Übersicht über die Wahlen auf Kantons- und Gemeindeebene 2015

Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2015
Dossier: Übersicht über die Wahlen auf Kantons- und Gemeindeebene

Im Jahr der eidgenössischen Erneuerungswahlen 2015 wurde auch in sieben Kantonen (ZH, LU, BL, TI, AR, AI, JU) das Parlament neu gewählt. Dabei stiessen insbesondere die Wahlen in den Kantonen Zürich, Basel-Landschaft, Luzern und Tessin, die sich aufgrund ihrer Grösse bzw. ihrer Sitzzahl im Nationalrat (ZH: neu 35; LU: 10, TI: 8, BL: 7) als mögliche Trendsetter für die eidgenössischen Wahlen erweisen könnten, auf Interesse. In allen vier Kantonen kam es zu einem insbesondere den Erfolgen der FDP und der SVP geschuldeten Erstarken der bürgerlichen Ratskräfte. In Appenzell Ausserrhoden konnte vor allem die SVP zulegen. Speziell war die Situation im Kanton Jura, wo die Wahlbevölkerung am gleichen Tag nicht nur ihre nationalen Vertreterinnen und Vertreter für Stände- und Nationalrat, sondern gleichzeitig auch das kantonale Parlament und die kantonale Regierung bestellten. Grund für die Überschneidung ist die 2011 per Verfassungsänderung eingeführte Verlängerung der kantonalen Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre. Fortan werden die nationalen und kantonalen Wahlen im jüngsten Schweizer Kanton also alle 20 Jahre zusammenfallen. Auch hier legten FDP und SVP zu.

Mit den bürgerlichen Sitzgewinnen in den Kantonen hielt die SVP Ende 2015 neu einen Anteil von 22.7 Prozent (+0.3 Prozentpunkte; 583 Sitze; +9 Sitze im Vergleich zu 2014) aller 2559 kantonalen Parlamentsmandate (AI ausgenommen, weil sich dort die Mandate keinen Parteien zuordnen lassen). Die FDP hatte mit ihren per Saldo 14 Sitzgewinnen neu 547 Sitze inne (inkl. den Sitzen der LPS in Basel-Stadt), was einem Anteil von 21.4 Prozent entspricht (+0.1 Prozentpunkte). Die SP mit total 457 Mandaten (17.7%) überholte die CVP mit noch 451 Sitzen (17.6%) Ende 2015. Dies war auf den per Saldo einen Sitzgewinn der Sozialdemokraten und die per Saldo 4 Sitzverluste der CVP zurückzuführen. Die Grünen hatten einen Aderlass von ganzen 12 Sitzen zu verzeichnen. Mit total 174 Sitzen hielten sie Ende Berichtjahr also noch gut jeden 15. Sitz in den kantonalen Parlamenten. Sitzverluste mussten auch die GLP (neu total 83 kantonale Sitze; -6 Sitze) und die BDP (neu total 73 kantonale Sitze; -3 Sitze) hinnehmen. Die EVP war Ende 2015 noch mit 41 Mandatsträgerinnen und -trägern in den Kantonen vertreten und konnte damit dank dem Sitzgewinn in Zürich einen Sitz mehr besetzen als noch Ende 2014. 20 oder mehr Sitze hielten in den Kantonen zudem die Lega (22), die EDU (22) und das MCG (20).

In einem der sieben Kantone, in denen 2015 kantonale Gesamterneuerungswahlen durchgeführt wurden, nahm der Anteil an Frauen in der kantonalen Legislative ab, nämlich in Luzern (von 30.8% auf 29.2%). In Basel-Landschaft (von 35.6% auf 37.8%), in Zürich (von 33.3% auf 33.9%), in Appenzell Innerrhoden (von 22.4% auf 30%), in Appenzell Ausserrhoden (von 21.5% auf 23.1%), im Kanton Tessin (von 14.4% auf 24.4%) und im Kanton Jura (von 15% auf 25%) konnten die Frauen zulegen, kamen aber nach wie vor in keinem einzigen Kanton über einen knappen Drittel aller Stimmen hinaus. Im Vergleich zu 2014 nahm der Anteil an gewählten Frauen in allen kantonalen Parlamenten 2015 ganz leicht von 25 Prozent auf 25.9 Prozent zu – berücksichtigt sind hier nur die Resultate unmittelbar nach den Wahlen, nicht aber spätere Veränderungen durch allfällige Rücktritte.

In fünf der sieben Kantone, in denen 2015 kantonale Parlamente gewählt wurden, ging weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten zur Urne. In Zürich fiel dieser Anteil gar unter einen Drittel (32.7%). Auch in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden (35.6%; 2011: 36.2%), Luzern (38.7%; 2011: 43.5%) und Basel-Landschaft (33.9%; 2011: 35.1%) wurden Minusrekorde verzeichnet. Im Kanton Jura (50.6%) und im Kanton Tessin (62.3%) war die Wahlbeteiligung hingegen höher als bei den letzten Wahlen (JU 2010: 48.9%; TI 2011: 58.5%). Während im Nordkanton die gleichzeitig stattfindenden nationalen Wahlen als Grund für den Anstieg angeführt wurden, war es im Südkanton die neu eingeführte Möglichkeit der Briefwahl. Nicht ausgewiesen wird die Wahlbeteiligung bei den Bezirksgemeinden im Kanton Appenzell Innerrhoden.

In den sieben Kantonen fanden auch kantonale Regierungswahlen statt. Dabei kam es in vier Kantonen zu einer Verschiebung zugunsten des bürgerlichen Lagers. Während in den Kantonen Basel-Landschaft und Luzern die SP nach vielen Jahrzehnten aus der Regierung abgewählt wurde, mussten im Kanton Zürich die Grünen ihren Regierungssitz nach vier Jahren wieder räumen. Auch im Kanton Jura mussten die Sozialdemokraten einen Sitz abgeben, konnten allerdings ein Mandat halten. Profiteure in diesen Kantonen waren die FDP (BL), die SVP (LU), die CVP (ZH) und die CSP (JU). Unverändert blieb die parteipolitische Regierungszusammensetzung im Kanton Tessin. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden blieb die bürgerliche Mehrheit auch nach der Verkleinerung der Regierung von sieben auf fünf Sitze bestehen. Im Kanton Appenzell Innerrhoden spielen Parteien keine grosse Rolle.

Obwohl die SP also kantonale Regierungsmandate einbüsste, blieb sie mit total 29 Sitzen stärker in die Regierungsverantwortung eingebunden als die SVP (23 Sitze). Die meisten Regierungsrätinnen und -räte gehören allerdings nach wie vor der FDP (40) und der CVP (39) an. Die Grünen kamen Ende 2015 noch auf 8 Mandate. Vier der total 154 Exekutivsitze wurden von der BDP besetzt, je zwei von der CSP und der Lega und je einer von der LP und vom MCG. 5 Regierungsmitglieder gehören keiner Partei an.

Obwohl in den Kantonen Luzern und Tessin neu gar keine Frauen mehr in der Regierung sitzen, blieb der Frauenanteil in den kantonalen Exekutiven dank der Wahlen in Zürich und der Ersatzwahlen im Kanton Thurgau, wo die SP ihren Sitz halten konnte, unverändert bei 24% (37 Sitze). Der Ostschweizer Kanton wird damit von einer Frauenmehrheit regiert, was sonst nur noch im Kanton Waadt der Fall ist. Mit 50 Prozent (GP) bzw. 44.8 Prozent ist der Frauenanteil bei den linken Parteien grösser als bei den Bürgerlichen (FDP: 25%; SVP: 13.6%; CVP: 12.8%).

