Parlamentarischen Initiative "Eine einzige Krankenkasse für alle" (Pa.Iv. 98.442)

Dossier: Visana-Debakel 1998

Die Turbulenzen um die Visana veranlassten CNG-Präsident Fasel (csp, FR), einen bereits mehrfach in die Diskussion gebrachten Vorschlag wieder aufleben zu lassen und mit einer parlamentarischen Initiative die Einführung einer Einheitskasse für die Grundversicherung zu verlangen. Die Gewerkschaft hatte bereits vor zwei Jahren eine Volksinitiative für eine einzige ”Gesundheitskasse” erwogen, sie aber dann zugunsten der mit dem SGB vereinbarten Initiative für eine obligatorische Taggeldversicherung zurückgestellt. Falls Fasel mit seinem Vorstoss im Parlament keinen Erfolg hat, will der CNG das Projekt mit einem Volksbegehren lancieren.

Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Fasel (csp, FR), das KVG sei so zu ändern, dass die Durchführung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung einem einzigen gesamtschweizerischen Versicherer mit streng definiertem Leistungsauftrag übergeben wird. Als Hauptargument für seinen Vorstoss führte Fasel den fehlenden Wettbewerb unter den Anbietern der Grundversicherung ins Feld; zudem hätte eine Einheitskasse eine stärkere Position in den Tarifverhandlungen mit den Leistungserbringern. Der Rat lehnte die Initiative mit 91 zu 64 Stimmen ab. Die Mehrheit begründete dies damit, dass dieser Vorschlag den regionalen Unterschieden bei den Gesundheitskosten nur schwierig Rechnung tragen könnte; zudem würde der mangelnde Konkurrenzdruck unter den Kassen letztlich zu einer Verstaatlichung der medizinischen Versorgung führen. Eine SP-Minderheit argumentierte vergebens, eine Einheitskasse würde mehr Transparenz für die Versicherten bringen und das Problem des Risikoausgleichs gänzlich lösen. Mit einem Postulat (99.3009) seiner SGK bat der Nationalrat die Landesregierung aber dennoch, einen vergleichenden Bericht über die Durchführung der Krankenversicherung durch einen oder mehrere Versicherungsträger in der EU sowie in Kanada und Neuseeland vorzulegen.

Kantonale Volksinitiative der Lega für eine öffentliche Krankenkasse

Standesinitiativen zur Schaffung einer Einheitskasse (Kt.Iv. 02.305, Kt.Iv. 03.303)

Sowohl der Ständerat wie der Nationalrat sprachen sich in der Frühjahrssession klar gegen die Schaffung einer Einheitskasse aus. Sehr deutlich, mit 31 zu 5 Stimmen, lehnte der Ständerat eine Standesinitiative des Kantons Jura ab (Kt.Iv 02.305), die eine zentrale Landeskasse und einkommensabhängige Prämien verlangte. Die Gegner machten geltend, eine Studie des BSV sei zum Schluss gekommen, dass eine Einheitskasse kaum eine positive Wirkung auf die Eindämmung der Kosten hätte. Die Erfahrungen des Auslandes hätten gezeigt, dass Monopolsituationen im Krankenversicherungsbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schlechterer Servicequalität und beeinträchtigter Produktevielfalt führe. Gesamtschweizerisch einheitliche Prämien würden zudem die Kantone östlich von Bern wesentlich stärker belasten als bisher. Mit den gleichen Argumenten und mit 106 zu 63 Stimmen wurde vom Nationalrat auch eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) verworfen, die für die obligatorische Grundversicherung eine nationale Einheitskrankenkasse mit Bundesgarantie wollte. In der Wintersession lehnte der Ständerat – allerdings im klar weniger deutlichen Verhältnis von 18 zu 11 Stimmen – eine weitere Standesinitiative des Kantons Tessin ab (Kt.Iv 03.303), welche eine Einheitskasse auf Bundesebene, mehr Transparenz in der Rechnungslegung der Versicherer und den Einbezug der Krankenkassenprämien in den Landesindex der Konsumentenpreise anstrebte.

Gleich wie der Ständerat im Vorjahr verwarf auch der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Jura (02.305) für eine zentrale Landeskasse mit einkommensabhängigen Prämien. Ebenso keine Folge gab er einer Standesinitiativen des Kantons Wallis (02.307), welche die Übernahme der Kosten von angeborenen Krankheiten durch die IV verlangte. Zudem hielt er an seiner Ablehnung einer weiteren Standesinitiative des Kantons Jura (01.305) für eine Neuordnung des Risikoausgleichs fest, welche der Ständerat zweimal unterstützt hatte.

Gleich wie der Ständerat 2003, lehnte auch der Nationalrat mit 94 zu 61 Stimmen eine Standesinitiative des Kantons Tessin ab, die eine Einheitskasse auf Bundesebene, mehr Transparenz in der Rechnungslegung der Versicherer und den Einbezug der Prämien in den Landesindex der Konsumentenpreise verlangte.

Volksinitiative „für eine soziale Einheitskrankenkasse“ (BRG 05.089)

Nur eine gute Woche nach dem Scheitern der SP-Gesundheitsinitiative lancierte die Westschweizer Organisation „Mouvement populaire des familles“ die Volksinitiative „für eine soziale Einheitskrankenkasse“. Sie strebt eine nichtstaatliche Einheitskasse mit einkommensabhängigen Prämien (ohne Einbezug der Mehrwertsteuer zu deren Finanzierung) und die völlige Transparenz bezüglich der Verwendung der Gelder der Grundversicherung und der Reserven an. Hinter dem Begehren standen von Anbeginn die Grüne Partei der Schweiz, die SP-Sektionen Waadt, Genf und Unterwallis, die Jungsozialisten (Juso), die PdA sowie die Gewerkschaft Comedia. Nationalrat Cavalli (sp, TI) kündigte bereits am Abstimmungssonntag an, seine Partei werde diese Initiative unterstützen. Von der SP-Geschäftsleitung wurde er allerdings umgehend desavouiert. Parteipräsidentin Brunner (GE) sprach sich deutlich für eine Denkpause aus. Damit setzte sie sich Ende Juni an der Delegiertenversammlung ihrer Partei auch durch; die SP befürchtete offenbar, dass die Unterstützung einer Einheitskasse als erster Schritt zur Einführung von gesamtschweizerischen Einheitsprämien verstanden würde, in der Deutschschweiz mit ihrem tieferen Prämienniveau wohl kein populäres Thema so kurz vor den nationalen Wahlen. Mitte November sprach sich die SP-Geschäftsleitung dann doch für eine politische Unterstützung der Volksinitiative aus; die Delegiertenversammlung stellte sich daraufhin ebenfalls hinter dieses Vorhaben.

