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Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Die Dringlichen Massnahmen des Bundesrates zur Bekämpfung der Bodenspekulation bleiben vorerst unverändert in Kraft. – Gegen das vom Parlament verabschiedete bäuerliche Bodenrecht wurde das Referendum ergriffen. – Die Erhöhung der Mittel zur Wohnbau- und Eigentumsförderung wurde von beiden Räten verabschiedet. – FDP und CVP traten mit Programmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot an die Öffentlichkeit.
Raumplanung
Obwohl zusammen mit demjenigen Genfs als einer der letzten eingereicht, fand der Richtplan des Kantons Jura die volle Anerkennung des Bundesrates. Es wird damit gerechnet, das Verfahren mit der Tessiner Vorlage im Herbst nächsten Jahres abschliessen zu können [1].
Nachdem der Entwurf des Bundesrats für eine Revision des Raumplanungsgesetzes letztes Jahr gescheitert war, sprach sich die zuständige Kommission des Ständerats für das vom Bundesrat vorgelegte Realisierungsprogramm im Bereich der Raumplanung sowie den dazugehörigen Bericht aus und empfahl ihrem Rat, ebenfalls eine Nationalratsmotion zu überweisen, in welcher der Bundesrat aufgefordert wird, dem Parlament einmal pro Legislatur über den Stand des Realisierungsprogramms Bericht zu erstatten. Diesen Anträgen folgten beide Kammern, der Nationalrat im Sommer, der Ständerat im Herbst [2].
Die grosse Kammer sprach sich auf Antrag der Mehrheit ihrer Kommission knapp für eine vom Ständerat im Frühjahr gegen den Widerstand Bundesrat Kollers überwiesene Motion Zimmerli (svp, BE) aus, welche eine flexiblere Ordnung der in der Landwirtschaftszone geltenden Nutzungsvorschriften verlangte. Während der Bundesrat zur Rechtfertigung seiner ablehnenden Haltung besonders auf die von den Kantonen noch weitgehend ungenutzten Ausnahmemöglichkeiten im bestehenden Gesetz verwies, fürchtete die Kommissionsminderheit, welche hauptsächlich von Sozialdemokraten gebildet wurde, aber neben einem Mitglied der Fraktion der Grünen auch je einen Vertreter der FDP sowie der SVP umfasste, dass mit der Motion die bestehende gesetzliche Regelung untergraben würde [3].
Darüber hinaus reichte die genannte Kommissionsminderheit selbst eine. Motion ein, worin sie den Bundesrat aufforderte, den eidgenössischen Räten rasch eine Revision des Raumplanungsgesetzes auf der Grundlage des Expertenberichtes Jagmetti zu unterbreiten. Nicht nur der Bundesrat, welcher sich in seiner Stellungnahme gegen diesen Antrag wandte, sondern auch die Mehrheit des Rates hielt den Vorschlag jedoch nicht für opportun und lehnte ihn im Dezember ab [4].
Zwei weitere Motionen hinsichtlich des Raumplanungsgesetzes, welche Wiederkehr (ldu, ZH) im Frühjahr sowie die sozialdemokratische Fraktion im Herbst letzten Jahres eingereicht hatten und welche den Bundesrat zum Erlass gesetzlicher Regelungen hinsichtlich des Planungsausgleichs aufforderten, wurden vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrats als Postulate überwiesen. Freilich gelang es Bundesrat Koller bei der ersten Motion nur mit Mühe und unter der Versicherung, selber im Rahmen der nächsten Revision des Raumplanungsgesetzes darauf zurückzukommen, den Rat davon zu überzeugen, die Vorlage nicht in der zwingenden Form zu überweisen [5].
Für nicht vordringlich hält die verwaltungsinterne Arbeitsgruppe "Weiterentwicklung des Bodenrechts", welche 1988 nach der Abstimmung über die sogenannte "Stadt-Land-Initiative" gebildet worden war, eine neue Verfassungsgrundlage zur Bodenpolitik. Zwar verneint ihr Bericht, in dessen Zentrum das Anschlussprogramm steht, welches die bodenrechtlichen Sofortmassnahmen ablösen soll, keineswegs die Wünschbarkeit einer Überarbeitung der eigentums- und bodenrechtlichen Verfassungsbestimmungen. Sie hält jedoch das bestehende verfassungrechtliche Instrumentarium grundsätzlich für ausreichend, die anstehenden Probleme zu lösen, weshalb von dem politisch wie finanziell riskanten Schritt einer Revision im Bereich der Eigentumsverfassung vorerst abgeraten wird [6].
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Dem Antrag des Bundesrats, die aus der Reform der amtlichen Vermessung der Schweiz herrührenden Mehrkosten allein den Kantonen zu belasten, konnten sich weder die Kommissionen beider Räte, noch die Ständekammer, welche die Vorlage im Sommer behandelte, anschliessen. Einstimmig beschloss sie eine Entlastung der Kantone um gut 150 Mio Fr. Dagegen beantragt die zuständige Nationalratskommission dem Plenum eine grössere Beteiligung zumindest der finanzstarken Kantone [7].
Im Mai konnten in einer Halbzeitbilanz erste befriedigende Ergebnisse des gesamtschweizerischen Pilotprojektes "Reform der amtlichen Vermessung — RAV NW-Subito", welches seit Oktober 1989 in Nidwalden durchgeführt wird, vorgestellt werden. Das Projekt erstrebt über eine Neugestaltung der Rechtsgrundlagen der amtlichen Vermessung die digitale Aufarbeitung und Speicherung aller vermessungstechnisch relevanten Daten [8].
Schliesslich beschloss die Landesregierung noch eine Totalrevision der Verordnung über die Benützung des eidgenössischen Kartenwerks und der Pläne der Grundbuchvermessung. Damit wurde deren Benutzung für den privaten Eigengebrauch in Anlehnung an das Urheberrechtsgesetz freigegeben [9].