Kantonale Parlamentswahlen in Basel-Landschaft 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Basel-Landschaft

So früh wie in den letzten 50 Jahren nie mehr, nämlich auf den 8. Februar 2015, setzten Regierung und Landrat die Gesamterneuerungswahlen im Kanton Basel Landschaft an. Weil der Wahltermin nicht auf eine eidgenössische Abstimmung und nicht in die Schulferien fallen soll, habe sich einzig dieser frühe Termin angeboten, erklärte die Landeskanzlei. Allerdings wurde dieser Entscheid kritisiert, da Weihnachten und Neujahr einen Wahlkampf praktisch verhinderten bzw. arg verkürzten. Insbesondere die SVP monierte, dass dadurch vor allem die Bisherigen begünstigt würden.
Von diesen insgesamt 90 Bisherigen stellten sich für die Wahlen 2015 elf nicht mehr zur Wiederwahl. Gleich vier Rücktritte musste die SP, die in Liestal bisher über 21 Sitze verfügte, verkraften – darunter war auch ihr Parteisekretär Ruedi Brassel (BL, sp), der als profilierter Politiker mit 16 Jahren im Amt aufgrund der Amtszeitbeschränkung auf vier Legislaturen nicht mehr antreten durfte. Bei der FDP (bisher 14 Sitze), der SVP und der CVP traten jeweils zwei Bisherige nicht mehr an und die BDP musste den Rücktritt des 2011 noch für die SVP gewählten Urs-Peter Moos bekannt geben. Moos war 2013 in die BDP übergetreten. Weil aber auch die BDP mit Peter H. Müller 2012 einen Frontenwechsel hatte hinnehmen müssen – Müller hatte 2012 zur CVP gewechselt –, blieb die BDP bei ihren vier Mandaten. Die SVP hatte bei den letzten Wahlen 24 und die CVP 8 Sitze erhalten. Aufgrund dieser Parteiwechsel sassen vor den Wahlen noch 23 Vertreterinnen und Vertreter der SVP, aber deren 9 von der CVP im Landrat.
Die 79 wieder antretenden Landrätinnen und Landräte wurden von 518 Bewerberinnen und Bewerbern herausgefordert. Mit total 597 Kandidierenden traten also etwas weniger Personen an als noch bei den Wahlen 2011 – damals hatten 617 Kandidatinnen und Kandidaten um die Gunst der Baselbieter Bevölkerung gebuhlt. Im Vergleich zu 2011 zugenommen hatte hingegen der Frauenanteil auf den verschiedenen Listen: Mit 231 Frauen betrug dieser 38.8 Prozent (2011: 35.0%).
Die Kandidierenden verteilten sich auf total 8 Parteien. Neben der SP, der FDP, der SVP, der BDP und der CVP traten auch die GLP (bisher 3 Sitze), die Grünen (8 Sitze) und die EVP (4 Sitze) an. Einzig die CVP kandidierte nicht in allen 12 Wahlkreisen. Ihr war es bisher nicht gelungen, sich im Oberbaselbiet zu etablieren: In den drei Wahlkreisen Sissach, Gelterkinden und Waldenburg traten die Christlichdemokraten entsprechend gar nicht an. Im Gegensatz zu 2011 nahmen die SD nicht mehr an den Wahlen teil. Die Partei, für die der Kanton Basel-Landschaft einst eine Hochburg dargestellt hatte, und die an ihrem Höhepunkt 1999 neun Mandate innegehabt hatte, schien im Baselbiet langsam von der Bildfläche zu verschwinden.
Die SVP durfte sich zwar einerseits aufgrund des Abstimmungssieges bei der Fusionsfrage zusätzliche Unterstützung seitens der Wählerschaft erhoffen, die Volkspartei musste aber auch einen Skandal in ihren Reihen verkraften: Das Geschäftsgebahren von Landratspräsidentin Daniela Gaugler (BL, svp) bei der Vermietung von Zimmern führte dazu, dass diese ihren Hut nehmen musste. Auch weil die Volkspartei infolge eines Wechsels im Parteipräsidium anders als vor vier Jahren wesentlich konzilianter auftrat – unter Oskar Kämpfer (BL, svp) hatte ein recht deutlicher Kurswechsel stattgefunden –, wurden ihr für 2015 geringere Siegeschancen prophezeit. Zwar hatte die Partei 2011 im Landrat Sitze gewonnen, diese waren aber auf Kosten des Regierungssitzes und wohl auch des Ständeratssitzes bei den eidgenössischen Wahlen im Herbst 2011 gegangen. Erwartet wurde für 2015 eher ein umgekehrtes Resultat: Verluste im Landrat, aber die Verteidigung des Regierungssitzes. Die FDP hatte sich den Gewinn von nicht weniger als sechs zusätzlichen Mandaten auf die Fahne geschrieben. Trotz vieler profilierter Köpfe galt dieses Ziel allerdings als sehr ambitioniert. Die Grünen strebten mit einem hohen Anteil an jungen Kandidierenden einen Generationenwechsel im Parlament und die Verteidigung ihrer zwölf Mandate an. Im Wahlkreis Laufental, dem einzigen Bezirk aus dem kein grüner Landrat kommt, hoffte man auf die Eroberung eines zusätzlichen Mandats. Der Fokus solle nach wie vor auf die Energiepolitik gelegt werden, wobei auch die Raumplanung nicht ausser acht gelassen werde, so der Tenor in der Grünen Partei. Der Kanton habe hier im vergangenen Jahrhundert zu viel verbaut und es verpasst, eine intelligente Siedlungspolitik zu verfolgen. Für Wirbel und etwas Nervosität sorgte der Grüne Landrat Jürg Wiedemann, der als aktiver Bildungspolitiker bei den Regierungsratswahlen nicht die neu antretende SP-Kandidatin Regula Nebiker, sondern Monica Gschwind, die freisinnige Herausforderin unterstützte, die als neue Bildungsdirektorin einen Kurswechsel in der Bildungspolitik bewirken sollte. Die GP distanzierte sich auch deshalb vom Sololauf Wiedemanns, weil die Wiederwahl des eigenen, 2011 gewählten Regierungsrats Isaac Reber nicht gefährdet werden sollte. Insbesondere die aufstrebenden Juso kritisierten das Gebahren von Wiedemann. Die aktivste Jungpartei wollte mit insgesamt 22 Kandidierenden, die in elf der zwölf Wahlkreise antraten und Gratisbildung für alle sowie Wahlrecht für die ganze im Kanton Basel-Landschaft wohnhafte Bevölkerung ab 16 forderten, ein bis drei Mandate im Landrat gewinnen. Hinsichtlich ihrer Wahlziele gar noch forscher trat die Mutterpartei, die SP, auf. Ziel sei es, die SVP zu überholen, wurde verlautet. Die Sozialdemokraten waren noch 2007 stärkste Baselbieter Partei gewesen, wurden dann aber von der SVP überholt. Die 2011 erstmals in den Landrat gewählten BDP und GLP peilten beide Fraktionsstärke (5 Sitze) an, wobei seitens der BDP betont wurde, dass auch in diesem Falle die gut funktionierende Zusammenarbeit mit der GLP fortgesetzt werden solle. Die BDP wollte mit dem Slogan: "beSTIMMend für das Baselbiet" und dem Fokus auf Familienpolitik die Mitte stärken. Dort wollte allerdings auch die CVP ihre 2011 verlorenen Sitze zurückerobern. Die EVP trat als einzige Partei ohne Plakate an; man wolle lieber auf die Wählerinnen und Wähler hören und stelle Wunschbücher auf. Mit dieser eigenwilligen Strategie erhoffte sich auch die EVP Fraktionsstärke.