Kurz vor Jahresende wurde die Volksinitiative „für eine soziale Einheitskrankenkasse“ mit etwas über 110'000 Unterschriften der Bundeskanzlei übergeben. Sie war von einem insbesondere in der Westschweiz aktiven Bündnis der Linken lanciert worden und hatte unter anderem auch die Unterstützung der SP Schweiz gefunden. Sie verlangt für die Grundversicherung eine zentrale, nichtstaatliche Kasse mit einkommensabhängigen Prämien (ohne Einbezug der Mehrwertsteuer zu ihrer Finanzierung). Die Unterschriften stammten mehrheitlich aus der Westschweiz und dem Tessin.

Die Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ in der Grundversicherung, die durch die in der Westschweiz aktive Bewegung „Mouvement Populaire des Familles“ mit Unterstützung durch links-grüne Kreise aus weiteren Teilen der Schweiz 2004 eingereicht worden war, empfahl der Bundesrat Ende Jahr ebenfalls zur Ablehnung. Er befand, ein fundamentaler Kurswechsel in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, wie ihn die Initianten verlangten, dränge sich nicht auf. Im Gegenteil weise ein System mit einer Mehrzahl von Anbietern in der sozialen Krankenversicherung klare Vorzüge gegenüber einer Monopolstellung einer einzigen Krankenkasse auf.

Ende 2005 hatte der Bundesrat dem Parlament die Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ zur Ablehnung empfohlen mit dem Argument, ein fundamentaler Kurswechsel dränge sich nicht auf; ein System mit einer Mehrzahl von Anbietern weise klare Vorteile gegenüber einer Monopolstellung einer einzigen Krankenkasse auf. Nach Ansicht des Bundesrates ist auch eine Umstellung des Finanzierungssystems der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach den Vorstellungen der Initiative nicht zweckdienlich. Die Einführung von Prämien nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten und damit die Abschaffung der einkommens- und vermögensunabhängigen Kopfprämie käme der Schaffung einer neuen Einkommens- und Vermögenssteuer gleich. Einer in diesem Punkt vergleichbaren Vorlage, der Volksinitiative „Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)“, habe das Schweizer Stimmvolk im Mai 2003 eine deutliche Absage erteilt.

Im Nationalrat bezeichnete Kommissionssprecher Bortoluzzi (svp, ZH) die Initiative als falschen Weg, um die Mängel im Gesundheitswesen zu beheben. Die Position der Versicherten würde mit einer Einheitskasse nicht gestärkt. Vielmehr verunmögliche diese die nötige verstärkte wettbewerbliche Ausrichtung des Gesundheitssystems. Als Sprecherin der Kommissionsminderheit warb Goll (sp, ZH) für die Initiative. Die zehnjährige Erfahrung mit dem KVG habe gezeigt, dass der viel gepriesene Wettbewerb unter den Krankenkassen versagt habe. Die Kassen seien zu den grössten Kostentreibern geworden, da sie bei der Jagd nach guten Risiken Millionenbeträge für Werbekosten aufwenden würden. Die Umsetzung der Initiative sei einfach. Im Sozialversicherungsbereich gebe es analoge Modelle, die gut funktionieren, so etwa die AHV, die ALV oder die Unfallversicherung mit dem Quasimonopol der Suva. Ruey (lp, VD) zeigte sich im Namen der FDP-Fraktion überzeugt, dass die Einheitskasse kein einziges Problem im Gesundheitswesen löse; vielmehr verschlechtere ein solches Monopol das System, schränke die Freiheit der Versicherten ein und erhöhe die Ausgaben. Humbel Näf (cvp, AG) vertrat als Sprecherin der CVP-Fraktion die Auffassung, dass mit dem vorgeschlagenen Prämiensystem die niedrigen Einkommen sowie der Mittelstand stärker belastet würden. Zudem sei eine Einheitskasse kostentreibend und führe in die Staatsmedizin. Gegenteiliger Meinung war Fehr (sp, ZH), die im Namen der SP die Initiative unterstützte. Vor allem die mittleren Einkommen und die Familien würden von der Einheitskasse profitieren. In der ausgedehnten Debatte lehnten die bürgerlichen Fraktionen die Initiative ab. Von dieser Seite wurde auch befürchtet, dass ein Systemwechsel zu einer verstärkten Rationierung führe. Wenn der Staat sparen müsse, werde er direkt Einfluss auf die Leistungen einer Einheitskasse nehmen. Unterstützt wurde die Initiative von den geschlossenen Fraktionen der Grünen und der SP. Der Rat entschied sich schliesslich mit 109 zu 61 Stimmen gegen das Begehren.

Im Ständerat verliefen die Fronten gleich wie im Nationalrat. Die Sprecherin der vorberatenden Kommission empfahl die Ablehnung der Initiative, weil sie die falsche Antwort auf ein teilweise berechtigtes Unbehagen sei. Für Schwaller (cvp, FR) ist sie kein taugliches Mittel, um die steigenden Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, und Heberlein (fdp, ZH) zeigte sich überzeugt, dass das Volksbegehren direkt zu einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens führe. Unterstützung fand die Initiative einzig bei der SP. Ory (sp, NE) argumentierte, dass mit einer Einheitskasse endlich die sinnlose Pseudokonkurrenz der rund 90 in der Grundversicherung tätigen Krankenkassen beendet werde. Im Weiteren schaffe die Initiative mehr Transparenz und senke die Verwaltungskosten. Die Abschaffung der teilweise nicht mehr tragbaren unsozialen Kopfprämien bringe mehr Gerechtigkeit und eine finanzielle Entlastung insbesondere für Familien und ältere Menschen. Mit 31 zu 7 Stimmen beschloss der Ständerat, Volk und Ständen die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen.

Am 11. März stimmte das Volk über die sowohl vom Bundesrat als auch vom Parlament zur Ablehnung empfohlene Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ ab. Diese war von einer in der Westschweiz aktiven Bewegung „Mouvement Populaire des Familles (MPF)“ mit Unterstützung links-grüner Kreise aus weiteren Teilen der Schweiz lanciert und 2004 eingereicht worden. Sie verlangte eine einzige Krankenkasse in der obligatorischen Grundversicherung unter Federführung des Bundes und die Erhebung der Prämien nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten, also die Abkehr vom heute geltenden System der so genannten Kopfprämien.

Der Abstimmungskampf artete weitgehend in eine Spiegelfechterei über Zahlen aus. Das linke Lager (SP, GP, CSP, PdA und der SGB) vertrat die Auffassung, eine Einheitskasse würde den kostenintensiven Wettbewerb der Versicherungen in ihrer Jagd nach den so genannten guten Risiken (junge, männliche Versicherte, die kaum Leistungen in Anspruch nehmen) unterbinden und den unteren Mittelstand und die Familien merklich entlasten. Das bürgerliche Lager warnte vor zunehmender Bürokratie und dem Weg in eine Staatsmedizin. Da der Initiativtext nicht klar mache, ob nicht auch Staatsgelder in die Finanzierung des neuen Systems fliessen müssten, würden zudem ihrer Ansicht nach die unteren Einkommen über notwendig werdende Steuererhöhungen unter dem Strich eher stärker belastet, da das heute wirksame Instrument der Prämienverbilligung für tiefe Einkommen und Familien hinfällig würde.

