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Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Das Parlament bereinigte die letzten Differenzen bei der Revision des Raumplanungsgesetzes, welche auf eine Lockerung der Bau- und Nutzungsvorschriften in der Landwirtschaftszone abzielt. Das von Grünen, vom VKMB sowie Landschaftsschützer ergriffene Referendum gegen die RPG-Revision kam zustande. – Der Bundesrat lehnte die Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ ab und gab die Ausarbeitung eines Gegenentwurfes in Auftrag. – Das Parlament lehnte sowohl die Volksinitiative „Wohneigentum für alle“ wie auch den von der nationalrätlichen WAK ausgearbeiteten Gegenentwurf ab.
Raumplanung
Der Bundesrat unterbreitete dem Parlament eine Botschaft zur Änderung von 18 Bundesgesetzen, die eine Vereinfachung und Konzentration der bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zum Ziel hat. Mit diesem Mantelerlass beabsichtigt der Bundesrat eine bessere Koordination und eine Beschleunigung der oft komplizierten und nacheinander ablaufenden Plangenehmigungsverfahren in jenen Bereichen, wo der Bund über eine umfassende Regelungskompetenz verfügt oder zum Erlass von Verfahrensrecht ermächtigt ist. Er verspricht sich von der Straffung der Abläufe und vom Einbau verbindlicher Fristen eine erhebliche Kürzung der heute üblichen Verfahrenslänge. Vom vorgeschlagenen Bundesgesetz wären militärische Anlagen, Grenzkraftwerke zur Wasserkraftnutzung, elektrische Anlagen, Eisenbahn-, Trolleybus- und Schiffahrtsanlagen, Rohrleitungen, Flugplätze und teilweise auch Nationalstrassen betroffen. Dem neuen Plangenehmigungsrecht nicht unterstellt wären Kernanlagen, Seilbahnen und Skilifte. Laufende Genehmigungsverfahren für die Bahn 2000, für NEAT-Zufahrten oder für den Flughafen Kloten würden nach altem Recht weitergeführt. Der Ständerat hiess das Massnahmenpaket des Bundesrates als Erstrat gut  [1].
Der Nationalrat überwies ein Postulat Weyeneth (svp, BE) für eine Regelung einzuführen, die es den Gemeinden erlaubt, mit vertretbarem Aufwand Flanierzonen als Mittel zur Zentrenaufwertung einzurichten, in denen eine Verkehrsberuhigung ohne Zutrittsbeschränkungen bei gleichzeitigem Fussgängervortritt angestrebt wird [2].
Zur Alpenkonvention siehe unten, Teil I, 6d (Protection des sites).
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Nachdem die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, das auf eine Lockerung der Bau- und Nutzungsvorschriften in den Landwirtschaftszonen abzielt, im vergangenen Jahr in beiden Räten behandelt worden war, mussten einige Differenzen zwischen den beiden Räten bereinigt werden. Umstritten war das Ausmass der Umnutzungen von landwirtschaftlich genutzten Gebäuden, die durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft überflüssig geworden sind. Der Ständerat hatte angesichts der breiten Opposition einen Versuch zur Rettung der Vorlage unternommen, indem er den vom Nationalrat erteilten Freipass für die Zweckentfremdung alter, das heisst vor 1980 erstellter Gebäude wieder strich, um insbesondere eine freie Umnutzung von Wohn- in Gewerbebauten zu verhindern. Der Nationalrat lehnte in der Frühjahrssession den Antrag einer linken Kommissionsminderheit ab, bei der Zweckänderung zonenwidrig erstellter Bauten dem Ständerat zu folgen. Statt dessen stimmte er in dieser Frage dem Vermittlungsantrag Schmid (svp, BE) mit 101 zu 50 Stimmen zu und übernahm die etwas restriktivere Bestimmung, wonach eine vollständige Zweckänderung von altrechtlich erstellten Gebäuden nicht generell, sondern nur bei gewerblich genutzten Bauten und Anlagen möglich sei. Die Voraussetzungen soll der Bundesrat im Verordnungsrecht näher regeln. Bundesrat Koller nannte als Leitplanken die Verbote von erheblichen Änderungen an der Bausubstanz und von substantiellen Verbesserungen der bestehenden Gebäudeerschliessung. Bei der zweiten umstrittenen Differenz, dem sogenannten Rustico-Artikel, den der Ständerat etwas enger gefasst hatte, indem nur „gut erhaltene“ Bauten landwirtschaftsfremd als Wohnraum umgenutzt werden dürfen, drehte sich der Streit um die Bezeichnung „gut erhalten“. Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, die vorschlug, dass die zur zonenfremden Wohnnutzung vorgesehenen Bauten „in ihrer Substanz“ erhalten sein müssten. Nach Definition von Bundesrat Koller setzte eine solche Umnutzung voraus, dass die wichtigen Gebäudeteile in gutem Zustand und nur teilweise erneuerungsbedürftig sein müssen. Der Ständerat schloss sich in der zweiten Differenzbereinigung stillschweigend und oppositionslos diesen Entscheiden an. In der Schlussabstimmung wurde die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes mit 104:60 bzw. 38:3 verabschiedet [3].