Am Wahltag zeigte sich – anders als erwartet –, dass der neue Kurs der SVP, die sich auch bei den Regierungsratswahlen stark mit der CVP und der FDP zu einem «neuen» bürgerlichen Lager zusammengerauft hatte, bei der Wahlbevölkerung gut ankam. Obwohl die Wahlbeteiligung mit 33.9 Prozent noch tiefer war als 2011 (35.1%), konnte die SVP an Wählerstimmen zulegen (+2.7 Prozentpunkte; neu 26.7%) und damit das sehr gute Resultat von 2011 gar noch um vier zusätzliche Sitze übertrumpfen. Die SVP besetzt mit ihren neu 28 Sitzen zusammen mit der zweiten Siegerin, der FDP, die drei neue Mandate hinzugewinnen konnte (17 Sitze), exakt die Hälfte aller Plätze im Landrat. Der Freisinn konnte dabei die 2011 erlittenen Verluste – damals verlor man beinahe 6 Wählerprozentpunkte und rutschte auf 15.2 Prozent ab – wieder ein wenig wettmachen: Neu wählten 19 Prozent der Baselbieter Stimmbevölkerung die FDP. Weil die CVP ihre acht Sitze halten konnte, allerdings ihr während der Legislatur hinzugewonnenes Mandat verlor (neu: 9.6% Wähleranteil; + 0.3 Prozentpunkte), kann von einer deutlichen bürgerlichen Mehrheit im Landrat gesprochen werden. Die Gewinne von FDP und SVP gingen auf Kosten der Grünen und der BDP. Die Grünen brachen in der Wählergunst stark ein: Nur noch 9.6 Prozent statt wie 2011 noch 13.7 Prozent der Wählerschaft stimmten für die Grüne Partei, was diese einen Drittel ihres Besitzstandes kostete. Die GP verfügt neu nur noch über acht Sitze. Auch die BDP wurde regelrecht abgestraft: Weil sich ihr Wählerstimmenanteil beinahe halbierte (neu 3.3%; 2011: 5.5%), konnte die BDP nur eines ihrer ursprünglich vier Mandate verteidigen. Als Grund für ihr «Verschwinden in die Bedeutungslosigkeit» wurde die neu wieder klarer bürgerlich positionierte FDP genannt, zu welcher zahlreiche ehemalige BDP-Wählerinnen und -Wähler abgewandert seien. Zudem habe es die BDP in den letzten vier Jahren verpasst, zusammen mit CVP, GLP und EVP eine starke Mitte aufzubauen. Die SP (21 Sitze, 22%; unverändert), die EVP (4 Sitze, 5.4% + 0.7 Prozentpunkte) und die GLP (3 Sitze, 4.4% + 0.1 Prozentpunkte) konnten ihre Besitzstände wahren. Weil die SP allerdings ihre Regierungsbeteiligung verlor, fühlte sich diese Verteidigung dennoch wie eine Niederlage an. Keinen Erfolg hatte die Juso. Der leichte Wählerzuwachs der EVP wurde in Anbetracht des plakatlosen Wahlkampfes der Evangelikalen durchaus als Überraschung bewertet.
Insgesamt schafften 14 Bisherige die Wiederwahl nicht. Dies hatte teilweise mit dem Umverteilungsverfahren zu tun, dem etwa gleich zwei bisherige GLP-Landräte zum Opfer fielen. Die Sitze von Gerhard Schafroth und Hans Furer wurden jeweils einem anderen Wahlkreis zugeteilt. Parteiinterner Konkurrenz zum Opfer fiel hingegen unter anderem Peter H. Müller, der nach den Wahlen 2011 von der BDP zur CVP gewechselt hatte.
Das schlechte Abschneiden der GP und das gute Abschneiden von SVP und FDP wurde auch mit der Abstimmung zur Kantonsfusion von 2013 in Verbindung gebracht. Die damalige Zustimmung der Grünen hätte die Partei wahrscheinlich Wählerstimmen gekostet, während die damals sehr gegen die Fusion eintretende SVP quasi als Abstimmungssiegerin auch bei den Wahlen belohnt worden sei. In den Kommentarspalten wurde entsprechend auch die Frage gestellt, wie sich die Verschiebung hin zu einem gestärkten bürgerlichen Lager auf die Zusammenarbeit zwischen Basel-Landschaft und Basel-Stadt auswirken werde. Während die einen zu Gelassenheit mahnten, warnten andere vor schwierigeren Verhandlungen. Die «Separatisten» würden nun den Ton angeben und sich um die Stadt «foutieren». Mit der neu in die Regierung gewählten Monica Gschwind werde zudem eine Gegnerin der Harmonisierung der Schulsysteme am Werk sein. Gemutmasst wurde zudem, ob und wie die FDP und die SVP den Rückenwind für die anstehenden nationalen Wahlen mitnehmen würden.

Kantonsratswahlen Luzern 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Luzern

205 Frauen und 426 Männer bewarben sich bei den Gesamterneuerungswahlen 2015 um die 120 Sitze im Luzerner Kantonsrat. Sowohl die 631 Kandidierenden als auch der Frauenanteil von 32,5% bedeuteten ein neues Allzeithoch. Ebenfalls hoch war die Zahl der erneut kandidierenden Kantonsräte: lediglich 16 traten nicht mehr an, darunter nicht weniger als neun Christlichdemokraten und fünf Freisinnige. Zudem trat je ein Kantonsrat der SP und der SVP nicht mehr an.
Die Zunahme der Kandidierendenzahl (2011: 575 Kandidierende) war insbesondere der neu antretenden EVP (10 Kandidierende) und der BDP geschuldet, die mit 37 Kandidierenden im Vergleich zu 2011 (10 Kandidierende) wesentlich breiter aufgestellt war. Auch die SP (85 Kandidierende) und die Grünen (81 Kandidierende) stockten ihr Feld um je 10 Personen im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren auf. Bei der SVP (64 Kandidierende; 2011: 64), der FDP (65 Kandidierende; 2011: 69) und der CVP (100 Kandidierende; 2011: 102) gab es im Vergleich zu 2011 hingegen nur wenig Verschiebungen hinsichtlich der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber. Die GLP schickte mit 50 Kandidierenden ebenfalls mehr Personen ins Rennen als noch 2011 (42). Die Luzerner Wählerschaft hatte die Wahl unter Kandidierenden auf insgesamt 15 Listen (2011: 17 Listen). Wie bereits 2011 traten die Jungparteien von CVP (21 Kandidierende; 2011: 21), SP (46; 2011: 39) und den Grünen (40; 2011: 40) an. Neu wagten sich auch acht Jungfreisinnige und sechs junge Grünliberale in den Wahlkampf. Die SP-nahe Second@s Plus trat mit sieben Kandidierenden an (2011: 11). Die fünfzehnte Liste umfasste drei Personen von Parteilose.ch (2011: 3).

Bei den Wahlen 2011 war der Kantonsrat richtiggehend durchgeschüttelt worden. Die CVP (-7 Sitze) und die FDP (-6 Sitze) hatten starke Einbussen in Kauf nehmen müssen, zusammen aber knapp die Mehrheit im Rat behalten. Die Pole (SP: +3 Sitze; SVP: +4 Sitze) und die damals erstmalig antretende GLP (+6 Sitze) hatten hingegen zugelegt. Für die Wahlen 2015 war es das erklärte Ziel der CVP (aktuell 39 Sitze) und der FDP (23 Sitze), mindestens drei Sitze wieder zurückzuerobern. Die SP (16 Sitze) bezeichnete den Gewinn von einem oder zwei Sitzen als machbar. Auch die Grünen (9 Sitze) erklärten den Gewinn von zwei bis drei Sitzen als Ziel. Mit ambitionierten Plänen trat die noch junge GLP (6 Sitze) auf: zehn Sitze waren das Ziel. Zwar hatte die GLP bei den nationalen Wahlen 2011 der SVP einen Nationalratssitz abgejagt, weil sie aber auf eine Teilnahme bei den Regierungsratswahlen verzichtete, wurde das Ziel von zehn Mandaten in der Presse als zu ehrgeizig bezeichnet. Kleinere Brötchen buken sowohl die BDP als auch die EVP. Erstere strebte einen erstmaligen Sitz in der Luzerner Legislative an, letztere bezeichnete einen Sitzgewinn gar als eher unwahrscheinlich. Ziel sei ein Wähleranteil von 0,7%. Keine Zahlen nannte die SVP. Sie liess verlauten, man wolle weiter wachsen. Nenne man Zahlen und erreiche das Ziel dann nicht, würde man am Wahlabend als Verlierer bezeichnet.
Als wichtigstes Thema im Wahlkampf entpuppten sich die Finanzen. Über die im Herbst 2014 eingeläutete Spardebatte, aber auch über die Steuerstrategie und die Justierung der Schuldenbremse wurde im gängigen Links-Rechts-Schema debattiert: Während die Linke für faire Unternehmenssteuern und gegen Sparmassnahmen einstand, sahen die Bürgerlichen keinen Anlass, die Steuerpolitik anzutasten. Rund drei Wochen vor den Wahlen stellte ein Komitee in der Nähe von Plakaten der FDP, der CVP, der SVP und der GLP Hinweise auf, die vor "Risiken und Nebenwirkungen der bürgerlichen Sparpolitik" warnten. Es seien die bürgerlichen Parteien, welche die "finanzpolitische Misere" des Kantons zu verantworten hätten. Seit 2012, als die Unternehmenssteuern halbiert worden waren, sei man zwar der schweizweit steuergünstigste Kanton, dafür müsse man nun ein Sparpaket nach dem anderen schnüren.
Der Gewerbeverband empfahl die Kandidierenden der SVP, der FDP und der CVP, nicht aber jene der GLP, was bei letzterer auf Unverständnis stiess. Für den im Kanton Luzern nicht unwichtigen Gewerbeverband hatten die bisherigen GLP-Vertreter im Kantonsrat zu oft "links" gestimmt. Für Furore sorgte die Empfehlung des Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, der seine Mitglieder aufrief, Kandidierende von CVP, FDP und SVP nicht zu wählen, da diese das Sparpaket unterstützt hatten. Dieses verlange auch Sparmassnahmen im Bildungsbereich, etwa mittels Erhöhung der Klassengrösse. Die FDP warf dem Verband vor, Boykott zu betreiben. Die CVP hob hervor, dass sechs der zwölf im Kantonsrat vertretenen Lehrpersonen der CVP angehörten.