Besonders sauer stiess den Befürwortern die Rolle von Santésuisse auf, dem Dachverband der Krankenversicherer. Bereits in der Ständeratsdebatte hatte Fetz (sp, BS) einen aus Prämiengeldern gespiesenen und mit CHF 7 Mio. dotierten Politfonds von Santésuisse kritisiert. Brändli (svp, GR), Präsident von Santésuisse, hatte zugeben müssen, dass ein Teil der Fondsgelder tatsächlich in diese Abstimmungskampagne fliesse.

In der Volksabstimmung vom 11. März lehnten Volk und Stände die Initiative mit 71,2% Nein-Stimmen sehr deutlich ab. Obwohl es sich um das einzige nationale Abstimmungsthema gehandelt hatte, war die Beteiligung mit 46% recht hoch. Mit Ausnahme von Neuenburg (51,3%) und Jura (57,7%) verwarfen alle Kantone, am klarsten die ländlichen Gegenden der Zentral- und Ostschweiz. Aber auch im Aargau, in Zürich und St. Gallen erreichten die Initianten kaum 20% Zustimmung. Da die Initiative in den grossen französischsprachigen Kantonen Genf und Waadt ebenfalls abgelehnt wurde, konnte auch nicht von einem Graben zwischen den Sprachregionen die Rede sein. Die Vox-Analyse zeigte, dass die Idee einer Einheitskrankenkasse nicht einmal bei den Sympathisanten der SP ungeteilte Unterstützung fand: Sie sprachen sich nur im Verhältnis zwei zu eins für die Initiative aus. Anhänger der drei bürgerlichen Regierungsparteien lehnten sie mit 85-90%-Mehrheiten ab.


Abstimmung vom 11. März 2007

Beteiligung: 46,0%
Ja: 641 917 (28,8%)
Nein: 1 590 213 (71,2%)

Parolen:
– Ja: SP, GP, CSP, PdA; SGB.
– Nein: CVP, FDP, SVP, LP, EVP, EDU, FPS, SD, Lega; Economiesuisse, SGV, SBV.
– Stimmfreigabe: Travail.Suisse.

Parlamentarische Initiative für Entscheidungsfreiheit für die Kantone (Pa. Iv. 09.457)

Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) mit 105 zu 45 Stimmen ab. Die Initiative forderte, dass das Bundesgesetz über die Krankenversicherung dahingehend geändert werde, dass den Kantonen die Möglichkeit gegeben wird, eine kantonale Einheitskasse für die Grundversicherung zu schaffen. Die Kommission des Nationalrates hatte die parlamentarische Initiative mit 15 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen, weil diese eine Kantonalisierung des Gesundheitswesens verstärken würde, Einheitskassen nicht als Rezept gegen die steigenden Gesundheitskosten angesehen werden und es den Kantonen bereits heute freigestellt sei, öffentliche Krankenkassen zu gründen.

Parlamentarische Initiative zur Schaffung einer nationalen öffentlichen Krankenkasse (Pa. Iv. 09.504)

Keinen Erfolg hatte eine parlamentarische Initiative der SP, welche die Schaffung einer einzigen nationalen öffentlichen Krankenkasse forderte, die vom Bund mit der Umsetzung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung beauftragt würde. Die Kommission des Nationalrates hatte die Initiative mit 16 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung zur Ablehnung empfohlen. Dies insbesondere mit der Begründung, dass die schon mehrfach diskutierte Idee einer nationalen Einheitskasse nicht als Lösung für die Probleme im Gesundheitswesen angesehen werden könne. Eine links-grüne Minderheit hingegen befürwortete die Initiative, da sich der Wettbewerb unter den Krankenversicherern nicht bewährt habe. Der Nationalrat folgte allerdings der Mehrheit seiner Kommission und lehnte die parlamentarische Initiative mit 104 zu 53 Stimmen ab.

Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ (BRG 13.079)

La chancellerie fédérale a validé en examen préliminaire l’initiative populaire « Pour une caisse publique d’assurance-maladie » visant à instaurer une institution nationale unique représentant la Confédération, les cantons, les assurés et les fournisseurs de prestations et à créer des agences cantonales ou intercantonales chargées de fixer et d’encaisser les primes calculées par canton en fonction des coûts réels de l’assurance-maladie ainsi que de payer les prestations. Elle a été lancée par une coalition des partis de gauche et d’associations de consommateurs. Le délai de récolte des signatures est le 1er août 2012. Les initiants attaquent une concurrence considérée comme illusoire que se livrent les caisses-maladie privées dans l’assurance de base, critiquent l’opacité du système notamment dans le calcul des primes et jugent les frais administratifs et de promotion coûteux et inutiles. Le comité d’initiative considère que l’initiative permet une économie de 200 à 400 millions de francs et surtout qu’elle instaure un système vertueux orienté vers la prévention. Le PLR et Santésuisse s’y sont déjà montrés hostiles.

Die im Vorjahr lancierte Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ ist im Frühling des Berichtsjahrs zustande gekommen und provozierte ein breites Medienecho. Unter anderem wurde der Vorwurf laut, die frühe Einreichung der Unterschriften sei ein Mittel im Abstimmungskampf gegen die Managed-Care-Vorlage, der die Mehrheit des Initiativkomitees kritisch gegenüberstand. Auf die politische Agenda gelangte das Thema auch nach der Ablehnung von Managed Care am 17. Juni, als eine Debatte zu möglichen Alternativen in Gang kam. Alain Berset, der sich bei der Frage nach einer Einheitskrankenkasse in seiner Rolle als Gesundheitsminister gegen die eigene Partei stellen musste, regte einen indirekten Gegenvorschlag an und schlug einen verbesserten Risikoausgleich, eine stärkere Trennung von Grund- und Zusatzversicherung sowie die Einrichtung eines Ausgleichsfonds für chronisch Kranke und andere besonders kostenintensive Patienten vor. Letzteres war bereits im Vorjahr aufgrund zweier Postulate im Nationalrat diskutiert worden. Insgesamt sollte aus den drei Vorschlägen eine Reduktion der Prämienunterschiede resultieren. Die bürgerlichen Parteien sprachen sich bereits gegen Initiative und Gegenvorschlag aus, dem Initiativkomitee und der SP erschien der Gegenvorschlag als zu wenig stichhaltig. Die Krankenkassenverbände zeigten sich gegenüber einem verfeinerten Risikoausgleich offen, äusserten sich aber kritisch gegenüber den beiden anderen Punkten. Der Gegenvorschlag wird voraussichtlich 2013 in die Vernehmlassung gehen. In der Wintersession reichte ein in beiden Räten breit abgestütztes bürgerliches Komitee eine Motion Schwaller (cvp, FR) ein, welche eine rasche Volksabstimmung über die Initiative ohne Gegenvorschlag fordert. Die Motion wurde im Berichtsjahr von den Räten noch nicht behandelt.