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Als wohl wichtigste Arbeit auf dem Gebiet der Raumplanung konnte im Berichtsjahr das vom Bundesrat 1985 beim Nationalfonds in Auftrag gegebene Nationale Forschungsprogramm "Boden", welches insgesamt in 67 Projekten gegen 150 Forschende beschäftigt hatte, abgeschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die im Schlussbericht zusammengefassten Massnahmen für eine neue "Kultur" im Umgang mit dem Boden postulieren folgende Grundsätze:
Stärkere Nutzung des bestehenden Verdichtungspotentials in den äusseren Stadtquartieren, Vorortsgemeinden und mittleren urbanen Zentren, vor einer Neuerschliessung weiteren Baulandes sowie regionale Anpassung der Bauvorschriften an eine derartige innere Erneuerung und Verdichtung.
Begrenzung des Wachstums "nach aussen" durch eine engere Umschreibung der Bauzone sowie die Verschärfung der Vollzugsinstrumente durch die Einführung einer bundesrechtlichen Enteignungskompetenz zur Durchsetzung zonenkonformer Nutzung und eine mittelfristige Kontingentierung der Siedlungsfläche; Konkretisierung und Abstimmung der Verkehrs- und Siedlungsentwicklung in den kantonalen Richtplänen und Förderung des raumsparenden öffentlichen Verkehrs durch höhere Treibstoffkosten.
Veröffentlichung von Handänderungen und Preisen sowie Einführung einer Bodenpreisstatistik des Bundes; angemessene Abschöpfung der durch die konzentrierte Besiedlung anfallenden höheren Bodenerträge und deren Verwendung für öffentliche Aufgaben; Verstärkung der Wohnhilfe des Bundes und deren Ausrichtung auf raumsparende Massnahmen, etwa zur Gewinnung zusätzlicher Wohneinheiten in bestehenden Gebäuden.
Reduktion oder gänzliches Verbot der vom Boden nicht abbaubaren Schadstoffe, insbesondere Bekämpfung der umweltschädigenden Düngung, und Erweiterung des Leistungsauftrags an die Landwirtschaft durch ökologische Aspekte. Erhaltung naturnaher Lebensräume für Tiere und Pflanzen durch Inventarisierung der bestehenden Gebiete und deren Vergrösserung auf etwa das Doppelte [10].
Mit den Auswirkungen der europäischen Integration auf die künftige Raumplanung in der Schweiz befasste sich ein international besetztes Symposium, welches im Rahmen der Jubiläumsfeiern zum 700. Geburtstag der Eidgenossenschaft vom 27.-29. Juli in Schaffhausen durchgeführt wurde. In den Referaten wurde eine faktische Beeinflussung der schweizerischen Raumplanung durch die Integrationsprozesse innerhalb der EG festgestellt. Als konkrete Gefahren dieses Prozesses wurden — neben einem Fortbestehen der Vollzugskrise — der zunehmende Kampf um den Boden und damit eine verstärkte Tendenz zur Deregulierung in der Raumplanung der Städte erkannt. Die zukünftige wirtschaftliche Rolle der Schweiz sahen die Experten vornehmlich als Standort hochwertiger Dienstleistungsanbieter, während für die zentrale Frage des Verkehrs sowohl eine Reduktion der Mobilität als auch eine verstärkte Verlagerung des Transports auf die Schiene ins Auge gefasst wurde [11].
Schliesslich trat auch der Schweizerische Handels- und Industrieverein (Vorort) mit Vorschlägen hinsichtlich der Bodenpolitik auf. Sein "Liberales Bodenkonzept" sieht eine Lösung der angespannten Lage auf dem Bodenmarkt in der weitgehenden Aufhebung staatlicher Einschränkungen und einer Stärkung der Marktkräfte. Daher wird in dem Papier neben den dringlichen bodenpolitischen Massnahinen des Bundes vor allem auch die Beschränkung des Zugangs zu landwirtschaftlichem Boden auf Selbstbewirtschafter, wie sie vom Parlament im Berichtsjahr beschlossen worden ist, heftig kritisiert [12].
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Bodenrecht
Bei Einführung seiner dringlichen Massnahmen im Bodenrecht sowie bei der Unterstellung der Hypothekarzinsen unter eine wettbewerbspolitische Kontrolle hatte der Bundesrat ein Anschlussprogramm in Aussicht gestellt und verschiedene Arbeitsgruppen mit der Überarbeitung des Bodenrechts, der Wohnungspolitik sowie einer Analyse des Hypothekarmarktes betraut. Gestützt auf deren Ergebnisse kündigten die Bundesräte Delamuraz und Koller an einer Pressekonferenz vom 16. September weitere gesetzliche Massnahmen auf den betreffenden Gebieten an.
Sofort angehen möchte der Bundesrat dabei die Massnahmen, welche in seinem eigenen Kompetenzbereich liegen. Dazu gehören die Erhebung der Baulandreserven, die Verwendung von Geldern der beruflichen Vorsorge für Wohneigentum sowie Bewertungsvorschriften für Grundstücke institutioneller Anleger. Darüber hinaus soll eine Vernehmlassung zur Änderung des Pfandbrief-, Anlagefonds-, Stempelsteuer- und Verrechnungssteuergesetzes stattfinden.
Neben dem Übergang zur Marktmiete, mit deren Prüfung eine Expertenkommission betraut wurde, sieht das bundesrätliche Konzept weitere Massnahmen im Bodenrecht vor. Angestrebt wird die Einführung eines unlimitierten Vorkaufsrechts für Mieter und eines Vorkaufsrechts für Gemeinwesen, die Veröffentlichung der Grundstückspreise bei Eigentumsübertragungen, die Offenlegung der Eigentumsverhältnisse an Immobiliengesellschaften sowie die Beibehaltung der Sperrfrist zur Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke.