Bei den Wahlen erwies sich der Aderlass bei der CVP – unter den neun nicht mehr antretenden Grossräten waren einige Schwergewichte der alten Garde gewesen – als weniger schwerwiegend als befürchtet. Die CVP büsste lediglich einen Sitz ein und blieb mit 38 Mandaten und einem Wählerstimmenanteil von 30,9% (2011: 31,3%) stärkste Partei im Luzerner Kantonsrat. Insgesamt konnten die Bürgerlichen allerdings zulegen, gewannen doch sowohl die FDP (neu: 25 Sitze; 21,0%) als auch die SVP (neu 29 Sitze; 24,1%) je zwei Mandate hinzu. Beide legten im Vergleich zu 2011 um knapp zwei Prozentpunkte an Wählerstimmen zu. Die SP blieb bei 16 Mandaten. Allerdings verlor die Juso ihren Sitz an die Mutterpartei. Insgesamt unterstützten 11,9% der Wählerinnen und Wähler die SP/Juso/Second@s Plus-Listen, was einem Zuwachs von 0,9 Prozentpunkten im Vergleich zu 2011 gleichkam. Verluste zu beklagen hatten die Grünen und die GLP. Die GP kam mit 6,7% Wählerstimmenanteil noch auf 7 Mandate (minus 2 Sitze, Minus 2 Prozentpunkte) und die GLP büsste mit 4,3% Wählerstimmenanteil ein Mandat und 1,6 Prozentpunkte an Wählerstimmen ein (neu 5 Sitze). Weder die BDP (0,9%) noch die EVP (0,2%) schafften den Sprung in die Luzerner Legislative. Insgesamt schafften elf Bisherige die Wiederwahl nicht. Darunter auch der aktuelle Vizepräsident des Parlaments, der Grüne Nino Froelicher, die SP-Fraktionschefin Priska Lorenz und der SVP-Vizefraktionschef Reinhold Sommer. Im Vergleich zu 2011 sank der Frauenanteil im Kantonsrat um 1,6 Prozentpunkte auf noch 29,2%. Der Altersschnitt im Rat nahm um ein Jahr auf 49 Jahre zu. Ein neuer Tiefststand war hinsichtlich der Wahlbeteiligung zu verzeichnen. Lediglich noch 38,7% der Luzerner Wahlberechtigten begaben sich an die Urne (2011: 43,5%).

Kantonsratswahlen Appenzell Ausserrhoden 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Appenzell Ausserrhoden

Im Kanton Appenzell Ausserrhoden wurden bei den Kantonsratswahlen 2015 65 Sitze vergeben. In Ausserrhoden bilden die 20 Einwohnergemeinden die jeweiligen Wahlkreise. Aufgrund deren geringen Grösse werden die Wahlen in den jeweiligen Gemeinden – mit Ausnahme des Kantonshauptorts Herisau – im Majorzverfahren durchgeführt. Die nicht enden wollende Diskussion über das Wahlverfahren im Kanton Appenzell Ausserrhoden fand auch im Vorfeld des aktuellen Urnengangs eine Fortsetzung. Der Trogener Anwalt Tim Walker – Mitglied der grünen Partei – hatte beim Bundesgericht Beschwerde eingelegt, weil das Majorzverfahren kleine Parteien systematisch diskriminiere. Das Bundesgericht lehnte seine Beschwerde im November 2014 jedoch ab, da das Verfahren angesichts der kantonalen Gegebenheiten verfassungskonform sei. Hingegen wurde Ende desselben Monats ein neuer Verteilschlüssel vom Stimmvolk gutgeheissen, welcher unter anderem der grössten Gemeinde Herisau vier zusätzliche Sitze zusprach. Bei den Proporzwahlen um die neu 18 Herisauer Sitze traten die Ausserrhoder Parteien entsprechend mit Listen an. Es waren dies die SVP, die FDP, die CVP, die SP und die EVP. Das Mehrheitswahlrecht in den kleineren Wahlkreisen hat dagegen in der Regel zur Folge, dass Parteiunabhängige im Kantonsrat überaus zahlreich vertreten waren. Sie stellten vor den Wahlen 2015 gar die zweitgrösste Fraktion hinter den Freisinnigen.

Die grösste Gewinnerin am 12. April war die SVP. Sie gewann zwei Sitze hinzu und kam neu auf 12 Mandate. Um jeweils einen Sitz legten auch die SP (neu: 6) und die CVP (neu: 4) zu. Bei den Sozialdemokraten handelte es sich faktisch jedoch um einen Sitzverlust, da man bei Ersatzwahlen während der Legislatur zwei Sitze dazugewonnen hatte. Dementsprechend war man bei der SP nicht zufrieden mit dem Wahlresultat. Die FDP konnte ihre 24 Sitze halten; genauso wie die EVP, welche weiterhin einen Vertreter stellt. Verliererin der Wahlen war die Fraktion der Parteiunabhängigen. Sie bestand nur noch aus 17 Mitgliedern (2011: 22). Diese Mandatsverluste waren aber angesichts der Sitzumverteilung zu Gunsten Herisaus absehbar gewesen.
Beim einzigen zweiten Wahlgang, welcher im darauf folgenden Mai in der Gemeinde Stein stattfand, gewannen die Parteiunabhängigen immerhin mit Heinz Mauch noch einen Sitz dazu.
Ferner stellte sich heraus, dass die Wahl für die beiden Trogener Sitze wiederholte werden musste. Anwalt Tim Walker hatte nämlich – neben dem bereits erwähnten Gang vor Bundesgericht – zusätzlich beim Regierungsrat Beschwerde eingelegt, weil der Trogener Gemeinderat Wahlzettel mit vorgedruckten Namen der amtierenden FDP-Kantonsräte verschickt hatte. Die Beschwerde gegen diese Praxis – welche freilich auch in anderen Gemeinden üblich war – wurde zwar vom Regierungsrat abgelehnt, das Ausserrhoder Obergericht hiess sie jedoch später mit Verweis auf Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes gut. Somit kam es am 18. Oktober zu einem erneuten Wahlgang, bei welchem der vormals hauchdünn unterlegene SP-Kandidat Jens Weber doch noch den Sitz von FDP-Kantonsrat René Langenegger erobern konnte. Schliesslich kam die SP somit auf sieben Sitze, während die Freisinnigen eines ihrer 24 Mandate verloren. Nichts änderte dieser finale Akt der Ausserrhoder Wahlen am Frauenanteil im Kantonsrat, welcher im Vergleich zu 2011 unverändert bei 21.5% (14 Sitze) liegt. Aber auch in diesem Fall handelt es sich faktisch um einen Rückgang, da während der letzten Legislatur aufgrund von Ersatzwahlen zwischenzeitlich 17 Kantonsrätinnen in Herisau gesessen hatten.

