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Sozialpolitik
Soziale Gruppen
Das Volk stimmte dem revidierten Asylgesetz und dem neuen Ausländergesetz deutlich zu. – Der Bundesrat beschloss den Beitritt der Schweiz zu einem Uno-Fakultativprotokoll, welches das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ergänzt. – Das Parlament setzte den zweiten Verpflichtungskredit (2007-2011) für das Impulsprogramm zur Schaffung familienexterner Kinderbetreuungsplätze bei 120 Mio Fr. fest. – Das Gesetz zur Harmonisierung der Familienzulagen wurde in der Volksabstimmung mit klarer Mehrheit gutgeheissen.
 
In einer Studie liess das Bundesamt für Statistik die Determinanten sozialer Isolation untersuchen. Der Bericht kam zum Schluss, dass soziale Isolation vorwiegend jene Bevölkerungsgruppen betrifft, die schon verschiedenen anderen sozialen Risiken ausgesetzt sind, insbesondere Armut und Arbeitslosigkeit. Besonders stark wirkt sie sich bei Menschen mit schlechter Gesundheit, bei ausländischen Staatsangehörigen oder bei Menschen aus, die nach der obligatorischen Schulzeit keine höhere Ausbildung genossen haben, sowie bei älteren Menschen [1].
Ausländerpolitik
Drei Standesinitiativen der Kantone Bern (Verschärfungen bei der Ausrichtung der Nothilfe an kooperationsunwillige Ausländer) und St. Gallen (zeitliche Ausdehnung der Vorbereitungshaft bei Ausländern, von denen vermutet werden kann, dass sie ihre Ausweispapiere vernichtet haben, um einer Ausschaffung zu entgehen), wurden von beiden Kammern diskussionslos abgelehnt, da die Anliegen im Rahmen der Revision der Ausländergesetzgebung (siehe unten) thematisiert worden seien. In gleicher Weise wurde eine Standesinitiative des Kantons Waadt verworfen, die eine Lockerung bei den Kurzarbeitsbewilligungen für die Bereiche Landwirtschaft, Gastgewerbe und Tourismus verlangte [2].
1999 hatte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Goll (sp, ZH) für eine Besserstellung von Migrantinnen und die entsprechende Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer gutgeheissen. Die Initiative verlangte insbesondere eine zivilstandsunabhängige Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für Migrantinnen, die sich von ihrem gewalttätigen, in der Schweiz lebenden Ehemann trennen. 2001 hatte der Ständerat entschieden, auf den Entwurf nicht einzutreten resp. dessen Behandlung bis nach Abschluss der Totalrevision des Ausländerrechts zu sistieren. Er übernahm damit die Auffassung des Bundesrates, der auf die laufenden Arbeiten verwies. Da er das Anliegen im neuen Ausländergesetz weitgehend als berücksichtigt erachtete, weigerte sich der Ständerat nun erneut, darauf einzutreten, womit das Geschäft erledigt ist. Aus den gleichen Gründen beschloss er, eine 2001 von ihm gutgeheissene parlamentarische Initiative Hess (fdp, OW) für eine Vorbereitungshaft bei Ausweisungen sowie zur Bekämpfung von Scheinehen nicht weiter zu verfolgen; bei diesem Geschäft hatte sich der Nationalrat 2004 mit den gleichen Argumenten gegen Eintreten ausgesprochen [3].
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Die ausländische Bevölkerung in der Schweiz nahm 2006 um 0,8% auf gut 1,5 Mio Menschen zu. Der Zuwachs ist grösstenteils auf die Zuwanderung aus der EU zurückzuführen. Einmal mehr beeinflusste laut Bundesamt für Migration (BFM) das bilaterale Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr die Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz. Aus den 15 alten EU- und den EFTA-Staaten kamen mit 18 070 Menschen 2,1% mehr in die Schweiz als 2005, während die Zuwanderung aus Ländern ausserhalb der EU abnahm. Ende 2006 lebten 1 523 586 Ausländerinnen und Ausländer dauerhaft in der Schweiz, was 20,4% der Bevölkerung ausmachte. Am meisten Menschen kamen wie bereits in den Vorjahren aus Deutschland (15 000) und Portugal (6208). An dritter Stell standen die Zuwanderer aus Frankreich (2548). Geringer war die Immigration aus Serbien, Italien, Spanien, Bosnien-Herzegowina und Sri Lanka. Das entspricht laut BFM dem Trend der letzten fünf Jahre. Als häufigster Einwanderungsgrund wurde die Erwerbstätigkeit genannt (37,4%), gefolgt vom Familiennachzug (36,6%) und der Aus- und Weiterbildung (13,3%). Den grössten ausländischen Bevölkerungsanteil stellten weiterhin die italienischen Staatsbürger mit 291 684 Personen, gefolgt von Serbien mit 190 794, Portugal mit 173 477 und Deutschland mit 172 580. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 47 607 Menschen eingebürgert, 7854 mehr als 2005 [4].
Im Jahr 2006 ist die Zahl der ausländischen Erwerbstätigen in der Schweiz so stark angestiegen wie seit fünf Jahren nicht mehr. Mitte 2006 waren rund 850 000 Personen aus dem Ausland in der Schweiz erwerbstätig, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg von 2,4% bedeutet. Damit hatte jede fünfte erwerbstätige Person in der Schweiz einen ausländischen Pass – und darin sind Grenzgänger, Kurzaufenthalter und Asylbewerber noch nicht einmal eingeschlossen. Besonders deutlich zugenommen hat dabei die Zahl der deutschen (+10,6%) und portugiesischen (+7,4%) Beschäftigten. Der grösste Teil der arbeitenden Ausländer in der Schweiz stammt aus einem EU- oder EFTA-Mitgliedsland. Das zahlenmässig grösste Kontingent stellen nach wie vor Italien und der westliche Balkan (zusammen knapp 20%), gefolgt von Deutschland und Portugal. Über zwei Drittel der Immigranten können sich über einen hohen Ausbildungsstand ausweisen. In den letzten 10 Jahren haben 76% der Einwanderer in die Schweiz eine Ausbildung auf Sekundarstufe II oder Tertiärstufe absolviert. Noch viel ausgeprägter gilt dies für die Neuankömmlinge aus Nord- und Westeuropa. Von ihnen haben 94% eine nachobligatorische Ausbildung hinter sich. Sie arbeiten deshalb auch zu 48% in hoch qualifizierten Berufen (Akademiker, Kaderfunktionen), gegenüber lediglich 25% unter der schweizerischen Bevölkerung. Bei den Deutschen in der Schweiz sind es sogar über die Hälfte, nämlich 52%. Neben dem Kriterium Herkunftsregion zeigen sich auch markante Unterschiede im Ausbildungsniveau beim Vergleich hinsichtlich des Zeitpunkts der Einwanderung: Während von den in den letzten 10 Jahren eingewanderten Ausländern drei Viertel eine nachobligatorische Ausbildung abgeschlossen haben, sind es bei denjenigen, die schon länger als ein Jahrzehnt in der Schweiz leben und arbeiten, nur 55% [5].
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Im September stimmte das Volk über das neue Ausländergesetz ab; siehe dazu unten, Flüchtlingspolitik.
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Flüchtlingspolitik
Die Zahl der Asylgesuche ist im Jahr 2006 im Vergleich zum Vorjahr um rund 5% gestiegen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 10 537 Asylgesuche gestellt, 4,7% mehr als im Jahr zuvor. Von 2004 auf 2005 war die Zahl der Gesuche noch um rund 30 Prozent zurückgegangen. Am meisten, nämlich 1225 Asylsuchende (2005: 1506) stammten aus Serbien (inkl. Kosovo). Markant zugenommen haben die Asylsuchenden aus Eritrea. Mit 1201 Gesuchen (2005: 159) lag das Land neu auf Rang zwei der am stärksten vertretenen Herkunftsländer. Laut BFM verlassen aufgrund der schwierigen Lage seit zwei Jahren viele Eritreer ihr Land. Im Dezember 2005 hatte die Asylrekurskommission (ARK) in einem Grundsatzentscheid festgehalten, dass Deserteuren und Dienstverweigerern aus Eritrea in der Regel Asyl zu gewähren ist – eine Änderung der Praxis, die grosse Auswirkung auf die Anzahl Gesuchsteller im vergangenen Jahr gehabt habe. Mit 816 Gesuchen (2005: 468) lag der Irak auf Rang drei. Dahinter folgten die Türkei mit 693 Gesuchen und die Volksrepublik China mit 475. Die grosse Zahl der chinesischen Asylsuchenden war laut BFM ebenfalls durch einen Entscheid der ARK beeinflusst: Diese war der Ansicht, dass Tibetern bei ihrer Rückkehr nach China die Hinrichtung drohe, weil sie das Land illegal verlassen hätten [6].
