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Grundlagen der Staatsordnung
Rechtsordnung
Das Parlament einigte sich auf eine Kompromisslösung bei der Anwendung des Datenschutzgesetzes im Medienbereich. — Das Volk stimmte der Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf 18 Jahre deutlich zu. — Der Bundesrat beantragte dem Parlament, das früher versprochene Einsichtsrecht in die Dossiers der Bundesanwaltschaft einzuschränken. — Der Bundesrat gab den Vorentwurf für ein Staatsschutzgesetz in die Vernehmlassung und die Befürworter einer Abschaffung der politischen Polizei reichten eine diesbezügliche Volksinitiative ein. — Gegen die vom Parlament verabschiedete Revision des Sexualstrafrechts wurde von konservativen Kreisen das Referendum ergriffen. — Der Bundesrat beantragte dem Parlament neue Strafnormen gegen die Computerkriminalität und gab zudem eine Vorlage zur besseren Bekämpfung des organisierten Verbrechens in die Vernehmlassung.
Grundrechte
Der Bundesrat beantragte dem Parlament den Beitritt der Schweiz zu den beiden 1966 von der Generalversammlung der UNO verabschiedeten internationalen Menschenrechtspakten. Da die Pakte auf universeller Ebene Staaten mit sehr unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen verbinden, gehen sie in der Substanz weniger weit als entsprechende von der Schweiz bereits früher unterzeichnete Konventionen des Europarates (EMRK). Mit diesem seit langem angekündigten Beitritt möchte der Bundesrat denn auch vorwiegend aussenpolitische Ziele erreichen: die Verträge bilden die Grundlage für Interventionen der Unterzeichnerstaaten zugunsten von Menschen, deren Rechte in schwerwiegender. Weise verletzt worden sind. Im Nationalrat wurde die Vorlage erfolglos von Steffen (sd, ZH) bekämpft, der sich grundsätzlich gegen einen Beitritt zu UNO-Pakten aussprach, solange die Schweiz nicht UNOMitglied sei. Ebenfalls zugestimmt hat die Volkskammer einem Postulat Columberg (cvp, GR), welches verlangt, dass die Schweiz auch das 1. Zusatzprotokoll zur EMRK unterzeichnet. Der Ständerat stimmte dem Beitritt zu den Menschenrechtspakten oppositionslos zu [1].
Mit relativ knappem Mehr lehnte der Nationalrat eine von der SP und der GP unterstützte Motion Weder (ldu, BS) für den Schutz der Grundrechte künftiger Generationen ab. Das Recht der in Zukunft lebenden Menschen auf ein menschenwürdiges Leben in einer möglichst unversehrten Umwelt sollte nach Ansicht des Motionärs in der Verfassung verankert werden. Bundesrat Koller hatte sich dagegen ausgesprochen, einen neuen Rechtsbegriff zu kreieren. Zudem verpflichte der bestehende Verfassungsartikel über Umweltschutz die Behörden schon heute, die langfristigen Auswirkungen der Politik auf Mensch und Natur in Rechnung zu stellen [2].
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Die geplante neue Strafnorm gegen rassistisches und fremdenfeindliches Verhalten verzögerte sich weiter. Da sich die Verwaltung nach eigenem Bekunden mit der Ausformulierung schwer tat, und insbesondere Mühe hatte, einen juristisch einwandfreien Kompromiss zwischen strafbaren Handlungen einerseits und dem Grundsatz der Meinungsäusserungsfreiheit andererseits zu finden, konnte der Bundesrat die Botschaft auch 1991 noch nicht verabschieden [3].
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Als Konsequenz einer im Vorjahr überwiesenen parlamentarischen Initiative Pini (fdp, TI) beantragte die Petitionskommission, mit einer Anderung des Militärstrafgesetzes in Zukunft auch in Kriegszeiten auf die Todesstrafe zu verzichten. Sie übernahm dabei die Formulierung, welche das EMD in Ausführung einer ebenfalls 1990 vom Nationalrat und 1991 vom Ständerat überwiesenen Motion Rechsteiner (sp, SG) ausgearbeitet hatte. Der Nationalrat stimmte der Revision diskussionslos zu. Gleichzeitig überwies er ein Kommissionspostulat, das den Bundesrat einlädt, eine Revision von Auslieferungsverträgen mit Ländern, welche die Todesstrafe noch kennen, einzuleiten [4].
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Der Nationalrat befasste sich in der Sommersession als Zweitrat mit dem Datenschutzgesetz. Nachdem sich alle Fraktionen für Eintreten ausgesprochen hatten, waren in der Detailberatung im wesentlichen zwei Fragen umstritten: die Anwendung des Datenschutzes im Medienbereich und die Ausnahmeregelungen für den Staatsschutz.
Die Kommissionsmehrheit des Nationalrats hatte eine für die Medien restriktivere Lösung als der Ständerat beantragt, indem sie das Einsichtsrecht in Datensammlungen von Medienschaffenden in der Regel bereits vor dem Zeitpunkt einer Publikation gewähren wollte. Ausnahmen sollten nur erlaubt werden, wenn "dies zum Schutz der freien Meinungsbildung des Publikums" notwendig sei. Namentlich die Linke, aber auch Nationalräte bürgerlicher Parteien sahen in dieser Bestimmung eine Gefahr für die Pressefreiheit: die Ausnahmeklausel sei derart schwammig, dass sie keine Gewähr gegen die Behinderung von unliebsamen Recherchen bieten könne. Die mit einem Ordnungsantrag zur Überarbeitung aufgeforderte Kommission präsentierte in der Folge eine allseits akzeptierte Lösung. Danach können Medien und Medienschaffende die Einsicht in ihre Datensammlungen einschränken, wenn die Daten Aufschluss über die Informationsquellen oder Einblick in Entwürfe für eine Publikation geben sowie wenn dadurch die freie Meinungsbildung des Publikums gefährdet würde. Medienschaffende sind zudem auch nicht zur vollständigen Offenlegung verpflichtet, wenn die Datei ausschliesslich als persönliches Arbeitsinstrument dient.
