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Wirtschaft
Allgemeine Wirtschaftspolitik
Die schweizerische Wirtschaft blieb auf dem Wachstumspfad. – Das Parlament verabschiedete eine Vorlage zur Förderung von Risikokapitalanlagen, welche allerdings gegenüber dem ursprünglichen Projekt stark zusammengestrichen worden ist. – Das Parlament stimmte einem Rahmenkredit für Werbeausgaben für den Schweizer Tourismus zu. – Der Nationalrat hiess die Revision des Konsumkreditgesetzes gut und lehnte dabei die meisten Verschärfungsanträge der Linken ab.
 
Die Fusionswelle von Grossfirmen beschäftigte auch im Berichtsjahr das Parlament. Der Sozialdemokrat Chiffelle (VD) hatte mit einer parlamentarischen Initiative beantragt, sich zusammenschliessende Aktiengesellschaften mit einer Sondersteuer zu belegen. Diese Abgabe mit einem variablen Steuersatz würde nach Ansicht des Initianten einerseits Fusionen verhindern und andererseits den Staat für entgangene Gewinnsteuern infolge von steuerlich verrechenbaren Umstrukturierungskosten entschädigen. Der Nationalrat lehnte den von der geschlossenen SP-Fraktion unterstützten Vorschlag ab. Ebenfalls erfolglos blieb eine Motion der SP-Fraktion, welche verlangte, dass der Bund bei Fusionen und anderen Umstrukturierungen in der Privatwirtschaft den Unternehmen vorschreiben kann, dass in den von Entlassungen betroffenen Betrieben neue Arbeitszeitmodelle (z.B. Viertagewoche) eingeführt werden [1].
Konjunkturlage
Die schneller als erwartet eintretende Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise in Ostasien wirkte sich, zusammen mit dem unverändert anhaltenden Boom in den USA, positiv auf den Konjunkturverlauf in den westlichen Industriestaaten aus. In den meisten dieser Länder belebten sich die Exporte und auch die Investitionstätigkeit. Das reale Bruttoinlandprodukt der OECD-Staaten nahm im Mittel um 2,8% zu (1998: 2,4%). Über diesem Durchschnitt lagen die Wachstumsraten in den USA, wo zum dritten aufeinanderfolgenden Mal die reale Wachstumsrate die 4%-Marke überstieg. Japan verzeichnete nach dem Rückgang im Vorjahr wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum, das sich allerdings zu einem guten Teil auf staatliche Förderungsprogramme stützte. Im EU-Raum fiel die reale wirtschaftliche Wachstumsrate infolge einer Abschwächung im ersten Halbjahr mit 2,1% etwas tiefer aus als 1998 (2,7%). In den mittel- und osteuropäischen Reformstaaten und in Russland schwächte sich das Wachstum wieder ab. Auslöser dafür war primär die verschärfte Finanzpolitik, welche nach den Finanz- und Währungskrisen des Vorjahres erforderlich geworden war. Immerhin gelang es damit auch, die starke Inflation abzubremsen. Die lateinamerikanischen Länder verspürten weiterhin die Auswirkungen der sinkenden Rohstoffpreise sowie der Erschütterungen der eigenen Finanz- und Währungssysteme und entwickelten sich unterschiedlich.
Die Inflationsrate nahm, vor allem wegen der Preiserhöhungen für Erdöl, gegen Jahresende wieder etwas zu. Im Jahresmittel lag sie allerdings in den EU-Staaten mit durchschnittlich 1,2% tiefer als im Vorjahr; in den USA fiel sie mit 2,2% etwas höher aus. Die Beschäftigungslage verbesserte sich in den meisten Industriestaaten; eine wichtige Ausnahme bildete Japan, wo der Stellenabbau infolge von Restrukturierungsmassnahmen anhielt. Die Arbeitslosigkeit sank in den USA mit einer Quote von 4,0% auf den tiefsten Stand seit 1970. In der EU bildete sie sich auf durchschnittlich 9,2% zurück [2].