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Im April wurden die Referenden gegen die Revision des Asylgesetzes und gegen das neue Ausländergesetz eingereicht. Diese waren von den Grünen, von Solidarité sans frontières und dem Forum für die Integration der Migrantinnen und Migranten lanciert worden und wurde auch von der SP und den Gewerkschaften unterstützt. Das Volk stimmte im Herbst über die beiden Gesetze ab [7].
Inhaltlich ging es in den beiden Erlassen um eine Verschärfung der Asyl- und Ausländerpolitik. Gemäss dem revidierten Asylgesetz wird auf Gesuche nicht mehr eingetreten, wenn die Asylsuchenden nicht innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des Gesuchs gültige Identitätspapiere vorlegen bzw. ihre Papierlosigkeit glaubhaft begründen können. Asylsuchende mit einem Nichteintretensentscheid erhalten anstelle der Sozial- nur noch Nothilfe. Verbessert wird die Rechtsstellung der vorläufig aufgenommenen Personen. Sie dürfen neu arbeiten und erhalten nach 3 Jahren das Recht auf Familiennachzug. Das neue Ausländergesetz sieht vor, dass Ausländerinnen und Ausländer von ausserhalb der EU und der EFTA nur noch bei besonderer beruflicher Qualifikation zum schweizerischen Arbeitsmarkt zugelassen werden. Zudem werden die Zwangsmassnahmen im Vollzug verschärft; abgewiesene Asylbewerber die das Land verlassen müssen und sich nicht kooperativ verhalten, können bis zu 18 Monaten in Beugehaft genommen werden [8].
Im Abstimmungskampf dominierte klar die Debatte um das Asylgesetz. Die Gegner, neben den Grünen und der SP auch Gewerkschaften, kirchliche Organisationen, Hilfswerke, Kulturschaffende sowie ein bürgerliches Nein-Komitee, machten geltend, die Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht bedeuteten einen Bruch mit der humanitären Tradition der Schweiz und verstiessen gegen das Völkerrecht. Sie kritisierten insbesondere die neue Bestimmung zu den Identitätspapieren und den Sozialhilfestopp. Das Abstimmungsbüchlein des Bundesrates wurde als irreführend beanstandet. Vier Nationalräte aus dem bürgerlichen Nein-Komitee, Marty (fdp, TI), Ruey (lp, VD), Simoneschi (cvp, TI) und Zapfl (cvp, ZH) verlangten in einem Schreiben eine öffentliche Stellungnahme und eine inhaltliche Präzisierung der Landesregierung. Diese wies die Kritik zurück [9].
Auf der Seite der Befürworter machten sich vor allem die SVP, die FDP und die CVP für ein Ja zu den beiden Vorlagen stark. Allerdings führten die drei Bundesratsparteien getrennte Kampagnen und setzten eigene Akzente. Die FDP und die CVP distanzierten sich dabei von der aggressiven Rhetorik der SVP [10].
Mit einem Ja-Anteil von 67,8% (Asylgesetz) und 68% (Ausländergesetz) fiel das Verdikt des Volks deutlich aus. Kein einziger Kanton votierte gegen die beiden Vorlagen. Beim Asylgesetz war die Zustimmung mit 80,1% im Kanton Schwyz am deutlichsten, das Ausländergesetz fand mit 79,7% in Nidwalden den grössten Zuspruch. Am knappsten wurden die beiden Vorlagen mit 52,5% bzw. mit 51,3% im Kanton Genf angenommen. Zwei Hauptelemente prägten das Abstimmungsverhalten beim Asyl- und Ausländergesetz: Erstens differierten die Resultate kaum, die beiden Vorlagen wurden als ein Gesamtpaket gesehen. Zweitens fiel das Ja in der französischsprachigen Schweiz und in den Deutschschweizer Grossstädten knapper aus. Der Entscheid wurde vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge bedauert, besonders besorgt war es darüber, dass Asylsuchende künftig einen gültigen Pass vorlegen müssen [11].
Asylgesetz
Abstimmung vom 24. September 2006

Beteiligung: 48,9%
Ja: 1 598 399 (67,8%)
Nein: 760 787 (32,2%)

Parolen:
Ja: CVP (6*), FDP (1*), SVP, LP, SD, EDU, FPS, Lega; Economiesuisse, SGV, SBV.
Nein: SP, EVP, CSP, PdA, GP; SGB, Travail.Suisse, ev. und kath. Landeskirchen, Hilfswerke, Schweizerische Flüchtlingshilfe.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Bundesgesetz über die Ausländer und Ausländerinnen
Abstimmung vom 24. September 2006

Beteiligung: 48,9%
Ja: 1 602 134 (68,0%)
Nein: 755 119 (32,0%)

Parolen:
Ja: CVP (6*), FDP (1*), SVP, LP, SD, EDU, FPS, Lega; Economiesuisse, SGV, SBV.
Nein: SP, EVP (1*), CSP, PdA, GP; SGB, Travail.Suisse, ev. und kath. Landeskirchen, Hilfswerke, Schweizerische Flüchtlingshilfe.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Gemäss den Ergebnissen der Vox-Analyse standen beim Abstimmungsentscheid zu den beiden Migrationsvorlagen die Einordnung auf der Links-Rechts-Achse und die Parteisympathie im Vordergrund. Allerdings wurden die Parolen der Bundesratsparteien unterschiedlich befolgt. Während zwischen 84% und 96% der FDP- und SVP-Anhängerschaft den Ja-Parolen ihrer Parteien folgte, stimmten nur 73% bzw. 75% der SP-Sympathisanten gegen die Vorlagen. Bei der Einordnung auf der Links-Rechts-Achse zeigte sich ein deutlicher Gegensatz zwischen Links und Mitte-Rechts. Diese Polarisierung war beim Asylgesetz etwas stärker als beim Ausländergesetz. Beim Asylgesetz – und etwas schwächer auch beim Ausländergesetz – wurde der Entscheid zudem durch die Haltung gegenüber Blocher, der die Vorlage als zuständiger Bundesrat vertreten hatte, beeinflusst. Bei den Befragten, die die Glaubwürdigkeit des Justizministers als hoch einschätzten, fiel die Zustimmung unabhängig von anderen untersuchten Merkmalen wie Parteisympathie, Einordnung auf der Links-Rechts-Achse und Einstellungen gegenüber der ausländischen Bevölkerung deutlich höher aus.
Als Motive für den Stimmentscheid standen bei den Befürwortern der beiden Vorlagen klar die Gesetzesverschärfung und die Bekämpfung von Missbräuchen im Vordergrund. Wer die Vorlage ablehnte, tat dies vor allem weil ihm die Massnahmen zu weit gingen und er sie als unmenschlich einschätzte [12].
Bereits bevor das Volk dem neuen Asylgesetz zugestimmt hatte, einigten sich Bund und Kantone über die künftige Nothilfepauschale für abgewiesene Asylbewerber. Der Bund richtet ab 2008 einen Betrag von 6000 Fr. pro abgewiesenen Asylbewerber aus. 4000 Fr. fliessen in die Kasse des betroffenen Kantons und 2000 Fr. in einen Ausgleichsfond. Davon profitieren unter anderem die Städte, bei denen aufgrund attraktiverer Strukturen für abgewiesene Asylbewerber höhere Kosten anfallen [13].
Im November entschied der Bundesrat, den ersten Teil des revidierten Asylgesetzes bereits im Januar 2007 in Kraft zu setzen. Zu den Neuerungen die im ersten Schritt umgesetzt werden, gehören die Verschärfung der Vorschrift über die Abgabe von Identitätspapieren und die Ausdehnung der Zwangsmassnahmen gegen Weggewiesene sowie die Härtefallregelung und die Verbesserungen für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge. Erst 2008 wird der Sozialhilfestopp für abgewiesene Asylsuchende in Kraft treten [14].
