Grundlagen der Staatsordnung
Rechtsordnung
Der Bundesrat schlug vor, bei der nächsten Volkszählung die Daten der Einwohnerregister der Gemeinden mit einer Vollerhebung zu kombinieren. - Der Ständerat lehnte eine Verkürzung der Frist für die ordentliche Einbürgerung ab. - Die Stimmberechtigten des Kantons Jura sprachen sich gegen einen Ausbau des Ausländerstimmrechts aus. - Gegen den Widerstand der SP stimmte auch der Nationalrat dem neuen Gesetz über die innere Sicherheit zu. - Bei einer Bauerndemonstration in Bern kam es zu schweren Ausschreitungen. - Das Parlament beschloss eine Verlängerung der Verjährungsfrist für Sexualdelikte mit Kindern. - Der Bundesrat beantragte ein neues Gesetz, mit dem die Geldwäscherei nicht nur bei den Banken, sondern im gesamten Finanzsektor bekämpft werden kann. - Das Parlament verabschiedete die Revision des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe. - Der Ständerat stimmte dem von Bundesrat im Januar vorgelegten neuen Gesetz über den Handel mit Waffen zu.
Datenschutz und Statistik
Im November veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft für die Ratifizierung des
Übereinkommens des Europarats zum Schutz der Menschen bei der elektronischen Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Das aus dem Jahre 1981 stammende Übereinkommen ist bereits von 17 Staaten ratifiziert worden und stellt eine Konkretisierung der Bestimmungen der Menschenrechtskonvention (EMRK) über den Datenschutz dar. Es verpflichtet die Staaten zum Erlass von Datenschutzbestimmungen und harmonisiert diese durch die Festlegung von Minimalstandards. Da die Schweiz die Anforderungen des Übereinkommens erfüllt, sind für die Ratifizierung keine neuen gesetzlichen Bestimmungen erforderlich
[1].
Für den Datenschutz im Gesundheitswesen siehe unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
Die GPK des Nationalrats veröffentlichte ihre Empfehlungen zu einer Neuausrichtung der eidgenössischen Volkszählung. Sie forderte vom Bundesrat insbesondere die Erteilung eines klaren Auftrags an das Bundesamt für Statistik (BFS) sowohl für dessen Gesamttätigkeit als auch speziell für die Volkszählung. Der Entscheid über die anzuwendenden Erhebungsverfahren soll nach Ansicht der GPK hingegen dem BFS selbst überlassen werden. Immerhin wird der Bundesrat ersucht, Schritte einzuleiten, um die
Einwohnerregister der Gemeinden soweit zu harmonisieren, dass sie optimal für die Volkszählung 2010 verwendet werden können
[2]. Der Nationalrat beauftragte in der Frühjahrssession den Bundesrat mit einer Motion seiner GPK, die dazu erforderlichen verfassungsmässigen und gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Mit einer zweiten, ebenfalls mit dem Einverständnis des Bundesrats überwiesenen Motion, verlangte er eine
möglichst einfache und kostengünstige Erhebungsmethode für die Volkszählung 2000. Dabei soll die Regierung insbesondere Anreizsysteme für eine Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Datenregister ins Auge fassen. Der Ständerat überwies diese beiden Motionen ebenfalls
[3].
Nach diesen Weichenstellungen vermochte sich im Nationalrat die im Vorjahr vom Ständerat gegen den Willen des Bundesrates überwiesene Motion Büttiker (fdp, SO) für einen
Verzicht auf eine Vollerhebung bei der Volkszählung 2000
nicht mehr durchzusetzen. Der von Borer (fp, SO) verteidigte Vorstoss wurde mit 122 zu 32 Stimmen abgelehnt
[4].
In Ausführung der beiden vom Parlament überwiesenen Motionen gab der Bundesrat im August eine
Veränderung der gesetzlichen Grundlagen für die Volkszählung in die Vernehmlassung. Diese neuen Bestimmungen sollen bereits im Jahr 2000 zur Anwendung kommen. Er schlug darin vor, die in den
Einwohnerregistern der Gemeinden und Kantone bereits vorhandenen Daten in den Fragebogen zur Volkszählung aufzunehmen. Umgekehrt könnten die Fragebogen zur Aktualisierung dieser Register verwendet werden. Die 1990 sehr umstrittenen hohen Bussen für das Nichtausfüllen der Fragebogen sollen durch Gebühren ersetzt werden. Deren Höhe wäre nach dem Aufwand zu berechnen, welcher der Verwaltung für das Ausfüllen, Ergänzen oder Korrigieren der Fragebogen entsteht
[5]. Bereits vor der Veröffentlichung dieses Vorentwurfs hatte sich der
Datenschutzbeauftragte des Bundes, Odilo Guntern, kritisch zu den Plänen der Regierung geäussert. Er akzeptierte zwar die Verwendung von Gemeinderegistern für statistische Zwecke, lehnte jedoch eine Aufdatierung der Einwohnerregister mit Hilfe von Daten, welche anlässlich der Volkszählung erfragt worden sind, ab
[6].
Bürgerrecht
Der Ständerat sprach sich mit 21 zu 13 Stimmen gegen die vom Nationalrat im Vorjahr im Rahmen der Behandlung einer parlamentarischen Initiative Ducret (cvp, GE) beschlossene
Verkürzung der Frist für die reguläre Einbürgerung von 12 auf 8 Jahre aus. Als Hauptargument wurde der negative Ausgang der Volksabstimmung über die erleichterte Einbürgerung im Jahr 1994 ins Feld geführt. Ebenfalls keine Mehrheit erreichte ein Kompromissvorschlag des Sozialdemokraten Aeby (FR), welcher den Kantonen erlauben wollte, die Frist auf minimal acht Jahre zu verkürzen
[7]. Vor der Behandlung des Geschäfts in der kleinen Kammer hatten die Schweizer Demokraten mit dem Referendum gedroht
[8].
Im Kanton
Aargau reichten die Schweizer Demokraten eine Volksinitiative für restriktivere Einbürgerungsvorschriften ein. Diese verlangt, dass nicht mehr die Gemeindeparlamente und -versammlungen über die einzelnen Einbürgerungen entscheiden sollen, sondern die Stimmberechtigten an der Urne
[9].
