichts auf einen Gegensatz Stadt-Land in der Drogenpolitik hin, da auch die Zentralschweizer Stände Zug, Ob- und Nidwalden sowie die Kantone Basel-Land, Jura, Solothurn, Graubünden, Zürich, Neuenburg, Aargau und Schaffhausen die Initiative überdurchschnittlich verwarfen. Auch von einem Röstigraben zwischen der eher liberalen Deutschschweiz und der in der Drogenfrage bisher als zurückhaltend geltenden Romandie konnte nicht die Rede sein. Die Neinstimmenanteile in der Waadt und im Kanton Freiburg lagen nur knapp unter dem nationalen Durchschnitt. Einzig in den Kantonen Wallis und Tessin erzielte die Initiative mit knapp über 40% Ja-Stimmen so etwas wie einen Achtungserfolg [58].
Die Vox-Analyse dieses Urnengangs bestätigte die ersten Eindrücke. Zwischen der Deutschschweiz und der Romandie und zwischen städtischen und ländlichen Gebieten war diesmal kein Graben auszumachen. Hingegen spielten das Alter und die Kirchenbindung der Stimmenden eine entscheidende Rolle im Abstimmungsverhalten. Die unter 40jährigen, die nie zur Kirche gehen, lehnten die Initiative mit 95% Nein-Stimmen am deutlichsten ab, während die über 60jährigen Kirchgänger mit 55% Ja-Stimmen die einzige demographische Gruppe stellten, welche dem Begehren zustimmte. Die anderen Merkmale wie Geschlecht, Zivilstand und Ausbildung hatten keinen wesentlichen Einfluss. Spürbare Unterschiede konnten hingegen zwischen den gesellschaftlichen Schichten beobachtet werden: So sprachen sich bei den Landwirten am wenigsten für die Initiative aus (15%), während die unqualifizierten Arbeitskräfte ihr am stärksten zustimmten (41%) [59].
Im Sommer legten die Forschungsbeauftragten den Abschlussbericht über den wissenschaftlichen Versuch zur ärztlich kontrollierten Verschreibung von Betäubungsmitteln vor. Wie bereits der Zwischenbericht hatte vermuten lassen, waren die Resultate der dreijährigen Versuchsreihe durchwegs positiv. Kernaussage des Berichts war, dass sich die heroinunterstützte Behandlung von schwerstsüchtigen Personen bewährt hat und deshalb weiter geführt werden sollte. 83 der 1146 beteiligten Frauen und Männer versuchten in dieser Zeit den völligen Ausstieg aus ihrer Abhängigkeit. Neben den Süchtigen profitierte auch die Allgemeinheit von der Heroin-Verschreibung. So verbesserte sich der Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten, die Obdachlosigkeit sank von 12% auf 1%, und vielen gelang es, wieder in der Arbeitswelt Fuss zu fassen. Schulden konnten massiv abgebaut werden. Als geradezu drastisch bezeichneten die Experten den Rückgang der Straffälligkeit während des Versuches. Die Zahl der Delikte, aber auch der straffälligen Personen und damit der gerichtlichen Verurteilungen nahm massiv ab. Mit der kontrollierten Abgabe konnten so die enormen gesamtwirtschaftlichen (medizinischen und strafrechtlichen) Folgekosten der Drogensucht vermindert werden [60].
Nach der für die Viersäulenpolitik des Bundes ganz eindeutig positiv verlaufenen Abstimmung über die Initiative "Jugend ohne Drogen" kündigte die Landesregierung an, dass sie - in Erwartung einer breiteren Revision der Betäubungsmittelgesetzgebung - dem Parlament beantragen wird, mit einem dringlichen und befristeten Bundesbeschluss die Heroinabgabe an schwerstsüchtige Personen gesetzlich zu regeln. Ende Dezember leitete der Bundesrat den interessierten Kreisen einen Vorentwurf zur Stellungnahme zu [61]. Die überparteiliche Arbeitsgruppe Drogenpolitik der vier Bundesratsparteien empfahl der Landesregierung, die seit Sommer 1996 freigewordenen und in der Unsicherheit um den Ausgang der Volksabstimmung über die Initiative "Jugend ohne Drogen" nicht mehr besetzten Heroinplätze wieder zu vergeben. Der Bundesrat kam dieser Forderung nach und erhöhte mit einer Verordnungsänderung die Zahl der verfügbaren Heroinplätze bis zum Jahr 2000 wieder auf 1000 [62].