Die im Vorjahr eingereichte Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ erregte im Berichtsjahr grosse Aufmerksamkeit auf dem politischen und medialen Parkett. Im Dezember 2012 hatten im Nationalrat alle vier bürgerlichen Fraktionen, sowie im Ständerat Urs Schwaller (cvp, FR) insgesamt fünf gleichlautende Motionen eingereicht, welche eine rasche Volksabstimmung über die Initiative ohne Gegenvorschlag verlangen. Zusammengezählt hatte über die Hälfte der Parlamentsmitglieder mindestens eine dieser Motionen unterschrieben. Trotzdem beschloss der Gesamtbundesrat im Februar des Berichtsjahres, einen Entwurf für einen indirekten Gegenvorschlag zur Einheitskassen-Initiative in die Vernehmlassung zu schicken. Dieser konzentriert sich auf die bereits zuvor angekündigten Elemente: Einen verfeinerten Risikoausgleich mit zusätzlichen Kriterien, eine Trennung von Grund- und Zusatzversicherung zur Verhinderung von Geld- und Informationsflüssen zwischen den beiden Bereichen innerhalb eines Versicherungsunternehmens und – zentral – die Einrichtung eines von allen Versicherern proportional zur Anzahl Versicherter gespiesenen Hochrisikopools für besonders teure Behandlungen. Als speziell umstritten stellte sich der letzte Punkt heraus. Bürgerliche Kreise, Krankenversicherer und Wirtschaftsverbände warfen dem Gesundheitsminister vor, mittels einer umfassenden Rückversicherung die „Einheitskasse light“ einführen zu wollen. Zudem wurde das Vorgehen Bersets und des bürgerlich dominierten Gesamtbundesrats, einen im Parlament offensichtlich chancenlosen Gegenvorschlag in die Vernehmlassung zu schicken, kritisiert. In der Frühjahrssession, als sich der Gesetzesentwurf also noch in der Vernehmlassung befand, behandelten die jeweiligen Ersträte die Motionen. Die Befürworter der Motionen argumentierten dabei primär inhaltlich. Die Initiative führe nicht zu einer Kostendämpfung, im Gegenteil entfalle mit der Konkurrenz unter den Kassen auch der Sparanreiz und der Anreiz für die Versicherten, mit den Leistungserbringern für die Patienten vorteilhafte Tarife auszuhandeln. Grundsätzlich sei ein derartig tiefer Eingriff in das liberal funktionierende Modell abzulehnen, weshalb auch ein Gegenvorschlag hinfällig sei. Die Initiative blockiere zudem den Weg für sinnvolle Reformen des Systems, weshalb sie mittels rascher Volksabstimmung möglichst schnell ad acta gelegt werden solle. Die Vorstossgegner indes, SP, Grüne und Grünliberale sowie Gesundheitsminister Berset, führten staatsrechtliche Vorbehalte gegen das Vorgehen der Motionäre an. In beiden Räten wurden die Motionen deutlich angenommen. Kurz nach Abschluss der Vernehmlassung bestätigten beide Kammern in der Sommersession ihre bereits geäusserte Haltung und überwiesen alle fünf Motionen. Auch in der Vernehmlassung stiess der indirekte Gegenvorschlag – trotz Zustimmung zu einzelnen Elementen – als Ganzes mehrheitlich auf Ablehnung. Insbesondere wurde die Einrichtung eines Hochrisikopools stark kritisiert.

Der Bundesrat beschloss aufgrund der Ablehnung eines indirekten Gegenvorschlags durch das Parlament und der negativen Reaktionen in der Vernehmlassung, die Botschaft zur Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ bereits in der Herbst- und nicht wie geplant erst in der Wintersession vorzulegen. Damit würde eine Abstimmung noch im Jahre 2014 und nicht erst, wie von bürgerlichen Parteien befürchtet, im Wahljahr 2015 möglich. Die Regierung beantragte den Räten lediglich, die Initiative dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen und damit verbundene parlamentarische Vorstösse abzuschreiben. Als Erstrat behandelte der Ständerat die Botschaft in der Wintersession. Nachdem der Nationalrat wenige Tage zuvor den Gesetzesentwurf zur Aufsicht über die soziale Krankenversicherung an den Bundesrat zurückgewiesen hatte, kam es trotz der klaren Mehrheitsverhältnisse zu einer längeren Debatte, in der mehrere Volksvertreter aus Mitteparteien angaben, Sympathien für die Einheitskasse zu hegen. Die bürgerliche Mehrheit der Kommission für Gesundheit und Soziales des Ständerates (SGK-S) beantragte jedoch, die Initiative abzulehnen. Die Möglichkeiten für Kosteneinsparungen bei einer Einheitskasse seien gering, da bereits beim aktuellen System die Verwaltungskosten weniger als 5% der totalen Kosten ausmachten. Wegfallen würden allein die Marketing- und ein Teil der Wechselkosten. Diese Einsparungen stünden aber in keinem Verhältnis zu den hohen Kosten der Einrichtung einer Einheitskasse. Zudem würde im neuen System höchstwahrscheinlich der Leistungsbezug ausgeweitet, was zu höheren Prämien für die Versicherten und höheren Ausgaben der öffentlichen Hand zur Gewährleistung der Prämienverbilligung führe. Hauptargument gegen die Einheitskasse sei aber der Verlust des Wahlrechts der Versicherten im Falle von Unzufriedenheit. Die Monopolsituation und mögliche Interessenskonflikte der Führungspersonen der Einheitskasse, unter denen auch Vertreter der Kantone und der Leistungserbringer wären, würden zu Ineffizienzen bei der Behandlung und zu hohen Tarifen führen. Die kantonal einheitliche Prämie sei angesichts grosser Unterschiede zwischen Stadt und Land nicht angemessen. Nicht zuletzt würden Doppelspurigkeiten zwischen der für die Grundversicherung zuständigen Einheitskasse und den weiterhin bestehenden privaten Anbietern von Zusatzversicherungen zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand bei Kassen und Leistungserbringern führen. Weitere Gegner aus dem bürgerlichen Lager ergänzten, der angestrebte Systemwechsel sei ein grosses Risiko, das es nicht einzugehen gelte, und der internationale Vergleich zeige, dass ein staatliches Monopol zu einer schlechteren Versorgungsqualität führe. Eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG) beantragte, die Initiative anzunehmen. Da die Leistungen der obligatorischen Grundversicherung im Gesetz abschliessend geregelt und das Erwirtschaften eines Gewinns nicht erlaubt sind, sei ein Wettbewerb unter den derzeit 61 Kassen in Bezug auf die Leistungen auch heute gar nicht möglich. Die einzige Konkurrenzmöglichkeit bestehe für die Versicherer daher darin, sich gegenseitig die guten Risiken abzujagen. Dies sei ein Nullsummenspiel, verursache jedoch hohe Marketing- und Wechselkosten von CHF 300 bis 500 Mio. jährlich. Die Marketingaktivitäten in Form von Telefonanrufen seien nicht zuletzt ein Ärgernis für die Versicherten. Eine Einheitskasse sei effizienter, günstiger und transparenter. Sie würde sich zudem nachhaltiger und sorgfältiger um die Behandlung der Versicherten kümmern, da sie wisse, bis an deren Lebensende für sie verantwortlich zu sein. Bis heute würde eine wirksame Aufsicht über die soziale Krankenversicherung fehlen, was durch die ebenfalls störende intensive Lobbyarbeit der Versicherungsunternehmen weiter verhindert werde. Schliesslich folgte der Rat dem Antrag der Kommissionsmehrheit und lehnte die Initiative mit 28 zu 13 Stimmen ab, wobei sich die drei Mittepolitiker, welche sich in der Beratung positiv zur Einheitskasse geäussert hatten, ihrer Stimme enthielten. Die Beratung im Nationalrat wird 2014 stattfinden.

