Bildung, Kultur und Medien
Medien
Der Zürcher Medienkonzern Tamedia übernahm das Westschweizer Medienhaus Edipresse. – Es kam zu einer Bereinigung auf dem Gratiszeitungsmarkt: Vier Blätter wurden eingestellt. – Das Parlament hob das Werbeverbot für leichte Alkoholika für alle TV-Sender auf. – Die SRG beschloss, im Rahmen ihres Konvergenzprojekts Radio, Internetauftritt und Fernsehen in einer Unternehmenseinheit pro Sprachregion zusammenzuführen. – Das Parlament forderte den Bundesrat auf, eine Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität zu entwickeln.
Medienpolitische Grundfragen
Anfang März gaben der Zürcher Medienkonzern Tamedia und das grösste Westschweizer Medienhaus Edipresse die schrittweise
Übernahme des Schweizer Geschäfts von Edipresse durch Tamedia bis 2013 bekannt. Diese Übernahme ist mehr als nur ein weiterer Schritt der Pressekonzentration: Tamedia überschreitet damit als erstes Schweizer Medienhaus im Bereich der Tageszeitungen die Sprachgrenze. Edipresse gibt unter anderem die Zeitungen „24 heures“, „Tribune de Genève“ und „Le Matin“ heraus. Die Übernahme wurde in der Romandie zwar mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen, führte aber nicht zu einem Aufschrei. Tamedia betonte ihre Absicht, Edipresse grösstmögliche Autonomie zu gewähren und die Pressevielfalt zu erhalten. Die Gratiszeitung „Le Matin Bleu“ wurde jedoch mit „20 minutes“ zusammengeführt. Die Wettbewerbskommission unterzog die Übernahme von Edipresse durch Tamedia einer eingehenden Prüfung und bewilligte sie ohne Auflagen
[1].
Presse
Aufgrund der Wirtschaftskrise gingen die
Inserateeinnahmen der Printmedien 2009 im Vergleich zu 2008 gemäss Angaben der Wemf um ca. einen Fünftel zurück. Besonders gross war der Rückgang bei den Stellenanzeigen (-45,3%). Im Vergleich zu 2008 verloren die meisten Pressetitel zwar an Auflage, nicht aber an Reichweite. Das heisst, sie wurden von einer etwa gleich bleibenden Anzahl Personen gelesen
[2].
Die Zeitungen Tages-Anzeiger, Bund, NZZ und Blick veränderten im Berichtsjahr ihr
Layout. Der „Blick“ kehrte zu seinem 50-jährigen Jubiläum vom Tabloidformat zum üblichen Zeitungsformat („Broadsheet“) zurück und der Sportteil befindet sich wieder in einem separaten Bund. Die NZZ hat neu nur noch drei Bünde statt deren sechs (Politik, Wirtschaft und Feuilleton). Zudem wurde die Hierarchie zwischen den Artikeln besser kenntlich gemacht, um die Lesefreundlichkeit zu erhöhen. Der Tages-Anzeiger erscheint neu mit vier statt sechs Bünden. Das neue Layout des „Bund“ gleicht dem des Tages-Anzeigers. Er kehrt zudem vom sechsspaltigen zum fünfspaltigen Umbruch zurück
[3].
Der Nationalrat überwies ein Postulat von Hans-Jürg Fehr (sp, SH), in dem ein Bericht über die
Lage der Presse in der Schweiz und ihre Zukunftsaussichten gefordert wird. Der Bericht soll sich insbesondere mit der Pressekonzentration und „Monopolisierungstendenzen“ befassen und auch Vorschläge enthalten, mit welchen Mitteln der Staat zur Pressevielfalt beitragen kann. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats, wies jedoch darauf hin, dass im Bereich der Presseförderung die Handlungsmöglichkeiten des Bundes verfassungsrechtlich beschränkt sind
[4].
In einem
„Medienpolitischen Manifest“ forderte der Verband Schweizer Presse mehr staatliche Unterstützung für die Printmedien. Er begründete dies mit dem Ziel, auch zukünftig qualitativ hochstehende und vielfältige Medienprodukte anbieten zu können. Der Verlegerverband setzt sich für eine indirekte Medienförderung ein, um die Unabhängigkeit der Presse zu wahren. Die Presse solle von der Mehrwertsteuer ganz befreit werden, Abonnemente sollen von den Steuern abgezogen werden können und die Vertriebsförderung ausgebaut werden
[5].
