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Sozialpolitik
Sozialversicherungen
Bei der 10. AHV-Revision sprach sich der Nationalrat für die Einführung des Rentensplittings mit Erziehungsbonus aus. Gleichzeitig beschloss er die schrittweise Anhebung des Rentenalters der Frauen auf 64 Jahre. – Beide Kammern nahmen das neue Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge an. – Der dringliche Bundesbeschluss über Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung wurde in der Referendumsabstimmung deutlich angenommen. – Der Nationalrat verabschiedete die Totalrevision des Krankenversicherungsgesetzes, doch hielt der Ständerat an zahlreichen Differenzen fest. – Mit einem in der Volksabstimmung gutgeheissenen dringlichen Bundesbeschluss wurde die Arbeitslosenversicherung den aktuellen arbeitsmarktpolitischen Gegebenheiten angepasst.
Grundsatzfragen
Mit dem äusserst knappen Ergebnis von 90 zu 86 Stimmen nahm der Nationalrat eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion für den Erlass eines Bundesbeschlusses zur Genehmigung der Europäischen Sozialcharta an, mit dem der Bundesrat zu deren Ratifizierung ermächtigt werden soll. Neben der SP stimmten die Grünen, die LdU/EVP-Fraktion, die grosse Mehrheit der CVP sowie einige FDP-Angehörige für den Beitritt zu diesem Abkommen. Die Sozialcharta, welche neben der Europäischen Menschenrechtskonvention als das wichtigste Vertragswerk des Europarates gilt, war 1961 von diesem Gremium erlassen und 1976 vom Bundesrat unterzeichnet worden. Die Räte hatten die Ratifizierung jedoch 1984 (Ständerat) bzw. 1987 (Nationalrat) abgelehnt [1].
In der Bundesverfassung wird möglicherweise ein Recht auf Existenzsicherung verankert. Die Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit beauftragte eine Arbeitsgruppe, eine entsprechende parlamentarische Initiative zu formulieren. Sie nahm damit das Anliegen von Nationalrätin Goll (sp, ZH) auf, welche daraufhin ihre eigene Initiative zurückziehen konnte. Keine Folge gab die Kommission hingegen einer Standesinitiative, mit welcher der Kanton Basel-Stadt eine für alle Erwerbstätigen obligatorische und mindestens existenzsichernde Krankentaggeldversicherung, die gesetzliche Regelung der Familienversicherung und Vorschriften über eine das Existenzminimum garantierende Fürsorge für Langzeitarbeitslose forderte. Die Kommission stellte fest, dass diese Anliegen grösstenteils bereits Gegenstand hängiger oder angekündigter Vorlagen seien. Ebenfalls abgelehnt wurde eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD), welche die Einführung eines Mindesteingliederungseinkommens verlangte. Die Kommission und deren Minderheit werden dem Plenum aber je ein Postulat unterbreiten, wonach der Bundesrat die Einführung eines derartigen Einkommens für Arbeitslose im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über die Arbeitslosenversicherung prüfen soll [2].
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Angesichts der prekären Finanzlage von Bund und Kantonen wurden Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen. Eine aus Vertretern des EFD und der kantonalen Finanzdirektoren bestehende Arbeitsgruppe regte in einem Diskussionspapier unter anderem an, mittelfristig auf die Revision und somit den Ausbau der Ergänzungsleistungen zu verzichten, den vollen Teuerungsausgleich auf den AHV/IV-Renten für ein Jahr zu streichen, die Viertelsrenten in der IV abzuschaffen und die Bundesbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien zu kürzen [3].
Beim zweiten Sanierungsprogramm der Bundesfinanzen beschloss der Bundesrat, neben anderen Sparmassnahmen den 1990 versprochenen jährlichen Sonderbeitrag an die AHV im Umfang von 170 Mio Fr. bis mindestens 1996 nicht zu entrichten. Damit sollten die vorübergehenden Mehrkosten gedeckt werden, die durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehen, wie ihn die 10. AHV-Revision vorsieht. Der Entscheid des Bundesrates hat keinen Einfluss auf die Höhe dieser Renten, belastet aber den Ausgleichsfonds entsprechend [4].
Ebenfalls im Rahmen dieses Sanierungsprogramms wollte der Bundesrat – ähnlich wie schon im Eurolex-Paket – die schrittweise Abschaffung der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer einleiten. Gemäss seinem Vorschlag sollten keine Neubeitritte zur freiwilligen Versicherung mehr möglich sein, eine Übergangsregelung die Rentenansprüche der bisherigen Versicherten im Umfang der bis zu zehn Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung geleisteten Beiträge jedoch gewährleisten. Der Bundesrat veranschlagte die möglichen Einsparungen auf bis zu 40 Mio Fr. pro Jahr. Der Nationalrat wies die Vorlage an die Regierung zurück mit der Auflage, stattdessen für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben sowie eine anderweitige Versicherung für Auslandschweizer in jenen Staaten zu sorgen, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen [5].
Als weiteren Beitrag zur Gesundung der Bundesfinanzen beantragte der Bundesrat dem Parlament Einsparungen bei der IV von 45 Mio Fr. bis 1997. Insbesondere sollten die Beiträge an Anstalten, Werkstätten und Wohnheime für IV-Rentner nicht mehr ausgerichtet werden, sobald die in diesen Einrichtungen untergebrachten Personen das AHV-Alter erreichen. In gleicher Weise sollten die Beiträge an die Beratung und Betreuung Invalider und ihrer Angehöriger nur noch bezahlt werden, solange die betroffenen Invaliden noch nicht im Rentenalter sind. Die grosse Kammer folgte ihrer Kommission, die einen Leistungsabbau zulasten der Invaliden befürchtete, und lehnte diese Vorschläge recht deutlich ab [6].
Nach jahrelangem Höhenflug verzeichneten die schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss. Rezessionsbedingt stiegen die Einnahmen von AHV, IV und EO lediglich noch um 3,5%, die Ausgaben hingegen um 9,2%. Beim Ausgleichsfonds beliefen sich die gesamten Einnahmen der drei staatlichen Sozialwerke auf 30,7 Mia Fr., die Ausgaben auf 29,9 Mia Fr. Bemerkbar machte sich dabei die generelle Rentenerhöhung um 4,4% sowie die vorgezogenen Leistungsverbesserungen der 10. AHV-Revision. Die Wirtschaftsflaute führte zu stagnierenden Lohnbeiträgen bei gleichzeitig höheren IV-Leistungen [7].
Eine NFP-Studie rechnete aus, dass – wenn die Entwicklung linear weitergeht – in vierzig Jahren jeder dritte Franken, der in der Schweiz erarbeitet wird, in die soziale Sicherheit fliessen wird. 1989 beanspruchte dieser Bereich 25,7% des Bruttoinlandproduktes (BIP). 1994 wird dieser Anteil bei Ausgaben von rund 100 Mia Fr. bereits 28,3% ausmachen, wozu auch der starke Anstieg der Auslagen für die Arbeitslosenversicherung massgeblich beiträgt. Zu starken Kostenschüben wird die zunehmende Überalterung der Gesellschaft vor allem in der AHV führen, wo zwischen 2004 und 2032 die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge ins Rentenalter kommen [8].
In der Volksabstimmung vom 28. November wurde dem Parlament die Kompetenz erteilt, zur Finanzierung der AHV nötigenfalls die neugeschaffene Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt anzuheben. Siehe dazu oben, Teil I, 5 (Indirekte Steuern und Bundesfinanzordnung).
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Alters- und Hinterbliebenenversicherung
Der Bundesrat empfahl der Bundesversammlung, die 1991 eingereichte Volksinitiative der SP und des SGB "zum Ausbau von AHV und IV" ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Er erachtete die Folgekosten dieser Initiative, die eine wesentliche Verschiebung von der 2. Säule (BVG) zur 1. Säule (AHV/IV/EL) anstrebt, für finanziell nicht verantwortbar. Die zuständige Ständeratskommission schloss sich dieser Sicht der Dinge an [9].