Die
Zahl der Einbürgerungen nahm 1996 noch einmal stark zu und erreichte 20 077 (+15%). Den grössten Anteil an den neu Eingebürgerten stellten die Italiener mit 5326, gefolgt von den aus Ex-Jugoslawien stammenden Personen (1723)
[10].
Stimmrecht
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der
Jugendsession 1995 hatten mit einer
Petition die Einführung des Wahl- und Stimmrechts für niedergelassene Ausländer gefordert. Eine knappe Mehrheit des Nationalrats beschloss auf Antrag der Staatspolitischen Kommission, dieser Petition Folge zu geben und ein entsprechendes Postulat zuhanden des Bundesrats zu verabschieden. Der Ständerat lehnte die Petition hingegen ab
[11].
Im Kanton
Jura, welcher 1979 im Rahmen der Kantonsgründung das aktive Ausländerstimmrecht in seine Verfassung aufgenommen hatte, nahm zu erstenmal das Volk zu diesem Thema direkt Stellung. Es lehnte die von Regierung und Parlament vorgeschlagene Einführung der
Wählbarkeit in Gemeindeparlamente für niedergelassene Ausländer mit einem Neinstimmenanteil von 53% ab. Sowohl die Regierung als auch die grossen Parteien (SP, CVP, FDP, PCSI; die SVP gab die Stimme frei) hatten sich für diese Neuerung eingesetzt und davor gewarnt, mit einer Ablehnung den guten Ruf des Kantons aufs Spiel zu setzen. Das Referendum war von Personen lanciert worden, welche der AUNS nahestehen. Die Einführung der Wählbarkeit in die kantonale Legislative bzw. in kommunale Exekutiven war bereits vom Parlament, vor allem aus Angst vor einem Referendum, abgelehnt worden
[12].
Ebenfalls eine Volksabstimmung über das Ausländerstimmrecht fand im
Aargau statt. Mit einem klaren Mehr von 85% lehnten die Stimmberechtigten die von der Linken eingereichte Volksinitiative für die fakultative Einführung des aktiven Stimmrechts auf Gemeindeebene ab. Im Kanton
Freiburg sprach sich der Grosse Rat mit Zweitdrittelsmehrheit gegen eine 1993 eingereichte Volksinitiative für die Einführung des integralen Ausländerstimmrechts auf kantonaler und kommunaler Ebene aus
[13]. In
Appenzell Ausserrhoden sind mit der neuen Kantonsverfassung die Gemeinden zur Einführung des Ausländerstimmrechts ermächtigt worden. Die Stimmberechtigten von Teufen, welche auf Vorschlag ihrer Gemeindeexekutive als erste darüber zu entscheiden hatten, sprachen sich mit Zweidrittelsmehrheit dagegen aus
[14].
Staatsschutz
Der Nationalrat befasste sich als Zweitrat mit der Volksinitiative "SoS. Schweiz ohne Schnüffelpolizei" und dem als indirekten Gegenvorschlag konzipierten Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit. Mit 116 zu 61 Stimmen empfahl der Rat die von der SP und der GP unterstützte Volksinitiative zur Ablehnung.
Mit derselben Stimmenzahl lehnte er auch den Antrag der Kommissionsminderheit auf Nichteintreten auf das neue Bundesgesetz ab. Die SP und die Grünen begründeten ihre Opposition gegen die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für eine präventiv wirkende Polizei damit, dass ein solches Gesetz überflüssig sei und nur dazu dienen würde, der Polizei unkontrollierbaren Handlungsspielraum zur Überwachung der Bürger zu verschaffen. Wo es um die Bekämpfung echter Gefahren gehe, sei das bestehende Instrumentarium ausreichend: insbesondere sei die Bekämpfung des politischen Nachrichtendienstes (Spionage) bereits rechtlich abgesichert, und bei Sprengstoffdelikten und schweren Gewaltverbrechen seien seit 1981 auch vorbereitende Handlungen strafbar. Diese Einschätzung wurde von den Sprechern der bürgerlichen Parteien und Bundesrat Koller zurückgewiesen. Letzterer argumentierte damit, dass die von der Linken befürchtete Überwachung der Ausübung politischer Rechte im neuen Gesetz explizit ausgeschlossen sei. Andererseits sei die Überwachung der Aktivitäten bestimmter politischer Gruppierungen (z.B. der kurdischen PKK oder der islamischen Heilsfront) auch dann erforderlich, wenn deren Mitglieder die Schweiz nur als logistische Basis benutzen würden, ohne hier aber kriminelle Akte zu begehen. Das Gesetz sei deshalb auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit anderen europäischen Staaten notwendig.
In der
Detailberatung strich der Nationalrat die
Bekämpfung des organisierten Verbrechens aus dem Geltungsbereich des Gesetzes; nicht weil dieser keine Bedeutung zuerkannt wurde, sondern weil dies eine Aufgabe der strafrechtlichen Ermittlungsbehörden sei und auf Bundesebene mit den polizeilichen Zentralstellen bereits ein Koordinationsorgan bestehe. Bundesrat Koller argumentierte vergeblich damit, dass in vielen europäischen Staaten (allerdings nicht in Deutschland) die präventive Polizei auch in diesem Aufgabenbereich tätig sei. Eine gewichtige Differenz schuf der Rat bei den zulässigen Mitteln der präventiven Informationsbeschaffung. Gegen die Stimmen der FP, der Liberalen und eines Teils der FDP-Fraktion
strich er die vom Ständerat aufgenommene Bestimmung, dass dazu auch ohne richterliche Anordnung der
Telefon- und Postverkehr überwacht und elektronische Abhörgeräte eingesetzt werden können. Den Antrag der vorberatenden Kommission, dass im Staatsschutz grundsätzlich die im Datenschutzgesetz garantierten Einsichtsrechte gelten sollen, fand keine Mehrheit. Beschlossen wurde eine gleiche Regelung wie im Gesetz über die polizeilichen Zentralstellen, bei welcher der Datenschutzbeauftragte nur überprüft, ob eventuell vorliegende Daten rechtmässig bearbeitet werden, aber keine materiellen Auskünfte erteilt. In der Gesamtabstimmung wurde das neue Gesetz gegen die Stimmen der SP und der GP angenommen
[15].