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Die schweizerische Konjunktur erholte sich rasch von der im zweiten Halbjahr 1998 infolge der Ostasienkrise eingetretenen Abschwächung. Das reale Bruttoinlandprodukt nahm, gemäss ersten Schätzungen, wegen der bis ins erste Halbjahr anhaltenden Wachstumsverlangsamung mit 1,7% etwas weniger stark zu als im Vorjahr (2,1%). Die Exporte vermochten wieder wichtige Wachstumsimpulse auszulösen. Die Ausrüstungsinvestitionen expandierten etwas schwächer als 1998, hingegen nahmen die Bauinvestitionen, die im Vorjahr noch stagniert hatten, erstmals seit vier Jahren wieder zu. Der private Konsum blieb mit einer Wachstumsrate von 2,2% weiterhin eine wichtige Konjunkturstütze. Keine positiven Impulse gingen hingegen von den im Zeichen von Haushaltsanierungen stehenden staatlichen Ausgaben aus. Die reale Wachstumsrate der Güterexporte erreichte mit 4,4% nahezu den Vorjahresstand. Stark expandierten namentlich die Ausfuhren in den ostasiatischen Raum und in die USA. Bei den Güterimporten reduzierte sich die reale Wachstumsrate von 9,4% auf 5,3%. Die Handelsbilanz schloss nach dem Defizit im Vorjahr wieder mit einem Überschuss (0,7 Mia Fr.) ab. Der Aktivsaldo der Dienstleistungsbilanz erhöhte sich nach ersten Schätzungen auf 21,3 Mia Fr. Da namentlich auch die Kapitaleinkommen aus dem Ausland stark anwuchsen, ergab sich eine kräftige Steigerung des Ertragsbilanzüberschusses. Dieser stieg gemäss ersten Schätzungen von 34,6 Mia auf 43,9 Mia Fr. [3].
Die Entspannung der Lage auf dem Arbeitsmarkt setzte sich im Berichtsjahr fort, wenn auch in leicht abgeschwächter Form. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm im Jahresmittel um 1,1% zu. Für dieses Wachstum war wie bereits in den Vorjahren die Nachfrage nach Arbeitskräften im Dienstleistungsbereich (+1,4%) verantwortlich, während im 2. Sektor immerhin kein weiterer Rückgang zu verzeichnen war. Im Baugewerbe setzte sich die Erholung fort und die Zahl der Beschäftigten nahm erneut leicht zu (0,6%). Gemäss der jeweils im zweiten Quartal durchgeführten Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) war die Steigerungsrate bei den Teilzeitangestellten erneut ausgeprägt, die Zahl der Vollzeitbeschäftigten war hingegen zum Messzeitpunkt etwas kleiner als ein Jahr zuvor. Die Erwerbsquote hat sich laut SAKE in den letzten zehn Jahren bei den Männer leicht reduziert (von 91,1% auf 89,6%) und war bei den Frauen, namentlich infolge der wachsenden Bedeutung der Teilzeitarbeit, kräftig angewachsen (von 70,6% auf 74,5%). Bei beiden Geschlechtern lag sie über dem Mittelwert der EU. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen reduzierte sich kontinuierlich von 125 883 im Januar auf 91 041 im Dezember (nicht saisonbereinigte Werte). In dieser Zahl sind allerdings die in Weiterbildungs- und Arbeitsprogrammen integrierten Arbeitslosen nicht enthalten. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ging im Jahresmittel auf 2,7% zurück, im Dezember betrug sie noch 2,5% (Dezember 1998: 3,2%). Diese Quote war in allen Landesteilen rückläufig, lag aber in der französischsprachigen Schweiz und im Tessin mit 4,0% resp. 4,4% immer noch deutlich über derjenigen der Deutschschweiz (2,2%). Der Anteil der Ausländer an den Arbeitslosen betrug im Jahresmittel 48% und blieb damit gegenüber 1998 unverändert. Die für internationale Vergleiche konzipierte SAKE des Bundesamtes für Statistik wies im 2. Quartal 1999 eine Arbeitslosenquote von 3,1% aus (1998: 3,6%) [4].
