Année politique Suisse 1987 : Grundlagen der Staatsordnung
Wahlen
Angesichts der zum Teil spektakulären Gewinne der Grünen in den kantonalen und kommunalen Wahlen vom Frühling wurde für die eidgenössischen Wahlen vom 18. Oktober ein grosser grüner Vormarsch prognostiziert. Der Wahlkampf war denn auch geprägt vom Thema Umweltschutz. – Die Grünen konnten ihre Vertretung im Nationalrat mehr als verdoppeln, blieben damit aber hinter den hochgesteckten Erwartungen zurück. Grosse Verliererin war die SP, während die bürgerlichen Parteien ihre Position einigermassen halten konnten. Die Wahlbeteiligung ging erneut zurück und erreichte den tiefsten Stand seit Einführung der Proporzwahl 1919.
Eidgenössische Wahlen
Noch nie nahmen Prognosen im Vorfeld eidgenössischer Wahlen so viel Raum ein wie vor dem 18. Oktober 1987. Aufgrund der grünen Gewinne und der Verluste der Regierungsparteien bei den kantonalen und städtischen Wahlen im Frühling und gestützt auf zum Teil zweifelhafte Umfragen wurden grosse Veränderungen der politischen Machtverhältnisse vorausgesagt und eine "rot-grüne Wende" beschworen. Die "Hoffnungswahl" sollte durch parteipolitische und personelle Verschiebungen zu neuen Mehrheiten in Sachfragen vor allem der Umwelt-, Verkehrs- und Energiepolitik führen. Doch obwohl von den interessantesten Wahlen seit 1919 die Rede war, blieb die Mehrheit der Wahlberechtigten zu Hause, und angesichts der Wahlergebnisse drängt sich der Schluss auf, dass die "Hoffnungswahl" doch eher ein Medienereignis war.
Die gehegten Erwartungen widerspiegelten sich denn auch in den Pressekommentaren zum Ausgang der
Nationalratswahlen. So wurden die 6 zusätzlichen Mandate der Grünen (5 GPS, 1 GBS) an den übersteigerten Erwartungen auf einen politischen Erdrutsch mit 8–12 grünen Sitzgewinnen gemessen und mehr als Niederlage denn als Wahlsieg interpretiert – wohl nicht zuletzt deshalb, weil die bürgerlichen Parteien insgesamt ihr Terrain halten konnten und die grünen Gewinne zulasten der SP gingen. Dagegen feierte man die SVP, der grössere Verluste vorausgesagt worden waren, wegen ihrer beiden Mandatsgewinne als grosse Siegerin. Während die einen das Ausbleiben der prognostizierten Wende beklagten und im erneuten Absinken der Wahlbeteiligung den "Schlüssel für die enttäuschte Hoffnungswahl" sahen, begrüssten die anderen die Kontinuität der politischen Machtverhältnisse und konstatierten, dass sich die angebliche Unzufriedenheit des Souveräns mit der bisherigen politischen Arbeit als nicht richtig erwiesen habe
[1].
Verglichen mit den Prognosen kam im Wahlergebnis tatsächlich eine beachtliche Stabilität zum Ausdruck. Die bürgerlichen Bundesratsparteien erzielten zusammen mit den Liberalen gleich viele Mandate wie vier Jahre zuvor (127 Sitze). Verluste der FDP wurden durch Gewinne der SVP und der LP kompensiert, die CVP konnte ihre Stellung halten. Auf zusammen gleich viele Sitze wie 1983 kamen auch die möglichen Partner rot-grüner Allianzen (Linke und Grüne weiterhin 56, LdU/EVP/Maeder 12 Sitze). Dabei mussten allerdings die Sozialdemokraten mit 6 Sitzverlusten eine erneute Niederlage einstecken. Die Resultate der kleineren Parteien waren ebenfalls von Stabilität gekennzeichnet. Einen Rückschlag erlitt einzig die nationale Rechte (2 Mandatsverluste), war doch die Überfremdungsfrage kein Wahlthema mehr. Dafür zog neu die Autopartei mit zwei Nationalräten ins Parlament.
Wenn auch – bezogen auf die erzielten Sitzzahlen der bürgerlichen Parteien einerseits und der linken und grünen Gruppierungen andererseits – die politischen Machtverhältnisse stabil blieben, ergaben sich dennoch nicht unwesentliche Veränderungen. Ins Gewicht fiel vor allem der
Krebsgang der SP, die seit 1975, als sie noch 55 Nationalräte stellte, 14 Sitze und 6,5% Wähleranteile einbüsste (gegenüber 1983 -4,4%). Sodann hielt der
Trend weg von den Regierungsparteien hin zu kleinen und primär zu grünen Gruppierungen an. Die bürgerlichen Bundesratsparteien verloren zwar kaum Sitze, doch büssten auch sie seit 1975 kontinuierlich Wähleranteile ein (zusammen -3,6%, gegenüber 1983: -1,2%). Mit 53,6% wissen sie noch gut die Hälfte der Wählenden hinter sich (1983: 54,8%; 1979: 57,2%). Alle Regierungsparteien mussten somit einen erneuten Vertrauensschwund in die etablierte Politik zur Kenntnis nehmen. Sie erhielten noch von 33,6% (1983: 38,0%) aller Wahlberechtigten die Stimme, während die übrigen Parteien nun von 12,9% (1983: 10,9%) gewählt wurden
[2]. Nutzniesser waren vor allem die Grünen, welche ihre Vertretung im Nationalrat mehr als verdoppeln konnten. Zudem wurden auch etliche "Grüne" anderer Parteien, die von den Umweltschutzorganisationen speziell empfohlen worden waren, gewählt. Als weitere Veränderung gegenüber 1983 ist der gestiegene Anteil an Parlamentarierinnen hervorzuheben. Mit 29 gewählten National- und 5 Ständerätinnen (1983: 22 bzw. 3) erreichte der
Frauenanteil 14,5% bzw. 10,9%.
Die Ständeratswahlen, die in 20 Kantonen ebenfalls am 18. Oktober stattfanden, führten primär zu einer grossen personellen Erneuerung, änderten aber kaum etwas an der parteipolitischen Zusammensetzung der kleinen Kammer. Die SP und die SVP verloren je einen Sitz, während die CVP und der LdU je einen gewannen. Mit Monika Weber konnte der Zürcher Landesring seinen 1979 an die SVP verlorenen Sitz zurückerobern und ins Stöckli zurückkehren.
Schon im Laufe des Wahljahres zeichnete sich eine grössere personelle Erneuerung des eidgenössischen Parlaments ab: 49 National- und 16 Ständeräte demissionierten auf Ende der Legislatur, wobei die einzelnen
Parteien unterschiedlich betroffen waren
[3]. Bei den Liberalen trat gleich die Hälfte der achtköpfigen Nationalratsfraktion sowie ein Ständerat zurück, bei der SVP verzichteten 4 von 5 Standesherren und 8 von 23 Volksvertretern auf eine Wiederwahl. Die übrigen Bundesratsparteien hatten den Rücktritt von je rund einem Viertel ihrer Parlamentsvertretung zu verzeichnen (FDP und CVP je 12 NR und 4 StR, SP 11 NR und 3 StR). Weiter demissionierten der einzige PdA-Nationalrat, Armand Magnin (GE), sowie der Zürcher Grüne Arnold Müller, der sich im Herbst 1986 der LdU/EVP-Fraktion angeschlossen hatte
[4].
Nach
Kantonen betrachtet hatten 10 Stände (ZH, BE, LU, FR, SO, BL, SH, SG, TG und VD) einen, Uri, Aargau und Neuenburg gleich beide Vertreter in der kleinen Kammer zu ersetzen. Für den Nationalrat fiel prozentual der Rückzug des einzigen Obwaldner Abgeordneten am stärksten ins Gewicht. Überdurchschnittliche Rückzugsraten verzeichneten auch Schwyz (2 von 3), Solothurn (4 von 7) sowie Freiburg und Jura (je 50%). Nur in 8 Kantonen (UR, NW, GL, ZG, SH, AR, AI und TI) kandidierten alle bisherigen Volksvertreter erneut. Zahlenmässig am meisten Nationalräte traten in Bern zurück (11 Demissionen). Im Zusammenhang mit den Folgen der Berner Finanzaffäre nahmen die ehemaligen bzw. amtierenden Regierungsräte Werner Martignoni, Bernhard Müller (beide svp) und Kurt Meyer (sp) zum Teil unfreiwillig Abschied vom eidgenössischen Parlament, in welchem aufgrund des kurz vor den Wahlen vom Berner Souverän erlassenen Doppelmandatsverbots künftig kein Regierungsmitglied mehr Einsitz nehmen darf. Gleich 6 ihrer 9 Nationalräte hatte die Berner SVP zu ersetzen, bei der sich auch die parteiinterne Amtszeitbeschränkung sowie ein Parteiaustritt auswirkten
[5]. Ebenfalls wegen Differenzen mit der Partei zog sich der aus der Baselbieter FDP ausgetretene Karl Flubacher aus dem Nationalrat zurück und kandidierte gegen den offiziellen Freisinnigen René Rhinow – allerdings erfolglos – für den Ständerat
[6].
Von den bisherigen Frauen verzichteten vier (3 SP und 1 CVP) auf ihr Nationalratsmandat, wobei die beiden Sozialdemokratinnen Amélia Christinat (GE) und Heidi Deneys (NE) ihre Karriere im Ständerat fortsetzen wollten und dabei scheiterten. Insgesamt versuchten 14 Nationalräte – die Hälfte erfolgreich – einen Wechsel ins Stöckli, 5 davon kandidierten sicherheitshalber für beide Räte.
Neben den genannten Gründen spielten vorgerücktes Alter und Amtsmüdigkeit die Hauptrolle, um jüngeren Kräften Platz zu machen – hatte doch fast die Hälfte der Zurücktretenden dem Parlament während 16 und mehr Jahren, zwei Nationalräte gar während 24 Jahren angehört. Andererseits verzichteten nicht weniger als 9 Abgeordnete aus verschiedenen Gründen schon nach einer Amtsdauer auf eine erneute Kandidatur, darunter der Freisinnige Willy Pfund (SO) und die Sozialdemokraten Jean Clivaz (BE) und Valentine Friedli (JU).
Zu den Demissionierenden gehörten zahlreiche prominente Parlamentsangehörige, etwa die ehemaligen Nationalratspräsidenten Laurent Butty (cvp, FR), Franz Eng (fdp, SO), André Gautier (lp, GE; Wechsel in den StR) und die erste Frau in diesem Amt, die Schwyzer CVP-Vertreterin Elisabeth Blunschy. Als weitere bekannte Nationalräte sind unter anderen die Freisinnigen Bruno Hunziker (AG; Wechsel in den StR), Hans Künzi (ZH), Hans-Georg Lüchinger (ZH) und Georg Nef (SG) sowie der ehemalige SVP-Präsident Fritz Hofmann (BE) zu nennen. Auch der Ständerat verlor einige profilierte und markante Persönlichkeiten, so die Freisinnigen Paul Bürgi (SG) und Hans Letsch (AG), die Christlichdemokraten Julius Binder (AG) und Franz Muheim (UR), den Basler Sozialdemokraten Eduard Belser, die SVP-Politiker Jakob Stucki (ZH) und Peter Gerber (BE) sowie den Neuenburger Liberalen Jean-François Aubert.