Kantonsratswahlen Zürich 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich

Im Kanton Zürich wurden Mitte April die Gesamterneuerungswahlen 2015 bereits zum dritten Mal nach dem Doppelproporzverfahren (doppelter Pukelsheim) durchgeführt. Dieses Wahlverfahren, bei dem zuerst berechnet wird, wie viele Sitze einer Partei im gesamten Kanton zustehen (Oberzuteilung), und anschliessend die Sitzgewinne den Wahlkreisen zugeordnet werden (Unterzuteilung), wirkt sich auf das Verhalten der Parteien aus. Listenverbindungen werden hier obsolet und im Prinzip haben auch kleinere Parteien bessere Chancen, einen Sitz zu erobern. Damit es nicht zu einer zu starken Fraktionalisierung kommt, wird der doppelte Pukelsheim im Kanton Zürich mit einer Wahlhürde von 5 Prozent kombiniert: In mindestens einem Wahlkreis muss eine Partei also wenigstens 5 Prozent der dortigen Wählerschaft von sich überzeugen können, um an der Sitzverteilung teilnehmen zu können.
Das neue Verfahren hatte bereits bei seiner ersten Anwendung 2007 eine massive Reduktion der antretenden Listen von 47 (im Jahr 2003) auf elf (im Jahr 2007) zur Folge gehabt. Im aktuellen Wahljahr 2015 nahm diese Zahl wieder ein wenig zu: Insgesamt standen 13 Listen zur Wahl, auf denen 1734 Kandidierende aufgeführt waren (2003: 1968 Kandidierende; 2007: 1641 Kandidierende; 2011: 1720 Kandidierende). Mit vollen Listen in allen 18 Wahlkreisen und ergo 180 Kandidierenden traten die FDP, die SP, die SVP sowie die GLP an; bei der EVP und den Grünen fehlte jeweils ein Kandidat für eine volle Liste. Auch die CVP (173 Kandidierende), die Alternative Liste (170 Kandidierende) und die EDU (158 Kandidierende) traten in allen Wahlkreisen an, während die BDP (85 Kandidierende) und die Piraten (59 Kandidierende) nicht in jedem Wahlkreis Personal rekrutieren konnten. Lediglich in einem Wahlkreis traten die Juso (7 Kandidierende im Bezirk Uster) und die «Integrale Politik» (IP ZH) (4 Kandidierende im Bezirk Affoltern) an. Weil keine Listenverbindungen möglich sind, war das Engagement der Juso von der Mutterpartei nicht gerne gesehen, da die Jungpartei die SP so Stimmen kosten könnte. Die IP ZH, ein Ableger der 2007 gegründeten IP Schweiz trat zum ersten Mal an, konnte aber kaum mit einem Überspringen der 5-Prozent-Hürde rechnen. Im Gegensatz zu 2011 traten die SD – wie bereits in Basel-Landschaft – nicht mehr zu den Wahlen an; man wolle sich nach dem Debakel bei den lokalen Wahlen 2014 neu orientieren, gab Kantonalpräsident Andreas Stahel zu Protokoll.
Insgesamt traten 159 der 180 Bisherigen wieder an, wesentlich mehr als in bisherigen Jahren. Dies war freilich auch auf den Umstand zurückzuführen, dass mehr als ein Viertel der 2011 gewählten Abgeordneten während der Legislatur zurückgetreten waren. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden lag bei 36 Prozent (2011: 34%), wobei bei Links-Grün überdurchschnittlich und bei Rechts-Bürgerlich unterdurchschnittlich viele Frauen kandidierten. Das Durchschnittsalter der Kandidierenden betrug 46 Jahre.
Die stärkste Partei im Zürcher Kantonsrat, die SVP (54 Sitze), hatte 2011 zum zweiten Mal in Folge bei den Kantonsratswahlen eine Niederlage einstecken müssen. Auch bei den nachfolgenden nationalen Wahlen hatte man ein Nationalratsmandat verloren und war ebenso bei der Ausmarchung um den Ständerat unterlegen. Zudem hatte die Volkspartei bei kantonalen Abstimmungen häufig Niederlagen über sich ergehen lassen müssen. Vor den anstehenden Wahlen 2015 zeigte man sich deshalb auffallend bemüht, die bürgerlichen Partner bei den Regierungsratswahlen nicht zu brüskieren, was allerdings nicht gänzlich gelang: Weil einzelne FDP-Exponenten auch die Regierungsratskandidatinnen und -kandidaten von SP und GP unterstützten, verglich der SVP-Kantonspräsident Alfred Heer die FDP mit einem Pudding, der einmal nach links, einmal nach rechts neige.
Erklärtes Ziel der SP, die mit ihren Anliegen im Rat jeweils nur dann durchkam, wenn sie Kompromisse hin zur Mitte eingehen konnte, war eine Steigerung des Wähleranteils um zwei Prozentpunkte und eine damit verbundene Verstärkung der momentan 35-köpfigen Fraktion. Die FDP (23 Sitze) befand sich im Aufwind; sie hatte nicht nur bei den Kommunalwahlen 2014 zulegen können, sondern mit Filippo Leutenegger auch den zweiten Sitz in der Zürcher Stadtregierung zurückerobert. Zum Mindestziel wurde deshalb der Gewinn von drei Sitzen erklärt, womit man allerdings nur die Hälfte der Verluste von 2011 wettgemacht hätte.
Die Grünen hatten 2011 mit der Wahl von Martin Graf in die Regierung einen Erfolg gefeiert. Damals hatte man die Sitzzahl im Parlament (19 Sitze) mit einem leichten Wählerzuwachs halten können. Dank dem Erfolg mit der kantonalen Kulturlandinitiative erhoffte sich die GP auch bei den kantonalen Wahlen 2015 Aufwind. Die Grünen wollten mindestens zwei weitere Mandate erringen und die viertstärkste Partei im Kanton bleiben. Die GLP (19 Sitze) hatte kurz vor den Zürcher Wahlen mit dem überdeutlichen Nein zu ihrer nationalen Initiative «Energie statt Mehrwert besteuern» eine herbe Niederlage einstecken müssen. Es blieb abzuwarten, ob dies auf die kantonale Wählerschaft abfärben würde. Die CVP (9 Sitze) hatte Ende März von sich reden gemacht, als die Kandidatur des im Wahlkreis 3 (Stadtkreise 4 und 5) antretenden Friedrich Studer für ungültig erklärt werden musste, weil der Präsident der CVP der beiden Stadtkreise gar nicht mehr im Kanton Zürich wohnhaft war und so eine Bedingung für seine Wählbarkeit verletzte. Zwar habe die CVP in diesem Wahlkreis ohnehin keine Chance und die Listenstimmen würden trotzdem mitgezählt, die Sache sei aber unschön, so der CVP-Stadtpräsident Markus Hungerbühler. Studer war aus persönlichen Gründen in den Kanton Solothurn umgezogen.
Für die kleineren Parteien war das Überspringen der 5-Prozent-Hürde vordringlichstes Ziel. Die EDU (5 Sitze) hatte dies 2007 und 2011 jeweils nur in einem Wahlkreis geschafft. In Hinwil schien die Partei allerdings über eine relativ treue Wählerschaft zu verfügen. Auch die EVP (7 Sitze) hatte damals über Gebühr zittern müssen. Da sich die EDU und die EVP in den gleichen Wahlkreisen die christlichen Stimmen abspenstig machten, drohte für beide Ungemach. Wenig Sorgen über die Wahlhürde musste sich die Alternative Liste (AL) machen, da sie im Wahlkreis 3 – also in den Stadtkreisen 4 und 5 – jeweils sehr stark abschneidet. In der Regel lag die AL hier jeweils gar noch vor der SVP und der FDP. Entsprechend strebte die Linkspartei Fraktionsstärke an. Zu den drei bisherigen Sitzen, unter anderem gehalten von Markus Bischoff, der auch für die Regierungsratswahlen antrat, sollten also noch mindestens zwei weitere hinzu kommen. Zittern musste hingegen die BDP, die ihre Kandidierenden auf einige Wahlkreise konzentrierte. Vor vier Jahren noch hatte sie ihre sechs Sitze dank mehr als 5 Prozent Wähleranteil in drei Wahlkreisen geschafft. Kaum Chancen konnten sich die Piraten und die IP ausrechnen. Das Scheitern an der 5 Prozent-Hürde könnte mitunter zu dramatischeren Sitzverschiebungen führen als leichte Wählerverschiebungen zwischen den arrivierten Parteien.
In den Medien wurde der Wahlkampf insgesamt als lau bezeichnet, zumal kaum medial verwertbare Skandale oder personalisierte Ereignisse, sondern insbesondere sachliche, aber vermutlich nur wenig mobilisierende Podiumsdiskussionen im Zentrum standen. Zu reden gab immerhin – auch das scheint ein Dauerbrenner kantonaler Wahlkampagnen zu sein – die Plakatierung, die von den verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen juristischen Grundlagen sehr uneinheitlich bewilligt oder eben nicht bewilligt wurde. Für Gesprächsstoff sorgte auch ein Plakat der SVP, das Bundesrätin Simonetta Sommaruga zeigte, die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen Begrüssungskuss erhielt. Das Plakat war mit dem Slogan «Wähle lieber SVP» versehen. Zu reden gab der Umstand, dass die SVP den Schnappschuss ohne Erlaubnis der Abgebildeten als Wahlwerbung verwendete, was rechtlich nicht zulässig ist. Weil die Magistratin das Plakat aber weder kommentieren noch juristisch dagegen vorgehen wollte, liess man die SVP gewähren.