Im Dezember entschied das UVEK, dass die Post die
Preise für die Zustellung von Zeitungen 2010 nur der Teuerung anpassen darf. Die Post hatte den Preis für Titel der Regional- und Lokalpresse um einen Rappen pro Exemplar und für Titel der Mitgliederpresse (z.B. Verbandszeitungen) um zwei Rappen pro Exemplar erhöhen wollen
[6].
2009 kam es zu einer
Bereinigung auf dem Gratiszeitungsmarkt. Gleich vier Zeitungen wurden eingestellt: „Le Matin Bleu“ aufgrund der Übernahme von Edipresse durch Tamedia, „Cash Daily“ (zuletzt „Cash“), „.ch“ und „News“. In der Romandie ist damit „20 minutes“ das einzige verbleibende Gratisblatt. Die Gratiszeitung „Cash Daily“ hatte Ringier 2006 lanciert, sie ergänzte die damalige Wochenzeitung „Cash“. Diese wurde jedoch 2007 eingestellt und das Gratisblatt in „Cash“ umbenannt. „.ch“, das 2007 lanciert worden war, musste bereits nach weniger als zwei Jahren aufgeben. Als Grund wurde angegeben, dass die Zeitung nicht wie geplant bis 2011 die Gewinnzone hätte erreichen können. Der Versuch, sie direkt in die Haushalte zu verteilen, war bereits nach einem Jahr gescheitert. Danach war „.ch“ wie andere Gratiszeitungen in Verteilboxen aufgelegt worden. Das Tamedia-Produkt „News“ wurde ebenfalls eingestellt. Auf dem Deutschschweizer Markt sind nun mit „20 Minuten“ (Tamedia) und „Blick am Abend“ (Ringier) noch zwei Gratiszeitungen präsent. Das erfolgreiche „20 Minuten“ feierte seinen zehnjährigen Geburtstag. „Blick am Abend“ erweiterte sein Verbreitungsgebiet auf Luzern, Zug und St. Gallen
[7].
Im Juni informierte Tamedia über die
Zukunft der Berner Tageszeitung „Der Bund“. Zwei Modelle waren zur Diskussion gestanden: Eine Fusion mit der „Berner Zeitung“ oder eine enge Zusammenarbeit mit dem Zürcher „Tages-Anzeiger“. Man entschied sich für letzteres. Der „Bund“ wird zwar als eigenständiger Titel weiterbestehen, jedoch viele überregionale Inhalte vom „Tages-Anzeiger“ beziehen. Der „Bund“ betreibt die gemeinsame Bundeshausredaktion der beiden Zeitungen und deckt regionale Themen ab. Die wöchentliche Beilage „Der Kleine Bund“ verschwindet. In Bern wurde das Weiterbestehen der traditionsreichen Zeitung mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, allerdings wurde auch kritisiert, dass der „Bund“ mit der gefundenen Lösung zu einem Beinahe-Kopfblatt des „Tages-Anzeigers“ verkomme
[8].
Der Aargauer Verleger Peter Wanner (AZ Medien AG) kaufte den Solothurner Verlag
Vogt-Schild, der die „Solothurner Zeitung“ herausgibt. Die AZ Medien AG hielt schon zuvor einen 35%-Anteil an Vogt-Schild und die „Solothurner Zeitung“ war am Verbund „Mittelland Zeitung“ beteiligt, für den die „Aargauer Zeitung“ den Mantelteil liefert. Verleger Wanner gab bekannt, vor allem Synergien im Bereich der Informatik und im Werbemarkt nutzen zu wollen. Zur „Solothurner Zeitung“ gehören die Kopfblätter „Grenchner Tagblatt“, „Langenthaler Tagblatt“ und „Berner Rundschau“. Die zu Tamedia gehörende Konkurrentin der „Solothurner Zeitung“, das „Solothurner Tagblatt“, wurde im Berichtsjahr eingestellt. Diese Regionalausgabe der BZ war vor acht Jahren gegründet worden und hatte Verluste in der Höhe von 35 Mio Fr. angehäuft
[9].