Der Bundesrat setzte eine Eidgenössische Kommission für Drogenfragen ein. Das vom St. Galler Präventivmedizinier van der Linde geleitete neue Gremiun ersetzt die Eidgenössische Betäubungsmittelkommission [63].
In Erfüllung einer FDP-Motion von 1996 beantragte der Zürcher Regierungsrat dem Kantonsrat, der Bundesversammlung eine Standesinitiative zur Legalisierung von Cannabis und Marihuana einzureichen. Begleitend dazu müssten - ähnlich wie bei Alkohol - eine Qualitätskontrolle, der staatliche oder staatlich-kontrollierte Vertrieb sowie geeignete Jugendschutzmassnahmen angeordnet werden [64]. Das Parlament des Kantons Basel-Landschaft stimmte ebenfalls einer analogen Standesinitiative zu [65].
Weil die bei Jugendlichen sehr beliebte illegale Droge Ecstasy häufig nicht rein, sondern versetzt mit zum Teil äusserst gefährlichen Substanzen verkauft wird, begrüsste das BAG Tests der Angebote an Technoparties. Gemäss zwei Rechtsgutachten können diese Tests und die Bekanntgabe der Resultate nicht als Dealerservice angesehen werden. Das Bundesamt möchte die Mitteilung an die Partygäste allerdings an präventive Informationen zur Schädlichkeit jeglichen Drogenkonsums und von Ecstasy im speziellen koppeln [66].
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Sozialhilfe
Nachdem in den achtziger Jahren verschiedene kantonale Armutsstudien - ausgehend von unterschiedlichen Definitionen der Armutsgrenze - vorgelegt worden waren, präsentierte die Universität Bern erstmals eine gesamtschweizerische Studie, welche sich sowohl am soziokulturellen wie am subjektiven Armutskonzept orientierte. Das soziokulturelle Existenzminimum rechnet nicht mit der blossen physischen Daseinssicherung, sondern bezieht Komponenten der Teilhabe am Sozialleben mit ein. Es lässt sich nur in Relation zum Wohlstandsniveau der betrachteten Gesellschaft (oder Region) zu einem bestimmten Zeitpunkt ermitteln. Subjektive Armutskonzepte stellen nicht auf die Einschätzung von Experten ab, sondern von allen Gesellschaftsmitgliedern, Betroffene eingeschlossen. Untersucht wurden die Ressourcen der einzelnen Haushalte, aber auch Wohnqualität, Arbeit und Ausbildung, Gesundheit, private Netzwerke und subjektives Wohlbefinden.
Die Armutsgrenze wird in der Schweiz je nach Gesichtspunkt und gesetzlicher Regelung unterschiedlich festgesetzt. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) setzt sie für Einpersonenhaushalte bei 980 Fr. (nach Abgabe der Zwangsausgaben Steuern, Sozial- und Krankenversicherung, Alimente, Schuldzinsen und Wohnkostenanteil) fest; als Grenze für die Anspruchsberechtigung auf Ergänzungsleistungen (EL) gelten 1285 Fr., ebenfalls nach Abzug der Zwangsausgaben. Je nachdem, von welcher Armutsgrenze ausgegangen wird, lebten in der Schweiz im Erhebungsjahr 1992 zwischen 390 000 (5,6% der Wohnbevölkerung) und 860 000 (9,8%) Personen, die als "arm" zu gelten haben. Subjektiv nehmen aber längst nicht alle Betroffenen ihre Situation als Armut wahr.