In der
Differenzbereinigung hielt der
Ständerat an dem vom Bundesrat gewünschten und von ihm in der ersten Lesung gutgeheissenen Einbezug der Bekämpfung des organisierten Verbrechens in den Staatsschutz fest. Mit knappem Mehr (16:14) beschloss er hingegen, auf die von der grossen Kammer abgelehnte Überwachung des Telefon- und Postverkehrs sowie den Einsatz von elektronischen Abhörgeräten zur präventiven Informationsbeschaffung ebenfalls zu verzichten. Er verabschiedete jedoch ein Postulat, welches den Bundesrat auffordert, die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz solcher Mittel im Falle ernsthafter Gefährdung der inneren und äusseren Sicherheit abzuklären. Der
Nationalrat beharrte - trotz eines engagierten Votums von Bundesrat Koller - mit 138 zu 35 Stimmen auf der Ausklammerung des organisierten Verbrechens. In bezug auf die Dateneinsicht nahm er zudem die Ergänzung auf, dass, in Ausnahmefällen und wenn dadurch die innere oder äussere Sicherheit nicht gefährdet wird, der Datenschutzbeauftragte auch materielle Auskünfte über gespeicherte Daten erteilen kann
[16].
Noch bevor der Ständerat die erste Runde der Differenzbereinigung aufgenommen hatte, beschloss das hinter der Volksinitiative "SoS. Schweiz ohne Schnüffelpolizei" stehende Komitee, nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen das
Referendum gegen das neue Gesetz zu ergreifen
[17].
Der Sonderbeauftragte für Staatsschutzakten, René Bacher, legte den Schlussbericht über die Offenlegung der Staatsschutzakten im Gefolge der sogenannten
Fichenaffäre vor. Von den über 350 000 Personen, welche Einsicht in über sie angelegte Karteikarten (Fichen) verlangt hatten, waren knapp 45 000 registriert gewesen. Über 5000 Personen hatten zudem vom Recht Gebrauch gemacht, auch die zu ihren Fichen bestehenden Dossiers einzusehen
[18].
Politische Manifestationen
Insgesamt kam es im Berichtsjahr zu 24
Grosskundgebungen mit 1000 und mehr Beteiligten (1995: 25). Davon fanden je fünf in Bern resp. Zürich statt, vier in Genf und drei in Lausanne. Deutlich abgenommen haben die von Ausländern durchgeführten grossen Manifestationen gegen die Zustände in ihren Heimatländern (4), welche im Vorjahr noch mehr als die Hälfte aller Grosskundgebungen ausgemacht hatten. Am aktivsten waren 1996 die
Angestellten des Bundes und der Kantone, welche zwölfmal an grossen Protestveranstaltungen ihre Unzufriedenheit zeigten. Der Höhepunkt dieser Mobilisierungswelle fand am 26. Oktober in Bern statt, wo rund 35 000 Angestellte des öffentlichen Dienstes aus der ganzen Schweiz gegen Spar- und Abbaumassnahmen demonstrierten. Es handelte sich dabei um die grösste Kundgebung seit 1982 (Friedensdemonstration in Bern mit rund 50 000 Beteiligten). Auch bei den beiden nächstgrössten Manifestationen des Berichtsjahres standen Sparmassnahmen und Angst um den Arbeitsplatz im Vordergrund: an einer Bauerndemonstration in Bern nahmen 15 000 Personen teil, und an einem Protestmarsch gegen die Schliessung der Brauerei Cardinal in Freiburg zählte man 10 000 Unzufriedene
[19].
Von den Grosskundgebungen waren nur die beiden
Bauerndemonstrationen von
Gewaltakten begleitet: 2500 Landwirte aus der Westschweiz hatten im September gegen die im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Rinderseuche BSE angekündigten Massenschlachtungen protestiert, indem sie mit 1200 Traktoren die Autobahn A12 westlich von Freiburg für mehrere Stunden blockierten. Zu schweren Ausschreitungen kam es wenig später in Bern, als eine von rund 15 000 Personen besuchte nationale Kundgebung des Bauernverbandes von der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen aufgelöst wurde, nachdem einige Hundert Manifestanten versucht hatten, die Absperrung um das Bundeshaus gewaltsam zu durchbrechen
[20]. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen zumeist sehr
jungen Demonstranten und der Polizei kam es auch mehrfach in
Zürich. Dabei gerieten an der sogenannten Nachdemonstration zur 1. Mai-Veranstaltung der Gewerkschaften und der SP auch friedliche Kundgebungsteilnehmer zwischen die Fronten. Als Sprecherin der einige Hundert zählenden, und sich als Antirassisten und Antifaschisten bezeichnenden Manifestanten trat mehrmals eine Organisation "Revolutionärer Aufbau Zürich" in Erscheinung
[21].
Wie bereits im Vorjahr beschränkte sich der Protest gegen die Zustände in der
Türkei nicht auf friedliche Kundgebungen. Mit
Brandanschlägen auf türkische Geschäfte sowie der
Besetzung des türkischen Konsulats in Basel resp. der Parteibüros der schweizerischen SP in Bern und Zürich protestierten Türken gegen die Missachtung der Menschenrechte in ihrem Heimatland
[22].
Strafrecht
Im Vorjahr hatte das Parlament mehrere Vorstösse für eine
Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen überwiesen. Im Berichtsjahr gaben der Ständerat und der Nationalrat nun auch sechs entsprechenden Standesinitiativen der Kantone Aargau, Basel-Stadt, Basel-Land, St. Gallen, Solothurn und Thurgau Folge. Bundesrat Koller gab in diesem Zusammenhang bekannt, dass er eine Expertenkommission beauftragt habe, bis zum Sommer 1997 ein Konzept vorzulegen
[23].
Der Ständerat überwies eine von der grossen Kammer im Vorjahr gutgeheissene Motion Stamm (fdp, AG) für die Schaffung eines
eidgenössischen Anwaltsregisters als Postulat. Dieses Verzeichnis soll die Grundlage für die volle kantonale Freizügigkeit bei der Ausübung des Anwaltsberufs bilden
[24].