Edipresse verkaufte seinen 37,5%-Anteil an der Walliser Zeitung
„Le Nouvelliste“ an Jacques Lathion. Dieser hält nun mehr als 75% von Rhône Media, welche den „Nouvelliste“ herausgibt. Diskutiert wurde ein möglicher Einstieg des französischen Medienkonzerns „Hersant“, der bereits an den Neuenburger Zeitungen „L’Express“ und „L’Impartial“ beteiligt ist
[10].
2009 kam es bei vielen Zeitungen zu einem
Stellenabbau. Grund dafür war zum einen die voranschreitende Pressekonzentration, zum anderen die rückläufigen Inserateeinnahmen. Tamedia kündigte an, beim „Bund“ 19 und beim „Tages-Anzeiger“ 50 Redaktionsstellen abzubauen. Die Angestellten protestierten dagegen. Sie forderten die Einführung von Kurzarbeit und eine Reduktion der Zahl der Entlassungen durch Frühpensionierungen und freiwillige Pensenanpassungen. Die AZ Medien AG wollte ihre Belegschaft in Redaktionen, Verwaltung und Druck um 65 Stellen reduzieren. Edipresse kündigte im Herbst an, 100 Stellen zu streichen. Gegen die Sparpläne von Edipresse gab es Proteste der Arbeitnehmerorganisationen mit Kundgebungen von mehreren hundert Personen. Beim „Blick“ war durch die Zusammenlegung der Redaktionen von „Blick“, „Sonntags-Blick“, „Blick am Abend“ und „blick.ch“ in einem „Newsroom“ ein Stellenabbau absehbar. Auch die SDA baute 13 Stellen ab. Zu Entlassungen führte zudem die Einstellung der vier Gratiszeitungen „Cash“, „.ch“, „News“ und „Le Matin Bleu“
[11].
Im Raum Zürich und St. Gallen kam es im Berichtsjahr zu mehreren
Streiks von Zeitungsverträgern. Diese sind von der Zuvo AG angestellt, die je zur Hälfte der Tamedia und der NZZ-Gruppe gehört. Die Zuvo AG hatte angekündigt, die Löhne der Zeitungsverträger zu senken, wogegen diese mit den Streiks protestierten
[12].
Radio und Fernsehen
Das Parlament nahm eine Motion Sommaruga (sp, BE), welche die
Verschlüsselung von Fernsehsendern bei der digitalen Verbreitung über das Kabelnetz verbieten wollte, in einer geänderten Fassung an. Sommaruga hatte die Motion damit begründet, dass durch die Verschlüsselung die Konsumenten gezwungen würden, ein Gerät zur Entschlüsselung zu kaufen. Im Visier war insbesondere die Cablecom, welche ein digitales Fernsehangebot hat, für dessen Empfang eine „Set Top Box“ der Cablecom gekauft werden muss. Die 2007 vom Ständerat angenommene Motion war 2008 vom Nationalrat an seine vorbereitende Kommission zurückgewiesen worden, weil wettbewerbsverzerrende Effekte aufgrund der einseitigen Ausrichtung auf die Kabelnetzbetreiber befürchtet wurden und weil sich herausstellte, dass die Annahme der Motion eine Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes erfordern würde. In der geänderten Motion wird nun für die Gesetzesrevision nicht zwingend ein Verbot der Verschlüsselung verlangt. Stattdessen kann der Bundesrat auch eine Verschlüsselung zulassen, in diesem Fall muss aber sichergestellt werden, dass eine Wahlfreiheit bezüglich Empfangsgerät besteht. Zudem soll sichergestellt werden, dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den verschiedenen Technologien (Kabelnetz bei Cablecom, Internet Protocol Television bei bluewin.tv) kommt
[13].