Schon während den Beratungen im Parlament hatten Grüne, kleinere und mittlere Bauern (VKMB) sowie Landschaftsschützer das Referendum gegen die RPG-Revision angedroht. Noch vor der Schlussabstimmung bestätigte Fraktionssprecherin Teuscher (gp, BE) die Absicht der Grünen, das Referendum zu ergreifen, da ihnen die Änderung des Raumplanungsgesetzes im Sinne der Öffnung der Landwirtschaftszone für betriebsnahe Nebengewerbe, für bodenunabhängige Produktion und für Wohnzwecke zu weit gehe. Die Gegnerschaft kritisierte die Aufhebung der Grenze zwischen Bauzone und Landwirtschaftszone und befürchtete einen Schub an Landschaftszerstörung. Zudem würde die Revision des RPG die Bemühungen für eine ökologische Landwirtschaft unterlaufen. Auf der Verliererseite stünden nebst der Landschaft und der Landwirtschaft auch das bestehende Gewerbe, das von Betrieben konkurrenziert würde, welches von billigem Boden aus mit ungleich langen Spiessen arbeiten könnte, sowie alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die für neue Infrastrukturen und die negativen Folgen der Intensivlandwirtschaft aufzukommen hätten. Das Referendum wurde nebst der Grünen Partei von folgenden Organisationen getragen: VKMB, Pro Natura, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Vogelschutz, IG Boden, WWF sowie Hausverein Schweiz. Das Referendumskomitee „zum Schutz des ländlichen Raumes“ reichte am 9. Juli bei der Bundeskanzlei rund 57 000 Unterschriften ein [4].
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Eine Studie des Schweizerischen Instituts für Aussenwirtschafts-, Struktur- und Regionalplanung (SIASR) an der Universität St.Gallen zeigte Handlungsansätze für eine nachhaltige Raumentwicklung in der Schweiz auf. Die Studie konkretisierte die vom Bundesrat 1996 beschlossenen „Grundzüge der Raumordnung Schweiz“, welche einen Orientierungsrahmen zur wirtschaftlich, sozial und ökonomisch verträglichen Nutzung des Bodens und zur Ordnung der Siedlungsentwicklung schuf. Der Bericht führte Nachhaltigkeitslücken zum Teil auf den ungenügenden Vollzug bestehender Rechtsgrundlagen zurück, ferner nannte er gesellschaftliche Verhaltensweisen, Wertvorstellungen und Konsumansprüche, die im Widerspruch zu den grundlegenden Zielen einer nachhaltigen Entwicklung stünden. Der Bericht regte eine duale Problemlösungsstrategie für fehlende Nachhaltigkeit an: einerseits brauche es eine kurzfristige Problembewältigung, die auf nationaler und vor allem regionaler Ebene greife, andererseits solle nachhaltige Entwicklung als globales Projekt längerfristig mit einem gesellschaftlichen Wertewandel erreicht werden. Als ungenügend wurde die Verwirklichung einer dezentralen Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten sowie die Gestaltung kompakter Siedlungsräume im städtischen wie im ländlichen Raum beurteilt. Als positiver, noch ausbaubarer Ansatzpunkt wurde die Vernetzung sowohl in Verdichtungsräumen wie auf dem Land aufgeführt. Auch eine bessere Einbindung der Schweiz in die EU und eine vermehrte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionen sollte gefördert werden, obschon im internationalen Bereich ein Defizit bei den staatlichen Steuerungsmöglichkeiten bestünde [5].
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Bodenrecht
Mit dem Ziel, den Boden zu entkapitalisieren und der Spekulation zu entziehen, hatte der Lysser Rentner Werner Schmid im Alleingang die eidgenössische Volksinitiative „Grundeigentum geht über in Nutzungs- und Baurechte“ lanciert. Er wollte damit das schweizerische Bodenrecht fundamental umkrempeln und den privaten Landbesitz abschaffen. Die Sammelfrist lief am 20. November 1998 unbenutzt ab. Die Initiative kam nicht zustande, da nur knapp 20 000 Unterschriften gesammelt wurden [6].