Mittelfristig — d.h. im Jahr 1993 — sollen nach dem Willen des Bundesrats vernehmlassungsreife Entwürfe zur Mehrwertabschöpfung, zum Erschliessungsrecht, zu den Erschliessungsbeiträgen zu Wohnanteilsplänen sowie zur Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens vorliegen. Für 1994 schliesslich sind Entwürfe für die Einführung eines Grundbuches als Bodeninformationssystem sowie ein Muster- und Modellerlass für das kantonale Bau- und Planungsrecht und das kantonale Fiskalrecht vorgesehen [13].
Von den Parteien und den betroffenen Interessengruppen wurden die Vorschläge des Bundesrates mit Zurückhaltung aufgenommen. Einstimmig begrüsst wurde von den Regierungsparteien einzig die Verwendung von Pensionskassengeldern zur Finanzierung von Wohneigentum. Dagegen beurteilte die SP den geplanten Übergang zur Marktmiete als "jenseits von gut und böse", währenddem die FDP und vor allem die SVP — unterstützt vom Hauseigentümerverband — mit der Einführung des Vorkaufsrechts für Mieter und Gemeinwesen Mühe bekundeten. Der Mieterverband anerkannte zwar die ernsthaften Anstrengungen des Bundesrates zu einer besseren Bodennutzung, vermisste jedoch Massnahmen zur Schaffung oder Erhaltung günstigen Wohnraums [14].
Unter Verweis auch auf die 1989 angenommenen drei dringlichen Bundesbeschlüsse erklärte der Ständerat im Sommer dieses Jahres eine Standesinitiative des Kantons Freiburg zur Bodenspekulation für abgeschrieben [15]. Jene Beschlüsse selbst sollten das Parlament im Verlaufe des Jahres allerdings noch mehrfach beschäftigen.
Zunächst legte der Bundesrat im Spätsommer eine Revisionsbotschaft zu den dringlichen Massnahmen vor, von welchen freilich nurmehr die Sperrfrist für die Weiterveräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke sowie die Festlegung einer Pfandbelastungsgrenze von 80% zur Debatte standen. Die Beschränkung der Anlagemöglichkeiten für Pensionskassen war auf Veranlassung gleich dreier überwiesener Motionen — der Nationalratskommission, der freisinnigen sowie der liberalen Fraktion — bereits im März vom ihm selber wieder aufgehoben worden [16]. In ihrer Botschaft beantragte die Landesregierung beiden Kammern, die Dauer der Sperrfrist von fünf auf drei Jahre zu verkürzen [17]. Sie ging damit nicht auf die Forderung ihrer Kommission für Konjunkturfragen ein, beide verbliebenen Bundesbeschlüsse gänzlich aufzuheben, um dem von der Konjunkturflaute besonders betroffenen Baugewerbe bessere Rahmenbedingungen zu bieten [18].
Als erster stimmte der Nationalrat zu Beginn der Wintersession dem Vorschlag des Bundesrats zu. Der Antrag auf völlige Aufhebung der Sperrfrist scheiterte, freilich nur knapp, mit 99 gegen 90 Stimmen [19]. Genau dafür sprach sich jedoch unterdessen der Ständerat — auf Antrag seiner Kommission — aus, indem er den betreffenden Bundesbeschluss deutlich mit 27 gegen elf Stimmen aufhob. Das Gesuch auf Abschaffung auch des Beschlusses über die Pfandbelastungsgrenze wurde nach einer engagierten Intervention Bundesrat Kollers zwar wieder zurückgezogen, doch kündigte der Antragsteller Salvioni (fdp, TI) die Einreichung einer entsprechenden Motion an [20].
Eine Woche später bestätigte der Nationalrat das Urteil der kleinen Kammer: Mit 93 gegen 88 Stimmen hob er in einer Abstimmung unter Namensaufruf gegen den Antrag der Mehrheit seiner Kommission den Bundesbeschluss über die fünfjährige Sperrfrist für die Wiederveräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke auf. Den Ausschlag für diese Kursänderung gab, neben mehreren Absenzen der früheren Befürworter, der Gesinnungswandel ausgerechnet zweier Vertreter derjenigen Partei, welche sich letztes Jahr noch öffentlich gegen eine "Hüst-undHott-Politik" im Bodenrecht gewehrt hatte [21].
Bei der zwei Tage später stattfindenden Schlussabstimmung waren dann allerdings die Befürworter der Sperrfrist wieder in der Mehrheit. Mit 87 zu 85 Stimmen wurde deren Abschaffung vom Nationalrat wieder aufgehoben. Ein Antrag der FDP, die Abstimmung zu wiederholen, setzte sich nicht durch. Somit blieb der seit 1989 geltende ursprüngliche Zustand weiter bestehen [22].
Bereits nächstes Jahr dürften die Räte jedoch Gelegenheit haben, die Materie wieder aufzunehmen. Noch vor Ende des Jahres gelangte nämlich Nationalrat Ducret (cvp, GE) in einem Schreiben mit der Forderung an den Bundesrat, dem Parlament den Beschluss über die Verkürzung der Sperrfrist von sich aus noch einmal vorzulegen [23].
Umstritten bleibt auch die Auslegung des betreffenden Bundesbeschlusses. Die nach einem Urteil des Bundesgerichtes in dieser Angelegenheit eingereichten Motionen der Nationalratskommission und V. Spoerrys (fdp, ZH) sowie eine ähnlich gerichtete Motion Ducret (cvp, GE) wurden vom Nationalrat mit deutlicher Mehrheit überwiesen [24].
