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Wirtschaft
Geld, Währung und Kredit
Der Nationalrat stimmte der Revision des Währungsartikels zu. Die SP wehrte sich vergeblich gegen eine primär an der Preisstabilität ausgerichtete Nationalbankpolitik. Die Frage der Verwendung der nach Aufhebung der Golddeckung des Frankens nicht mehr benötigten Mittel wurde offengelassen. – Der Ständerat genehmigte die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision des Statuts der Kantonalbanken. – Die beiden Schweizer Grossbanken einigten sich mit amerikanischen jüdischen Organisationen und Holocaust-Opfern auf die Zahlung einer Globalentschädigung von mehr als 1,2 Mia US$. Dem Abkommen waren Boykottdrohungen und -beschlüsse amerikanischer Behörden gegen die Schweizer Wirtschaft vorausgegangen. – Schweizerische Versicherungskonzerne wurden in den USA mit ähnlichen Forderungen und Druckversuchen im Zusammenhang mit Klagen von Holocaust-Opfern konfrontiert wie zuvor die Banken.
Geld- und Währungspolitik
Die Nationalbank gab bekannt, dass sie auch 1999 ihren grosszügigen und (in bezug auf Reaktionen auf Wechselkursschwankungen) pragmatischen Kurs in der Geldpolitik beibehalten werde. Nicht zuletzt mit dem Verweis, dass die Interpretation des zentralen Steueraggregats Notenbankgeldmenge immer schwieriger werde und man sich deshalb an kurzfristig weniger genau prognostizierbare Aggregate wie die Geldmenge M³ halten müsse, verzichtete die SNB auch dieses Jahr auf die Angabe eines exakt bezifferten Geldmengenziels für 1999 [1].
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Der exportgewichtete reale Wert des Schweizer Frankens blieb im Vergleich zu wichtigen anderen Währungen im Jahresdurchschnitt weitgehend stabil. In der ersten Jahreshälfte verlor er etwas an Wert, ab Ende August legte er wieder zu [2].
Die Einführung der Gemeinschaftswährung der EU, des Euro, auf den 1.1.1999 beschäftigte die Medien und auch die Unternehmen des Finanzmarktes während des ganzen Jahres. Grosse kurzfristige Auswirkungen auf die schweizerische Währungspolitik wurden von dieser Neuerung von Fachleuten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft kaum erwartet. Eine Repräsentativumfrage wies jedoch in der schweizerischen Bevölkerung eine recht grosse Skepsis in bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Einheitswährung sowohl in der EU als auch in der Schweiz aus [3].
Das Parlament stimmte der Fortführung der Beteiligung der Schweiz an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen (AKV) des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu. Im Nationalrat passierte die Vorlage allerdings nicht unangefochten. Vor allem die Ratslinke benutzte die Gelegenheit um grundsätzliche Kritik an der Politik des IWF zu üben, der wenig transparent entscheide und bei seinen Vorgaben für die Kreditgewährung an Länder in währungspolitischen Krisenlagen die sozialen Auswirkungen zuwenig berücksichtige. Die Aussenpolitische Kommission ihrerseits warf dem Bundesrat vor, dass er dem Parlament im Bereich der globalen Währungs- und Finanzorganisationen stets nur einzelne Teilstücke und nie eine Gesamtschau vorlege. Die vom Bundesrat beantragte Kompetenz, die Beteiligung an den AKV in Zukunft in eigener Regie vornehmen zu können, lehnte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission ab. Die kleine Kammer schloss sich diesem Entscheid an. Wie im Vorjahr der Nationalrat hiess nun auch der Ständerat den Bundesbeschluss über die Beteiligung der Schweiz am neuen Treuhandfonds des IWF gut (siehe im Detail oben, Teil I, 2, Organisations internationales) [4].
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Auf dem schweizerischen Geldmarkt setzte sich zu Jahresbeginn die rückläufige Entwicklung der Zinssätze fort. Nach einem vorübergehenden leichten Anstieg reduzierten sie sich in der zweiten Jahreshälfte wieder. Einen ähnlichen, aber etwas weniger ausgeprägten Verlauf nahmen auch die Zinssätze für langfristige Anlagen. Die wegen ihrer Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt wichtigen Hypothekarzinsen sanken bei einigen Banken mit 3,75% auf den tiefsten Stand seit 1958 [5].
Die Nettobeanspruchung des schweizerischen Kapitalmarktes stieg noch stärker an als im Vorjahr. Die Nettokapitalaufnahme ausländischer Schuldner war rund doppelt so hoch wie 1997 [6].
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Zum Goldhandel der Nationalbank während des 2. Weltkriegs siehe unten, Banken.
Wie im Vorjahr angekündigt, präsentierte der Bundesrat im Berichtsjahr seinen Entwurf für einen neuen Währungsartikel in der Bundesverfassung. Dieser enthielt gegenüber dem Expertenbericht von 1997 keine Überraschungen. Er sieht vor, dass die rechtlich immer noch bestehende, faktisch aber seit längerer Zeit nicht mehr praktizierte Goldbindung des Schweizer Frankens aufgehoben wird. Der Erlös aus dem nicht mehr für währungspolitische Zwecke benötigten Gold – gemäss einem Gutachten rund die Hälfte des SNB-Bestandes, d.h. 1300 t zu einem heutigen Wert von 18 Mia Fr. – soll nicht von der Nationalbank an Dritte veräussert werden, sondern in deren Besitz bleiben. Nach allfälligem Abzug der für die Solidaritätsstiftung vorgesehenen 7 Mia Fr. sowie eventuellen weiteren Zuwendungen soll er aber extern und ertragsorientiert bewirtschaftet werden. Die Verwendung und den Verteilschlüssel der dabei erzielten Gewinne lässt der Verfassungsartikel offen. Die Erträge aus dem normalen Notenbankgeschäft, welche nicht für die Bildung von Währungsreserven und die Dividendenzahlung an die Kapitaleigentümer gebraucht werden, sollen wie bis anhin im Verhältnis zwei zu eins zwischen Kantonen und Bund verteilt werden. Die faktisch ebenfalls seit Jahrzehnten bestehende Unabhängigkeit der Nationalbank soll neu in der Verfassung explizit erwähnt werden. Die SNB wird aber verpflichtet, den Bundesbehörden und der Öffentlichkeit Rechenschaft über ihre Geld- und Währungspolitik abzulegen. Zudem soll der bisher recht breit formulierte Notenbankauftrag präzisiert werden, indem angegeben wird, dass ihre Politik dem Gesamtinteresse des Landes dienen soll, wobei primär das Ziel der Preisstabilität zu verfolgen sei. Zur Begründung dieser von der SP und den Gewerkschaften, welche auch die Ziele Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung erwähnt haben möchten, in der Vernehmlassung als schlechte monetaristische Geldpolitik kritisierte Vorzugsstellung der Preisstabilität führte der Bundesrat an, dass nach breitem Konsens unter den Wissenschaftern die Geldpolitik langfristig ohnehin nur diese Grösse wirkungsvoll beeinflussen könne [7].
