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Grundlagen der Staatsordnung
Wahlen
Die SVP befand sich bei den kantonalen Parlamentswahlen weiterhin im Aufwind und holte sich insgesamt 54 zusätzliche Mandate. Die übrigen Bundesratsparteien gingen praktisch unverändert aus dem Wahljahr hervor. Hingegen mussten die Grünen sowie die Splitterparteien am rechten und linken Rand Verluste hinnehmen. Besonders stark gelitten hat die FP. – Bei den kantonalen Regierungsratswahlen verlor die SP je ein Mandat in Basel, St. Gallen und Schaffhausen, in Basel zugunsten der LDP und in St. Gallen und Schaffhausen zugunsten der FDP. – In Basel, Schwyz und St. Gallen gelang der SVP der Sprung in die Regierung nicht. – Der Frauenanteil ging bei den Parlamentswahlen auf 23% leicht zurück. Auch bei den Regierungsratswahlen wurde der Frauenanteil um drei Sitze reduziert. – In der Stadt Bern holte sich das links-grüne Bündnis für weitere vier Jahre die Mehrheit im Stadtrat und im Gemeinderat.
Wahlen in kantonale Parlamente
Für detaillierte Resultate siehe die Tabellen im Anhang (anhang_2000.pdf).
Bei den diesjährigen Gesamterneuerungswahlen für sieben Kantonsparlamente (BS, GR, SG, SH, SZ, TG, UR) [1] befand sich die SVP weiterhin im Aufwind. Insgesamt gewann sie 54 Mandate hinzu. Besonders deutlich waren die Zugewinne in den Kantonen St. Gallen (+28), Basel-Stadt (+13) und Schwyz (+8). In St. Gallen konnte sie ihren Stimmenanteil von 9,8% auf 22,6% mehr als verdoppeln. Im Kanton Uri war sie erstmals an die Parlamentswahlen angetreten und holte sich vier der 64 Mandate. Hingegen musste die SVP in Graubünden deutliche Abstriche hinnehmen (-7). Im Kanton Thurgau verlor sie vier Sitze, die sie aber im Kanton Schaffhausen wieder wett machte. Da die Avancen der SVP vor allem auf Kosten der kleinen Rechtsparteien, insbesondere der FP gingen, kann nicht von einem Rechtsrutsch gesprochen werden. Vielmehr tendierten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger beiderseits zur Mitte hin. Die Sozialdemokraten konnten zwar im Thurgau (+2) und in Uri (+1) Sitzgewinne verbuchen. Ihre Fraktion reduzierte sich allerdings in St. Gallen von 34 auf 27 Mandate; in Schaffhausen verlor die SP zwei Sitze. In Basel-Stadt konnte sie sich als stärkste Fraktion behaupten, allerdings auf Kosten ihrer Bündnisparteien Basta, Frab und Grüne.
Die Verlierer des Vorjahres, die Grünen und die kleinen Linksparteien, mussten weitere Rückschläge einstecken. In Basel-Stadt verlor die GP fünf von acht Sitzen und im Thurgau musste sie drei von elf Sitzen räumen. Ihr einziger Sitz in Schwyz musste ebenfalls abgegeben werden. Dagegen stockte sie ihre Vertretung in Schaffhausen um zwei auf sechs Mandate auf und stellt im Kanton Uri neu einen Sitz. Nach über 50jähriger Präsenz schied die PdA in Basel-Stadt aus dem Rat aus. Auch die Zentrumspartei DSP musste am Rheinknie Federn lassen (-4). Der Niedergang des LdU nahm im Kanton St. Gallen seinen Fortgang. Die Unabhängigen verzichteten in vielen Landkreisen auf eine eigene Liste und verloren vier ihrer sieben Sitze.
Das Abschneiden der CVP stellt ein uneinheitliches Bild dar. Die auf einen längeren Erosionsprozess zurückblickende Partei verlor insgesamt zwölf Sitze. Besonders schmerzhaft war die Einbusse von acht Mandaten in Uri, einer Stammlande der Partei. Sie verlor damit die absolute Mehrheit im Landrat. Kleinere Sitzverluste in St. Gallen, Graubünden, Schaffhausen und Schwyz standen ebensolche Zugewinne in Basel und im Thurgau gegenüber. Die FDP konnte dagegen ihren Rückgang vom Vorjahr stoppen. Dank der deutlichen Avance im Kanton Graubünden (+7) fielen die Dämpfer in St. Gallen (-4) und Schwyz (-3) etwas milder aus. Je ein Sitz ging ihr im Thurgau und in Schaffhausen verloren, dagegen konnte sie in Uri (+2) und Basel (+1) moderat aufstocken. Zwei zusätzliche Parlamentssitze in Basel gingen schliesslich noch an die Liberalen (neu 16 Sitze).
Die kleinen Rechtsparteien, allen voran die Freiheitspartei, büssten wie bei den Nationalratswahlen vom vergangenen Herbst massiv an Terrain ein. Die ehemalige Autopartei wurde in St. Gallen (-10), Schaffhausen (-3) und Basel (-2) aus der Legislative geworfen. Im Kanton Thurgau (-6) liess man ihr ein einziges Mandat übrig. Die Schweizer Demokraten hatten in Basel eine Reduktion von acht auf fünf Sitze hinzunehmen. Der EDU gelang dagegen im Thurgau mit einem Sitz der Einzug ins Parlament.
Die Frauen konnten an ihre Erfolge vor zwei Jahren anknüpfen und steigerten ihre Vertretung um 18 Mandate. Von den insgesamt zu vergebenden 804 Sitzen gingen 177 oder 22% an Frauen. Bezogen auf alle Kantonsparlamente in der Schweiz beträgt der Frauenanteil neu 24,8% gegenüber 23,0% im Vorjahr. Der grösste diesjährige Erfolg stellte sich im Kanton Thurgau ein, wo neu 33 Frauen gegenüber 24 vor vier Jahren im Rat Einsitz genommen haben. Um ganze 50% (+5) steigerten die Frauen ihren Anteil im Kanton Uri. Einbussen erlitten sie hingegen in St. Gallen (-4) und Graubünden (-3). In Schwyz wurde mit einem Anteil von lediglich 14,0% nicht gerade frauenfreundlich gewählt [2].
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Für die Gesamterneuerungswahlen des Grossen Rats in Basel-Stadt kandidierten 1072 Personen auf 14 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden war im Vergleich zu 1996 um 3,9% auf 35,1% gesunken. Die bürgerlichen Parteien erhofften sich höhere Stimmenanteile, nachdem die Linke vor vier Jahren einen rutschartigen Sieg errungen hatte und mit insgesamt 59 Sitzen fast die absolute Mehrheit erobert hatten. Die SVP setzte sich zum Ziel, die in den letzten Nationalratswahlen gewonnen Stimmenanteile zu bestätigen und ihre Sitzzahl im Kantonalparlament entsprechend auszubauen. Die SP ging eine Listenverbindung mit dem links-grün-feministischen Bündnis, bestehend aus Grünen, Basta und Frab, ein. Die PdA dagegen bestritt den Wahlkampf alleine. Im Bürgerblock schlossen sich die drei Jungparteien der CVP und FDP erstmals zu einer Liste „Junges Basel“ zusammen und gingen mit den traditionell vereinten Mutterparteien und der SVP Listenverbindungen ein. Die in je zwei Wahlkreisen angetretenen Listen der Homosexuellen, der Humanisten und der Väter hatten geringe Erfolgsaussichten, die 5%-Hürde zu nehmen.
Am Wahlsonntag, an dem gleichzeitig auch die Regierungsratswahlen stattfanden, konnten die Bürgerlichen ihre relative Mehrheit im Grossen Rat zurückgewinnen. Die SVP gewann gleich dreizehn zusätzliche Sitze und stellt neu mit 14 Mandaten die viertstärkste Fraktion im 130köpfigen Parlament Zwei Sitze hat sie von der FP geerbt, die nicht mehr zu den Wahlen angetreten ist. Mit einem Sitzgewinn konnte sich die FDP als stärkste Fraktion (18 Sitze) behaupten, gefolgt von den Liberaldemokraten mit 16 Sitzen (+2). Unverändert mit 39 Sitzen bleibt die SP klar die stärkste Partei im Kanton. Dagegen büsste das links-grün-feministische Bündnis gleich acht seiner bisherigen 20 Sitze ein. Der Alleingang der PdA scheiterte an der 5%-Klausel; ebenso die Jung- und Splitterparteien. Die weder der linken Allianz noch dem Bürgerblock angeschlossene DSP musste vier Sitze abgeben (neu 6 Sitze). Die zweite blockfreie Partei, die Vereinigung evangelischer Wähler, konnte ihre sechs Sitze dagegen halten. Am rechten Rand reduzierte sich der Anteil der SD von acht auf fünf Mandate. Leicht vermindert hat sich der Frauenanteil im Rat. Mit 45 (-3; 34,6%) Grossrätinnen ist er aber immer noch beachtlich. Innerhalb der SP beträgt er sogar 53,8% [3].