2009 hatte das Parlament darüber zu entscheiden, ob das
Werbeverbot für leichte Alkoholika auf den nationalen Fernsehsendern aufgehoben werden soll. Der Bundesrat hatte Ende 2008 eine entsprechende Vorlage zur Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes präsentiert. Grund für die Änderung ist die Teilnahme der Schweiz am EU-Filmförderungsprogramm MEDIA, für welche die Übernahme des so genannten Herkunftsprinzips bei der Fernsehwerbung eine Bedingung ist. Dies bedeutet, dass die auf die Schweiz ausgerichtete Werbung von Sendern mit Sitz in der EU von der EU-Gesetzgebung geregelt wird und nicht mehr von der Schweiz. Die Schweiz hatte jedoch bis jetzt strengere Regeln für Werbefenster als die EU, so verbot sie den nationalen und den ausländischen TV-Sendern (jedoch nicht den regionalen und lokalen Sendern), Werbung für Bier und Wein auszustrahlen. Werbung für hochprozentige alkoholische Getränke und Werbung mit politischen oder religiösen Inhalten ist in der Schweiz allen Sendern verboten. 2007 war das MEDIA-Abkommen vom Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen worden. Der Bundesrat musste Nachverhandlungen mit der EU führen, die es der Schweiz erlauben sollten, weiterhin eine strengere Gesetzgebung als die EU durchzusetzen. Das MEDIA-Abkommen wurde währenddessen provisorisch weitergeführt. Erreicht wurde eine Regelung, die der Schweiz eine strengere Gesetzgebung erlaubt, wenn eine solche im öffentlichen Interesse, verhältnismässig und nicht diskriminierend ist. Für das Werbeverbot betreffend leichte Alkoholika ist das jedoch nicht der Fall, da regionale Sender in der Schweiz für Bier und Wein bereits werben dürfen. Da die Schweiz dieses diskriminierende Verbot gegenüber den ausländischen Sendern nicht mehr durchsetzen könnte, schlug der Bundesrat vor, das Verbot der Werbung für Bier und Wein auch gegenüber der SRG aufzuheben. Ansonsten würden die Schweizer Sender benachteiligt und Werbegelder könnten an ausländische Sender abfliessen. Der Ständerat stellte sich gegen den Vorschlag des Bundesrates und befürwortete stattdessen ein totales Alkoholwerbeverbot für alle Sender. Argumentiert wurde mit dem Jugendschutz. Der Nationalrat unterstützte dagegen die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung. Die Räte wurden sich in der Differenzbereinigung nicht einig, so dass eine Einigungskonferenz nötig wurde. Diese beantragte mit 13 zu 12 Stimmen, die Werbung für leichte Alkoholika zu erlauben. Beide Räte stimmten diesem Antrag zu und passten das Radio- und Fernsehgesetz somit entsprechend an
[14].
Das
„Konvergenzprojekt“ der SRG, mit dem die Bereiche Radio, Fernsehen und Internet einander angenähert werden sollen, wurde im Berichtsjahr weiter vorangetrieben. Die Grundidee der Medienkonvergenz ist, dass eine Redaktion einen bestimmten Inhalt über verschiedene Kanäle verbreitet, statt dass mehrere Redaktionen dieselben Inhalte parallel erarbeiten. Der SRG-Verwaltungsrat beschloss, Radio, Internetauftritt und Fernsehen in einer Unternehmenseinheit pro Sprachregion zusammenzuführen. Im Dezember genehmigte der SRG-Verwaltungsrat das Gesamtkonzept für die Medienkonvergenz in der Deutschschweiz. Die Zusammenlegung soll auf den 1.1.2011 erfolgen. Die bestehenden Standorte Zürich, Bern und Basel sollen erhalten bleiben. Radio und Fernsehen erhalten einen gemeinsamen „Superdirektor“. Das parallel laufende Fusionsprojekt zwischen TSR und RSR in der Romandie beunruhigte die Politik. Die Regierungen der Kantone Genf und Waadt fürchteten um die Informationsvielfalt und die Unabhängigkeit der Redaktionen. Der SRG-Verwaltungsrat beschloss trotzdem, RSR und TSR zu „Radio Télévision Suisse“ (RTS) zusammenzuführen. Gilles Marchand, Chef der TSR, wird deren Direktor. Die Standorte Lausanne und Genf und die Regionalbüros bleiben bestehen. In der italienischen Schweiz war die Fusion von Radio und Fernsehen bereits 2008 umgesetzt worden
[15].
2009 kam es bei den Deutschschweizer Organisationen der SRG zu einer Reihe von
Personalwechseln. Radiodirektor Walter Rüegg und Fernsehdirektorin Ingrid Deltenre traten zurück und wurden interimistisch durch ihre Stellvertreter – Iso Rechsteiner (Radio) und Ueli Haldimann (Fernsehen) – ersetzt. Radiodirektor Rüegg hatte sich mit SRG-Generaldirektor Armin Walpen überworfen, weil er gegen ein zu schnelles Tempo beim Konvergenzprojekt war. Mit der Umsetzung der Konvergenz wird es künftig einen gemeinsamen (noch zu bestimmenden) Radio- und Fernsehdirektor geben
[16].