Im Januar verabschiedete die Landesregierung die Botschaft zum Zwangsanwendungsgesetz. Mit dieser Vorlage soll die Anwendung von Zwangsmassnahmen bei Rückführungen von Asylbewerbern und illegalen Ausländern für die ganze Schweiz einheitlich geregelt werden. Der Einsatz von Gewalt bei Ausschaffungen hatte in den letzten Jahren immer wieder zu Problemen und sogar zu zwei Todesfällen geführt. Gemäss dem Entwurf ist der Einsatz von Mitteln wie Integralhelme oder Mundknebel, die die Atemwege beeinträchtigen können, verboten, ebenfalls untersagt wird die Verabreichung von Medikamenten und der Gebrauch von elektrischen Destabilisierungsgeräten, so genannten Teasern. In der Vernehmlassung war insbesondere die Zulassung von Teasern umstritten gewesen. Die Gegner machten geltend, dass noch keine zuverlässigen Daten über die medizinischen Spätfolgen dieser Waffen existieren [15].
Die Vorlage wurde vom Ständerat in der Sommersession behandelt. Dabei scheiterten die Versuche der Ratslinken, die erlaubten Hilfsmittel einzuschränken. Sowohl das Anliegen, die zulässige Fesselung auf die Hände zu beschränken, als auch der Antrag, auf Diensthunde zu verzichten, wurden von der Ratsmehrheit abgelehnt. Ebenfalls verworfen wurde die Schaffung eines unabhängigen Kontrollorgans. In der Gesamtabstimmung hiess die kleine Kammer das Gesetz mit 22 Ja-Stimmen und 7 Enthaltungen gut [16].
Der Bundesrat verabschiedete im Juni ein Abkommen mit Österreich und Liechtenstein über den gegenseitigen Austausch von Daten im Asylwesen. Das Abkommen muss vom Parlament genehmigt werden. Die Landesregierung betonte, dass sich durch den internationalen Datenaustausch langwierige und kostspielige Abklärungen vermeiden liessen und die Schweiz dies über bilaterale Verträge regeln müsse, solange sie nicht Zugang zum Informationssystem habe, das den Mitgliedstaaten des Dublinabkommens zur Verfügung steht [17].
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Der Bundesrat reagierte auf den markanten Rückgang der Zahl neuer Asylgesuche in den beiden vorangegangenen Jahren und reduzierte die Infrastruktur im Asylbereich. Statt wie bisher auf 20 000 ist sie nur noch auf 10 000 Gesuche ausgerichtet. Für den Fall, dass die Gesuchszahlen durch Krisen markant ansteigen sollten, wurde ein Notfallplan erarbeitet. Als weitere Massnahme wurde die Aufenthaltsdauer in den Empfangsstellen von 30 auf 60 Tage verdoppelt, dadurch kann ein Grossteil der Asylgesuche bereits dort behandelt werden. Die Entschädigung der Kantone für die Nothilfe an Asylbewerber auf deren Gesuche nicht eingetreten worden war, wurde unmittelbar von 600 Fr. auf 1800 Fr. erhöht. Mit dem Ziel, die freiwillige Rückkehr zu fördern und die Infrastruktur für Asylsuchende weiter zu entlasten wurden schliesslich die Programme zur Rückkehrhilfe ausgedehnt. Neu können auch Personen mit noch nicht rechtskräftigem Nichteintretensentscheid sowie solche, deren Ausreisefrist abgelaufen ist, profitieren [18].
Im Juni unterzeichnete der Bundesrat ein Rückübernahmeabkommen mit Algerien. Es ist die erste derartige Vereinbarung mit einem Maghrebstaat. Das Abkommen muss noch vom Parlament genehmigt werden [19].
Im Berichtsjahr anerkannte die Asylrekurskommission (ARK) in zwei Grundsatzurteilen die nicht-staatliche Verfolgung als Asylgrund. Das erste Urteil betraf einen Somalier, der in seiner Heimat unter gezielter ethnischer Verfolgung gelitten hatte, und das zweite eine Äthiopierin, die vor einer Zwangsheirat geflüchtet war. In beiden Fällen ging die Verfolgung nicht von einer staatlichen Instanz aus, und daher hatte das Bundesamt für Migration die Asylgesuche in Übereinstimmung mit der bisherigen schweizerischen Praxis abgelehnt. Indem die ARK die beiden Rekurse guthiess und den Betroffenen Asyl gewährte, stellte sie die Schutztheorie in den Vordergrund. Gemäss dieser ist nicht massgeblich, ob die Verfolgung dem Staat zugerechnet werden kann, sondern ob das Opfer vom Staat Schutz erhält oder nicht. Damit passte die Schweiz ihre Praxis den internationalen Standards an und bekannte sich wie die meisten europäischen Länder zu dieser grosszügigeren Auslegung der Flüchtlingskonvention [20].
In einem weiteren Grundsatzurteil der Asylrekurskommission (ARK) wurde festgehalten, dass Flüchtlinge unter gewissen Umständen in der Schweiz auch dann noch ein Asylgesuch stellen können, wenn sie in einem EU-Staat bereits erfolglos um Asyl ersucht haben. Gemäss Art. 32 des schweizerischen Asylgesetzes ist auf ein Gesuch nicht einzutreten, wenn ein Gesuchsteller in einem EU-Land bereits einen ablehnenden Entscheid erhalten hat. Damit sollen unbegründete Gesuche verhindert werden. Gemäss der ARK schliesst dieser Artikel allerdings nicht aus, dass auf ein Asylgesuch dennoch eingetreten wird, wenn trotz des ausländischen Entscheids die Vermutung besteht, dass die Person ein Flüchtling sein könnte [21].
Auf Asylgesuche aus Benin, Kroatien, Mali, Moldawien (ohne Transnistrien), Montenegro und der Ukraine wird künftig nicht mehr eingetreten. Der Bundesrat setzte diese Länder Ende Jahr auf die Liste der verfolgungssicheren Staaten. Bis anhin galten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Gambia, Ghana, Indien, Mazedonien, die Mongolei, Rumänien, Senegal sowie alle EU- und EFTA-Staaten als so genannte Safe Countries. Auf Asylgesuche oder Beschwerden von Personen aus diesen wird nur eingetreten, falls Hinweise auf eine Verfolgung vorliegen. Massgebliche Kriterien für die Bezeichnung eines Staates als verfolgungssicher sind die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Anwendung internationaler Menschenrechts- und Flüchtlingskonventionen. Neu können jedoch Regionen innerhalb eines Safe Country als nicht verfolgungssicher erklärt werden [22].
Zur Debatte um die „Albisgüetlirede“ von Justizminister Blocher siehe oben, Teil 1, 1c (Regierung).
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Jenische
Die Stiftung „Zukunft für Schweizer Fahrende“ wurde 1997 von der Eidgenossenschaft gegründet. Sie hat den Auftrag, die Lebensbedingungen der fahrenden Bevölkerung in der Schweiz zu sichern und zu verbessern und einen Beitrag zur Wahrung ihres kulturellen Selbstverständnisses zu leisten. In dieser Zielsetzung kommt die Tatsache zum Ausdruck, dass die Fahrenden, die in der Schweiz während langer Zeit diskriminiert und verfolgt wurden, heute eine vom Bund anerkannte nationale Minderheit bilden. Mit der Ratifizierung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten 1998 verpflichtete sich die Schweiz, die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln.
Die Stiftung war zu Beginn mit einem Stiftungskapital von 1 Mio Fr. dotiert und seither zweimal mit fünfjährigen Rahmenkrediten für Betriebsbeiträge von jährlich 150 000 Franken ausgestattet worden. Für die Jahre 2007-2011 beantragte der Bundesrat nun dem Parlament einen Rahmenkredit von 750 000 Fr. Damit soll vor allem das nach wie vor ungelöste Problem der Stand- und Durchgangsplätze angegangen werden. Im Ständerat befand eine Minderheit aus SP und CVP, angesichts der schleppenden und sogar rückläufigen Entwicklung (zwischen 2001 bis 2005 wurden lediglich zwei Durchgangsplätze und ein Standplatz neu erstellt, aber neun Durchgangsplätze geschlossen) sei dies ungenügend. Ihr Antrag auf eine Verdoppelung des Rahmenkredits unterlag aber mit 21 zu 13 Stimmen. Im Nationalrat wurde der gleiche Antrag von links-grüner Seite gestellt. Da am ersten Tag der Herbstsession in Flims das elektronische Abstimmungsprozedere noch nicht funktionierte, konnte der Präsident lediglich feststellen, dass der Minderheitsantrag mit offensichtlichem Mehr abgelehnt wurde [23].