Der Nationalrat befasste sich in der Dezembersession mit der Vorlage. Dabei ergab sich die einigermassen paradoxe Situation, dass das Parlament praktisch gleichzeitig auch den neuen Währungsartikel in der totalrevidierten Bundesverfassung zu verabschieden hatte (Art. 99 BV). Dieser hebt die faktisch ohnehin nicht mehr bestehende Goldbindung des Schweizerfrankens auf. Auf Antrag der Kommission des Ständerates hiessen allerdings beide Räte die Bestimmung gut, dass die Nationalbank einen Teil ihrer Währungsreserven weiterhin in Gold halten muss. Der neue Artikel verankert zudem die Unabhängigkeit der Nationalbank auf Verfassungsebene, er schreibt dieser jedoch – in Übereinstimmung mit dem Nachführungsauftrag der Verfassungstotalrevision – nur allgemein vor, dass ihre Politik den Gesamtinteressen des Landes zu dienen habe [8].
Die Kommissionsmehrheit beantragte, auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision dieses eben erst in der Verfassungsreform verabschiedeten neuen Artikels einzutreten, da sie notwendige Ergänzungen über die Verwendung der nicht mehr benötigten Währungsreserven enthalte und zudem das Ziel der Geld- und Währungspolitik präzisiere. Genau diese Präzisierung lehnte hingegen die SP weiterhin ab. Sie verlangte Rückweisung an den Bundesrat mit der Auflage, die Zielsetzung der Notenbankpolitik in ihrem Sinne zu erweitern. Ihr Antrag wurde von der Fraktion der Grünen unterstützt, unterlag aber mit 114:61 Stimmen. In der Detailberatung lagen zum Zielartikel nicht weniger als vier Anträge von Kommissionsminderheiten vor: einer, der das von der SP gewünschte Zielbündel (Vollbeschäftigung, Wachstum und Preisstabilität) aufnehmen wollte, sowie zwei Kompromissanträge von bürgerlicher und einer von linker Seite, welche in mehr oder weniger verbindlicher Weise forderten, dass die Nationalbank bei der Verfolgung des Preisstabilitätsziels die konjunkturelle Lage berücksichtigen müsse. Alle wurden zugunsten der Version des Bundesrates abgelehnt, der unter anderem auch ins Feld führen konnte, dass die von ihm gewählte Formulierung den Beschlüssen der Europäischen Union über die neue Europäische Zentralbank entspreche. Bei der Berichterstattungspflicht der Nationalbank gegenüber dem Bund und der Öffentlichkeit präzisierte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission, dass mit dem Ausdruck Bund sowohl der Bundesrat als auch die Bundesversammlung gemeint sind.
Analog zum Beschluss anlässlich der Totalrevision der Bundesverfassung schrieb der Nationalrat gegen den Widerstand der SP der Nationalbank vor, dass sie einen, allerdings nicht näher spezifizierten Teil ihrer Reserven in Gold halten müsse. Eine ganze Reihe von Minderheitsanträgen lag zur Frage der Verwendung derjenigen Mittel (sowie deren Erträge) vor, die nach der Aufhebung der Goldbindung nicht mehr für die Reservenbildung benötigt werden. Hier spielte insbesondere auch das im Frühjahr 1997 vom Bundesrat vorgestellte Projekt einer Solidaritätsstiftung hinein, die ja aus einem Teil dieser nicht mehr benötigten Mittel gespiesen werden soll. Klar gegen diese Stiftung richtete sich ein Antrag Baumann (svp, TG), der verlangte, dass diese Gelder vollumfänglich von der Nationalbank in den AHV-Fonds zu überweisen seien. Die SP unterstützte einen Antrag Jans (sp, ZG), der auf Verfassungsstufe festhalten wollte, dass die Erträge dieser Mittel hauptsächlich für die Sozialversicherungen zu verwenden seien; die Zuweisung eines Teils davon an die Solidaritätsstiftung wäre aber nicht ausgeschlossen. Etwas weniger weit ging ein Antrag Rychen (svp, BE), der lediglich festhalten wollte, dass ein Teil der Erträge für die Fort- und Weiterbildung zu verwenden sei, sonst aber dem Gesetzgeber freie Hand lassen wollte. Durchgesetzt hat sich letztlich der von der FDP und der CVP unterstützte Antrag der Kommissionsmehrheit, der den Entscheid über die Frage der Verteilung der Erträge bzw. der Ausgliederung der nicht mehr benötigten Reserven offenliess und ihn der Gesetzgebung zuwies. In der Gesamtabstimmung wurde der neue Währungsartikel mit 95:57 angenommen; die Opposition kam von der SP und der GP, welche damit noch einmal gegen die Zielsetzung der Geld- und Währungspolitik protestierten [9].
Bereits vor dieser Debatte hatte SVP-Nationalrat Blocher (ZH) verkündet, dass er dafür kämpfen werde, den Erlös der nicht mehr benötigten Goldreserven der Nationalbank (von ihm das „Volksvermögen“ genannt) für die AHV und nicht für die Solidaritätsstiftung oder andere Zwecke einzusetzen. Ein Sonderparteitag der SVP beschloss im Juni, eine entsprechende Volksinitiative vorzubereiten [10].