Die Studie ermittelte neben der Anzahl der als arm einzustufenden Personen jene Bevölkerungsgruppen, die für Armut relativ anfällig sind. 60% der Armen in der Schweiz sind weniger als 40 Jahre alt. Die Auswertung nach Haushaltstypen wies eine besonders hohe Armutsquote bei Alleinerziehenden, geschiedenen Frauen und allein lebenden Männern aus. Junge, kinderreiche Familien gehören überdurchschnittlich häufig zur armen Bevölkerung. Signifikant unterdurchschnittliche Armutsquoten weisen Angestellte (im Unterschied zu Selbständigerwerbenden) und Altersrentner auf. Eine besonders hohe Armutsquote findet sich im Kanton Tessin und in der Romandie sowie unter der ausländischen Bevölkerung. Verdeckte Armut machte die Untersuchung vor allem dort aus, wo Anspruchsberechtigte keine EL oder Sozialhilfe beziehen, weil sie aus nicht genau zu ermittelnden Gründen den Gang zum Sozialamt scheuen bzw. über ihre Rechte nicht informiert sind. Über 50% der bezugsberechtigten Erwerbstätigen und rund ein Drittel der bezugsberechtigten Rentner beziehen weder Sozialhilfe noch EL. Eine Erhöhung der Bezugsquote könnte die real existierende Armut lindern [67].
Die Schweizerische Konferenz für öffentliche Sozialhilfe (Skos) stellte neue Richtsätze für die Ausrichtung von Sozialhilfegeldern vor. Demnach soll auf einem Minimalniveau ein absolutes Recht auf Sozialhilfe sichergestellt werden. Unumgängliche Kosten (Lebensmittel, Kleider etc.) wurden gegenüber früher etwas höher veranschlagt, nicht lebenswichtige Kosten (Abonnemente für den öffentlichen Verkehr, Telephon-Gesprächstaxen, Zeitschriften, Freizeitbedürfnisse der Kinder usw.) hingegen eindeutig tiefer. Linke Parteien und Gewerkschaften bemängelten, dass gerade alle Komponenten, die Lebensqualität bedeuten, mit dieser Regelung zu unwesentlichen Werten verkommen seien. Die Skos überarbeitete ihre Richtlinien darauf in einigen Punkten. Neu setzt sich das soziale Existenzminimum aus dem Grundbedarf 1 und 2 zusammen. Der Grundbedarf 1 deckt das Minimum, das für eine menschenwürdige Existenz nötig ist. Der Grundbedarf 2 soll die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben erleichtern. Im Normalfall haben unterstützungsbedürftige Personen den Grundbedarf 1 und 2 zugute, wobei dieser wenn immer möglich pauschal ausbezahlt werden soll, damit die betroffenen Menschen Verantwortung für ihre Lebensgestaltung übernehmen können. Falls sie ihre Pflichten zur Selbsthilfe verletzen, können sie für kürzere oder längere Zeit auf den Grundbedarf 1 zurückgestuft werden. Die Skos-Richtlinien sind aber nur eine Empfehlung an die Gemeinden; diese sind grundsätzlich frei, auch andere Ansätze zur Anwendung zu bringen. Wieder angewendet werden soll die Verwandtenunterstützungspflicht, allerdings nur in auf- oder absteigender Linie und bei überdurchschnittlichem Einkommen [68].
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Sport
Das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) wird ab dem 1. Januar 1998 Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) heissen. Damit wird unterstrichen, dass ab diesem Zeitpunkt der Bereich Sport aus dem Departement des Innern in dieses wechselt. An einer Tagung in Neuenburg legte Bundesrat Ogi die Schwerpunkte seiner künftigen Sportpolitik dar: Absolute Priorität haben für ihn die Olympischen Winterspiele 2006 im Wallis sowie die Förderung des Spitzensports. Als weitere Anliegen von gesamtschweizerischer Bedeutung sieht er die Sanierung bestehender und den Ausbau neuer Sportanlagen, eine bessere Integration von "Jugend und Sport" ins Schulsystem und die Förderung des Seniorensports [69].
Die Walliser Bevölkerung befürwortet mehrheitlich die Kandidatur der Stadt Sitten für die Olympischen Winterspiele 2006. Anfangs Juni votierten 67% der Stimmenden für die dazu notwendige Kostenbeteiligung des Kantons und eine allfällige Defizitgarantie von insgesamt 60 Mio Fr. Sämtliche Kantonsteile stimmten zu [70].