Als grosse Siegerin der Zürcher Kantonsratswahlen 2015 ging die FDP hervor. Der Freisinn konnte um ganze acht Mandate und 4.4 Prozentpunkte an Wählerstärke zulegen (neu: 31 Sitze; 17.3% Wähleranteil). Dieses «triumphale Comeback» nach «jahrzehntelangem Niedergang» – so der Tages-Anzeiger – verhalf dem Bürgerblock zur absoluten Mehrheit, weil sowohl die SVP (54 Sitze) als auch die CVP (9 Sitze) ihren Besitzstand wahren konnten: Beide legten leicht an Wähleranteil zu (SVP +0.4 Prozentpunkte; CVP +0.1 Prozentpunkte). Für rechtsbürgerliche Anliegen ist allenfalls nicht einmal die CVP nötig, da auch die EDU ihre 5 Sitze zu verteidigen wusste (Wähleranteil: 2.7%; +0.1 Prozentpunkte). Zu den Gewinnerinnen durfte sich aber auch die Linke zählen. Die SP holte mit einem Wähleranteil von 19.7 Prozent (+0.4 Prozentpunkte) einen zusätzlichen Sitz (neu: 36 Sitze) und die AL konnte gar zwei zusätzliche Mandate für sich verbuchen und kommt nun auf 5 Sitze. Sie weiss neu 3 Prozent der Zürcher Wahlberechtigten hinter sich (+1.4 Prozentpunkte); in den Stadtkreisen 4 und 5 sind es gar 17.7 Prozent. Die Gewinne der FDP und der Linken gingen unter anderem auf Kosten der Mitte. Zwar konnte die EVP ihren Wähleranteil um 0.5 Prozentpunkte auf 4.3 Prozent steigern und damit einen Sitz gewinnen, die GLP und die BDP mussten aber Federn lassen. Die BDP verlor einen Sitz (neu: 5 Sitze) und verfügte nur noch über 2.6 Prozent Wähleranteil (-0.9 Prozentpunkte). Schlimmer erging es der GLP, die 5 Sitzverluste verschmerzen musste (neu: 14 Sitze). Mit 7.6 Prozent Wähleranteil (-2.6 Prozentpunkte) überholten die Grünliberalen aber gar noch die Grünen, für die die kantonalen Wahlen zum eigentlichen Debakel verkamen. Sie verloren nicht nur ihren Sitz bei den Regierungsratswahlen, sondern mussten auch im Parlament 6 Sitze räumen (neu: 13 Sitze). Der Verlust von 3.4 Prozentpunkten, der noch einen Wähleranteil von 7.2 Prozent bedeutete, liess das Lager mit den grünen Anliegen (GP und GLP) um einen Viertel schrumpfen. Für die Piraten, die Juso und die IP waren die Hürden zu hoch. Insgesamt 15 wiederkandidierende Kantonsratsmitglieder wurden abgewählt.
Wie schon bei den Wahlen im Kanton Basel-Landschaft und im Kanton Luzern verfügte der Bürgerblock aus SVP, FDP und CVP damit auch im Kanton Zürich wieder über eine komfortable Mehrheit im Parlament. Dies sei der erfolgreichen bürgerlichen Wahlallianz «Top 5» zu verdanken, kommentierten bürgerliche Kreise. Der Fraktionschef der SP, Markus Späth, gab allerdings in einem Interview zu Protokoll, dass die FDP und nicht die Bürgerlichen gewonnen hätten. Er hoffe, die FDP werde jetzt wieder ein wenig selbständiger und unabhängiger von der SVP und dass sich dies dann in bildungs-, sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen bemerkbar mache. Die Wählerinnen und Wähler seien der grünen Anliegen überdrüssig und hätten «gemerkt, dass das nur kostet und nichts bringt», erklärte hingegen SVP-Kantonsrat Hans-Peter Amrein am Tag danach. Eine andere Interpretation lieferte indes CVP-Fraktionschef Philipp Kutter: Umweltanliegen seien kein Alleinstellungsmerkmal der grünen Parteien, die Energiewende beispielsweise sei breit abgestützt.
Die Niederlage der grünen Kräfte wurde in den Medien auch als Korrektur interpretiert, nachdem diese vor vier Jahren stark vom Reaktorunfall in Fukushima profitiert hätten. Eine Analyse der Wählerverschiebungen infolge einer Nachwahlbefragung zeigte in der Tat, dass zahlreiche Wählerinnen und Wähler der GLP und der GP aus dem Wahljahr 2011 im aktuellen Wahljahr der Urne ferngeblieben waren. Zudem hatte die GP viele Anhängerinnen an die SP und die AL verloren, während zahlreiche Wählerinnen und Wähler der GLP zur FDP abgewandert zu sein schienen. Der Frauenanteil im Zürcher Parlament nahm von 33.3 auf 33.9 Prozent nur leicht zu. Zu reden gab nach den Wahlen vor allem die historisch tiefe Wahlbeteiligung von 32.7 Prozent (2011: 38.2%). Erklärt wurde diese mit einer Entfremdung von der kantonalen Politik. Die lokale Verwurzelung nehme durch Arbeitsmobilität und Anonymisierung ab, was mit einem sinkenden Interesse an kantonaler Politik und eben auch einer abnehmenden Partizipationsbereitschaft einhergehe.