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In der Herbstsession wurde das Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht sowie das dazugehörige Bundesgesetz über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches und des Obligationenrechts von beiden Kammern mit grosser Mehrheit verabschiedet. Dieser Annahme war jedoch ein zum Teil langwieriges Differenzbereinigungsverfahren vorausgegangen, in dessen Verlauf sich drei Hauptproblemfelder herauskristallisiert hatten: das Selbstbewirtschafterprinzip, die Ausdehnung des Gesetzes auf Nebenerwerbsbetriebe sowie die Preisbestimmungen.
Während die Privilegierung des Selbstbewirtschafters in den Räten grundsätzlich unbestritten war, konnten sich beide Kammern in der Frage der Einbeziehung von Nebenerwerbsbetrieben in das Gesetz, welches Bundesrat und Ständerat ursprünglich auf die Haupterwerbsbetriebe hatten beschränken wollen, auf den vom Nationalrat bereits in der Januarsession gefundenen Kompromiss einigen. Nachdem dort der Antrag einer von Vollmer (sp, BE) geführten Kommissionsminderheit auf Einbeziehung jener Betriebe, deren Ertrag "namhaft zum Einkommen einer bäuerlichen Familie beiträgt" nur mit Stichentscheid des Präsidenten Bremi (fdp, ZH), bei einem Patt von je 92 Stimmen, abgelehnt worden war, begrenzte der Rat den Geltungsbereich des Gesetzes auf Betriebe, die mindestens die halbe Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie beanspruchen. Mit dieser Entscheidung folgte der Rat der Forderung Bundesrat Kollers nach Strukturanpassungen im Bereich der Landwirtschaft, welche gerade im Hinblick auf den zukünftigen Europäischen Wirtschaftsraum und das GATT unausweichlich würden.
Bis zuletzt umstritten war dagegen die Frage, wann ein — von Gesetzes wegen unzulässiger — "übersetzter Preis" für den Erwerb landwirtschaftlichen Bodens vorliege. Nachdem der Nationalrat der kleinen Kammer entgegengekommen war, indem er auf eine numerisch unbestimmte Umschreibung verzichtete, reduzierte diese ihre ursprünglich weiter gehenden Forderungen. Demnach gilt ein Erwerbspreis nunmehr als übersetzt, wenn er die Preise der betreffenden Region im Mittel der letzten fünf Jahre um mehr als 5% übersteigt [25].
Nachdem bereits im April von einem dem "Centre patronal" nahestehenden "Verein zum Schutz des landwirtschaftlichen Grundeigentums" das Referendum angedroht worden war, wurde dieses nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen von einem insbesondere von bürgerlichen Parlamentariern aus der Romandie, der Arbeitgeberseite sowie der LP getragenen Komitee lanciert. Unbehagen löste das neue Gesetz aber auch in Kreisen der Landwirtschaft aus, insbesondere den Landwirtschaftsverbänden der Westschweiz. Während der Schweizerische Bauernverband die Neuordnung des bäuerlichen Bodenrechts akzeptierte, entschloss sich die einflussreiche, grossbäuerlich geprägte "Chambre vaudoise d'agriculture" im November, das Referendum zu unterstützen. Die Kritik der Gegner des revidierten bäuerlichen Bodenrechts richtet sich insbesondere gegen das Selbstbewirtschafterprinzip, welches einen Grossteil des nutzbaren Bodens einer kleinen Minderheit vorbehalte, damit die Eigentumsfreiheit untergrabe und so letztlich den geforderten Strukturwandel in der Landwirtschaft verunmögliche [26].
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Die Zahl der kantonalen Bewilligungen für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland erreichte 1991 einen neuen Tiefstand. Insgesamt wurden 1139 Handänderungen bewilligt (—295). 146 Hektaren Schweizer Bodens gingen 1991 in ausländische Hände über — 23 weniger als im Vorjahr —, die Preissumme sank um 129 Mio auf 1470 Mio Fr. Mit 274 bewilligten Gesuchen stieg einzig die Zahl der Genehmigungen für Betriebsstätten für Handel, Fabrikation und Dienstleistungen gegenüber dem Vorjahr an. Sie liegt nun genau gleich hoch wie diejenige für Hauptwohnungen, während die Bewilligungen für Ferienwohnungen und Wohnungen in Aparthotels mit 564 Einheiten (672 im Vorjahr) noch knapp die Hälfte ausmachen.
Die regionale Verteilung der Grundstücksverkäufe änderte sich wenig. Auf die vier grossen Fremdenverkehrskantone Tessin (242), Wallis (181), Waadt (172) und Graubünden (93) entfallen noch immer gut 60% aller gutgeheissenen Gesuche. Im Wallis wurden zudem mit der Abstimmung vom 28. April die gesetzlichen Grundlagen für einen Verkauf von Grundstücken an Ausländer wiederhergestellt [27].
Die Zahl der Bewilligungen blieb somit auch 1991 unter der vom Bundesrat aufgrund der Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken .von Personen im Ausland ("Lex Friedrich") im letzten Jahr herabgesetzten Höchstgrenze. Diese Tatsache scheint den Befürchtungen im Zusammenhang mit der nach einem Abschluss des EWR-Vertrages erforderlichen Abschaffung des Gesetzes unrecht zu geben, umso mehr, als im EWR-Vertrag eine bei gravierenden Schwierigkeiten in Kraft tretende Schutzklausel eingebaut ist [28].
Die heutige Rechtsprechung führte dagegen dieses Jahr zum Ausbruch eines schwelenden Konflikts mit Italien. Seit Mai 1991 ist es Schweizern ohne dortigen Wohnsitz nämlich grundsätzlich verwehrt, Immobilien im südlichen Nachbarland zu erwerben. Diese Massnahme ist eine direkte Entgegnung Italiens auf die vom Bundesgericht befohlene Auflösung der italienisch beherrschten Immobilienfirma "Sud Provizel" in Celerina (GR). Allerdings einigten sich beide Staaten darauf, in Verhandlungen einzutreten, für deren Dauer die italienische Regierung der Schweiz eine Suspendierung der getroffenen Retorsionsmassnahmen zusicherte. Ihre Aufhebung konnte dagegen nicht erreicht werden [29].