Der Bundesrat hatte schon im März signalisiert, dass er bereit sei, die erneute Kandidatur Sittens zu unterstützen, allerdings unter der Bedingung, dass die Walliser Bevölkerung der nötigen Finanzhilfe und Defizitgarantie zustimme. Nach dem Ja des Walliser Souveräns setzte die Landesregierung ihr Versprechen um und erlaubte Bundesrat Ogi, den Vorsitz des Nationalen Komitees für die Winterspiele "Sion-Valais-Wallis-Switzerland-2006" zu genehmigen. Um keine Unvereinbarkeiten mit Ogis Amt als Bundesrat und Vorsteher des VBS zu schaffen, wird Ogi jedoch keine operativen Funktionen bei der Vorbereitung und der Präsentation des Sittener Olympia-Dossiers übernehmen. Dies wird dem Verein Olympische Winterspiele und dessen Co-Präsidenten FIFA-Generalsekretär Sepp Blatter und PTT-Generaldirektor Jean-Noël Rey vorbehalten sein. Neben Ogi, Blatter und Rey sind im Nationalen Komitee mit Botschafter Edouard Brunner und Divisionär Jean-Daniel Mudry auch die Diplomatie und die Armee vertreten. Brunner wird die Kommission für internationale Beziehungen präsidieren und Bundesrat Ogi direkt unterstellt sein [71].
Einige Tage vor der Volksabstimmung überwies der Nationalrat gegen den Willen der Vertreter der Grünen Partei, welche kritisierten, das Projekt 2006 trage dem Umweltschutz noch weniger Rechnung als jenes für das Jahr 2002, mit 125 zu 12 Stimmen eine Motion Comby (fdp, VS), welche verlangt, der Bund solle sich mit dem Kanton Wallis und der Gemeinde Sitten auch in finanzieller Hinsicht solidarisch zeigen, um diesen sportlichen Anlass von internationaler Bedeutung zu ermöglichen [72].
Im September leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Winterspielen 2006 zu. Unter dem Vorbehalt der Akzeptanz in der Bevölkerung und der umweltschonenden Durchführung ist die Landesregierung bereit, sich mit Geld- und Sachleistungen in der gleichen Höhe wie der Kanton Wallis und die beteiligten Gemeinden an der Finanzierung zu beteiligen. Er beantragte deshalb dem Parlament, einen Beitrag von 1,2 Mio Fr. an die Kosten der Kandidatur sowie eine Defizitgarantie in der Höhe eines Drittels des ausgewiesenen Defizits, jedoch höchstens von 30 Mio Fr. zu übernehmen. Hinzu kommen ein Beitrag von höchstens 20 Mio Fr. zur Finanzierung der Sportanlagen von nationaler Bedeutung (Nasak) sowie nicht in Rechnung gestellte Leistungen von maximal 10 Mio Fr.(beispielsweise für den Einsatz von Militär zu Ordnungszwecken). In der Wintersession stimmte der Ständerat nach kurzer Diskussion und einstimmig dem Antrag des Bundesrates zu [73].
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Weiterführende Literatur
Dreifuss, R., "Spitex vor grossen Herausforderungen", in CHSS, 1997, S. 246 ff.
Domenighetti, G., "Zufriedenheit der Schweizer Bevölkerung mit ihrem Gesundheitssystem im Vergleich mit einer gleichartigen Erhebung in den Ländern der EU", in CHSS, 1997, S. 279 ff.
Dumoulin, J.-F., Transplantation d'organes en Suisse: le droit au carrefour de la vie et de la mort, Neuchâtel 1997 (Université, Institut de droit de la santé).
Gognalons-Nicolet, M. (Hg.), Geschlecht und Gesundheit ab 40, Bern 1997.
Müller, K. "Stabilisierung der Gesundheitskosten durch Wettbewerb: Chancen, Grenzen und ihre Konsequenzen aus heutiger Sicht", in CHSS, 1997, S. 215 ff.