In der Frühjahrssession 2014 beriet der Nationalrat die Botschaft zur Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“, die der Ständerat im Vorjahr angenommen hatte. Obwohl der Entscheid schliesslich deutlich zugunsten des vom Bundesrat erarbeiteten und vom Erstrat angenommenen Entwurfs ausfiel, gestaltete sich die Debatte äusserst ausführlich. Die Trennung in ein befürwortendes und ein gegnerisches Lager sowie die Argumentation vollzogen sich dabei entlang ähnlicher Linien wie zuvor bereits im Ständerat. Die vorberatende Kommission beantragte dem Rat, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Ihr Sprecher betonte die Wichtigkeit der freien Kassenwahl für das System, da es die Kassen zwinge, im Wettbewerb zu bestehen und möglichst günstige Prämien anzubieten, ein Anreiz, der bei einer Einheitskasse wegfallen würde. Im Falle einer Monopolstellung müsste mit politisch motivierten Defiziten wie bei der IV und ALV gerechnet werden, die längerfristig mit Leistungskürzungen und Steuergeldern korrigiert werden müssten. Aufgrund des fehlenden Wettbewerbs seien steigende Prämien und Staatsbeiträge zu befürchten, und die Umsetzungskosten bewegten sich laut einer Schätzung um CHF 2 Mrd. Eine Minderheit Fehr Jacqueline (sp, ZH) beantragte im Namen der SP-Fraktion und des Initiativträgervereins, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Das derzeitige Krankenversicherungssystem habe gar nie funktioniert, wovon jährlich steigende Prämien, eine sich verschärfende Risikoselektion und hohe Werbekosten zeugten. Die Mengenausweitung sei eine natürliche Folge des Wettbewerbs. Das System werde immer komplizierter und seine Einheiten arbeiteten primär im eigenen Interesse und zum Nachteil der Patientinnen und Patienten. Mit einer Verbesserung sei ohne Einheitskasse nicht zu rechnen. Die öffentlich-rechtliche Krankenversicherung, aufgezogen anhand des Modells Suva, würde dagegen Kosten einsparen können, indem sie sich nachhaltig um ihre Patientinnen und Patienten kümmere, anstatt darauf hinzuarbeiten, diese loszuwerden. In der weiteren Debatte betonten die bürgerlichen Gegnerinnen und Gegner, das Volk habe die Idee einer Einheitskasse schon mehrfach an der Urne abgelehnt. Eine Einheitskasse bringe keine Kostensenkung, da sie an der Mengenausweitung, welche den zentralen Kostentreiber im System darstelle, nichts verändere. Im Gegenteil würde die Monopolstruktur zu Qualitätseinbussen führen, da diese nicht mehr durch den Wegzug der Versicherten sanktioniert werden könnten. Die in der Initiative vorgesehenen kantonalen Einheitsprämien seien eine Fehlkonstruktion und würden für die ländliche Bevölkerung, welche nachweislich tiefere Kosten verursache, massive Prämiensteigerungen bedeuten. Die Einheitskasse sei auch in der Position, die freie Arztwahl einzuschränken, wie dies bereits bei der Suva oft der Fall sei. Es gelte schliesslich, das bewährte Versicherungssystem – unter anderem mittels noch hängiger Vorstösse – zu optimieren und nicht zugunsten eines Experiments mit ungewissem Ausgang aufs Spiel zu setzen. Die Befürworter hielten dagegen, das System sei unnötig kompliziert: 60 verschiedene Kassen und eine grosse Anzahl verschiedener Versicherungsmodelle seien bei identischen Leistungen und dem Verbot, mit der Grundversicherung einen Gewinn zu erzielen, nicht sinnvoll. Die fehlende Trennung zwischen Grund- und Zusatzversicherung führe zu fortlaufender Verwirrung und erleichtere die Risikoselektion der Kassen. Der Risikoausgleich, der die Selektion einschränken sollte, sei unvollständig, kompliziert und teuer. Die hohen Reserven von rund CHF 6 Mrd. stellten eine Verschwendung von Prämiengeldern dar, die Festsetzung der Prämienhöhe durch die Kassen sei intransparent und oft inadäquat. Die hohen Prämienunterschiede zwischen Versicherten im selben Kanton seien ungerecht und müssten durch kantonale Einheitsprämien im Rahmen der Einheitskasse behoben werden. Auch die alljährlichen Kassenwechsel mit ihren hohen Kosten würden durch das Einheitssystem wegfallen. Die Aufsicht über das derzeitige System sei komplex und ungenügend, werde aber aufgrund der im Parlament gut vertretenen Interessen der Versicherer nicht verbessert. Nur durch eine staatliche Einheitskasse, welche einen Service Public für ihre Versicherten darstelle, liesse sich diese lange Liste von Problemen beheben, so die Initiativbefürworter aus dem links-grünen Lager. Am Ende der Debatte sprachen sich 124 Ratsmitglieder für den Antrag der Mehrheit aus, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, 61 stimmten für die Empfehlung auf Annahme der Initiative, bei einer Enthaltung. Die fünf gleichlautenden Motionen, welche eine rasche Abstimmung über die Volkinitiative ohne einen Gegenvorschlag gefordert hatten, wurden damit abgeschrieben. In der Schlussabstimmung am Ende der Frühlingssession nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss mit 132 zu 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen an, in der kleinen Kammer sprachen sich 27 Ständerätinnen und Ständeräte für den Beschluss und damit gegen die Initiative aus, 12 stellten sich gegen den Beschluss (3 Enthaltungen).