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Banken
Die Grossbankenfusion von SBG und SBV zur UBS vom Dezember des Vorjahres gab auch im Parlament zu reden. Die beiden Ratsbüros integrierten die von der SP-Fraktion verlangte Sondersession zum Thema Unternehmenszusammenschlüsse und Zukunft des Werkplatzes Schweiz in die einwöchige Sondersession zur Beratung der Totalrevision der Bundesverfassung im Januar. Diskussionsthema (Beschlüsse gab es keine zu fassen) war schwergewichtig die Finanzpolitik, wo die SP die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer für Private forderte. In seiner Stellungnahme zu den eingereichten Interpellationen führte der Bundesrat aus, dass nach seiner Einschätzung die Bankenfusion langfristig positive Auswirkungen auf den schweizerischen Finanzmarkt haben werde, da damit eine von ihrer Grösse her international konkurrenzfähige Bank geschaffen werde. Die internationale Verflechtung dieser Bank und deren Grösse berge allerdings auch ein erhöhtes Risiko, weshalb unter Umständen die Bankenkommission als Aufsichtsgremium zu stärken sei. Den Arbeitsplatzabbau, der mit solchen Umstrukturierungen verbunden sei, bedauerte er, gab sich aber überzeugt, dass der Wirtschaftsstandort Schweiz von der Globalisierung profitieren werde [11]. Es ist geplant, den Personalbestand des Sekretariats der administrativ dem EFD unterstellten, aber von den Banken finanzierten Bankenkommission in den nächsten drei Jahren von 60 auf 90 aufzustocken, wovon sich zehn Personen nur den Grossbanken widmen würden [12].
In seiner Antwort auf eine Interpellation Schmid (svp, BE), der sich Sorge um die grössere Krisenanfälligkeit von international tätigen Bankkonzernen machte, erklärte der Bundesrat, dass er nicht vorhabe, staatliche Massnahmen zur Risikoabdeckung von privaten Banken vorzuschlagen. Es seien hingegen Bestrebungen im Gang, für diese global tätigen Institute erhöhte Eigenkapitalanforderungen einzuführen. Die Schweiz unterstütze dieses Anliegen, das sich allerdings, um die Wettbewerbsposition der Schweizer Banken nicht zu verschlechtern, nur im internationalen Rahmen realisieren lasse [13].
Der Bundesrat kam den Forderungen aus Basel, dass die neue UBS ihren Firmensitz sowohl in Zürich als auch in Basel (wo bisher der SBV beheimatet war) haben darf, entgegen. Gestützt auf ein Gutachten einer interdepartementalen Arbeitsgruppe sprach er sich dafür aus, dass ausnahmsweise von der rechtlichen Vorschrift eines einzigen Firmensitzes abgewichen werden kann. Er wies allerdings auch darauf hin, dass der Ort des Hauptsitzes einer Firma weder arbeitsmarkt- noch steuerpolitisch von erheblicher Bedeutung sei. Die Bankleitung hielt sich an die bundesrätliche Empfehlung und beschloss, dass sie ihren Sitz sowohl in Zürich als auch Basel haben werde. Der Entscheid über die Zulassung eines Doppelsitzes kommt allerdings den kantonalen Handelsregisterbehörden zu [14].
Die Fusion erweckte auch die Aufmerksamkeit der Wettbewerbskommission. Da die Gefahr bestehe, dass die neue Grossbank zumindest in einzelnen Geschäftsbereichen und Regionen eine marktbeherrschende Stellung einnehmen werde, ordnete sie eine Untersuchung an. Anfangs Mai bewilligte sie den Zusammenschluss, machte ihre Zustimmung allerdings von einigen Bedingungen abhängig. Da die neue UBS in einigen Regionen der Schweiz mit einem Marktanteil von über 40% im Firmenkundengeschäft eine marktbeherrschende Position innehabe, müsse sie dort insgesamt 25 Bankstellen verkaufen. Zudem müsse sie versuchen, die früher übernommenen Institute Solothurner Bank (ehemalige Kantonalbank) und Banca della Svizzera Italiana wieder abzustossen [15]. Im Juni gaben schliesslich auch die Bankaufsichtsbehörden des wichtigsten Finanzplatzes New York und der USA ihre Zustimmung zur Fusion. Der Entscheid des ersten Gremiums war von einigen Druckversuchen amerikanischer und jüdischer Stellen begleitet gewesen, welche ihn von einem Einverständnis der Banken mit einer Globallösung bezüglich jüdischer Geldforderungen im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg (siehe dazu unten) hatten abhängig machen wollen [16].
Im Nationalrat unternahm Ziegler (sp, GE) einen neuen Versuch zur Abschaffung des staatlich sanktionierten Bankgeheimnisses. Bundesrat Villiger machte den von einem guten Teil der SP-Fraktion unterstützten Motionär einmal mehr darauf aufmerksam, dass bei kriminellen Tatbeständen, die auch in der Schweiz als solche gelten, das Bankgeheimnis aufgehoben ist und zudem auch andere europäische Staaten vergleichbare Regelungen kennen würden. Der Vorstoss wurde vom Plenum mit 75:42 Stimmen abgelehnt. In diesem Zusammenhang gab Villiger auch einen kritischen Kommentar zur Forderung der OECD ab, das Bankgeheimnis nicht nur bei Steuerbetrug, sondern bereits bei Steuerhinterziehung abzuschaffen: einige der europäischen Staaten, welche den internationalen Steuerwettbewerb am lautesten beklagten, würden zu jenen gehören, welche Grossverdiener und Privatfirmen mit Steuervergünstigungen und Subventionen köderten [17].