Noch nie bewarben sich so viele Kandidatinnen und Kandidaten auf so vielen Listen um einen Sitz im Nationalrat, und noch nie war der Frauenanteil so hoch. In den 21 Kantonen mit Proporzsystem wurden insgesamt
2400 Bewerbungen (davon 706 oder 29,4% Frauen)
auf 222 Listen gezählt
[7]. Mehr als die Hälfte der Kandidierenden stammte aus den Kantonen Zürich und Bern (819 bzw. 528 Bewerbungen auf 35 bzw. 25 Listen), während in Appenzell Ausserrhoden nur die beiden Bisherigen antraten, so dass stille Wahlen stattfanden
[8].
Diese starke Zunahme ist nicht nur auf die gehäufte Teilnahme grüner Gruppierungen zurückzuführen, von denen die Grüne Partei (GPS) in 11 und das Grüne Bündnis (GBS: POCH, Grüne und sozialistisch-grüne Alternative) in 14 Kantonen kandidierten. Zur Listenflut trug vor allem auch das Auftreten sogenannter Einthemenparteien bei sowie die Taktik der grossen Parteien, vermehrt mit "Sonderlisten" (Frauen, Junge, Regionen) um die Gunst der Wählenden zu werben. Zudem verstärkte sich die Tendenz, im Hinblick auf die Wahlen neue Parteien in mehreren Kantonen zu etablieren. So nahmen die Autopartei in 10 Kantonen der deutschen Schweiz, die ÖFP von Nationalrat Oehen (BE) in 6 Kantonen teil. Als einzige bewarben sich die FDP und die SP in allen Poporzkantonen (ausser AR), gefolgt von der CVP, die in Schaffhausen und Neuenburg keine Listen aufstellte. Die SVP und die äusserste Rechte wiederum stiegen je in 12 Kantonen ins Rennen. Mit 43,1 Jahren lag das Durchschnittsalter aller Kandidierenden leicht unter jenem von 1983 (44,5 Jahre).
Der seit 1971 verzeichnete stete Anstieg der
weiblichen Kandidaturen setzte sich mit Ausnahme von Freiburg, Schaffhausen und der Waadt in allen Proporzkantonen fort, wobei Baselstadt mit 41,2% Frauen führte, gefolgt von Zug (37,5%), Baselland (35,7%), Solothurn (33,3%), Bern (33,0%) und der Waadt (30,6%). Am Schluss der Liste standen. Schaffhausen (12,5%) und Schwyz (11,1%); in Appenzell Ausserrhoden sowie in den Majorzkantonen blieb die Politik ausschliesslich Männersache. Mehr Kandidatinnen als Kandidaten präsentierte das Grüne Bündnis (55,3%); frauenfreundlicher als der Durchschnitt zeigten sich auch die Grüne Partei (44,0%), die PdA (42,9%) und als einzige Bundesratspartei die SP (37,6%), während die FDP und die CVP mit 20,9% und die SVP mit 14,3% klar unter dem Landesmittel lagen. Erstmals mit separaten Frauen- und Männerlisten traten die SP im Kanton Bern und die FDP im Kanton Solothurn an. Andere Parteien förderten die Kandidatur von Frauen mit Quotenregelungen oder indem sie ihnen aussichtsreiche Listenplätze reservierten
[9].
Auch für den
Ständerat, der in 20 Kantonen gleichzeitig mit dem Nationalrat bestellt wurde (zusammen 37 Sitze), bewarben sich mehr Personen denn je. Unter den insgesamt 83 Kandidierenden (1983: 73) befanden sich 15 Frauen (18,1%; 1983: 11 oder 15,1%), die zu fast 90% von linken und grünen Parteien und Gruppierungen portiert worden waren (7 SP, 2 POCH-GBS, 1 PdA, 1 GPS 1 LdU, 1 parteilos – gegenüber 2 CVP)
[10].
Eine starke Zunahme war auch bei den Bündnissen zu verzeichnen, welche die Parteien und Gruppierungen im Hinblick auf die Nationalratswahlen eingingen. Insgesamt wurden 64 Wahlallianzen geschlossen, davon 47 in Form von Listen- und 17 als Unterlistenverbindungen (1983: 36 Listen- und 11 Unterlistenverbindungen). Ausser in Zug und Appenzell Ausserrhoden kamen in allen Proporzkantonen Listenverbindungen zustande, im Wallis und im Jura allerdings keine parteiübergreifenden. An der Spitze lagen wiederum die Kantone Bern und Zürich, gefolgt von St. Gallen, beiden Basel, Solothurn und Aargau
[11].
Zu dieser Zunahme trugen vor allem die zahlreichen neuen Verbindungen im links-grünen Spektrum bei. Die verschiedenen
grünen Gruppierungen, welche sich nicht auf eine einheitliche Allianzpolitik festlegten, sondern teils allein, teils mit anderen Grünen, teils mit der SP und teils mit dem LdU in den Kampf zogen, brachten die traditionellen Wahlbündnisse durcheinander
[12]. So schloss sich der Landesring, der sich 1983 fast überall mit der EVP verbündet hatte, nur noch in Zürich, St. Gallen und im Aargau mit seiner Fraktionspartnerin zusammen, während er in Bern, Baselstadt und Thurgau mit den Sektionen der Grünen Partei (GPS), in Solothurn mit dem Grünen Bündnis (GBS) und in Baselland mit der SP eine Allianz einging. Die EVP ihrerseits stieg in Bern und Baselstadt allein in die Wahlen; in Baselland schloss sie sich dem Bürgerblock an.
Eine grundsätzliche Wende in der Allianzenfrage vollzogen die
Sozialdemokraten. Während die Partei in der deutschen Schweiz bisher keine Wahlbündnisse geschlossen hatte, ging sie 1987 in acht Kantonen mit grünen Gruppierungen Listenverbindungen ein und gab damit ihrem "Willen zur Offnung" Ausdruck. Der häufigste Bündnispartner der SP war das Grüne Bündnis (LU, BS, SG, GR und AG). Dazu kamen die Grüne Partei (ZH), das Kritische Forum Schwyz und der LdU (BL). In die traditionelle Allianz mit der PdA in der Westschweiz (VD und GE) wurde in der Waadt auch das Grüne Bündnis aufgenommen
[13].
Jedoch scheiterten umfassende Wahlallianzen aller kandidierenden rot-grünen Gruppierungen — ausser in Luzern, Schwyz und Graubünden — meist an ideologischen Differenzen. In drei Kantonen (BE, ZG und FR) fand das Grüne Bündnis keine Allianzpartner, und die Grüne Partei kämpfte in der Westschweiz (VD, VS und GE) und im Tessin allein.
Als Reaktion auf die rot-grüne Herausforderung war eine verstärkte Tendenz zum bürgerlichen Schulterschluss erkennbar. Zum ersten Mal verbanden in Schwyz die FDP und die SVP, in Graubünden die FDP, die SVP und die CVP ihre Listen; im Kanton Neuenburg versöhnten sich Liberale und Radikale wieder, und in Baselland umfasste die bürgerliche Entente als viertes Element die EVP. In neun weiteren Kantonen bestanden die gewohnten Zweier- und Dreierbündnisse. Eine Wahlallianz aller teilnehmenden bürgerlichen Parteien bestand in acht Kantonen (ZH, BS, BL, SH, GR, AG, NE und GE), ein bürgerliches Bündnis ohne die CVP in fünf Kantonen (BE, SZ, FR, TG und VD).
Unter den rechts und rechtsaussen angesiedelten Gruppierungen kamen — ausser in Zürich
[14], Bern
[15] und St. Gallen
[16] — keine Listenverbindungen zustande: Die NA und die OFP marschierten getrennt. Ohne Partner zog ferner auch die erstmals kandidierende Autopartei in den Kampf.
Der Wahlkampf wurde bereits anfangs Jahr eröffnet. Er stand unter dem Zeichen der Umweltschutzproblematik, war jedoch eher flau und spielte sich hauptsächlich in den Medien ab. Spektakuläre Wahlerfolge der Grünen in kantonalen Wahlen, vor allem in Zürich, sowie zahlreiche Meinungsumfragen erregten die Erwartung eines grünen Erdrutsches bei den Nationalratswahlen. Allerdings blieben diese Prognosen nicht unbestritten
[17].
Zur Konzentration des Wahlkampfs auf das Umweltthema trugen auch die grossen Umweltschutzorganisationen bei, die sich mit der Publikation ihrer
Umwelttarife schon früh ins Gespräch brachten. Da sich das amtierende Parlament als unfähig erwiesen habe, der drohenden ökologischen Katastrophe wirksam zu begegnen und da Appelle an die Politiker nichts nützten, strebten sie durch gezielte Wahlempfehlungen eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat zugunsten der Umwelt an. Ihre erstmals national geführte Wahlkampagne war dreistufig und zeitlich gestaffelt: Eine erste Broschüre erklärte den "Umwelttarif" für verschiedene Politikbereiche. In einer zweiten Ausgabe wurde konkret aufgelistet, wie die einzelnen Nationalräte in 16 umweltrelevanten Namensabstimmungen der zu Ende gehenden Legislatur gestimmt hatten. Kurz vor den Wahlen präsentierten dann kantonahe und regionale Komitees in allen ausser einigen kleinen Deutschschweizer Kantonen namentliche Wahlempfehlungen. Massgebend für eine Aufführung auf diesen Umweltlisten war im Unterschied zu 1983 nicht nur das Umweltschutz-Engagement der Kandidierenden, sondern auch ihre Wahlchance
[18].
Die Umwelttarife lösten eine Welle von
weiteren Tarifen und Wahlempfehlungen aus, die dafür sorgten, dass der Wahlkampf sehr personenbezogen geführt wurde. Zuerst erschien der "Sozialtarif" der Sozialdemokraten, der unter Beschuss geriet, weil er mit dem Kriterium der Unterstützung sozialpolitischer Anliegen vor allem die Nähe der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur SP anzeigte. Ebenfalls nicht mehr ernst genommen wurde der "Demokratie- und Präsenztarif" des Landesrings, der auch parteiintern umstritten war. Auf die Aufstellung von Ranglisten und die Benotung einzelner Abgeordneter verzichteten dagegen der "Jugendtarif" der Eidgenössischen Kommission für Jugendfragen, der die Standpunkte der verschiedenen. Parteien zu aktuellen jugendpolitischen Fragen auflistete, und der " Frauentarif", der das Engagement der Parteien für die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Parlament untersuchte
[19]. Mit dem Ziel, mehr Frauen als bisher ins Parlament zu bringen, führten verschiedene Frauenorganisationen wie schon 1983 Unterstützungskampagnen durch. Wahlaufrufe zugunsten von Frauen fanden auch in den Medien Resonanz
[20]. Als direkte Reaktion auf den Umwelttarif forderte ferner die Autolobby in Inseraten dazu auf, keine Autogegner in die eidgenössischen Räte zu wählen, und einzelne regionale Strassenverkehrsverbände publizierten Empfehlungslisten mit ihren Wunschkandidaten. Auch andere Organisationen beschränkten sich nicht mehr auf die Propaganda für ihre Mitglieder, sondern warben neu für alle ihren Anliegen nahestehenden Kandidierenden
[21].