In der Frage der Ausnahmeregelung für die Dateien der Staatsschutzorgane wurde ein Streichungsantrag Rechsteiner (sp, SG) abgelehnt. Dieser hatte vergeblich damit argumentiert, dass es nicht angehe, Ausnahmen zu gestatten, bevor überhaupt in einem Staatsschutzgesetz genau geregelt sei, welche Daten erhoben werden dürften. Die Ratsmehrheit entschied sich – im Sinne einer auf fünf Jahre befristeten Übergangslösung bis zum Inkrafttreten eines Staatsschutzgesetzes – für eine Fassung, welche festlegt, dass das Datenschutzgesetz nicht auf personenbezogene Datensammlungen angewendet wird, die zur Bekämpfung des Terrorismus, der Spionage, des gewalttätigen Extremismus und des organisierten Verbrechens dienen.
Im Verfahrensbereich beschloss der Rat auf Antrag seiner Kommissionsmehrheit, die von der Ständekammer gestrichene Klagelegitimation des Datenschutzbeauftragten wieder einzuführen. Das ebenfalls von der Kommission beantragte Verbandsklagerecht lehnte der Rat hingegen ab [5].
In der Differenzbereinigung schloss sich die kleine Kammer namentlich in der Regelung des Datenschutzes im Medienbereich dem Nationalrat an. Ein Streichungsantrag Schmid (cvp, AI), der sich gegen jegliche Ausnahmeregelung für die Medienschaffenden wandte, wurde mit 23:9 Stimmen abgelehnt. Eine Differenz schuf der Ständerat jedoch mit der Streichung der zeitlichen Befristung der Bestimmungen über den Staatsschutz. Die Mehrheit teilte damit die Befürchtungen Bundesrat Kollers, dass es nicht möglich sein werde, innerhalb von fünf Jahren ein Staatsschutzgesetz zu verabschieden [6].
Vor den Beratungen des Nationalrats waren Zeitungsverleger und Journalisten gemeinsam an die Öffentlichkeit getreten, um gegen den Kommissionsentwurf zu protestieren. Wenn schon die Medien nicht aus dem Geltungsbereich des Datenschutzgesetzes ausgeklammert werden sollen, sei es wichtig, das Einsichtsrecht so weit zu präzisieren, dass es nicht zur Verhinderung von Publikationen eingesetzt werden könne. Die Gewerkschaften der Medienschaffenden liessen sich auch durch den Kompromissbeschluss des Nationalrats nicht besänftigen. Sie forderten weiterhin, dass – wie in Deutschland, Osterreich und den Niederlanden – das Datenschutzgesetz nicht auf den Medienbereich angewendet werde [7].
Die Bestimmungen des neuen Datenschutzgesetzes werden sowohl für den Bund als auch für Private gelten, hingegen aus Gründen der kantonalen Autonomie der Verwaltungsorganisation nicht für die Kantone und Gemeinden. Eine Motion Salvioni (fdp, TI) für die Schaffung einer Verfassungsgrundlage, welche es dem Bund erlauben würde, allgemein gültige Datenschutzregeln aufzustellen, lehnte der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates ab. Der Vorsteher des EJPD gab dabei zu bedenken, dass vom neuen Bundesgesetz eine Nachahmungs- und Harmonisierungswirkung auf die Kantone erwartet werde und deshalb eine Verfassungs- und anschliessende Gesetzesrevision nur zu Verzögerungen führen würde. Eine Kornmissionsmotion für die Erarbeitung von Datenschutzregeln für den Telekommunikationsbereich wurde hingegen überwiesen [8].
Bei der Regelung des Datenschutzes im Bereich der Bundesstrafrechtspflege und des Datenaustausches mit den Kantonen und dem Ausland übernahm der Nationalrat die meisten Beschlüsse des Ständerates aus dem Vorjahr. Die Sozialdemokraten kämpften dabei zusammen mit den Grünen vergeblich gegen die rechtlichen Anderungen im Bereich des Datenaustausches und die Schaffung von Gesetzesgrundlagen für das computerisierte Fahndungssystem RIPOL. Immerhin wurde auf Antrag von Leuenberger (sp, ZH) ein zusätzlicher Persönlichkeitsschutz eingebaut. Betroffene Personen sollen – nach Abschluss der Ermittlungen – nicht nur dann informiert werden, wenn es zu einer formellen richterlichen Voruntersuchung kommt, sondern in der Regel auch dann, wenn die vorangehende polizeiliche Fahndung ohne Eröffnung einer Voruntersuchung eingestellt wird [9].
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Stimm- und Bürgerrecht
Der Bundesrat beschloss, das 1990 revidierte Bürgerrechtsgesetz auf den 1.1.1992 in Kraft zu setzen. Die meisten Kantone befassten sich deshalb mit der Anpassung ihrer kantonalen Gesetze. Widerstände zeigten sich nur im Thurgau, wo die SD wegen der Bestimmungen über das Doppelbürgerrecht das Referendum einreichten [10]. Auf Bundesebene stimmte eine Kommission des Nationalrats einer parlamentarischen Initiative Ducret (cvp, GE) zu, welche eine Halbierung der für die ordentliche Einbürgerung verlangten Wohnsitzdauer von zwölf Jahren verlangt [11]. Beide Kammern des Parlaments überwiesen zudem eine Motion Portmann (cvp, GR), welche den rund 200 000 in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern ein erleichtertes Einbürgerungsverfahren gewähren will [12].
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Zum zweiten Mal nach 1979 konnte sich das Volk zur Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf 18 Jahre aussprechen. Die Kampagne verlief äusserst ruhig, da einzig die EDU die Vorlage bekämpfte. Am 3. März stimmte das Volk der Senkung des Wahlrechtsalters mit 981 422 zu 367 641 Stimmen zu; kein einziger Kanton lehnte diese Verfassungsänderung ab. Am deutlichsten fiel das Ja in denjenigen Kantonen aus, welche das Stimmrechtsalter 18 bereits seit längerer Zeit kennen [13].
Stimmrechtsalter 18. Abstimmung vom 3. März 1991
Beteiligung: 31,3%
Ja: 981 422 (72,7%) / 20 6/2 Stände
Nein: 367 641 (27,3%) / 0 Stände

Parolen:
Ja: alle Parteien ausser EDU; SGB, CNG, LFSA.