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Mit der Verabschiedung des zweiten, gewichtigeren Teils der 10. AHV-Revision erreichte der Nationalrat in der Frühjahrssession bei diesem komplexen Geschäft eine wichtige Etappe, wobei der Revisionsentwurf gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag bereits von der vorberatenden Kommission stark verändert worden war. Wichtigste Neuerung gegenüber den Bundesratsvorschlägen sowie den Beschlüssen des Ständerates war die Einführung eines Splittingmodells zivilstandsneutraler Renten mit Betreuungs- und Erziehungsbonus [10].
Die Vorlage war in ihrer revidierten Form im Plenum mehrheitsfähig, was auch in der deutlichen Ablehnung von vier Rückweisungsanträgen zum Ausdruck kam. Insbesondere wurde ein Antrag Wick (cvp, BS) auf Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, unter Beibehaltung des Splittingsystems und der wesentlichen Errungenschaften der 10. AHV-Revision (inklusive Erziehungs- und Betreuungsbonus) kostenneutral auf das System der Einheitsrente überzugehen, verworfen. Bereits in seinem Eintretensvotum hatte Kommissionspräsident Allenspach (fdp, ZH) Splitting und Einheitsrente als unvereinbar bezeichnet und darauf hingewiesen, dass ein kostenneutraler Übergang zur Einheitsrente eine Senkung der heutigen Maximalrente um 20% zur Folge hätte und für mindestens 45% der Rentnerinnen und Rentner zu finanziellen Einbussen führen würde.
Sowohl in der Eintretens- wie in der Detailberatung wurde das Splitting von keiner Seite grundsätzlich in Frage gestellt. Zu Diskussionen Anlass gab die Beschränkung der Summe der Renten eines Ehepaares auf 150% der maximalen Einzelrente. Anträge zur Gleichstellung von Ehe- und Konkubinatspaaren sowie zur Anhebung des Plafonds auf 160% wurden vom Rat gleichermassen abgelehnt.
Der umstrittenste Punkt der Diskussionen war die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene zweischrittige, erstmals vier Jahre nach dem Systemwechsel fällig werdende Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre. Nach heftiger Debatte, in welcher die bürgerlichen Verfechter des höheren Rentenalters den Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter, die rot-grünen Gegner die nach wie vor bestehende Doppelbelastung sowie die anhaltende Lohndiskriminierung der Frauen ins Feld führten, stimmte die grosse Kammer unter Namensaufruf mit 101 zu 68 Stimmen bei sechs Enthaltungen der stufenweisen Erhöhung des Rentenalters der Frauen zu. Entsprechend modifizierte der Nationalrat die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung des Rentenvorbezugs. So sollen neu Männer ab dem 63. und Frauen ab dem 62. Altersjahr bei einer versicherungstechnischen Kürzung von 6,8% pro vorbezogenes Jahr eine frühzeitige Rente erhalten können. In Ausführung des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung wurde eine Witwerrente eingeführt. Allerdings soll sie nur jenen Witwern zukommen, die Kinder unter 18 Jahren zu betreuen haben, während bereits die heutige Witwenrente als zusätzliche Anspruchsberechtigung eine mindestens zehnjährige Ehedauer nennt [11].
Im Anschluss an die Beratungen wurde ein Postulat einer Kommissionsminderheit Haller (sp, BE), welches die Prüfung der Angleichung des Rentenalters auf die 11. AHV-Revision verschieben wollte, konsequenterweise abgelehnt, ein weiteres Postulat einer Kommissionsminderheit Spoerry (fdp, ZH), das den Bundesrat einlädt, verschiedene Punkte des Splittings zuhanden der Verhandlungen des Ständerates genauer zu überprüfen, hingegen überwiesen [12].
Eine Frau, die sich bereits im Vorfeld der parlamentarischen Debatte vehement für die Beibehaltung des bisherigen Rentenalters der Frauen eingesetzt hatte, war SGBSekretärin Ruth Dreifuss. In einem Zeitungsinterview vertröstete sie die Frauen darauf, dass in der Nachfolge des zurücktretenden Bundesrats Felber vielleicht eine Frau in den Bundesrat gewählt würde, welche hier entscheidenden Einfluss nehmen könnte. Wenige Wochen später war sie die neue Magistratin im Siebner-Gremium und zudem Vorsteherin des für die AHV-Revision zuständigen EDI – und konnte das Steuer dennoch nicht herumreissen. Nachdem der Bundesrat anlässlich der Beratungen der 10. AHV-Revision im Nationalrat entgegen seiner ursprünglichen Haltung erklärt hatte, die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 64 Jahre sei ein gangbarer Weg, dem er sich nicht widersetzen werde, versuchte Dreifuss zwei Monate später vergeblich, die Landesregierung zu bewegen, auf ihren Entscheid zurückzukommen und die Frage des Rentenalters der Frauen auf die 11. AHV-Revision zu verschieben. Die Kollegen von Dreifuss begründeten ihre Meinungsänderung damit, dass Unnachgiebigkeit in dieser Frage die Einführung des Splittings verzögern würde [13].
Die Kommission des Ständerates, welcher 1991 der 10. AHV-Revision gemäss bundesrätlichem Vorschlag (ohne Rentensplitting und ohne Erhöhung des Rentenalters der Frauen) zugestimmt hatte, konnte sich weiterhin nicht für die neue Rentenformel erwärmen. Auf Kritik stiess vor allem die ungleiche Behandlung von Alt- und Neurentnerinnen und -rentnern, die Konkubinatsfreundlichkeit des nationalrätlichen Vorschlags, die mangelnde Transparenz der Rentenberechnung und die zusätzliche Belastung der Vollzugsorgane. Die vom Zuger CVP-Ständerat Kündig präsidierte Kommission griff im Sommer die seit einiger Zeit in CVP-Kreisen diskutierte Idee einer Einheitsrente auf und beauftragte das BSV, innert Monatsfrist einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen. Obgleich der Bericht die Schwachstellen einer Einheitsrente (durchschnittlich tiefere Renten, einseitige Aufwertung der Beitragsdauer gegenüber der Beitragshöhe, starkes Anwachsen der Solidaritätskomponente der höheren Einkommensklassen) verdeutlichte, beharrte die Ständeratskommission auf ihrem Standpunkt, zumindest vorderhand gleichzeitig mit Verbesserungen beim Splitting (Zuschlag auf Alters- und Invalidenrenten für verwitwete Personen) auch das Modell der Einheitsrente weiterzuverfolgen [14].
Auf den 1. Januar des Berichtsjahres trat der erste, vorgezogene Teil der 10. AHV-Revision in Kraft. Den unteren Einkommen bescherte dies, zusammen mit dem Teuerungsausgleich von 4,4%, Rentenerhöhungen bis zu 13,4%. Neu eingeführt wurde auch die hälftige Ausbezahlung der Ehepaarrenten sowie die Hilflosenentschädigung bereits bei mittlerer Hilflosigkeit [15].
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Eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) mit der Forderung, die Personen mit Anrecht auf Ergänzungsleistungen seien automatisch auf ihre Ansprüche aufmerksam zu machen, wurde von der grossen Kammer diskussionslos angenommen. Eine Motion der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, welche den Bundesrat verpflichten wollte, die Informationspflicht innert Jahresfrist einzuführen, wurde hingegen nur als Postulat überwiesen [16].
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Invalidenversicherung
In jüngster Zeit sind die Ausgaben der Invalidenversicherung (IV) derart stark angestiegen, dass sie für 1993 einen Ausgabenüberschuss von 420 Mio Fr. ausweist und ihre Reserven aufgebraucht hat. Verantwortlich dafür ist neben den Fortschritten in Technik, Medizin und Betreuung vor allem die Rezession. Vermehrt werden Dauerarbeitslose, deren missliche soziale Lage zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat, von der Arbeitslosenversicherung an die IV überwiesen. In seiner Botschaft an das Parlament beantragte der Bundesrat, den heutigen Beitragssatz von 1,2 Lohnprozenten definitiv im Gesetz zu verankern, der Regierung aber die Kompetenz zu erteilen, bei Bedarf den Satz auf 1,5% anheben zu können. Weil gleichzeitig eine Senkung des Beitrages an die klar überfinanzierte Erwerbsersatzordnung (EO) von 0,5 auf 0,3% geplant ist, werden Versicherte und Wirtschaft durch diese Umlagerung nicht stärker belastet als bisher [17].