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Mietwesen
Gemäss dem Landesindex der Wohnungsmiete blieben die Mieten im schweizerischen Landesdurchschnitt zwischen Dezember 1997 und Dezember 1998 mit einem Anstieg von weniger als 0,1% stabil  [7].
Nachdem die Hypothekarzinssätze im Frühling auf breiter Front von 4,25 auf 4% zurückgenommen worden waren, und die Migros Bank ihren Satz auf 3,75% gesenkt hatte, folgten die Glarner und die Berner Kantonalbanken als erste Staatsinstitute und reduzierten ihren Richtsatz für erste Hypotheken auf den 1. Februar bzw. 1. April um einen weiteren Viertel Prozentpunkt. Letztmals lag der Hypothekarzinssatz im Jahre 1958 bei 3,75%; noch tiefer, nämlich bei 3,5%, lag er Ende der vierziger und Anfang der fünziger Jahre. Ihren letzten Höchststand erreichten die Hypothekarzinssätze im August 1992, als sie doppelt so hoch waren [8].
Der Schweizer Mieterinnen und Mieterverband (MV) überprüfte im Mai rund 1500 Mietverhältnisse auf die Weitergabe von Hypothekarzinssenkungen. Gemäss den vom MV veröffentlichten Ergebnissen wurden die der Mieterschaft zustehenden Mietzinssenkungen nur teilweise oder gar nicht vorgenommen. Im Durchschnitt der untersuchten Mietverhältnisse resultierte ein Mietsenkungs-Guthaben von 8,2% oder 1356 Fr. pro Jahr. Die Erhebung des MV wurde vom Hauseigentümerverband als nicht repräsentativ und unseriös kritisiert, weil sich die Zahlen einseitig auf die Hypothekarzinsen stützten und dabei andere Kostenfaktoren völlig ignorierten. Zwei Wochen später reichte der MV eine wissenschaftliche Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) nach, dessen Ergebnisse auf offiziellen Daten (Mietpreisindex, nationale Mietpreiserhebung, Gebäude- und Wohnungserhebung, Konsumentenpreisindex, Hypothekarzinsen der ZKB) basierten. Gemäss BASS-Studie stiegen die Hauseigentümer-Kosten seit 1989 um vier Prozent, die Mieten jedoch um über 30%. Laut MV-Vizepräsidentin Thanei wurden die Hypothekarzinserhöhungen den Mietern voll überwälzt, während die Hypothekarzinssenkungen seit 1993 nicht oder nur teilweise weitergegeben worden seien. Insgesamt seien den Mietern 11,2 Mia oder 6400 Fr. pro Haushalt vorenthalten worden [9].
Der Bundesrat lehnte anfangs September die Volksinitiative des Mieterinnen- und Mieterverbandes „Ja zu fairen Mieten“ ab und beauftragte das Bundesamt für Wohnungswesen, der Initiative einen Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenüberzustellen. Die Initiative sieht eine Anpassung der Mietpreise an den durchschnittlichen Hypothekarzinssatz der letzten fünf Jahre vor. Gemäss bundesrätlichen Vorgaben soll der Entwurf des Gegenvorschlages zwei von den Vertragspartnern wählbare Modelle der Mietzinsbildung enthalten: eine Indexmiete, bei welcher die Regeln für die Gestaltung des Mietzinses im Obligationenrecht vereinfacht und die Mietzinsen künftig an den Landesindex der Konsumentenpreise gebunden werden, sowie eine vom Hypothekarzinsniveau unabhängige Kostenmiete, welche Mietzinsanpassungen auch weiterhin ermöglicht, wenn die Vermieterschaft teuerungsbedingte Änderungen der Betriebs- und Unterhaltskosten ausweisen kann. Hypothekarzinsänderungen sollten als Anpassungsgrund indes ausgeschlossen werden, weil dies in der Vergangenheit für Unruhe und Instabilität bei der Mietzinsentwicklung gesorgt habe. Während weder die Index- noch die Kostenmiete beim Hauseigentümerverband auf Gegenliebe stiess, begrüsste der Mieterverband den bundesrätlichen Vorschlag, die Hypothekarzins-Schwankungen nicht mehr direkt auf den Mietzins zu übertragen [10].