Im Mai unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Teilrevision des Bankengesetzes. Diese umfasst in einem Teil A die rechtliche Neufassung des Kantonalbankenstatuts (s. unten) und in einem Teil B neue Bestimmungen über die grenzüberschreitende Aufsicht über Banken, Börsen und Effektenhändler. Die internationale Koordination der Aufsicht über die Akteure hat im Zeitalter der fortschreitenden Globalisierung der Finanzmärkte wesentlich an Bedeutung gewonnen. Da es keine supranationale Kontrollbehörde gibt, und die nationalen Aufsichtsorgane oft nicht in der Lage sind, die Aktivitäten der in ihrem Land niedergelassenen Filialen von Konzernen zu beurteilen, sind Bestrebungen im Gang, die international tätigen Finanzunternehmen von ihren Herkunftsländern her verstärkt konsolidiert zu kontrollieren. 1996 hatten in Stockholm Vertreter der Aufsichtsbehörden aus über 140 Staaten folgende drei Arten, Informationen über die Tätigkeit von Auslandniederlassungen von Finanzgesellschaften einzuholen, zum Minimalstandard erklärt: die Aufforderung an die Konzernleitung, Informationen bei ihren ausländischen Niederlassungen zu erheben und an die Aufsichtsbehörde des Stammsitzlandes weiterzuleiten, das Gesuch an die Behörden des Gastlandes, die benötigten Informationen einzuholen und schliesslich – mit dem Einverständnis des Gastlandes – die direkte Erhebung bei der ausländischen Niederlassung (sogenannte Vor-Ort-Kontrolle).
Diese Vor-Ort-Kontrolle durch ausländische Behörden war bisher in der Schweiz nur mit einer Ausnahmebewilligung des Bundesrates zulässig, generell ist sie aber nach Art. 271 StGB als Amtshandlung für einen fremden Staat verboten. Der Bundesrat schlug nun vor, sie unter strengen Bedingungen und ausschliesslich im Rahmen der konsolidierten Aufsicht der Banken und der Effektenhändler zuzulassen. Gleichzeitig soll auch die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) ermächtigt werden, im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht im Ausland Vor-Ort-Kontrollen bei Niederlassungen schweizerischer Finanzgesellschaften durchführen zu dürfen. Die im Gesetz aufgeführten Bedingungen, unter welchen ausländische Behörden in der Schweiz aktiv werden dürfen, sollen sicherstellen, dass diese sich auf die Aufgaben der Bankenaufsicht (namentlich Prüfung der Organisation, der Einhaltung der Eigenmittelvorschriften und der Informationspflichten sowie der Qualität der Geschäftsführung) beschränken und nicht für andere staatliche Instanzen (z.B. die Steuerbehörden) Informationen einholen oder an diese weiterleiten. So schreibt das Gesetz vor, dass sie dem Amtsgeheimnis unterliegen müssen und ihre Informationen nur mit Zustimmung der EBK an Dritte weiterleiten dürfen. Es ist ihnen damit explizit untersagt ihr Wissen an ihre nationalen Strafbehörden mitzuteilen, wenn die internationale Rechtshilfe ausgeschlossen wäre (beispielsweise bei Steuerhinterziehung). In Daten, welche mit den Kapitalbewegungen einzelner Kunden zu tun haben, werden die ausländischen Instanzen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit ohnehin keinen Einblick erhalten. Wenn solche Angaben für die konsolidierte Aufsicht erforderlich sind, sollen sie von der EBK selbst erhoben und weitergeleitet werden [18].
Der Ständerat befasste sich bereits in der Herbstsession mit dem Geschäft und nahm die Vorschläge auf Antrag seiner Kommission ohne Änderungen an [19].
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In derselben Botschaft wie für die Bankenaufsicht (s. oben) legte der Bundesrat auch seine Vorschläge für eine Neudefinition der Kantonalbanken vor. Als Kantonalbanken sollen künftig jene gelten, deren Existenz auf kantonalen Gesetzen beruht und an denen der Kanton mehr als einen Drittel des Kapitals und der Stimmen hält. Über eine Staatsgarantie müssen sie hingegen nicht mehr verfügen. Mit dieser begrifflichen Neubestimmung sollen gleichzeitig auch gewisse Privilegien der Kantonalbanken aufgehoben werden. Unabhängig davon, ob sie über eine Staatsgarantie verfügen, sollen sie der Aufsicht der Bankenkommission unterstellt und in bezug auf Reservebildung und Verantwortlichkeitsbestimmungen den anderen Banken gleichgestellt werden. Kantonalbanken mit Staatsgarantie sollen jedoch weiterhin von einem Rabatt von 12,5% bei den Eigenmitteln profitieren können, da bei ihnen das Risiko vom Staat voll abgedeckt wird. Zudem sollen sie auch nicht der Bewilligungspflicht durch die Bankenkommission unterstehen und ihre Liquidation soll nur vom Kanton und nicht von der EBK angeordnet werden können. Für die Kantonalbanken der Kantone Genf und Waadt (welche zwar eine faktische aber keine formelle Staatsgarantie kennen) und Zug (wo der Kanton nur 20% des Aktienkapitals hält) sollen Übergangsbestimmungen gelten [20].
Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession mit dem Geschäft und hiess es auf Antrag seiner Kommission ohne Änderungen gut [21].
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Gemäss einem Bundesbeschluss von 1962 hatten schweizerische Vermögensverwalter Konten zu melden, die seit Kriegsende nachrichtenlos geblieben waren und bei denen man aufgrund der Namen und des Wohnorts vermuten konnte, dass ihre Inhaber während des 2. Weltkriegs Opfer rassistischer, politischer oder anderer Verfolgung geworden waren. Für einen Teil der aufgrund dieses Beschlusses ermittelten Vermögen konnten damals keine Anspruchsberechtigten gefunden werden. Dieser Rest von rund 3 Mio Fr. war in den siebziger Jahren an den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund und an die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe überwiesen worden. Da in jener Zeit die Suche nach Berechtigten nicht sehr intensiv vorgenommen worden war (im kommunistischen Mittel- und Osteuropa verzichtet man gar auf Nachforschungen, um eventuelle Erben nicht Repressalien auszusetzen), beschloss der Bundesrat jetzt, heute noch eruierbare Berechtigte zu entschädigen. Er publizierte dazu eine Liste mit den Namen und Adressen der seinerzeit nicht ermittelten Konteninhaber und richtete Informations- und Meldestellen ein [22].