Da die Umweltschutzorganisationen mit dem "Umwelttarif 2“ ihre Wahlbombe schon im Frühling platzen liessen, hatten die unter Beschuss geratenen Parteien genügend Zeit, mit gezielten Kampagnen Gegensteuer zu geben. Bei den traditionell im Vorfeld der Wahlen abgehaltenen
Parteiprogrammtagungen ging es denn auch weniger um eine bindende Festlegung des Kurses der künftigen Politik, als vielmehr darum, in den Medien zu erscheinen und möglichst viele Wahlberechtigte anzusprechen. Besonders deutlich wurde dies bei den Freisinnigen, die das brisante und in der Partei im Anwendungsfall heftig umstrittene Instrument der Lenkungsabgaben in der Umweltschutzpolitik ohne Gegenstimme guthiessen. Die Konzentration auf den Umweltschutz, zu dem sich zumindest in der Werbung alle bekennen konnten, führte dazu, dass in den weitgehend von professionellen Agenturen konzipierten Kampagnen der grösseren Parteien mehr Gewicht auf allgemeine Slogans gelegt wurde als auf Stellungnahmen zu konkreten Sachfragen
[22].
Dass sich der Wahlkampf fast ausschliesslich in den Medien abspielte, und dass – etwa im Gegensatz zu amerikanischen Verhältnissen – öffentliche Veranstaltungen und Aktionen in der Schweiz kaum Resonanz finden, war bereits in früheren Wahlen festzustellen. Kaum helvetischen Gebräuchen entsprach hingegen, dass das Parlament kurz vor dem Urnengang wahlpolitisch motivierte Entscheide fällte. In der Herbstsession wurde auf Initiative der drei bürgerlichen Bundesratsparteien ein Sofortprogramm für die steuerliche Entlastung von Familien aus der Vorlage für eine Steuerharmonisierung herausgepickt und gegen den Widerstand des Bundesrates und der Linksparteien im beschleunigten Verfahren von beiden Kammern noch vor den Wahlen verabschiedet. Die Linke ihrerseits machte sich die im Zusammenhang mit den diversen Wahltarifen erhobene Forderung nach vermehrter Transparenz des Stimmverhaltens im Parlament zunutze. Die früher zweimal abgelehnte Einführung eines elektronischen Abstimmungsverfahrens im Nationalrat wurde am letzten Sessionstag in einer von der SP verlangten Abstimmung unter Namensaufruf deutlich gutgeheissen
[23].
Der
Werbeaufwand der Parteien und insbesondere der einzelnen Kandidierenden ist kaum zu überblicken. Nach begründeten Schätzungen nahm der Inserateaufwand, der den gewichtigsten Teil der Werbekosten ausmacht, gegenüber 1983 sowohl mengen- als auch kostenmässig um rund 20% ab. Gesamtschweizerisch wurden im Vorfeld der Nationalratswahlen 17 000 Inserate mit einem Bruttowert von 5,8 Mio Fr. publiziert (1983: 7,4 Mio Fr.). Für den gesamten Wahlkampf standen den einzelnen Parteien höchst unterschiedliche Werbebudgets zur Verfügung. Da sie diese nicht offenlegen müssen, bestehen hingegen keine zuverlässigen Zahlen. Auffällig waren die Differenzen bei den Summen, welche für einzelne Kandidierende ausgelegt wurden (zwischen 100 und rund 500 000 Fr.). Vor allem im bürgerlichen Lager standen zum Teil beträchtliche Mittel zur Verfügung
[24].
Nachdem sich der seit Kriegsende beobachtete massive Rückgang der Wahlbeteiligung 1983 zu stabilisieren schien, erreichte die Partizipation 1987
mit 46,5% einen erneuten Tiefstand und damit das tiefste Niveau seit Einführung der Proporzwahl 1919
[25]. In 22 Kantonen gingen weniger Stimmberechtigte zur Urne als vier Jahre zuvor. Nur in Zürich, Uri, Obwalden und Solothurn wurde wegen spannender Majorz-Kampfwahlen die Beteiligung von 1983 übertroffen
[26]. Die tiefste Partizipation verzeichneten die Majorzkantone Appenzell Innerrhoden (22,6%), Glarus (22,7%) und Nidwalden (23,4%), in denen einmal mehr ein direkter Zusammenhang zwischen der Mobilisierung der Stimmberechtigten und der Zahl der Bewerbungen festgestellt werden konnte (je ein Kandidat in GL und NW, der Bisherige und ein chancenloser Herausforderer in AI). Demgegenüber nahm in Obwalden und Uri, wo mit 4 bzw. 3 Bewerbungen um einen Sitz eine echte Auswahl bestand, die Beteiligung im Vergleich zu 1983 wieder stark zu (+20% bzw. +16%). Erheblich über dem schweizerischen Durchschnitt lagen die Stände mit traditionell hoher Beteiligung (SH, SO, TI, VS und LU), wobei die Partizipation in allen ausser Solothurn sank und in Schaffhausen erstmals unter 70% fiel.
Als wichtigste
Motive für die Wahlabstinenz weist die VOX-Analyse aufgrund von Befragungen neben okkasionellen Gründen (28% der Nicht-Teilnehmenden) weiterhin politisches Desinteresse (22%), Überforderung (20%) und Resignation (17%) nach
[27]. Bestätigt wurde auch die aus früheren Untersuchungen gewonnene Feststellung, dass Bürger und Bürgerinnen mit Bindung an eine Partei und insbesondere an eine Regierungspartei stärker partizipieren als parteipolitisch nicht festgelegte Wahlberechtigte. Während die bürgerlichen Bundesratsparteien – allen voran die SVP – die überdurchschnittliche Beteiligung ihrer Anhängerschaft wieder im Rahmen der letzten Wahlen halten konnten, gelang es der SP jedoch weniger gut, ihre Sympathisanten zu mobilisieren
[28]. Nach Berufsgruppen betrachtet, verzeichneten erneut die Angehörigen der niedrigen Lohnklassen stark unterdurchschnittliche Beteiligungsraten. Verglichen mit 1983 sank die Partizipation der Facharbeiter — und damit des traditionellen SP-Potentials — am stärksten (von 5% auf 15% unter dem Durchschnitt), gefolgt von jener der ungelernten Arbeiter (von -5% auf -9%) und jener der Beamten und Angestellten in einfacher Stellung (von -17% auf -18%). Den höchsten Mobilisierungsgrad (27% über dem Durchschnitt) erreichte demgegenüber die Grüne Partei, deren Anhängerschaft sich zu drei Vierteln an den Wahlen beteiligte.
Die "Hoffnungswahl" wurde für jene, die eine "rot-grüne Wende" erwartet hatten, zur Enttäuschung: Der prognostizierte Stimmenzuwachs der Grünen hielt sich in Grenzen und führte nur zum Teil zu Sitzgewinnen. Zudem ging der grüne Vormarsch hauptsächlich auf Kosten der
Sozialdemokraten, die mit 41 Sitzen und einem Wähleranteil von 18,4% ihr schlechtestes Ergebnis seit 1919 erzielten. Demgegenüber behaupteten die bürgerlichen Parteien ihre Position; allerdings wurde auch ihre Stammwählerschaft kleiner. Bei der SVP wirkten die prophezeiten Verluste und der dadurch in Frage gestellte Bundesratssitz zusätzlich mobilisierend, und sie konnte sich mit zwei Mandatsgewinnen (je 1 in ZH und AG) als Wahlsiegerin feiern lassen, obwohl ihr Wähleranteil leicht zurückging. Die FDP blieb gesamtschweizerisch die stärkste Partei, gefolgt von der CVP, welche die SP überrundete
[29].
Doch auch das
bürgerliche Lager steht nicht glanzvoll da. Wie alle Parteien mit Ausnahme der Grünen, des LdU und der neu teilnehmenden Autopartei büsste es gegenüber 1983 Wähleranteile ein (CVP -0,7%, FDP -0,4%, SVP und LP je -0,1 %). Allerdings verkleinerte sich dadurch nur die Nationalratsfraktion der FDP (je -1 Sitz in ZH, SG und VD). Die Liberalen gewannen ein Mandat in Baselstadt, und bei der CVP hielten sich 5 Gewinne und 5 Verluste die Waage
[30]. Trotz grösseren Wählereinbussen konnte die CVP dabei in St. Gallen — dank Listenverbindung mit der CSP — den Freisinnigen einen Sitz abnehmen und im Jura das bisherige SP-Mandat erobern. Auch bei den Sozialdemokraten, deren Wahlbilanz mit 6 Sitzverlusten (-4,4% Wähleranteil) schloss, entsprachen die Mandatsverschiebungen nicht immer den Wählerbewegungen
[31]. In Schwyz (-6,7%) verhalf ihnen das Bündnis mit dem Kritischen Forum zu einem Sitz, während sie im Jura (+7,7%) ihr Mandat ohne Listenverbindung mit den unabhängigen Christlichsozialen nicht mehr halten konnten. Für die kleinen Parteien wiederum — und insbesondere für die Grünen — wirkte sich die grosse Anzahl kleiner Wahlkreise einmal mehr ungünstig aus. Da in kleinen Kantonen ein Drittel bis die Hälfte, in mittelgrossen 10—20% aller Stimmen für ein Mandat erforderlich sind und somit für 82 der 200 Nationalratssitze ein faktisches Quorum von mindestens 10% der Stimmen besteht, gingen sie vielerorts trotz grossen Gewinnen an Wähleranteilen leer aus
[32]. So erzielte etwa das Kritische Forum Schwyz auf Anhieb 12% der Wählerstimmen, jedoch keinen Sitz. Ahnlich erging es dem Grünen Bündnis in Luzern, Zug, Solothurn, und Graubünden sowie der Grünen Partei in Baselland. Zusammen vereinigten die Grünen zwar 9% der Wählerinnen und Wähler auf sich, gewannen aber nur 13 Sitze, während die SVP mit 11% Wähleranteil auf 25 Mandate kam.
Nach aktuellen Parteistärken betrachtet, lässt sich die politische Geographie folgendermassen charakterisieren: Der Vormarsch der Grünen setzte sich fort, und sie legten neu vor allem auch in ländlicheren Kantonen zu. Allerdings stagnierten sie mit Ausnahme von Freiburg in der Romandie und steckten in Neuenburg gar leichte Verluste ein. Die Überfremdungsparteien konnten dagegen trotz Comeback-Versuchen in einigen Kantonen das 1983 gewonnene Terrain nicht halten und verloren vor allem in ihren bisherigen Hochburgen. Ein Teil ihrer Wählerschaft dürfte zur Autopartei abgesprungen sein, welche auf Anhieb zum Teil beachtliche Wähleranteile erzielte (über 5% in TG, AG und SG). Die Wählerstärke des bürgerlichen Lagers nahm in fast allen Kantonen ab. Ins Gewicht fielen vor allem die Einbussen in Schwyz (-10,3%), Graubünden (-8,8%), St. Gallen (-6,7%), Zug (-5,5%) und Freiburg (-3,7%), in denen die Grünen und zum Teil auch die Autopartei auf dem Vormarsch waren. Grössere Wählergewinne verbuchte der Bürgerblock nur in Genf (+3,1%), wo die Vigilance fast 40% der Stimmen und damit ihren Sitz verlor. Auffällig sind ferner die Einbussen der Freisinnigen in St. Gallen und im Tessin; andererseits konnte die FDP in Schaffhausen wieder Terrain gut machen und in Obwalden auf Anhieb über 30% der Stimmen erzielen. Die Christlichdemokraten ihrerseits hatten gerade in traditionellen CVP-Hochburgen die grössten Verluste zu verzeichnen (OW, SZ, ZG, JU). In den eher ländlichen und katholischen Kantonen holte zudem das grüne und linke Lager auf. Die SVP schliesslich gewann im Aargau und in Zürich, wo sich der aufwendige Ständeratswahlkampf Christoph Blochers wenigstens in einem weiteren Nationalratsmandat auszahlte, verlor allerdings leicht im Kanton Bern.