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Wohnungsbau und -eigentum
Der seit 1991 anhaltende Aufwärtstrend beim Leerwohnungsbestand in der Schweiz hat sich zwar weiter fortgesetzt, verlangsamte sich jedoch im Vergleich zu den Vorjahren. Am Stichtag 1. Juni 1998 wurden insgesamt 64 200 leerstehende Wohnungen und Einfamilienhäuser gezählt. Gemessen am ungefähren Gesamtwohnungsbestand nahm die Leerwohnungsziffer innert Jahresfrist nur leicht von 1,82 auf 1,85% zu. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Leerwohnungsbestand um 1700 Einheiten bzw. 2,6%. Die Zahl der zur Miete ausgeschriebenen leerstehenden Wohnungen nahm weiter zu und machte mit 85% den Grossanteil des gesamten Leerwohnungsbestandes aus (1994: 76%). Umgekehrt reduzierte sich der Bestand der zum Verkauf ausgeschriebenen leerstehenden Wohnungen auf 15% (1994: 24%). Analog zu den Vorjahren erhöhte sich vor allem die Zahl der kleinen leerstehenden Wohnungen. Die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Neubauten und in Einfamilienhäusern sank um 30% bzw. 8%. Die höchsten Leerwohnungsziffern wiesen die Kantone Thurgau (3,4%), Solothurn (3.0%) und Glarus (2,8%) aus, die tiefsten Werte verzeichneten die Kantone Basel-Land (0,6%), Zug (0,9%) und Nidwalden (1,1%) [11].
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Der Nationalrat überwies eine Motion seiner Kommission für Rechtsfragen als Postulat, worin der Bundesrat beauftragt wurde, ausgehend vom Bericht Dürr (Kleines Wohneigentum) zur breiteren Streuung des Wohneigentums eine Änderung des Sachenrechts des ZGB anzuvisieren, so dass eine Wohnung als solche – ohne Miteigentumsanteil am Gebäude – erworben werden kann [12].
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Um die Bundeshilfe im Wohnungswesen gezielt auf finanzschwächere Bevölkerungskreise auszurichten, senkte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) in einer neuen Verordnung über die Erstellungskosten bei Wohnbauvorhaben mit Bundeshilfe die Kostengrenzen um gegen acht Prozent. Die ab Februar geltende Reduktion sollte überdies einen Beitrag zur Dämpfung der im internationalen Vergleich hohen Bau- und Erneuerungskosten leisten. Für Drei- bis Vierzimmer-Mietwohnungen sinkt die Kostengrenze im Landesdurchschnitt um etwa 7% auf 228 000 Fr., für Eigentumswohnungen gleicher Grösse um 6% auf 263 000 und für Einfamilienhäuser um 9% auf 350 000 Fr. Seit 1975 förderte der Bund direkt mehr als 120 000 Wohnungen, ungefähr ein Drittel davon Eigentumsobjekte [13].
Angesichts der entspannten Lage auf dem Wohnungsmarkt und auf Grund der hartnäckigen Immobilienkrise stand die staatliche Wohnbau- und Eigentumsförderung weiter unter Druck. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWW) hatte im vergangenen Jahr noch damit gerechnet, dass das staatliche Engagement im Wohnungsbau zu Verlusten von 200 bis 250 Mio Fr. führen würde. Laut BWW-Direktor Peter Gurtner sei die Zwangsverwertung der mit staatlichen Mitteln geförderten Wohnungen und Häuser schwierig. Neue Berechnungen des BWW ergaben einen Abschreibungsbedarf von 350 bis 400 Mio Fr. Dazu kämen laufende Verpflichtungen für Kreditausfälle von jährlich rund 45 Mio Fr. Bisher waren die Altlasten über Nachtragskredite abgedeckt worden. Bundesrat Couchepin beharrte darauf, dass die erneute Verschlechterung bei der Wohnbauförderung des Bundes ungeschönt im Voranschlag 1999 dargestellt wird [14].