Im Nationalrat wurde ein Postulat der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen angenommen, das die
Überprüfung der SRG-Gebührenpflicht und des Inkassos durch die Billag verlangt. Der Bundesrat soll in einem Bericht die Auswirkungen des technologischen Wandels im Gerätebereich auf die Gebührenpflicht und mögliche Alternativen zum Inkasso über die Billag darlegen. Das Postulat ging auf eine parlamentarische Initiative von Natalie Rickli (svp, ZH) zurück, in der sie forderte, dass für Computer und Handys keine SRG-Gebühren erhoben werden sollen. Zuvor hatte es in den Medien eine Diskussion darüber gegeben, ob das Inkasso über die Billag zu teuer sei und wie damit umzugehen sei, dass mittlerweile fast alle Haushalte ein Gerät besitzen, mit dem sie Radio und Fernsehen empfangen können
[17].
Die
finanzielle Situation der SRG blieb angespannt. Die SRG übergab dem Bundesrat im November einen Bericht, in dem ihr Finanzbedarf für die nächsten fünf Jahre analysiert wird. Der Schuldenberg wächst gemäss dem Bericht an, jährlich fehlen der SRG 54 Mio Fr. Weitere Sparanstrengungen würden sich nach Ansicht der SRG negativ auf das Programm auswirken. Mögliche Massnahmen zur Schliessung der Finanzlücke sind aus Sicht der SRG eine Lockerung der Werbevorschriften, eine Gebührenerhöhung, die Einschränkung des Programmauftrags, höhere Bundesbeiträge an Swissinfo und eine Wiedereinführung der Gebührenpflicht für Haushalte, die Ergänzungsleistungen beziehen. Bezüglich der Werbevorschriften hatte Bundesrat Leuenberger schon im Sommer einen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt, der eine Lockerung des Werbeverbots auf dem Internetportal der SRG und häufigere Werbefenster im Fernsehen vorsieht
[18].
Die SRG untersucht, ob sie die Leistungen des
Auslanddienstes Swissinfo zu tieferen Kosten erbringen könnte. Drei Modelle sollen geprüft werden: Optimierung des heutigen Betriebes in Bern, Integration in das Westschweizer Fernsehen und Integration bei Radio DRS
[19].
Der Nationalrat trat auf eine parlamentarische Initiative von Andreas Gross (sp, ZH), in der die Einführung von
Gratis-Meinungsspots von Parteien im Fernsehen und Radio im Vorfeld von Abstimmungen gefordert wurde, nicht ein. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hatte den Vorschlag befürwortet, der Bundesrat dagegen Nichteintreten empfohlen. Gross wollte die Rolle der Parteien bei der Meinungsbildung stärken und einen Ausgleich für die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der politischen Gruppierungen schaffen. Als Gegenargument wurde angeführt, dass die kurzen Werbespots eine „Schlagwortpolitik“ fördern würden. Zudem wurde bezweifelt, ob die vorgesehene Vorschrift, dass „unzutreffende Tatsachenbehauptungen“ in den Spots nicht zulässig sein sollten, sinnvoll angewandt werden könnte
[20].
Im Vorjahr hatte das Bakom die
Konzessionen für private Radio- und Fernsehsender nach einem Wettbewerbsverfahren vergeben. Dieses Konzessionierungsverfahren kam nun in die Kritik, da in verschiedenen Regionen die unterlegenen Sender die Konzessionen der siegreichen Konkurrenz kauften. Ringier, das mit „Radio Energy“ die Konzession für das Gebiet Zürich-Glarus nicht erhalten hatte, kaufte die kleinere Konzession von „Radio Monte Carlo“ für Zürich, um weiterhin dort senden zu können. Ähnliches war bereits 2008 mit „Radio Buzz“ und „Radio One FM“ in der Westschweiz geschehen. In Basel wurde das bei der Konzessionsvergabe erfolgreiche „Radio Basel 1“ an den unterlegenen Konkurrenten – MFE Medien für Erwachsene AG – verkauft und in „Radio Basel“ umbenannt. In der Innerschweiz war bei den Fernsehsendern das noch nicht existierende „Tele 1“ der Neuen Luzerner Zeitung vor dem etablierten „Tele Tell“ der AZ Medien zum Zug gekommen. AZ Medien verkaufte nun „Tele Tell“ an die NLZ und dieses wurde zu „Tele 1“
[21].