Richli, P. (Hg.), Auf dem Weg zu einem eidgenössischen Heilmittelgesetz, Muri b. Bern 1997.
Vitali, R. / Cattacin, S., La prévention du VIH/sida dans les cantons suisses, Muri 1997.
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Alkohol, Tabak und illegale Drogen in der Schweiz 1994-1996, Lausanne (SFA), 1997.
Bauhofer, S. / Bolle, P.-H. / Dittmann, V., Drogenpolitik - Beharrung oder Wende?, Chur 1997.
Boggio, Y., e.a., Apprendre à gérer la politique suisse en matière de drogue, Genève 1997.
Daten und Fakten zur Drogenpolitik des Bundes, Bern (EDMZ) 1997.
Estermann, J., Auswirkungen der Drogenrepression: illegale Drogen, Konsum, Handel, Macht und Prohibition, Luzern 1997.
Evaluation der Massnahmen des Bundes zur Verminderung der Drogenprobleme, 1990-1996, Lausanne (Institut universitaire de médecine sociale et préventive) 1997.
Widmer, J. / Boller, B. / Coray, R. (Hg.), Drogen im Spannungsfeld der Öffentlichkeit: Logik der Medien und Institutionen, Basel 1997.
Zbinden, R., Erfolg dank fehlender Planung? Die Entwicklung des Drogehilfesystems der Nordwestschweiz, Bern (Diss. Basel) 1997.
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Bergman, J., "Das Wiederaufleben der Armut und der Kampf gegen die Ausgrenzung: Eine neue Herausforderung für die soziale Sicherheit in Europa?", in Internationale Revue für Soziale Sicherheit, 1997, Nr. 1, S. 3 ff.
Leu, R. / Burri, S. / Priester, T., Lebensqualität und Armut in der Schweiz, Bern (Haupt), 1997.
Miceli, D., Mesure de la pauvreté: théorie et application à la Suisse, (S.l.) 1997.
Radeff, F., "Modelle des Mindesteinkommens - Konzepte und Problemfelder", in CHSS, 1997, S. 5 ff.
Tecklenburg, U., "Die neuen kantonalen Sozialhilfe-Modelle: Leistungen und Gegenleistungen", in CHSS, 1997, S. 15 ff.
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Altorfer, H., "Die Eidg. Sportschule Magglingen: Ein Dienstleistungsbetrieb für Sport und Sportpolitik", in Die Volkswirtschaft, 70/1997, Nr. 6, S. 68 f.
Stettler, J., Sport und Verkehr. Sportmotiviertes Verhalten der Schweizer Bevölkerung, Umweltbelastung und Lösungsmöglichkeiten, Bern 1997.
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[1] Lit. Gognalons-Nicolet; Presse vom 5.11.97. Siehe auch SPJ 1996, S. 236.1
[2] Presse vom 21.11.97. Zu einer analogen Studie über die Essgewohnheiten der Gesamtbevölkerung siehe SPJ 1996, S. 235.2
[3] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 538 f.3
[4] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2841 f. und 2843.4
[5] JdG, 29.8.97. Zu allfälligen Massnahmen des Bundes zur Senkung der Gesundheitskosten siehe die Antwort des BR auf eine Interpellation Gross (sp, TG) in Amtl. Bull. NR, 1997, 2283 ff.5
[6] ASG, Aufruf zur Reform, Zürich 1997. Zu den Ergebnissen einer Umfrage unter Ärztinnen und Ärzten, zu welchen Einsparungsmassnahmen sie allenfalls bereit wären, siehe Presse vom 17.4.97.6
[7] Presse vom 27.5.97.7
[8] Presse vom 4.7.97. Siehe dazu unten (Medizinalpersonen) sowie unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).8
[9] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2206; Presse vom 28.5.97.