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Die Mehrheit der Kantone lehnte in der Vernehmlassung den Gegenvorschlag der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zur Hauseigentümer-Initiative „Wohneigentum für alle“ ab. Dieser sah in einer Mehrheitsvariante die Abschaffung der Dumont-Praxis sowie die Festlegung eines steuerbaren Eigenmietwerts von 60% des Marktmietwerts bei der Bundessteuer anstelle der direkten Übernahme der kantonalen Eigenmietwerte vor [15]. Wichtiges Argument der Kantone war, dass auch der Gegenvorschlag der WAK der öffentlichen Hand Steuerausfälle bescheren würde. Die Ertragsausfälle wurden beim Gegenvorschlag auf 150 Mio für den Bund sowie auf 500 Mio Fr. für die Kantone geschätzt, gegenüber 400 bis 500 Mio bzw. 1 bis 1,4 Mia Fr. gemäss Initiative. Gewisse Sympathien brachten die kantonalen Finanzdirektoren für die Minderheitsvariante auf, die den von SP sowie Teilen der CVP favorisierten Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum vorschlug. Demnach würde die Besteuerung des Eigenmietwerts aufgehoben werden, während gleichzeitig die Schuldzinsen von den Steuern nicht mehr abgezogen werden könnten. Vor einem Entscheid gelte es aber, die volkswirtschaftlichen und steuerpolitischen Auswirkungen eines Systemwechsel abzuklären [16].
Der Ständerat folgte mit 28 zu 6 Stimmen dem Antrag seiner Kommission auf Nichteintreten auf den vom Nationalrat erarbeiteten Gegenentwurf zur Volksinitiative „Wohneigentum für alle“ und bestätigte seine Empfehlung von 1996, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Als Hauptgründe für diesen Entscheid galten einerseits die Ertragsausfälle von 100 bis 150 Mio Fr., die der Gegenvorschlag dem Bund verursachen würde, und somit im Widerspruch zum Haushaltsziel 2001 und zu den Ergebnissen des Rundes Tisches stünden, andererseits die Vernehmlassung der Kantone (siehe oben). Die Anträge Bisig (fdp, SZ) und Reimann (svp, AG) auf Eintreten fanden im Plenum keine Mehrheit [17].
Nach dem Ständerat taxierte auch der Nationalrat die steuerliche Entlastung der Hauseigentümer als nicht vordringlich und ordnete sie der Notwendigkeit eines sanierten Haushaltes unter. In der zweiten Lesung kam er auf seinen Entscheid vom Oktober 1997 zurück und lehnte den Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Wohneigentum für alle“ ebenfalls ab. Für den Gegenvorschlag warb eine Kommissionsminderheit unter Führung von Toni Dettling (fdp, SZ), Präsident des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes, der von der SVP sowie von der Mehrheit der FDP und CVP unterstützt wurde. Die Befürworter des Gegenentwurfs zweifelten an den prognostizierten Steuerausfällen, weil diese Rechnung den volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen der Eigentumsförderung mit ihren kompensierenden Rückflüssen an die öffentlichen Hände unterschätze. Die grosse Kammer folgte dem Aufruf von Finanzminister Villiger, keine weiteren Steuergeschenke zu machen und die Sanierung der Bundeskasse nicht zu gefährden, und lehnte den Gegenentwurf knapp mit 88 zu 81 Stimmen ab. In der Schlussabstimmung empfahl das Parlament (mit 104 zu 58 bzw. 29 zu 10 Stimmen) Volk und Ständen, die Hauseigentümer-Initiative abzulehnen [18].
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Weiterführende Literatur
Baumgartner, Fred, „Bodenschutz und die Verantwortung der Raumplanung“, in Raumplanung Informationshefte, 1998, Nr. 4, S. 3 f.
Bundesamt für Berufsbildung und Technologie, Kostensenkungen bei Planungs-, Projektierungs- und Baubewilligungsverfahren, Bern 1998.
Bundesamt für Raumplanung / Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (Hg.), Raumordnung und nachhaltige Entwicklung: Handlungsansätze für eine nachhaltige Raumentwicklung in der Schweiz, Bern 1998.
Bundesamt für Raumplanung, BRP-Jugendstudie 2000plus, Bern (EDMZ) 1998.
Geissmann, Hanspeter / Huber, Felix / Wetzel, Thomas, Grundstückerwerb in der Schweiz durch Personen im Ausland: von der Lex Friedrich zur Lex Koller: Überblick über die Revision 1997, Zürich 1998.
Hilber, Christian, Auswirkungen staatlicher Massnahmen auf die Bodenpreise: eine theoretische und empirische Analyse der Kapitalisierung, s.l. 1998.
Karlen, Peter, „Raumplanung und Umweltschutz. Zur Harmonisierung zweier komplexer Staatsaufgaben“, in Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 99/1998, S. 145-169.
Matthey, Michel, „Die Bedeutung der Luftfahrt aus der Sicht der Raumordnungspolitik“, in Raumplanung Informationshefte, 1998, Nr. 3, S. 3-5.