Mehrere unterlegene Radio- und TV-Sender hatten beim Bundesverwaltungsgericht
gegen die Konzessionsvergabe rekurriert. Dieses wies die Konzessionvergabe für die Lokalradios in Graubünden und im Aargau an das Bakom zurück, ebenso die Entscheidung betreffend die Fernsehkonzession in der Ostschweiz für die Tagblatt-Medien. Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies damit, dass das Bakom nicht ausreichend geprüft habe, ob durch diese Konzessionen eine Marktmacht grosser Medienhäuser entsteht, welche die Meinungsvielfalt gefährdet
[22].
Das Bundesgericht entschied, dass die Cablecom den Privatsender
U1 TV aus dem analogen Programm kippen durfte. Bereits das Bakom und das Bundesverwaltungsgericht hatten so entschieden. U1 TV war daraufhin ans Bundesgericht gelangt
[23].
Neue Kommunikationstechnologien
Der Nationalrat und der Ständerat nahmen zwei fast gleich lautende Postulate Schmid-Federer (cvp, ZH) und Forster-Vannini (fdp, SG) an, in welchen ein Bericht zum
Gefährdungspotenzial von Internet und Online-Games gefordert wird. Insbesondere soll das Ausmass von exzessiver Internetnutzung (Online-Sucht) in der Schweiz und das damit verbundene Gefährdungspotenzial untersucht werden. Zudem sollen dem Bundesamt für Gesundheit Ressourcen zur Prävention in diesem Bereich zugeteilt werden
[24].
Der Ständerat stimmte einer Motion Amherd (cvp, VS) zu, in der die Einführung eines neuen Straftatbestands für virtuellen Kindesmissbrauch und für die
Anbahnung eines eindeutig sexuellen Dialogs zwischen einem Kind und einer erwachsenen Person im Internet (sogenanntes „Grooming“) gefordert wird. Der Nationalrat hatte diese Motion bereits 2007 angenommen
[25].
Der Ständerat nahm auch eine vom Nationalrat im Vorjahr überwiesene Motion Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU) an, welche den Bundesrat auffordert, das Ratifikationsverfahren zur
Cybercrime-Konvention des Europarates unverzüglich aufzunehmen
[26].
Der Nationalrat stimmte einer Motion Burkhalter (fdp, NE) zu, die vom Bundesrat die Erarbeitung einer nationalen
Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität fordert. Insbesondere sollen Massnahmen gegen Spionage im Internet und gegen Datenmissbrauch entwickelt werden. Im Vorjahr war die Motion bereits im Ständerat angenommen worden. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion empfohlen, dies mit der Begründung, dass die Schweiz bereits über eine Strategie gegen Cyberkriminalität verfüge
[27].
Im Berichtsjahr bot die Firma Google im Internet die neue Dienstleistung
“Street View” an, mit der Bilder von Strassen in allen grösseren Städten der Schweiz angeschaut werden können. Auf den Bildern sind teilweise Gesichter und Autonummern zu erkennen. Der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür reichte deswegen Klage gegen „Google Street View“ ein. Thür will mit der Klage klären, ob es das Recht auf das eigene Bild noch gibt
[28].
Weiterführende Literatur
Dahinden, Urs / Süess, Daniel (Hg.), Medienrealitäten: "Heinz Bonfadelli zum 60. Geburtstag", Konstanz 2009.
Graber, Christoph / Kerekes, Andrea, „Filmförderung und Alkoholwerbung: Geistreiches und Hochprozentiges entstammen meist derselben Flasche“, in Medialex, 2009, S. 207-16.
Sägesser, Thomas, „Die Akkreditierung von Medienschaffenden zur Berichterstattung aus dem Bundeshaus“, in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 2008, S. 177-99.