Der Bundesrat hat im Oktober den Bericht zur Situation der Fahrenden in der Schweiz verabschiedet. Der erste Teil des Berichts analysiert die Verpflichtungen, welche die Schweiz mit einer allfälligen Ratifizierung des Übereinkommens über Eingeborene und in Stämmen lebende Völker (Übereinkommen Nr. 169) der Internationalen Arbeitsorganisation übernehmen würde. Es wurde festgehalten, dass das schweizerische Recht die Anforderungen des Übereinkommens nicht erfüllt. Der zweite Teil widmet sich den Handlungsmöglichkeiten des Bundes zur Schaffung von Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende in der Schweiz. Er bildet die Antwort auf ein vom Nationalrat 2003 angenommenes Postulat der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit mit dem Titel „Beseitigung der Diskriminierung von Fahrenden in der Schweiz“ [24].
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Frauen
Der internationale Schutz der Rechte der Frauen soll verbessert werden. Der Bundesrat beschloss im November nach positiver Vernehmlassung den Beitritt der Schweiz zu einem UNO-Fakultativprotokoll. Dieses ergänzt das von 180 Staaten ratifizierte Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW). Ihm sind bereits 71 Staaten, darunter alle EU-Staaten, beigetreten. Die Schweiz hat an der Entstehung des Protokolls aktiv mitgearbeitet. Der Beitritt der Schweiz entspreche ihrer aktiven Menschenrechtspolitik, schrieb das EDA dazu. Von den 56 Vernehmlassungsteilnehmern hatten alle - mit Ausnahme der SVP und des Arbeitgeberverbandes – den Beitritt begrüsst. Das Protokoll sieht ein individuelles Mitteilungsverfahren und ein Untersuchungsverfahren vor. Liegt eine Verletzung der im CEDAW verbrieften Rechte vor, müssen zunächst die innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft werden. Danach können Frauen die Diskriminierung dem zuständigen UNO-Ausschuss kundtun. Das Untersuchungsverfahren gibt dem Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau die Befugnis, Untersuchungen durchzuführen, wenn zuverlässige Angaben vorliegen, die auf schwerwiegende oder systematische Verletzungen der im CEDAW niedergelegten Rechte durch einen Vertragsstaat hinweisen [25].
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Ende 2006 belegten die Frauen 20,5% (32 von 156) der kantonalen Regierungssitze (2005: 22,8%). Gemessen am Gesamttotal ihrer Regierungssitze (31) stellte die SP mit 12 Regierungsrätinnen den höchsten Frauenanteil (38,7%), gefolgt von der LP mit 25% (1 von 4 Regierungsmitgliedern), der FDP mit 23,8% (10 von 42), der SVP mit 16,7% (3 von 18) und der CVP mit 9,5% (4 von 42). Die Grünen hatten Ende 2006 keine Frau in einer kantonalen Exekutive. In sechs Kantonen (AG, AI, GE, SZ, TG, VS) setzten sich die Regierungen nur aus Männern zusammen. In den Kantonsparlamenten betrug der Frauenanteil Ende 2006 26% (2005: 25,1%). Anteilsmässig am stärksten waren die Frauen im Kanton Aargau mit 36,2% vertreten, am schwächsten mit 11,1% im Tessin [26].
Im Februar veröffentlichte das Bundesamt für Statistik eine Studie, die sich auch der Vertretung der Frauen in Parlamenten und Regierungen der 121 grössten Städte widmet. Die Untersuchungen zeigten, dass Frauen mittlerweile einen Viertel der Sitze der städtischen Exekutiven besetzen, dies ist viermal mehr als 1983 (5,8%). Allerdings waren nur 12% der Stadtpräsidenten weiblich – und dies ausschliesslich in Städten mit unter 50 000 Einwohnern. Dabei waren die Frauen bei den rot-grünen Parteien mit rund 40% mehr als doppelt so stark vertreten wie bei den bürgerlichen Parteien. In den Stadtparlamenten wuchs der Frauenanteil zwischen 1983 und 2004 von 16,2 auf 31%. In den Legislativen sind bei den rot-grünen Parteien seit 1996 über 40% der Abgeordneten Frauen, die bürgerlichen Parteien erreichten 2004 einen Anteil von 23,5% [27].
Zur Wahl von Doris Leuthard in den Bundesrat siehe oben, Teil I, 1c (Regierung).
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Im Februar wurde die Untersuchung einer externen Arbeitsgruppe über die Wirkung des Gleichstellungsgesetzes veröffentlicht. Der Synthesebericht legt dar, dass Frauen in der Privatwirtschaft rund 25% weniger verdienen als Männer. Obschon der Arbeitgeber beweisen muss, dass keine Diskriminierung vorliegt, verzichten die meisten Frauen aus Angst vor einer Kündigung oder aus Angst vor einer Exponierung auf eine Klage. Besonders bei sexueller Belästigung bedeutet der Gang vor Gericht in der Regel den Verlust der Arbeit. Der Kündigungsschutz beträgt laut dem Gesetz in diesen Fällen lediglich 6 Monate. Die Untersuchung zeigt, dass die meisten Arbeitsverhältnisse zu Beginn des Prozesses beendet waren. Als weitere Gründe für die geringe Zahl von Klagen werden die mangelnde Lohntransparenz und der schwierige Zugang zu Daten angeführt. Zur Verbesserung der Wirksamkeit des Gesetzes empfiehlt die Arbeitsgruppe unter anderem den Ausbau des Verbandsklagerechts, damit sich die Betroffenen weniger exponieren müssen. Eine Verlängerung des Kündigungsschutzes erachten die Experten nur unter bestimmten Bedingungen für sinnvoll. In einer Stellungnahme zum Synthesebericht hielt der Bundesrat eine Reform des Gesetzes nicht für notwendig [28].
Anlässlich des 25. Jahrestages des Gleichstellungsartikels der Bundesverfassung, der gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit postuliert, übergaben die Gewerkschaften dem Arbeitgeberverband einen symbolischen Protest- und Schuldbrief. An über 40 Orten führten sie zudem Manifestationen durch, an denen sie forderten, die bestehende Lohndiskriminierung der Frauen zu beseitigen. Gleichzeitig verlangte die SP Lohngleichheits-Inspektoren einzusetzen, die die Einhaltung des Gleichstellungsgesetzes und des Diskriminierungsverbots in den Kantonen überprüfen sollen [29].
Bei der Beratung des Voranschlags 2007 stellte Nationalrat Ruey (lp, VD) mit Unterstützung der Ratslinken den Antrag, den Kredit für das Gleichstellungsbüro für Frau und Mann um rund 660 000 Fr. auf insgesamt 5 Mio Fr. zu erhöhen, gerade auch, um die Diskriminierungen im Arbeitsbereich aktiv anzugehen. Die Sprecherin der SP erinnerte daran, dass die Botschaft zum Gleichstellungsgesetz 1994 eine Zielgrösse von 5 Mio Fr. jährlich für die Finanzhilfen als konkretes Instrument zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann vorgesehen habe. Die externe Evaluation habe nun nachgewiesen, dass die Finanzhilfen Wirkung zeigten. Da sich neben der ohnehin gleichstellungskritischen SVP auch die CVP und die FDP ablehnend verhielten, wurde der Antrag mit 85 zu 61 Stimmen verworfen [30].
Im Dezember reichte Nationalrat Wehrli (cvp, SZ) eine Motion ein, die forderte, dass sich die Gleichstellungsbüros künftig schwerpunktmässig der besseren Integration ausländischer Frauen widmen sollen, weil die Gleichstellung für die Schweizer Frauen weitgehend erfüllt sei. Dies löste Protest von linken und grüne Parlamentarierinnen aus. Sie erachteten die Integrationsförderung zwar als wichtig, wehrten sich aber dagegen, diese auf Kosten der übrigen Gleichstellungsarbeit auszubauen. Für sie ist die Schweiz von einer Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern noch weit entfernt [31].