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In Graubünden wird alle drei Jahre am ersten Maisonntag der Grosse Rat gewählt. Die 120 Ratsmitglieder werden im Majorzverfahren von 39 Wahlkreisen bestimmt. Das personenbezogene Wahlsystem, welches zudem an vielen Orten noch unter freiem Himmel stattfindet, hatte bislang zur grossen Stabilität der Bündner Traditionsparteien SVP, CVP und FDP beigetragen. Wider Erwarten kam es aber am Wahlsonntag zu grösseren Sitzverschiebungen. Die SVP büsste von ihren 40 bisherigen Sitzen sieben ein. Dagegen steigerte die FDP ihre Mandatszahl von 27 auf 34. In vielen Wahlkreisen hatte die SVP zum Vorteil der FDP auf Kampfwahlen verzichtet. Ueli Maurer jedoch, Präsident der SVP Schweiz, fand die Ursache für das schlechte Abschneiden der Bündner Sektion in einer mangelhaften Befolgung der politischen Stossrichtung der Mutterpartei. Wie bereits 1997 konnte die SP um drei Sitze zulegen und erreichte eine Fraktionsstärke von dreizehn Sitzen. Dagegen verlor die CSP alle drei bisherigen Mandate. Stärkste Fraktion wurde die CVP, obwohl sie auf einen Sitz verzichten musste (neu 37). Schliesslich konnten sich zwei Parteilose und ein Vertreter der DSP ins Ziel retten. Den grössten Verlust erlitten nebst der SVP die Frauen. Sie büssten in einem der frauenärmsten Parlamente der Schweiz drei Sitze ein und erreichten einen Frauenanteil von lediglich 14,2%. Nur die Frauen in den Kantonen Glarus, Schwyz und Tessin sind noch schlechter vertreten [4].
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Im Kanton Schaffhausen wurde ein Monat nach den Regierungsratswahlen vom August auch der 80köpfige Grosse Rat neu bestellt. In sechs Wahlkreisen stellten sich insgesamt 211 Männer und 101 Frauen auf 30 Listen zur Wahl. Weil in Schaffhausen nach dem Proporz gewählt wird, konnten sich auch kleinere Gruppierungen wie die Jungsozialisten, die Junge SVP, die vor vier Jahren erstmals in Erscheinung getretenen Jungparlamentarier oder die Senioren-Allianz eine Chancen ausrechnen. Nicht mehr dabei war die Aktion Liberaler Schaffhauser (ALS), die in den Wahlen vor vier Jahren leer ausgegangen war. Auch die Freiheitspartei ist vollends von der Bildfläche verschwunden. Die SP versprach, mehr „Bewegung“ in die Kantonsangelegenheiten zu bringen und die SVP wartete mit „Power“ auf. „Damit es aufwärts geht“ (FDP), „lebenswerte Zukunft“ (EVP), „unverwechselbar“ (GB) oder „zeitgemässe Ideen“ (CVP) lauteten andere Slogans.
Siegreich erwiesen sich die kämpferischen Voten der SVP (+4) und der Ökoliberalen (+2). Die als „Bauernpartei“ aufgetretene SVP holte sich auch in der Stadt wichtige Stimmenanteile und stellt mit 27 Sitzen neu die grösste Fraktion im Parlament. Gezeichnet von der Nichtwahl ihrer prominentesten Exponentin Ursula Hafner bei den vergangenen Ständeratswahlen und vom Verlust eines Regierungssitzes im August, verlor die SP zwei Mandate (neu 21) und die Stellung als stärkste Fraktion im Rat. Die FDP krebste leicht zurück und verlor einen Sitz (neu 16). Ebenfalls einen Sitzverlust hatte die CVP (neu 5) zu verzeichnen. Unverändert ging die EVP mit zwei Mandaten aus dem Rennen. Überraschend holte sich die aus ehemaligen Sozialdemokraten und Sozialliberalen geschmiedete Senioren-Allianz auf Anhieb drei Mandate. Nicht mehr im Parlament vertreten sind die Jungparlamentarier (-2) [5].
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Bei den Kantonsratswahlen im Kanton Schwyz legte die SVP um weitere acht Sitze zu und erreichte eine Fraktionsstärke von 20 Sitzen im 100köpfigen Parlament. Bei drei Sitzverlusten konnte sich die CVP mit 43 Mandaten als stärkste Fraktion behaupten. Dabei hatten 15 der Bisherigen auf eine Wiederwahl verzichtet. Ebenfalls drei Sitzverluste (neu 26) hatte die FDP zu beklagen. Die Sozialdemokraten gingen unverändert mit elf Sitzen aus dem Rennen. Von insgesamt 66 Wiederkandidierenden wurden fünf nicht wieder gewählt. Der Frauenanteil beträgt im neuen Parlament 14%, wobei die Quote bei der SVP 5% und bei der SP 27,3% erreicht. Eine vom GfS-Forschungsinstitut durchgeführte Studie kam zum Schluss, dass im Kanton Schwyz vergleichsweise weniger Frauen für ein politisches Amt zur Verfügung stehen. Zudem hätten hier Frauen die schlechteren Wahlchancen, weil sich die Wählerschaft noch sehr stark an der traditionellen Männerkarriere in Familie, Beruf und Politik orientiere [6].
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Traditionsgemäss wird in St. Gallen jeweils rund ein Vierteljahr nach den Nationalratswahlen der Grosse Rat gewählt. Nach dem Ausgang der Eidgenössischen Wahlen vom vergangenen Herbst wurde ein grosser Zugewinn der SVP erwartet. Bereits gelitten unter der SVP-Stärke hatte die Autopartei. Zahlreiche ihrer Mitglieder waren zur SVP abgesprungen und Bisherige hatten sich zur „Unabhängigen Rheintaler Bürgerliste“ vereinigt. Die Partei verzichtete daher auf eine eigene Liste. Auch der LdU verzichtete nach dem Debakel vom vergangenen Jahr in vielen Landbezirken auf eigene Listen. Listenverbindungen zwischen je eigenständigen Parteien waren nach dem neuen Wahlrecht nicht mehr möglich. Insgesamt liessen sich 1019 Kandidierende auf 96 Listen aufstellen, was im Vergleich zu 1996 und 1992 einem erneuten Rückgang entsprach.
Nach den Wahlen stand die SVP als überragende Siegerin fest. Mit neu 42 Parlamentssitzen konnte sie ihre Fraktionsstärke im Vergleich zu 1996 verdreifachen und rangiert hinter der CVP mit 62 Sitzen (-4) als zweitstärkste Fraktion im Rat. Die FDP kam mit vier Sitzverlusten noch auf 40 Mandate und wurde auf den dritten Platz verwiesen. Deutliche Verluste musste die SP hinnehmen, obwohl sie ihren Stimmenanteil geringfügig ausbauen konnte. Sie erreichte mit 27 Sitzen (-7) ein enttäuschendes Ergebnis. Die Unabhängigen (ehemals LdU) setzten ihren Erosionsprozess fort (-4) und stellen noch drei Mandate. Ihre traditionellen Verbündeten, die Grünen, erlangten unverändert drei Sitze. Ebenfalls unverändert ging die EVP mit zwei Sitzen aus dem Rennen. Ein Sitz entfiel schliesslich noch auf den ehemaligen LdU-Grossrat Reto Antenen, der vergeblich bei der CVP angeklopft hatte und in der Folge auf einer eigenen Liste kandidiert hatte. Die Frauen büssten vier Mandate ein. Mit 35 Mandaten (19%) ist der Anteil der Frauen somit wieder unter 20% gesunken. Liegt er bei den Sozialdemokraten bei 44,4%, so beträgt er bei den Freisinnigen nur noch 7,5% [7].
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Zur Wahl ins 130 Sitze zählende Thurgauer Kantonsparlament stellten sich 526 Männer und 255 Frauen auf 13 Listen. 30 Bisherige verzichteten auf eine Wiederwahl. Wie in den meisten Kantonen war die Kandidatenzahl im Vergleich zu 1992 und 1996 rückläufig. Konstant blieb der Anteil kandidierender Frauen von einem Drittel. Keine Liste aufgestellt hatte die rechtskonservative Katholische Volkspartei. Dagegen mischten die Schweizer Demokraten im Bezirk Weinfelden wieder mit. Als Neulinge stellten die EDU und das Schweizer Bürgervotum eigene Listen auf.