Grossratswahlen Tessin 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Tessin

624 Kandidierende auf 13 Listen präsentierten sich für die Gesamterneuerungswahlen für den «Gran Consiglio» im Kanton Tessin vom 19. April 2015. Das waren zwar etwas weniger Kandidierende als vier Jahre zuvor (675), dafür war die Zahl der Listen angewachsen (2011: 10 Listen). 67 der 90 amtierenden Grossrätinnen und Grossräte stellten sich der Wiederwahl.
Neben den arrivierten Parteien – im Südschweizer Kanton sind dies die FDP, die bei den Wahlen 2011 23 Sitze mit einem Wähleranteil von 25.2 Prozent errungen hatte, die Lega dei Ticinesi (21 Sitze, 22.8%), die CVP (19 Sitze, 20.5%), die SP (14 Sitze, 15.1%) und die Grünen (7 Sitze, 7.6%) – machte insbesondere «La Destra» von sich reden, ein Zusammenschluss aus SVP, EDU und Area Liberale. Die SVP, die mit 5 Sitzen im Grossen Rat vertreten war, hatte aufgrund der Resultate bei der Masseneinwanderungsinitiative, die im Kanton Tessin mit 68.5 Prozent schweizweit die höchste Zustimmung erhalten hatte, an Selbstvertrauen gewonnen und wollte nicht mehr wie vor vier Jahren als Juniorpartnerin der Lega auftreten. Mit der neuen Verbindung wollte die Volkspartei bei der Regierungsratswahl nicht nur einen Staatsratssitz, sondern bei den Parlamentswahlen auch acht Grossratssitze erobern. Vor dem Angriff fürchten musste sich nicht nur die Lega, sondern auch die FDP. Der Präsident der nach den Wahlen 2011 neu gegründeten Area Liberale, Sergio Mosoli, war nämlich früherer FDP-Grossrat und Spaltpilz zwischen dem radikalen und dem liberalen Lager, was den Freisinn bereits 2011 Stimmen gekostet hatte. Der Listenreigen wurde komplettiert durch die beiden linksextremen Parteien Movimento per il socialismo (mps), die 2011 einen Sitz erobert hatte, und der Partei der Arbeit (Partito operaio e popolare). Erstmals trat zudem die GLP im Kanton Tessin an. Die erst im Januar des Wahljahres gegründete Lega Sud wollte im Gegensatz zur Lega dei Ticinesi Brücken zum Nachbarstaat Italien bauen, da die Beziehungen zu Italien in den letzten Jahren immer schlechter geworden seien. Eine Bewegung mit den Namen «Montagna Viva», die sich für die Bergregionen einsetzte und bereits vor vier Jahren bei den Regierungsratswahlen angetreten war, präsentierte eine Liste mit sechs Kandidierenden. Lediglich zwei (Fronte Indignati) bzw. eine Person (La Noce) traten für zwei Kleinstbewegungen an.
Von allem ein wenig, fasste der Corriere del Ticino die Parteiprogramme zusammen, aber einendes Thema sei der Arbeitsmarkt. In der Tat gaben nicht nur die Beziehungen zu Italien hinsichtlich Grenzgängerinnen und Grenzgängern zu reden, sondern auch die kantonale Initiative der SVP «Prima i nostri», welche den Inländer-Vorrang auf dem Tessiner Arbeitsmarkt forderte. Ob mit einer Begrenzung der Arbeitspendler, die nicht nur Verkehrschaos verursachten, sondern auch rund einen Viertel aller Arbeitsplätze im Kanton besetzten, oder mittels Kampf gegen Lohndumping: Die Parteien waren sich einig, dass es in den nächsten vier Jahren arbeitsmarktliche Reformen brauche. Ein weiteres Thema war die starke Untervertretung von Frauen in der Politik des Südkantons. Mit lediglich 14 von 90 Sitzen gehörte der Kanton Tessin zu den Schlusslichtern bezüglich Frauenrepräsentation. In der von der Regierung verschickten Info-Broschüre zu den Wahlen wurden die Wahlberechtigten gar aufgerufen, weibliche Kandidierende zu wählen.
Umfragen liessen erneut Verluste der FDP erwarten. Aber auch für die CVP und die SP wurden geringere Wählerprozente prognostiziert. La Destra und die Grünen sollten laut den sich auf die Vorwahlbefragungen stützenden Prognostikern von diesen Verlusten profitieren. Auch der Lega wurde Aufwind prophezeit. Für Wirbel sorgte schliesslich das Angebot dreier Wahlberechtigter, die auf einem Online-Portal ihre unterschriebenen Blanko-Wahlzettel zum Verkauf anboten. In der Tat konnten die Tessinerinnen und Tessiner bei den anstehenden Wahlen erstmals überhaupt brieflich wählen. Die kantonale Regierung leitete ein Strafverfahren wegen Wahlbetrugs ein.

Wohl auch dank der neuen Möglichkeit der Briefwahl lag die Wahlbeteiligung mit 62.3 Prozent höher als 2011 (58.5%). Deutlich mehr als 80 Prozent der Wählenden gaben ihre Stimmen per Post ab. Die grossen Überraschungen blieben dabei aber aus. Zwar wurden elf Abgeordnete nicht bestätigt und somit 34 neue Grossrätinnen und Grossräte gewählt, es kam aber nicht zu den erwarteten Verschiebungen. Nicht «La Destra» konnte zulegen – der Verbund blieb bei 5 Sitzen und 5.8 Wählerprozenten (im Vergleich zu 2011 war das ein Plus von 0.3 Prozentpunkten) –, sondern die FDP und die Lega, die beide ein Mandat hinzugewinnen konnten. Die FDP (neu: 24 Sitze) konnte ihren Wähleranteil um 1.5 Prozentpunkte auf 26.7 Prozent steigern und auch die Lega legte um 1.4 Prozentpunkte zu (neu: 22 Sitze und 24.2%). Diese Sitzgewinne gingen wohl auf Kosten der CVP, die neu nur noch auf 17 Grossratssitzen Platz nimmt (18.6%; -1.9 Prozentpunkte). Auch im links-grünen Lager kam es nicht zu den erwarteten Verschiebungen. Zwar verlor die SP einen Sitz und ein halbes Wählerprozent (neu: 13 Sitze, 14.6%), aber auch die Grünen mussten eher unerwartet Federn lassen. Mit einem Wählerverlust von 1.6 Prozentpunkten mussten sie einen Sitz abgeben (neu: 6 Sitze, 6%). Diese beiden Sitze gingen an den Movimento per il socialismo und die Montagna viva. Während der mps damit neu zwei Mandate übernimmt (1.4%; +0.1 Prozentpunkte), zieht die Montagna viva dank der Unterstützung von 1.2 Prozent der Tessiner Wahlbevölkerung erstmals in den Gran Consiglio ein. Die fünf restlichen Parteigruppierungen – inklusive der GLP – erhielten allesamt weniger als 0.5 Wählerprozente, was nicht für einen Sitzgewinn reichte.
Damit halten die FDP und die Lega zusammen die Mehrheit der Stimmen im Tessiner Parlament, was von den Medien als Rechtsrutsch kommentiert wurde. Der Aufruf der Regierung, mehr Frauen zu wählen, schien etwas gefruchtet zu haben. Immerhin stieg der Frauenanteil in der Tessiner Legislative um 10 Prozentpunkte auf neu 24.4 Prozent.

Grossratswahlen Appenzell Innerrhoden 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Appenzell Innerrhoden

Mit der 2011 revidierten Kantonsverfassung war die Sitzzahl für den Grossen Rat des Kantons Appenzell Innerrhoden auf 50 Mitglieder fixiert worden. Bei den Wahlen 2011 hatten aufgrund der alten Berechnung noch 49 Sitze besetzt werden müssen. Die bisherige Berechnung – ein Sitz pro 300 Einwohner eines der sechs Bezirke – wurde zugunsten dieser Regelung aufgegeben. Jeder Bezirk soll aber mindestens vier Sitze haben. Damit kam es für die Parlamentswahlen Appenzell Innerrhoden 2015 zu leichten Verschiebungen der Anzahl zu wählenden Mandate der verschiedenen Bezirke. Rüte (neu 11 Mandate) und Schwende (neu 7 Mandate) gewannen je einen Sitz dazu und Gonten (neu 4 Mandate) verlor einen. Für die restlichen drei Bezirke (Appenzell: 18; Schlatt-Haslen: 4; Oberegg: 6) blieb die Sitzzahl unverändert.