Für die
Sozialdemokraten waren die Wählereinbussen in der deutschen Schweiz beträchtlicher als in der Romandie. Ausser in Schaffhausen, Zug und Luzern verloren sie in allen Deutschschweizer Ständen massiv (zwischen 5 und 10%), während in den welschen Kantonen der höchste Verlust 2,2% (NE) betrug und in der Waadt (+0,6%) und im Jura (+7,7%) gar Gewinne zu verzeichnen waren. Dieses unterschiedliche Abschneiden kann mit dem unterschiedlichen Auftreten der SP vor den Wahlen in Zusammenhang gebracht werden. In der deutschen Schweiz kam die Öffnung und der Identitätswandel der Partei stärker zum Ausdruck, was sich unter anderem im Eingehen von Wahlallianzen mit den Grünen zeigte. Mit der Integration der ökologischen in die soziale Thematik gelang es der SP zwar, neue Wählerschichten anzusprechen, dagegen konnte sie die traditionelle, gewerkschaftlich orientierte Wählerschaft kaum mobilisieren – wie die schlechteren Resultate der Gewerkschafter auf den SP-Listen oder gar die Abwahlen einzelner Exponenten zeigen. So wurden trotz Sitzverlusten eine Reihe von SP-Politikerinnen und Politikern des linksintellektuellen Flügels gewählt, die sich durch ihr Engagement für Umweltfragen einen Namen gemacht hatten und die nun bestandene Gewerkschaftsvertreter verdrängten
[33].
Die Sozialdemokraten hatten denn auch mit acht
nicht wiedergewählten Bisherigen am meisten unfreiwillige Rücktritte zu verkraften
[34]. Die Zürcher Gewerkschafter Albert Eggli, Otto Nauer und Walter Renschler schieden ebenso aus wie die Aargauer Max Chopard und Herbert Zehnder sowie der Schaffhauser Walter Stamm. Mit Dario Robbiani, der im Zusammenhang mit dem Tessiner Parteistreit erfolglos auf einer dissidenten Liste kandidiert hatte, verlor die SP-Fraktion gar ihren Präsidenten. Nicht mehr gewählt wurde auch die Walliserin Françoise Vannay. Dagegen gelang der Comeback-Versuch des Genfers Jean Ziegler. Beim Freisinn wurden Luciano Giudici (TI), Marcel Dubois und Pierre-David Candaux (beide VD) sowie Jean Revaclier (GE) von Parteikollegen überrundet. Auf Sitzverluste der Partei zurückgeführt werden kann das Ausscheiden der übrigen Bisherigen Hugo Wick (cvp, BS), Margrit Camenzind (cvp, TG), Barbara Gurtner (poch-gbs, BE), Valentin Oehen (öfp, BE) und Mario Soldini (vig., GE).
In mehr als der Hälfte der Wahlkreise ergaben die Wahlen bezüglich der Sitzzahlen überhaupt keine parteipolitischen Veränderungen
[35]. Insgesamt wechselten 19 der 200 Sitze die Partei
[36]. Personell erneuerte sich der Nationalrat um mehr als einen Drittel
[37]. Dabei wurde die weibliche Vertretung überdurchschnittlich aufgefrischt: Von den 29 gewählten Nationalrätinnen sind 14 neu
[38]. Auffällig war ferner eine verstärkte Tendenz weg von Parteien in Richtung "Persönlichkeitswahl". Es wurde vermehrt panaschiert, und auch die Beliebtheit der freien, parteipolitisch neutralen Listen stieg weiter an
[39]. Die vor den Wahlen präsentierten Tarife und die Wahlempfehlungen von Interessengruppen verwischten die Parteigrenzen zusätzlich.
Die Wahlen für 37 der 46 Ständeratssitze änderten parteipolitisch wenig an der Zusammensetzung der kleinen Kammer
[40]. Als
Gewinnerin kann die CVP bezeichnet
werden, die ihre Dominanz noch ausbaute und erstmals zwei Frauen stellt. Die SP, die aufgrund der ersten Resultate eine Wahlniederlage befürchten musste, ging nach verschiedenen zweiten Wahlgängen schliesslich nur leicht geschwächt aus den Wahlen hervor
[41]. Zwar konnte sie in Neuenburg, Baselland und Solothurn ihre bisherigen Sitze nicht halten, doch gelang es ihr in der Waadt mit Yvette Jaggi und im Thurgau mit Thomas Onken überraschend, die bürgerliche Doppelvertretung zu sprengen. Einen persönlichen Erfolg konnte Monika Weber (ldu, ZH) verbuchen; sie siegte über den Verteidiger des SVP-Sitzes, Christoph Blocher, und überflügelte dabei auch den bisherigen Freisinnigen Jagmetti um fast 10 000 Stimmen. Ebenfalls überraschend gelang der Durchbruch einer weiteren Frau, der Solothurnerin Rosmarie Simmen (cvp). Dagegen scheiterte die bisherige Genfer Vertreterin Monique Bauer (ex-lp), die nach Differenzen mit ihrer Partei auf einer eigenen Liste kandidiert hatte. Nicht mehr bestätigt wurden auch der Jurassier Roger Schaffter (cvp), den ein jüngerer Parteikollege überrundete (Proporzwahl), sowie der Thurgauer Freisinnige Heinz Moll, der gegen den SP-Herausforderer unterlag
[42].
Sieben bisherigen Nationalräten gelang der Wechsel ins Stöckli: dem Aargauer Bruno Hunziker und dem Luzerner Kaspar Villiger bei der FDP, dem Thurgauer Hans Uhlmann bei der SVP, der Zürcherin Monika Weber beim LdU, der Waadtländer Sozialdemokratin Yvette Jaggi sowie den Liberalen Jean Cavadini (NE) und André Gautier (GE). Dagegen schafften die Sozialdemokraten Rudolf Ruch (SO), Heidi Deneys (NE) und Amélia Christinat (GE) sowie der Ex-Freisinnige Karl Flubacher (BL) den Wechsel nicht und schieden aus der eidgenössischen Politik aus.
Die kleine Kammer wurde um fast die Hälfte erneuert. Obwohl auch 3 neue Frauen gewählt wurden, stellen nur gerade 5 Kantone (ZH, LU, SO, SH und VD) Ständerätinnen. In diesem Zusammenhang wurde die Forderung nach Geschlechterparität bei den Standesvertretungen laut
[43].
Trotz der starken personellen Erneuerung ist das Parlament – verglichen mit 1983 – nur unwesentlich jünger geworden. Im Nationalrat liegt das durchschnittliche
Alter weiterhin bei knapp über 50, im Ständerat bei 54,5 Jahren. Auffallend ist jedoch, dass die Parlamentarierinnen deutlich jünger sind; über ein Drittel von ihnen ist weniger als 40 Jahre alt. Auch im neuen Parlament sind die selbständigen Anwälte und die Landwirte sehr gut vertreten. Starke
Berufsgruppen bilden ebenfalls wieder die vollamtlichen Politiker auf kantonaler und kommunaler Ebene sowie die Lehrerschaft. Schlechter vertreten sind dagegen die Funktionäre der gewerkschaftlichen und bäuerlichen Interessenorganisationen
[44].
Ein Blick auf die
Namen der Gewählten deutet darauf hin, dass das bürgerliche Lager an Homogenität verlor und die Polarisierung künftig auch innerhalb der Fraktionen zunehmen könnte. Auf der einen Seite wurde vor allem beim Freisinn das wirtschaftsfreundliche Lager gestärkt, etwa durch den Motor-Columbus-Vizedirektor Ulrich Fischer (AG), den konservativen Gewerbler Hans-Rudolf Gysin (BL) oder die Handelskammerdirektoren Rolf Mauch (AG) und Adriano Cavadini (TI). Bei der CVP und der SVP blieb der bäuerlich-gewerbliche Flügel etwa gleich stark. Nicht zu übersehen ist jedoch, dass auch im bürgerlichen Lager Personen Einzug hielten, die eine mehr oder weniger betont ökologische Politik verfolgen. Zu nennen sind etwa die Freisinnigen Lili Nabholz-Haidegger (ZH), René Rhinow (BL), Guy-Olivier Segond (GE) und Rolf Büttikofer (SO) sowie die CVP-Abgeordneten Fulvio Caccia (TI), Eugen David (SG) und Rosemarie Dormann (LU). Das gute Abschneiden bürgerlicher "Grüner" ist nicht zuletzt auf die Wahlempfehlungen der Umweltorganisationen zurückzuführen. Insgesamt wurden 54 Frauen und Männer gewählt, die auf den Umweltlisten aufgeführt waren, darunter neun Abgeordnete aus dem Lager der bürgerlichen Bundesratsparteien. Insbesondere bei der CVP fanden diese Empfehlungen gute Beachtung
[45].
Ebenfalls einen gewissen Erfolg hatte der Aufruf, vermehrt
Frauen zu wählen. Wenn auch noch lange nicht die Hälfte des Parlaments weiblich ist, so nahm der Frauenanteil doch zu: In den Nationalrat wurden 29 oder 14,5%, in den Ständerat 5 oder 10,9% Frauen gewählt (1983: 22 oder 11 % bzw. 3 oder 6,5%). Die meisten Parlamentarierinnen stellt wie schon bisher die SP, die 12 (29,3%) Frauen in den National- und 2 (40%) in den Ständerat brachte. An zweiter Stelle, aber prozentual schon leicht unter dem Durchschnitt, folgt die CVP mit 5 National- (11,9%) und 2 Ständerätinnen (10,5%). Im Verhältnis zu ihren Sitzzahlen überdurchschnittlich viele Frauen wurden wie 1983 bei den POCH-Grünen (50%), bei der Grünen Partei und beim Landesring (je 33,3%) gewählt. Erstmals schaffte mit Elisabeth Zölch-Balmer auch eine SVP-Politikerin die Wahl in den Nationalrat, und da für den neuen Bundesrat Adolf Ogi eine weitere Frau nachrückte, sitzen nun zwei SVP-Nationalrätinnen im Parlament. Obwohl die SVP bezüglich Frauenfreundlichkeit in der vergangenen Legislatur nicht gerade glänzte, gelang es ihr als einziger Partei, erheblich mehr Wählerinnen als 1983 hinter sich zu scharen. Galt die SVP bis anhin als ausgesprochene Männerpartei, deren Wählerschaft 1983 nur zu 28% aus Frauen bestand, kann sie nun mit einem etwa gleich hohen Frauenanteil rechnen wie die übrigen Parteien (44%)
[46].
Im Anschluss an den Wahlerfolg der Grünen Partei, die mit 9 Abgeordneten Fraktionsstärke erreichte, stellte sich die Frage, wie sich die Grünen und die
Gruppierungen links der SP organisieren würden. Die GPS begrüsste zwar eine Zusammenarbeit, lehnte hingegen eine Fraktionsgemeinschaft mit anderen grünen Kräften ab. Die von der POCH angestrebte Fraktion mit dem PSA, der PdA und dem Grünen Bündnis scheiterte. Nachdem sich Werner Carobbio (psa, TI) nach einigem Zögern entschieden hatte, der SP-Fraktion beizutreten, und Hanspeter Thür (gbs, AG) keine Gemeinschaft mit dem PdA-Vertreter Spielmann (GE) eingehen wollte, blieben nur noch vier Abgeordnete, was zur Bildung einer Fraktion nicht reicht
[47].