Die Wahl führte zu einem Wiedererstarken der traditionellen Regierungsparteien und zu einer Schwächung der kleinen Rechts- und Linksparteien. Die Freiheitspartei verlor sechs ihrer sieben Sitze. Eine grössere Korrektur mussten auch die Grünen einstecken. Sie verloren drei ihrer elf Sitze. Dagegen legte die SVP mit vier Sitzgewinnen auf 42 Mandate zu und konnte ihre Position als stärkste Fraktion ausbauen. Die CVP (+2) erreichte nach einer drei Amtsperioden dauernden Schwächephase erstmals wieder eine Fraktionsstärke von 27 Sitzen. Ebenfalls zwei Sitzgewinne verbuchen konnten die Sozialdemokraten. Ihre Fraktionsstärke (22 Sitze) hat sich damit derjenigen der FDP (24) genähert. Die EVP mauserte sich mit fünf resultierenden Mandaten (+1) zur eigenständigen Fraktion und der EDU gelang mit einem Sitz der Einzug ins Parlament. Zu den grössten Gewinnerinnen zählten die Frauen, die ihre Sitzzahl um neun auf 33 steigern konnten. Die Frauenquote beträgt neu 25,4% gegenüber 18,5% vor vier Jahren [8].
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Im Kanton Uri wird seit 1992 in jenen acht Gemeinden, denen drei oder mehr Landratssitze zustehen, nach dem Proporzsystem gewählt. In diesen Gemeinden hatten sich 29 Kandidatinnen und 93 Kandidaten für 50 Landratssitze aufstellen lassen. In den zwölf Majorzgemeinden galt es die übrigen 14 Sitze zu bestellen. 19 Bisherige verzichteten auf eine Wiederwahl. Während die CVP die absolute Mehrheit im Landrat verteidigen wollte, hatte sich die FDP zum Ziel gesetzt, ihre bisherigen Sitze zu halten. Die SP strebte zwölf Sitze an, die SVP mindestens die Fraktionsschwelle von fünf Sitzen.
Bei einem massiven Verlust von acht Sitzen konnte sich die CVP als stärkste Fraktion behaupten, verlor aber die absolute Mehrheit. Die FDP brachte es mit einem zweifachen Sitzgewinn auf 21 Mandate, die SP stiess einen Zähler auf neun Sitze vor und die SVP schaffte mit vier Mandaten den Einzug in den Urner Landrat. Ebenfalls neu vertreten sind die Grünen, die mit einer Kandidatin auf der SP-Liste Altdorf erfolgreich waren. Zwei der insgesamt 64 Sitze mussten in einem zweiten Wahlgang im Mai bestimmt werden. Es wurden insgesamt 15 Frauen in den Rat gewählt, was einem Anteil von 23,4% entspricht [9].
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Wahlen in kantonale Regierungen
Bei den Gesamterneuerungswahlen der Regierungen in acht Kantonen (AG, AI, BS, SH, SZ, SG, TG, UR) wurde die bestehende parteienmässige Zusammensetzung in den Kantonen Aargau, Appenzell-Innerrhoden, Basel-Stadt, St. Gallen und Schaffhausen verändert. Für die Sozialdemokraten gab es wenig zu feiern, sie verloren insgesamt drei Regierungsmandate und schafften im Aargau den Wiedereinzug in die Regierung nicht. Wenig Erfolg hatte auch die SVP. Trotz ihrer stark angewachsenen Wählerbasis, schaffte sie in Basel-Stadt, St. Gallen, Schwyz und Uri den Einzug in die Regierung nicht. In Basel feierte dagegen die vereinte bürgerliche Liste einen grossen Erfolg. Zu den drei Bisherigen stiess Nationalrat Christoph Eymann von den Liberaldemokraten. SP-Erziehungsdirektorin Veronica Schaller dagegen wurde nicht bestätigt. In St. Gallen verzichteten die Sozialdemokraten nach einem schlechten ersten Wahlgang ihres Kandidaten Markus Linder zugunsten des CVP-Kandidaten Josef Keller, der den dritten Sitz seiner Partei rettete. Die Wahlsiegerin FDP hatte bereits im ersten Wahlgang ihren dritten Sitz zurückerobert. In Schaffhausen schliesslich unterlag Kantonsrätin Liselotte Flubacher (sp) im Kampf um die Nachfolge von Baudirektor Ernst Neukomm (sp). Die FDP holte sich das im Vorjahr an die ÖBS verlorene Mandat auf Kosten der Sozialdemokraten zurück. Dagegen konnte sich die SP im Kanton Schwyz ihren Regierungssitz trotz dem Vorpreschen der SVP und eines Wahlbündnisses zwischen FDP und CVP haarscharf sichern. Im Aargau konnte die CVP die Vakanz ihres zurückgetretenen Erziehungsdirektors Peter Wertli wieder besetzen. Darüber hinaus war der wilde Kandidat Rainer Huber (cvp) erfolgreich und schnappte der FDP den zweiten Regierungssitz weg. Abgewählt wurde die freisinnige Finanzministerin Stéphanie Mörikofer. In Appenzell-Innerrhoden schliesslich trat der Bisherige Bruno Koster (parteilos) das Amt des Stillstehenden Landammans an, welches durch die Wahl Arthur Loepfes (cvp) in den Ständerat frei geworden war. Kosters Amt als Säckelmeister wurde durch einen weiteren Parteilosen, Unternehmensberater Paul Wyser, neu besetzt. Die CVP verlor damit einen Regierungssitz. Im Thurgau hielten die CVP und die SP zwei durch Rücktritte freigewordene Sitze.
Bei den diesjährigen Regierungsratswahlen zählten die Frauen zu den grossen Verliererinnen. Drei Mandate, die bisher von Frauen ausgeübt worden waren, gingen an Männer über. Mit Veronica Schaller (sp) in Basel-Stadt und Stéphanie Mörikofer (fdp) im Kanton Aargau wurden zwei Frauen abgewählt. Im Thurgau wurde die krankheitshalber zurückgetretene Vreni Schawalder (sp) durch Gerichtspräsident Claudius Graf-Schelling (sp) ersetzt. In den Kantonen Thurgau und Aargau ist damit keine Frau mehr an der Regierung beteiligt. Schweizweit reduzierte sich der Anteil der Frauen in den Kantonsregierungen von 20,4% auf 18,5% [10].
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Ein halbes Jahr nach den Ersatzwahlen für Regierungsrat Thomas Pfisterer (fdp) wurden im Aargau Gesamterneuerungswahlen durchgeführt. Nach einer Revision des Wahlverfahrens wurden erstmals die leeren Stimmen nicht mehr zur Berechnung des absoluten Mehrs herangezogen. Von den fünf Regierungsrätinnen und Regierungsräten traten vier die Wiederwahl an. Erziehungsdirektor Peter Wertli (cvp) verzichtete nach drei Amtszeiten. Für grosse Spannung sorgte eine wilde Kandidatur aus den Reihen der CVP. Die Delegierten hatten den Rheinfelder Stadtschreiber und Fraktionspräsidenten im Grossen Rat, Roland Brogli, zu ihrem offiziellen Kandidaten gekürt. Unternehmensberater und Gemeindeammann Rainer Huber wiedersetzte sich diesem Entscheid und kandidierte auf eigene Faust. Die SP trat erneut mit Grossrätin Barbara Roth an, die bei der Ersatzwahl vom März bereits gut abgeschnitten hatte. Der vierte Neue unter den Kandidierenden war Grossrat Geri Müller von den Grünen. Wegen der geringen Hausmacht der Grünen wurden ihm geringe Chancen gegeben.
Der Wahlausgang brachte gleich zwei Überraschungen. Einmal ist die CVP, die im Grossrat nur vierstärkste Fraktion, in der neuen Legislatur gleich mit zwei Regierungsräten vertreten. Sowohl der Offizielle Brogli als auch der Wilde Huber schafften den Sprung. Andererseits wurde die freisinnige Finanzministerin Stéphanie Mörikofer abgewählt. Die übrigen Bisherigen wurden im Amt bestätigt: Mit dem besten Resultat schnitt der aus der SP ausgetretene Direktor des Innern, Kurt Wernli, ab, gefolgt von Baudirektor Peter Beyeler (fdp), der erst seit Mai im Amt stand sowie Gesundheitsdirektor Ernst Hasler (svp). Die Plätze vier und fünf wurden von den Neuen Brogli und Huber eingenommen. Erneut verpassten die Sozialdemokraten den Wiedereinzug in die Aargauer Regierung [11].