Zu einem Urteil des Eidg. Versicherungsgerichtes, wonach alkohol- oder tabakbedingte Schädigungen nicht mehr zu einer Kürzung der IV-Renten führen, siehe oben, Teil I, 7b (Suchtmittel).
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Berufliche Vorsorge
Oppositionslos genehmigten beide Kammern die vom Bundesrat beantragte Ausdehnung der Übergangsfrist zur Gewährung von Mindestleistungen im Bundesgesetz über die berufliche Alters- und Hinterbliebenen-Vorsorge (BVG). Damit soll die ab Ende 1993 drohende Lücke bei der Erbringung von Ergänzungsgutschriften zugunsten der BVG-Eintrittsgeneration geschlossen werden [18].
Eine Motion Brunner (sp, GE), welche den Bundesrat beauftragen wollte, das BVG in dem Sinn zu ändern, dass für den Koordinationsabzug nicht mehr das erreichte Einkommen, sondern der Beschäftigungsgrad massgebend sein soll, scheiterte auch in der Postulatsform vorderhand am Widerstand von Nationalrat Früh (fdp, AR). Mit ihrem Vorstoss wollte Brunner erreichen, dass Teilzeitarbeitende in den unteren Lohnklassen nicht weiter dem Risiko ausgesetzt sind, trotz Erwerbstätigkeit von einer späteren Rente der 2. Säule ausgeschlossen zu werden bzw. nur eine minimale Rente zu beziehen [19].
Zur Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge siehe oben, Teil I, 6c (Wohnungsbau).
Bis vor einigen Jahren führte der Sicherheitsfonds der Pensionskassen, der bei Zahlungsunfähigkeit einer Vorsorgeeinrichtung einspringen muss, ein ruhiges Dasein. Mit der Rezession änderte sich dies schlagartig. Während der Sicherheitsfonds 1989 erst 147mal aktiv wurde, intervenierte er im Berichtsjahr rund 2000mal, zweimal soviel wie im Vorjahr und dreimal soviel wie 1991. Allerdings umfassen die Leistungen des Sicherheitsfonds nur das gesetzlich festgelegte Leistungsminimum. Sowohl der vor- wie der überobligatorische Bereich der zweiten Säule sind damit nicht abgedeckt. Bei der Behandlung einer Motion Keller (sd, BL), welche der Nationalrat als Postulat überwies, unterstrich der Bundesrat die Lücken seiner Zuständigkeit in diesem Bereich, versprach aber, dem aufsichtsrechtlichen Aspekt bei der anstehenden BVG-Revision besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Er nutzte auch seine beschränkten Kompetenzen und setzte auf Mitte Jahr eine Verordnungsänderung in Kraft. Damit wird die Anlage von Pensionskassengeldern aus dem obligatorischen Bereich beim Arbeitgeber eingeschränkt und eine Meldepflicht eingeführt, wenn der Arbeitgeber mit den Beitragszahlungen drei Monate im Verzug ist [20].
Zu Fragen der fiskalischen Abgeltung von Kapitalleistungen aus der zweiten und dritten Säule siehe oben, Teil I, 5 (Direkte Steuern) und 6c (Wohnungsbau).
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Beim neuen Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge folgte der Ständerat — trotz starkem Lobbying der Pensionskassenvertreter, welche vor allem die Unterstützung von Coutau (lp, GE) und Kündig (cvp, ZG) fanden — in der Differenzbereinigung weitgehend den Beschlüssen des Nationalrates. Zugunsten der jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kehrte er allerdings zum bundesrätlichen Modell zurück, welches vorsieht, dass die Arbeitnehmenden ab dem 20. Altersjahr neben ihren eigenen Versicherungsbeiträgen einen Teil der Arbeitgeberbeiträge mitnehmen können, wobei der Arbeitgeberanteil jährlich um vier Prozent angehoben wird, so dass im 45. Altersjahr die volle Freizügigkeit erreicht ist. Der Nationalrat hatte als Konzession an die Pensionskassen den Aufnungsprozess erst im Alter von 25 Jahren aktivieren, dafür aber mit 5% jährlich honorieren wollen, was ebenfalls zur vollen Freizügigkeit mit 45 Jahren geführt hätte, schloss sich in der Differenzbereinigung aber dem Ständerat an.
Im Gegenzug erklärte sich der Ständerat in Abweichung vom bundesrätlichen Vorschlag seinerseits bereit, den Pensionskassen bei dem für die Berechnung der Eintritts- und Austrittsleistungen massgeblichen technischen Zinssatz insofern entgegenzukommen, als dieser um ein Prozent variieren darf. Damit kann eine Kasse immer noch zehn bis zwölf Prozent des Guthabens eines Stellenwechslers zurückbehalten. Der Einheitssatz soll erst mit einer nächsten Revision verwirklicht werden. Unter diesen Umständen konnte die Vorlage noch vor Jahresende definitiv verabschiedet werden [21].
Der Kaufmännische Verein, welcher als Initiant einer Volksinitiative "für die volle Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge" die Diskussion erst recht ins Rollen gebracht hatte, zeigte sich überzeugt, dass das nun vorliegende Gesetz das derzeit Mögliche bringe. Falls die Referendumsfrist ungenutzt abläuft, will er sich den Rückzug seiner Initiative überlegen [22].
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Krankenversicherung
Wegen der neu eingeführten Kostenbeteiligung von zehn Franken pro Tag im Spital wurde von der PdA das Referendum gegen die im Vorjahr vom Parlament verabschiedeten und für 1993 und 1994 wirksam werdenden dringlichen Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung eingereicht, doch wurde die Vorlage in der Volksabstimmung mit über 80% Ja-Stimmen sehr deutlich angenommen [23].
Dringlicher Bundesbeschluss über Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung. Abstimmung vom 26. September 1993
Beteiligung: 39,8%
Ja: 1 416 209 (80,5%) / 20 6/2 Stände
Nein: 342 002 (19,5%) / 0 Stände

Parolen:
Ja: FDP, SP, CVP, SVP, GP, LP, LdU, EVP, AP, SD, EDU; SGB, CNG, VSA, SBV, SGV; Krankenkassenkonkordat, FMH, Schweiz. Patienten-Organisation.
Nein: PdA, Lega.
Die Vox-Analyse dieses Urnengangs wertete den Ausgang der Abstimmung als Vertrauensbeweis gegenüber Bundesrat und Parlament, und dies homogen über alle Bevölkerungsgruppen hinweg. Sowohl Befürworter als auch Gegner stützten ihren Entscheid zu einem grossen Teil auf das Bestreben, die steigenden persönlichen Ausgaben für die Krankenversicherung zu bremsen. Die Befürworter akzeptierten den Bundesbeschluss dabei als valablen Kompromiss, während die Gegner radikalere Lösungen zum Schutz der kleinen Einkommen bevorzugt hätten [24].
Die 1991 beschlossenen individuellen Prämienverbilligungen für die Jahre 1992 bis 1994 scheiterten in vielen Kantonen an der angespannten Finanzlage bzw. an der fehlenden Rechtsbasis. Bundesrat und Parlament hatten die 300 Mio Fr. Bundesbeiträge an die Bedingung gekoppelt, dass die Ausschüttung an die Kantone nur erfolgt, wenn diese — abgestuft nach ihrer Finanzkraft — den gleichen bis den dreifachen Betrag zuschiessen. Nur gerade 13 Kantone reichten fristgemäss bis Ende Juni ein entsprechendes Gesuch ein, einige von ihnen — so etwa Bern und Solothurn — beanspruchten lediglich einen Teil der ihnen zustehenden Bundesgelder. Die 100 Mio Fr. pro Jahr werden aber dennoch ausgeschüttet. In einer zweiten Runde sollen jene Kantone die restlichen Gelder erhalten, die in der ersten Verteilrunde mitgemacht haben, und zwar unabhängig von der Höhe der kantonalen Prämienverbilligungen [25].