Kantonale und kommunale Wahlen
Bei den Wahlen in kantonale und kommunale Parlamente vom Frühjahr wurde der Trend der letzten Jahre noch verstärkt
[48]. Die Grünen waren überall auf dem Vormarsch und erzielten zum Teil spektakuläre Gewinne. Aufsehen erregten die Wahlsiege der Grünen Partei im Kanton Zürich und in der Stadt Genf, aber auch die Sitzgewinne des Grünen Bündnisses in den Kantonen Baselland und Luzern gaben zu reden. Ebenfalls zu den Gewinnern gehörte die nationale Rechte, die in Zürich, Baselland und im Tessin zulegte, in der Stadt Genf jedoch grössere Verluste einstecken musste. Die Regierungsparteien büssten weiter an Terrain ein, allerdings in unterschiedlichem Ausmass. Während die SP nur kleinere Einbussen zu verzeichnen hatte, waren die eigentlichen Verlierer die bürgerlichen Parteien, die vor allem in Zürich, aber auch in Baselland und im Tessin, zum Teil erhebliche Verluste erlitten. Das relativ gute Abschneiden der Linken gab denn auch Anlass, für die eidgenössischen Wahlen nicht nur einen grünen Vormarsch, sondern eine "rot-grüne Wende" zu prognostizieren.
Klimaprägend in diesem Sinn waren die Kantonsratswahlen im Kanton Zürich, wo ein grüner Erdrutsch zu massiven Kräfteverschiebungen im Parlament führte.
Die Grünen (GP) eroberten 18 zusätzliche Mandate und stellen nun mit 22 Abgeordneten die viertgrösste Fraktion. Zulegen konnte auch die NA, die wieder Fraktionsstärke erreichte. Während die SP nur ein Mandat einbüsste, erlitt der Bürgerblock eine empfindliche Niederlage und konnte die absolute Mehrheit nur knapp halten (FDP, CVP und SVP mussten zusammen 16 Mandate abtreten). Zu den Verlierern gehörten auch die EVP und der LdU. Ein Blick auf die Wähleranteile zeigt, dass alle etablierten Parteien Einbussen verzeichneten. Ins Gewicht fiel der Rückgang der SP, bei der sich zwar das Proporzpech der letzten Wahl nicht wiederholte, der es aber nicht gelang, inen Teil der massiven Sitzverluste von 1983 wettzumachen. Stimmen zulegen konnten neben den Grünen und der NA auch die POCH, die zusammen mit den "Grün Alternativen" und "Frauen macht Politik!" (FRAP) angetreten war, sowie mehrere kleine Gruppierungen, von denen die meisten das Attribut "grün" in ihrer Listenbezeichnung führten. Angesichts der markant erhöhten Stimmbeteiligung ist der Erfolg der Grünen auch darauf zurückzuführen, dass sie neue Wählerschichten zu mobilisieren vermochten, was den etablierten Parteien, die sich im Wahlkampf besonders grün gaben, nicht gelang. Die erstmals abgegebenen Wahlempfehlungen der Umweltorganisationen zeigten Wirkung, indem ein grosser Teil ihrer Wunschkandidaten gewählt wurde. Die Frauen konnten ihren Anteil im Parlament von 27 auf 37 Sitze bzw. von 15% auf 20,6% vergrössern
[50].
Auch bei den Parlamentswahlen in Baselland waren die Grünen die grossen Sieger. Die unter dem Namen "Grüne Baselbiet" angetretene Allianz von POCH, Grüner Liste, Grüner Partei und parteilosen Grünen konnte die bisherigen 4 POCH-Sitze auf 10 Mandate aufstocken und etablierte sich damit als viertstärkste Fraktion im Landrat. Mit 3 Sitzgewinnen und einem Wahlerfolg von Zentralpräsident Rudolf Keller gehörte auch die NA zu den Gewinnern; ihr Schüren der Angst vor der "Asylantenflut" zahlte sich offensichtlich aus. Während die SVP und die EVP stagnierten und die Regierungsparteien FDP, CVP und SP ihre Verluste in Grenzen halten konnten, schrumpfte die LdU-Vertretung von 3 Mandaten auf eines, und die Liberalen schieden aus dem Landrat aus.
Die markanten Stimmengewinne der "Grünen Baselbiet" wurden einem "Schweizerhalle-Effekt" zugeschrieben, hatte doch die Chemiekatastrophe vom November 1986 zu einem geschärften Bewusstsein für Umweltfragen geführt, das sich nicht zuletzt in einem angeschlagenen Vertrauen in die etablierte Politik äusserte. Gute Beachtung fanden die erstmals abgegebenen Wahlempfehlungen der Umweltorganisationen, die ihr Ziel einer ökologisch sensiblen Mehrheit im Landrat erreicht sahen. Der Anteil der Frauen erhöhte sich auf knapp einen Fünftel (16 Sitze oder 19%; 1983: 12 Sitze oder 14,3%)
[51].
Die Wahlen in den Grossen Rat des Kantons Luzern führten ebenfalls zu
markanten Gewinnen der Grünen. Das aus einer Öffnung der POCH hervorgegangene Grüne Bündnis (inkl. Bunte Liste Sursee) erhöhte seine Sitzzahl von 11 auf 16 und wurde zur drittstärksten politischen Formation noch vor der SP, die leicht an Terrain einbüsste. Einen weiteren Sitz, der dem links-grünen Lager zugerechnet werden kann, eroberte die "Unabhängige Frauenlist(e)" mit einer ehemaligen POCH-Grossrätin. Auch in Luzern hatten die Umweltschutzorganisationen erstmals Wahlempfehlungen abgegeben. Neben dem Erfolg der Grünen fiel am Ergebnis der Luzerner Wahlen die Konstanz der grossen bürgerlichen Parteien auf. Die Liberalen (FDP) verteidigten ihren Besitzstand erfolgreich; die CVP verlor zwar zwei Sitze und damit die absolute Mehrheit, stellt aber noch die Hälfte der 170 Grossräte. Opfer des grünen Vormarsches wurde der LdU, dessen Talfahrt 1975 mit dem Erstarken der POCH begonnen hatte und der nun nicht mehr vertreten ist. Im neuen Parlament sitzen 31 Frauen (32 gewählt = 18,8%; 1983: 28 = 16,5%)
[52].
Bei den Neuwahlen des Kantonsparlaments im Tessin kam es zu einer
leichten Verschiebung nach links. Die SP konnte ihre Position mehr oder weniger halten, obschon die dissidente Gruppierung um Nationalrat Dario Robbiani (Comunità dei socialisti ticinesi, CST) mit einer eigenen Liste in den Kampf gestiegen war und drei Sitze gewann. Der PSA verlor leicht, dafür zog neu die SAP mit einem Vertreter in den Grossen Rat. Einen im Tessin unerwarteten Erfolg erzielte die links der Mitte angesiedelte Ökologische Bewegung (MET, Mitglied der GPS) mit zwei Mandaten. Ferner eroberte auch die ÖFP mit Valentin Oehen einen Sitz. Die grossen bürgerlichen Parteien FDP und CVP mussten je zwei Mandate abgeben. Die Vertretung der Frauen stieg von 8 auf 12 Parlamentarierinnen (8,9% bzw. 13,3%)
[53].
Die Wahlen in Graubünden ergaben eine unerwartet grosse Änderung in der parteipolitischen Zusammensetzung des Grossen Rates. Mit 5 Sitzgewinnen
verdoppelte die SP ihre Mandatszahl und machte damit die Verluste von 1985 mehr als wett. Ihr Erfolg wurde darauf zurückgeführt, dass sie die Stimmen potentieller "Grün-Wählender" erhielt. Zwar bewarben sich in Ilanz und im Domleschg erstmals Grüne auf "Freien Listen", doch in Chur, wo die SP 3 Mandate hinzugewann, fehlte das Element "grün". Ebenfalls zu den Gewinnern gehörten die Freisinnigen, während die beiden stärksten Parteien SVP und CVP Sitze einbüssten. Eine Niederlage erlitt der Landesring, der mit der Abwahl des Churer Stadtpräsidenten Andrea Melchior sein einziges Grossratsmandat verlor. Der bisher schon bescheidene Anteil der Frauen ging von 6 auf 5 Grossrätinnen zurück und beträgt noch 4,2%
[54].
In Appenzell Ausserrhoden, wo die Freisinnigen traditionsgemäss klar dominieren, bestätigten die Erneuerungswahlen für das Kantonsparlament die Stabilität der politischen Verhältnisse
[55]. Genaue Angaben über Sitzverteilung und -verschiebungen sind jedoch nicht möglich: Die Parteien spielen bei den Wahlen eine untergeordnete Rolle, und es gibt im Ausserrhoder Parlament keine Fraktionen
[56]. Angesichts des Majorzsystems und der Einheitslisten in den meisten Gemeinden ist die Hürde für neue Gruppierungen sehr hoch. So blieben die erstmals angetretenen Grünen, die in Herisau und Teufen als "Landesring und Freie Umweltliste" kandidiert hatten, ohne Erfolg.
Bei den Erneuerungs- und Ersatzwahlen in kantonale Exekutiven wechselte – trotz Rücktritten und einer Vielzahl von Kampfkandidaturen – nur im Tessin ein Regierungssitz die Partei
[57]. Hingegen wurden nicht immer die parteioffiziellen Kandidaten gewählt.
Aufsehen erregten die Ersatzwahlen in Solothurn. Als Nachfolger für ihren zurückgetretenen Regierungsrat Walter Bürgi portierte die FDP Nationalrat Willy Pfund. Die Nichtnomination der ebenfalls bestens ausgewiesenen FDP-Politikerin Cornelia Flieg löste in der Parteibasis und insbesondere bei den Frauen Enttäuschung und Unmut aus und führte zu einer "wilden" Kandidatur Füegs, unterstützt durch ein Komitee "Freisinnige für eine echte Volkswahl". Dies wurde von den Anhängern Pfunds heftig kritisiert, und sie gründeten darauf ihrerseits ein Unterstützungskomitee "Freisinnige für Fairness und Glaubwürdigkeit". Das Duell Füeg gegen Pfund dominierte denn auch den Wahlkampf. Unbestritten war dagegen der Anspruch der Sozialdemokraten, nach dem Rücktritt des dissidenten SP-Regierungsrates Gottfried Wyss, der 1985 gegen seine Partei und mit Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager seinen Sitz verteidigt hatte, wieder einen offiziellen Vertreter in der Regierung zu stellen. Der Urnengang brachte – obwohl niemand das absolute Mehr erreichte – insofern eine Entscheidung, als Füeg ihren Parteikollegen weit überrundete, während der SP-Kandidat Rolf Ritschard einen guten zweiten Platz einnahm. Darauf zog sich Pfund zurück, und Füeg und Ritschard wurden als gewählt erklärt. Mit Cornelia Füeg stellt Solothurn die erste Freisinnige und die fünfte Frau überhaupt in einer kantonalen Exekutive
[58].
Auch bei einer Ersatzwahl in den Regierungsrat des Kantons Uri, die durch die Ernennung von Hansheiri Dahinden (fdp) zum Direktor der Zentralstelle für Gesamtverteidigung nötig geworden war, wurde nicht der offiziell nominierte FDP-Kandidat, Peter Baumann, gewählt, sondern sein Parteikollege Peter Mattli, der fast doppelt so viele Stimmen erhielt. Als ausschlaggebend für das überraschende Resultat wurde die bisherige Untervertretung des Urner Oberlandes in der Regierung angeführt
[59].