Die Sucharbeit des Volcker-Komitees nach nachrichtenlosen Konten bei Schweizer Banken und nach Anspruchsberechtigten wurde im Berichtsjahr fortgesetzt. Im Sommer waren im Auftrag dieses Komitees 375 meist ausländische Revisoren, im Herbst gar deren 420 mit der Überprüfung von Kontenbeständen schweizerischer Banken beschäftigt. Die gesamten Kosten dieser für das Image der Banken als sehr wichtig erachteten Operation wurden auf 150 Mio Fr. geschätzt [23]. Die Ermittlung von Berechtigten für die rund 5000 nachrichtenlosen Konti ausländischer Inhaber, deren Namen die Banken im Vorjahr auf Listen international publiziert hatten, wurde ebenfalls fortgesetzt. Nachdem knapp 10 000 Ansprüche eingegangen waren, konnten von den total 78 Mio Fr. deren 5,5 Mio zugewiesen werden, dabei betrug der Anteil von Geldern von Holocaustopfern weniger als 20% [24].
In seiner Antwort auf Interpellationen der freisinnigen Fraktion im Nationalrat resp. von Beerli (fdp, BE) und Marty (fdp, TI) im Ständerat nahm der Bundesrat im Frühjahr zu den Boykottdrohungen amerikanischer Finanzbehörden gegen Schweizer Banken und andere Unternehmen Stellung. Er wies darauf hin, dass er in einer gemeinsamen Erklärung mit der US-Regierung vom 26. März die Drohungen als ungerechtfertigt und kontraproduktiv verurteilt hatte. Er stellte im weiteren fest, dass sowohl seine Vertreter als auch die US-Regierung die betreffenden amerikanischen Gemeinden und Gliedstaaten über die WTO-Widrigkeit ihrer Sanktionsdrohungen unterrichtet hätten. Da diese das Ende 1997 ausgesprochene Moratorium am 26. März – nach einer Erklärung der Grossbanken, unter Umständen einer Globalentschädigung zuzustimmen – stillschweigend erneuert hätten, verzichte er aber vorläufig auf eine Klage bei der WTO. Die von der FDP angeregten Gegenmassnahmen gegen US-Firmen für den Fall, dass die Boykottdrohungen realisiert würden, lehnte er jedoch als untaugliche Mittel zur Durchsetzung politischer Anliegen ab [25].
Ganz auf Eis gelegt waren die Boykotte allerdings nicht. Im Mai beschloss das Parlament des US-Staates New Jersey ein Gesetz, das die staatlichen Behörden zu einem Boykott schweizerischer Banken verpflichtet; die ursprünglich geplanten Sperren gegen andere schweizerische Unternehmen wurden hingegen fallengelassen (der Senat als Zweitkammer brauchte wegen des Abschlusses einer Globallösung im August (siehe unten) das Gesetz nicht mehr zu beraten). Anfangs Juli, als die Verhandlungen mit den Banken über eine Globallösung ins Stocken gerieten, sprach sich der vom New Yorker Finanzchef Alan Hevesi formierte Ausschuss für eine Aufhebung des Moratoriums aus und gab damit den staatlichen Behörden freie Hand für die Ergreifung von Boykottmassnahmen. Unmittelbar nach diesem Entscheid gaben weitere Finanzchefs von Bundesstaaten und Gemeinden ihre Boykottpläne bekannt, die bis zum Abschluss einer Vereinbarung stufenweise gesteigert werden sollten und z.B. im Falle der Stadt New York auf alle schweizerischen Firmen ausgedehnt worden wären. Bundespräsident Cotti forderte darauf US-Präsidenten Clinton in einem „persönlichen Brief“ auf, sich gegen diese angedrohten Massnahmen einzusetzen [26].
Bereits im Frühjahr, als sich ein Globalabkommen zwischen den jüdischen Organisationen und den Sammelklägern einerseits und den Schweizer Grossbanken andererseits abzuzeichnen begann, hatten Bundesrat und Nationalbank erklärt, dass sie, entgegen den Forderungen der amerikanischen Kläger, keine Veranlassung sähen, sich an diesem Abkommen zu beteiligen [27]. Erste konkretere Verhandlungen über diese Globalentschädigung – an denen spätestens ab Juli auch US-Unterstaatssekretär Eizenstat mitwirkte – fanden im April statt. Im Juni machten die Banken ein erstes Angebot von 600 Mio US$ publik, das von den jüdischen Organisationen sogleich als absolut ungenügend zurückgewiesen wurde. Diese forderten eine Summe 1,5 Mia US$ und gaben zu verstehen, dass damit für sie auch die „moralische Schuld“ der Schweiz und der Nationalbank getilgt wären [28].
Als sich die beiden Seiten bei weiteren Verhandlungen anfangs Juli nicht einigen konnten, erhöhte die amerikanische Seite den Druck mit der oben dargestellten Wiederbelebung der Boykottdrohungen. Die Banken blieben vorerst bei ihrem Angebot und die Verhandlungen gingen, begleitet von viel an das breite Publikum gerichtete Rhetorik und Polemik von seiten der amerikanischen Organisationen und Anwälte weiter. Nach zähen Verhandlungen unter dem Vorsitz von Edward Korman, des für die Sammelklagen gegen die UBS (als Nachfolgerin des SBV und der SGB) und die Crédit Suisse zuständigen New Yorker Richters, kam es am 12. August zu einer Einigung. Die Beteiligten unterzeichneten ein Abkommen, welches die beiden Grossbanken zur Bezahlung von 1,32 Mia US$ in vier über drei Jahre verteilte Raten verpflichtet. Diese Summe setzt sich zusammen aus einer Pauschalzahlung von 850 Mio (wobei die Banken auf Solidaritätsbeiträge der Schweizer Industrie hoffen) und die bereits geleistete Einlage in den Spezialfonds für Holocaustopfer (70 Mio). Eingeschlossen sind aber auch die Gelder, die im Rahmen der Suchaktion des Volker-Komitees (siehe oben) aufgespürt werden. Dieser Betrag wird inkl. Zinsen und Entschädigungen auf rund 400 Mio US$ geschätzt. Explizit eingeschlossen in diesem Vergleich der Banken mit den jüdischen Organisationen und den Anwälten der Sammelkläger sind sämtliche Forderungen gegenüber den Schweizer Behörden, der Nationalbank und der Wirtschaft mit Ausnahme der Versicherungsgesellschaften. Ebenfalls in diesem Betrag enthalten sind sämtliche Anwaltskosten der Kläger [29].