Die am Landesindex der Konsumentenpreise gemessene Teuerung nahm 1999 im Jahresmittel um 0,8% zu. Gemäss einer Schätzung des BfS waren 0,3 Prozentpunkte dieser Steigerung auf die auf Jahresbeginn erfolgte Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 6,5% auf 7,5% zurückzuführen. Der Preisindex der Produzenten- und Importpreise war im Berichtsjahr erneut für beide Kategorien rückläufig (-1,0% resp. -2,2%) [5].
Der Ständerat überwies einstimmig eine Motion Cottier (cvp, FR), welche verlangt, dass in Zukunft der Konsumentenpreisindex für verschiedene soziale Gruppen wie Alleinerziehende, Pensionierte etc. separat erhoben wird, um den unterschiedlichen Verbrauchsstrukturen dieser Haushalte Rechnung zu tragen. Damit stellte sich der Rat hinter das Bundesamt für Statistik, das in der für das Jahr 2000 geplanten Revision des Indexes eine entsprechende Aufteilung vorsieht und sich dabei auf einen Expertenbericht abstützen kann [6].
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Strukturpolitik
Die bilateralen Verträge mit der EU werden in Zukunft den grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Wettbewerb fördern. So werden Gewerbebetriebe neunzig statt nur acht Tage pro Jahr genehmigungsfrei jenseits der Grenze arbeiten dürfen. Namentlich in Regionen, wo im benachbarten Ausland wesentlich tiefere Löhne bezahlt werden (Westschweiz, Tessin), wuchs deshalb die Angst um die Erhaltung der einheimischen Kleinunternehmen und ihrer Arbeitsplätze. Der jurassische Nationalrat Lachat (cvp) verlangte mit einer Motion vom Bundesrat zusätzliche regionalpolitische Interventionen zugunsten dieser Regionen. Insbesondere forderte er vom Bund Mithilfe beim Ausbau der Infrastrukturen und des Bildungsangebots, sowie eine Verlagerung von Bundesstellen in diese Gebiete. Der Bundesrat stellte in seiner Antwort die positiven Auswirkungen der verstärkten Konkurrenz, von welcher auch Firmen in den Grenzregionen profitieren würden, in den Vordergrund. Seiner Ansicht nach drängen sich zusätzlich zu den vom Parlament beschlossenen flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping und den bestehenden Regionalförderungsprogrammen wie Investitionshilfegesetz, Regio plus oder INTERREG keine neuen Massnahmen auf. Auf seinen Antrag wurde der Vorstoss als Postulat überwiesen [7].
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Der Bundesbeschluss zur Förderung von Risikokapitalanlagen kam im Rahmen der Differenzbereinigung zuerst vor den Nationalrat. Dieser konnte sich mit der vom Ständerat vorgenommenen Zusammenstutzung nicht einverstanden erklären. Auf Antrag seiner Kommission hielt er ohne Gegenstimmen am Grundprinzip fest, dass die Geldgeber mit steuerlichen Anreizen zu Investitionen in Risikokapitalanlagen ermuntert werden sollen. Da die kleine Kammer an ihrer Version festhielt, reduzierte der Nationalrat sein Projekt weiter. Er beschloss, dass wenigstens diejenigen Investoren in neue innovative Unternehmen mit international vermarktbaren Produkten von Steuernachlässen sollen profitieren können, welche sich mit nachrangigen Darlehen bereits in der Vorbereitungsphase einer Unternehmensgründung beteiligen (sogenannte „business angels“). Nachdem der Ständerat diesem Antrag zugestimmt hatte, konnte der Bundesbeschluss über Risikokapitalgesellschaften verabschiedet werden [8]. Der Nationalrat überwies in diesem Zusammenhang auch eine Motion, welche vom Bundesrat verlangt, nach Konsultation mit den Kantonen Massnahmen zu treffen, damit diese neuen Bestimmungen auch ins Steuerrecht der Kantone übernommen werden [9].