Das
Berufsgeheimnis von Ärzten, Anwälten und anderen Personen soll - wenn es nicht zur Organisation und Begehung von Straftaten missbraucht wird - bei der Überwachung des Post- und Telefonverkehrs durch die Strafverfolgungsbehörden besser geschützt werden. Der Nationalrat überwies eine im Vorjahr vom Ständerat verabschiedete Motion ebenfalls
[25].
Nicht zuletzt die im Berichtsjahr in Belgien aufgedeckten
Verbrechen an Kindern lenkten die Aufmerksamkeit auch in der Schweiz verstärkt auf dieses Thema. In Lausanne verurteilte das erstinstanzliche Strafgericht zum ersten Mal einen Schweizer für Unzucht mit Kindern, welche er als Tourist im Ausland (Sri Lanka und Haiti) begangen hatte
[26].
Für Kinder, welche Opfer von Sexualdelikten werden, ist es oft schwer, die Täter anzuzeigen, namentlich wenn es sich dabei um ihre Eltern handelt. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hatte der Ständerat 1994 gegen den Willen des Bundesrates eine Motion Béguin (fdp, NE) überwiesen. Diese verlangt die Aufhebung der 1992 im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts eingeführten Reduktion der
Verjährungszeit von zehn auf fünf Jahre für ohne Anwendung körperlicher Gewalt begangene
Sexualdelikte mit Kindern. Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats übernahm diese Forderung der kleinen Kammer. Da dringender Handlungsbedarf bestehe, beschloss sie aber, nicht den Bundesrat mit einer Motion zu beauftragen, sondern die Gesetzesrevision mit einer parlamentarischen Initiative in eigener Regie durchzuführen. Das Plenum stellte sich ohne Gegenstimme hinter diesen Antrag. Der Ständerat hiess die damit beschlossene Verdoppelung der Verjährungsfrist ebenfalls oppositionslos gut. Da er aber noch eine Übergangsbestimmung aufnahm, konnte das Geschäft im Berichtsjahr noch nicht abgeschlossen werden
[27]. Die Rechtskommission des Nationalrats hatte zudem mit einer Motion verlangt, dass die Verjährungsfrist für Sexualdelikte mit Kindern erst ab dem abgeschlossenen 18. Altersjahr des Opfers zu laufen beginnt. Der Nationalrat stimmte auch diesem Vorstoss mit deutlichem Mehr zu. Im Ständerat überwogen hingegen die auch vom Bundesrat geteilten rechtstheoretischen Bedenken. Er überwies deshalb diesen Vorstoss lediglich als Postulat
[28].
Gegen den Antrag seiner Kommissionsmehrheit, welche es aus föderalistischen Gründen bei einem Postulat belassen wollte, überwies der Nationalrat auch eine parlamentarische Initiative Goll (frap, ZH) mit konkreten Massnahmen zur Verbesserung der Stellung von Opfern von Sexualdelikten im Strafermittlungsverfahren
[29]. Bereits in der Sommersession hatte der Nationalrat eine Motion Goll als Postulat überwiesen, welche ebenfalls
Probleme mit dem Vollzug des neuen Sexualstrafrechts monierte. Goll verlangte darin eine Abklärung darüber, ob nicht mit dem neuen Sexualstrafrecht der Schutz von Kindern gegen sexuelle Ausbeutung generell abgebaut worden sei
[30].
Die besondere Verwerflichkeit der sogenannten
Kinderpornographie verlangt nach einstimmiger Meinung des Nationalrats nach zusätzlichen strafrechtlichen Bestimmungen. Er überwies eine parlamentarische Initiative von Felten (sp, BS), welche zusätzlich zur Herstellung und zum Vertrieb auch den Besitz von Kinderpornographie unter Strafe stellen will
[31].
Der Bundesrat beabsichtigt die 1993 in die Vernehmlassung gegebene
Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs im Sommer 1997 dem Parlament vorzulegen. Der Nationalrat stimmte nun aber zwei Motionen zu, welche verlangen, gewisse Elemente vorzuziehen. Die erste Motion stammte von seiner Rechtskommission und forderte eine vollständige Garantie der Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen beim Freiheitsentzug, damit auf den entsprechenden Vorbehalt beim Übereinkommen über die Rechte des Kindes verzichtet werden kann. Der Ständerat sah, wie auch der Bundesrat, keinen Anlass für ein Vorziehen und wandelte diesen Vorstoss in ein Postulat um. Die zweite Motion war von Chiffelle (sp, VD) eingereicht worden und verlangt, dass bei der
Umwandlung von Geldbussen in Haftstrafen nicht mehr der für heutige Verhältnisse tiefe Tagessatz von 30 Fr. gelten soll, sondern das mittlere Nettotageseinkommen des Delinquenten. Bundesrat Koller bekämpfte diesen Antrag vergeblich, indem er geltend machte, dass davon vor allem gutverdienende Verurteilte profitieren würden
[32].
Mit einer ohne Gegenstimme verabschiedeten Motion forderte der Nationalrat den Bundesrat auf, besondere Vollzugsanstalten für die
Verwahrung von Gewalttätern mit schweren Persönlichkeitsstörungen vorzuschreiben. Die von der Sozialdemokratin Aeppli (ZH) eingereichte Motion verlangt zudem hohe Anforderungen für die Beendigung einer Verwahrung. Insbesondere soll ein durch den behandelnden Therapeuten verfasstes Gutachten für eine Entlassung nicht mehr ausreichen
[33].