Den Vorschlag der Grossbanken, dass sich neben der Industrie auch die Nationalbank an der Globalentschädigung beteiligen solle, lehnte nicht nur diese, sondern auch sämtliche politischen Parteien kategorisch ab [30]. Parlamentarier der SP und der Grünen regten im Nationalrat mit Interpellationen an, es den Banken zu verbieten, die Auslagen für diese Globallösung von ihrem steuerbaren Reingewinn abzuziehen. Der Bundesrat lehnte dieses Ansinnen als illegal und auch von der Sache her nicht gerechtfertigt ab [31].
Wachmann Christoph Meili, der im Vorjahr aus dem Shredderraum der UBS Dokumente geholt hatte und in der Folge von der Bewachungsfirma entlassen worden war, verklagte die UBS bei einem Gericht in New York wegen Verleumdung, Diskriminierung, Erzeugung von Qualen und anderer Delikte auf einen Schadenersatz von 2,56 Mia US$. Mit der Globallösung war auch diese Klage erledigt; die Höhe der an Meili gehenden Zahlung war nicht bekannt [32].
Ende Mai veröffentlichte die Kommission Bergier einen Zwischenbericht zum Goldhandel der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs. Er bestätigte die wichtige Rolle der Schweizerischen Nationalbank bei den Goldverkäufen Deutschlands, brachte aber keine aufsehenerregenden neuen Erkenntnisse. Eine Präzisierung brachte der Bericht in bezug auf den Umfang der von der Deutschen Reichsbank gekauften Goldbarren, die nachweislich, aber ohne dass die SNB dies damals erkennen konnte, von Opfern des Holocaust stammten. Deren Wert betrug gemäss den Erkenntnissen der Bergier-Kommission 582 000 Fr. [33]. Dieser Zwischenbericht bestätigte allerdings die jüdischen Organisationen, aber auch US-Unterstaatssekretär Eizenstat in ihrer Haltung, dass sich die SNB an der Globallösung der Banken beteiligen müsse. Ende Juni reichten amerikanische Anwälte, welche bereits Sammelklagen gegen die Schweizer Grossbanken eingereicht hatten, beim Bundesbezirksgericht in Washington zudem auch eine solche gegen die Schweizerische Nationalbank ein. Die Nationalbank ihrerseits stritt die im Bericht erwähnten Handlungen nicht ab, kritisierte jedoch die Bergier-Kommission, weil sie es unterlassen habe, neben der historischen und politischen Analyse auch eine ökonomische vorzunehmen. Diese hätte unter anderem berücksichtigen müssen, dass der Spielraum der damaligen SNB-Leitung auch durch die Blockierung ihrer Guthaben in den USA eingeengt worden sei [34].
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Die Schweiz trat auf ein Rechtshilfegesuch Äthiopiens ein, welches gegen den ehemaligen Regierungschef Tamirat Layne wegen Unterschlagung ermittelt. Die Genfer Staatsanwaltschaft liess in diesem Zusammenhang Konten Laynes und ihm nahestehender Personen auf einer Genfer Bank im Umfang von rund 12 Mio Fr. sperren. Das Bundesgericht lehnte im September den von einer der Betroffenen angefochtenen Entscheid des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP) ab, die Guthaben sofort den äthiopischen Behörden zu überweisen. Die Bankdokumente würden zwar übermittelt, aber für eine Überweisung der Gelder müssten die äthiopischen Behörden zuerst ein in einem korrekten Verfahren zustandegekommenes Gerichtsurteil vorlegen [35].
Die Affäre um die Rückführung der in der Schweiz seit mehr als einem Jahrzehnt blockierten Vermögenswerte des philippinischen Ex-Präsidenten Marcos näherte sich ihrem Abschluss. Zu Jahresbeginn publizierte das Bundesgericht seinen Entscheid über die Überweisung von weiteren rund 540 Mio Fr. auf ein Sperrkonto in Manila. Das BAP wurde vom Gericht angewiesen, die Überweisung vorzunehmen, wenn die philippinischen Behörden die Erfüllung der schweizerischen Bedingungen (insbesondere Garantie für die Durchführung eines ordentlichen Prozesses zur Einziehung und Verteilung sowie Berichterstattung über die Entschädigungen für Folteropfer) zusichern. Nachdem das BAP die Zusicherungen akzeptiert hatte, wurden auf seine Weisung die Gelder in zwei Tranchen im April und, nachdem das Bundesgericht noch die letzten dagegen eingereichten Beschwerden abgelehnt hatte, im Juli in die Philippinen überwiesen [36].
Im Zusammenhang mit der im Vorjahr durchgeführten Suche nach Vermögenswerten des ehemaligen zairischen Staatschefs Mobutu sprach die EBK eine Rüge gegen eine Bank aus, welche derartige Konten zuerst verschwiegen hatte. Da die Bank den Verantwortlichen entlassen und zudem organisatorische Massnahmen eingeleitet hatte, sah die Bankenkommission von schärferen Sanktionen ab. Sie kündigte an, dass sie beabsichtige, den Umgang mit Geldern von ausländischen Amtsinhabern im Rahmen einer Revision der Geldwäschereirichtlinien expliziter zu kodifizieren [37]. Die Vermögenswerte Mobutus (rund 6 Mio Fr. auf Konten und eine Villa) blieben weiterhin gesperrt, da die Behörden des Kongo der wiederholten Aufforderung des BAP, nähere Informationen über den Zusammenhang dieser Werte mit den Mobutu vorgeworfenen Delikten zu liefern, nicht nachgekommen waren [38].