Der Ständerat hatte anlässlich seiner Beratungen dieser Vorlage eine Motion und ein Postulat für die Erleichterung von Unternehmensgründungen verabschiedet. Die von seiner WAK eingereichte Motion, welche auch vom Nationalrat überwiesen wurde, verlangt Erleichterungen im Steuerrecht (Besteuerung von Optionsrechten erst im Zeitpunkt der Ausübung), eine Reduktion des minimalen Nennwerts von Aktien und die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform („limited partnership“). Das Postulat nahm den Beschluss des Nationalrats für die Steuerbegünstigung von „business angels“ auf und regte zudem eine Lockerung der Anlagevorschriften für Pensionskassen und des AHV/IV-Fonds bezüglich Anlagen in Risikokapital an [10].
In den Jahren 1995 bis 1997 hatte das Parlament den Bundesrat mit einer Reihe von Vorstössen beauftragt, sich mit dem Problem der Überbelastung der KMU durch neue Gesetze und administrative Vorschriften auseinanderzusetzen. Die Regierung antwortete im Berichtsjahr mit einer Darstellung der Massnahmen, welche in den letzten Jahren zugunsten einer Beschleunigung resp. einem Abbau der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren für die KMU eingeleitet oder realisiert worden sind. Der Bundesrat publizierte zudem, in Erfüllung eines Postulats David (cvp, SG) die bereits im Vorjahr hier erwähnten Studien zu den von der Bundesgesetzgebung vorgeschriebenen für die Wirtschaft relevanten Verfahren [11]. Zur parlamentarischen Behandlung der Vereinfachung des Plangenehmigungsverfahrens siehe unten, Teil I, 6d (Législation).
Nicht wenige KMU hatten in den Jahren der Rezession unter ernsthaften Problemen bei der Kreditbeschaffung gelitten. Als Gegenmassnahme schlug die SP-Fraktion mit einer Motion vor, eine staatliche Bank für KMU zu schaffen. Der Bundesrat teilte zwar die Lageeinschätzung, dass die im Rahmen der Internationalisierung erfolgte Neuorientierung der Geschäftspolitik der Grossbanken die Position der KMU auf dem Kreditmarkt erschwert hat. Die Gründung einer Bundesbank lehnte er aber aus ordnungspolitischen Gründen ab. Es sei nicht Sache des Staates, über die Kreditwürdigkeit von privaten Unternehmen und ihrer Projekte zu urteilen und die daraus entstehenden Risiken zu tragen. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation und war auch nicht bereit, den Vorstoss wenigstens in Postulatsform zu überweisen [12].
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Zu regionalpolitischen Forderungen in Bezug auf die Vergabe von Bundesaufträgen siehe oben, Teil I, 1c (Verwaltung); zur Alpenkonvention siehe unten, Teil I, 6d (Protection des sites) [13].