2004 hatte Nationalrätin Leutenegger (sp, BL) eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche die börsenkotierten Unternehmen mit einer Gesetzesänderung verpflichten wollte, einen periodischen Gender-Report über den Stand der Umsetzung des verfassungsmässigen Gleichstellungsauftrages in ihrer Unternehmung zu erstellen. Der Bericht sollte insbesondere zu den Fragen Lohngleichheit, Anteil von Frauen und Männern im Kader und Stand der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Stellung nehmen. Auf Antrag der Kommission wurde der Vorstoss mit 99 Stimmen zu 68 abgelehnt. Die Mehrheit war zwar durchaus der Meinung, dass in Sachen Gleichstellung in den letzten Jahren keine grossen Fortschritte verzeichnet werden konnten und es somit wichtig sei, dass die Frage der Gleichstellung der Geschlechter ein politisches Thema bleibt. Sie bezweifelte jedoch, dass der in der Initiative geforderte Unternehmensbericht das richtige Instrument dazu sei, um damit durchschlagende Erfolge zu erzielten. Die börsenkotierten Unternehmen stelle für das Ziel des Gender-Reports nicht die richtige Zielgruppe dar, da sie mehrheitlich grosse, fortschrittlichen Unternehmen und im Bereich Gleichstellung wahrscheinlich schon am aktivsten seien. Andere Unternehmungen, die für die Erreichung der Gleichstellung nicht viel tun, würden von der Initiative nicht erfasst [32].
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Familienpolitik
Das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung war am 1. Februar 2003 in Kraft getreten. Damit wurde ein auf acht Jahre befristetes Impulsprogramm realisiert, mit dem zusätzliche Plätze für die Tagesbetreuung von Kindern entstehen sollen mit dem Ziel, den Eltern zu ermöglichen, Erwerbsarbeit oder Ausbildung und Familie besser zu vereinbaren. Der dazu vorgesehene erste Verpflichtungskredit belief sich auf 200 Mio Fr. über vier Jahre (1. Februar 2003 bis 31. Januar 2007). Das mit der Umsetzung des Impulsprogramms beauftragte Bundesamt für Sozialversicherung führte, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend, eine Evaluation des Vollzugs und der Auswirkungen der Finanzhilfen durch, um die Wirkung des Impulsprogramms insbesondere in Bezug auf die Anzahl geschaffener Plätze zu eruieren. Das Ergebnis sollte als Entscheidungsgrundlage für die Fortsetzung des Impulsprogramms und die Festlegung des zweiten Verpflichtungskredits für die Zeitspanne vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2011 dienen. Der Vollzug des Impulsprogramms wurde als gut beurteilt. Die Evaluation zeigte, dass die Eltern die Betreuungsmöglichkeiten nutzen, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder eine Ausbildung zu machen. Dank des Impulsprogramms konnte die Zahl der Kinderbetreuungsplätze gesteigert werden. In den ersten vier Jahren konnten schätzungsweise 13 400 neue Plätze von den Finanzhilfen des Bundes profitieren, was rund einem Viertel aller verfügbaren Krippenplätze entspricht. Im Durchschnitt wurde ein Krippenplatz von drei Kindern belegt: Damit wurde für mehr als 40 000 Kinder eine teilweise ausserhäusliche Betreuung ermöglicht. Von den verfügbaren 200 Mio Fr. des ersten Verpflichtungskredits werden voraussichtlich maximal 107 Mio Fr. verwendet werden. Der Bundesrat beantragte nun dem Parlament, das Impulsprogramm weiterzuführen. Gegenüber dem ersten Verpflichtungskredit drängt sich seiner Auffassung nach aber mit Blick auf die unerwartet geringe Nachfrage nach den Finanzhilfen und die angespannte Lage der Bundesfinanzen eine markante Kürzung auf. Der Bundesrat sprach sich deshalb für einen zweiten Verpflichtungskredit von 60 Mio Fr. für die Zeitspanne vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2011 aus [33].
Im Nationalrat beantragte Scherer (svp, ZG), auf den Entwurf nicht einzutreten, da Kinderbetreuung keine Aufgabe des Staates sei; einmal mehr wurde das Schreckgespenst der sozialistischen Denkmuster der Sowjetunion und Chinas bemüht. SP, CVP und GP sprachen sich klar für Eintreten aus. Die FDP meldete sich nicht zu Wort, doch stimmte die Fraktion schliesslich grossmehrheitlich für Eintreten, welches mit 121 zu 59 Stimmen beschlossen wurde. In der Detailberatung ging es ausschliesslich um die Höhe des neuen Verpflichtungskredites. Die Kommissionsmehrheit beantragte, bei den höchstens 200 Mio Fr. der ersten Tranche zu bleiben, um keine Möglichkeiten der Entwicklung zu verbauen; nicht abgeholte Gelder würden ja, wie in der Periode 2003-2007, im Bundeshaushalt verbleiben. Kleiner (fdp, AR) stellte einen Kompromissantrag auf 120 Mio Fr. Zwei weitere Minderheiten mit annähernd den gleichen Vertretern aus SVP und Rechtsfreisinn verlangten, entweder dem Bundesrat zu folgen (60 Mio Fr.) oder den Rahmenkredit gar zu halbieren (30 Mio Fr.). Für eine Streichung des Kredits bei gleichzeitiger Erhöhung des Bundesbeitrags an die Familienzulagen um jährlich 50 Mio Fr. sprach sich Wäfler (edu, ZH) aus. Knapp mit 96 zu 89 Stimmen konnte sich schliesslich der Antrag der Mehrheit (200 Mio Fr.) durchsetzen. SP und GP votierten geschlossen dafür, ebenfalls eine Mehrheit der CVP. 31 Vertreterinnen und Vertreter der FDP gaben dem Antrag Kleiner den Vorzug, sechs jenem der Mehrheit. Von der SVP unterstützten lediglich die beiden Bündner Gadient und Hassler die Kommissionsmehrheit [34].
Eintreten war im Ständerat unbestritten. Die Mehrheit der Kommission beantragte aber eine Reduktion auf 120 Mio Fr. Während der vom Bundesrat vorgeschlagene Betrag von 60 Mio Fr. angesichts der in der Periode 2003-2007 voraussichtlich gesprochenen 107 Mio Fr. als zu gering erachtet wurde, schienen 120 Mio Fr. der Realität angemessen; dieser Betrag hätte auch den Vorteil, nicht zu einer so weitreichenden Lösung der Schuldenbremse zu führen, was anderswo möglicherweise unliebsame Einsparungen bedeuten würde. Eine Minderheit aus SP und CVP, welche die Unterstützung von Langenberger (fdp, VD) fand, setzte sich für die Fassung des Nationalrates ein, da gerade in ländlichen Gebieten noch ein hoher Nachholbedarf bestehe, eine Kürzung ein negatives Signal an die Kantone, die Gemeinden und die privaten Firmen aussenden würde und es sich ja lediglich um einen Verpflichtungskredit und keine konkrete finanzielle Zusage handle. Ein Antrag Kuprecht (svp, SZ), dem Bundesrat zu folgen, den Bundesrat Couchepin noch einmal halbherzig verteidigte, unterlag deutlich mit 33 zu 9 Stimmen. Die Mehrheit setzte sich mit 28 zu16 Stimmen gegen die Minderheit durch. Die Ausgabe wurde einstimmig genehmigt [35].
In der Differenzbereinigung im Nationalrat versuchte eine Kommissionsmehrheit, zumindest einen Kompromiss zu erreichen und beantragte 160 Mio Fr. Sie machte geltend, die Konstruktion derartiger Finanzhilfen sei so, dass es sehr viel sinnvoller ist, zu viel Geld zu beschliessen als zu wenig. Wenn zu wenig gesprochen werde, müssten Projekte abgelehnt werden, oder es käme ein sehr komplizierter Verteilungsapparat in Gang, um das Geld auf die Kantone zu verteilen, was im Interesse des Anliegens unbedingt vermieden werden sollte. Wenn zu viel Geld beschlossen werde, habe das insofern keine Folgen, als nichts ausgegeben wird, was nicht durch ein konkretes Projekt nachgefragt ist. Die Minderheit vor allem aus der FDP befand dagegen, dass die höchstens 120 Mio Fr. durchaus genügten, um den allfälligen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, weshalb keine weiteren Beträge nötig seien. Erneut sehr knapp, mit 88 zu 85 Stimmen, setzte sich schliesslich die Minderheit durch [36].