Obwohl der Risikoausgleich zwischen den Krankenkassen 1994 voll greifen soll und dannzumal enorme Prämienerhöhungen bei den sogenannten "Billigkassen" zu erwarten sind, hielt die Abwanderung von den traditionellen zu den günstigeren "jungen" Kassen ungebremst an. Dies hing auch damit zusammen, dass aus Mangel an aktuellen Daten die Solidaritätsbeiträge aufgrund der zwei Jahre zurückliegenden Versicherungsbestände errechnet wurden, was zu schwerwiegenden statistischen Verzerrungen führte. Das BSV revidierte deshalb die entsprechende Verordnung mit dem Ziel, den Risikoausgleich realitätsnaher und effizienter zu gestalten [26].
Der Bundesrat erklärte die Verträge zwischen den Spitälern und dem Krankenkassenverband im Kanton Aargau für ungültig. Die Aargauer Regierung hatte 1991 einer Erhöhung der Spitaltarife um durchschnittlich 19,4% zugestimmt — zwei Tage nachdem der dringliche Bundesbeschluss zur Kosteneindämmung im Gesundheitswesen in Kraft getreten war, welcher die Tariferhöhungen auf 7,8% beschränkte. Dagegen hatte sich der Aargauische Krankenkassenverband (AKV) mit einer Beschwerde beim Bundesrat gewehrt. Der Kanton Aargau muss nun dem AKV rund 14 Mio Fr. zurückerstatten. Der AKV und das kantonale Gesundheitsdepartement liegen sich aber auch noch aus einem anderen Grund in den Haaren. Als der AKV drei Monate lang die Rechnungen der aargauischen Kantonsspitäler unter die Lupe nahm, entdeckte er 176 Fehler. Mit einer Ausnahme hatten die Spitäler dabei immer zu hohe Beträge verrechnet, insgesamt rund 50 000 Franken [27].
Primär mit dem Ziel, administrative Kosten zu senken und bestehende Synergien zu nutzen, beschliessen immer öfter auch grössere Kassen ein engeres Zusammengehen. Den Anfang hatten Ende des Vorjahres die Krankenkassen Zoku, SBKK, Oska und Panorama gemacht, die sich zur Dachorganisation Swica zusammenschlossen, um flächendeckend Gesundheitszentren aufbauen zu können. Weitere kleinere Kassen folgten diesem Beispiel. Besonders bedeutsam war aber der Schulterschluss zwischen Helvetia, Konkordia und KFW, der unter dem Namen Swisscare rund 2,5 Millionen Versicherten ein grösseres Gewicht gegenüber den Leistungserbringern verleihen soll [28].
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In Zusammenhang mit der Totalrevision des Krankenversicherungsgesetzes machte die Kartellkommission eine Reihe von Anregungen, welche kostendämpfenden Wettbewerb in die soziale Krankenversicherung bringen sollten. Die Kommission ging von der Feststellung aus, dass im Schweizer Gesundheitswesen — anders als in einem funktionierenden Markt — die Preise bei steigendem Angebot nicht sinken. Trotz stetig zunehmenden Arztezahlen in den vergangenen Jahren gaben die Tarife nicht nach. Das ärztliche Einkommen sei durch die Zahlungspflicht der Krankenkassen quasi garantiert, konstatierte die Kartellkommission und empfahl, das in den Standesregeln der kantonalen Arztegesellschaften festgelegte Konkurrenz- und Vertragsabschlussverbot sei ebenso aufzuheben wie die durch Meistbegünstigungs- und Ausschliesslichkeitsklauseln fixierte Tarifordnung. Dadurch erhielten die Kassen die Möglichkeit, nur mit besonders günstigen Medizinern Tarifverträge abzuschliessen. Nach Auffassung der Kartellkommission sollen auch die Krankenkassen aus der Verbandspflicht entlassen werden, was ihnen ein wettbewerbsorientierteres Vorgehen ermöglichen würde. Den Kassen wurde empfohlen, das Verbot von Preis- und Leistungsvergleichen zu lockern und das Abwerbeverbot von bereits Versicherten aufzuheben. Problematisch erschien der Kommission auch die Rolle der Kantone, die als Finanzierer öffentlicher Spitäler sowohl Vertragspartei als auch Richter in eigener Sache sind, wenn Vertragsverhandlungen zwischen Spitälern und Kassen scheitern, da im Streitfall heute die Kantone festlegen, welche Tarife zur Anwendung kommen. Vom Bund wünschte sich die Kommission eine aktivere Rolle in der Spitalplanung. Das mit den vorgeschlagenen Anderungs- und Ergänzungsvorschlägen verbundene Sparpotential wurde längerfristig auf zwei bis drei Milliarden Franken geschätzt [29].
Im Gegensatz zum Konkordat der schweizerischen Krankenkassen, welches diese Vorschläge positiv aufnahm, wurden sie von der Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) als Schritt in Richtung zur Zweiklassenmedizin abgelehnt. Doch auch der Bundesrat, welcher in seiner Vorlage selber kein Kartellverbot vorgesehen hatte, sprach sich für eine diesbezügliche Verschärfung des neuen Krankenversicherungsgesetzes aus, überliess es aber dem Parlament, über eine allfällige Ergänzung im Sinn der Kartellkommission zu entscheiden [30].
Der Nationalrat folgte in den Grundfragen der Gesetzesrevision (Obligatorium, Freizügigkeit beim Kassenwechsel, massvolle Ausdehnung des Leistungskatalogs, Aufhebung der Aussteuerung nach 720 Tagen, Prämiengleichheit von Mann und Frau, Jungen und Alten in der Grundversicherung, gezielte Prämienverbilligungen der öffentlichen Hand, Zulassung neuer Versicherungsformen) Bundes- und Ständerat, nahm aber auch die Vorschläge der Kartellkommission in wesentlichen Punkten auf. So sollen wettbewerbshindernde Bestimmungen in Verbandsstatuten, Standesregeln und Tarifverträgen ausdrücklich verboten werden. Anders als der Ständerat wollte der Nationalrat bei der Aushandlung der Tarifverträge den Patientenorganisationen zumindest ein Anhörungsrecht einräumen.
Die Gesetzesvorlage sieht — ähnlich wie der befristete Bundesbeschluss von 1991 über Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung — vor, dass Versicherer mit einem unterdurchschnittlichen Bestand an Frauen oder älteren Personen Ausgleichsbeiträge zugunsten von Versicherern mit einem entsprechend überdurchschnittlichen Anteil zu leisten haben. Bundes- und Ständerat wollten diese Bestimmung auf zehn Jahre beschränken, da sich ihrer Meinung nach bis dahin die Risikostrukturen aufgrund der vollen Freizügigkeit der Versicherten angeglichen haben sollten. Der Nationalrat zeigte sich hier skeptischer und strich deshalb die Befristung.
Beim Katalog der ausserordentlichen Massnahmen zur Kosteneindämmung kehrte der Nationalrat insofern zum bundesrätlichen Vorschlag zurück, als er das Instrument der Globalbudgetierung sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich zulassen wollte. Zudem erteilte er dem Bundesrat die Kompetenz, kantonale Massnahmen bei der Globalbudgetierung zu koordinieren. Bei der Zulassungsbeschränkung für Leistungserbringer schloss sich die Volkskammer hingegen dem Ständerat an und lehnte diese ab.