[10] BBl, 1997, IV, S. 1424 ff. Für den 1. Teil der Initiative siehe unten, Teil I, 7c, Krankenversicherung. Der CNG kündigte seinerseits an, eine Volksinitiative für eine obligatorische Taggeldversicherung lancieren zu wollen (Presse vom 10.11.97).10
[11] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 514 f. Siehe auch die Ausführungen des BR zu einer ähnlichen Interpellation Rochat (lp, VD) in Amtl. Bull. StR, 1997, S. 653 ff.11
[12] Presse vom 2.4.97.12
[13] WoZ, 18.12.97; NZZ, 20.12.97; JdG, 27.12.97; TA, 30.12.97; Bund, 31.12.97. Siehe SPJ 1996, S. 261 f.13
[14] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1761 ff.14
[15] Presse vom 5.9.97. Siehe unten (Medizinische Analysen).15
[16] NZZ, 22.11.97.16
[17] Presse vom 24.11.97.17
[18] BBl, 1997, IV, S. 1656 f.; Presse vom 22.3. und 24.6.97; NZZ, 6.6.97 (Suter). Das neue KVG verpflichtet den Wohnkanton bei einer zwingenden ausserkantonalen Hospitalisation nur zur Übernahme der Kosten in öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern (NZZ, 10.3.97; TA, 25.3.97). Siehe SPJ 1996, S. 236.18
[19] BBl, 1997, IV, S. 1344 ff.19
[20] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1430 ff. Siehe Lit. Dreifuss; TA, 25.2.97; Bund, 5.3.97; NZZ, 24.3.97; Presse vom 30.5., 17.6. und 18.9.97. Siehe dazu auch generell CHSS, 1997, Nr. 5 (mehrere Artikel zum Thema Langzeitpflege). Wegen mangelnder Transparenz in den Pflegeheimen erliess der BR auch für diesen Bereich Rahmentarife: CHSS, 1997, S. 247. Siehe auch SPJ 1996, S. 238.20
[21] Presse vom 16.-19.7.97.21
[22] Bund, 28.8.97; NZZ, 29.8., 30.8. und 4.12.97. Eine empirische Untersuchung des Konkordats der schweizerischen Krankenversicherer und des Spitex-Verbands Schweiz relativierte die von einzelnen Krankenversicherern vorgebrachten Zahlen; demnach wurden lediglich 23,2% der Spitex-Dienste zu Lasten der Krankenkassen geleistet. Eine Untersuchung des BSV zeigte, dass die von den Krankenversicherungen zu tragenden Spitex-Kosten im ersten Jahr des neuen KVG (1996) nicht angestiegen waren (CHSS, 1998, S. 6).22
[23] Presse vom 15.3.97; BZ, 4.4.97; TA, 15.12.97. Die ebenfalls angestrebte gesamtschweizerisch einheitliche Tarifstruktur konnte im Berichtsjahr noch nicht realisiert werden (TA, 16.5.97; SHZ, 30.10.97).23
[24] CHSS, 1997, S. 123.24
[25] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1430 ff.; TW, 20.6.97; TA, 1.12.97.25
[26] Amt. Bull. NR, 1997, S. 2229.26
[27] NZZ, 16.7.97.27
[28] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 63 f.28
[29] Presse vom 20.2. und 9.12.97; TA, 1.7.97; Bund, 28.7.97. Siehe SPJ 1995, S. 228.29
[30] Bund, 24.1., 9.7. und 15.7.97; JdG, 25.1.97; Presse vom 28.1. und 12.8.97; NZZ, 30.1., 28.5. und 29.5.97; SHZ, 4.9.97; SoZ, 19.10.97. Siehe SPJ 1996, S. 238.30
[31] BBl, 1997, III, S. 1408 f. und BBl, 1998, S. 737 f.31
[32] NZZ, 27.3.97; BZ, 26.4.97; SZ, 30.4.97. Gleichzeitig drängen auch Warenhäuser in den Medikamentenmarkt (Bund, 26.8.97; Presse vom 28.8.97; SHZ, 18.9.97). Siehe SPJ 1996, S. 239.32
[33] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 797 ff. Siehe auch SPJ 1996, S. 239.33
[34] Presse vom 11.2., 9.4. und 6.11.97.34
[35] Presse vom 30.5.97.35
[36] BBl, 1997, III, 653 ff.; Presse vom 7.2. und 24.4.97. Siehe auch SPJ 1996, S. 240.36