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Die Innerrhoder Landsgemeinde wählte in diesem Jahr eine neue Standeskommission. Der langjährige Stillstehende Landammann und Finanzminister Arthur Loepfe (cvp) war nach seiner Wahl in den Nationalrat aus seinem bisherigen Amt zurückgetreten. Als Besonderheit des kleinsten Kantons der Schweiz nimmt die Regierung in Appenzell-Innerrhoden die Departementsverteilung nicht selber vor: die Regierungsmitglieder werden direkt in ihre Funktion gewählt. Als Favorit für die Nachfolge Loepfes stieg der Parteilose Bruno Koster, bisher Säckelmeister des Kantons, ins Rennen. Obwohl im Ring weitere Namen ausgerufen wurden, stand die Wahl Kosters nach dem ersten Ausmehren bereits fest. Zum regierenden Landammann wurde erneut Carlo Schmid (cvp) gewählt. Auch die übrigen Regierungsmitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt. Die einzige Gegenkandidatur, die Josef Inauen als Landwirtschaftsdirektor bedrängt hatte, blieb chancenlos. Nun galt es noch Kosters frei gewordenen Sitz neu zu besetzen. Für die Wahl liessen sich drei Grossräte aufstellen, Metzgermeister Markus Wetter (svp), Textilkaufmann Milo Goldener (cvp) und der parteilose Unternehmensberater Paul Wyser. Dank der Unterstützung durch die Gruppe für Innerrhoden, den Bauernverband, die Arbeitnehmervereinigung und das Frauenforum galt Wyser als klarer Favorit und konnte sich bereits im ersten Wahlgang durchsetzen [12].
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Bei den Gesamterneuerungswahlen für den Regierungsrat im Kanton Basel-Stadt versuchte ein bürgerliches Quartett die 1996 verlorene absolute Mehrheit zurückzuerobern. Ein halbes Jahr nach der Ersatzwahl für den zurückgetretenen Stefan Cornaz (fdp) kam es daher erneut zu einer Kampfwahl: Das Wahlbündnis aus FDP, LP und CVP trat mit einem Vierer-Ticket an. Zu den drei Bisherigen Schild (fdp), Vischer (ldp) und Conti (cvp) portierte es Nationalrat Christoph Eymann (lp). FDP-Frau Andrea Frost-Hirschi zog sich krankheitshalber von ihrer anfänglichen Kandidatur zurück. Die SVP, die bei den Nationalratswahlen vom vergangenen Herbst wählerstärkste bürgerliche Partei in Basel, nominierte VBS-Mitarbeiter Thomas Bucheli. Die SP wollte ihren Besitzstand wahren und portierte ihre drei Bisherigen, Schaller, Schneider und Lewin. Die DSP verteidigte ihren Sitz mit dem Bisherigen Tschudi. Im Wahlkarussell hatten noch vier weitere Kandidierende Platz genommen: Marina Bernasconi (Frauenliste), Urs Müller (Basta) und Jürg Stöcklin (gp) stellten sich auf einer gemeinsamen Liste der Wahl. Dazu kam noch der vor vier Jahren mit dem schlechtesten Resultat bedachte SD-Kantonalpräsident Markus Borner.
Der erste Wahlgang ergab einen grossen Erfolg für die vereinte bürgerliche Liste. Die drei Bisherigen und Christoph Eymann erreichten das absolute Mehr. Von der SP hat lediglich Wirtschafts- und Sozialminister Ralph Lewin die Hürde im ersten Anlauf genommen. Baudirektorin Schneider und die Erziehungsverantwortliche Schaller musste wie Tschudi in den zweiten Wahlgang. Durch die Wahl von Eymann stand aber fest, dass mindestens eines der im zweiten Wahlgang antretenden bisherigen Regierungsmitglieder abgewählt werden würde. Das Rennen machte bei einer Wahlbeteiligung von 52% schliesslich Tschudi [13].
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Bei den diesjährigen Regierungsratswahlen im Kanton Schaffhausen stellten sich drei der fünf amtierenden Regierungsräte zur Wiederwahl: Herbert Bühl (öbs), Hermann Keller (sp) und Hans-Peter Lehnherr (fdp). Die Rücktritte von Baudirektor Ernst Neukomm (sp), der seit 1969 der Regierung angehört hatte, und Volkswirtschaftsdirektor Hans-Jörg Kunz (svp) standen bereits zu Jahresbeginn fest. Die SVP machte keinen Hehl aus ihrem Wahlziel, das 1968 an die SP verlorene Mandat zurückzuholen. Die FDP ihrerseits hatte sich zum Ziel gesetzt, das im vergangenen Jahr an die ÖBS verlorene Mandat wieder zu besetzen. Die Freisinnigen schickten Heinz Albicker, Bankier und Finanzverwalter der Stadt Schaffhausen, ins Rennen. Für die SP nahm Kantonsrätin Liselotte Flubacher den Kampf um die Nachfolge Neukomms auf. Die SVP trat mit zwei Neuen an, Agronom Erhard Meister und Redaktor Hannes Germann.
Nach den Wahlen stand die FDP als grosse Siegerin fest. Sie war mit beiden Kandidaten erfolgreich und konnte das im Vorjahr an die ÖBS verlorene Mandat wiedergewinnen. Das Glanzresultat erzielte aber ÖBS-Regierungsrat Bühl selbst, der von einer breiten Unterstützung über die Parteigrenzen hinweg profitiert hatte. Nebst den drei Bisherigen wurden Albicker und Meister gewählt. Flubacher schaffte die Wahl nicht; damit stellt die SP nur noch ein Regierungsmitglied. Die Schaffhauser Kantonsregierung bleibt weiterhin ein reines Männergremium [14].
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Bei den Schwyzer Regierungsratswahlen kam es zu einem Schlagabtausch im bürgerlichen Lager: Das Wahlbündnis aus CVP und FDP bekämpfte den Einzug der SVP in die Regierung. Für den ersten Wahlgang hatten sich zwölf Männer für die sieben Regierungssitze beworben. Aber nur zwei, die Bisherigen Franz Marty (cvp) und Kurt Zibung (cvp), erreichten die notwendige Stimmenzahl. Keiner der übrigen verlor dabei den Mut; alle traten sie zum zweiten Wahlgang an: (in der Reihenfolge der im ersten Wahlgang erreichten Stimmenzahl) der Bisherige Werner Inderbitzin (cvp), der Neue Georg Hess (cvp), Dozent an der landwirtschaftlichen Hochschule Wädenswil, Justizdirektor Fritz Huwyler (fdp), Nationalrat Peter Föhn (svp), SVP-Parteipräsident Richard Bingisser, gefolgt von Bauunternehmer Alois Christen (fdp), dem einzigen SP-Kandidaten Revierförster Armin Hüppin und dem Parteilosen Bruno Suter. Für den zweiten Wahlgang bündelten CVP und FDP ihre Kräfte: Nach dem jüngsten Wahlerfolg der SVP bei den Kantonsratswahlen vom Februar befürchteten sie den Verlust ihrer Vormachtstellung und traten mit allen vier Kandidaten auf einer Liste an. Die SP, die mit ihrem Kandidaten Hüppin nach dem ersten Wahlgang noch hinter den beiden SVP-Kontrahenten lag, musste um ihren traditionellen Regierungssitz bangen. Schliesslich blieb aber die alte Zauberformel erhalten. Nach Auszählung aller Gemeinden stand fest, dass Hüppin den führenden SVP-Kandidaten Bingisser um 33 Stimmen geschlagen hatte. Als Überraschung wurde auch der Achtungserfolg des Muotathaler Wirts und parteilosen Aussenseiters Suter gewertet, der der SVP die Protestrolle strittig machte und schliesslich sogar SVP-Nationalrat Föhn auf die Ränge verwiesen hat. Die Bisherigen schafften ihre Wiederwahl problemlos. Mit Hüppin, Hess und Christen zogen zusätzlich drei Neue in die Regierung ein. Weiterhin ist keine Frau im Regierungsrat vertreten [15].