Im Bereich der gezielten Prämienverbilligungen durch Beiträge der öffentlichen Hand – vorerst 3 Mia Fr. während vier Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes – folgte der Nationalrat ebenfalls dem Bundesrat und setzte die kantonalen Beiträge auf mindestens die Hälfte des gesamten Bundesbeitrages fest. Der Ständerat hatte hier die Kantone weniger streng in die Pflicht nehmen wollen. Anders als Bundes- und Ständerat beschloss der Nationalrat allerdings, den Kantonen das System, nach dem die Prämienverbilligungen vorzunehmen sind, nicht vorzuschreiben. Damit kam er dem Wunsch der Kantone nach administrativer Vereinfachung entgegen.
In einem heiklen Punkt der Vorlage, der Regelung der Direktabgabe von Medikamenten durch die Arzte (Selbstdispensation) stellte sich der Nationalrat hinter die ursprüngliche Vorlage und damit gegen den Ständerat und entschied, die Selbstdispensation zulasten der Krankenversicherung solle durch eine bundesrätliche Verordnung und nicht auf kantonaler Ebene geregelt werden. Neuland betrat die grosse Kammer mit der Bestimmung, dass sich die Krankenversicherer inskünftig in Zusammenarbeit mit anderen Stellen auch auf dem Gebiet der generellen Gesundheitsförderung und der Krankheitsverhütung engagieren und dafür je obligatorisch versicherte Person einen vom Bundesrat festgesetzten jährliche Beitrag für die allgemeine Krankheitsverhütung erheben sollten. Wie bereits im Ständerat hatte auch im Nationalrat ein Antrag aus Kreisen der SP, der CVP und der LdU/EVPFraktion auf Einbeziehung der Taggeldversicherung in die soziale Krankenversicherung keine Chance. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der Mehrheit der vorberatenden Kommission, welcher vorschreiben wollte, dass auch in den Zusatzversicherungen eine Abstufung der Prämien nach Geschlechtern unzulässig sei.
Der Nationalrat nahm das revidierte Krankenversicherungsgesetz mit 113 zu 40 Stimmen klar an. Die Vorlage wurde von der AP aus grundsätzlichen Uberlegungen bekämpft. Eine Mehrheit der FDP-Fraktion sprach sich wegen der Ausdehnung der Globalbudgetierung auf den ambulanten Bereich und wegen des unbefristeten Risikoausgleichs ebenfalls dagegen aus [31].
In der Wintersession übernahm der Ständerat die vom Nationalrat eingefügten wettbewerbspolitischen Bestimmungen, beharrte ansonsten aber auf einer ganzen Reihe von Differenzen zum Nationalrat. Insbesondere strich er die von der grossen Kammer eingeführte Verpflichtung der Versicherer, in der Krankheitsverhütung aktiv zu werden, wieder aus der Vorlage, ebenso wie die Anhörungspflicht gegenüber Patientenorganisationen vor Abschluss eines Tarifvertrages. Die Kompetenz zur Regelung der Selbstdispensation der Arzte wollte er bei den Kantonen belassen, den Risikoausgleich unter den Krankenkassen auf zehn Jahre beschränken und die Globalbudgetierung ausschliesslich im stationären Bereich gelten lassen. Als umstrittenster Punkt erwies sich eindeutig die Regelung der Prämienverbilligungen. Der Ständerat berücksichtigte dabei die Opposition der Kantone gegen die ihnen von Regierung und Nationalrat auferlegte Verpflichtung zur Mitfinanzierung der Verbilligungsbeiträge im Umfang von einer Milliarde Franken. Er wollte diesen Gesamtbeitrag auf 30% des Bundesbeitrages begrenzen, was etwa 600 Mio Fr. entsprechen würde [32].
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Unfallversicherung
Das Parlament stimmte oppositionslos der vom Bundesrat im Rahmen von Swisslex vorgelegten Armierung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung zu. Sie dehnt den Geltungsbereich der Vorschriften über die Arbeitssicherheit auf alle in der Schweiz tätigen Betriebe aus und schreibt gleiche Prämien für Mann und Frau in der Nichtberufsunfallversicherung verbindlich vor [33].
Die Rezession, gekoppelt mit den steigenden Gesundheitskosten, führte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) in die roten Zahlen. 1992 betrug der Ausgabenüberschuss 206,5 Mio Fr., der aus der Reserve gedeckt wurde. Der Suva-Verwaltungsrat beschloss deshalb für 1994 eine Erhöhung der Prämien der Berufsunfallversicherung je nach Risikosatz um fünf bis 15%. Bei der Nichtberufsunfallversicherung beträgt die Anhebung rund 14% [34].
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Mutterschaftsversicherung
Anlässlich der Beratung des revidierten Krankenversicherungsgesetzes im Nationalrat reichte eine links-grüne Minderheit der vorberatenden Kommission einen Antrag auf Einführung eines Mutterschaftsurlaubs von 16 Wochen ein, wobei dies über eine Revision der arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Obligationenrecht erfolgen sollte. Das Plenum anerkannte zwar, dass bei der Mutterschaftsversicherung nach wie vor die gesetzliche Umsetzung des Verfassungsauftrages von 1945 fehle, wollte aber eingedenk des Abstimmungsresultates von 1987, wo die Revision des Krankenversicherungsgesetzes unter anderem am Einbezug eines Mutterschaftstaggeldes gescheitert war, die laufende Vorlage nicht unnötig belasten und lehnte den Antrag mit 97 zu 55 Stimmen ab [35].
Bei der Behandlung einer Motion Hafner (sp, SH), welche den Bundesrat ersuchte, eine Revision der Erwerbsersatzordnung (EO) vorzubereiten, welche die Regelung des Erwerbsausfalls während eines 16wöchigen Mutterschaftsurlaubs zum Ziel hat, bekräftigte der Bundesrat seine Intention, noch in der laufenden Legislatur dem Parlament die Botschaft und den Entwurf für eine Mutterschaftsversicherung zu unterbreiten. Die Mutterschaftsversicherung soll – in einem ersten Schritt – einen bezahlten Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmerinnen und Bedarfsleistungen für nichterwerbstätige oder selbständigerwerbende Frauen umfassen. Eine Regelung im Rahmen der EO wollte der Bundesrat allerdings nicht vorsehen, da das Volk dies 1987 abgelehnt hatte. Auf seinen Antrag wurde die Motion nur als Postulat angenommen [36].
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Arbeitslosenversicherung
Das Ausmass der Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Finanzierungslücke in der Arbeitslosenversicherung veranlassten Bundesrat und Parlament, gewissermassen im Eilzugstempo eine Minirevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) zu beschliessen. Der dringliche Bundesbeschluss, der in der Frühjahrssession nach heftigen Diskussionen von beiden Räten verabschiedet wurde, führte zu einer Erhöhung des Taggeldanspruchs von höchstens 300 auf maximal 400 Tage innerhalb von zwei Jahren. Damit verbunden war bei Taggeldern über 130 Fr. eine Reduktion des Taggeldes von 80 auf 70% des versicherten Verdienstes, es sei denn, der Versicherte beziehe Kinderzulagen oder sei alleinerziehend. Entgegen dem Vorschlag des Bundesrates verzichtete das Parlament hingegen auf eine weitere Degression nach dem 250. Tag.
Als eigentliche Neuerung wurde– gekoppelt an die Frage der Zumutbarkeit einer Arbeit – der Begriff des Zwischenverdienstes eingeführt. Nach geltendem AVIG war bisher eine Arbeit nur zumutbar, wenn sie dem Arbeitslosen einen Lohn einbrachte, der nicht geringer war als die ihm zustehende Arbeitslosenentschädigung. Mit dem Instrument des Zwischenverdienstes wurde ein Anreiz geschaffen, durch die Annahme einer Aushilfsbeschäftigung die Dauer der Arbeitslosigkeit zu vermindern. Bei Erzielung eines Zwischenverdienstes wird während sechs Monaten 80% des Verdienstausfalls entschädigt. Durch diese Regelung sind die Einnahmen eines Versicherten, der einen Zwischenverdienst annimmt, während eines halben Jahres höher als die normale Arbeitslosenentschädigung. Ausserdem wird der Taggeldanspruch weniger rasch ausgeschöpft, und es werden Beitragszeiten für eine spätere Arbeitslosigkeit erworben. Unbestritten war die Erhöhung des Beitragssatzes der Bundessubventionen an die Durchführung von Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung Arbeitsloser von 50% auf 85% und in Ausnahmefällen sogar auf 100%. Zudem wurde der Anspruch der Betriebe auf Kurzarbeitsentschädigung von 18 auf 21 Monate verlängert und dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, diesen bei andauernder, erheblicher Arbeitslosigkeit auf zwei Jahre auszudehnen [37].