Nein: EDU.
Der positive Ausgang dieser Abstimmung liess auch die Zahl der Kantone, welche das Stimmrechtsalter in kantonalen Belangen noch nicht gesenkt haben, rasch schrumpfen. Ende Jahr verblieben in dieser Gruppe nur noch St. Gallen und Appenzell-Innerrhoden, wo entsprechende Vorlagen 1992 dem Volk vorgelegt werden sollen [14].
Im Berichtsjahr häuften sich die Vorstösse für die politische Gleichstellung der Ausländer und Ausländerinnen. In der Waadt lancierte die SP eine ,Volksinitiative für die Einführung des kommunalen Stimm- und Wahlrechts für Ausländer, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz ansässig sind. Das passive Wahlrecht soll allerdings nur für die Gemeindeparlamente, nicht aber für die Exekutiven gelten. Trotz des Einsatzes von bezahlten Sammlern erreichte dieser Vorstoss die nötige Unterschriftenzahl nicht [15]. Zustandegekommen ist hingegen eine von einem Komitee lancierte radikalere Volksinitiative, welche in der Waadt das aktive und passive Wahlrecht auf Kantons- und Gemeindeebene für Niedergelassene einführen will [16]. Ebenfalls eingereicht werden konnte eine ähnliche, im Vorjahr in Basel-Stadt lancierte Initiative. Ein gleiches Volksbegehren wurde auch im Kanton Bern von einem breit abgestützten Komitee, dem unter anderen die SP, die GP, das GB und der Gewerkschaftsbund angehören, lanciert. Ahnliche Kreise — allerdings ohne Gewerkschaftsbund — lancierten im Aargau eine Initiative für die fakultative Einführung des Ausländerstimmrechts auf Gemeindeebene. Im Kanton Zürich konnte eine im Vorjahr lancierte gleichlautende Initiative eingereicht werden [17].
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Staatsschutz
Verschiedene Kantone hatten das in der Verordnung über die Behandlung von Staatsschutzakten (VBS) stipulierte Verfügungsrecht des Bundes über kantonale Akten, die an den Bund weitergeleitet worden waren, bestritten. In seinem Entscheid vom 29. Mai über staatsrechtliche Klagen des Kantons Genf gegen den Bund bzw. des Bundes gegen den Kanton Baselland gab das Bundesgericht dem Bundesrat recht. Es stellte dabei insbesondere fest, dass die rechtlichen Grundlagen für staatsschützerische Aktivitäten des Bundes zwar relativ vage, aber doch gegeben seien [18].
Die Einsichtsgewährung in die Karteikarten der Bundesanwaltschaft konnte im Berichtsjahr nahezu abgeschlossen werden. In einer abschliessenden Bilanz gab der auf Ende Jahr zurücktretende Fichendelegierte Walter Gut bekannt, dass im Verlauf der letzten 50 Jahre für 728 000 Personen und 26 600 Firmen oder Organisationen Fichen angelegt worden seien. 142 000 davon betrafen Schweizer und Schweizerinnen, wobei knapp die Hälfte aus den Jahren zwischen 1980 und 1990 stammten. Von den rund 300 000 Personen, welche Einsicht in allfällig über sie angelegte Fichen verlangt hatten, waren 38 700 registriert gewesen. Die Kosten des Einsichtsverfahrens beliefen sich auf rund 10 Mio Fr. [19].
Als nächsten Schritt sah die Verordnung über die Behandlung von Staatsschutzakten (VBS) vom 5.3.1990 vor, den Interessierten Einsicht in die sie betreffenden Dossiers zu gewähren [20]. Eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe hatte freilich errechnet, dass die Gewährung dieses Einsichtsrechts Kosten von rund 111 Mio Fr. verursachen würde. In Erfüllung eines 1990 vom Ständerat überwiesenen Postulats Hunziker (fdp, AG) beantragte der Bundesrat Ende Oktober dem Parlament, dieses Verfahren mit einem Bundesbeschluss abzukürzen; die VBS will er nach Abschluss des Ficheneinsichtsverfahrens aufheben. Dieser Bundesbeschluss sieht vor, dass den rund 30 000 fichierten Personen, welche bis zum 1. April 1990 ein Gesuch um Einsicht in ihre Dossiers gestellt hatten, diese nur dann zugänglich gemacht werden sollen, wenn sie "wesentlich mehr Informationen enthalten als die Einträge auf ihrer Fiche". In Erweiterung der Bestimmungen der VBS soll aber auch Personen Einsicht gewährt werden, die vor dem 1. April kein Gesuch gestellt hatten, aber glaubhaft machen können, dass ihnen aus den in den Dossiers enthaltenen Informationen Schaden erwachsen ist.
Der Bundesbeschluss regelt im weiteren die Vernichtung von Akten der Bundesanwaltschaft. Der Sonderbeauftragte für Staatsschutzakten soll demnach diejenigen Akten vernichten, welche für die künftige Staatsschutztätigkeit nicht mehr benötigt werden und für die auch keine Einsichtsgesuche hängig sind. Für 'die Geschichtsforschung besonders wichtige Akten, z.B. über Parteien, Organisationen und bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sollen hingegen archiviert werden [21]. Der Bundesrat konnte sich bei diesem Antrag auf eine von beiden Ratskammern überwiesene Puk-Motion stützen, welche unter anderem verlangt hatte, dass "überholte Einträge und Dokumente" zu vernichten seien. Entgegen dem Wunsch des Bundesrates konnte der Beschluss noch nicht in der Wintersession behandelt werden, da die erstberatende Ständeratskommission entschied, namentlich zur Frage der Aktenvernichtung noch Hearings durchzuführen. Hingegen lehnte der Nationalrat in der Wintersession mit 84 zu 65 Stimmen ein Postulat Leuenberger (sp, SO) gegen die Vernichtung von Staatsschutzakten ab [22].