Nachdem sich der Ständerat im Vorjahr gegen die Annahme einer Motion der nationalrätlichen SGK ausgesprochen hatte, die den Bundesrat verpflichten wollte, dem Parlament Vorschläge für eine gesamtschweizerische Harmonisierung der Alimentenbevorschussung und des Alimenteninkassos zu unterbreiten, um den eklatanten kantonalen Unterschieden entgegen zu wirken, nahm der Nationalrat ein entsprechendes Postulat seiner SGK mit 85 zu 78 Stimmen an, obgleich der Bundesrat auch hier aus föderalistischen Gründen Ablehnung beantragt hatte. Der Rat befand mehrheitlich, die Vereinheitlichung des Alimenteninkassos sei eine effiziente Massnahme zur Bekämpfung der Familienarmut, die ganz besonders Alleinerziehende betrifft [37].
Im Sinn einer familienfördernden Massnahme beantragte Nationalrat Hochreutener (cvp, BE) mit einer Motion, von Familien in der Erziehungsphase nur reduzierte AHV-Prämien ohne entsprechende Rentenreduktion zu erheben. Die Mindereinahmen sollten durch höhere Prämien der kinderlosen Versicherten kompensiert werden. Dieser Vorschlag wurde vom Volumen der Entlastung her als völlig unwesentlich bezeichnet, könnte aber zu einer Aushöhlung des Solidaritätsgedanken führen. Neben dem Bundesrat beantragte auch die SP-Fraktion, die Motion abzulehnen; diese scheiterte mit 126 zu 27 Stimmen. Sie fand lediglich die Zustimmung einer Mehrheit der CVP-Fraktion sowie der geschlossenen EVP/EDU-Fraktion [38].
2003 hatte Nationalrätin Fehr (sp, ZH) eine Motion eingereicht, die den Bundesrat auffordert, einen umfassenden Massnahmenplan für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erarbeiten und dabei Kantone, Gemeinden, Sozialpartner und NGO mit einzubeziehen. Für ihr Anliegen machte sie die niedrige Geburtenrate, absehbare Engpässe auf dem Arbeitsmarkt sowie einen steigenden finanziellen Druck auf Familien mit kleinen und mittleren Einkommen geltend. Obgleich sich der Bundesrat bereit erklärt hatte, die Motion entgegen zu nehmen, war sie 2004 von rechtsbürgerlicher Seite bekämpft worden. Im Berichtsjahr nun wurde sie, trotz einiger Rückzugsscharmützel, praktisch diskussionslos mit grossem Mehr genehmigt, wonach auch der Ständerat den Vorstoss überwies [39].
Im Vorjahr hatte der Nationalrat einer Änderung von Art. 28b ZGB zugestimmt, mit der die Opfer von Gewalt, Drohungen und Nachstellungen im Familien- und Bekanntenkreis besser geschützt werden sollen. Neben einem Kontakt- und Annäherungsverbot bis hin zur Ausweisung des Täters aus der gemeinsamen Wohnung hatte der Nationalrat die Kantone verpflichten wollen, Beratungsstellen für alle Formen von Gewalt, auch für Nachstellungen, einzurichten. Der Ständerat befand, in diesem letzten Punkt werde die materielle Zivilrechtskompetenz des Bundes in unzulässiger Weise überschritten und lehnte den verbindlichen Auftrag mit 27 zu 12 Stimmen ab. In die Entscheidung spielten auch Überlegungen zum Neuen Finanzausgleich hinein. Gegen den Willen der Fraktionen von SP und GP schloss sich der Nationalrat hier aus vorwiegend pragmatischen Überlegungen mit 101 zu 66 Stimmen an. In den Schlussabstimmungen passierte die Gesetzesänderung mit 187 zu 1 Stimmen in der grossen und einstimmig in der kleinen Kammer [40].
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In der Frühjahrssession beschloss der Ständerat mit 23 zu 19 Stimmen, entgegen dem Antrag der Kommission dem Nationalrat zu folgen und die Kinderzulagen gesamtschweizerisch auf mindestens 200 Fr. pro Kind und auf 250 Fr. pro Jugendlichen in der Ausbildung festzusetzen. Die Kommissionsmehrheit argumentierte erneut, die Harmonisierung der Kinderzulagen bedeute einen unzulässigen Eingriff in die kantonale Hoheit in Fragen der Familienpolitik, da künftig nur noch Raum für weitergehende kantonale Lösungen bestehe. Die kleine Kammer folgte dem Nationalrat auch bei der Bestimmung, dass für die Höhe der Zulage nicht der Hauptsitz des Arbeitgebers, sondern dessen lokale Niederlassung relevant ist, weil das sonst dazu führen könnte, dass Arbeitnehmer mit identischem Wohn- und Arbeitsort unterschiedliche Zulagen erhalten. Fest hielt sie aber, und zwar stillschweigend, am zweiten „Schicksalsartikel“ der Vorlage, nämlich an ihrer Weigerung, auch die Selbständigerwerbenden einzubeziehen. Weniger aus Überzeugung denn aus pragmatischen Gründen, um die Vorlage, die sich in verschiedener Form nun schon 15 Jahre hingezogen hatte, nicht im Endspurt noch zu gefährden, stimmte der Nationalrat hier schliesslich diskussionslos zu. Eine letzte Differenz, nämlich die Lösung der Ausgabenbremse, um das Regime der Kinderzulagen in der Landwirtschaft, die vom Bund ausgerichtet werden, an jenes der übrigen Arbeitnehmenden anzugleichen, konnte im Sinn des Nationalrates (Zustimmung) ausgeräumt werden. In der Schlussabstimmung wurde der Entwurf im Nationalrat mit 106 zu 85 Stimmen (fast die geschlossenen Fraktionen von FDP und SVP) angenommen, im Ständerat knapp mit 23 zu 21 Stimmen [41].
Wie bereits während den Ratsdebatten angekündigt ergriff der Gewerbeverband das Referendum gegen die Harmonisierung der Kinderzulagen, das Volk stimmte am 26. November darüber ab. Das Gesetz bildete einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative „für fairere Kinderzulagen“ der Gewerkschaft Travail.Suisse, in der landesweit einheitliche Kinderzulagen von 450 Fr. pro Kind gefordert wurden. Nachdem der Gewerbeverband das Referendum gegen das Familienzulagengesetz ergriffen hatte, beschloss Travail.Suisse, die Initiative zurückzuziehen und die dafür vorgesehenen Mittel für die Abstimmungskampagne gegen das Referendum einzusetzen [42].
Im Vorfeld der Abstimmung kämpften neben dem Gewerbeverband auch Economiesuisse sowie die SVP, die FDP und die Liberalen gegen die Neuerung. Sie kritisierten die zusätzliche Belastung der Arbeitgeberseite, welche die Zulagen weitgehend finanzieren muss. Sie wandten ein, dass durch den einheitlichen Minimalsatz die Hoheit der Kantone eingeschränkt würde und dass die zusätzlichen Mittel nach dem Giesskannenprinzip verteilt würden, statt sie gezielt jenen Familien zufliessen zu lassen, die sie auch wirklich bräuchten. Für die SVP und den Gewerbeverband bildeten ferner die Zahlungen an Kinder im Ausland, wenn ihre Eltern in der Schweiz arbeiten, ein zentrales Argument gegen die Vorlage [43].
Für die Harmonisierung der Familienzulagen sprachen sich die SP, die GP und die übrigen linken Parteien, die CVP, die EVP, die EDU, die SD sowie die Gewerkschaften aus. Sie begrüssten die nationale Harmonisierung und den verbindlichen Minimalsatz, der für die meisten Kantone eine Erhöhung der Leistungen bedeutet. Sie waren der Ansicht, durch die Vorlage könne die finanzielle Lage vieler Familien verbessert und Ungerechtigkeiten wegen unterschiedlichen Regelungen zwischen den Kantonen vermindert werden [44].
Mit einem Ja-Stimmenanteil von 68% hiess das Volk am 26. November die Harmonisierung der Familienzulagen klar gut. Das Gesetz wurde einzig in Appenzell Innerrhoden mit 54,4% abgelehnt. Am grössten war die Zustimmung mit 83,7% im Kanton Jura. Es ist dies jener Kanton, in dem die Familien vom neuen Gesetz am meisten profitieren werden, weil dort die Kinderzulagen am tiefsten waren. Auch die Kantone Neuenburg, Waadt und Bern, deren Zulagen ebenfalls deutlich unter dem künftigen Minimum lagen, stimmten der Harmonisierung mit Mehrheiten von über 70% zu. Mit Ausnahme von Genf lagen die durchschnittlichen Ja-Stimmenanteile in den Kantonen der Westschweiz und im Tessin höher als in der Deutschschweiz [45].