Vor allem wegen der Reduktion des Entschädigungssatzes von 80 auf 70% und der Einführung der Zwischenverdienstregelung, die ihrer Ansicht nach zu einem generellen Lohndumping führen könnte, ergriff die PdA mit Unterstützung des SGB und der SP – nicht aber des CNG, der die Vorteile der neuen Regelung (längere Bezugsdauer) höher einstufte als deren Nachteile – das Referendum. Weil sie die Ausdehnung der Bezugsdauer und den Verzicht auf die zusätzliche Degression nach 250 Tagen ablehnten, sprangen auch Dachverbände der Arbeitgeber und des Gewerbes – wenn auch nur inoffiziell – auf den Referendumszug auf. Trotz dieser "unheiligen Allianz" wurde die Vorlage in der Volksabstimmung mit einer deutlichen Mehrheit von mehr als 70% Ja-Stimmen angenommen [38].
Dringlicher Bundesbeschluss über Massnahmen in der Arbeitslosenversicherung. Abstimmung vom 26. September 1993
Beteiligung: 39,7%
Ja: 1 225 069 (70,4%) / 20 6/2 Stände
Nein: 515 113 (29,6%) / 0 Stände

Parolen:
Ja: FDP (1*), CVP, SVP (1*), GP, LP(1*), LdU, EVP, AP, SD, EDU; CNG, SBV.
Nein: SP (1*), PdA, Lega; Vorort, ZSAO, SGV, SGB.
– Stimmfreigabe: Angestelltenverbände.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die Vox-Analyse dieser Abstimmung machte deutlich, dass die hohe Zustimmung vor allem auf die Verbesserung des sozialen Schutzes der Langzeitarbeitslosen zurückzuführen war, ein Argument, das offensichtlich auch viele SP-Wähler überzeugte. Am deutlichsten wurde die Vorlage von jenen Personen angenommen, die dem Zentrum nahestehen. Auf dem Land wurde dem Bundesbeschluss in geringerem Masse als in den Grossstädten und namentlich den kleinen und mittleren Städten zugestimmt. Bei den Nein-Stimmenden handelte es sich einerseits um Personen aus dem linken Lager, welche den Parolen und Argumenten von PdA, SP und SGB folgten, andererseits um Wähler aus dem rechten Parteienspektrum, die in der Ausdehnung der Bezugsdauer ein Missbrauchspotential witterten [39].
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Im Spätherbst leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft für eine zweite Teilrevision des AVIG zu. Damit sollen einerseits Teile aus dem dringlichen Bundesbeschluss (Abstufung der Taggelder je nach Familienpflichten, Zwischenverdienstregelung) gesetzlich definitiv verankert, andererseits die Finanzierungsgrundlagen dieses Versicherungszweiges verbessert werden. In Anbetracht der Dringlichkeit der Sanierung der Arbeitslosenversicherung beschränkt sich die Vorlage zur Hauptsache darauf, die Versicherungsleistungen, die Finanzierung der Versicherung sowie die aktiven Präventionsmassnahmen der aktuellen wirtschaftlichen Lage anzupassen. Tiefgreifende Anderungen des AVIG – wie etwa neue Finanzierungsmodelle – wurden auf die 3. Revision verschoben. Hauptpunkte der bundesrätlichen Vorschläge sind eine je fünfprozentige Degression der Leistungen nach 125 und 250 Tagen, deutlich verschärfte Zumutbarkeitskriterien und eine massive Erhöhung der Limite der beitragspflichtigen Löhne (von heute 97 200 auf 243 000 Fr.) bei gleichbleibendem Leistungsplafond, die Anhebung der Lohnbeiträge auf maximal 3% sowie die Einführung von à-fonds-perdu-Beiträgen des Bundes und der Kantone in der Höhe von je 5% der Versicherungsausgaben, wenn die Reserven und Beitragseinnahmen zur Deckung der Versicherungsausgaben nicht ausreichen [40].
Die Vorschläge stiessen in allen Lagern umgehend auf harsche Kritik. Die Gewerkschaften erachteten sie als inakzeptabel, da sie zu einem Zweiklassensystem der Versicherten, zur beruflichen Dequalifizierung der Arbeitslosen und zu Lohndumping auf Kosten der Arbeitslosenversicherung führten. Insbesondere wurde die Redefinition des Begriffs der Zumutbarkeit kategorisch bekämpft. Galt bisher eine Arbeit nur als zumutbar, wenn sie gewisse Kriterien erfüllte, so wird mit der Botschaft die Ausgangslage umgekehrt. Neu ist – mit abschliessend geregelten Ausnahmen – grundsätzlich jede Arbeit zumutbar, auch wenn der Verdienst deutlich tiefer ausfällt als das Taggeld. Die Gewerkschaften monierten zudem, die Anhebung des Plafonds der beitragspflichtigen Löhne und der Prämien sei ungenügend zur längerfristigen Finanzierung der ALV. Indem der Bund keine neuen Finanzierungsquellen vorschlage, erzeuge er einen finanziellen Druck, der schliesslich zur Abschaffung der Versicherung in ihrer heutigen Form führe. Auch die Arbeitgeberseite kritisierte die vorgesehene Finanzierung, allerdings aus ganz anderen Gründen. Ihrer Ansicht nach hätten Bund und Kantone stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Die Anhebung des Plafonds lehnten sie rundweg ab, da sie eine massive – und ihrer Ansicht nach für die ALV verfassungswidrige – Umverteilung bewirke. Richtig erschienen den Arbeitgebern nur der Abbau der Taggelder nach 125 und 250 Tagen und die Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien. Einzig der bundesrätliche Vorschlag zur Einführung von Bundes- und Kantonsbeiträgen (anstelle blosser Darlehen) und die Verbesserungen bei der Beratung der Arbeitslosen fand die Unterstützung beider sozialpartnerschaftlicher Lager [41].
Das Parlament überwies mehrere Vorstösse, die Massnahmen anregten, welche entweder mit den dringlichen Massnahmen zur Arbeitslosenversicherung eingeführt wurden, oder die der Bundesrat zumindest teilweise in seinen Vorschlag zur 2. Teilrevision des AVIG aufnehmen wollte. In Anbetracht der laufenden Gesetzgebung wurden alle diese Vorstösse nur in der Postulatsform überwiesen. Der Nationalrat verabschiedete so praktisch diskussionslos ein Postulat Carobbio (sp, TI) zur Ausdehnung der Schlechtwetterentschädigung, eine Motion Leuenberger (sp, SO) zur Aufhebung des Beitragsplafonds, eine Motion Hafner (sp, SH) für eine Verbesserung der ALV, eine Motion Goll (sp, ZH) für gleiche Rechte für arbeitslose Mütter, ein Postulat Dünki (evp, ZH) zur Aufhebung der Höchstgrenze für die Ausschüttung von Taggeldern sowie der Stempelpflicht, eine Motion Cavadini (fdp, TI) zur Unterstützung für jugendliche Arbeitslose, eine Motion Bircher (sp, AG) für eine verstärkt bildungspolitische Ausrichtung der Arbeitslosenversicherung, ein Postulat Hafner (sp, SH) für eine Verbesserung der Vermittlungs- und Beratungstätigkeit der Arbeitsämter, eine Motion Dünki (evp, ZH) für mehr Solidarität in der ALV, ein Postulat Hafner (sp, SH) zur Vertretung der Arbeitslosenkomitees in der Aufsichtskommission der Arbeitslosenversicherung, eine Motion Zisyadis (pda, VD) zur Heraufsetzung der Höchstgrenze für den massgebenden Lohn sowie ein Postulat Iten (cvp, NW) zur mittelfristigen Sicherung der Finanzierung der ALV [42].