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Im Mai legte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über die Finanzhilfe an den Schweizer Tourismus für die Jahre 2000 bis 2004 vor. Der vorgesehene Betrag wurde im Vergleich zur ablaufenden Fünfjahresperiode um 22 Mio Fr. auf 190 Mio Fr. aufgestockt. Damit sollen vermehrte Werbeanstrengung zur Zurückeroberung verlorener Marktanteile finanziert werden. Die Bundeshilfe bewegt sich damit etwa im Rahmen derjenigen von Ländern wie Belgien und Holland, erreicht aber nur etwa die Hälfte der österreichischen Subventionen. Beide Parlamentskammern hiessen den Beschluss gut. Im Ständerat, wo es keine grundsätzliche Kritik gab, beantragte die Kommissionsmehrheit gar, den Beitrag um weitere 30 Mio auf 220 Mio Fr. aufzustocken. Sie unterlag damit aber mit 19:15 Stimmen. Im Nationalrat war Eintreten ebenfalls unbestritten. Die SP übte jedoch heftige Kritik an diesem „klassischen Strukturerhaltungs-Subventionsprogramm“ (Votum Strahm, sp, BE). Sie stellte den Antrag, nur die ersten beiden Jahrestranchen zu bewilligen und die weiteren Zahlungen erst dann vorzunehmen, wenn ein Massnahmeplan zur Aufwertung der Schweiz als Tourismusstandort mit einem Ausbildungskonzept zur Verbesserung der Qualität der Dienstleistungen vorliegt. Dieser auch von den Grünen unterstützte Vorschlag wurde mit 106:60 Stimmen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat den Beschluss einstimmig, der Nationalrat mit 142:3 Stimmen [14]. Der Nationalrat stimmte allerdings im Anschluss an diese Beratungen einer Motion seiner WAK zu, welche die Forderungen der SP in Bezug auf einen Massnahmenplan aufnahm und einen entsprechenden Bericht bis Ende 2001 verlangt [15].
Im Juni gab das EJPD die Verordnung zum neuen Spielbankengesetz in die Vernehmlassung. Sowohl die Kantone als auch die Betreiber bestehender Casinos reagierten sehr kritisch. Sie bezeichneten die vorgesehenen Steuersätze für die Grand Casinos als zu hoch um einen wirtschaftlich attraktiven Betrieb zu erlauben. Die Einschränkungen für die Kursäle des Typus B in Bezug auf zugelassene Spielmöglichkeiten erachteten sie als derart streng, dass sie sogar die Weiterführung bestehender Unternehmen gefährden würden. Angesichts dieses Echos verschob der Bundesrat die für Anfang 2000 vorgesehene Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen auf voraussichtlich 1. April 2000. Immerhin beschloss er im Dezember Leitlinien zur Konzessionierung der Casinos. Diese gehen davon aus, dass in einem ersten Schritt 4-8 Spielbanken und 15-20 Kursäle bewilligt werden sollen. Dabei möchte die Regierung die Spielbanken vorzugsweise in grossstädtischen Agglomerationen und grenznahen Gebieten ansiedeln und die Kursäle in Tourismusregionen [16].
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Wettbewerb
Ohne Begeisterung, da diese Regulierung eigentlich als überflüssig beurteilt wurde, stimmte der Nationalrat einem neuen Bundesgesetz über Bauprodukte zu, das im Wesentlichen einer Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie entspricht. Die Normierung dieser Erzeugnisse wurde nur deshalb als notwendig erachtet, weil sonst schweizerische Hersteller auf dem europäischen Markt benachteiligt würden. Ohne dieses Gesetz könnten Bauprodukte nicht mehr frei exportiert werden, sondern müssten jeweils im betreffenden EU-Staat zugelassen werden. Mit einigen kleineren Änderungen wurde das Gesetz von beiden Räten praktisch oppositionslos – im Nationalrat stimmten einige Abgeordnete der Freiheits-Partei dagegen – verabschiedet [17].