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Mietwesen
Nach dem vom Bundesamt für Statistik halbjährlich berechneten Index für Wohnungsmieten, erhöhte sich das Niveau der Mietpreise im November 1991 im Vergleich zum Vorjahresmonat gesamtschweizerisch um 8,5%. Im Jahresmittel ergab sich gar eine Mietzinserhöhung von 9,9%. Der im letzten Halbjahr eingetretene Anstieg der Mietkosten ist in erster Linie eine Folge der angehobenen Hypothekarzinssätze und betrifft sowohl die alten wie die neuen, d.h. vor oder nach 1947 erstellten Wohnungen in etwa gleichem Masse [30].
Ende Oktober trat das Bundesamt für Konjunkturfragen mit einer im Auftrag des Bundesrates erstellten Studie über Wohnungsmieten und Teuerung an die Öffentlichkeit. Darin wird hinsichtlich einer erleichterten Bekämpfung der Inflation die Lockerung der bestehenden mietrechtlichen Bindung zwischen der Höhe der Hypothekarzinsen und den Mietpreisen gefordert. Den vollständigen Übergang von der Kosten- zur Marktmiete wagt das Amt allerdings noch nicht zu fordern, da die dazu notwendige Akzeptanz seiner Meinung nach zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhanden ist. In einer Kompromisslösung wird daher vorgeschlagen, innerhalb des bestehenden Mietrechts mehr Spielraum zur Anpassung der Preise zu schaffen, um so von der reinen Kosten- allmählich zu einer Marktmiete zu gelangen [31].
Ende Dezember beauftragte der Bundesrat das EVD mit der Ausarbeitung einer Botschaft, wonach Rahmenmietverträge zwischen Hauseigentümer- und Mieterorganisationen für allgemeinverbindlich erklärt werden können, wenn die beteiligten Organisationen gesamtschweizerisch oder regional repräsentativ sind. Damit nahm die Regierung die überwiegend positiven Reaktionen während der Vernehmlassung auf, in deren Folge sich einzig die FDP sowie einige deutschschweizerische Kantone skeptisch geäussert hatten, während die Massnahme insbesondere in der Romandie auf ein positives Echo gestossen war [32].
Von dort, nämlich dem Kanton Genf, war auch eine entsprechende Standesinitiative eingereicht worden, welche bereits letztes Jahr vom Ständerat gutgeheissen worden war. Im März schloss sich der Nationalrat diesem Urteil an, wobei seine Unterstützung mit 48 zu 43 Stimmen allerdings recht knapp ausfiel. Seine Kritik beschränkte sich dabei jedoch ausschliesslich auf den Buchstaben b der Initiative, welcher gesetzliche Bestimmungen zur Festlegung eines dem Durchschnitt von fünf Jahren entsprechenden Hypothekarzinssatzes als Bezugsgrösse forderte. Der Nationalrat gab auf Antrag seiner Kommission auch einer parlamentarischen Initiative Guinand (lps, NE) Folge, welche ebenfalls die Möglichkeit, Rahmenmietverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, einführen will [33].
Eine Standesinitiative des Kantons Aargau befasste sich mit der Frage des Eigenmietwerts. Der Vorstoss, welcher im Oktober vom Aargauer Grossen Rat überwiesen wurde, verlangt, dass die von den Kantonen festgesetzten Eigenmietwerte auch für die direkte Bundessteuer gelten sollen, soweit sie mindestens den halben Marktwert umfassen [34].
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Der letztes Jahr von der zuständigen Kommission des Ständerats erarbeitete Vorentwurf zu einem Bundesbeschluss "über die Förderung kantonaler Miet- und Hypothekarzinszuschüsse", welcher als kurzfristige und subjektbezogene Massnahme gegen die Teuerung im Bereich der Hypothekarzinsen gedacht war, wurde in der Vernehmlassung mit wenig Begeisterung aufgenommen. Zwar wurde allgemein die mit dieser Massnahme angestrebte Linderung von Härtefällen begrüsst, doch warnten insbesondere die SP und der Mieterverband davor, es bei solchen Einzelmassnahmen bewenden zu lassen, während sich mehrere Kantone, welchen der Vollzug des Beschlusses obläge, kritisch über dessen Umsetzbarkeit in die Praxis äusserten. Trotz dieser skeptischen Stellungnahmen sprach sich im November die damit betraute Kommission des Ständerates dafür aus, das Projekt weiter zu verfolgen [35].
Auch zwei Motionen — die eine von Reimann (sp, BE), die andere von Thür (gp, AG) — beschäftigten sich mit der Frage der Mietzinszuschüsse. Verlangt wurde dabei der Erlass von Rahmenbestimmungen, welche die Kantone verpflichten, Zuschüsse an die Kosten der Wohnungsmieten von Einzelnen oder Familien auszurichten, deren Mietzinsbelastung ihre Lebenshaltung unzumutbar schmälert bzw. die Auszahlung von Bundesbeiträgen an jene Kantone, welche mindestens im Umfang von bundesrechtlich festzulegenden Rahmenbedingungen Mietzinszuschüsse ausrichten. Diese beiden Vorstösse wurden vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrates als Postulate überwiesen [36].
Die Entwicklung im Bereich der Hypothekarzinsen bewegte auch 1991 viele Mitglieder des Parlaments. Bereits in der Frühjahrssession wurde im Nationalrat eine Reihe von Motionen zu diesem Thema eingereicht. Die Motion zur Finanzierung von Hypotheken, welche der Ständerat Ende letzten Jahres angenommen hatte, wurde von der grossen Kammer als Postulat überwiesen [37].