Mit einer grossen Überraschung endeten die Gesamterneuerungswahlen im Tessin. Die Spitzenkandidaten der beiden zerstrittenen sozialistischen Lager, die sich den fünften Regierungssitz streitig gemacht hatten, der Sozialdemokrat Rossano Bervini und der autonome Sozialist Pietro Martinelli (psa), wurden beide in die Regierung gewählt. Dafür musste der amtierende CVP-Staatsrat Fulvio Caccia, der bisher stets mit dem besten Resultat im Amte bestätigt worden war, über die Klinge springen. Für diesen Wahlausgang, der die seit 1922 gültige Regierungs-"Zauberformel" (2 FDP, 2 CVP, 1 SP) umstiess und allgemein Konsternierung auslöste, ist einerseits das Tessiner Wahlsystem (Proporzwahl), andererseits das massive Eingreifen der bürgerlichen Parteien in die Auseinandersetzungen der Linken verantwortlich. Der Wahlkampf hatte ganz im Zeichen der sozialistischen Flügelkämpfe gestanden. Niemand zweifelte an der Wiederwahl der bisherigen FDP- und CVPStaatsräte, doch rechnete man damit, dass der Sozialdemokrat Bervini durch den PSA-Kandidaten Martinelli verdrängt werden könnte. Da die rechten Flügel von FDP und CVP bei einem PSA-Sieg die Regierungsfähigkeit des Kantons in Gefahr sahen, machten sie sich für die Sicherung des SP-Sitzes stark, wodurch die bürgerlichen Parteien in hohem Ausmass Panaschierstimmen an die Linke verloren
[60].
Die Erneuerungswahlen in den übrigen Kantonen bestätigten die parteipolitische Zusammensetzung der Exekutive. In Baselland dominierte die Kritik an Affären und Ungereimtheiten in der Amtszeit der bisherigen Regierung den Wahlkampf. In Inseraten prangerte ein überparteiliches "Komitee für eine glaubwürdige Baselbieter Regierung" Kompetenzüberschreitungen, Auslandreisen sowie umstrittene Spesenbezüge an und appellierte an die Wählerschaft, der "Arroganz der Macht" im Baselbiet ein Ende zu setzen. Der Wahltag wurde indessen nur insofern zum Zahltag, als der am meisten unter Beschuss geratene Freisinnige Paul Nyffeler mit dem schlechtesten Resultat wiedergewählt wurde. Mit Unterstützung des Bürgerblocks konnte auch der zweite FDP-Sitz mit Hans Fünfschilling, der für den kurz vor den Wahlen im Amt verstorbenen Markus van Baerle (fdp) nominiert worden war, wieder besetzt werden. Dagegen gelang es der SP auch diesmal nicht, den 1963 an die FDP verlorenen zweiten Regierungssitz zurückzuerobern. Mit dem besten Resultat wurde Ständerat Eduard Belser (neu) gewählt; der zweite SP-Kandidat erreichte zwar das absolute Mehr, schied aber als überzählig aus. Ebenfalls auf der Strecke blieben die drei Kandidatinnen der POCH-Grünen sowie ein NA-Herausforderer
[61].
Bei den Regierungsratswahlen im Kanton Luzern waren drei Sitze neu zu besetzen. Die CVP nutzte die Chance, mit Brigitte Mürner die erste Regierungsrätin der Innerschweiz zu stellen. Für die Nominierung einer Frau spielte nicht zuletzt die Überlegung eine Rolle, dass es sich die CVP im Hinblick auf die Wahrung der absoluten Mehrheit im Kantonsparlament nicht leisten könne, die Stimmen der Frauen zu verscherzen. Mehr symbolischen Charakter hatte die Kandidatur der Unabhängigen Frauenliste (UFL), die mit einer vollen 7er-Liste eine Korrektur der Amterverteilung zugunsten der Frauen anstrebte, doch prägte sie das Klima mit, das den Durchbruch einer CVP-Frau möglich machte. Ohne Unterstützung der bürgerlichen Parteien trat diesmal die SP an, die ihren Regierungssitz mit Paul Huber verteidigte. Dieser wurde vor allem von den Liberalen (FDP) als zu links bekämpft. Zudem erwuchs ihm ernsthafte Konkurrenz durch die Kandidierenden des Grünen Bündnisses (GB). Im ersten Wahlgang wurden die sechs Bürgerlichen (4 CVP, 2 FDP) gewählt, neu neben Brigitte Mürner auch Klaus Fellmann (cvp)
[62].
Trotz dem Rückzug von GB und UFL kam es zu einem zweiten Wahlgang, da der "Info-Club für freies Unternehmertum" Paul Renggli in den Kampf gegen den SP-Kandidaten schickte. Die' bürgerlichen Parteien sprachen sich zwar gegen Renggli und für die weitere Regierungsbeteiligung der SP aus, doch war ihnen Huber nicht genehm. Während die CVP diesen doch noch halbherzig akzeptierte, versuchten die Liberalen vergeblich, einen ihnen genehmeren Sozialdemokraten zu portieren. Schliesslich wurde Huber mit relativ wenig Vorsprung auf Renggli bei einer auffallend hohen Stimmenthaltung gewählt, und die SP feierte den Sieg.der sozialdemokratischen Solidarität gegen den grossen bürgerlichen Druck
[63].
Im Kanton Zürich bestätigten die Wahlen in den Regierungsrat einmal mehr die seit 1963 bestehende "Zauberformel" (2 FDP, 2 SVP, 1 CVP, 1 LdU, 1 SP). Selbst mit Elmar Ledergerber, dem allgemein sehr gute Chancen eingeräumt worden waren, konnte die SP ihren vor 24 Jahren verlorenen zweiten Regierungssitz nicht zurückgewinnen. Ledergerber erreichte — wie auch der als WWF-Geschäftsführer bekannte unabhängige Kandidat Roland Wiederkehr — das absolute Mehr, doch schieden beide als überzählig aus der Wahl. Keine Chance hatten auch die übrigen von den Umweltorganisationen empfohlenen Herausforderer, die Kandidaten der EVP und der Grünen Partei, sowie weitere Aussenseiterkandidaturen. Trotz dem grünen Erdrutsch und der Niederlage der bürgerlichen Parteien bei den Kantonsratswahlen wurde der Regierungsrat von der grünen Welle nicht erfasst, und der Bürgerblock gewann mit den bisherigen Regierungsmitgliedern und den beiden Nachfolgekandidaten Eric Honegger (fdp) und Hans Hofmann (svp) die Wahl. Auch der von einem überparteilichen bürgerlichen Komitee unterstützte Alfred Gilgen (ldu), dessen Wiederwahl gefährdet schien, wurde bestätigt. Einen persönlichen Erfolg konnte Hedi Lang (sp) verbuchen, die das beste Ergebnis erzielte und den bisherigen Spitzenreiter Jakob Stucki (svp) hinter sich liess. Da das Majorzsystem Minderheitskandidaturen benachteiligt, lancierte der Ex-Regierungsratskandidat Roland Wiederkehr zusammen mit einem Komitee nach den Wahlen eine Volksinitiative für das Proporzverfahren bei Regierungsratswahlen
[64].
Ohne Spannung verliefen die Wahlen in den beiden Appenzeller Halbkantonen, in denen sich die Regierung jährlich zur Wiederwahl stellen muss. An der Landsgemeinde von Appenzell Ausserrhoden wurden die bisherigen Regierungsmitglieder bestätigt und Finanzdirektor Hans Ueli Hohl (fdp) zum Landammann für die nächsten drei Jahre gewählt; in Appenzell Innerrhoden ersetzte Josef Sutter (cvp) seinen zurückgetretenen Parteikollegen Josef Manser
[65].
Wahlen in grösseren Städten
Bei den Gemeindewahlen in der Stadt Genf eroberte die
Grüne Partei 11 von 80 Sitzen und zog damit gleich als
drittgrösste Fraktion neu ins Parlament ein. Der grüne Schub führte zu Einbussen aller übrigen Parteien. Markant fielen die Vigilants zurück, die in den Grossratswahlen vom Herbst 1985 noch einen erdrutschartigen Sieg verbucht hatten. Zwar waren sie in einigen Agglomerationsgemeinden noch im Aufwind, doch in der Hauptstadt scheinen sie ihren Zenit überschritten zu haben. Ebenfalls grössere Verluste verzeichnete die SP, während die PdA überraschend gut abschnitt. Die Frauen erreichten mit 19 Gewählten einen Anteil von 23,8% der Abgeordneten
[66].
Nach ihrem Wahlsieg rechneten sich die Grünen gute Chancen aus, einen Sitz in der Stadtgenfer Exekutivbehörde zu erobern. Dabei genoss ihr Kandidat die Unterstützung der bürgerlichen Entente genevoise, die — nach dem Verzicht der Liberalen auf eine Kampfkandidatur um den PdA-Sitz — auf diesem Wege die Kommunisten aus der Regierung zu verdrängen hoffte. Gefährdet war auch die Vertretung der Sozialisten, da der bisherige SP-Administrativrat Claude Ketterer aus der Partei ausgetreten war, nachdem ihn diese nicht mehr portieren wollte, und seinen Sitz mit einer eigenen Liste verteidigte. Obwohl die Wahlen schliesslich nichts an der parteipolitischen Zusammensetzung der Genfer Regierung änderten, brachten sie mehrere Uberraschungen: Der PdA gelang es auch nach dem Rücktritt des populären Roger Daflon, ihren Sitz zu verteidigen, und der Kandidat der Grünen blieb auf der Strecke. Nicht mehr gewählt wurde der amtierende Stadtpräsident Ketterer (exsp); dagegen zog — nach der Freisinnigen Lise Girardin — mit der Sozialistin Jacqueline Burnand zum zweiten Mal eine Frau in die Stadtgenfer Exekutive ein
[67].
Der grüne Trend der Luzerner Grossratswahlen wurde bei den Wahlen für das Parlament der Stadt Luzern gebremst. Das Grüne Bündnis gewann nur einen Sitz mehr als die POCH 1983 und ist nun gleich stark vertreten wie die SP, die zwar mandatsmässig stagnierte, ihren Wähleranteil jedoch steigern konnte
[68]. Die Unabhängige Frauenliste, die wie das Grüne Bündnis aus der Offnung der POCH hervorgegangen war, holte auf Anhieb ein Mandat. Einen Sitzgewinn und damit einen Ausbau ihrer Position als stärkste städtische Partei konnten die Liberalen (FDP) verbuchen. Auf der Verliererseite standen wie bei den Grossratswahlen die CVP und der.LdU, der sein einziges Mandat verlor. Mit 11 Parlamentarierinnen — 3 mehr als 1983 — erhöhte sich der Anteil der Frauen im Grossen Stadtrat von 20% auf 27,5%
[69].
Bei den Wahlen für die Luzerner Exekutive wurden die bisherigen Stadträte der FDP und der CVP bestätigt. Umstritten war der parteilose Bisherige Bruno Heutschy, dem die CVP wegen seiner unglaubwürdigen Umweltschutzpolitik die Unterstützung versagte und gegen den sowohl das Grüne Bündnis (GB) als auch die Unabhängige Frauenliste (UFL) mit Kampfkandidaturen antraten. Er verpasste das absolute Mehr ebenso wie der Nachfolger für den SP-Sitz, Werner Schnieper. Beide wurden schliesslich in stiller Wahl als gewählt erklärt, nachdem die übrigen Kandidierenden auf einen zweiten Wahlgang verzichtet hatten
[70].