Bundesgesetz über die Familienzulagen
Abstimmung vom 26. November 2006

Beteiligung: 45,0%
Ja: 1 480 796 (68,0%)
Nein: 697 415 (32,0%)

Parolen:
Ja: CVP, SP, EVP, CSP, PdA, PSA, GPS, SD, EDU, Lega; SBV, SGB, Travail.Suisse.
Nein: FDP (4*), SVP, LP, FPS; Economiesuisse, SGV.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Gemäss der Vox-Analyse waren für den Abstimmungsentscheid die Einstufung auf der Links-Rechts-Achse und die Parteisympathie ausschlaggebend. Personen die sich als links einstuften, nahmen die Vorlage fast einhellig an, diejenigen die sich in der Mitte einreihten stimmten ebenfalls klar dafür, während Befragte die sich als rechts einordneten, die Vorlage insgesamt knapp ablehnten. Die Parteiparolen wurden unterschiedlich befolgt. Während die Sympathisanten der SP fast geschlossen ein Ja in die Urne legten, wurde die FDP von ihrer Anhängerschaft förmlich desavouiert. 67% ihrer Sympathisanten hiessen die Vorlage gut, zu der die Partei die Nein-Parole gefasst hatte. Auch bei der SVP, die ebenfalls ein Nein empfohlen hatte, war die Zahl der Abweichler mit 42% überraschend hoch. Abtrünnige gab es auch bei der CVP, trotz der Ja-Parole der Partei stimmten 29% der Anhänger gegen das Gesetz. Die Vorlage wurde von allen Gesellschaftsschichten angenommen. Allerdings waren Personen mit tieferer Schulbildung skeptischer als Gutgebildete, und Ledige waren überraschenderweise positiver eingestellt als Verheiratete [46].
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2004 hatte eine Nationalfondsstudie festgestellt, dass Frauen beim Aufteilen der Pensionskassengelder nach der Scheidung meist den Kürzeren ziehen. Eine Studie des Bundesamts für Justiz machte später weitere Mängel aus – etwa beim Kinderschutz. Zwei Mitglieder der SP-Fraktion im Nationalrat (Thanei, ZH und Sommaruga, GE) hatten daraufhin zwei parlamentarische Initiativen eingereicht, die eine Änderung des ZGB in dem Sinn verlangten, dass im Scheidungsfall im Bereich der beruflichen Vorsorge eine effektive Gleichbehandlung erreicht wird. Der vorberatenden Kommission gingen die ausformulierten Begehren zu weit, weshalb sie dem Plenum Ablehnung der beiden Initiativen beantragte. Sie deponierte aber eine Motion, welche den Bundesrat beauftragt, den Reformbedarf im Bereich des Vorsorgeausgleiches und der Kinderbelange abzuklären und dem Parlament die erforderlichen Revisionsvorschläge zu unterbreiten. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Motion entgegenzunehmen. Obwohl das heutige Scheidungsrecht erst seit Januar 2000 in Kraft sei, bestehe in einigen Bereichen Handlungsbedarf. Vor allem beim gemeinsamen Sorgerecht für Kinder gebe es ernste Fragen zu lösen. Heute könne dieses praktisch nur erteilt werden, wenn beide Eltern zustimmten. Auch beim Vorsorgeausgleich gebe es Probleme. Dass die Pensionskassengelder hälftig aufgeteilt werden müssen, sei zwar unbestritten. Doch Schwierigkeiten gebe es beispielsweise beim Berechnungszeitpunkt und bei internationalen Scheidungen. Der Bundesrat warnte aber auch vor zu grossen Erwartungen. Gerade das Sorgerecht wecke bei den Betroffenen grosse Emotionen, und der Gesetzgeber könne kaum je allen Erwartungen gerecht werden. Die parlamentarischen Initiativen wurden klar abgelehnt, die Motion stillschweigend angenommen. Der Ständerat stimmte ebenfalls diskussionslos zu [47].
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Kinder- und Jugendpolitik
Am 1. Januar wurde im BSV das neue Geschäftsfeld Familie, Generationen und Gesellschaft operativ. Innerhalb des Geschäftsfeldes wurde der Bereich Kinder-, Jugend- und Altersfragen geschaffen. Damit sollen die bestehenden Herausforderungen bezüglich der Kinder- und Jugendpolitik innerhalb des EDI, aber auch auf Bundesebene koordinierter angegangen werden [48].
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Alterspolitik
Nach dem Nationalrat im Vorjahr überwies auch der Ständerat im Einvernehmen mit dem Bundesrat diskussionslos eine Motion Heim (sp, SO), welche eine nationale Präventionskampagne zur Förderung der Gesundheit und der Autonomie im Alter verlangt. Nach den Ausführungen der Kommissionssprecherin soll eine nationale Präventionsstrategie dazu beitragen, das Pflegerisiko zu mindern oder zumindest hinauszuzögern. Damit kann auch der Anstieg der Gesundheits- und Pflegekosten wirksam gebremst werden [49].
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Behinderte
Mit einer Motion wollte Nationalrätin Bruderer (sp, AG) den Bundesrat beauftragen, ein Qualitätslabel zu schaffen, welches von behindertenfreundlichen Betrieben erworben werden kann. Dieses Label soll belegen, dass der damit ausgezeichnete Betrieb vorbildliche Leistungen in der Einstellung behinderter Menschen erbringt, über behindertengerechte Arbeitsplätze verfügt oder sich in anderer Form überdurchschnittlich für die Eingliederung bzw. Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung einsetzt. Der Bundesrat verwies auf Anstrengungen im Rahmen der 4. und 5. IV-Revision sowie in der Umsetzung des Bundesgesetzes über die Beseitigung der Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG) und lehnte es deshalb ab, selber ein Label für Betriebe mit behindertenspezifischem Engagement zu schaffen; seiner Ansicht nach soll das eine Angelegenheit der Privatwirtschaft bleiben. Die Befürworter der Motion erinnerten daran, dass bei den IV-Revisionen der letzten Jahre die Verpflichtung der Arbeitgeber stets nur in der Kann-Form erwähnt wurde und konkret nichts geschehen sei. Gegen den Willen des Bundesrates, der höchstens ein nicht verbindliches Postulat entgegenzunehmen bereit war, überwies der Nationalrat die Motion mit 89 zu 72 Stimmen. Im Ständerat konnte sich der Bundesrat dann aber durchsetzen: Die Motion wurde mit 22 zu 9 Stimmen abgelehnt [50].
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Weiterführende Literatur
Achermann, Christin / Chimenti, Milena, Migration, Prekarität und Gesundheit: Ressourcen und Risiken von vorläufig Aufgenommenen und Sans Papiers in Genf und Zürich, Neuenburg 2006.
Batumike, Cikuru, Etre Noir africain en Suisse: intégration, identité, perception et perspectives d’avenir d’une minorité visible, Paris 2006.
Piguet, Etienne, Einwanderungsland Schweiz: fünf Jahrzehnte halb geöffnete Grenzen, Bern 2006.
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BFS, Die Exekutiven und Legislativen der Schweizer Städte: Parteien- und geschlechtsspezifische Analyse (1983–2005), Neuenburg 2006.
Köchli, Yvonne-Denise (Hg.), Frauen, wollt ihr noch 962 Jahre warten?: Micheline Calmy-Rey über die echte Chancengleichheit, Zürich 2006.
Meyer, Katrin, Gender Studies Schweiz, Bern 2006.
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CHSS, 2006, S. 132-147 (Schwerpunktthema „Anstossfinanzierung – familienergänzende Kinderbetreuung“).
CHSS, 2006, S. 237-264 (Schwerpunktthema „Wenn Behörden ins Familienleben eingreifen“).
CHSS, 2006, S. 300-323 (Schwerpunktthema „Das Pflegekinderwesen in der Schweiz“).
Hebeisen, Yvonne / Salis, Sergio, Das Partnerschaftsgesetz. Auswirkungen auf die Sozial- und Privatversicherungen der Schweiz, Zürich 2006.