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Versicherungen
Bundesrat Koller beauftragte das Bundesamt für Privatversicherungen, eine umfassende Revision der versicherungsrechtlichen Bestimmungen in die Wege zu leiten. Angestrebt wird eine Anpassung an das EU-Recht und damit eine weitere Deregulierung dieses Wirtschaftsbereichs. So soll unter anderem die im Krankenzusatz- und Lebensversicherungsmarkt noch bestehende Genehmigungspflicht für Produkte und Tarife abgeschafft werden. Generell soll die staatliche Aufsicht von der Kontrolle der Angebote und Preise der Versicherer auf eine Überprüfung ihrer finanziellen Verhältnisse verlagert werden. Im September ging ein entsprechendes Vorprojekt in die Vernehmlassung. Dieses enthält neben den erwähnten Neuerungen auch eine Verbesserung der Stellung der Kunden. Diese sollen in Zukunft vor Vertragsabschluss vollständig und schriftlich über die Vertragsbestimmungen orientiert werden. Damit wäre der telefonische Abschluss von Verträgen nicht mehr zugelassen [39].
Analog zur Situation bei den Banken steuerte der Konflikt zwischen jüdischen Organisationen und amerikanischen Versicherungsaufsichtsbehörden einerseits und europäischen Versicherungskonzernen (darunter auch drei schweizerische) andererseits über allfällige nach dem zweiten Weltkrieg nicht honorierte Versicherungspolicen von Holocaust-Opfern auf eine Globallösung zu. Im April einigten sich einige Versicherungen (darunter die Zürich-Versicherung) mit der Gegenseite auf eine Absichtserklärung, nach dem Vorbild der Volcker-Kommission ein internationales Expertengremium zur Kontrolle der Suche der Versicherungen nach nicht eingelösten Policen und Anspruchsberechtigten zu schaffen und einen Fonds zur globalen Entschädigung der Opfer zu bilden. Im August schlossen sich weitere europäische Versicherungsgesellschaften (darunter auch die Bâloise und Winterthur) diesem Vorgehen an. Anfangs Jahr waren diese beiden schweizerischen Gesellschaften in den USA massiv kritisiert worden, weil sie sich geweigert hatten, ihre Archive für die amerikanischen Aufsichtsbehörden zu öffnen und diese auf den Rechtsweg via schweizerische Aufsichtsorgane verwiesen hatten. Zum Vorsitzenden der 13köpfigen Kommission wurde im Oktober der ehemalige amerikanische Aussenminister Lawrence Eagleburger bestimmt. Kurz darauf gab das Komitee bekannt, dass sich sechs Versicherungen (darunter die drei schweizerischen) verpflichtet hatten, in den in der Absichtserklärung enthaltenen Hilfsfonds einen Betrag von 90 Mio US$ einzuzahlen. Analog zum Geschehen bei den Banken hatten auch hier amerikanische Bundesstaaten die Kläger mit Sanktionsdrohungen gegen die europäischen Versicherungen unterstützt. So hatten die Staaten New York und Florida Gesetze verabschiedet, die ihren Versicherungsaufsichtsbehörden Strafmassnahmen gegen nicht kooperationswillige Firmen erlaubt [40].
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Weiterführende Literatur
Brunetti, Aymo / Hefeker, Carsten, „Soll der Schweizer Franken an den Euro gebunden werden?“, in Aussenwirtschaft, 53/1998, S. 511-538.
Gerster, Richard, „Der Internationale Währungsfonds und nachhaltige Entwicklung: Institutionelle Voraussetzungen und wirtschaftliche Implikationen“, in Aussenwirtschaft, 53/1998, S. 347-361.
Rich, Georg / Boller, Guido, „Euro: Auswirkungen auf den Finanzplatz Schweiz“, in Die Volkswirtschaft, 1998, Nr. 11, S. 10-14.
Ungern-Sternberg von, Thomas, Reformbedürftige Nationalbank: Neue Impulse für eine alte Institution, Chur 1998.
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Amy, Thierry, Entraide administrative internationale en matière bancaire, boursière et financière: en droit suisse, européen et international, Zurich 1998.
Bauer, Hans, Swiss banking: an analytical history, London (Macmillan) 1998.
Mueller, Peter, Wegleitung zum schweizerischen Bankgeheimnis: Grundlagen, Rechtshilfe, Ausblick, Zürich 1998.
Spieker, Christian, Strukturwandel und Fusionen im Schweizer Regionalbankensektor, Bern (Haupt, Diss. Basel) 1998.