Weiterführende Literatur
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Amtsblätter und Statistiken der betreffenden Kantone und Städte.
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C. Moser, "Wahl und Zusammensetzung kantonaler Exekutiven: Die Entwicklung der letzten Jahre", in P. Hablützel e.a. (Hg.), Schweizerische Politik in Wissenschaft und Praxis, Bern 1988, S. 71 ff.
[1] Presse vom 19.-24.10.87, insbesondere wf, KK, 42, 19.10.87; BZ, 21.10.87; Ww, 22.10.87; TA, 22. und 23.10.87; LNN, 24.10.87. Zu früheren Wahlen siehe SPJ, 1979, S. 35 ff. und 1983, S. 31 ff.
[2] Alle Parteien zusammen (= Wahlbeteiligung): 1983: 48,9%; 1987: 46,5%; somit wählten 1983 51,1%, 1987 53,5% der Wahlberechtigten gar keine Partei bzw. blieben den Urnen fern.
[3] Vergleichszahlen (NR/StR): 1975: 33/8; 1979: 45/14; 1983: 43/8.
[4] LNN, 14.8.87; Vat., 29.8.87. A. Müller: Presse vom 18.8.86 (Fraktionswechsel); TA, 11.3.87.
[5] Bund, 7., 21. und 22.1.87 (Martignoni); BaZ, 10.1.87; SGT, 16.1.87; BZ, 11. und 20.5.87 (Meyer), 10. und 15.6.87 (Doppelmandatsverbot).
[6] BaZ, 29.11. und 3.12.86 (Parteiaustritt), 27.8. und 2.10.87.
[7] Vergleichszahlen Proporzkantone (Kandidaturen / davon Frauen / Listen): 1975: 1947/16,9%/170; 1979: 1845/18,4%/164; 1983: 1880/23,0%/187 (vgl. BA für Statistik, Nationalratswahlen 1983. Überblick, Bern 1984, S. 26).
[8] BBl, 1987, III, S. 473 ff.; Bund und BZ, 18.8.87 (BE); NZZ und TA, 19.8.87 (ZH); SGT, 4.9.87; SZ, 25.9.87.
[9] TW, 12.9.87. Bern: BZ, 2.2., 27.4. und 8.10.87; TW, 9.5.87; Bund, 24.9.87. Solothurn: SZ, 9.5. und 5.6.87; TA, 6.6.87; Ww, 3.9.87. Im Aargau kämpften Politikerinnen aus verschiedenen Parteien mit einer eigenen Liste "Frauen für den Aargau" gegen die Untervertretung der Frauen in der schweizerischen Politik (AT,. 11.6.87). Allgemein zur Förderung weiblicher Kandidaturen: TA, 4.3. und 25.3.87; Bund, 22.8.87; BZ, 3.9.87; siehe auch Lit.
[10] SZ, 25.9.87; BZ, 13.10.87.
[11] BBl, 1983, IV, S. 285 ff. und 1987, III, S. 473 ff.; TA, 31.8.87; NZZ, 9.9. und 6.10.87; SZ, 25.9.88.
[12] Ww, 5.3.87 (GPS); Presse vom 23.6.87 (GPS) und vom 15.9.87 (GBS); Vat., 24.9.87.
[13] Neue Bündnispolitik der SP: BZ, 30.1.87; NZZ, 3.2.87; TW, 12.6.87 (A. Daguet). Helmut Hubacher bezeichnete diese Allianzen als "Grundstock einer sozial-grünen Koalition" (TA, 31.8.87).
[14] NA / "Frauenbewegung Mutter und Kind" / "Vernünftige Landwirtschafts- und Konsumentenpolitik" / Republikaner.
[15] NA / "Bürgerliche Wähler für Natur und Umwelt" / "Rentner sprechen auch mit"; ÖFP / "Bernische Interessengemeinschaft für Bürgerlich-Gewerbliche Politik".
[16] NA / "Neue Bewegung: Echte Bürgermitte" / "Gruppe für ganzheitliche Politik".
[17] Umfragen: BaZ, 13.5.87 (Publitest); Politik und Wirtschaft, 1987, Nr. 7, S. 10 ff., Nr. 8, S. 19 ff. und Nr. 10, S. 12 ff.; Bilanz, 1987, Nr. 6, S. 85 ff. und Nr. 9, S. 120 ff.; SoZ, 6.9.87 (Isopublic); Blick, 7.9., 14.9., 21.9., 28.9., 5.10. und 11.10.87 (Link); BZ, 1.10. und 13.10.87; TA, 8., 10. und 13.10.87; L'Hebdo, 15.10.87. Zur Kritik an den Prognosen siehe BZ, 8.9.87; Ww, 10.9.87; NZZ, 12.9.87; SGT, 12.9.87 (C. Longchamp).
[18] SBN, SES, SGU, VCS und WWF, Der Umwelttarif 1, Februar 1987 (vgl. Presse vom 4.2.87). Dies., Der Umwelttarif 2, Mai 1987 (vgl. Presse vom 16.5.87). Umwelttarif 3: Die "Umweltlisten" der verschiedenen Komitees wurden zum selben Zeitpunkt in den kantonalen und lokalen Medien veröffentlicht (Presse vom 18.9.87); siehe auch Ww, 6.8.87 und Bund, 4.9.87.
[19] "Sozialtarif": Vat., 23.6.87; Presse vom 24.6.87. "Demokratie- und Präsenztarif": Presse vom 8.8.87; TW, 19.8.87. "Jugendtarif": Presse vom 2.9787. "Frauentarif": SGT, 11.9.87; L'Hebdo, 17.9.87; TAM, 19.9.87. Zur Kritik an den verschiedenen Tarifen vgl. Brückenbauer, 8.7.87; NZZ, 10.8.87; Ww, 13.8.87; TW, 17.10.87. Siehe auch unten, Teil IIIa (SP bzw. LdU) sowie Lit.
[20] BZ, 13.4.87 und TA, 27.8.87 (nationale Kampagne des Schweiz. Verbandes für Frauenrechte); SZ, 2.9.87; AT, 12.9.87; BaZ, 18.9. und 24.9.87. Siehe auch SGT, 29.5.87; TA, 14.8.87; SoBlick, 13.9.87; SoZ, 27.9.87; Lib., 6.10.87; Bund, 10.10.87 sowie Lit.
[21] Strassenverkehrsverbände: TA, 20.6.87; SGT, 24.9.87; Suisse, 4.10.87; AT, 9.10.87. Gewerbe: AT, 16.6.87; TA, 17.9.87; SN, 10.9.87. Mieterverbände: BZ, 15.9.87; LNN, 14.10.87. Konsumentinnen: TA, 2.10.87. Siehe auch unten, Teil Illb (Übrige Interessenorganisationen).
[22] Parteiprogrammtage: BZ, 16.1. und Presse vom 19.1.87 (SVP und LdU); Presse vom 23.2. und 11.5.87 (FDP); Presse vom 25.5., 11.8. und 28.9.87 (CVP); TW, 29.8. und 26.9.87 sowie Presse vom 28.9.87 (SP); allg. dazu siehe Bund, 14.2.87; BaZ, 18.9.87, sowie unten, Teil III a. Werbeagenturen: BZ, 2.10.87; SoZ, 4.10.87. Slogans: BZ, 6.10.87.
[23] Steuerentlastung: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1 115 ff. und 1519; Amtl. Bull. StR, 1987, S. 522 ff. und 571; siehe auch unten, Teil I, 5 (Einnahmenordnung). Abstimmungsverfahren: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1452 ff.; siehe auch oben, Teil I, 1c (Parlament).
[24] SZ, 24.2. und 12.9.87; Bund, 10.10.87; SHZ, 15.10.87; NZZ und TA, 24.10.87 (Zahlen für den Zürcher StR-Wahlkampf); Ww, 29.10.87.
[25] Vergleichszahlen: 1971: 56,9%; 1975: 52,4%; 1979: 48,0%; 1983: 48,9% (vgl. BA für Statistik, Nationalratswahlen 1983. Überblick, Bern 1984, S. 29). Zahlen 1987: BA für Statistik, Info à la carte, Bern 1988. Siehe auch Tabelle (Sitze).
[26] ZH und UR StR-Wahlen, SO Ersatzwahlen für den Regierungsrat (vgl. unten, Kantonale Wahlen).
[27] VOX-Analyse (vgl. Lit.), 1987, S. 16.
[28] Vergleich mit der durchschnittlichen Wahlbeteiligung (1979/1983/1987): SVP +27%/+23%/ +23%; CVP +21%/+21%/+20%; FDP +19%/+17%/+16%; SP +15%/+15%/+12% (VOX-Analyse, 1979, S. 6; 1983, S. 6 f.; 1987, S. 10).
[29] Erste Analysen: SGT, 20.10.87 (L. Neidhart); BZ, 21.10.87 (Höpflinger / Ladner); TA, 22.10.87 (R. Blum); siehe auch Lit.
[30] Je 1 Verlust in ZH, SZ, BS, AG und TG; je 1 Gewinn in BE, SG, TI, GE und JU. Siehe auch die Tabellen zu Sitzzahlen und Wählerprozenten.
[31] Je -2 Sitze in ZH und BE, je -1 in BL, AG, TI und JU – gegenüber je +1 in SZ und VD.
[32] Nur in sechs Kantonen (ZH, BE, SG, AG, VD und GE; zusammen 118 Sitze) braucht es weniger als I0% der Stimmen für ein Vollmandat, am wenigsten in Zürich (2,8%) und Bern (3,3%).
[33] Zur Wahlniederlage der SP siehe TA, 20.10.87 (H. Hubacher); Ww, 22.10.87; TW, 24.10.87; SoZ, 25.10.87; Vr, 28.10. und 5.11.87.
[34] Total wurden 17 Bisherige abgewählt (1983: 12; 1979: 14).
[35] Keine Parteiwechsel in 14 Kantonen, in 6 davon (UR, NW, GL, ZG, AR und Al) auch keine personellen Veränderungen.
[36] Je 4 in ZH und BE, 2 im AG und je I in SZ, BS, BL, SG, TG, TI, VD, GE und JU.
[37] Von den 151 wiederkandidierenden Bisherigen wurden 134 wiedergewählt. Da für die neuen Ständerätinnen Monika Weber (ldu, ZH) und Yvette Jaggi (sp, VD) zwei weitere Neue nachrückten, betrug die Zahl der Neuen insgesamt 68 (1983: 55; 1979: 59).
[38] Neue gewählte Nationalrätinnen nach Parteien: 6 SP, 3 CVP, 3 GPS, 1 GBS und 1 SVP. Übersicht über die gewählten Frauen nach Parteien und Kantonen: siehe Tabelle. Kommentare: TA, 21.10.87; Bund, 22.10.87; SZ, 23.10.87. Siehe auch unten (Das neue Parlament).
[39] Eine erste Analyse und Statistik der Panaschierstimmen wurde von R. Burger für Zürich publiziert (TA, 30.10.87). Zur Bilanz über Listenverbindungen und Restmandate siehe AT, 24.10.87 bzw. SZ, 12.11.87.
[40] Presse vom 19.10.87; siehe auch die Tabelle zur Sitzverteilung. Zu den Ständeratswahlen in GL, GR, NW, OW und ZG vgl. SPJ, 1986, S. 31. In AI wurde StR Schmid (cvp) an der Landsgemeinde vom 26.4.87 bestätigt (NZZ, 27.4.87).