Der föderalistische Charakter des Justizsystems, welches dem Bund nur bei wenigen Delikten (im wesentlichen Drogenhandel, Geldfälschung und Sprengstoffanschläge) eigene Ermittlungsbefugnisse zugesteht, erweist sich oft als Hindernis für eine wirksame Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Bundesrat Koller gab deshalb im Frühjahr eine Teilrevision des Strafgesetzbuchs in die Vernehmlassung, welche der
Bundesanwaltschaft bei kantons- oder grenzübergreifenden sowie bei komplizierten Fällen
mehr Kompetenzen bei der Ermittlung einräumen möchte. Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich als zu wenig weit gehend beurteilt. Unbestritten war die Kompetenz der Bundesbehörden, namentlich in den Bereichen der Geldwäscherei und des organisierten Verbrechens Voruntersuchungen durchzuführen. Als ineffizient und zu kompliziert wurde hingegen kritisiert, dass danach die gerichtliche Untersuchung wieder an die Kantone delegiert würde, und nicht die Bundesanwaltschaft die Anklage vor den Gerichten vertreten kann. Die Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz schlug vor, die Bundesanwaltschaft zu einer Untersuchungsbehörde für bedeutende und grenzüberschreitende Verbrechen auszubauen und sie als Anklägerin vor einem neuzuschaffenden erstinstanzlichen Bundesstrafgericht antreten zu lassen. Als längerfristige Lösung wurde diese Idee auch von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren unterstützt. Kurzfristig möchten diese, dass die Bundesanwaltschaft in aussergewöhnlichen Fällen subsidiäre Ermittlungskompetenz erhält und vor den kantonalen Gerichten als Anklägerin auftreten darf
[34].
Der im Vorjahr in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für ein Gesetz über den Einsatz von
verdeckten Ermittlern bei der Polizei gab bei den Kantonen und den bürgerlichen Parteien zu wenig Kritik Anlass. Die SP und der Schweizerische Anwaltsverband lehnten das neue Gesetz hingegen ab; erstere, weil die Verfassung dem Bund keine entsprechenden Kompetenzen einräume, letzterer, weil die Arbeit von verdeckten Ermittlern gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstossen würde. Trotz dieser grundsätzlichen Kritik beauftragte der Bundesrat das EJPD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage
[35]. Als zusätzliche Massnahme vor allem im Kampf gegen das organisierte Verbrechen forderte Bundesanwältin Del Ponte wiederholt die Einführung einer
Kronzeugenregelung nach italienischem oder deutschem Vorbild, welche aussagewilligen Delinquenten Strafmilderung oder -verschonung zusichert
[36].
Am 17. Juni legte der Bundesrat die Botschaft zu einem neuen
Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor vor. Dieses soll Lücken im zur Zeit gültigen Gesetz schliessen, indem zusätzlich zu den Banken auch andere Leistungsanbieter des Finanzsektors einbezogen werden. Damit würde ein den
ganzen Finanzsektor abdeckender einheitlicher Standard der Sorgfaltspflichten geschaffen, welcher insbesondere die Identifizierungs- und Ausweispflicht für Kunden sowie die Feststellung der effektiv wirtschaftlich berechtigten Person umfasst. Als auch den Bankensektor betreffende Neuerung sieht der Entwurf zudem eine
Meldepflicht für Transaktionen vor, bei denen ein begründeter Verdacht auf Geldwäscherei besteht. Ist eine derartige Meldung an die Behörden erfolgt, müssen die entsprechenden Vermögenswerte automatisch blockiert werden; der Kunde oder Dritte dürfen jedoch über die Meldung nicht informiert werden. Der Kritik der Banken am ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf von 1994 wurde insofern Rechnung getragen, als die Meldepflicht (nicht aber das Melderecht) entfällt, wenn auf die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung verzichtet worden ist. Zur Entgegennahme der Meldungen soll gemäss Vorschlag des Bundesrates eine zentrale Stelle im Bundesamt für Polizeiwesen geschaffen werden, welche die Informationen koordiniert und sie an die kantonalen Strafverfolgungsbehörden weiterleitet
[37].
Die Rechtskommission des Nationalrats hatte an der Vorlage wenig auszusetzen und verabschiedete sie im November einstimmig
[38].
Die
Revision des Rechtshilfegesetzes von 1981 sowie des Bundesgesetzes zum Staatsvertrag mit den USA zur gegenseitigen Rechtshilfe konnte im Berichtsjahr verabschiedet werden. Auch im Ständerat war Eintreten unbestritten. In der Detailberatung hielt er sich, wie bereits die grosse Kammer, weitgehend an den Vorschlag des Bundesrates. Er entschied sich in bezug auf den Zeitpunkt von Einsprachemöglichkeiten gegen den Nationalrat und sprach sich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit an das Bundesgericht auf die Schlussverfügung - und nicht auf den Eintretensentscheid - aus. Einen Antrag Marty (fdp, TI), der zur Beschleunigung der Verfahren vorschlug, dass diese Beschwerde unter Auslassung der kantonalen Instanzen direkt ans Bundesgericht zu richten sei, lehnte der Rat mit Stichentscheid des Präsidenten ab. Auch Bundesrat Koller hatte dies als nicht sinnvoll bezeichnet, da daraus eine Überbelastung des Bundesgerichts entstehen würde. Dieses hätte nicht nur bedeutend mehr Beschwerden zu beurteilen als heute, es könnte sich zudem nicht mehr auf die verfahrensmässigen Aspekte konzentrieren, sondern müsste sich auch materiell mit allen Fällen auseinandersetzen
[39].
In der
Differenzbereinigung fügte sich der Nationalrat dem Entscheid, dass das Weiterziehen von Einsprachen bis vor das Bundesgericht nur für die Schlussverfügung zulässig sein soll. Die Kommissionsmehrheit hatte den Vorschlag von Ständerat Marty übernommen, dabei die kantonalen Rekursinstanzen zu überspringen; sie unterlag jedoch im Plenum mit 89 zu 57 Stimmen. In der Schlussabstimmung enthielten sich im Nationalrat die Sozialdemokraten und die meisten Grünen der Stimme. Die SP begründete ihren Protest mit dem ihrer Ansicht nach noch unzureichenden Abbau der Rekursmöglichkeiten und dem Verzicht auf den Einbezug der Steuerhinterziehung als rechtshilfefähiges Delikt
[40].
Der Ständerat nahm den Vorschlag Dick Martys,
auf die kantonalen Beschwerdeinstanzen bei internationalen Rechtshilfeentscheiden
zu verzichten, mit einer Motion in modifizierter Form auf. Er forderte vom Bundesrat die Schaffung einer besonderen eidgenössischen Instanz, welche über Beschwerden zu erstinstanzlichen Urteilen der Kantons- und Bundesbehörden abschliessend entscheiden soll. Der Nationalrat folgte Bundesrat Koller und lehnte die Motion zugunsten eines Postulats ab, das vorerst eine Prüfung der Zweckmässigkeit dieser Zentralisierung in einer speziellen Bundesinstanz verlangt
[41].