Da Personen, welche infolge von Handlungen der Bundespolizei Schaden erlitten hatten, erst mit der Ficheneinsicht von diesen oft weit zurückliegenden Aktivitäten erfahren haben, verlangte Nationalrat Stappung (sp, ZH) mit einer parlamentarische Initiative die Aufhebung der üblichen Verwirkungsfrist von zehn Jahren für die Anmeldung von Schadenersatzforderungen. Der Nationalrat lehnte dies ab; immerhin hatte Bundesrat Stich zugesichert, dass der Bund bei besonders groben Schädigungen trotz Verjährung eine Entschädigung ausrichten werde. Kurz vor Abschluss des Ficheneinsichtsverfahrens hatten weniger als fünfzig Personen Forderungen geltend gemacht [23].
Der 1990 nach der Entdeckung von Fichen im EMD beurlaubte Chef der Bundespolizei, Peter Huber, ist im Berichtsjahr durch die Anklagekammer des Bundesgerichts vollständig rehabilitiert worden. Die Untersuchung stellte dabei namentlich fest, dass die 1989 von der Puk gemachten Vorwürfe, der Chef der Bundespolizei sei massgeblich verantwortlich für die ausufernde Überwachungs- und Registriertätigkeit der politischen Polizei, haltlos seien. Huber habe im Gegenteil bereits 1984 die später von der Puk beanstandeten Zustände im Staatsschutz kritisiert und die kantonalen Polizeichefs aufgefordert, ihre Beobachtungs- und Sammeltätigkeit drastisch zu reduzieren und auf sicherheitspolitisch relevante Personen und Organisationen zu beschränken [24]. Auch die Überwachungsoperationen, welche die Bundesanwaltschaft mit Hilfe von PTT- und Zollbeamten durchgeführt hatte, zogen keine weiteren gerichtlichen Verfahren nach sich. Der vom Bundesrat eingesetzte besondere Vertreter des Bundesanwalts, Fabio Righetti, stellte sämtliche Ermittlungen ein, da er kein strafrechtlich relevantes Verhalten erkennen konnte [25].
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Bei der Beratung des Datenschutzgesetzes in der Sommersession hatte die Linke vergeblich gefordert, zumindest bis zum Vorliegen eines Staatsschutzgesetzes keine Ausnahmebestimmungen für die Datensammlungen der Staatsschutzorgane zu gewähren. Im Anschluss an diese Debatte überwies der Nationalrat eine im Vorjahr vom Ständerat überwiesene Motion Rüesch (fdp, SG) für ein derartiges Gesetz [26]. Der Bundesrat hatte aber bereits vorher gehandelt. Nachdem der im Vorjahr vorgestellte Entwurf für eine Verordnung in der Vernehmlassung auf grossen Widerstand gestossen war, beschloss er im April, darauf zu verzichten und das EJPD mit der Ausarbeitung eines Gesetzes zu beauftragen [27].
Ende September gab der Bundesrat den Vorentwurf für ein Staatsschutzgesetz in die Vernehmlassung. Das Projekt sieht vor, dass die Staatsschutzorgane das Sammeln und Auswerten von Informationen auf die Bekämpfung des Terrorismus, des verbotenen Nachrichtendienstes, des gewalttätigen Extremismus und des organisierten Verbrechens beschränken sollen. Mit einer besonderen Bestimmung soll garantiert werden, dass politische und gewerkschaftliche Tätigkeiten nicht mehr überwacht werden. Der Überwachungsauftrag soll vom Bundesrat durch eine regelmässig vorzunehmende Beurteilung der Bedrohungslage und durch eine sogenannte Positivliste, in welcher die zu observierenden Organisationen aufgeführt sind, präzisiert werden. Die Oberaufsicht über die Staatsschutztätigkeit wird von der vom Parlament in der Herbstsession beschlossenen Geschäftsprüfungsdelegation ausgeübt werden. Im organisatorischen Bereich sollen die staatsschützerischen Funktionen von der Bundesanwaltschaft getrennt und die damit beauftragte Bundespolizei ins Bundesamt für Polizeiwesen integriert werden [28].
Das Unterschriftensammeln für das Volksbegehren "S.o.S. — für eine Schweiz ohne Schnüffelpolizei" kam trotz breiter organisatorischer Abstützung schleppender voran als von den Initianten erwartet. Die Ende April 1990 lancierte Initiative konnte — statt wie ursprünglich angekündigt am 1. August 1990 — erst kurz vor Ablauf der Sammelfrist im Oktober 1991 mit 105 664 gültigen Unterschriften eingereicht werden [29].
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Politische Manifestationen
Der 1989 vom Nationalrat geforderte Extremismusbericht konnte auch 1991 noch nicht vorgelegt werden. Nachdem Bundesrat Koller einen ersten Entwurf der Bundesanwaltschaft als ungenügend taxiert und an den Solothurner alt Regierungsrat Rötheli (cvp) zur Überarbeitung gegeben hatte, musste auch diese Anfang November abgelieferte Fassung weiter bearbeitet werden. Sie soll dabei analog zu den Berichten des deutschen Verfassungsschutzes in einen Fakten- und einen Analyseteil gegliedert werden [30].
Im Berichtsjahr nahm die Zahl der Brand- und Sprengstoffanschläge gegen Unterkünfte von Asylsuchenden nochmals zu [31]. Der Wortführer der rechtsextremen "Patriotischen Front ", Marcel Strebel, konnte bei den Nationalratswahlen im Kanton Schwyz einen überraschenden Erfolg verbuchen. Seine "Partei der Zukunft" erreichte einen Stimmenanteil von 6,4%. Weniger erfolgreich verlief Strebels Auseinandersetzung mit der Justiz. Das Zürcher Obergericht bestätigte das im Vorjahr gegen ihn ausgesprochene Urteil von einem Monat unbedingt wegen rassistischer Beschimpfung [32].