[37] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2410 ff. Als Übergangslösung bis zum Vorliegen eines eigentlichen Transplantationsgesetzes kündigte BR Dreifuss an, dass sie in Kürze dem Parlament beantragen werde, die Bewilligungspflicht für allfällige Xenotransplantationen in den dringlichen Beschluss über die Kontrolle von Blut, Blutprodukten und Transplantaten aufzunehmen. Zu Spezialfällen von Blut- oder Organtransplantationen siehe auch die Darlegungen des BR zu zwei Interpellationen von Felten (sp, BS) in Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2249 ff. Siehe auch SPJ 1996, S. 239 ff.37
[38] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2182 ff. Vgl. SPJ 1996, S. 240 f.38
[39] JdG, 20.3.97; Presse vom 17.4. und 28.6.97; NZZ, 30.6.97.39
[40] JdG, 3.4.97; Presse vom 19.7.97. Seit mehreren Jahren werden in ganz Europa Personen, welche Transplantate bzw. Wachstums- sowie Fruchtbarkeitshormone aus menschlichem Hirngewebe erhalten haben oder deren Angehörige an CJK litten, nicht mehr zur Blutspende zugelassen. Es gibt aber nach wie vor keinen Früherkennungstest für Träger von CJ-Erregern (Presse vom 22.7.97).40
[41] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1461.41
[43] Presse vom 18.11.97.43
[44] Presse vom 20.11.97; TA, 1.12.97. Vgl. SPJ 1996, S. 241 f. Siehe zur Genschutz-Initiative unten, Teil I, 8a (Forschung).44
[45] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2258 f. Siehe dazu auch eine weitere Interpellation von Felten zur Unesco-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms (ibid, S. 2878 ff.).45
[46] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2227 f.46
[47] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 706 f.47
[48] Lit. Alkohol; Presse vom 25.6.97.48
[49] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 225 f. Siehe dazu auch die Äusserungen des BR zu einer Interpellation Schenk (svp, BE) in Amtl. Bull. Nr, 1997, S. 2297 f. Vgl. auch SPJ 1996, S. 242.49
[50] Amt. Bull. StR, 1997, S. 705 und 707.50
[51] Bund, 1.10.97.51
[52] BZ, 15.3.97; SGT, 1.4.97; Presse vom 5.5.97. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2352 f.52
[53] BaZ, 21.2.97; TA, 11.11.97; Presse vom 25.11. und 29.11.97. Ein Postulat von NR Meier (ldu, AG), welches diese Softdrinks den gleichen Werbebeschränkungen wie die gebrannten Wasser unterstellen wollte, wurde von Widrig (cvp, SG) bekämpft (Amtl. Bull. NR, 1997, S. 514) und damit vorderhand dem Entscheid entzogen. Hingegen wurde ein Postulat Fässler (sp, SG) überwiesen, welches die Durchführung einer nationalen Aufklärungskampagne anregte (Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2839). Zur Alkoholprävention bei Jugendlichen siehe SPJ 1996, S. 242.53
[54] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2 ff.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 178 ff. Siehe SPJ 1996, S. 243 f.54
[55] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2, 366 f. und 617 f.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 293 ff. und 341; BBl, 1997, II, S. 564 ff. Siehe SPJ 1996, S. 243 f.55
[56] NLZ, 4.4.97; TA, 15.4.97; NZZ, 21.4. 21.5., 14.8. 1.9. und 16.9.97; Presse vom 16.5.97 und vom 1.7. bis 27.9.97. Dreifuss: Presse vom 3.7. und 13.8.97; NZZ, 16.9.97. Kantons- und Stadtregierungen: Bund, 15.8.97; BaZ, 20.8. und 29.8.97; NZZ, 29.8., 4.9. und 9.9.97; JdG, 17.9.97; QJ, 18.9.97.56