Schelble, Brigitte, „Städte und Agglomerationen aus umweltstatistischer Perspektive“, in Die Volkswirtschaft, 72/1999, Nr. 5, S. 56-59.
Staehelin-Witt, Elke / Plattner, Rolf M., Wirtschaft und Raumplanung: Beziehungen-Konflikte-Lösungen, Bern (EDMZ) 1998.
Wachter, Daniel, „Wirtschaft und Raumplanung: auf dem Weg zu einer neuen Partnerschaft“, in Raumplanung Informationshefte, 1998, Nr. 3, S. 3-5.
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Bundesamt für Statistik, Bau- und Wohnbaustatistik der Schweiz. Bauinvestitonen und -vorhaben 1997-98. Wohnbautätigkeit 1997, Neuenburg 1998.
Gurtner, Peter, „Wohnungspolitik: Überlegungen zur künftigen und aktuellen Lage“, in Die Volkswirtschaft, 71/1998, Nr. 3, S. 36-40.
Petermann, Frank Thomas, Die Entwicklung des schweizerischen Mietrechts von 1881 bis 1989, Zürich 1997.
Ungern-Sternberg von, Thomas, Ökonomische Grundlagen für ein vernünftiges Mieterschutzgesetz, Lausanne 1997.
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[1] BBl, 1998, S. 2591 ff.; Amtl. Bull. StR, 1998, S. 1062 ff.; Presse vom 26.2.98. Zu den Details und der Beratung im StR siehe unten, Teil I, 6d (Législation).1
[2] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2855.2
[3] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 499 ff. und 810 f.; Amtl. Bull. StR, 1998, S. 316 f. und 463; BBl, 1998, S. 1455 ff.; Presse vom 11.3. und 13.3.98; NZZ, 14.3.98. Vgl. SPJ 1996, S. 200 ff. und 1997, S. 206 ff.3
[4] BBl, 1998, S. 4534 f.; Amtl. Bull. NR, 1998, S. 810 f.; BaZ, 27.6.98; AZ 10.7.98.4
[5] Lit. BA für Raumplanung / BWA; NZZ, 4.7.98. Zum Bericht des BR Grundzüge der Raumordnung Schweiz siehe SPJ 1996, S. 202 f.5
[6] BBl, 1998, S. 5387; BZ, 31.7.98.6
[7] BFS, Landesindex der Wohnungsmiete, Bern 1998.7
[8] Presse vom 10.1. und 17.1.98, TA, 13.10.98.8
[9] NZZ, 17.6.98; TA, 17.6. und 2.7.98; SHZ, 1.7.98; 24 Heures, 2.7.98.9
[10] Presse vom 3.9.98; NZZ, 30.12.98. Vgl. SPJ 1996, S. 205 f. und 1997, S. 209 f.10
[11] Die Volkswirtschaft, 72/1999, Nr. 1, S. 70 ff.; Presse vom 12.9.98.11
[12] Amtl. Bull. NR, 1998, S. 2821 f.12
[13] NZZ, 3.1.98.13
[14] TA, 23.6.98; NZZ, 25.8.98. Vgl. SPJ 1997, S. 210 f.14
[15] Das Bundesgericht legte in einem Grundsatzentscheid fest, dass der Eigenmietwert, welchen Eigentümer selbstgenutzten Wohnraumes als Einkommen versteuern müssen, mindestens 60% des Marktwertes betragen muss. Damit hob es eine neue Regelung des Zürcher Steuergesetzes auf, wonach der Regierungsrat den Eigenmietwert für selbstbewohnte Liegenschaften „in der Regel“ auf 60 % des Marktwertes festzulegen habe. Der höchstrichterliche Entscheid ist für sämtliche Kantone von Bedeutung. Bisher hatte das BG keine verbindliche Prozentgrenze gezogen (Presse vom 21.3.98).15
[16] SGT, 28.3.98. Vgl. SPJ 1996, S. 207 f. und 1997, S. 211 ff.16
[17] Amtl. Bull. StR, 1998, S. 596 ff.; Presse vom 11.6.98. Konsequenterweise lehnte der StR auch die Motion der WAK-NR ab, wonach der Bund künftig bei der direkten Bundessteuer die kantonalen Eigenmietwerte übernehmen muss, soweit sie nicht mehr als 25% vom schweizerischen Mittel abweichen.17
[18] BBl, 1998, S. 4801 f.; Amtl. Bull. NR, 1998, S. 1688 ff. und 2297; Amtl. Bull. StR, 1998, S. 1144; Presse vom 22.9.98.18
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