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Die grösste politische Demonstration fand 1991 am Frauenstreiktag vom 14. Juni statt. Mehrere zehntausend Frauen gingen an diesem Tag in vielen Orten der Schweiz auf die Strasse; am besten besucht war die Kundgebung in Zürich mit rund 10 000 Demonstrantinnen [33]. Die grösste Kundgebung an einem Ort war allerdings die nationale Demonstration gegen den Golfkrieg vom 26. Januar in Bern mit 15 000 Teilnehmenden. Der Golfkrieg war denn auch dominierendes Thema bei den insgesamt 29 (inkl. 6 Kundgebungen zum Frauenstreik, 1.990:26) von uns verzeichneten Demonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten: zehn Grosskundgebungen — davon eine aus Protest gegen die Bombardierung Israels durch den Irak — fanden aus diesem Anlass statt. Zweithäufigstes Thema war der Bürgerkrieg in Jugoslawien: viermal waren es Kroaten, je einmal Albaner aus Kosovo bzw. Serben, welche für ihre Sache ,Grosskundgebungen durchführten. Zweimal in Bern und je einmal in Zürich und Freiburg versammelten sich mehr als tausend Staatsangestellte, um gegen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen, insbesondere die Nichtgewährung des vollen Teuerungsausgleichs zu protestieren. Rund zwei Drittel dieser grossen Kundgebungen wurden in den Städten Bern und Zürich durchgeführt (je 9) [34].
Das 1990 vom Basler Volk gutgeheissene Vermummungsverbot für Demonstranten ist vom Bundesgericht als zulässig anerkannt worden. Dagegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerden wurden abgelehnt, insbesondere mit der Begründung, dass das Gesetz Ausnahmen zulasse, wenn diese — wie etwa bei einem Strassentheater — sinnvoll seien. Auch die Parlamente der Kantone Bern und Zürich hatten sich mit dieser Frage zu befassen. Der bernische Grosse Rat lehnte mit knappem Mehr einen Vorstoss für die Einführung eines entsprechenden Gesetzes ab. Mit dem Argument, dieses Verbot wäre in der Praxis schwer durchzusetzen, hatte sich auch die Regierung dagegen ausgesprochen. In Zürich überwies der Kantonsrat hingegen mit Zustimmung der Regierung ein SVP-Postulat für die Einführung eines Vermummungsverbots. Die Auto-Partei reichte im Kanton Zürich auch eine Volksinitiative für ein solches Verbot ein. In seiner Antwort auf eine Interpellation Hess (cvp, ZG) erklärte der Bundesrat, dass er nach wie vor nicht die Absicht habe, ein Vermummungsverbot auf nationaler Ebene zu beantragen [35].
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Strafrecht
In der Differenzbereinigung befasste sich der Ständerat in der Märzsession mit der Revision der Bestimmungen über strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Er stimmte dem Nationalrat in bezug auf die Straffreiheit von Handlungen zu, die sich zwischen Kindern von weniger als 14 Jahren abspielen. Hingegen lehnte er den Beschluss der Volkskammer ab, auch dann von einer Strafverfolgung abzusehen, wenn bei Beteiligung von 14-16jährigen der Altersunterschied nicht mehr als vier Jahre beträgt. Immerhin soll bereits der Untersuchungsrichter unter bestimmten Umständen — konkret bei echten Liebesbeziehungen — auf eine Strafverfolgung verzichten können.
In der Frage der strafrechtlichen Verfolgung der Vergewaltigung in der Ehe hatte im Ständerat seit der Erstberatung 1987 ein grundlegender Meinungswandel stattgefunden. Umstritten war nicht mehr das Prinzip der Bestrafung, sondern lediglich noch die Ausgestaltung als Offizial- oder Antragsdelikt. Mit 21 zu 5 Stimmen schloss sich der Rat der Volkskammer an und beschloss, Vergewaltigung in der Ehe nur auf Antrag strafrechtlich zu verfolgen. Auch bei allen übrigen Differenzen schloss er sich dem Nationalrat an [36].
Dem Nationalrat ging der Vorschlag des Ständerats zur Entkriminalisierung der sogenannten Jugendliebe zuwenig weit. Er hielt an seinem Beschluss fest, innerhalb einer auf drei Jahre reduzierten Altersdifferenz die Jugendliebe nicht mehr zu bestrafen. Andererseits hob er die generelle Straffreiheit für Handlungen, an denen ausschliesslich Kinder von weniger als 14 Jahren beteiligt sind, wieder auf. Damit wollte er verhindern, dass zwar Handlungen zwischen 15 und 19jährigen, nicht aber solche zwischen 5 und 13jährigen strafrechtlich verfolgt werden müssen. Der Ständerat schloss sich dieser Lösung an. Die bereinigte Vorlage wurde im Nationalrat mit drei, im Ständerat ohne Gegenstimmen verabschiedet [37].
Die religiös-fundamentalistische EDU und der Verein "Ja zum Leben" ergriffen gegen das revidierte Sexualstrafrecht erfolgreich das Referendum. Ihre Kritik richtet sich gegen ein Gesetz, das Unzucht akzeptiere, die Homosexualität rechtlich der Heterosexualität gleichstelle und das Jugendschutzalter von 16 Jahren unterlaufe [38].
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Nachdem der Bundesrat 1983 — nach heftiger, Opposition von Interessenorganisationen in der Vernehmlassung — darauf verzichtet hatte, das Projekt für eine gesamtschweizerische Regelung des Waffenerwerbs und -besitzes weiter zu verfolgen, und 1986 die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren 'aus demselben Grund von einer Revision des Konkordats abgesehen hatten, beschloss der Nationalrat im Berichtsjahr, die Sache selbst in die Hände zu nehmen. Er überwies sowohl eine parlamentarische Initiative Borel (sp, NE) für die Schaffung der erforderlichen Bundeskompetenzen als auch eine Standesinitiative des Kantons Tessin für die Ausarbeitung eines Gesetzes. Sämtliche Fraktionen waren sich einig, dass nur mit einer eidgenössischen Regelung ein wirksamer Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität geleistet 'werden könne. Als zusätzliches Argument wurde geltend gemacht, dass ein Bundesgesetz die Voraussetzung für den Beitritt zu internationalen Abkommen über den Handel und Besitz von Waffen bilde [39].