[57] Bund, 7.8.97; NZZ, 9.8.97; BZ, 27.8.97; Presse vom 30.8.97. Der Abstimmungskampf der Befürworter begann mit einem Fehlstart; mehrere der prominenten Erstunterzeichner aus den Bereichen Sport und Unterhaltung distanzierten sich von der Initiative, als ihnen klar wurde, dass hinter dem Volksbegehren massgeblich der umstrittene Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) steht (SoZ, 27.4. und 10.8.97). Zur Rolle Kündigs in der Drogenpolitik siehe SPJ 1995, S. 233.57
[58] BBl, 1997, IV, S. 1256 ff.; Presse vom 29.9.97.58
[59] D. Wisler / L. Marquis / M. Bergman, Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 28 September 1997, Vox Nr. 62, Genf 1997.59
[60] Presse vom 11.7.97. Für den ersten Zwischenbericht siehe SPJ 1995, S. 234.60
[61] Presse vom 7.10. und 20.12.97; SoZ, 14.12.97.61
[62] Presse vom 13.11., 16.12. und 20.12.97. Einen "Notruf" nach mehr Herointherapieplätzen lancierte insbesondere die Stadt Bern (Presse vom 28.11.97). Siehe SPJ 1996, S. 245.62
[63] Presse vom 13.12.97.63
[64] Presse vom 6.2. und 16.12.97. Siehe SPJ 1996, S. 245 und 247.64
[65] Presse vom 7.2. und 17.10.97. Der Berner Regierungsrat hat bereits 1988 in einem Brief an die Landesregierung die Streichung von Cannabisprodukten aus der Liste der verbotenen Betäubungsmittel verlangt (BZ, 14.2.97). Im Basler Universitätsspital wurde Cannabis erstmals versuchsweise als krampflösendes und schmerzlinderndes Medikament eingesetzt (Presse vom 27.2.97).65
[66] Presse vom 3.6.97. Siehe SPJ 1996, S. 247.66
[67] Lit. Leu; Presse vom 21.1.97; Ww, 23.10.97. Nicht berücksichtigt wurden in der auf Daten von 1992 beruhenden Studie die Folgen der seither auf über 5% angestiegenen Arbeitslosigkeit sowie der Einführung des neuen KVG mit den individuellen Prämienverbilligungen. Gemäss den Autoren der Studie haben diese Elemente die Armutsproblematik relativ wenig beeinflusst. Zur Glaubwürdigkeit der Armutsstudie und zu dem daraus abgeleiteten Handlungsbedarf siehe die Stellungnahme des BR zu einer Interpellation Rennwald (sp, JU) in Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1536 f. Vgl. auch die Äusserungen von BR Dreifuss in Bund, 19.9.97. Für frühere Erhebungen siehe SPJ 1996, S. 248 f.67
[68] BaZ, 10.10. und 9.12.97; Bund, 15.10.97; JdG und NZZ, 5.12.97; TA, 8.12.97. Zur Verbindlichkeit der Skos-Richtlinien vgl. SPJ 1996, S. 249. Für Bestrebungen, das Einkommen im Bereich des Existenzminimums von den direkten Steuern zu befreien siehe oben, Teil I, 5 (Direkte Steuern).68
[69] Express, 26.11.97. Siehe auch SPJ 1996, S. 250.69
[70] TA, 15.5.97; NLZ, 20.5.97; NQ, 28.5. und 3.6.97; Presse vom 9.6.97. Siehe SPJ 1994, S. 214 f. und 1995, S. 237 f.70
[71] BZ, 3.6.97; NQ, 4.6. und 26.6.97; Presse vom 12.7.97. Blatter, Rey und Mudry sind alles Walliser, daneben sitzen aber im Unterstützungskomitee auch weitere rund 280 Prominente aus anderen Kantonen (JdG, 19.12. und 22.12.97).71
[72] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 516 f. und 953 ff. Der NR überwies in der Folge auch ein analoges Postulat Filliez (cvp, VS): Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2226 f. Siehe SPJ 1996, S. 250.72
[73] BBl, 1997, IV, S. 897 ff.; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1331 ff. Für die Forderung der Sportvereine, von der Mehrwertsteuer ausgenommen zu werden, siehe oben, Teil I, 5 (Indirekte Steuern).73
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