Bundesrat Koller und der französische Justizminister Toubon unterzeichneten am 28. Oktober ein
bilaterales Abkommen zur Vereinfachung der gegenseitigen Rechtshilfe. Dieses erlaubt es, Rechtshilfegesuche direkt an die beteiligten Behörden zu richten; bisher mussten sie auf diplomatischem Weg über die Ministerien übermittelt werden. Mit Deutschland und Österreich waren analoge Zusatzvereinbarungen zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen bereits früher abgeschlossen worden, mit Italien sollen Verhandlungen über eine entsprechende Regelung 1997 aufgenommen werden
[42].
Eine vom Vorsteher des EJPD im Sommer 1995 eingesetzte Arbeitsgruppe legte im Herbst ihren
Bericht über die Korruption in der Schweiz vor. Sie kam darin zum Schluss, dass die Situation noch nicht alarmierend sei, aber doch gewisse Anzeichen für eine Verschärfung der Lage bestehen. Nach Meinung der Experten sollte deshalb in erster Priorität die Prävention verstärkt werden. Sie schlugen dazu eine striktere Regelung der Zulässigkeit der Annahme von persönlichen Geschenken durch Staatsangestellte vor. Im repressiven Bereich empfahlen die Experten eine Verschärfung des Strafmasses für aktive Bestechung. Die
Bestechung von ausländischen Beamten soll in Zukunft in der Schweiz strafbar sein. Im Gleichschritt mit den anderen Staaten soll nach Ansicht der Experten zudem ein Verbot des Steuerabzugs für Schmiergeldzahlungen eingeführt werden
[43]. Bundesrat Koller kündigte an, dass er bis Ende 1997 ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Korruption erarbeiten lassen wolle, welches sich auf die Erkenntnisse dieser Arbeitsgruppe stützt. Der Ständerat überwies ohne Gegenstimme eine Motion Schüle (fdp, SH), welche ebenfalls derartige Massnahmen verlangt
[44].
Gestützt auf den 1993 von Volk und Ständen mit sehr deutlichem Mehr angenommenen neuen Verfassungsartikel (Art. 40bis BV) legte der Bundesrat im Januar seinen Vorschlag für ein Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition vor. Das Militär und die Polizeibehörden sind vom neuen Gesetz ausgenommen. Der Erwerb und das Tragen von Seriefeuerwaffen soll grundsätzlich verboten werden. Im Zentrum des Entwurfs steht eine generelle Bewilligungspflicht für den Kauf von Waffen im gewerbsmässigen Handel; das Betreiben eines gewerbsmässigen Waffenhandels wird zudem ebenfalls bewilligungspflichtig. Für die Erteilung eines Waffenerwerbsscheins müssen bestimmte gesetzlich geregelte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören etwa die Vollendung des 18. Altersjahrs und ein makelloses Strafregister in bezug auf gewalttätige Handlungen. Der Verkauf oder die Übertragung von Waffen unter Privaten soll für Schweizer mit Wohnsitz im Inland und Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung weiterhin nicht genehmigungspflichtig sein; die Handänderung muss aber auf einem sogenannten Waffenpass eingetragen werden. Für Personen, welche nicht einer der beiden genannten Kategorien angehören, wird auch beim Erwerb der Waffen von einem Privaten ein Waffenerwerbsschein verlangt.
Zusätzlich zum Waffenerwerbsschein möchte der Bundesrat auch eine einheitliche, für die ganze Schweiz geltende
Waffentragbewilligung einführen. Diese darf nur an Personen erteilt werden, welche die Voraussetzungen für die Erlangung eines Waffenerwerbsscheins erfüllen und zudem nachweisen können, dass sie eine Waffe zum Selbstschutz oder zum Schutz von anderen Personen und Sachen benötigen. Die Bewilligung kann aber nur an Personen erteilt werden, welche eine Prüfung über Waffenhandhabung und Gesetzesbestimmungen abgelegt haben. Für
Jäger und Sportschützen sind allerdings Ausnahmeregelungen vorgesehen. So benötigen Inhaber eines Jagdpatentes ebenso keine Waffentragbewilligung wie Sportschützen für den Transport ihrer Waffe zu Schiesstrainings und -veranstaltungen. Das neue Gesetz soll schliesslich den Bundesrat ausdrücklich ermächtigen, bei Konflikten im Ausland den Erwerb und das Tragen von Waffen für Angehörige aus den betroffenen Staaten zusätzlich einzuschränken
[45].
In ersten Stellungnahmen kritisierte die Vereinigung "
Pro Tell" die Einführung eines Bedarfsnachweises für das Waffentragen. Von Kriminalexperten wurde hingegen beanstandet, dass für den Waffenkauf bei Privaten weiterhin kein Erwerbsschein erforderlich sein soll. Den vom Bundesrat vorgeschlagenen Waffenpass beurteilten sie für eine effektive Kontrolle und Verbrechensprävention als absolut ungenügend
[46].
Bereits in der Sommersession zog der
Ständerat das neue Gesetz in die Beratung. Eintreten wurde nicht bestritten, aber Loretan (fdp, AG) wies nochmals darauf hin, dass das neue Gesetz von den Jägern und Sportschützen nur akzeptiert werden könne, wenn es keine Einschränkungen für sie bringe und sich strikt auf die Missbrauchsverhinderung beschränke. Der vorberatenden Kommission ging die Befreiung von der
Waffenerwerbsscheinpflicht für Personen, welche ihre Waffe von Privaten erworben haben, zu weit. Sie beantragte, dass ein solcher Schein für alle Arten des Waffenerwerbs erforderlich sein soll; im Gegenzug wäre auf den vom Bundesrat vorgeschlagenen Waffenpass zur Eintragung von Handänderungen zu verzichten. Diese restriktivere Vorschrift soll freilich für die Gruppe der patentierten Jäger und für in anerkannten Vereinen organisierte Sportschützen für den privaten internen Handel mit ihren speziellen Waffen ebenso wenig gelten wie generell bei Handänderungen durch Erbgang. Der Rat stimmte diesen Vorschlägen zu. Bei den Bestimmungen über den Waffentragschein unterlag ein Antrag Loretan (fdp, AG) deutlich, welcher auf einen Bedürfnisnachweis verzichten wollte. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat das neue Gesetz einstimmig
[47].