Der Ständerat behandelte ebenfalls mehrere Vorstösse zur ALV. Eine Motion Weber (ldu, ZH), welche – analog zur Motion Dünki (evp, ZH) im Nationalrat – eine Aufhebung der Beitragslimite bei gleichbleibendem Leistungsplafond verlangte, wurde in Anbetracht der laufenden Gesetzgebung lediglich als Postulat überwiesen. Dasselbe geschah mit einer Motion Delalay (cvp, VS) für die fiskalische Förderung von Arbeitsplätzen und einer Motion Schüle (fdp, SH) zur Verbesserung der Struktur und Funktion der ALV im Bereich der Arbeitsämter [43].
Seit der enormen Zunahme der ALV-Leistungen wurde vor allem im rechtsbürgerlichen Lager immer wieder die Vermutung geäussert, Arbeitsunwillige betrieben mit der Arbeitslosenversicherung Missbrauch. Da dies von den Gewerkschaften grundsätzlich in Abrede gestellt wird, regte der Freiburger Nationalrat und CNG-Präsident Fasel (cvp) in einem überwiesenen Postulat eine entsprechende Studie an. Die aufgrund fehlender Daten einzelner Kantone unvollständige Untersuchung des Biga ergab, dass 1992 22% der Arbeitslosen von einer vorübergehenden Einstellung der Taggeldzahlungen betroffen waren, weil sie das Gesetz geritzt, missachtet oder vorsätzlich umgangen hatten. In den meisten Fällen bemühten sich die derart sanktionierten Arbeitslosen ungenügend um eine neue Stelle oder hatten die Arbeitslosigkeit selber verschuldet, indem sie eine Stelle verliessen, ohne eine neue auf sicher antreten zu können. Das Biga verwies auf die schwierige Interpretierbarkeit dieser Zahlen, da auch geringfügige Fehlleistungen der Arbeitslosen erfasst wurden und Mehrfacheinstellungen der gleichen Person in der Untersuchung ihren Niederschlag fanden, und stellte fest, dass der Anteil der Missbräuche seit 1989 (40%) beträchtlich gesunken ist. Das Biga, aber auch Verantwortliche der kantonalen Arbeitsämter vermuteten Missbräuche eher auf Arbeitgeberseite, wo zum Teil Kurzarbeitsentschädigungen unrechtmässig bezogen oder nicht an die Arbeitnehmer weitergeleitet wurden. Oft war aber auch die Rede von "legalen Missbräuchen", so etwa bei Jugendlichen, die es nach Abschluss der Schulpflicht vorziehen, Arbeitslosengelder zu beziehen, anstatt eine Weiterbildung oder Lehre in Angriff zu nehmen, oder bei Arbeitslosen, die vor Inkrafttreten der Zwischenverdienstregelung eine an und für sich zumutbare Arbeit ausschlugen, nur weil sie weniger einbrachte als 80% des versicherten Verdienstes. Auch hier handelt es sich gemäss Biga um marginale Phänomene. Dennoch soll mit der Revision des AVIG durch die Neudefinierung der zumutbaren Arbeit und durch verschärfte Zulassungskriterien für Schul- und Studienabgänger die Schraube stärker angezogen werden [44].
Für Massnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit, welche teilweise auch Auswirkungen auf die ALV haben, siehe oben, Teil I, 7a (Arbeitsmarkt).
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Erwerbsersatzordnung
Da die relativ geringen Einkünfte über die Erwerbsersatzordnung (EO) oftmals als Grund für die Verweigerung des "Weitermachens" im Militär angeführt werden, überwies der Nationalrat eine Motion Allenspach (fdp; ZH), welche den Bundesrat ersucht, eine Revision der EO in dem Sinn einzuleiten, dass Wehrmänner bei Beförderungsdiensten mindestens so viel an Erwerbsausfallentschädigung erhalten, wie sie im Falle von Arbeitslosigkeit an Arbeitslosengeldern beziehen könnten, als Postulat [45].
Eine Motion Seiler (cvp, ZH), welche die Regierung beauftragen wollte, ohne Verzug eine Revision der EO an die Hand zu nehmen, damit diese gleichzeitig mit der Armeereform auf den 1. Januar 1995 in Kraft treten kann, wurde auf Antrag des Bundesrates lediglich als Postulat angenommen, da dieser geltend machte, dass aufgrund neu aufgetretener Probleme (Mehrbelastung in der IV, hohe Arbeitslosigkeit bei den Absolventen mehrmonatiger Militärdienste) eine sorgfältige Prüfung der in der 6. EO-Revision vorzunehmenden Änderungen angezeigt sei. Für Ende 1994 stellte er eine diesbezügliche Botschaft in Aussicht [46].
Für die Reduktion des Beitragssatzes der EO zugunsten der IV siehe oben (Invalidenversicherung).
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Weiterführende Literatur
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F. Schwegler, "Nach 141 Jahren: Beginn der fünften Epoche der Militärversicherung", in Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 5, S. 4 ff.
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[1] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 830 ff. und 836 ff.; vgl. auch die Ausführungen des BR a.a.O., S. 593; Presse vom 30.4.93. Siehe dazu SPJ 1991, S. 224 und 1992, S. 224.
[2] Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 21, 28 und 59; Seniorenexpress, August '93, S. 25 ff.; BaZ, 31.8. und 13.11.93; NQ, 17.9.93; Presse vom 16.11.93; JdG, 13.12.93.
[3] SP-Pressedienst, 18.5.93; Presse vom 28.5.93; SGB-Pressedienst und TA, 3.6.93; BaZ, 5.6.93.
[4] Presse vom 2.7.93. Diese Massnahme wird dem Parlament als Rückkommensantrag im Rahmen der 10. AHV-Revision unterbreitet werden (BBl, 1993, IV, S. 304 f.).
[5] BBl, 1993, IV, S. 307 f.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2361 ff. und 2395 f.; Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 6, S. 39 f. ; NZZ, 24.11.93.
[6] BBl, 1993, IV, S. 308 f.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2361 ff. und 2396 ff.; Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 6, S. 40.
[7] Presse vom 5.3.94. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 648.
[8] Lit. Wechsler.
[9] BBl, 1993, II, S. 549 ff.; Presse vom 6.5. und 25.8.93. Siehe dazu auch SPJ 1991, S. 226.
[10] Zur Frage des Splittings vgl. die Stellungnahmen der beiden Kommissionsmitglieder Allenspach (fdp, ZH) und Haller (sp, BE) in Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 3, S. 2 ff. sowie Lit. Brechbühl. Siehe dazu auch SPJ 1991, S. 226 f. und 1992, S. 227 ff.
[11] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 207 ff., 246 ff. und 282 ff.; Presse vom 28.1. und 12.3.93; Bund, 30.1., 6.3. und 10.3.93; wf, Dok., 1993, Nr. 9 und Nr. 31. FDP und SVP hatten sogar für eine Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre plädiert.
[12] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 302 f.
[13] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 244; L’Hebdo, 4.2.93; TG, 19.3.93; Presse vom 11.3., 6.5. und 21.8.93. Gegen eine Erhöhung des Rentenalters sprachen sich ebenfalls die meisten Frauenorganisationen sowie die Eidg. Kommission für Frauenfragen aus (SGT, 27.2.93; TW, 2.3.93).
[14] Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 5, S. 17 ff. (Kurzfassung des BSV-Berichtes) und Nr. 6, S. 1 und 2 f.; TA, 6.5.93; Presse vom 9.7. und 18.8.93; BZ, 20.7. und 31.8.93; CVP-Pressedienst, 21.7., 4.8. und 15.12.93; Bund, 3.8.93; SAZ, 12.8.93 (Berechnung der verschiedenen Varianten); SoZ, 15.8. und 22.8.93; BaZ, 17.8.93; Gewerksch. Rundschau, 1993, Nr. 4; Soziale Medizin, Dez. 1993. Die grossen Frauenorganisationen meldeten beträchtliche Bedenken gegenüber der Einheitsrente an, und der SGB drohte bereits mit dem Referendum, da die Einheitsrente wohl nur über eine Erhöhung des Rentenalters der Frauen zu finanzieren wäre (Presse vom 12.10.93).