[41] Zweite Wahlgänge waren in 6 Kantonen nötig (Bund, 23.10. und 26.10.87; NZZ, 27.10.87). Sie führten in BL, VD, SO und TG zu unerwarteten Sitzverschiebungen (Presse vom 9.1 1.87 für BL, TI, UR und VD; Presse vom 16.11.87 für SO und TG).
[42] Abwahl Bisheriger: 1979:4 StR; 1983:3 StR; 1987: 3 StR.
[43] Personelle Erneuerung: 19 Neue = 41% (1983: 19%). Zum Anteil der Frauen vgl. unten (Das neue Parlament). Siehe auch die Forderung der Appenzellerinnen nach Stimmrecht bei den StR-Wahlen: oben, Teil I, 1b (Stimm- und Wahlrecht).
[44] Vat., 21.10.87; Ww, 22.10.87. Zur Berufsstruktur des bisherigen Parlaments siehe Lit. (Altermatt / Rölli).
[46] Vgl. VOX-Analyse, 1987, S. 22. Siehe auch NZZ, 28.10.87 (Analyse von T.H. Ballmer-Cao und F. Höpflinger).
[47] Auseinandersetzungen um eine grün-linke Fraktion (GBS/PSA/POCH/GBS): Presse vom 2.11.87 (GPS); BZ, 3.11.87 (GBS); NZZ, 11.1 1.87 (PSA), 16.11.87 (GPS-Entscheid), 20.11.87 (Thür).
[48] Vgl. SPJ, 1985, S. 31 und 1986, S. 32.
[49] Vergleichswahlen siehe SPJ, 1983, S. 42 ff.
[50] ZH: Wahlen vom 5.4.87: Presse vom 6. und 7.4.87; Ww, 9.4.87; TA, 10.4.87; NZZ, 11.4.87. Bilanz Wahlempfehlungen: Vr, 9.4.87; SZ, 14.4.87; SGU-Bulletin, 1987, Nr. 2, S. 3. Wahlkampf: TA, 18.2., 21.2. und 21.3.87 (Wahlempfehlungen); NZZ, 14.3.87; BaZ, 1.4.87.
[51] BL: Wahlen vom 22.2.87: Presse vom 24.2.87; BaZ, 27.2.87 (Bilanz Wahlempfehlungen). Von den 10 grünen Sitzen sind 5 der POCH, 3 den alternativen und 2 den gemässigten Grünen zuzurechnen (NZZ, 25.2.87). Wahlkampf: BaZ, 10.1. und 28.1.87; BZ, 3.2.87 (Wahlempfehlungen), 19.2.87. Zur Chemiekatastrophe in Schweizerhalle siehe SPJ, 1986, S. 139 f.
[52] LU: Wahlen vom 3.5.87: Presse vom 4. und 5.5.87. Wahlkampf: LNN, 30.1., 20.2. und 8.4.87, 15.4.87 (Wahlempfehlungen); Vat., 2.2. und 24.3.87; TA, 30.4.87. Zu den Auseinandersetzungen um eine vom Grünen Bündnis getrennte unabhängige Frauenliste siehe LNN, 23.1. und 20.2.87; Vat., 30.1. und 2.2.87. Für die in die Regierung gewählte Brigitte Mürner (vgl. unten) rutschte ein Mann nach.
[53] TI: Wahlen vom 5.4.87: CdT, B. und 9.4.87; NZZ, 8.4. und 10.4.87; TA, 8.4.87; siehe auch G. Gambillara, Analisi del voto del 5 aprile 1987, Bellinzona 1988 (Hg.: Statist. Amt des Kt. TI). Wahlkampf: CdT, 21.3. und 26.3.87; NZZ, 2.4.87; TA, 3.4.87. Zu den Flügelkämpfen bei der Tessiner Linken siehe unten, Teil IIIa (SP).
[54] GR: Wahlen vom 3.5.87: BüZ, 4. und 5.5.87; TA, 5.5.87; BüZ und CdT, 18.5.87 (Nachwahlen in Roveredo); BüZ, 25.5.87 (Nachwahlen in Ilanz); NZZ, 29.5.87. Wahlkampf: BüZ, 18.4.87; TA, 29.4.87; SZ, 2.5.87. Serie zu den einzelnen Wahlkreisen: BüZ, 16.4., 23.-25.4., 27.-30.4. und 1.5.87. Letzte Wahlen: siehe SPJ, 1985, S. 33 und 36 f. Wahlen der Exekutive: siehe SPJ, 1986, S. 37 ff.
[55] AR: Wahlen vom 3.5.87: NZZ und SGT, 4.5.87. Nachwahlen in Heiden vom 24.5.87: Die SP verlor ihren Sitz an die SVP (SGT, 25.5.87). Wahlkampf: SoZ, 26.4.87; SGT, 29.4.87. Gegen den Ausschluss der Frauen bei den Kantonsratswahlen ist eine Stimmrechtsbeschwerde hängig (TW, 30.1.87). Letzte Wahlen: vgl. SPJ, 1984, S. 36 und 38 f.
[56] Während die Staatskanzlei AR keine Angaben über die Parteizugehörigkeit der 58 Kantonsräte machen kann, eruierte die Presse folgende Sitzverteilung: 4 SP, 3 CVP, 1 SVP; von den übrigen 50 Sitze dürften die meisten der FDP zuzurechnen sein.
[57] Siehe Tabelle sowie die Aufstellung der 1987 gewählten Exekutivbehörden; vgl. auch SPJ, 1983, S. 43 ff.
[58] SO: Ersatzwahlen vom 18.10.87: Presse vom 19.10.87; SZ, 23.10. und 11.11.87 (stille Wahl). Rücktritte: SZ, 24.6.87 (Bürgi), 25.6.87 (Wyss). Wahlkampf: TA, 9.7.87; SZ, 21.8., 31.8., 5.9., 23.9. und 5.10.87; BaZ, 27.8.87; Presse vom 4.9.87. Verteilung der Departemente: SZ, 18.11.87. Letzte Gesamterneuerungswahlen: siehe SPJ, 1985, S. 32 f. und 36 ff.
[59] UR: Ersatzwahlen vom 5.4.87: Presse vom 6.4.87. Nachfolge Dahindens: Vat., 20.12. und 23.12.86. Wahlkampf: Vat., 18.3., 27.3. und 2.4.87. Letzte Gesamterneuerungswahlen: siehe SPJ, 1984, S. 36 und 38 ff.
[60] TI: Wahlen vom 5.4.87: Presse vom 7.4.87; CdT, 8.4., 11.4. und 15.4.87; Ww, 9.4.87; NZZ, 10.4.87; SoZ, 12.4.87; vgl. SPJ, 1986, S. 37 (Nachrücken von Giuseppe Buffi, fdp). Analyse des Stimmentransfers: G. Gambillara, "Analisi del voto del 5 aprile 1987", in Informazioni statistiche, 1987/10 und 1988/2 (Hg.: Statist. Amt des Kt. TI). Wahlkampf: Ww, 12.2.87; TA, 18.2.87; CdT, 27.3. und 31.3.87; NZZ, 2.4.87. Verteilung der Departemente: CdT, 17.4.87; NZZ, 18.4.87. Zum seit längerer Zeit schwelenden Streit bei der Tessiner Linken siehe unten, Teil IIIa (SP).
[61] BL: Wahlen vom 22.2.87: Presse vom 23.2.87. Wahlkampf: BaZ, 27.9.86 (SP), 21.11.86 (POCH-Grüne), 22.1 1.87 (FDP), 29.11.86 (NA), 16.1. und 24.1.87 (FDP); NZZ, 20.2.87. Affären, umstrittene Spesenregelung und Auslandreisen: BaZ, 10.10. und 9.12.86, 7.1., 2.2. und 12.2.87; Ww, 16.10. und 11.12.86. Inserate: BaZ, 20.11.86, 2.2., 13.2., 16.2. und 18.2.87. Verteilung der Departemente: BaZ, 8.4.87.
[62] LU: Wahlen vom 3.5.87: Presse vom 5.5.87. Wahlkampf: LNN, 8.1. und 3.11.86 (SP), 14.3.87 (CVP); BaZ, 16.1.87; Vat., 11.3.87 (UFL), 12.3.87 (GB), 13.3.87 (CVP), 16.3. und 3.4.87 (SP), 1.5.87; Ww, 30.4.87 (Mürner).
[63] LU: 2. Wahlgang vom 14.6.87: Presse vom 15.6.87. Wahlkampf: LNN und Vat., 7.-9.5. und 11.5.87, 20.5.87 (FDP), 26.5.86 (CVP), 29.5.87 (FDP); TA, 30.5. und 12.6.87. Verteilung der Departemente: Vat., 16.6. und 20.6.87.
[64] ZH: Wahlen vom 5.4.87: Presse vom 6.4.87. Wahlkampf: TA, 3.1., 7.1., 18.3., 19.3., 27.3. und 30.3.87; NZZ, 24.2., 28.2. und 28.3.87; Vat., 27.2.87; BZ, 26.3.87. Verteilung der Departemente: TA, 5.5.87. Proporzinitiative: TA, 15.4.87, 14.1.88.
[65] Wahlen von AR und Al an den Landsgemeinden vom 26.4.87 (NZZ, 27.4.87); vgl. SPJ, 1984, S. 36 (Anm. 14), 1985, S. 33 und 1986, S. 37.
[66] Wahlen vom 12.4.87: Suisse, 13.4.87, 18.4.87 (PdA); Presse vom 14.4.87. Wahlkampf: JdG, 19.2.87; Suisse, 25.2.87. Wahldossiers zu den Parteien: JdG, 27.3., 28.3., 30.3.4.4. und 6.4.87.
[67] Wahlen vom 10.5.87: Presse vom 11.5.87. Analysen: Suisse, 22.6.87; JdG, 23.6.87. Wahlkampf: JdG, 17.1.87 (GPS), 21.1. und 15.4.87 (LP), 28.4.87 (Wahlaufruf der Entente genevoise); Suisse, 9.2. und 28.3.87 (Ketterer), 17.4. und 22.4.87 (Diskussion um rot-grüne Einheitsliste), 23.4.87. Verteilung der Departemente: JdG, 26.5. und 2.6.87; Suisse, 3.6.87.
[68] Ausschlaggebend für die hohe Mobilisierung der SP-Wählerschaft dürfte der gleichzeitig stattfindende 2. Wahlgang für den Regierungsrat des Kantons Luzern gewesen sein: Die Sozialdemokraten hatten sich gegen die als unzumutbar empfundene Einmischung der Bürgerlichen in die Wahl des SP-Kandidaten zur Wehr zu setzen und gingen zahlreicher als sonst zur Urne (siehe oben, Wahlen in kantonale Regierungen).
[69] Wahlen vom 14.6.87: LNN, 15.6.87; Vat., 15. und 16.6.87. Wahlkampf: LNN, 30.5. und 6.6.87; NZZ, 9.6.87; Vat., 12.6.87.
[70] Wahlen vom 14.6.87: LNN und Vat., 15.6.87, 17.6.87 (Verzichte auf 2. Wahlgang), 23.6.87 (stille Wahl). Wahlkampf: LNN, 9.9.86 und 12.1.87 (SP), 28.4.87 (CVP), 6.6.87 (Heutschy); Vat., 24.4.87 (UFL), 1.5.87 (GB), 5.5.87. Verteilung der Direktionen: LNN, 25.6.87; Vat., 2.7.87. Siehe auch R. Bussmann, Die Luzerner Stadtratswahlen, 1832-1984, Luzern 1987.
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