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Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession als Erstrat mit der vom Bundesrat im Vorjahr beantragten Revision des Konsumkreditgesetzes. In der Eintretensdebatte wurden die Positionen bereits deutlich markiert. Der Sozialdemokrat Berberat (NE) erklärte im Namen seiner Fraktion, dass man dieses Gesetz eigentlich als völlig ungenügend an den Bundesrat zurückweisen müsste, da es einkommensschwachen Haushalten keinen genügenden Schutz von vor einer Überverschuldung biete. Auf einen formellen Nichteintretens- oder Rückweisungsantrag verzichtete er zwar, kündigte aber eine Reihe von Verschärfungsanträgen an. Für die FDP, die SVP und die Liberalen war die Gesetzesrevision in der vorliegenden Fassung – und mit den von der vorberatenden Kommission beantragten Lockerungen – akzeptabel. Für die FDP war diese Revision insbesondere wichtig, weil damit die bestehenden kantonal differierenden Regelungen aufgehoben werden können und zudem auch neue Kreditformen wie Leasing und Kredit- und Kundenkarten mit Kreditoptionen erfasst werden. In der Detailberatung konnte sich in der Frage, ob die Höhe des maximal zulässigen Zinssatzes im Gesetz verankert werden soll, oder ob die Festlegung dieses Zinssatzes an den Bundesrat delegiert wird, eine Koalition aus SP, CVP und GP durchsetzen. Mit 103:60 Stimmen wurde ein Höchstzinssatz von 15% ins Gesetz aufgenommen. Nicht erfolgreich war hingegen ein Antrag der Linken für ein Verbot der Aufnahme eines zweiten Kredits vor Ablauf der Lauffrist des ersten. Derartige Bestimmungen existieren in einigen Kantonen (Neuenburg, Bern) und müssen nach der Inkraftsetzung des revidierten eidgenössischen Gesetzes gestrichen werden. Gegen die Stimmen der SP und der Grünen schloss sich nämlich die Ratsmehrheit dem Antrag des Bundesrates an, dass restriktivere kantonale Vorschriften in Zukunft nicht mehr zulässig sein sollen. Bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Klienten beantragte die bürgerliche Kommissionsmehrheit eine Lockerung des Bundesratsentwurfs. Konsumkredite sollen demnach an Personen vergeben werden können, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse in der Lage wären, die Schuld innerhalb von drei (statt wie von der Regierung beantragt zwei) Jahren zu tilgen. Gegen den Widerstand der Linken setzte sich diese weniger restriktive Vorschrift durch. In der Gesamtabstimmung wurde die Revision mit 52:31 Stimmen bei 40 Enthaltungen angenommen. Die Opposition stammte vorwiegend aus der SP, die Stimmenthaltungen kamen aus allen Fraktionen [18].
Bundesgerichtsurteile im Zusammenhang mit kritischen Medienberichten über einzelne Produkte hatten bei Medienschaffenden und Konsumentenschutzorganisationen zu Zweifeln an der Tauglichkeit des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb, auf das sich die Richter abgestützt hatten, geführt. Gemäss dem Bundesgericht darf in den Medien auch sachlich begründete Kritik an einem Produkt nur dann geübt werden, wenn gleichzeitig ebenfalls negative Aspekte von Konkurrenzprodukten erwähnt werden. Mit einer parlamentarischen Initiative hatte deshalb Nationalrat Vollmer (sp, BE) eine Revision dieses Gesetzes verlangt. Insbesondere forderte er, dass diese Bestimmungen nicht mehr auf Personen anwendbar sind, die im redaktionellen Teil von Medien publizieren und nicht in Wettbewerbsabsicht handeln. Die vorberatende Kommission teilte die Ansicht Vollmers, dass die geltenden Bestimmungen die Meinungsäusserungsfreiheit in unbefriedigender Weise beeinträchtigen und beantragte, der Initiative Folge zu geben. Sie drang mit ihrem Antrag jedoch nicht durch. Das Plenum folgte mit 73:67 Stimmen dem Ablehnungsantrag der von Baumann (svp, TG) angeführten Kommissionsminderheit. Diese argumentierte, dass das neue Medienstrafrecht genügend Möglichkeiten für eine rechtskonforme kritische Information bieten würde [19].