Jaggi, Maia, „Bundesgesetz über die Familienzulagen vom Parlament angenommen“. In CHSS, 2006, S. 149-152.
Schefer, Markus, Die Beeinträchtigung von Grundrechten: zur Dogmatik von Art. 36 BV, Bern 2006.
Staehelin-Witt, Elke / Gmünder, Markus, "Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung – Ergebnisse der Evaluation", in CHSS, 2006, S. 41-43.
Stern, Susanne / Banfi, Silvia / Tassinari, Sergio (Hg.), Krippen und Tagesfamilien. Aktuelle und zukünftige Nachfragepotenziale, Bern 2006.
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Bürgisser, Margret / Baumgarten, Diana, Kinder in unterschiedlichen Familienformen, Zürich 2006.
CHSS, 2006, S. 300-323 (Schwerpunktthema „Das Pflegekinderwesen in der Schweiz“).
Haenni Hoti, Andrea, Dominanz und Diskriminierung: Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit unter Schweizer Jugendlichen, Bern 2006.
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[1] NZZ, 1.7.07.
[2] AB NR, 2006, S. 484 f.; AB SR, 2006, S. 395 f.
[3] AB SR, 2006, S. 284 f. Siehe SPJ 2001, S. 200 f. und 2004, S. 205 (FN 9).
[4] Presse vom 13.2.07. Das BFM erfasst jene Ausländerinnen und Ausländer, die während mindestens einem Jahr in der Schweiz wohnhaft sind und eine Bewilligung für den Aufenthalt, die Niederlassung oder einen mehr als zwölfmonatigen Kurzaufenthalt besitzen. Menschen aus dem Asylbereich, internationale Funktionäre und Diplomaten sowie deren Familien figurieren nicht in dieser Statistik. Siehe SPJ 2005, S. 203. Zur Einbürgerung, siehe oben, Teil I, 1b (Bürger- und Stimmrecht).
[5] Presse vom 21.2.07.
[6] Presse vom 24.1.07.
[7] BBl, 2006, S. 4075 f. (Ausländergesetz) und S. 4077 f. (Asylgesetz); TA, 30.3.06; LT, 31.3.06. Vgl. auch SPJ 2005, S. 203 f.
[8] SGT, 15.8.06.
[9] SGT und NZZ, 7.4.06; Vgl. zur Kritik am Abstimmungsbüchlein des Bundesrats SoZ, 27.8.06, NZZ, 28.8. und 8.9.06; Lib. 7.9.06.
[10] BaZ, 27.6.06; Bund, 5.7.06; NZZ, 5.7. und 28.7.06. Zur Abstimmungskampagne siehe Presse vom 29.4.-23.9.06.
[11] BBl, 2006, S. 9455 ff.; Presse vom 25.9.06.
[12] Milic, Thomas / Scheuss, Urs, Vox – Analyse der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24. Sept. 2006, Bern und Zürich (IPW und gfs-Bern) 2006.
[13] BZ, 5.9.06.
[14] Bund und LT, 9.11.06; NZZ, 27.12.06.
[15] BBl, 2006, 2489 ff.
[16] AB SR, 2006, S. 383 ff.
[17] LT und NZZ, 13.6.06.
[18] AZ, NZZ und TA, 2.3.06. Vgl. SPJ 2004, S. 205 und 2005, S. 205.
[19] BBl 2006, S. 7797 ff.
[20] BaZ und NZZ, 16.6.06 (Urteil gegen den Somalier); Bund und NZZ, 27.10.06 (Urteil gegen die Äthiopierin).
[21] Bund, LT und NZZ, 17.11.07.
[22] Presse vom 8.12.06. Mit einer abgewiesenen Motion versuchte NR Müller-Hemmi (sp, ZH) zu erreichen, Bosnien-Herzegowina wieder von der Liste der safe countries zu streichen, da es auch nach Ansicht des UNHCR nach wie vor nicht verfolgungssicher sei (AB NR, 2006, S. 241 ff.).
[23] BBl, 2006, S. 3049 ff.; AB SR, 2006, S. 480 ff.; AB NR, 2006, S. 1186 ff.; BBl, 2006, S. 8657.
[24] SECO, Medienmitteilung, 18.10.06. Vgl. für das Postulat SPJ 2003, S. 250.
[25] Presse vom 30.11.07.
[26] Zu den Details siehe oben, Teil I, 1e (Wahlen in kantonale Regierungen resp. Parlamente) sowie die entsprechenden Tabellen im Anhang.
[27] Lit. BFS; AZ, 10.2.06.
[28] LT und TA, 17.2.06; Bund, 22.6.06.
[29] NZZ, 13.6.06; Bund und SGT, 14.6.06 (Gewerkschaften); NZZ und TG, 17.8.06 (SP).
[30] AB NR, 2006, S. 1659 ff.
[31] Mo. Wehrli: 06.3706; NLZ, 20.10.06.
[32] AB NR, 2006, S. 475 ff. Im Einvernehmen mit dem BR nahm der NR zwei Postulate aus der SP an, welche eine Förderung der Lohnstrukturerhebungen auf Bundes- und Gemeindeebene anregten (AB NR, 2006, S. 115 und 1117). Ein weiteres SP-Postulat, welches die Erstellung eines Berichts über die Möglichkeiten der Zertifizierung gleichstellungsfreundlicher Unternehmen verlangte, wurde aus dem Rechtsfreisinn bekämpft und deshalb der Beratung entzogen (a.a.O, 1115).
[33] BBl, 2006, S. 3367 ff. Siehe SPJ 2005, S. 211 f.
[34] AB NR, 2006, S. 746 ff.
[35] AB SR, 2006, S. 666 ff.
[36] AB NR, 2006, S. 1421 ff.; BBl, 2006, S. 8661.
[37] AB NR, 2006, S. 762 ff. Siehe SPJ 2005, S. 213.
[38] AB NR, 2006, S. 744 f. Hängig ist noch eine analoge Pa.Iv. Hochreutener (Geschäft 05.439).
[39] AB NR, 2006, S. 695 ff.; AB SR, 2006, S. 712 f.
[40] AB SR, 2006, S. 275 ff. und 616; AB NR, 2006, S. 898 ff. und 1144; AS, 2007, S. 137. Siehe SPJ 2005, S. 211.
[41] AB SR, 2006, S. 95 ff., 179 und 299; AB NR, 2006, S. 245 f. und 509 f. Im NR stimmten aus der FDP nur vier Ratsmitglieder (Bezzola, GR, Christen und Guisan, beide VD, und Egerszegi, AG) und aus der SVP ebenfalls vier (Gadient und Hassler, beide GR, Haller, BE und Siegrist, AG) zu. Das Geschäft geht auf eine Pa.Iv. der damaligen NR Fankhauser (sp, BL) zurück. Siehe SPJ 2005, S. 212 f.
[42] BBl, 2006, S. 6755 f.; L’Express und TA, 29.4.06.
[43] Zur Abstimmungskampagne siehe Presse vom 29.9.06-25.11.06; NZZ, 12.10. und 21.10.06; TA, 28.10.06.
[44] AZ, 11.10.06; SGT, 25.10.06.
[45] BBl, 2007, S. 451 ff.; Presse vom 27.11.06.
[46] Hirter, Hans / Linder, Wolf, Vox – Analyse der eidgenössischen Volksabstimmung vom 26. Nov. 2006, Bern und Zürich (IPW und gfs-Bern) 2006.
[47] AB NR, 2006, S. 236 ff.; AB SR, 2006, S. 1197. Siehe SPJ 2004, S. und 2005, S. 213.
[48] Zum internationalen Tag der Jugend vom 12. August überreichten 11 Organisationen aus dem Kinder- und Jugendbereich dem BSV das „Schweizer Kinder und Jugendmanifest 2006“. Darin wurden konkrete Aktionen für eine bessere Koordination in der Kinder- und Jugendpolitik gefordert (Presse vom 13.8.06). Zu laufenden Arbeiten im BSV siehe CHSS, 2006, S. 271-272.
[49] AB SR, 2006, S. 478. Siehe SPJ 2005, S. 215. Für eine Motion „Schuldenfreiheit im Alter. Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung“ siehe oben, Teil I, 5, Direkte Steuern.
[50] AB NR, 2006, S. 770 f.; AB SR, 2006, S. 1126 ff. Siehe zur 5. IV-Revision oben, Teil I, 7c.
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