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Die SVP war aus den im Februar durchgeführten Grossratswahlen im Kanton St. Gallen als zweitstärkste Partei hervorgegangen. Die Regierungsratswahlen vom März standen deshalb im Zeichen dieser Partei, die nun auch den Einzug in das Siebenergremium anstrebte. Die Freisinnigen hatten sich zum Ziel gesetzt, den vor vier Jahren an die SP verlorenen dritten Sitz zurückzuholen. Erschwert wurde dieses Vorhaben durch den Rücktritt von Baudirektor Walter Kägi (fdp). An der Regierungsformel festhalten wollten hingegen die CVP und die SP, deren Kandidierende sich in einer Mitte-Links-Allianz wechselseitig unterstützten. Den Wahlberechtigten standen zehn Kandidierende auf elf Listen zur Wahl. Die SVP schickte zwei Quereinsteiger, den erfolglosen Ständeratsbewerber Manfred Zemp und den Berufsschullehrer Heinrich Schlegel, ins Rennen. Die Freisinnigen nominierten neben dem Bisherigen Hans Ulrich Stöckling ihre 36jährige Kantonalpräsidentin Karin Keller-Sutter sowie den Wittenbacher Gemeindeammann Willi Haag. Für die SP liessen sich die bisherige Innenministerin Kathrin Hilber und als Ersatz für den zurücktretenden Justiz- und Polizeidirektor Hans Rohrer Grossrat und Pädagoge Markus Linder aufstellen. Um ihre Wiederwahl bangen musste Volkswirtschaftsdirektorin Rita Roos (cvp). Sie, die im März 1999 knapp die Wahl in den Bundesrat verpasst hatte, wurde während des Wahlkampfs von verschiedener Seite wegen ihrer Amtsführung angegriffen. Die Christlichdemokraten stellten sich aber hinter Roos und traten mit den drei Bisherigen – neben Roos Finanzdirektor Peter Schönenberger und Gesundheitsdirektor Anton Grüninger – zum ersten Wahlgang an.
Die grosse Siegerin nach dem ersten Wahlgang war die FDP, die ihren dritten Sitz zurückgewinnen konnte: Keller und Haag (beide fdp) wurden in fünfter respektive sechster Position gewählt, der Bisherigen Stöckling (fdp) erreichte das drittbeste Resultat. Die Spitzenränge holten sich Schönenberger und Grüninger (beide cvp); Hilber (sp) rangierte an vierter Position. Roos (cvp) erzielte unter allen Kandidierenden die geringste Stimmenzahl und reichte ihren Rücktritt ein. Enttäuschend war das Resultat auch für die SVP. Keiner ihrer beiden Kandidaten schaffte die Hürde. Und die SP musste um ihren zweiten Sitz bangen. Ihr Kandidat Linder (sp) zog seine Kandidatur nach einem enttäuschenden Ergebnis zurück.
In einem zweiten Wahlgang galt es noch einen Sitz zu besetzen. Die CVP portierte den Joner Gemeindeammann und Grossrat Josef Keller. Die SVP hatte vergeblich versucht, Nationalrat Toni Brunner zu gewinnen. Sie trat nun mit dem Gewerbevertreter Markus Straub an. Die SP verzichtete auf ihren zweiten Regierungssitz. Gemeinsam mit einem überparteilichen Komitee, dem auch FDP-Mitglieder angehörten und den St. Galler Unabhängigen (der ehemalige LdU), unterstützten die Sozialdemokraten die Kandidatur Keller (cvp). Dieser wurde mit 69,7% der Stimmen gewählt. Straub erreichte 24,3% und der nicht kandidierende Brunner 5,2% [16].
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Der Wahlkampf im Thurgau löste keine grossen Wogen aus. Die vier an der Regierung beteiligten Parteien – SVP (2 Vertreter), CVP (1), FDP (1) und SP (1) – verzichteten auf Sprengkandidaturen. Für die SVP und die FDP stellten sich die Bisherigen Roland Eberle (svp, Departement für Justiz und Sicherheit), Hans Peter Ruprecht (svp, Bau und Umwelt) und Hermann Lei (fdp, Inneres und Volkswirtschaft) zur Wiederwahl. Bernhard Koch (cvp), Stadtammann aus Bischofszell, wurde als Nachfolger für den in den Ständerat gewählten Philipp Stähelin nominiert; der Arboner Bezirksgerichtspräsident Claudius Graf-Schelling (sp) für die krankheitshalber zurückgetretene Vreni Schawalder ins Rennen geschickt. Als Aussenseiter bewarben sich der Schweizer Demokrat Willy Schmidhauser und der Parteilose Fritz Reusser. Bei einer hohen Wahlbeteiligung von 45,7% wurde die Thurgauer Zauberformel erwartungsgemäss bestätigt und Koch wie auch Graf-Schelling mit den Bisherigen bereits im ersten Wahlgang gewählt [17].
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Bei den Regierungsratswahlen im Kanton Uri verlor die SP ihren bisherigen Regierungssitz. Seit 1968 sassen vier CVP-, zwei FDP- und ein SP-Mitglied in der Kantonsexekutive. Von den sieben Sitzen mussten nach den Rücktritten von Albrink Ziegler (sp) und den drei CVP-Regierungsräten Ambros Gisler, Anton Stadelmann und Hansruedi Stadler vier neu bestellt werden. Die SVP hatte nach einem langen Versteckspiel auf eine Kandidatur verzichtet. Die FDP witterte die Chance auf ein drittes Regierungsmandat und zog sich aus der traditionellen Wahlallianz mit der CVP zurück. Nebst den Bisherigen, Finanzdirektorin Gabi Huber und Polizeidirektor Peter Mattli, nominierte die Partei zusätzlich den Nationalstrassen-Betriebsleiter Walter Steiner aus Altdorf. Die CVP nahm den Kampf mit einer Fünferkandidatur auf: Nebst dem Bisherigen Martin Furrer wurden der Landwirt Isidor Baumann, der Sekundarlehrer und Landrat Josef Arnold sowie der Unternehmer Oskar Epp und Kantonalpräsident Leo Brücker aufgestellt. Die Juristin Agnes Planzer Stüssi hatte beim parteiinternen Ausstich keinen Erfolg. Bei den Sozialdemokraten setzte sich der Altdorfer Landrat Reto Gamma parteiintern gegen die Landrätin Edith Rosenkranz durch. Zusätzlich bewarb sich der Parteilose Markus Stadler, ein ehemaliger Kantonsbeamter.
Im ersten Wahlgang konnten die CVP mit dem Bisherigen Furrer und den Neuen Arnold und Epp drei Sitze sichern und die FDP ihre beiden Bisherigen Huber und Mattli bestätigen. Über die zwei noch ausstehenden Sitze musste in einem zweiten Wahlgang entschieden werden. Steiner (fdp) und Gamma (sp) hatten sich hinter den CVP-Bewerbern Baumann und Brücker und dem Parteilosen Stadler auf den hintersten Rängen positioniert. Alle fünf hielten an ihren Kandidaturen fest. Gegen den Willen der SP-Geschäftsleitung wurde allerdings Gamma an einem emotionsgeladenen Parteitag durch den Juristen Walter Wüthrich ersetzt. Auch die FDP wechselte ihren Kandidaten aus: Steiner wurde durch den Kaufmann Markus Gisler ersetzt. Das Rennen machten schliesslich Baumann (cvp) und der Parteilose Stadler. Die SP ist damit nach 32 Jahren nicht mehr in der Kantonsregierung vertreten [18].
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Kantonale Ersatzwahlen
Im Kanton Aargau fanden im März und April – ein halbes Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen vom November – die Wahlen für die Nachfolge von Regierungsrat Thomas Pfisterer (fdp) statt, der den Sprung in den Ständerat im vergangenen Herbst geschafft hatte. Die FDP schickte den Vizedirektor der Nordostschweizerischen Kraftwerke, Peter Beyeler aus Baden, ins Rennen. Die in den Nationalratswahlen zur wählerstärksten Partei aufgestiegene SVP machte jedoch der FDP diesen Regierungssitz strittig. Als Sprengkandidaten stellte sie den Medienmanager und Quereinsteiger Christian Stärkle auf. Aber auch die SP, die seit zwei Jahren nicht mehr in der Regierung vertreten war, portierte mit der Grossrätin Barbara Roth eine Gegenkandidatin. Der Wahlkampf konzentrierte sich hauptsächlich auf die beiden bürgerlichen Kontrahenten. Im ersten Wahlgang wurde das absolute Mehr allerdings von keinem der Kandidierenden erreicht. Beyeler lag mit rund 40% der gültigen Stimmen in Führung. Überraschend traten Stärkle und Roth im zweiten Wahlgang nicht mehr an, stellten aber ihre Teilnahme an den Gesamterneuerungswahlen vom November in Aussicht. Dagegen verhinderte der parteilose Schauspieler, Chauffeur und Waffenhändler René Picard eine Stille Wahl. Erwartungsgemäss konnte er dem Freisinnigen Beyeler das Amt aber nicht strittig machen [19].