Eine verschärfte und einheitliche Regelung.ist vor allem für den Kauf von halbautomatischen Hand- und Langfeuerwaffen (u.a. Maschinenpistolen) nötig. Da das interkantonale Konkordat davon ausgegangen war, dass diese nicht versteckt getragen und deshalb auch nicht zu missbräuchlichen Zwecken verwendet werden können, machte es für deren Erwerb auch keinen Waffenerwerbs- und -tragschein erforderlich. Kriminelle und neuerdings auch Personen aus den Bürgerkriegsgebieten Jugoslawiens profitierten zusehends von dieser Regelung. Sogar die Gesellschaft "Pro Teil", welche massgeblich am Scheitern des Gesetzesentwurfs von 1983 beteiligt gewesen war, forderte nun in diesem Bereich restriktivere Vorschriften, sprach sich aber weiterhin gegen eine Regelung auf Bundesebene aus [40].
Gestützt auf die Generalklausel BV 1028, welche die Landesregierung zur Wahrung der Interessen der Schweiz nach aussen ermächtigt, setzte der Bundesrat auf den 19. Dezember eine bis längstens Ende 1994 geltende neue Verordnung in Kraft. Darin wird für jugoslawische Staatsangehörige der Erwerb und das Tragen von Schusswaffen jeglicher Art verboten. Für alle anderen Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung ist für den Erwerb von Schusswaffen (also auch von Halbautomaten und Gewehren) eine von der Polizei ausgestellte Bewilligung erforderlich; für nicht in der Schweiz Wohnhafte zusätzlich auch noch eine Waffenausfuhrbewilligung. Diese von den Medien kaum zur Kenntnis genommenen neuen Strafnormen betreffen auch die Anbieterseite; für gewerbsmässige Waffenhändler sind besonders strenge Strafen vorgesehen [41].
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Der Bundesrat legte im April die Botschaft für eine Änderung des Strafrechts im Bereich der strafbaren Handlungen gegen das Vermögen und Urkundenfälschungen vor. Damit leitete er nicht nur eine weitere Etappe der Strafrechtsreform ein, sondern ergänzte — nach der Schaffung von Strafnormen gegen Insidergeschäfte und die Geldwäscherei — auch das Konzept des Kampfs gegen Wirtschaftskriminalität und organisiertes Verbrechen um ein weiteres Element. Während sich diese Revision bei einer Vielzahl von Bestimmungen eher auf Redaktionelles beschränkt, werden im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung neue Straftatbestände geschaffen. Grundsätzlich sollen neu auch Aufzeichnungen auf elektronischen Daten- oder Bildträgern als Urkunden anerkannt werden. Das unberechtigte Eindringen in Datenverarbeitungsanlagen (sogenanntes 'Hacken') will der Bundesrat in Zukunft ebenso bestrafen wie die unerlaubte Aneignung von Computerdaten (inkl. Programme) oder deren Beschädigung. Von grosser Bedeutung für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität sind ebenfalls die neuen Vorschriften' über betrügerische Manipulationen von Datenverarbeitungsvorgängen, welche mit der Absicht vorgenommen werden, sich selber oder andere zu bereichern.
Eine Anpassung des Strafrechts an die modernen Formen der Kriminalität stellen auch die in derselben Botschaft enthaltenen neuen Bestimmungen über die missbräuchliche Verwendung von Check- und Kreditkarten dar. Der Bundesrat schlägt vor, dass sich künftig bereits strafbar macht, wer derartige Karten verwendet, obschon er zahlungsunfähig oder -unwillig ist [42].
Die zuständige Nationalratskommission bezeichnete die Vorlage als notwendig und dringlich und beschloss einstimmig, darauf einzutreten [43].
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Im Kampf gegen das organisierte Verbrechen, insbesondere gegen den internationalen Drogenhandel, hatte der Bundesrat bei der Verabschiedung des Geldwäschereiartikels zusätzliche Massnahmen angekündigt. Im März gab er den Vorentwurf für eine weitere Teilrevision des Strafgesetzbuchs in die Vernehmlassung. Dieser sieht als wichtigste Änderungen vor, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen bestraft werden können, und dass der Begriff der kriminellen Organisation eingeführt wird. Strafbar werden soll zudem nicht nur die Beteiligung an einer Organisation, welche Verbrechen begeht, sondern ebenfalls deren Unterstützung. Der Bundesrat hofft, auf diese Weise auch die Drahtzieher der internationalen Drogenmafia, welche ihre Aktivitäten in der Regel hinter legalen Scheingeschäften verstecken, zur Rechenschaft ziehen zu können. Das Projekt will zudem den Einzug von deliktisch erworbenem Vermögen erleichtern. Schliesslich sollen die Mitarbeiter von Banken und Finanzinstituten bereits dann vom Berufsgeheimnis entbunden werden, wenn sie den Verdacht haben, dass ein Vermögen aus einem Verbrechen stammen könnte [44].
Die Reaktionen fielen vor allem in bezug auf die beiden Kernpunkte, die Einführung der strafrechtlichen Verantwortung von Unternehmen bzw. des Begriffs der kriminellen Organisation zum Teil sehr negativ aus. Während die FDP beide Neuerungen befürwortete, sprachen sich der Vorort, die Bankiervereinigung, die SVP, die CVP und mit Einschränkungen auch die SP gegen die Bestrafung von Unternehmen aus. Namentlich die SP kritisierte den neuen Straftatbestand der Unterstützung von kriminellen Organisationen. Sie befürchtet, dass damit Personen bloss aufgrund ihrer Gesinnung belangt würden und die Bestimmungen auch gegen Sympathisanten bestimmter politischer Organisationen verwendet werden könnten [45].
Die Schweiz unterzeichnete am 23. August die Konvention des Europarates über die Geldwäscherei. Gemäss dem EJPD erfüllt das schweizerische Recht den von diesem Abkommen in bezug auf Strafverfolgung und Konfiskation deliktischer Vermögenswerte verlangten Mindeststandard. Die Konvention ist auch von Bedeutung für die internationale Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Geldwäscherei [46].
