In der Frühjahrssession 2014 beriet der Nationalrat die Botschaft zur Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“, die der Ständerat im Vorjahr angenommen hatte. Obwohl der Entscheid schliesslich deutlich zugunsten des vom Bundesrat erarbeiteten und vom Erstrat angenommenen Entwurfs ausfiel, gestaltete sich die Debatte äusserst ausführlich. Die Trennung in ein befürwortendes und ein gegnerisches Lager sowie die Argumentation vollzogen sich dabei entlang ähnlicher Linien wie zuvor bereits im Ständerat. Die vorberatende Kommission beantragte dem Rat, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Ihr Sprecher betonte die Wichtigkeit der freien Kassenwahl für das System, da es die Kassen zwinge, im Wettbewerb zu bestehen und möglichst günstige Prämien anzubieten, ein Anreiz, der bei einer Einheitskasse wegfallen würde. Im Falle einer Monopolstellung müsste mit politisch motivierten Defiziten wie bei der IV und ALV gerechnet werden, die längerfristig mit Leistungskürzungen und Steuergeldern korrigiert werden müssten. Aufgrund des fehlenden Wettbewerbs seien steigende Prämien und Staatsbeiträge zu befürchten, und die Umsetzungskosten bewegten sich laut einer Schätzung um CHF 2 Mrd. Eine Minderheit Fehr Jacqueline (sp, ZH) beantragte im Namen der SP-Fraktion und des Initiativträgervereins, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Das derzeitige Krankenversicherungssystem habe gar nie funktioniert, wovon jährlich steigende Prämien, eine sich verschärfende Risikoselektion und hohe Werbekosten zeugten. Die Mengenausweitung sei eine natürliche Folge des Wettbewerbs. Das System werde immer komplizierter und seine Einheiten arbeiteten primär im eigenen Interesse und zum Nachteil der Patientinnen und Patienten. Mit einer Verbesserung sei ohne Einheitskasse nicht zu rechnen. Die öffentlich-rechtliche Krankenversicherung, aufgezogen anhand des Modells Suva, würde dagegen Kosten einsparen können, indem sie sich nachhaltig um ihre Patientinnen und Patienten kümmere, anstatt darauf hinzuarbeiten, diese loszuwerden. In der weiteren Debatte betonten die bürgerlichen Gegnerinnen und Gegner, das Volk habe die Idee einer Einheitskasse schon mehrfach an der Urne abgelehnt. Eine Einheitskasse bringe keine Kostensenkung, da sie an der Mengenausweitung, welche den zentralen Kostentreiber im System darstelle, nichts verändere. Im Gegenteil würde die Monopolstruktur zu Qualitätseinbussen führen, da diese nicht mehr durch den Wegzug der Versicherten sanktioniert werden könnten. Die in der Initiative vorgesehenen kantonalen Einheitsprämien seien eine Fehlkonstruktion und würden für die ländliche Bevölkerung, welche nachweislich tiefere Kosten verursache, massive Prämiensteigerungen bedeuten. Die Einheitskasse sei auch in der Position, die freie Arztwahl einzuschränken, wie dies bereits bei der Suva oft der Fall sei. Es gelte schliesslich, das bewährte Versicherungssystem – unter anderem mittels noch hängiger Vorstösse – zu optimieren und nicht zugunsten eines Experiments mit ungewissem Ausgang aufs Spiel zu setzen. Die Befürworter hielten dagegen, das System sei unnötig kompliziert: 60 verschiedene Kassen und eine grosse Anzahl verschiedener Versicherungsmodelle seien bei identischen Leistungen und dem Verbot, mit der Grundversicherung einen Gewinn zu erzielen, nicht sinnvoll. Die fehlende Trennung zwischen Grund- und Zusatzversicherung führe zu fortlaufender Verwirrung und erleichtere die Risikoselektion der Kassen. Der Risikoausgleich, der die Selektion einschränken sollte, sei unvollständig, kompliziert und teuer. Die hohen Reserven von rund CHF 6 Mrd. stellten eine Verschwendung von Prämiengeldern dar, die Festsetzung der Prämienhöhe durch die Kassen sei intransparent und oft inadäquat. Die hohen Prämienunterschiede zwischen Versicherten im selben Kanton seien ungerecht und müssten durch kantonale Einheitsprämien im Rahmen der Einheitskasse behoben werden. Auch die alljährlichen Kassenwechsel mit ihren hohen Kosten würden durch das Einheitssystem wegfallen. Die Aufsicht über das derzeitige System sei komplex und ungenügend, werde aber aufgrund der im Parlament gut vertretenen Interessen der Versicherer nicht verbessert. Nur durch eine staatliche Einheitskasse, welche einen Service Public für ihre Versicherten darstelle, liesse sich diese lange Liste von Problemen beheben, so die Initiativbefürworter aus dem links-grünen Lager. Am Ende der Debatte sprachen sich 124 Ratsmitglieder für den Antrag der Mehrheit aus, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, 61 stimmten für die Empfehlung auf Annahme der Initiative, bei einer Enthaltung. Die fünf gleichlautenden Motionen, welche eine rasche Abstimmung über die Volkinitiative ohne einen Gegenvorschlag gefordert hatten, wurden damit abgeschrieben. In der Schlussabstimmung am Ende der Frühlingssession nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss mit 132 zu 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen an, in der kleinen Kammer sprachen sich 27 Ständerätinnen und Ständeräte für den Beschluss und damit gegen die Initiative aus, 12 stellten sich gegen den Beschluss (3 Enthaltungen).