[15] Ostschweiz, 28.12.92.
[16] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 502 ff. Siehe auch SPJ 1992, S. 229. Eine Motion Zisyadis zur Herabsetzung der Karenzfrist für ausländische Arbeitnehmer wurde im Rat bekämpft und deren Diskussion deshalb verschoben (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 566 f.).
[17] BBl, 1994, I, S. 1 ff.; Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 6, S. 21 ff.; Presse vom 9.7. und 30.11.93. Zur Entwicklung in der IV siehe auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2541 f. Das Vermögen der EO belief sich Ende Jahr auf 3,66 Mia Fr. (Presse vom 5.3.94).
[18] BBl, 1993, IV, S. 241 ff. und 579; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2113 ff. und 2590; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 905 f. und 1131.
[19] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1951 f.
[20] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1390 f. ; TA, 20.1.93 ; Bund, 25.1.94; Ww, 4.3.93; Beobachter, 1993, Nr. 3, S. 16 ff.; SHZ, 25.3.93; Presse vom 2.6. und 28.10.93. NR Rechsteiner (sp, SG) hatte das Problem der ungenügenden Sicherung der Guthaben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits 1991 in einer Motion aufgenommen, die 1992 mit dem Hinweis auf die laufenden BVG-Revisionsarbeiten jedoch nur als Postulat überwiesen worden war. Da sich diese Gesetzesrevision nun aber verzögern wird, doppelte Rechsteiner Ende Jahr mit einer parlamentarischen Initiative nach (Verhandl. B. vers., 1993, V, S. 38). Vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1993, S. 917 f. Siehe ebenfalls SPJ 1992, S. 230.
[21] Amt. Bull. StR, 1993, S. 548 ff., 876 ff. und 1131; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1698 ff., 2345 und 2591; BBl, 1993, IV, S. 566 ff.; Soziale Sicherheit, 1994, Nr. 1, S. 15 ff. In der Folge der Beratungen schrieb der NR diskussionslos eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt auf volle Freizügigkeit ab (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1708). Lobbying der PK: SoZ, 13.6.93; TA, 18.6.93. Zu einer als Postulat überwiesenen Motion Fasel (cvp) zur Mindestverzinsung der Altersguthaben siehe Amtl. Bull. NR, 1993, S. 916 f.
[22] Presse vom 3.12.93.
[23] BBl, 1993, I, S. 1089 f. und IV, S. 262 ff. Zum deutlichen Resultat beigetragen hatte wohl auch die unverhüllte Drohung der Krankenkassen, bei einer Ablehnung würden 1994 die Prämien der Grundversicherung erneut um bis zu 15% steigen (Presse vom 12.7.93).
[24] Vox, Analyse der eidg. Abstimmungen vom 26. September 1993, Adliswil 1993.
[25] BZ, 19.7.93. Siehe auch SPJ 1991, S. 232.
[26] Bund, 11.1.93; NZZ, I8.I.93; SoZ, 9.5.93; CdT, 12.5.93; Presse vom 15.6.93. Siehe dazu auch SPJ 1991, S. 232 f.
[27] Bund, 31.12.93.
[28] Bund, 12.2. und 16.9.93; TA, 3.4., 19.8. und 6.9.93; BZ, 2.9.93; Presse vorn 7.9.93; Ww, 9.9.93; Cash, 1.10.93.
[29] "Der Bericht der Kartellkommission zum schweizerischen Gesundheitsmarkt", in Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 2, S. 39 ff.; NQ, 9.1.93; Cash, 22.1.93; Presse vom 3.2.93; NZZ, 24.4.93.
[30] Presse vom 2.4.93.
[31] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1725 ff., 1820 ff., 1852 ff., 1883 ff. und 1897 ff.; Presse vom 6.10.-10.10.93. Zur teilweise hitzig geführten Diskussion über gleiche Prämien für Männer und Frauen in den Zusatzversicherungen vgl. auch SoZ, 26.9.93; Bund, 1.10. und 8.10.93. Für weitere Einzelheiten der Revision vgl. oben, Teil I, 7b (Gesundheitspolitik). Siehe auch SPJ 1992, S. 236.
[32] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 1047 ff. und 1072 ff.
[33] BBl, 1993, I, S. 850; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 188 f. und 582; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 768 und 1453; BBl, 1993, II, 924 f. Die Gesetzesänderung war bereits im Vorjahr Gegenstand von Eurolex gewesen. Siehe dazu SPJ 1992, S. 225.
[34] Presse vom 3.7. und 17.9.93.
[35] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1904 ff.; L’Hebdo, 13.5.93.
[36] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2517 f.
[37] BBl, 1993, I, S. 677 ff.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 82 ff., 156 lf., 372 ff., 502 und 640; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 104 ff., 110 ff., 214 und 233; AS, 1993, S. 1066 f. Die Neuerungen in der Arbeitslosenversicherung wurden auf den 1. April in Kraft gesetzt. Auf den 1. Oktober erhöhte der BR die Anspruchsberechtigung bei Kurzarbeit auf zwei Jahre (Presse vom 16.9.93).
[38] BBl, 1993, II, S. 1415 f. (Referendum) und IV, 262 ff. (Abstimmung); Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 4, S. 25 f.; Presse vom 23.3., 25.3., 22.6., 29.6. und 27.9.93; WoZ, 15.4.93; TA, 23.6. und 11.9.93; NZZ, 31.7., 26.8. (bürgerliches Ja-Komitee), 8.9. (bürgerliches Nein-Komitee) und 11.9.93 (linkes Nein-Komitee); Bund, 18.8.93; BZ, 15.9.93.
[39] Vox, Analyse der eidg. Abstimmungen vom 26. September 1993, Adliswil 1993.
[40] BBl, 1994, I, S. 340 ff.; Presse vom 9.7., 6.10 (Vernehmlassung) und 30.11.93; Bund, 13.11.93; Soziale Sicherheit, 1994, Nr. 1, S. 46 ff. Gegen den Protest der üblicherweise für derartige Fragen zuständigen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) wurde die Vorlage im NR der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zugewiesen. Im StR wurde sie der SGK zugeteilt (Baz, 14.12.93).
[41] Presse vom 30.11.93. Zu den Vorschlägen für eine teilweise Privatisierung der Finanzierung der ALV siehe die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1149. Vgl. auch Lit. Hostettler; NQ, 29.7.93; Bund, 23.9.93; TA, 28.12.93.
[42] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 167 ff., 171, 173 ff., 1388 f., 1398 f., 1623 und 2534. Eine Motion Brunner (sp, GE) für einen von der ALV finanzierten Solidaritäts-Weiterbildungsurlaub (siehe oben, Teil I, 7a, Arbeitsmarkt) wurde hingegen auch in der PostuIatsform abgelehnt; ebenso eine Motion Moser (ap, AG) für eine Beschränkung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung bei Verheirateten mit erwerbstätigem Ehegatten (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1624 f.).
[43] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 620 ff.
[44] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 173; JdG, 17.6.93; BZ, 8.7.93; Presse vom 26.7. und 16.9.93; BaZ, 6.8.93; Blick, 31.8.93; LNN, 7.9.93; SoZ, 15.7. und 12.9.93. Der NR überwies diskussionslos ein Postulat Zisyadis (pda, VD), welches den BR ersucht, einen Bericht über Missbräuche der ALV durch die Arbeitgeber zu erstellen (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2534).
[45] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1950 f. Der Rat überwies ebenfalls ein Postulat Cincera (fdp, ZH) mit ähnlicher Stossrichtung (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 171 f.).
[46] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2518. Für eine weitere Motion im Bereich der EO siehe oben, Mutterschaftsversicherung.
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