Die vorberatende
Nationalratskommission stimmte dem Gesetz ohne Gegenstimme zu. Zuvor hatte sie es allerdings entschärft, indem sie die vom Ständerat eingeführte Vorschrift eines Waffenerwerbsscheins für Geschäfte unter Privaten wieder strich
[48].
Weiterführende Literatur
Ägerter, R. / Nezel, I., Sachbuch Rassismus: Informationen über Erscheinungsformen der Ausgrenzung, Zürich 1996.
Guyaz, A., L'incrimination de la discrimination raciale, Berne (Diss. jur. Lausanne) 1996.
Malinverni, G., "La réforme du méchanisme de contrôle institué par la Convention européenne des droits de l'homme (Protocole additionnel No 11)", in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 97/1996, S. 289 ff.
Niggli, M., Rassendiskriminierung: Ein Kommentar zu Artikel 261bis StGB, Zürich 1996.
Reller, A., "Kann der Verfassungsentwurf 1995 die EMRK legitimieren?", in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, 97/1996, S. 385 ff.
Stutz, H., Rassistische Vorfälle in der Schweiz: Eine Chronologie und eine Einschätzung, Zürich (Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus) 1996 (6., überarbeitete Aufl.).
Weiss, C., Die Schweiz und die Europäische Menschenrechtskonvention: Die Haltung des Parlaments 1969-1995, Basel 1996.
Polasek, W. / Schuler, M., Evaluation der Volkszählung 1990: Erhebungsmethoden und Alternativen, Bern (BFS) 1996.
Tisot, N., "La protection des bases de données accessibles par les réseaux informatiques", in Medialex, 1996, Nr. 4, S. 194 ff.
Kreis, G. / Kury, P., Die schweizerischen Einbürgerungsnormen im Wandel der Zeit, Basel (Europa-Institut) 1996.
Balmelli, M., Die Bestechungstatbestände des schweizerischen Strafgesetzbuchs, Bern (Diss. Jur. Basel) 1996.
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Donatsch, A. / Schmid, N. (Hg.), Strafrecht und Öffentlichkeit: Festschrift für Jörg Rehberg, Zürich 1996.
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Kunz, K., "Massnahmen gegen organisierte Kriminalität", in Plädoyer, 1996, Nr. 1, S. 32 ff.
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Rhinow, R., Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996.
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Wisler, D. et al., "Etat, violence politique et interactions", in Schweizerische Zeitschrift für politische Wissenschaft, 2/1996, Nr. 3, S. 19 ff.
[1]
BBl, 1997, I, S. 717 ff.1
[2]
BBl, 1996, II, S. 1358 ff. (Bericht vom 21.11.95). Vgl.
SPJ 1995, S. 22. Die GPK stützte sich auf eine Evaluation durch die Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle (siehe dazu
Lit. Polasek sowie
SPJ 1995, S. 22, FN 4).2
[3]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 576;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 722 ff. Siehe auch C. Malaguerra, "Der Weg zur Volkszählung der Zukunft", in
NZZ, 24.1.96.3
[4]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1113 ff. Vgl.
SPJ 1995, S. 22.4
[6]
Bund und
NZZ, 9.7.96.6
[7]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1135 ff. Vgl.
SPJ 1995, S. 22.7
[10]
NZZ, 14.2.97. Vgl.
SPJ 1995, S. 22 f.10
[11]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1841 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 570 f. Zur Jugendsession 1995 siehe
SPJ 1995, S. 272.11
[12]
QJ, 25.1., 29.2. (Parlament), 4.4., 4.5. (Referendum), 24.5., 3.-8.6. und 10.6.96;
NQ, 9.5.96 (AUNS). Vgl.
SPJ 1995, S. 23. Im zweiten Kanton mit aktivem Ausländerstimmrecht, Neuenburg, war 1990 eine analoge Vorlage mit 56% Neinstimmenanteil verworfen worden (
SPJ 1990, S. 25).12
[13] AG:
AT, 31.1. und 11.3.96;
BaZ, 6.3.96. FR:
Lib., 29.8.96;
NQ, 19.9.96. Vgl.
SPJ 1993, S. 22.13
[14]
SGT, 10.6.96. Vgl.
SPJ 1994, S. 18 f. und
1995, S. 20.14
[15]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 686 ff. und 1277 f. (Schlussabstimmung Volksinitiative);
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 588 (Schlussabstimmung Volksinitiative);
BBl, 1996, III, S. 36 (Volksinitiative);
TA, 3.6.96 (Interview mit BR Koller); Presse vom 5.6. und 6.6.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 23 f.15
[16]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 731 ff. und 740 f. (Postulat);
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 2114 ff.16
[17]
NZZ, 7.10.96;
TA, 8.10.96.17
[18] Presse vom 3.5.96. Siehe
SPJ 1989, S. 22 ff.,
1990, S. 25 ff.,
1991, S. 26 f.,
1992, S. 25 f. und
1993, S. 22.18
[19] In der folgenden Zusammenstellung sind die Kundgebungen der Gewerkschaften zum 1. Mai, welche in den Grossstädten jeweils einige Tausend Beteiligte aufweisen, nicht erfasst. Belege für die Demonstrationen mit 1000 und mehr Teilnehmenden (in Klammer Anzahl und Thema): Bern:
Bund, 1.4. (8000/Kosovo-Albaner);
Bund, 29.4. (8000/Tamilen gegen Ausschaffung);
TA, 9.8. (7000/SBB-Angestellte gegen Lohnabbau); Presse vom 24.10. (15 000/Bauern); Presse vom 28.10. (35 000/Angestellte des öffentlichen Dienstes). Zürich:
SGT, 30.1. (1000/Tamilen);
TA, 6.5. (2000/gegen Polizeieinsatz bei 1. Mai-Demo);
TA, 26.6. (2000/Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen);
TA, 29.11. (7000/Studierende und Mittelschüler gegen Sparmassnahmen);
TA, 10.12. (1500/Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen). Genf:
NQ, 27.8. (8000/Tamilen);
JdG, 4.10. und
TA, 5.11. (7000 resp. 5000/Staatspersonal gegen Sparmassnahmen);
24 Heures, 6.12. (1500/Rentner gegen Rentenkürzung). Lausanne:
24 Heures, 4.3., 11.10. und 12.12. (2000, 2000 und 3000/Angestellte des öffentlichen Dienstes gegen Sparmassnahmen). Freiburg:
Lib., 7.11. (10 000/gegen Schliessung der Brauerei Cardinal). Basel:
TA, 29.1. (3000/Gewerkschafter Chemie). Matran (FR):
BZ, 20.9. (2500/Landwirte). Schaffhausen:
SN, 29.11. (1500/gegen Gewalt an Kindern). Lugano:
SoZ, 12.5. (1500/für autonomes Jugendzentrum). Rheinfelden (AG):
Lib., 2.12. (1500/gegen Schliessung der Brauerei Cardinal in Freiburg). Solothurn:
SZ, 5.12. (1500/Lehrer gegen Sparmassnahmen). Vgl.