Gleiches geschah mit einer Motion, mit welcher die LdU/EVP-Fraktion im wesentlichen die Einführung einer Amortisationspflicht für Hypotheken verlangt hatte. In seiner Antwort hatte sich der Bundesrat bereits im Februar dazu bereit erklärt, diese Frage durch eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe prüfen zu lassen, weshalb der Vorstoss nicht in der zwingenden Form der Motion entgegenzunehmen sei. Ein ähnliches Postulat Eisenring (cvp, ZH) hinsichtlich der Zwangsamortisation von Hypotheken wurde vom Nationalrat ebenfalls überwiesen [38].
Mehrere Vorstösse befassten sich mit längerfristigen Massnahmen im Hypothekarbereich. Als Postulate wurden auf Antrag des Bundesrates überwiesen: die Motion Reimann (sp, BE) für eine langfristige und damit stabilere Finanzierung von Hypotheken (z.B. über Obligationen), die thematisch ähnlich gerichteten Vorstösse Jaegers (ldu, SG) hinsichtlich der Wohnbaufinanzierung über handelbare, grundpfandrechtlich gesicherte Wertpapiere mit festem Zinssatz sowie Schüles (fdp, SH) zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen zur Errichtung eines Marktes für Hypothekaranlagen, die Motion Meizoz (sp, VD) für eine Abkoppelung der Mietzinsen von den Hypothekarzinsen sowie ein Postulat Salvioni (fdp, TI) [39].
Zu diesem Themenkreis waren auch im Ständerat drei Motionen eingereicht worden. Die Vorstösse Onkens (sp, TG) und Webers (ldu, ZH) wurden problemlos als Postulate überwiesen, derjenige Zimmerlis (svp, BE), der aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung auf Opposition stiess, benötigte dazu die Gunst des Präsidenten, welcher ihn bei einem Patt von 8 zu 8 Stimmen mit Stichentscheid überwies [40].
Mit einem Expertengremium unter der Leitung von Thomas Guggenheim, dem Direktor des Bundesamtes für Wohnungswesen, und bestehend aus Vertretern der Banken, der institutionellen Anleger, der Wissenschaft, der Kantone und der Bundesverwaltung wurde eine weitere Kommission zur Bewältigung der Krise auf dem Wohnungsmarkt eingesetzt. Die Expertengruppe, welche im Januar vom Bundesrat ernannt wurde, hat den Auftrag, Vorschläge für eine Verbesserung der Wohnbaufinanzierung zu erarbeiten, um der bestehenden Lage auf dem Hypothekar- und Liegenschaftsmarkt besser begegnen zu können [41].
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Wohnungsbau
Der Rückgang der Wohnbautätigkeit hielt 1991 wie in den beiden vorausgegangenen Jahren weiter an. Insgesamt wurden noch 37 600 neue Wohnungen gebaut, rund 2400 oder 6% weniger als im Vorjahr. Regional betrachtet, wirkte sich der Rückgang der Bautätigkeit in den Kantonen der Romandie und dem Tessin deutlich stärker aus als in der deutschen Schweiz. Einzig die zentralschweizerischen Kantone Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden, Zug sowie Appenzell Ausserrhoden konnten ihre Wohnungsproduktion noch erhöhen. Bei den Einfamilienhäusern war der Einbruch der Bautätigkeit mit einem Rückgang von 18% noch ausgeprägter. Im Berichtsjahr wurden noch 9200 Einfamilienhäuser erstellt, gut 2000 weniger als im Vorjahr. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik ist diese Entwicklung in erster Linie auf die Hausse bei den Hypothekarzinsen zurückzuführen. Vergleichsweise gering war dagegen der Rückgang bei den neuerstellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern; hier wurden noch 28 400 Einheiten, oder 1,2% weniger als im Vorjahr gebaut.
Auch die Zahl der Baubewilligungen war 1991 rückläufig. 46 200 Bewilligungen, oder 3% weniger als im Vorjahr, wurden noch erteilt. Besonders vom Rückgang betroffen war der Einfamilienhausmarkt [42].
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Im Nationalrat nahm die Frage der Gewährleistung preisgünstigen Wohnraums breiten Raum ein. Eine Motion Günter (Idu, BE) für die Einführung einer Abgabe auf baureifem Land, um damit den Bau preisgünstiger Wohnungen zu finanzieren, wurde vom Nationalrat auf Wunsch des Bundesrates als Postulat überwiesen [43]. Auch eine sozialdemokratische Motion für eine Erhöhung der finanziellen Mittel des Bundes zur Finanzierung preisgünstigen Wohnraums wurde nur in Form eines Postulats überwiesen [44]. Gleiches geschah mit den von Meizoz (sp, VD) sowie Carobbio (sp, TI) eingereichten Motionen hinsichtlich einer Anderung des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes [45].
Schliesslich wurde auch Loebs (fdp, BE) Vorschlag, alle in der Bundesverwaltung mit Wohnungsfragen und Wohnbauförderung befassten Stellen im Interesse einer effizienteren Aufgabenerfüllung im Bundesamt für Wohnungswesen zu konzentrieren, von der grossen Kammer als Postulat überwiesen [46].
Zwei der grossen Parteien traten im Wahljahr 1991 mit Aktionsprogrammen zur Bekämpfung der Wohnungsnot an die Öffentlichkeit. Die FDP stellte dieses Thema gar in den Mittelpunkt ihrer ausserordentlichen Delegiertenversammlung vom 25. August in Solothurn. Gemäss dem Motto "Vorschriften abbauen — Wohnungen aufbauen" wurde eine Deregulierung der nach Meinung der Partei den Wohnungsbau hemmenden bestehenden Gesetzgebung gefordert. Konkret postuliert das Programm der FDP namentlich ein grösseres Angebot an eingezontem baureifem Land durch eine vermehrte Erschliessung durch private oder staatliche Eigentümer, eine haushälterische Nutzung des bestehenden Baulandes durch eine "Siedlungsentwicklung nach innen" und die dadurch bedingte Abkehr von restriktiven Bauvorschriften sowie eine radikale Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren durch eine Straffung der Rechtsmittel. Gefordert wird im weiteren der Einsatz der in Pensionskassen angesparten Vermögen, unter Sicherung des Vorsorgezweckes, für den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums, die Schaffung steuerlicher Anreize für das Wohnsparen sowie schliesslich eine stärkere Berücksichtigung der Markteinflüsse beim Mietrecht, wobei sozialen Härtefällen durch eine gezielte Subjekthilfe an die Mieter begegnet werden soll [47].