Die politischen Kampagnen zur Abstimmung über die Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“ vom 28. September 2014 begannen schon bald nach der parlamentarischen Beratung in der Frühjahrsession und zogen sich mit grosser Intensität bis zum Abstimmungstermin hin. Die Argumentationslinien verliefen entlang denen in den Räten, wobei sich medial die häufige Beschäftigung der Bevölkerung mit dem Thema in ihrem Alltagsleben und gleichzeitig ein grosser Bedarf nach Faktenwissen abzeichneten. Zahllose Politikerinnen, Gesundheitsexperten, Kadermitglieder der Kassen und Journalistinnen äusserten sich in Interviews, Podien und Kolumnen. Auffallend stark mobilisierte das Thema in der Romandie, die sich bei Volksinitiativen mit ähnlichen Forderungen in der Vergangenheit bereits offener für einen Systemwechsel gezeigt hatte als die Deutschschweiz. Verschiedene Details gaben Anlass zu Diskussionen. So ortete zu Beginn der Kampagne das Gutachten eines St. Galler Rechtsprofessors, in Auftrag gegeben von der Initiativgegnerschaft, einen Fehler im Initiativtext: Da der Text kantonal einheitliche Prämien verlange, wären in Zukunft keine Rabatte für junge Erwachsene und insbesondere keine Kinderprämien mehr möglich. Auch Rabatte bei Hausarzt- oder Telemedizin-Modellen und bei hohen Franchisen wären laut dem Gutachten nicht mehr erlaubt. Die Initianten widersprachen: Es sei zu einer Unklarheit aufgrund ungenauer Übersetzung des ursprünglich in französischer Sprache eingereichten Initiativtexts durch die Bundeskanzlei gekommen. Bei genauer Übersetzung müsse es heissen: „Für jeden Kanton wird eine Prämie festgelegt“, während in der geltenden Übersetzung von einer „einheitlichen" Prämie die Rede ist. Auch die Höhe der durch die öffentliche Kasse realisierbaren Einsparungen sorgte für Diskussionsstoff. Während die Befürworter von einer Milliarde – mittel- bis langfristig gar von drei Milliarden – sprachen, hielten die Gegner dagegen, man könne höchstens von CHF 350 Mio. an Einsparungen im administrativen Bereich ausgehen, viel wahrscheinlicher jedoch von nur CHF 100 Mio. Bereits im Frühling 2013 hatte sich das Gegner-Komitee „Alliance Santé“ konstituiert, dem rund 100 Parlamentsmitglieder, Vertreter der Leistungserbringer, die beiden grossen Krankenversichererverbände Santésuisse und Curafutura, Patienten- und Konsumentenschutzverbände, der Versicherungs-, der Gewerbe- und der Bauernverband sowie der Pharmaverband Interpharma angehörten. Zwischen Juni und August 2014 formten sich zudem diverse kantonale Komitees. Die Ärzteschaft, der in Abstimmungen zum Gesundheitswesen ein grosser Einfluss zugeschrieben wird, bildete einen Spezialfall: Einige Verbände, unter ihnen der Verband der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte, schlossen sich dem Ja-Komitee an, da sie sich von der Einheitskasse eine Minderung des eigenen administrativen Aufwands, mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten und eine bessere Koordination der Behandlungen erhofften. Andere, darunter der Spitalverband H+, befürchteten ein Staatsmonopol in der Medizin mit allfälliger Leistungsrationierung und schlossen sich dem Nein-Lager an. Der Dachverband FMH beschloss aufgrund der internen Divergenzen schliesslich Stimmfreigabe. Seitens der Parteien beschlossen nebst der SP die Grünen, die EVP und die CSP die Ja-Parole, alle anderen grossen Parteien sprachen sich für ein Nein aus. Travail.Suisse schloss sich dem Ja-Lager an.
Einige Aufmerksamkeit erhielt die schwierige Rolle des Gesundheitsministers Berset, der im Abstimmungskampf das Nein des Bundesrates zur Initiative seiner eigenen Partei vertreten musste – eine Rolle, die er dem allgemeinen Tenor nach gut erfüllte. Deutlich umstrittener war die Rolle der Krankenversicherer im Abstimmungskampf. Durch ihre Verbände waren sie im Nein-Komitee vertreten und steuerten drei der fünf Millionen Franken zum Kampagnenbudget bei, viele engagierten sich aber auch direkt gegen die Volksinitiative. Bereits früh publizierten diverse Kassen in ihren auflagenstarken Kundenmagazinen Artikel gegen die öffentliche Krankenkasse oder boten in Interviews prominenten Mitgliedern des Nein-Lagers eine Plattform. Vom Initiativkomitee ernteten die Kassen damit umgehend Kritik: Sie würden das Gebot der objektiven, verhältnismässigen und zurückhaltenden Information krass verletzen, das für sie als mit öffentlichen Bundesaufgaben betraute Organe in gleicher Weise wie für staatliche Behörden gelte. Die Kassen hielten dagegen, sie würden auch befürwortenden Stimmen Platz in ihren Publikationen einräumen; zudem würden sie das Geschäft durch und durch kennen und hätten damit die Pflicht, über die Konsequenzen der Initiative zu informieren. Im Juli wurde im Kanton Bern eine Abstimmungsbeschwerde gegen sieben Kassen beim Regierungsrat eingereicht; diese hätten durch ihre nicht objektive und unsachliche Information in ihren Publikationen die Abstimmungsfreiheit verletzt. Der Beschwerdeführer wurde von der SP juristisch unterstützt. Wenige Tage darauf folgten Abstimmungsbeschwerden in den Kantonen Waadt, Genf, Basel-Stadt und Tessin. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass die kantonalen Behörden nicht zuständig sind: Da die Beanstandungen kantonsübergreifende Aspekte betreffen, führe der Rechtsmittelweg direkt ans Bundesgericht, so die jeweiligen Antworten. Das daraufhin mit zwei Stimmrechtsbeschwerden angerufene oberste Gericht stellte knapp drei Wochen vor der Abstimmung fest, die Krankenkassen seien bei der vorliegenden Abstimmung nicht zur sonst erforderlichen Neutralität verpflichtet, da die Vorlage sie in qualifizierter Weise betreffe. Eine sachliche Argumentation und Zurückhaltung beim Einsatz von Werbemitteln und finanziellen Ressourcen könnten dennoch erwartet werden. Das Gericht zweifelte diese Sachlichkeit bei einzelnen Publikationen zwar an. Es führte aber aus, da der Abstimmungskampf intensiv geführt werde und auch das Ja-Lager ausreichend zu Wort käme, würden die Äusserungen der Krankenkassen das Abstimmungsergebnis nicht wesentlich beeinflussen. Auf diverse Punkte der Beschwerden war das Gericht gar nicht eingetreten, da diese als nicht ausreichend begründet angesehen wurden.