Eine Motion Vollmer (sp, BE) für die Schaffung von soliden gesetzlichen Grundlagen für den Handel im Internet wurde vom Nationalrat in Postulatsform überwiesen. Der Bundesrat hatte in seiner Antwort darauf hingewiesen, dass er anfangs 1998 das EVD und das EFD beauftragt hatte, einen Aktionsplan für die Förderung der Anwendung der diversen durch das Internet induzierten Neuerungen im Geschäftsleben auszuarbeiten und dabei auch die Frage nach der Notwendigkeit von neuen rechtlichen Grundlagen zu überprüfen [20]. Eine weitere Motion Vollmer für die Ausdehnung der im Obligationenrecht für Kaufverträge vorgeschriebene Garantiefrist bei Sachmängeln von ein auf zwei Jahre wurde ebenfalls in Postulatsform angenommen [21].
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Gesellschaftsrecht
Der 1997 von einer Expertengruppe vorgelegte Entwurf für eine Revision der Bestimmungen über die GmbH wurde im Frühjahr in die Vernehmlassung gegeben [22].
Die im Vorjahr verschobene Motion Dettling (fdp, SZ) für eine Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht wurde, nachdem Gross (sp, TG) seine Opposition aufgegeben hatte, nun ohne Gegenstimme überwiesen [23].
Keinen Erfolg hatte eine Motion Gysin (sp, BS), welche verlangte, dass die Höhe der Abgangsentschädigungen von Managern und Verwaltungsratmitgliedern von Aktiengesellschaften transparent gemacht werden muss und zudem der Bundesrat dafür Höchstgrenzen festlegen kann. Obwohl der Bundesrat bereit war, den Auftrag zur Transparenzschaffung in Postulatsform anzunehmen – er verwies dabei auf die USA, welche, nicht zuletzt im Aktionärsinteresse, entsprechende Vorschriften kennen –, lehnte der Nationalrat beide Vorschläge ab [24].
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Weiterführende Literatur
Brachinger, Hans Wolfgang / Schips, Bernd / Stier, Winfried, Revision Landesindex 2000: Expertise zur Relevanz des ‘Boskin-Reports’ für den schweizerischen Landesindex der Konsumentenpreise, Bern 1999.
Kneschaurek, Francesco, Weltwirtschaft im Umbruch: Probleme, Analysen, Perspektiven, Zürich 1999.
Mach, André, Globalisation, néoliberalisme et politiques publiques dans la Suisse des années 90, Zurich 1999.
Parnisari, Bruno, L’observation conjoncturelle en Suisse à l’aube du 21e siècle, s.l. (thèse Genève) 1999.
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von Büren, Roland, „Wettbewerbspolitik 1999“, in Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 10, S. 22-25.
Giger, Hans, Konsumentensouveränität im Fadenkreuz der Rechtspolitik: positive und negative Aspekte der geplanten Revision des Konsumkreditgesetzes, Zürich 1999.
Martenet, Vincent / Rapin, Christophe, Le marché interieur suisse: les mesures restrictives du droit suisse à la lumière du droit européen, Berne 1999.
Zäch, Roger, Schweizerisches Kartellrecht, Bern 1999.