Bereits Ende Mai hatte die CVP ihre Thesen zur Wohnungs- und Bodenpolitik vorgestellt. Weit stärker als die Freisinnigen hebt die CVP darin die sozialen Folgen der gegenwärtigen Lage auf dem Wohnungsmarkt hervor, welche besonders ohnehin schon benachteiligte Bevölkerungsschichten wie kinderreiche oder junge Familien, Alleinerziehende, Betagte, Behinderte oder Ausländer träfen. Durch die Marktkräfte allein liessen sich die Probleme nicht lösen, weshalb der Staat steuernd eingreifen müsse. Solch staatliche Massnahmen sieht die Partei in erster Linie im fiskalischen Bereich: Der Hortung von Bauland müsse mit einer Besteuerung zu einem marktkonformen Wert entgegengewirkt werden, ungerechtfertigte Grundstücks- und Liegenschaftsgewinne seien steuerlich zu belasten. Durch teilweise Freigabe von Mitteln der zweiten Säule sowie ein gesetzlich garantiertes Vorkaufsrecht für langjährige Mieter sei eine breitere Steuung von Wohneigentum zu fördern. Schliesslich wird die Schweizerische Nationalbank aufgefordert, ihre restriktive Geldpolitik dosiert zu lockern, um so die Zinsen zu senken und die Refinanzierung von Hypotheken zu erleichtern sowie die Gründung einer "Eidgenössischen Hypothekenbank" angeregt, wodurch, wie im Ausland, Hypotheken verbrieft und zu Marktkonditionen gehandelt werden könnten [48].
Die vom Bundesrat in dem entsprechenden Bundesbeschluss vom Dezember letzten Jahres geforderte Erhöhung der Rahmenkredite für die Wohnbau- und Eigentumsförderung für die Periode 1992 bis 1996 war in beiden Räten unbestritten. Uneins war man sich jedoch in der Frage, ob die von der Regierung beantragten Mittel (905 Mio Fr. für nicht rückzahlbare Beiträge und 180 Mio Fr. fürrückzahlbare Darlehen und Beteiligungen) ausreichend seien. Im Nationalrat waren die SVP, die LP und eine Minderheit der FDP dieser Meinung. Die SP und die Mehrheit der Grünen verlangten demgegenüber eine gute Verdoppelung dieser Kredite. Durchsetzen konnte sich schliesslich der Kompromissantrag der Kommissionsmehrheit, die nichtrückzahlbaren Beiträge auf 1400 Mio Fr. und die rückzahlbaren Darlehen auf 300 Mio Fr. zu erhöhen. Zudem beschloss der Nationalrat, einen Fonds von 5 Mio Fr. für Forschungs- und Studienaufträge im Zusammenhang mit der betreffenden Rechtsmaterie explizit in den Bundesbeschluss aufzunehmen [49].
Der Ständerat weigerte sich im Sommer, freilich mit 20 gegenüber 18 Stimmen nur äusserst knapp, die vom Nationalrat beschlossene Erhöhung mitzutragen und beharrte auf den Vorschlägen des Bundesrates. Er verpflichtete diesen allerdings in einer Motion, beim Parlament einen Zusatzkredit zu verlangen, sobald der Rahmenkredit aufgebraucht sei [50].
In der Differenzbereinigung kam der Nationalrat der kleinen Kammer mit der Reduktion des Kreditrahmens für nichtrückzahlbare Beiträge auf 1200 Mio Fr. entgegen, bei den rückzahlbaren Darlehen und Beteiligungen hielt er jedoch an einer Kredithöhe von 300 Mio Fr. fest. Diese Lösung wurde auch vom Ständerat akzeptiert [51]. Die Motion des Ständerates für einen allfälligen Zusatzkredit überwies die grosse Kammer lediglich als Postulat [52].
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Das EDI erarbeitete auf Veranlassung der letztes Jahr von V. Spoerry (fdp, ZH) und Kündig (cvp, ZG) von den jeweiligen Räten angenommenen parlamentarischen Initiativen Vorschläge über eine Revision des Obligationenrechts sowie des Gesetzes über die berufliche Vorsorge. Darin wird angeregt, einen Teil der in der beruflichen Vorsorge angelegten Gelder zur Finanzierung selbstgenutzten Wohneigentums zu verwenden, um so die mit 30% als zu niedrig empfundene Wohneigentumsquote zu erhöhen. Konkret werden vor allem zwei Massnahmen vorgeschlagen: Die Aufhebung des Verbots der Verpfändung des Versichertenkapitals sowie die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, welche es den Versicherten ermöglicht, die ihnen im Umfang des Freizügigkeitsanspruchs zustehenden Gelder als Darlehen – und nicht als Barauszahlung – für die Finanzierung von Wohneigentum zu verwenden. Diese Vorschläge gingen Anfang Juli in die Vernehmlassung [53].