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Im Rennen um die Nachfolge des zum Ständerat gewählten Baselbieter Regierungsrats Hans Fünfschilling (fdp) versuchten die Sozialdemokraten den vor zwei Jahren verlorenen Sitz zurückzuholen. Wie schon bei den Ständeratswahlen im Vorjahr lieferten sich FDP und SP ein spannendes Duell. Als Nachfolgekandidaten schickten die Freisinnigen den Juristen und ehemaligen Landrat Adrian Balmer aus Liestal ins Rennen. Balmer genoss die offizielle Unterstützung durch SVP, CVP und SD. Zum SP-Kandidaten wurde der in Sissach wohnhafte VPOD-Zentralsekretär und Fraktionspräsident im Landrat Urs Wüthrich auserkoren. Er hatte sich als moderater Politiker auch im bürgerlichen Lager Freunde geschaffen. Die SVP hatte zuerst selbst mit einer Kandidatur geliebäugelt, verzichtete dann aber zugunsten des Friedens innerhalb der „Bürgerlichen Zusammenarbeit“, der sie ihren politischen Wiedereinzug in die Baselbieter Regierung vor einem Jahr zu verdanken hatte. Das Resultat hätte knapper kaum ausfallen können. Mit 905 Stimmen Vorsprung gelang dem FDP-Kandidaten Balmer der Sieg [20].
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Die Wahl einer Nachfolge für den aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Basler Regierungsrat Stefan Cornaz (fdp) entwickelte sich zum Dreikampf mit ungewissem Ausgang. Der grösste Unsicherheitsfaktor war das Abschneiden der SVP, die sich in Basel von der einst bedeutungslosen Partei zur stärksten bürgerlichen Kraft bei den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst emporgearbeitet hatte. Die SVP schickte den Nationalökonomen und Quereinsteiger Marc Meyer ins Rennen. Die bürgerliche Entente aus FDP, Liberalen und CVP verteidigte den dritten bürgerlichen Sitz in der siebenköpfigen Regierung mit der Kandidatur von Grossrat und Anwalt Carlo Conti (cvp). Die FDP verzichtete also zugunsten der CVP, die seit 1996 nicht mehr in der Regierung vertreten war, auf ihren zweiten Sitz. Weil die bürgerliche Wählerschaft sich zwischen Conti und Meyer zu entscheiden hatte, rechnete sich die Linke ebenfalls Chancen aus und nominierte Grossrätin und Soziologin Rita Schiavi von „Basels starker Alternative“ (Basta). Innerhalb der Linken, insbesondere in den Reihen der SP genoss Schiavi aber keine einhellige Unterstützung. Keiner der Kandidierenden erreichte im ersten Wahlgang das absolute Mehr. Conti lag vor Schiavi; Meyer – bereits deutlich abgeschlagen – an dritter Position. Nach anfänglichem Zögern entschied sich die SVP, die Kandidatur Meyer für den zweiten Wahlgang zurückzuziehen. Diesem Entscheid vorangegangen waren Verhandlungen mit FDP, CVP und Liberalen über eine Wahlallianz bei den Gesamterneuerungswahlen im Herbst. Dank der auf diese Weise gewonnen zusätzlichen Unterstützung konnte Conti seinen Vorsprung gegenüber Schiavi von 3600 Stimmen im ersten auf fast 13 000 Stimmen im zweiten Wahlgang ausbauen und siegte bei einer Wahlbeteiligung von 49,8% [21].
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Der Präsident des nach dem Proporzsystem gewählten Tessiner Staatsrats, Giuseppe Buffi (fdp), verstarb im Juli während einer Ferienreise. Wenige Tage später gab Nationalrat Gabriele Gendotti (fdp) bekannt, dass er die Nachfolge Buffis in der Kantonsregierung antreten wolle. Gendotti belegte in den letztjährigen Wahlen hinter Buffi und Staatsrätin Masoni den dritten Rang auf der Liste der FDP und war deshalb erster Ersatzmann seiner Partei [22].
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Kommunalwahlen
Für detaillierte Resultate siehe die Tabellen im Anhang (anhang_2000.pdf).
Von den acht grössten Schweizer Städten (exklusive Basel) wählten Bern, Biel, Luzern und St. Gallen Regierung und Parlament neu.
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Im November wählte die Stadt Bern ihren 80köpfigen Stadtrat und den 7köpfigen Gemeinderat neu. Obwohl die Stadtregierung auch in den vergangenen vier Jahren stark kritisiert worden war, bleibt das Kräfteverhältnis im Gemeinderat bestehen. Das Bündnis Rot-Grün-Mitte (RGM) konnte seine absolute Mehrheit verteidigen. An die bürgerliche Liste „Fit für Bern“ von FDP, SVP und CVP entfallen weiterhin drei Gemeinderatssitze. Zum vierten Mal hintereinander wurde jedoch ein bisheriges Mitglied des Gemeinderates nicht bestätigt. Diesmal traf es Schuldirektorin Claudia Omar (ehemals ldu), die auf der Grünen Freien Liste kandidiert hatte. Das beste Ergebnis erreichte der neu gewählte SP-Nationalrat Alexander Tschäppät gefolgt von Finanzdirektorin Theres Frösch vom Grünen Bündnis. Stadtpräsident Klaus Baumgartner (sp) kam an dritter Stelle gefolgt von der neu angetretenen Edith Olibet (sp), die damit Claudia Omar (gp) verdrängte. Die SP hatte mit dem Aufruf, ihre Kandidatin Olibet auf der Liste zu kumulieren, für böses Blut innerhalb des RGM-Bündnisses gesorgt. Nach der Abwahl ihrer Gemeinderätin und dem Wegfall einer „ökologischen Stimme“ fühlte sich die GFL im Bündnis nicht mehr zu Hause. Laut Parteipräsident Bernhard Pulver wolle die Partei weiterhin eng mit ihren ehemaligen Verbündeten zusammenarbeiten. In bestimmten Sachfragen wie der Finanzpolitik oder der Rolle des Staates beschreite man aber in Zukunft einen eigenen Weg. Auf der bürgerlichen Liste waren die Bisherigen Kurt Wasserfallen (fdp), Ursula Begert (svp) und Adrian Guggisberg (cvp) erfolgreich. Keinen Erfolg hatten unter anderen der Freisinnige Adrian Haas und JSVP-Kandidat Thomas Fuchs, der einen lauten Wahlkampf geführt hatte. Bei der Wahl des Stadtpräsidenten obsiegte der 63jährige Baumgartner gegenüber seinem Herausforderer, Polizeidirektor Wasserfallen.
Bei den gleichzeitig durchgeführten Stadtratswahlen wurde die Mehrheit von dem seit 1992 bestehenden Bündnis RGM und dem erstmals geschaffenen Wahlbündnis zwischen Bürgerlichen und Rechtsparteien hart umkämpft. Seit 1980 prägten die SP und ihre Verbündeten die Politik im Stadtrat. Nur einmal seit 1980 hatten sich die Bürgerlichen bisher die Mehrheit geholt. Nach den Avancen der SP in den Grossratswahlen 1998 und in den Nationalratswahlen 1999 stand das bürgerliche Vorhaben jedoch auf wackeligen Beinen. Das RGM-Bündnis holte sich schliesslich für vier weitere Jahre die absolute Mehrheit, büsste aber mit zwei Sitzverlusten (neu 44 Sitze) an Stärke ein. Die SP selbst blieb bei ihren bisherigen 28 Sitzen stehen. Die GFL (5 Sitze) holte sich vom GB (6) zwar einen Sitz, verlor aber beide vom LdU während der Legislatur geerbten Sitze. Mit je drei Sitzgewinnen konnten hingegen FDP (18 Mandate) und SVP (11) aufwarten. Auch die CVP konnte einen Sitzgewinn (3) verbuchen. Die FP mit bisher zwei Mandaten und die EDU mit bisher einem Mandat schieden aus dem Rat aus. Die Vertretung der SD schliesslich reduzierte sich von drei auf zwei Sitze. Trotz der Sitzgewinne von FDP und SVP zulasten der kleinen Rechtsparteien und der Grünen bleibt der Parteien-Pluralismus im Berner Stadtrat mit elf Parteien weiterhin lebendig [23].
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Bei den Gemeinderatswahlen in der Stadt Biel konnte sich das links-grüne Team „Biel 2000“ einmal mehr gegen das bürgerliche „Forum Biel-Bienne“ durchsetzen. An der Spitze der links-grünen Liste wurden Finanzdirektor Hans Stöckli und Baudirektor Ulrich Haag (beide sp) als ständige Gemeinderäte wiedergewählt. Stöckli wurde zudem als Stadtpräsident mit 60% der Stimmen bestätigt. Den dritten und fünften Rang im Gemeinderat erlangten die Bisherigen Pierre-Yves Moeschler vom Parti socialiste romand als Schuldirektor und Hubert Klopfenstein (fdp) als Fürsorgedirektor. Der vom bürgerlichen Forum anvisierte zweite vollamtliche Gemeinderatssitz lag nicht in Reichweite. Hingegen schaffte der bei den letzten Nationalratswahlen abgewählte FPS-Politiker Jürg Scherrer die Wiederwahl als Vorsteher der Sicherheits-, Energie- und Verkehrsdirektion mit dem viertbesten Resultat, obwohl ihm das Forum die Unterstützung verweigert hatte.