SPJ 1995, S. 24.19
[20] Freiburg:
BZ und
Lib., 20.9.96. Bern: Presse vom 24.10.96. Vgl. auch unten, Teil I, 4c (Production animale).20
[21]
NZZ, 15.4., 2.5., 3.5., 15.6. und 23.9.96;
TA, 24.4., 2.5., 3.5. und 9.5.96. Zu den polizeilichen Einsätzen bei Demonstrationen seit 1965 in Schweizer Grossstädten wurde eine wissenschaftliche Untersuchung publiziert (
Lit. Wisler).21
[22]
TA, 10.1. und 27.7.96;
NZZ, 25.7.96;
BaZ und
TW, 27.7.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 24.22
[23]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 244 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 2374 ff.;
SGT, 18.3.96;
Bund, 15.8.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 25. Der Kanton Glarus reichte im Herbst auch noch eine entsprechende Standesinitiative ein (
Verhandl. B.vers, 1996, IV, Teil I, S. 21).23
[24]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2658 f.;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 292 f.24
[25]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 905 f. Vgl.
SPJ 1995, S. 25.25
[26]
24 Heures, 5.12.96;
TA, 6.12.96. In den beiden Ländern war der Verurteilte nicht angeklagt worden.26
[27]
BBl, 1996, IV, S. 1218 ff. und 1222 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1772 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1177 ff. Vgl.
SPJ 1994, S. 27.27
[28]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1776 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1180 f.;
TA, 5.6.96. Eine erst ab dem 18. Altersjahr des Opfers einsetzende Verjährungsfrist könnte dazu führen, dass ein Sexualdelikt auch dann noch verfolgt würde, wenn ein gleichzeitig begangener Mord bereits verjährt wäre (vgl. dazu das Votum von Marty (fdp, TI) in
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1180 f.).28
[29]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1773 ff. (Initiative) und 909 (Postulat). Aus der Initiative wurde die Forderung nach einer generellen Aufhebung der Verjährungsfrist für alle Sexualdelikte mit Kindern gestrichen.29
[30]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 907 ff.30
[31]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 909 ff. Zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet siehe unten, Teil I, 8c (Neue Kommunikationstechnologien).31
[32]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1705 f. (Rechtskommission) und 1785 ff. (Chiffelle);
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 901 f. (Motion Rechtskommission). Zur StGB-Revision siehe
SPJ 1995, S. 25; zum Übereinkommen siehe unten, Teil I, 7d (Kinder).32
[33]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 2398 f. Vgl. auch die Anfrage Reimann (svp, AG) bezüglich chemisch-medizinische Behandlung von Sexualtätern (
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1195 f.). Siehe auch
TA, 3.9.96;
BaZ, 4.10.96;
24 Heures, 9.10.96 sowie
Lit. Haas.33
[34] Presse vom 17.5. und 3.9.96 sowie
NZZ, 19.11.96 (Vernehmlassung);
BZ, 29.10.96 (Konferenz);
NZZ, 13.11.96 (Justizdirektoren).34
[35]
TA, 12.8.96;
BaZ und
Bund, 15.8.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 26.35
[36] Siehe
Lit. Del Ponte.36
[37]
BBl, 1996, III, S. 1101 ff.; Presse vom 18.6.96. Vgl. auch
SPJ 1995, S. 26 und
Lit. Kunz.37
[39]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 223 ff. Siehe zu Martys Vorschlag auch
TA, 18.3.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 26 f. Für das Rechtshilfeabkommen mit den USA gilt bereits heute das Bundesgericht als einzige Beschwerdeinstanz.39
[40]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 741 ff., 1322 und 1925 f.;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 501 f., 790 und 854;
BBl, 1996, IV, S. 821 ff. und 838 ff. Der BR setzte das neue Gesetz auf den 1.2.97 in Kraft (
AS, 1997, S. 114 ff.).40
[41]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 502 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1323 ff.41
[42] Presse vom 29.10.96.42
[43] Presse vom 12.11.96. Siehe auch den Bericht einer vom Parlament eingesetzten Expertengruppe (
Bund, 24.4.96). Vgl.
SPJ 1995, S. 27.43
[44]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 1146 ff. Ähnliches forderte auch NR Rechsteiner (sp, SG) mit einer parlamentarischen Initiative (
Verhandl. B.vers, 1996, IV, Teil I, S. 38).44
[45]
BBl, 1996, I, S. 1053 ff.; Presse vom 25.1.96. Vgl.
SPJ 1995, S. 27 f. Das Bundesgericht stellte in einem Urteil fest, dass das 1991 vom BR mit einer Notverordnung erlassene generelle Waffenerwerbs- und -tragverbot für jugoslawische Staatsangehörige, das später auch auf Personen aus Sri Lanka und der Türkei ausgedehnt wurde, auf rechtlich wackligen Füssen steht (
NZZ und
TA, 10.10.96; vgl.
SPJ 1991, S. 31).45
[46]
NLZ, 25.1. 96 (Pro Tell);
Blick und
SGT, 25.1.96 (Kriminalexperten).46
[47]
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 506 ff.; Presse vom 20.6. und 21.6.96. Eine Standesinitiative des Kantons Tessin konnte als erfüllt abgeschrieben werden (
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 527;
SPJ 1991, S. 30).47