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Privatrecht
Der Bundesrat schlug dem Parlament eine Teilrevision des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts vor. In diesem Gesetz geht es im wesentlichen um die Regelung des Verfahrens bei der Eintreibung von Geldforderungen öffentlich- oder privatrechtlicher Natur. Das geltende Gesetz aus dem Jahr 1892 war in den 70er Jahren umfassend überprüft worden; ein Vorentwurf für die Revision war 1982 in die Vernehmlassung gegeben worden. Der Bundesrat kam dabei zum Schluss, dass eine gründliche Teilrevision einer Totalrevision vorzuziehen sei. Die vielen vorgeschlagenen Änderungen betreffen zumeist Einzelfragen, integrieren bestehende Verordnungsbestimmungen oder verbessern die Übersichtlichkeit [47]. Die zuständige Kommission des Nationalrats nahm im August die Beratungen auf und folgte im wesentlichen den Vorschlägen des Bundesrates [48].
Angesichts der Senkung des politischen Mündigkeitsalters auf 18 Jahre erachtet es das Parlament für sinnvoll, auch das zivilrechtliche Mündigkeitsalter von 20 auf 18 Jahre herabzusetzen. Der Ständerat überwies ohne Gegenstimme eine vom Nationalrat im Vorjahr verabschiedete entsprechende Motion. Bereits im Juni gab der Bundesrat einen Vorentwurf in die Vernehmlassung. Darin wies er auch auf gewisse Gefahren dieser Neuerung hin. So werden für die 18 und 19jährigen namentlich der Schutz vor Kreditgeschäften sowie arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer, die nicht Lehrlinge sind, dahinfallen [49].
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Weiterführende Literatur
M. Arend, Einbürgerung von Ausländern in der Schweiz, Basel 1991.
J. Frischknecht, Schweiz wir kommen. Die neuen Fröntler und Rassisten, Zürich 1991.
W. Kälin / G. Malinverni / M. Novak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte — La Suisse et les Pactes des Nations Unies relatifs aux droits de l'homme, Basel 1991.
R. Strauss, Das Verbot der Rassendiskriminierung. Völkerrecht, Internationales Übereinkommen und schweizerische Rechtsordnung, Zürich 1991.
M. Villiger, "Die europäische Menschenrechtskonvention und die schweizerische Rechtsordnung", in Europäische Grundrechtszeitschrift, 1991, S. 81 ff.
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GPK des Zürcher Kantonsrates, Untersuchung des Nachrichtendienstes der Kantonspolizei Zürich, Zürich 1991.
M. Luminati, "Staatsschützer sind Gesellschaftsfeinde", in Plädoyer, 9/1991, Nr. 3, S. 40 ff.
Schweizer, "Notwendigkeit und Grenzen einer gesetzlichen Regelung des Staatsschutzes", in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 92/1991, 285 ff.
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H. Baumgartner / Ch. Lentjes, "Tatwaffe Computer: Die neuen Strafnormen", in Plädoyer, 9/1991, Nr. 6, S. 31 ff.
G. Jenny / G. Stratenwerth, "Zur Urkundenqualität elektronischer Aufzeichnungen", in Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, 1991, S. 197 ff.
A. Koller, "Die Europafähigkeit des schweizerischen Strafrechts", in Documenta, 1991, Nr. 2, S. 13 ff.
H. Schultz, "Schweizer Strafrecht 1991. Rückblick und Ausblick", in Zeitschrift für schweizerisches Recht, 110/1991, I, S. 173 ff.
H.-U. Wili, Bundesverfassungsrecht. Staatsverträge. Entwicklung 1990, Basel 1991.
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[1] BBl, 1991, I, S. 1189 ff.; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1494 ff. und 2529 bzw. S. 1503 (Postulat); Amtl. Bull. StR, 1991, S. 930 ff. und 1102 f. Siehe auch NZZ, 7.9.91.
[2] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2124 ff.
[3] NZZ, 13.8.91. Siehe SPJ 1990, S. 21. Vgl. auch NZZ, 22.3.91. Siehe dazu auch unten, Teil I, 7d (Ausländerpolitik / Fremdenfeindlichkeit).
[4] BBl, 1991, II, S. 1462 ff. und IV, S. 184 (Stellung des BR); Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1939; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 301 (Motion). Siehe auch SPJ 1990, S. 21.
[5] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 938 ff. und 1278 ff.; Presse vom 6.6., 7.6. und 22.6.91. Zum Staatsschutzgesetz siehe unten, Staatsschutz.
[6] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 1018 ff. und 1063 ff.
[7] Presse vom 22.5.91; SN, 20.6.91.
[8] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1285 f. (Salvioni) und 1284 (Telekommunikation).
[9] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2172 ff. und 2323 ff.; Presse vom 11.12.91. Vgl. SPJ 1990, S. 22 sowie Vr, 26.9.91.
[10] Inkraftsetzung: NZZ, 6.5.91. Zu den Kantonen siehe unten, Teil II, 1c. TG: SGT, 9.9. und 12.12.91. Zum Bundesgesetz siehe SPJ 1990, S. 23 f.
[11] Verhandl. B.vers., 1991, V, S. 30; NZZ, 24.4.91.
[12] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 396 f.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 1094. Vgl. auch SPJ 1989, S. 21 f. und 1990, S. 23 f.
[13] TA, 4.2.91; NZZ, 11.2. und 26.2.91 (EDU); Presse vom 4.3.91 ; BBl, 1991, II, S. 64 f. Siehe SPJ 1990, S. 24 f. Zur Senkung des zivilrechtlichen Mündigkeitsalters siehe unten, Privatrecht.
[14] NZZ, 17.6. und 11.10.91; BüZ, 9.12.91. Siehe auch unten, Teil II, 1b.
[15] JdG, 8.2.91; 24 Heures, 8.2. und 20.2.91; NZZ, 18.5.91.
[16] 24 Heures, 28.2. und 24.5.91.
[17] BS: BaZ, 19.6.91. BE: Bund, 29.4. und 27.9. AG: BaZ, 29.6.91; AT, 13.7.91. ZH: Vr, 8.3.91; TA, 11.3. und 16.5.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 25 sowie unten, Teil II, 1b.
[18] NZZ, 30.5.91. Vgl. auch BR Koller in Amtl. Bull. NR, 1991, S. 949 f. sowie die Ablehnung einer Standesinitiative des Kantons St. Gallen durch den NR (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2331 ff.).