Studer, Peter, „Wer eine Radio- oder Fernsehkonzession erhält, muss publizistische Leistungsaufträge erfüllen“, in Medialex, 2009, S. 70 ff.
[1] Presse vom 4.3. und 18.9.09;
LT und
NZZ, 4.7.09;
Lib., 19.9.09.
[2]
NZZ, 19.8., 8.9., 2.10. und 18.12.09;
AZ, 8.9.09;
SGT, 2.10.09.
[3]
BaZ, 24.9.09;
NZZ, 30.9. und 15.-16.10.09;
SoZ, 4.10.09;
Bund, 9.10.09;
SZ, 15.10.09.
[4]
AB NR, 2009, S. 1806.
[7] „Cash“:
Bund, 18.3.09. „.ch“:
Bund und
NZZ, 5.5.09. „Blick am Abend“:
NZZ, 19.8. und 5.12.09. „News“:
SZ, 25.8.09;
NZZ, 5.12.09. „Le Matin Bleu“:
Lib., 19.9.09. „20 Minuten“:
BüZ, 14.12.09.
[8]
Bund, 26.3.09; Presse vom 15.5.09;
Bund und
NZZ, 27.5.09.
[9] Übernahme von Vogt-Schild durch AZ Medien: Presse vom 18.3.09. Solothurner Tagblatt:
Bund, 4.9.09.
[11]
Bund und
NZZ, 27.5.09;
NZZ, 25.6., 13.10. und 19.11.09;
Lib., 10.10.09;
TA, 4.11.09;
24h, 5.11.09.
[12]
NZZ und
WoZ, 27.8.09;
SGT, 12.9.09;
NZZ, 18.9.09.
[13]
AB NR, 2009, S. 134 f.;
AB SR, 2009, S. 672 f. Siehe auch
SPJ 2008, S. 260 f.
[14]
AB NR, 2009, S. 883 ff., 1577 ff., 1702 ff. und 1781 f.;
AB SR, 2009,
S. 233 ff., 447 ff., 915 ff., 972 f. und 1001;
TA, 14.1., 19.3. und 1.10.09;
Bund und
SGT, 19.3.09;
NLZ, 20.5.09; Presse vom 28.5.09;
Lit. Graber/Kerekes.
[15] Konvergenzprojekt in der Romandie:
LT, 16.1.09;
24h, 28.1.09;
TG, 16.10. und 18.11.09;
LT und
TG, 24.11.09;
LT, 19.11.09;
Lib., LT und
NZZ, 26.11.09. Konvergenzprojekt in der Deutschschweiz:
NZZ, 7.3., 11.3., 14.3., 20.3., 27.5. und 19.6.09;
TA, 13.3.09;
AZ, SN und
TA, 20.3.09;
NLZ, 17.12.09.
[16] Rücktritt Walter Rüegg:
BZ, 22.5.09;
NZZ, 23.5.09;
BaZ, NZZ und
SGT, 26.5.09. Rücktritt Ingrid Deltenre:
AZ, NZZ und
TA, 6.6.09;
NZZ und
TA, 11.6.09.
[17]
AB NR, S. 1366 f.; Presse vom 18.2.09.
[18] Werbevorschriften: Presse vom 25.8.09. Finanzielle Situation der SRG: Presse vom 24.6. und 28.11.09.
[20]
AB NR, 2009, S. 1870 ff.;
NZZ, 25.11.09. Zur Vorgeschichte der Vorlage siehe
SPJ 2008, S. 260.
[21]
TA, 6.3., 6.11., 28.11. und 16.12.09;
NZZ, 28.5., 19.9. und 28.11.09;
BaZ, 22.8. und 27.8.09.
[22]
SGT, 12.5.09;
BüZ und
NZZ, 15.12.09.
[23]
SGT, 18.7.09;
NZZ, 22.7.09. Siehe
SPJ 2008, S. 262 f.
[24]
AB NR, 2009, S. 1804;
AB SR, 2009, S. 917.
[25]
AB SR, 2009, S. 961 f. Siehe auch
SPJ 2007, S. 287.
[26]
AB SR, 2009, S. 962. Siehe auch
SPJ 2008, S. 263.
[27]
AB NR, 2009, S. 1005.
[28]
BüZ, 3.9.09;
NZZ, 15.10.09;
LT, 16.10.09;
TA, 14.11.09.