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[1] SNB, Jahresbericht, 91/1998, S. 31 ff.; NZZ, 12.12.98.1
[2] SNB, Jahresbericht, 91/1998, S. 26.2
[3] Fachleute: Siehe dazu etwa einen Bericht des EFD (NZZ, 23.6.98), NZZ, 30.6.98 sowie Lit. Rich/Bohler. Umfrage: Petra Huth / Claude Longchamp, „Die Schweiz und die ‘Euro-Phorie’“, in Die Volkswirtschaft, 1998, Nr. 7, S. 24 ff.3
[4] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 311 f., 800 f. (AKV) und 309 f. (Treuhandfonds); Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1339 ff. Vgl. SPJ 1997, S. 81 f. und Lit. Gerster.4
[5] SNB, Jahresbericht, 91/1998, S. 26. Hypotheken: BüZ, 13.10.98.5
[6] SNB, Jahresbericht, 91/1998, S. 28.6
[7] BBl, 1998, S. 4007 ff.; Presse vom 28.5.98. Vgl. SPJ 1997, S. 119 f. Zur Vernehmlassung siehe auch NZZ, 5.2.98. Die SNB und das EFD gaben bekannt, dass die Ertragserwartungen der SNB erlauben würden, die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone ab 1999 von 600 Mio Fr. auf 1,5 Mia zu erhöhen (NZZ, 9.4.98).7
[8] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 241 f.; Amtl. Bull. NR, 1998, S. 973 ff.; BBl, 1999, S. 166 ff.8
[9] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2721 ff.; Presse vom 17.12. und 18.12.98. Im Anschluss an diese Beratungen konnte die parl. Initiative Ledergerber (sp, ZH) aus dem Vorjahr als erfüllt resp. eine Motion der SVP-Fraktion, welche sich mit dem verworfenen Antrag Baumann deckte, als abgelehnt abgeschrieben werden (Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2759 f. resp. 2758 f.). Vgl. zur Verwendung der nicht mehr benötigten Währungsreserven auch die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Blocher (svp, ZH) in Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2305. Zur parl. I. Ledergerber siehe SPJ 1997, S. 119. Zur Solidaritätsstiftung siehe oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen).9
[10] TA, 16.1.98 (Blocher); BaZ, 2.6.98 (SVP).10
[11] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 82 ff.; Amtl. Bull. NR, 1998, S. 155 ff. Zur Kapitalgewinnsteuer siehe unten, Teil I, 5 (Direkte Steuern).11
[12] SHZ, 25.2.98; Bund, 22.4.98.12
[13] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1604.13
[14] NZZ und BaZ, 20.1.98; BaZ, 22.1. und 31.1.98. Vgl. auch SPJ 1997, S. 121 f. Die Aktionäre von SBG und SBV stimmten der Fusion ohne nennenswerten Widerstand zu (Presse vom 4.2. und 5.2.98).14
[15] TA, 3.2.98; NZZ, 11.4.98; Presse vom 6.5.98.15
[16] NZZ, 4.6. und 9.6.98; Presse vom 5.6.98.16
[17] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1715 ff.17
[18] BBl, 1998, S. 3847 ff.; NZZ, 28.5.98.18
[19] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 905 ff.19
[20] BBl, 1998, S. 3847 ff. Vgl. SPJ 1997, S. 122.20
[21] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 905 ff.21
[22] BBl, 1999, S. 470 ff.; TA, 19.11.98.22
[23] Bund, 26.6. und 25.9.98. Vgl. SPJ 1997, S. 124.23
[24] TA, 19.11.98. Vgl. SPJ 1997, S. 125 f.24
[25] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1619 f.; Amtl. Bull. StR, 1998, S. 546 ff. Vgl. dazu auch die Antwort des BR auf Interpellationen von Schlüer (svp, ZH) und Bonny (fdp, BE) in Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2243 ff. resp. 2933.25
[26] Moratorium: Presse vom 26.3.-28.3.98. Aufhebung: NZZ, 2.7. und 3.7.98; Presse vom 3.7.98; Bund, 4.7.98; Presse vom 23.7.98 (Cotti). New Jersey: TA, 4.3. und 18.5.98; NZZ, 19.5. und 20.5.98; Bund, 30.6.98; LT, 7.9.98. Zum Hevesi-Ausschuss siehe SPJ 1997, S. 126 f. Der Präsident der SD, NR Keller (BL), reagierte auf die Boykottbeschlüsse mit einem Aufruf, amerikanische und jüdische Unternehmen zu boykottieren, was ihm eine Strafanzeige wegen Verstoss gegen das Anti-Rassimusgesetz eintrug (NLZ, 4.7.98; siehe oben, Teil I, 1c, Parlament).26
[27] NZZ, 4.4.98; LT, 8.4.98.27
[28] Presse vom 27.4.98 (erste Verhandlungen); NZZ, 12.6.98 und Presse vom 20.6.98 (Bankenangebot); LT, 27.6.98 (1,5 Mia US$).28
[29] LT, 17.7.98; Presse vom 13.8.-15.8.98. Zur Zusammensetzung des Betrags und zum weiteren Verfahren siehe Bund, 14.8.98; BaZ, 15.8.98; NZZ, 29.8.98. Amerikanische Anwälte haben im Laufe des Berichtsjahres auch gegen deutsche und österreichische und sogar gegen zwei amerikanische Banken Sammelklagen von Überlebenden des Holocaust eingereicht (NZZ, 7.10. und 2.11.98).29
[30] BaZ, 14.8. und 20.8.98; BZ, 18.8.98; Presse vom 22.8.9830
[31] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2926 f. und 2927 ff. (Interpellationen Ostermann, gp, VD und de Dardel, sp, GE).31
[32] TA, 15.1. und 14.8.98; Bund, 19.1.98. Zu Meili siehe SPJ 1997, S. 123 f.32
[33] Presse vom 26.5.98.33
[34] Beteiligung der SNB an der Globallösung: LT, 23.7.98 sowie oben. Sammelklage: Presse vom 1.7.98 (diese ist mit dem Globalabkommen vom August gegenstandslos geworden). SNB: NZZ, 19.1.98; Bund, 31.7.98; vgl. auch die ähnliche Kritik des Lausanner Wirtschaftsprofessors Lambelet in NZZ, 31.7. und 9.12.98 sowie die Replik in NZZ, 10.10.98. Grundsätzlich zum Instrument der Sammelklage siehe NZZ, 4.4. und 27.6.98.34
[35] TA, 19.1. und 22.12.98; NZZ, 21.1., 4.4. (BAP) und 11.9.98 (BG).35
[36] NLZ, 16.1.98 (BG); NZZ, 20.1., 27.1., 16.4. (BAP), 16.6. (Abweisung der letzten Beschwerden) und 21.7.98 (letzte Überweisung); Bund, 21.4.98. Vgl. SPJ 1997, S. 129.36
[37] BaZ, 12.2.98. Vgl. SPJ 1997, S. 128.37
[38] Bund, 12.5.98. Zum Stand des Rechtshilfeverfahrens Mobutu siehe auch Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1606 ff.38
[39] SHZ, 27.5.98; NZZ und LT, 17.9.98.39
[40] TA, 11.4. , 15.8., 27.8. und 17.9.98; NZZ, 27.8. und 22.10. (Absichtserklärung und Komitee) sowie 13.11.98 (Fonds); Bund, 17.2.98 und TA, 18.2.98 (Kritik an Gesellschaften); TA und NZZ, 10.7.98 (Sanktionen). Vgl. SPJ 1997, S. 129.40
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