Überraschenderweise führten die diesjährigen Wahlen nur im nebenamtlichen Gemeinderat zu personellen Veränderungen: Auf Kosten des Parti socialiste romand zogen die Grünen mit Elisabeth Ingold erstmals in Biels Exekutive ein. Ingold war auf der Liste des „Team 2000“ kumuliert worden. Die übrigen nebenamtlichen Mandate gingen an die Bisherige Marianne Reber (sp) sowie an die neu Gewählten, Staatsanwalt Peter Bohnenblust (fdp) und Ariane Bernasconi (Parti radical romand). Nicht geschafft hat es der Bisherige Martin Widmer (svp), der im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Bauunternehmer heftiger Kritik ausgesetzt war. Nur um wenige Stimmen verpasste ausserdem FPS-Präsident René Schlauri den Einzug als nebenamtlicher Gemeinderat. Die Wahlbeteiligung betrug 45%.
Im Gegensatz zur Bieler Stadtregierung, bei der die links-grüne Mehrheit unangetastet blieb, konnten die Bürgerlichen im Gemeindeparlament deutlich zulegen und mit 29 das „Team 2000“ (28) um ein Mandat übertreffen. Der Frauenanteil ist auf einen Drittel angewachsen. Die Sozialdemokraten büssten auf der Deutschschweizer Liste drei und auf der welschen Liste einen Sitz ein. Die Kräfteverhältnisse bleiben für die nächsten vier Jahr unklar. Drei Aussenseiter im Stadtparlament könnten jeweils das Zünglein an der Waage spielen [24].
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Im Vorfeld der Gemeindewahlen im Kanton Luzern wurde mit einem weiteren Vormarsch der SVP gerechnet. Sowohl die SVP als auch die Grünen rechneten mit dem Gewinn ihres ersten Mandates für die Luzerner Stadtregierung. Um die fünf Sitze im Stadtrat buhlten drei Frauen und fünf Männer, darunter drei Bisherige. FDP und CVP traten auf einer gemeinsamen Liste an. Die FDP hatte sich zum Ziel gesetzt, den Sitz, der ihr durch die Wahl des aus der Partei ausgetretenen Urs W. Studer zum Stadtpräsidenten vor vier Jahren verloren gegangen war, wieder zurückzuholen. Die CVP hielt an ihrem Anspruch auf zwei Sitze fest, obwohl ihr Wähleranteil bei den letzten Nationalratswahlen stark geschwunden war. Die Linke, die mit dem parteilosen Stadtpräsidenten Urs W. Studer auf einer gemeinsamen Liste auftrat, wollte das Mandat der SP sichern und zudem dem Grünen Bündnis eine Vertretung im Stadtrat verschaffen. Die SVP, die bei den Nationalratswahlen zur stärksten Partei im Stadtgebiet avanciert war, portierte den 58jährigen Arzt und Grossrat Walter Häcki, der sich im Wahlkampf für Steuersenkungen und für den Bau neuer Sportstadien stark machte.
Im ersten Wahlgang konnten nur zwei Sitze bestellt werden. Stadtpräsident Studer wurde im Amt bestätigt und Finanzdirektor Franz Müller (cvp) wiedergewählt. Unerwartet schlecht schloss Schuldirektorin Irene Hartmann (fdp) ab, die sogar parteiintern aufgrund ihres Führungsstils viel Kritik eingefangen hatte. Nach dem zweiten Wahlgang standen die CVP als Verliererin und das Grüne Bündnis als Gewinnerin fest. Mit Ruedi Meier konnten die Grünen erstmals einen Sitz in der fünfköpfigen Stadtregierung erlangen. Die CVP hingegen musste auf den Sitz des zurückgetretenen Paul Baumann verzichten. Die SP verteidigte mit Ursula Stämmer-Horst erfolgreich den Sitz des zurückgetretenen Baudirektors Werner Schnieper. An Stelle der abgewählten Schuldirektorin Irene Hartmann nahm FDP-Parteikollege Kurt Bieder Einsitz. Bieder war von einem überparteilichen Komitee getragen worden, welches auch die Kandidaturen von Meier und Stämmer-Horst für den Stadtrat sowie Studer für das Stadtpräsidium unterstützt hatte. Weiterhin nimmt nur eine Frau Einsitz in die Luzerner Stadtregierung [25].
Gleichzeitig mit dem ersten Wahlgang für die Stadtregierung wählte Luzern sein Stadtparlament, den Grossen Stadtrat, neu. Dieser wurde durch die Zusammenlegung von Bürger- und Einwohnergemeinde um acht Sitze auf 48 Sitze erweitert. Bisher setzte sich die gesetzgebende Behörde Luzerns aus 18 Vertretern des links-grünen Spektrums und 22 Vertretern des bürgerlichen Spektrums zusammen, was bei Abstimmungen oft zu Patt-Situationen geführt hat. Verweigerte die FDP der SVP bei der Stadtratswahl eine gemeinsame Liste, so traten beide Parteien gemeinsam zur Wahl des Grossen Stadtrates an. Die CVP konnte sich an dieser bürgerlichen Listenverbindung nicht beteiligen, da ihre Listenverbindung zur CSP eine solche ausschloss. Wie bereits bei den Regierungswahlen haben auch SP und Grüne ihre Listen verbunden. Am Wahlwochenende holten sich die Liberalen (fdp) 12 Sitze, die SP elf, die CVP und die Grünen je acht, die SVP sieben, die CSP und die Freien Wähler schliesslich je einen Sitz. Die bürgerliche Mehrheit konnte damit auf 29 gegen 19 Stimmen ausgebaut werden. Wahlsiegerin war die SVP, die ihre Sitzzahl von vier auf sieben beinahe verdoppelt hat. Ihr Stimmenanteil stieg von 9,2% auf 15,5%. Auch die CVP konnte nach ihrem Einbruch vor vier Jahren wieder Terrain gutmachen und 1,2% mehr Wählerstimmen auf sich vereinen. Die FDP konnte dagegen keinen der acht zusätzlichen Sitze für sich erobern. Verloren hatte auch die SP, die einen Rückgang der Parteistimmen von 26,0 % auf 22,8 % hinnehmen musste. Davon profitierten vor allem die Grünen, die fast drei Prozentpunkte zulegten. Im neuen Grossen Rat der Stadt Luzern nehmen 17 Frauen Einsitz, was einem Frauenanteil von 35,4% entspricht [26].
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Wie in den Jahren von 1924 bis 1964 nehmen in St. Gallen neu je zwei SP- und FDP-Vertreter sowie ein Christlichdemokrat Einsitz in der Stadtregierung. Der Sitz des zurücktretenden Baudirektors Erich Ziltener (cvp) ging im zweiten Wahlgang an die SP über. Für die zu vergebenden fünf Sitze standen vier Bisherige und vier neu Kandidierende zur Wahl. Im ersten Wahlgang vom September wurden alle Bisherigen bestätigt: Heinz Christen (sp), Franz Hagmann (cvp), Liana Ruckstuhl (fdp) und Hubert Schlegel (fdp). Christen wurde zusätzlich als Stadtammann bestätigt. Für die Besetzung des fünften Sitzes im Stadtrat kam es zu einem zweiten Wahlgang. Um die Vakanz Ziltener bemühten sich Elisabeth Beéry (sp), Hans M. Richle (svp) und Joe Keel (cvp). Ein vierter Mitstreiter, der Parteilose Franz Duss, stand bereits weit abgeschlagen zurück. Den Sieg trug schliesslich die 35jährige Juristin Beéry davon [27].
Die Gemeinderatswahlen in St. Gallen, die bereits im August stattfanden, brachten keine grossen Veränderungen in der politischen Zusammensetzung. Die markantesten Merkmale waren die Verdoppelung der SVP-Fraktion, Zugewinne bei der CVP und der Einbruch der Unabhängigen. Bei einer Stimmbeteiligung von 29,9% gewannen die Christlichdemokraten zwei Sitze hinzu (neu 15 Sitze) und avancierten zur grössten Partei im 63köpfigen Parlament. An zweiter Stelle rangiert die SP mit 14 Ratsmitgliedern (+1) gefolgt von der FDP mit unverändert 13 Sitzen und der SVP mit elf Sitzen (+6). Ohne Sitzverschiebungen gingen die Grünen (4), die EVP (2) und die Politische Frauengruppe (1) aus dem Rennen. Halbiert wurde jedoch die Vertretung der Unabhängigen, die nur noch drei Ratsmitglieder ins neue Parlament entsenden. Die Schweizer Demokraten verloren ihren einzigen Sitz und schieden aus dem Rat aus. Zu den Wahlgewinnern gehörten hingegen die Frauen und die Jungen. Die Listen der Juso und der Jungen Unabhängigen errangen je einen Sitz. Die Frauenvertretung stieg um zwei auf 21 Sitze [28].