In der Vernehmlassung stiess das im Projekt vorgesehene Darlehensmodell bei FDP, SVP und LP sowie beim Gewerbeverband und den Gewerkschaften, welche die Barauszahlung vorziehen würden, auf Ablehnung. Während die CVP als einzige Bundesratspartei das Darlehensmodell uneingeschränkt unterstützte, sahen SP und Grüne darin immerhin noch die bessere Lösung. Gegen den Barbezug der Gelder, die in diesem Falle sofort zu versteuern wären, sprechen ihres Erachtens vor allem die teils krassen Unterschiede bei der Steuerbelastung in den einzelnen Kantonen. Eine Angleichung der Steuersätze für aus Pensionskassengeldern bezogene Guthaben liegt freilich nicht in der Kompetenz des Bundesrates, sondern wäre Sache der Kantone [54].
Der Nationalrat überwies eine Motion Leuenberger (sp, ZH), welche die Vorsorgeeinrichtungen der BVG zwingen wollte, einen bestimmten Anteil ihres Nettokapitalzuwachses als Hypothekardarlehen für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, lediglich als Postulat [55].
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Weiterführende Literatur
R. Baumann, "Gegen eine Durchlöcherung des Ertragswertsprinzips", in NZZ, 15.1.91.
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[1] BBl, 1991, II, S. 1612; NZZ, 26.6.91; Gesch.ber. 1991, S. 160.
[2] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1310 f.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 732 ff.; SPJ 1990, S. 171 f.
[3] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 156 ff.; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2338 ff.; NZZ, 7.8. und 10.9.91; Bund und BZ, 7.9.91.
[4] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2339 ff.; vgl. SPJ 1990, S. 171.
[5] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 755 f. und 2131 f.
[6] Presse vom 18.5.91. Zur Einsetzung der Arbeitsgruppe siehe SPJ 1988, S. 162.
[7] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 590 ff. NR-Kom.: NZZ, 11.9.91; LZ, 27.11.91; vgl. SPJ 1990, S. 175.
[8] Vat., 24.4.91; LNN, 25.4.91. Vgl. auch SGT, 26.11.91.
[9] NZZ, 8.11. und 15.11.91.
[10] Presse vom 30.10.91. Vgl. auch Vr, 15.2.91; NZZ, 5.7., 31.10. und 4.11.91 sowie Lit.
[11] NZZ und Vr, 28.5. und 29.5.91; SN, 14.5. und 27.5.-29.5.91; TW, 29.5.91.
[12] Vgl. Presse vom 27.2.91. Zum bäuerlichen Bodenrecht siehe unten.
[13] Presse vom 17.9.91. Zu den dringlichen Massnahmen siehe SPJ 1989, S. 158 ff. und 1990, S. 172 f. resp. 178 f. (Hypothekarmarkt).
[14] Presse vom 17.9.91. Vgl. auch den Kommentar in NZZ, 18.9.91.
[15] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 734 f.
[16] AS, 1991, S. 918. Zu den Motionen vgl. Amtl. Bull. NR, 1991, S. 155 ff.
[17] BBl, 1991, IV, S. 449 ff.
[18] BaZ, 14.9.91.
[19] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2104 ff.
[20] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 996 ff. und 1012 ff.
[21] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2349 ff.; vgl. die entsprechende Äusserung aus der CVP in SPJ 1990, S. 172.
[22] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2530; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 1103.
[23] Bund, 24.12.91.
[24] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 163 ff.; vgl. SPJ 1990, S. 172.
[25] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 139 ff., 722 ff., 851 ff. und 920; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 86 ff., 858 ff., 1696 ff., 1826 f. und 2036; BBl, 1991, III, S. 1530 ff. Siehe auch SPJ 1990, S. 176.
[26] Presse vom 18.10. und 1.11.91. Chambre vaudoise d'agriculture: JdG, 16.11.91. Vgl. dazu auch R. Rohr, "Überdehnung des Selbstbewirtschafterschutzes", in NZZ, 27.2.91.
[27] NZZ, 22.11.91. Wallis: Presse vom 29.4.91 sowie unten, Teil II, 4d.
[28] BüZ, 11.5.91; JdG, 28.6. und 6.11.91; Suisse, 24.11.91. Zum EWR siehe oben, Teil I, 2 (Europe).
[29] NZZ und BüZ, 24.7.91; CdT, 25.7.91; BüZ, 4.12.91; vgl. SPJ 1990, S. 175 f.
[30] Die Volkswirtschaft, 65/1992, Nr. 3, S. 16*.
[31] Presse vom 25.10.91.
[32] Presse vom 24.12.91.
[33] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 688 f. (Standesinitiative) und 690 ff. (Guinand). Vgl. auch SPJ 1990, S.177f.
[34] AT, 16.10.91.
[35] Reaktion: NZZ und TA, 24.1.91; BaZ und BZ, 9.2.91; Vr und LNN, 11.2.91. StR-Korn.: NZZ, 6.11.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 179.
[36] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 693 ff.
[37] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 203; vgl. SPJ 1990, S. 179. Zur Einführung einer dauerhaften wettbewerbspolitischen Überwachung der Hypothekarzinsen siehe oben, Teil I, 4a (Wettbewerbspolitik).
[38] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 696 (Eisenring) und 699 (LdU/EVP).
[39] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 697 (Salvioni), 698 (Meizoz), 699 (Reimann), 700 (Jaeger) und 700 f. (Schüle).
[40] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 190 ff.
[41] NZZ, 22.1.91.
[42] NZZ, 22.5.92.
[43] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 756 f.
[44] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 694 f.
[45] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 692 f. (Meizoz) und 1335 f. (Carobbio).
[46] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1634 f.
[47] Presse vom 26.8.91.
[48] Presse vom 30.5.91; NZZ, 31.5.91.
[49] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 665 ff.; vgl. SPJ 1990, S. 180.
[50] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 479 ff.
[51] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1625 ff. und 1782 ff.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 806 ff. und 892 f.; BBl, 1991, IV, S. 210.
[52] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1634.
[53] Presse vom 5.7.91; vgl. SPJ 1990, S. 181.
[54] Bund und BZ, 15.11.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 225.
[55] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2477.
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