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[1] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 641 ff. (Chiffelle) und 1163 ff. (SP-Fraktion). Vor dem Hintergrund der angekündigten Betriebsschliessungen des Schienenfahrzeugbauers Adtranz fand in der Dezembersession im NR eine weitere angeregte Debatte über Unternehmenszusammenschlüsse statt (Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2568 ff.).1
[2] SNB, Geschäftsbericht, 92/1999, S. 7 ff. Siehe auch Kommission für Konjunkturfragen, Die Wirtschaftslage. Bericht vom 2. März 2000, Bern (seco) 2000.2
[3] SNB, Geschäftsbericht, 92/1999, S. 20 ff. Zum Aussenhandel siehe oben, Teil I, 2 (Commerce extérieur).3
[4] SNB, Geschäftsbericht, 92/1999, S. 22 ff.; Die Volkswirtschaft, 1999/2000 (statistischer Anhang), S. 22-26; NZZ, 20.10.99 (SAKE). Siehe dazu auch unten, Teil I, 7a (Arbeitsmarkt).4
[5] SNB, Geschäftsbericht, 92/1999, S. 25.5
[6] Amtl. Bull. StR, 1999, S. 184 ff.; Presse vom 7.5.99; Lit. Brachinger e.a. Vgl. dazu auch SPJ 1998, S. 113.6
[7] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2671. Zu INTERREG siehe oben, Teil I, 1d (Beziehungen zwischen Bund und Kantonen), zu den flankierenden Massnahmen siehe unten, Teil I, 7a (Kollektive Arbeitsbeziehungen).7
[8] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1152 ff., 1784 f., 2035 und 2315; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 738 ff., 839 f., 925 und 996; BBl, 1999, S. 8722 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 114. Vgl. zu den KMU auch Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 4 sowie Schweizer Monatshefte, April, 1999.8
[9] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2671.9
[10] Amtl. Bull. StR, 1999, S. 743 (Motion) und 744 (Postulat); Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1785 f. (Motion).10
[11] BBl, 1999, S. 8387 ff. (Studien) und BBl, 2000, S. 994 ff. (Massnahmen); vgl. SPJ 1997, S. 112 (David) und 1998, S. 114; NZZ, 24.2.99. Siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Eymann (lp, BS) zur wirtschaftlichen Lage der KMU und zu allfälligen staatlichen Unterstützungsmassnahmen (Amtl. Bull. NR, 1999, S. 524 ff.).11
[12] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1155 ff. Zur Lage der KMU auf dem Kreditmarkt siehe SPJ 1997, S. 122.12
[13] Zur Beschaffungsstatistik des Bundes für 1998 siehe Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 8, S. 40-44.13
[14] BBl, 1999, S. 5475 ff.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 925 ff.; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2388 ff.; BBl, 1999, S. 145; SHZ, 28.4.99; NZZ, 20.5.99.14
[15] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2396. Für einen Zwischenbericht über den Bundesbeschluss zur Förderung der Innovation im Tourismus siehe Amtl. Bull. StR, 1999, S. 931 ff. (vgl. SPJ 1998, S. 114).15
[16] NZZ, 22.6.99; TA, 21.9.99; AZ und NZZ, 24.11.99 (Leitlinien); siehe auch Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1138 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 114 f.16
[17] BBl, 1998, S. 5433 ff.; Amtl. Bull. StR, 1999, S. 225 ff., 718 ff. und 994; Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1214 ff., 1723 und 2310 f.; BBl, 1999, S. 8758 ff.17
[18] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1876 ff. und 1914; Presse vom 30.9.99. Die 1996 vom NR überwiesene Pa.Iv. Goll (sp, ZH) wurde daraufhin abgeschrieben, wobei die Initiantin anmerkte, dass mit der Revision wesentliche Teile ihres Vorstosses nicht verwirklicht worden seien (Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1930 f.).18
[19] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2001 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 333. Anlässlich der Beratung des neuen Medienstrafrechts war 1997 im NR ein Antrag, die Medienschaffenden in derartigen Fällen vom Geltungsbereich des UWG auszunehmen, von der bürgerlichen Ratsmehrheit mit Verweis auf den Weg über eine Revision des UWG abgelehnt worden (vgl. SPJ 1997, S. 334).19
[20] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2172. Zu Signaturen und Urkunden in digitaler Form siehe oben, Teil I, 1b (Zivilrecht). Siehe dazu auch Die Volkswirtschaft, 1999, Nr. 6 sowie unten, Teil I, 8c (Neue Kommunikationstechnologien).20
[21] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2162.21
[22] NZZ, 30.4.99; SHZ, 17.11.99. Vgl. SPJ 1997, S. 116 f.22
[23] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 114 f. Vgl. SPJ 1998, S. 116.23
[24] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 117 f.24
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