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Kommunale Ersatzwahlen
Fürsorge- und Umweltdirektor Pierre Tillmanns (sp), der Kopf der Linksallianz, stellte im Berichtsjahr sein Amt zur Verfügung, nachdem er im vergangenen Jahr in den Nationalrat gewählt worden war. Als Kandidat der SP wurde der im Bundesamt für Statistik tätige Historiker Jean-Christoph Bourquin aufgestellt. Gegen die Linksallianz zog der Freisinnige Olivier Français als Sprengkandidat in den Kampf. Zwei weitere Kontrahenten stellten sich zur Wahl, der parteilose Künstler François-Xavier Martin und der ehemals Freisinnige Bertrand Sonnay, der sich für die Gruppe der „Nichtstimmenden“ aufstellen liess. Im zweiten Wahlgang setzte sich der FDP-Kandidat mit 155 Stimmen Vorsprung gegen Bourquin durch. In der Lausanner Exekutive verfügt die Linke (sp, pda, gp) weiterhin über die absolute Mehrheit [29].
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Weiterführende Literatur
Steinmann, Matthias / Jedele, Markus / Messerli, Franco, Die Publikumsresonanz der SRG SSR Programme zu den National- und Ständeratswahlen 1999, Bern 2000.
Lachat, Romain, „L’influence des campagnes politiques sur le vote: le cas des élections suisses de 1995“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Nr. 4, 2000, S. 51-73.
Mazzoleni, Oscar / Schriber, Martina, Diventare parlamentari. Le elezioni del Gran Consiglio ticinese nella seconda metà degli anni ’90, Bellinzona (Ustat) 2000.
Seitz, Werner, Die Frauen bei den Nationalratswahlen 1999 – Entwicklung seit 1971, Neuenburg (BfS) 2000.
Seitz, Werner, „Die Frauen bei den Nationalratswahlen 1999: Die Schritte in Richtung Gleichstellung werden kleiner. Mit einem Exkurs zu den Frauen bei den Ständeratswahlen 1998/1999 und bei den Wahlen in die kantonalen Regierungen und Parlamente“, in Frauenfragen, Nr. 1, 2000, S. 13–22.
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[1] In GR und UR wird nach dem Majorzsystem gewählt. Daher ist ein Vergleich der Stimmenanteile mit den letzten Wahlen nicht möglich.1
[2] Die Vergleiche basieren auf den kantonalen Wahlen von 1996, im Falle von Graubünden von 1997. Später ins Parlament nachgerückte bzw. zurückgetretene Frauen wurden nicht berücksichtigt.2
[3] Wahlen vom 22.10.00: Presse vom 23.10. und 24.10.00. Wahlkampf: BaZ, 5.4.-19.10.00; NZZ, 9.10.00.3
[4] Wahlen vom 7.5.00: Presse vom 8.5.00. Wahlkampf: BüZ, 14.2.-5.5.00; NZZ, 3.5.00; Bund, 4.5.00.4
[5] Wahlen vom 24.9.00: Presse vom 25.9. und 26.9.00. Wahlkampf: SN, 8.4.-20.9.00.5
[6] Wahlen vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. Wahlkampf: NLZ, 6.1.-10.3.00. Zur GfS-Studie vgl. NZZ, 19.5.00.6
[7] Wahlen vom 6.2.00: Presse vom 7.2 und 8.2.00. Wahlkampf: SGT, 4.11.99-4.2.00; NZZ, 25.1.00.7
[8] Wahlen vom 9.4.00: Presse vom 10.4.00. Wahlkampf: SGT, 25.1.-8.4.00; NZZ und Bund, 5.4.00.8
[9] Wahlen vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. Wahlkampf: NLZ, 6.1.-10.3.00; NZZ, 4.2. und 13.3.00. Nachanalyse: NLZ, 18.7.00.9
[10] Zu den detaillierten Regierungszusammensetzungen und zu den Frauenanteilen siehe Tabellen im Anhang.10
[11] Wahlen vom 26.11.00: Presse vom 27.11.00. Wahlkampf: AT, 29.7.-24.11.00; Nachanalyse: NZZ, 28.11.00.11
[12] Wahlen vom 30.4.00: Presse vom 1.5. und 2.5.00. Wahlkampf: SGT, 18.3.-28.4.00.12
[13] 1. Wahlgang vom 22.10.00: Presse vom 23.10.00. 2. Wahlgang vom 26.11.00: Presse vom 27.11.00. Wahlkampf: BaZ, 29.3.-25.11.00; NZZ, 14.10. und 18.11.00; TA, 20.10.00. Nachanalyse: BaZ, 1.12.00.13
[14] Wahlen vom 27.8.00: Presse vom 28.8.00. Wahlkampf: SN, 7.1.-24.8.00; BaZ, 16.2.00; NZZ, 3.3. und 22.8.00; AZ, 14.8.00.14
[15] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. 2. Wahlgang vom 16.4.00: Presse vom 17.4.00. Wahlkampf: NZZ, 17.1., 13.3., 15.3. und 13.4.00; SGT, 4.3. und 12.4.00; NLZ, 15.3. und 18.3.00.15
[16] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3. und 14.3.00. 2. Wahlgang vom 16.4.00: Presse vom 17.4.00. Wahlkampf: SGT, 6.1.-14.4.00; NZZ, 12.1., 2.3., 18.3. und 20.3.00; TA, 25.2.00. Zum Rücktritt von Regierungsrätin Roos: Presse vom 14.3.00.16
[17] Wahlen vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. Wahlkampf: NZZ, 15.1. und 7.3.00; SGT, 15.1., 22.1., 1.3. und 7.3.00; TA, 7.3.00.17
[18] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. 2. Wahlgang vom 21.5.00: Presse vom 22.5.00. Wahlkampf: NLZ, 18.1.-10.5.00; NZZ, 4.2.00; TA, 12.2. und 5.4.00; Bund, 25.2.00.18
[19] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. 2. Wahlgang vom 21.5.00: Presse vom 22.5.00. Wahlkampf: AT, 7.1.-19.5.00; BaZ und TA, 8.3.00; NZZ, 18.3.00.19
[20] Wahlen vom 16.4.00: Presse vom 17.4.00. Wahlkampf: BaZ, 11.1.-14.4.00; NZZ, 6.4.00; TA, 12.4.00.20
[21] 1. Wahlgang vom 22.10.00: Presse vom 23.10.00. 2. Wahlgang vom 26.11.00: Presse vom 27.11.00. Wahlkampf: BaZ, 8.1.-24.11.00.21
[22] NZZ und CdT, 22.7., 25.7. und 29.7.00.22
[23] Wahlen vom 26.11.00: Presse vom 27.11. und 28.11.00. Wahlkampf: Bund und BZ, 11.1.-25.11.00. Zur Geschichte des RGM-Bündnisses: Bund, 6.12.00.23
[24] Wahlen vom 24.9.00: Presse vom 25.9.00; NZZ, 29.9.00.24
[25] 1. Wahlgang vom 16.4.00: Presse vom 17.4. und 18.4.99. 2. Wahlgang vom 21.5.00: Presse vom 22.5.00. Wahlkampf: NLZ, 4.9.99-19.5.00; WoZ, 16.3.00; TA, 7.4.00; Bund, 8.4.00; NZZ, 14.4.00.25
[26] Wahlen vom 16.4.00: Presse vom 17.4.99. Wahlkampf: NLZ, 4.9.99-14.4.00.26
[27] 1. Wahlgang vom 24.9.00: Presse vom 25.9.00. 2. Wahlgang vom 29.10.00: Presse vom 30.10.00. Wahlkampf: SGT, 30.3.-28.10.00; TA, 24.10.00.27
[28] Wahlen vom 27.8.00: Presse vom 28.8.00. Wahlkampf: SGT, 1.6.-25.8.00.28
[29] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. 2. Wahlgang vom 26.3.00: Presse vom 27.3.00. Wahlkampf: 24h und LT, 21.1.-25.3.00; NZZ, 7.3.00; TA, 8.3. und 25.3.00.29
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