Die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter findet mit Ausnahme des Bezirkes Oberegg an Bezirksgemeinden mit offenem Handmehr statt. In der Regel werden dort die Bisherigen bestätigt. Da das Parlament des Ostschweizer Halbkantons keine Fraktionen kennt, wird die Zugehörigkeit der Grossrätinnen und Grossräte zu Parteien nicht ausgewiesen. Der Wettbewerb unter neuen Kandidierenden findet deshalb in der Regel zwischen Interessengruppen aus Bauern-, Gewerbe- und Arbeitnehmerkreisen statt, wobei der Gewerbeverband bei den Wahlen 2015 die Oberhand behielt. Wie wenig konfliktuell die Wahlen in Appenzell Innerrhoden sind, zeigt etwa der Umstand, dass im Bezirk Schlatt-Haslen stille Wahlen stattfanden und in Gonten ein Kampf um die durch den Mandatsverlust reduzierte Sitzzahl durch einen Rücktritt verhindert wurde. Allerdings musste in Oberegg ein zweiter Urnengang eingeplant werden, weil eine der zwei neuen Kandidatinnen das absolute Mehr um zwei Stimmen verpasst hatte. Die einzig in Oberegg ausgewiesene Stimmbeteiligung von 27.9 Prozent lässt sich vermutlich durch den geringen Wettbewerb erklären. Mit den insgesamt acht neuen Mitgliedern stieg die Zahl der von Frauen besetzten Sitze im Parlament von 11 auf 14 an.

Parlamentswahlen Kanton Jura 2015

Dossier: Kantonale Wahlen - Jura

Eine Legislatur dauert im Kanton Jura – anders als in den meisten Kantonen – fünf und nicht vier Jahre. Diese 2011 durch eine Verfassungsänderung eingeführte Regel hat zur Folge, dass alle 20 Jahre ein sogenannter Supersonntag stattfindet, bei dem nicht nur die Kantonsregierung und das Kantonsparlament, sondern gleichzeitig auch noch die National- und Ständerätinnen und -räte gewählt werden. Dies war bei den Parlamentswahlen im Kanton Jura 2015 erstmals der Fall und stellte einerseits die kantonalen Behörden vor Herausforderungen. Es galt nicht nur, Verwechslungen vorzubeugen – dies wurde mit vier verschiedenfarbigen Unterlagen für die vier Wahlen, mit einem Aufklärungsfilm und ausführlichen Wahlbroschüren versucht –, sondern auch dem Ausländerwahlrecht gerecht zu werden, das für die kantonalen, nicht aber für die eidgenössischen Wahlen gilt. Andererseits waren auch die Parteien gefordert: Theoretisch durften die Kandidierenden zwar für alle möglichen Ämter gleichzeitig kandidieren, im Falle einer Wahl allerdings nur eines annehmen. Dies wäre von der Wählerschaft vermutlich als ziemlich opportunistisch betrachtet worden. Für die Parteien war diese Ausgangslage entsprechend brisant, galt es doch, die vielversprechendsten Mitglieder auf die unterschiedlichen Posten zu hieven, was natürlich ein ziemlich grosses Reservoir an ebensolchen Mitgliedern voraussetzte. Schliesslich traten 426 Kandidierende auf neun unterschiedlichen Listen für einen der 60 Parlamentssitze an.
Die CVP wollte ihre 19 Sitze verteidigen und stärkste Partei (28.9%) bleiben. Sie hatte zwar auch im Jura in den letzten Jahren Wähleranteile verloren, aber nicht so stark wie in anderen Stammlanden. Die SP hatte 14 Sitze zu verteidigen. Ziel der FDP war es, in jedem der drei Bezirke (Delémont, Porrentruy und Franches-Montagne) einen Sitz hinzuzugewinnen und so also neu von 8 auf 11 Sitze zu kommen. Acht Sitze zu verteidigen hatte auch die Parti Chrétien-Social Indépendant (PCSI), ein Ableger der CSP. Die SVP, die als berntreue Partei gilt, hatte es im Kanton Jura verglichen mit anderen Kantonen bisher eher schwer, Fuss zu fassen. Allerdings hatte die Volkspartei, die sich im Bezirk Porrentruy mit der EDU zu einer gemeinsamen Liste zusammenschloss, aufgrund von Erfolgen in anderen Kantonen und mit dem Erfolg bei der Masseneinwanderungsinitiative auf nationaler Ebene einigen Wind im Rücken, so dass ihr die Medien einen Ausbau der bisher vier Sitze und ihrer Wähleranteile von 9.6 Prozent zutrauten. Dies galt weniger für die Grünen (4 Sitze), die versuchten, mit den Themen «Grüne Wirtschaft», Atomausstieg und Klimawandel zu punkten. Eine im Sommer 2015 gegründete Bewegung mit dem Namen «Rauraque du Nord» trat ebenfalls in allen drei Distrikten an. Ihr erklärtes Ziel und einziges Thema ihrer Wahlkampagne war der mögliche Kantonswechsel von Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura. Den Reigen der Parteien komplettierte die Vereinigung zwischen der Partei der Arbeit und der Parti Combat Socialiste (CS-POP), die nur im Distrikt Delémont antrat, dort aber drei Sitze zu verteidigen hatte. Die Bewegung Hop Suisse schliesslich trat mit drei Personen lediglich im Bezirk Porrentruy an. Er sei sicher, mindestens von seinen Nachbarn gewählt zu werden, gab André Rondez zu Protokoll, der sich mit seiner Bewegung etwa für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzt.
Die Medien werteten die Kampagne vor den Wahlen als sehr lau. Es würde zwar viel über die vier gleichzeitig stattfindenden Wahlen berichtet, dies verhindere aber einen vertieften Dialog über Themen oder über die Zukunft des Kantons. Es sei praktisch unmöglich, gemeinsame kantonale und nationale Themen zu bearbeiten. Dies sei lediglich der SVP mit der Migrationspolitik gelungen, gab der Kantonalpräsident der Volkspartei, Romain Schaer (JU, svp), zu Protokoll. Einiges zu reden gaben zwar die Wahlplakate. Allerdings ging es in diesen Debatten weniger um politische Inhalte als vielmehr darum, welche Partei welche Plakate von anderen Parteien überklebt oder zerstört habe. In den wenigen politischen Diskussionen waren die Kantonsfinanzen und die Frage des Kantonswechsels von Moutier Thema.

Als «spectaculair» bezeichnete der Quotidien Jurassien die Entwicklung der SVP in den letzten Jahren, die ihr am Supersonntag eine Verdoppelung ihrer kantonalen Mandate einbrachte. Mit 12.9 Prozent Wähleranteil (+3.3 Prozentpunkte) überholte die Volkspartei die PCSI (12.1%; -1.1 Prozentpunkte) und hielt neu gleich wie die Mitte-Links-Partei acht Sitze. Ebenfalls zulegen konnte die FDP, die dank einem Sitzgewinn neun Mandate innehatte und 15.4 Prozent der Wählerschaft hinter sich wusste (+0.9 Prozentpunkte). Diese Sitzgewinne gingen einerseits auf Kosten der CVP, die zwei Sitze verlor und einen in ihrer kantonalen Geschichte sehr deutlichen Wählerrückgang von -2.1 Prozentpunkten hinnehmen musste (neu: 26.8%). Allerdings blieben die Christdemokraten trotzdem stärkste kantonale Kraft. Andererseits musste auch die Linke Federn lassen. Die SP blieb zwar mit 20 Prozent Wähleranteil im historischen Vergleich relativ stabil, der Verlust von 1.1 Prozentpunkten kostete die Genossen aber dennoch zwei Sitze (neu: 12 Mandate). Die beiden Sitzverluste verteilten sich jedoch nicht, wie häufig der Fall ist, im linken Lager um. Die Grünen konnten ihre vier Sitze trotz leichtem Wählerverlust (-0.6 Prozentpunkte; neu: 7.7%) halten, die CS-POP musste aber ebenfalls einen Sitz abgeben. Mit 3.2 Prozent Wähleranteil (-1.2 Prozentpunkte) blieben der extremen Linken noch 2 Sitze. Mit dem Zuwachs der Sitze der rechtsbürgerlichen Kräfte auch auf Kosten der Linken werde die Politik im Kanton Jura zukünftig wohl stärker rechts dominiert, so die Kommentare in der Presse.
Etwas mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten beteiligte sich an den Parlamentswahlen (50.6%; 2010: 50.9%). 15 der 60 Sitze wurden neu von Frauen besetzt. Damit konnte der Frauenanteil um 10 Prozentpunkte auf 25 Prozent erhöht werden.