Am 28. September 2014 stimmten Volk und Stände über die Volksinitiative "Für eine öffentliche Krankenkasse" ab. Umfragen im Vorfeld der Abstimmung deuteten auf eine relativ deutliche Ablehnung der Initiative hin, was sich an der Urne bestätigte: Bei einer Stimmbeteiligung von 46,7% wurde die Initiative mit bloss 38,2% Ja-Anteil verworfen. Alle Deutschschweizer Kantone und das Tessin legten ein Nein ein, in den Kantonen Neuenburg, Waadt, Jura und Genf wurde die Initiative dagegen angenommen, in Fribourg nur sehr knapp abgelehnt. Die Resultate offenbarten einen überaus deutlichen Röstigraben, der sich in Fribourg entlang der innerkantonalen Sprachgrenze zog. Die SP Schweiz als Abstimmungsverliererin kündigte an, in Zukunft auf Reformen des Krankenversicherungssystems hinarbeiten zu wollen, bei fehlendem politischen Willen aber auch eine erneute Volksinitiative in Betracht zu ziehen. Dagegen äusserten die Gesundheitsdirektoren der zustimmenden Westschweizer Kantone, die bereits im Abstimmungskampf gemeinsam als Befürworter aufgetreten waren, die Absicht, die Einrichtung kantonaler Einheitskassen zu prüfen. Auch die Einrichtung einer einzigen Westschweizer Einheitskasse wurde nicht ausgeschlossen. Allerdings bedarf die Einrichtung von Einheitskassen auf subnationaler Ebene einer Änderung des KVG und damit eines Beschlusses der Bundesversammlung, was an bestehenden Mehrheiten scheitern dürfte. Aus diesem Grund wurde auch die Idee geäussert, eine Volksinitiative zu lancieren, welche den Kantonen die Einrichtung eigener Einheitskassen erlaubt. Die VOX-Analyse, durchgeführt von der GfS Bern und der Universität Bern, zeigte schliesslich, dass ein klassischer Links-Rechts-Gegensatz das Abstimmungsresultat geprägt hatte und die Einstellung der Stimmenden zur Rolle des Staates von grosser Bedeutung gewesen war. Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative erhofften sich tiefere Prämien und drückten ihre Unzufriedenheit mit dem aktuellen System aus, während die Gegnerinnen und Gegner nicht an eine Prämiensenkung aufgrund der Einheitskasse glaubten. Sie befürchteten dagegen negative Konsequenzen aufgrund des fehlenden Wettbewerbs und eine Einschränkung der freien Arztwahl. Insgesamt nannte sowohl die befürwortende als auch die ablehnende Seite mehrheitlich rationale Stimmmotive.


Abstimmung vom 28. September 2014

Beteiligung: 46.7%
Ja: 933'012 (38.2%) / Stände: 4
Nein: 1'512'036 (61.8%) / Stände: 16 6/2

Parolen:
– Ja: SP, GPS, EVP, CSP; SGB, Travail.Suisse, VPOD.
– Nein: SVP, CVP (2*), FDP, BDP, GLP, Economiesuisse, SGV
– Stimmfreigabe: FMH, GDK
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Standesinitiative des Kantons Genf zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen (Kt.Iv. 15.308)

Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen

Nachdem beide Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit einer Standesinitiative des Kantons Genf zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen keine Folge gegeben hatten, beugte sich in der Wintersession 2015 der Ständerat über das Geschäft. Gleichzeitig behandelte er eine Standesinitiative des Kantons Jura, welche ein ähnliches Anliegen aufgriff. Der Kanton Genf hatte in der Begründung zu seinem Vorstoss angegeben, die Abstimmung im Herbst 2014 über die Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse" habe einmal mehr gezeigt, dass die Stimmenden in den Westschweizer Kantonen die Schaffung einer Einheitskasse für die obligatorische Krankenpflegeversicherung befürworten würden. Das aktuelle System weise zahlreiche Schwächen aus, und eine Verbesserung sei kaum abzusehen. Zudem seien die Genferinnen und Genfer von diesen Schwächen überproportional betroffen, da sie in der Vergangenheit zu hohe Prämien bezahlt hätten, welche nun nur teilweise rückerstattet würden. Die allgemeine Unzufriedenheit Genfs mit dem Krankenversicherungssystem lässt sich an dem Umstand ablesen, dass die vorliegende Initiative sich in eine Reihe weiterer Standesinitiativen des Kantons zum Thema einfügt. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) der vorberatenden Kommission beantragte, der Standesinitiative Folge zu geben. Der Minderheitssprecher führte aus, der Kanton Genf fordere nicht eine öffentliche Krankenkasse auf kantonalem Gebiet, jedoch eine einheitliche Kasse, welche auch privatrechtlich organisiert sein könnte, jedoch mehr Steuermöglichkeiten zulassen würde. Gemäss Auskunft des BAG sei zur Umsetzung des Vorstosses keine Verfassungsänderung notwendig. Deshalb gelte es, den Kantonen die entsprechende Wahlfreiheit zu gewähren. Die Standesvertreterin des Kantons Genf betonte, die Standesinitiative gehe auf einen einstimmigen Entscheid der Kantonsregierung zurück und sei damit keineswegs ein linker Vorstoss. Vertreter der Kommissionsmehrheit argumentierten dagegen, in der Sache bestehe kein Handlungsbedarf. Der beabsichtigte Systemwechsel sei erst kurz zuvor deutlich abgelehnt worden. Zudem würde die Einrichtung kantonaler Einheitskassen dazu führen, dass in der Schweiz zwei verschiedene Systeme parallel existieren, was eine Ungleichbehandlung der Versicherten zur Folge habe. Sowohl auf Befürworter- als auch auf Gegnerseite wurden zudem Argumentationslinien wieder aufgegriffen, welche sich auf Kosten und Nutzen eines Einheitskassensystems beziehen und bereits in der Debatte über die Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse" verwendet worden waren. Schlussendlich stimmten 9 Ständeratsmitglieder für die Standesinitiative, 28 dagegen, 4 enthielten sich der Stimme.

In der Frühlingssession 2016 gelangte die Standesinitiative des Kantons Genf zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen ins Plenum des Nationalrates, wo sie gleichzeitig mit zwei ähnlich lautenden Vorstössen behandelt wurde: Einer Standesinitiative des Kantons Jura und einer parlamentarischen Initiative der grünen Fraktion. Die vorgebrachten Argumente entsprachen weitgehend jenen im Erstrat. Zusätzlich wurde kritisiert, es sei nicht angezeigt, ein kantonales Parallelsystem zum schweizweit geltenden aktuellen System zu schaffen. Letztlich erhielt der Vorstoss nur die Unterstützung der SP- und der grünen Fraktion und scheiterte mit 121 zu 52 Stimmen bei einer Enthaltung.

Standesinitiative des Kantons Jura für eine soziale Einheitskrankenkasse (Kt.Iv. 13.300)

Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen

Die kleine Kammer behandelte in der Wintersession 2015 eine Standesinitiative des Kantons Jura, welche den Kantonen das Recht einräumen wollte, eigene Einheitskassen für die Krankenversicherung einzurichten. Zuvor hatten beide Kommissionen für Gesundheit und Soziales dem Anliegen ihre Zustimmung verwehrt. In der gleichen Debatte wurde auch über eine Standesinitiative des Kantons Genf, welche ein sehr ähnliches Anliegen vertrat und in den Kommissionen ebenfalls abgelehnt worden war, befunden. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) der SGK-SR beantragte, beiden Anliegen Folge zu geben. Die Befürworterseite betonte, angesichts der Vehemenz, mit der sich die westschweizer Kantone für eine Systemänderung einsetzten und der breiten Unterstützung, die entsprechende Anliegen erhalten – die Standesinitiative des Kantons Jura war aufgrund einer kantonalen Volksinitiative entstanden –, bestehe Handlungsbedarf. Gemäss Auskunft des BAG sei zur Umsetzung des Vorstosses keine Verfassungsänderung notwendig, so der Minderheitssprecher. Deshalb gelte es, den Kantonen die entsprechende Wahlfreiheit zu gewähren. Die Gegnerseite bestritt einen Handlungsbedarf und wies auf das deutliche Abstimmungsergebnis bei der Volksinitiative "für eine öffentliche Krankenkasse" im Jahr 2014 hin. Beide Seiten griffen zudem Argumente für und gegen eine soziale Einheitskasse wieder auf, welche bereits im besagten Abstimmungskampf verwendet worden waren. Schlussendlich sprachen sich 9 Ständerätinnen und Ständeräte für die Standesinitiative aus, 28 dagegen, 4 enthielten sich ihrer Stimme.