[19] Presse vom 18.12.91; LNN, 30.12.91. Vgl. SPJ 1990, S. 25 ff.
[20] Siehe zu dieser Verordnung SPJ 1990, S. 25 ff.
[21] BBl, 1991, IV, S. 1016 ff.; Presse vom 24.10.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 25 ff. sowie Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1707 ff. (Fragestunde). Zu den Protesten der Geschichtswissenschaft gegen die Aktenvernichtung siehe SPJ 1990, S. 26; Bund, 30.9.91 und LZ, 12.12.91 (Prof. Mesmer); NZZ, 9.10.91 und BaZ, 26.10.91 (Prof. Kreis).
[22] Puk-Motion: Puk-Bericht, Bern 1989, S. 224; SPJ 1990, S. 24. StR-Kommission: NZZ, 26.11. und 3.12.91. Postulat: Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2127 ff.
[23] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1565 ff. Vgl. dazu auch Bund, 17.6.91.
[24] SZ, 31.8.91; Presse vom 2.8.91; BaZ, 7.9.91; vgl. SPJ 1990, S. 38.
[25] NZZ, 31.5.91.
[26] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 984 f.; SPJ 1990,S. 28. Zum Datenschutzgesetz siehe oben.
[27] Presse vom 18.4.91. Zur Verordnung siehe SPJ 1990, S. 28 f.
[28] Presse vom 1.10.91 (Gesetz); Presse vorn 21.11.91 (Reorganisation). Vgl. auch den Bericht der GPK zur Realisierung der Forderungen der Puk (BBl, 1992, 1, S. 309 ff.). Zur parlamentarischen Aufsicht siehe unten, Teil I, 1c (Parlament). Vgl. auch die Kritik in TA, 12.10.91.
[29] BBl, 1992, I, S. 39 ff.; WoZ, 4.10.91; Presse vom 15.10.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 29.
[30] BZ, 22.6.91 (1. Entwurf); TA, 27.12.91. Vgl. SPJ 1990, S. 29.
[31] Siehe dazu unten, Teil I, 7d (Ausländerpolitik/Fremdenfeindlichkeit) sowie Lit. Frischknecht.
[32] Wahlen: TA, 26.10.91. Urteil: NZZ und TA, 29.5.91. Vgl. SPJ 1990, S. 29.
[33] Aktionen zum Frauenstreiktag fanden an unzähligen Orten statt. Eigentliche Demonstrationen mit mehr als 1000 Teilnehmerinnen wurden gemeldet aus: Zürich (10 000), Genf (6000), Aargau (4000), Basel (3000), Winterthur (2000) und Bern (1500). Siehe Presse vom 15.6. sowie unten, Teil I, 7d (Stellung der Frau).
[34] In dieser Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, und die traditionellen Ostermärsche der Pazifisten im schweizerisch/deutschen Grenzgebiet nicht erfasst. Belege für die Demonstrationen mit 1000 und mehr Teilnehmenden (in Klammer Anzahl und Thema): Bern: Bund, 15.1. (3000 / Golfkrieg), BZ, 16.1. (2500 / Golf), 28.1. (15 000 / Golf), TA, 29.4. (1000 / Kurden im Irak), 27.5. (2000 / Kroaten), 30.9. (1500 / Serben), Bund, 12.9. (1000 / Staatsangestellte), Bund und NZZ, 1.11. (6000 / Staatsangestellte). Zürich: NZZ, 18.1. (1000/ Golf), TA, 21.1. (2000 / Golf), 28.1. (2000 / Kroaten), 4.2. (1500 / Golf, Israel), 1.7. (2500 / Kroaten und Slowenen), 9.12. (1000/ Kroaten), NZZ und TA, 12.12. (1500 / Staatsangestellte), 23.12. (1500 / gegen Rassismus). Genf: JdG, 14.1. (6000 / Golf), 21.1. (5000 / Golf), 7.10. (2000 / Kosovo-Albaner). Basel: BaZ, 18.1. (1500 / Golf), 21.1. (6000 / Golf). Freiburg: Lib., 22.11. (2000 / Staatsangestellte). Lausanne: 24 Heures, 16.1. (1500 / Golf).
[35] BS: NZZ und TA, 15.11.91. Vgl. SPJ 1990, S. 30. BE: BZ, 20.3.91. ZH: TA, 5.2.91; NZZ, 31.5. und 8.8.91 (Initiative). Bundesrat: Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2126 f.
[36] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 78 ff. Vgl. SPJ 1990, S. 31.
[37] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 854 ff. und 1408; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 450 und 614; BBl, 1991, lI, S. 1490 ff. Vgl. auch L. Krauskopf, "Leitlinie ist die freie Selbstbestimmung", in Vat., 27.7.91.
[38] BBl, 1991, IV, S. 530 f. (141 595 gültige Unterschriften); Bund, 29.6.91; NF, 23.8., 5.9. und 2.10.91; JdG, 1.10.91.
[39] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1892 ff. Vgl. SPJ 1983, S. 18 und 1986, S. 17.
[40] TA, 13.8. und 19.8.91; Bund, 16.10.91.
[41] AS, 1992, S. 23 ff. Vgl. auch AT, 20.12.91.
[42] BBl, 1991, II, S. 969 ff.; Presse vom 25.4.91. Vgl. dazu auch die Kritik in Lit. Baumgartner sowie Lit. Jenny (speziell zur Erweiterung des Urkundenbegriffs).
[43] NZZ, 6.9. und 6.11.91.
[44] Presse vom 16.3. 91; TA, 8.4.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 32.
[45] BZ, 10.7.91; TA, 12.7.91. Vgl. auch die Kritik in WoZ, 22.3.91.
[46] NZZ, 15.8. und 24.8.91.
[47] BBl, 1991, III, S. 1 ff.; Bund und NZZ, 10.5.91. Vgl. auch Plädoyer, 9/1991, Nr. 3, S. 25 ff.
[48] NZZ, 29.8.91.
[49] Motion: Amtl. Bull. StR, 1991, S. 301 f.; LNN, 21.2.91; SPJ 1990, S. 32. Vernehmlassung: Presse vom 11.6.91.
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