Die grosse Kammer behandelte in der Frühlingssession 2016 als Zweitrat eine Standesinitiative des Kantons Jura zur Einrichtung kantonaler sozialer Einheitskassen. Über eine Standesinitiative des Kantons Genf und eine parlamentarische Initiative der grünen Fraktion, welche beide sehr ähnliche Anliegen vertraten, wurde zeitgleich entschieden. Die Kommissionsmehrheit beantragte, der Standesinitiative keine Folge zu geben, eine Minderheit Gysi (sp, SG) war für Folge geben. Wiederum war die Argumentation ähnlich wie im Erstrat und wie anlässlich der Abstimmungskampagne zur Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse". Auf Gegnerseite wurde zudem betont, kantonale Einheitskassen würden ein Parallelsystem zum aktuell in allen Kantonen existierenden Wettbewerbssystem schaffen, was den gesamtschweizerischen Grundlagen und Prinzipien in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung widerspreche. Letztlich sprachen sich die SP- und die grüne Fraktion geschlossen für, die anderen Fraktionen annähernd geschlossen gegen den Vorstoss aus, was ein Stimmenverhältnis von 53 zu 120 gegen die Initiative ergab.

Parlamentarische Initiative der Grünen zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen (Pa.Iv. 14.475)

Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen

Eine parlamentarische Initiative der grünen Fraktion wollte im KVG die Möglichkeit zur Schaffung kantonaler Einheitskassen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung festschreiben. Dabei soll jeder Kanton entweder beim bisherigen System bleiben können, eine einzige und zentralisierte öffentliche Krankenkasse schaffen, oder aber eine öffentliche Ausgleichskasse für die Krankenkassen analog zu jener in der Arbeitslosenversicherung gründen. Bei den beiden öffentliche Modellen sollten dabei die Versicherten und die Leistungserbringer an der Führung beteiligt werden. Argumentiert wurde mit dem Resultat bei der Abstimmung zur Volksinitiative "für eine öffentliche Krankenkasse", welche in den vier rein französischsprachigen Kantonen und ebenso in den französischsprachigen Gebieten der Kantone Fribourg und Bern angenommen worden war. Es gelte entsprechend, eine Lösung zu finden, welche für die französischsprachige Minderheit in der Schweiz akzeptabel sei. Der Vorstoss gelangte in der Frühjahrssession 2016 in den Nationalrat, wo er gleichzeitig mit zwei Standesinitiativen (Jura und Genf) behandelt wurde, welche sehr ähnliche Forderungen vorbrachten. Die Kommissionsmehrheit beantragte, keine Folge zu geben. Eine Minderheit Häsler (gp, BE) beantragte Folge geben. Die in der Debatte geäusserten Argumente glichen weitgehend jenen in der Abstimmungskampagne zur Volksinitiative. Weiter wurde die Kritik geäussert, der Vorstoss würde zur Schaffung von Parallelsystemen in manchen Kantonen führen, was abzulehnen sei. Letztlich hatte die parlamentarische Initiative keine Chance: Sie erhielt nur die Unterstützung der geschlossen auftretenden links-grünen Fraktionen und wurde mit 122 zu 52 Stimmen abgelehnt.

Eidgenössische Volksinitiativen «für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament» und «für die Organisationsfreiheit der Kantone bei den Krankenversicherungen»

Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung kantonaler Einheitskassen
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Ein Westschweizer Komitee um die Regierungsräte Pierre-Yves Maillard (VD, sp) und Mauro Poggia (GE, mcg) lancierte 2017 gleich zwei eidgenössische Volksinitiativen zum Thema Krankenkassen. Die erste Initiative «Für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament» verlangte, dass die Mitglieder der Bundesversammlung zukünftig keinen Einsitz in Organen von Krankenversicherungen oder wirtschaftlich mit ihnen verbundenen Organisationen haben und von diesen keine Vergütungen mehr annehmen dürfen. Bei schweren Verstössen dagegen verlören die Parlamentsmitglieder ihr parlamentarisches Mandat. Der Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und der öffentlichen Aufgabe müsse beendet werden, da er bisher «echte» Fortschritte in der Gesundheitspolitik verhindert habe, argumentierte das Komitee. Zudem dürften Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch keine Verbindungen zur SBB oder zur Post haben, betonten die Initianten. Auf die Kritik, wonach die Leistungserbringenden erstens deutlich besser im Parlament vertreten und zweitens deutlich stärker für die Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich seien, entgegnete das Komitee, dass diese – anders als die Krankenkassen – kein Mandat des Staates hätten, sondern rein wirtschaftliche Akteure darstellten.

Die zweite Initiative «Für die Organisationsfreiheit der Kantone bei den Krankenversicherungen» möchte den Kantonen die Möglichkeit geben, kantonale oder interkantonale Einheitskrankenkassen zu schaffen. Diese würden die Prämien festlegen und erheben sowie die zulasten der OKP anfallenden Kosten übernehmen. Die Krankenversicherungen wären weiterhin für die Administration zuständig, würden aber von dieser Einrichtung kontrolliert. Die Medien sprachen von einer «Einheitskasse light», welche die Kantone freiwillig einführen könnten. Letzteres werteten die Medien als grosses Plus dieser Vorlage, zumal die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse, welche die Kantone zur Einführung von Einheitskassen verpflichten wollte, in der Westschweiz auf Zustimmung gestossen, von der Deutschschweiz jedoch deutlich abgelehnt worden war.

Die Unterschriftensammlung für beide Initiativen startete im Oktober 2017. Vier Monate vor Ablauf der Sammelfrist berichtete der Tagesanzeiger, dass die Initianten für beide Initiativen erst 30'000 der nötigen 100'000 Unterschriften zusammen hätten. In der Deutschschweiz seien die Initiativen kaum auf Interesse gestossen, erklärte Maillard. Rund 20'000 Unterschriften habe man stattdessen alleine im Kanton Waadt gesammelt. Jean Blanchard, Generalsekretär des Mouvement Populaire des Familles, kritisierte insbesondere die SP, die Grünen und die Gewerkschaften, die sich kaum an der Unterschriftensammlung beteiligt hätten. Nach Ablauf der Sammelfrist im April 2019 gab die Bundeskanzlei schliesslich das Scheitern der beiden Initiativen bekannt.